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Feshyr
"Ich dreh ihn durch den Fleischwolf!"
Nelson funkelte Yared finster an und flüsterte dabei Drohungen, die nur sein Bruder Ronsen hören konnte, der direkt neben ihm stand. Sicher, er war sauer, weil der Korsar eine Abneigung dem Schwein Manfred gegenüber geäußert hatte. Vielleicht war es auch Sarkasmus. Da Nelson nicht gerade der hellste Stern am Himmel war, ging Ronsen auf Nummer sicher und boxte seinen Bruder in die Seite.
"Wir müssen um jeden Preis auf dieses Schiff!", zischte er seinem herzkranken Kameraden zu, "Warum müssen wir das Schwein noch mal unbedingt mitnehmen?"
"Weil es hier sonst verhungern würde?!"
Nelson bückte sich zu seinem Tierbegleiter herab und streichelte Manfred über den Rücken. Dieser hatte bereits Mühe, sich fortzubewegen, ohne mit dem Bauch am Boden zu schleifen. Ronsen war klar, dass die beiden ein ähnliches Schicksal litten und sein Bruder deshalb so darauf beharrte, Manfred mitzunehmen. Er fühlte sich besser, weil er noch beweglicher als das Schwein war und irgendwie konnte Ronsen ihn verstehen, denn auch er fühlte sich gut, weil er nicht ganz so fett wie sein Bruder war. Und wahrscheinlich fühlte sich Yared gut, weil er überhaupt nicht übergewichtig war. Oder er fühlte sich im Moment eher genervt, weil er gut 1000 Pfund mehr auf seinem Schiff transportieren musste. Wer weiß.
"Lass ihn uns zudecken", schlug Ronsen vor, "Wenn es um ihn herum dunkel ist, schläft Manfred doch immer ein."
Nelson nickte: "Ja, gute Idee."
Dann brachte er seine übergroße Schlafdecke heran und mit viel Geduld und Krafteinsatz schafften sie es, Manfred in eine Decke zu wickeln. Dann wuchteten sie das Tier auf eines der Beiboote und transportierten es auf das Hauptschiff. Als diese Tortur ausgestanden war, fragte sich Ronsen immer noch, wie es ihnen überhaupt gelungen war, das Tier zu heben. Nelson musste Manfred zwischendurch sogar absetzen, weil ihm die Brust wieder schmerzte. In dem Moment erbarmten sich doch tatsächlich zwei von Yareds Kameraden und halfen den beiden Brüdern von Feshyr, heil auf das Boot zu kommen.
Als sie endlich abfahrtbereit waren, stand Ronsen an der Reling des Schiffes und starrte auf das Meer hinaus. Die Reise konnte beginnen. Mit den Gedanken bei seinem schwerkranken Bruder hoffte er, dass es noch nicht zu spät war.
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Ein, zwei Tage. Länger dürfte es eigentlich nicht mehr dauern, bis sie endlich mal wieder Land sehen würden.
Es war ja nichts neues, dass Gath auf Schiffen war, dass hatte seine Profession und sein herumtreiberisches Wesen so an sich, aber so eine lange Überfahrt vom Festland nach Argaan hatte er tatsächlich noch nie gehabt. Relativ bald nach dem Ablegen waren sie in einen schweren Sturm geraten. So schlimm, dass sie einen Mast kappen mussten. Und auch sonst war das Schiff schwer beschädigt worden, es hatte einige Tage gedauert, das Ding wieder in Schwung zu setzten. Aber die Mannschaft von Kapitän Sabnada konnte von Glück sagen, dass sie ihn dabei hatten, denn ohne die Kenntnisse des Bootsbauers und seiner Erfahrung als Schiffszimmermann hätten sie wahrscheinlich auch noch den Großteil ihrer Fracht über Bord werfen müssen.
Und die Fracht der Lanscha - so hieß ihr Schiff - war zwar eigentlich relativ gewöhnlich, vermutlich aber ziemlich wertvoll: Größtenteils Nahrungsmittel. Getreide in Fässern, Pökelfleisch, eingelegte Gemüse und noch vielerlei mehr. Das meiste davon eigens importiert aus Myrtana, verladen in Bakaresh und jetzt auf die Reise in eine vermutlich immernoch unterversorgte Stadt. Außerdem einige Luxusgüter, die vermutlich schon lange keiner mehr transportiert hatte, wie Duftwässer, Stoffe aus Varant, Schmuck. Es bestand zu hoffen, dass die örtliche Elite noch das Gold besaß, so etwas aufzukaufen, nach der angespannten Wirtschaftslage und dem Drachenangriff auf die Stadt, aber das war die Entscheidung Sabnadas gewesen, der zugleich auch Eigner der Lanscha war.
Gath hätte ja vermutlich noch Waffen mitgebracht, denn die offiziellen Waffenlieferungen der Krone würden wohl kaum ausreichen. Gut informierte Kreise in Bakaresh sprachen von einigen Verstimmungen in den Beziehungen, denn sonst hätte man wahrscheinlich schon die gesammte Armee geschickt, um die Situation zu breihningen, aber ob da jetzt etwas dran war, oder nicht, konnte er nicht beurteilen. Er wusste nur, dass das Militär für Waffen eigenltich immer gut zahlte und dass man garantiert einen Abnehmer auf dieser Insel fand. Sei das nun ein offizieller oder nicht.
Aber erst einmal mussten sie ankommen und hoffen, dass die Stadt nicht erneut angegriffen worden war, seit das letzte Schiff das Festland erreicht hatte. Denn so wirklich viele kamen nicht an, was ebenfalls für schlechte Beziehungen zwischen Thorniara und Vengard sprach.
Doch wie war es überhaupt dazu gekommen, dass Gath nun auf einem Schiff saß, mit Ziel Thorniara, wo er doch vor einigen Monaten noch nicht einmal sicher sein konnte, Bakaresh je wieder verlassen zu können?
Nun, im Wesentlichen war das Pandillo zu verdanken gewesen, der tatsächlich viel für seinen ehemaligen Schreiber unternommen hatte. Zuerst hatte er ihn zu Protokollarbeiten herangezogen. Es galt, in einige Inventuren mitzuschreiben und zu notieren, was eigentlich so alles gelagert war. Mit der üblichen Notation, sodass gut verschleiher beziehungsweise verschlüsselt war, was sie jetzt da genau hatten, sollte doch mal irgendjemand in die Bücher gucken wollen. Seit die Myrtaner das Sagen hatten, ließen sich nicht mehr alle Wachen mit einem Trinkgeld abspeisen, wenn sie auf die Idee kamen, das falsche Lagerhaus zu durchsuchen. Im Endeffekt hatten sie damit fast zwei Monate zugebracht. Und danach hieß es noch einmal Buchabgleich zu machen: Irgendjemand hatte sich in den Kopf gesetzt, wissen zu wollen, was sie jetzt bei der Inventur gefunden hatten, was eigentlich nicht da sein sollte, beziehungsweise was weg war ohne dass herauszufinden war, wohin es gegangen war. Zumindest ohne dass es für Gath herauszufinden war. Denn sobald ernsthafte Differenzen zu Tage traten, hatte er einen gewissen Tsíib zu informieren. Das war ein älterer Schreiber, vermutlich aus Torgaan oder so was, da er extrem dunkelhäutig und irgendwie fremd wirkte. Ein Varanter war er jedenfalls nicht, aber ein einigermaßen hohes Tier dieses Bakaresher Kartells - anders konnte man die Herrschaften nicht mehr nennen, nach all dem, was Gath so erfahren hatte - denn dieser Tsíib hatte wohl Zugang zu den Dokumenten, an die man ihn nicht ließ. Und ehrlich gesagt war er auch froh darum, denn dass er zurück nach Argaan wollte, hatte eigentlich schon festgestanden, als er zum Festland aufgebrochen war, nur die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn noch gehen ließ, wäre außerordentlich gesunken, hätte man ihn in besagte Papiere blicken lassen.
Informationen waren schließlich nicht gerade wertlos in ihrem Geschäftsfeld, Lukar verdiente damit sein halbes Geld.
Sobald diese Arbeit erledigt war, war Gath relativ beschäftigungslos gewesen, während sowohl Pandillo als auch Traér jeder auf seine Weise versuchten, ihn irgendwie nach Argaan zurückzubringen. Ersterer, indem er dort nachfragte, wo er den ursprünglichen Auftrag her hatte, letzterer, indem er die Leute mal fragte, die ihn jetzt anleiteten. Denn für Traér war ihr Ausflug außerordentlich hilfreich gewesen, er hatte jetzt einen völlig anderen Stand. Zuvor war er einfacher Lagerarbeiter gewesen, aber jetzt, mit Schmuggelerfahrung, mit der Erfahrung aus Thorniara, da war er jemand.
Folglich war er auch jemand, der erst einmal in Bakaresh hatte bleiben wollen und nicht mehr mit Gath unterwegs. Auf der einen Seite sehr traurig für den Bootsbauer, auf der anderen Seite aber auch absolut verständlich, denn Traérs Heimat und Familie waren nun einmal in der Wüstenstadt und nicht auf der weit entfernten Insel. Gaths Heimat war diese zwar auch nicht, aber eine Heimat im eigentlichen Sinne hatte er auch nicht mehr. Seine eine Heimat war Khorinis gewesen, das von den Orks zerstört worden war, seine andere ein Stück weit Bakaresh, wenn auch nur, weil er dort so lange gelebt hatte. Seine wirkliche Heimat waren seine Freunde, wo auch immer diese in der Welt auch waren. In derzeit waren sie eben auf Argaan.
Im Endeffekt hatten es die zwei geschafft, ihn als Gesannten nach Thorniara und dann zu Borran zu schicken, mit der Botschaft, man würde sie von Bakaresh aus genau beobachten und sie in die Schranken weisen, sollten sie ihre Kompetenzen überschreiten. Für Borran gab es das sogar in einem hübsch versiegelten Brief. Und das war es dann auch gewesen, Gath hatte keine Anweisungen, schnellstmöglich wieder zurückzukommen, was auch vermutlich gar nicht so einfach gewesen wäre.
Davon wussten allerdings weder Sabnada noch seine Mannschaft etwas, denn für sie war er einfach nur ein Bootsbauer, der als Schiffszimmermann angeheuert hatte, um eine Überfahrt zu bekommen. Und ein Jemand, der wichtig geworden war, damit sie überhaupt eine Chance hatten, anzukommen. Wie genau Traér das eingefädelt hatte, sodass wirklich keiner Verdacht schöpfte, wusste wohl nur der Lagerarbeiter selbst, aber dafür war Bakaresh nun einmal seine Stadt. Er kannte dort Hinz und Kunz, Gath eben nicht.
Jetzt blieb nur zu hoffen, dass die Lanscha in halbwegs absehbarer Zeit einmal Thorniara erreichen würde.
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Man konnte sagen, was man wollte, aber mittlerweile hatte Berash das Meer hassen gelernt. Er hätte niemals gedacht, dass die Überfahrt vom Festland nach Argaan so ewig lange dauern würde. Stürme, unruhige See, Flauten... all das hatten ihn davon abgehalten, seinem Ziel wieder näher zu kommen. Aber vielleicht war dies auch besser so für ihn, wer wusste das schon?
In einem Anfall von blinder Sehnsucht hatte sich der Krieger vor langer Zeit mit einem Schiff zurück auf das Festland bringen lassen, den leisen Wunsch hegend, dass sich dort eine Zukunft für ihn fand, mit der er sich anfreunden konnte. Doch überall wo er gewesen war, schienen sich die Welt und die Götter gegen ihn verschworen zu haben. Er hatte für vieles kämpfen und trotzdem wieder und wieder eine Niederlage einstecken müssen. Und am Ende war er doch wieder auf dem Weg nach Argaan. Der Götter Wege waren schon immer unergründlich.
"Hast du schon einen Plan, was du auf Argaan machen wirst, Illias?" wurde Berash von dem jungen Soldaten gefragt, welcher nebem ihm stand. Da dieser zu den Soldaten von Rhobar dem dritten gehörte und dies auch ein Schiff in dessen Diensten war, hatte sich Berash unter falschem Namen einschiffen lassen. "Nein. Ich lasse mich wohl überraschen..." Sprach der Krieger und schüttelte den Kopf. Und das war sogar eine Tatsache. Er wusste es wirklich nicht. Aber zuerst einmal wollte er heil auf Argaan ankommen, bevor er sich Gedanken über alles weitere machte. Bei seinem Glück würden sie kurz vorher noch absaufen.
"Tritt doch in die Armee ein! Wir können dort immer fähige Männer gebrauchen!" sprach der junge Soldat nachdrücklich. Berash musterte dessen junge Gestalt aus dem Augenwinkel und schmunzelte. So jung, wie sein Begleiter war, hatte dieser bestimmt noch nie in irgendeiner Form an einem Kampf oder einer Schlacht teilgenommen. Er hatte bestimmt noch nie die Schreie von sterbenden Kameraden gehört, niemals nur den einen Wunsch verspürt, all das Elend zu überleben... Berash seufzte. So voller Ideale... "Vielleicht, Thori, vielleicht..." Und damit richtete der frühere Assassine den Blick wieder gen Horizont, in der Hoffnung, dort bald Land zu sehen.
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Eigentlich hatte Riannon der Reise zum Festland entgegen gefiebert, den Dingen, die sie sehen würde, die Menschen, die sie treffen würde, die verdiente Rache, die ihre sein würde und letztendlich die Aufnahme im Orden der Diener Innos', die ihr beschienen wäre. Die Rechnung jedoch hatte sie ohne das Meer gemacht. Ja, das Meer. Diese end- und ruhelose Plage, dieses ständige Auf und Ab, Hoch und Runter, welches ihren Magen auf eine Art und Weise mitnahm, die sie nie für möglich gehalten hätte. Wahrscheinlich war es die übliche Selbstüberschätzung, die Hybris, zu denken, man sei der größten aller Naturgewalten gewachsen. Kurzum: Ria hing die meiste Zeit mit dem Kopf über der Reling oder einem Eimer und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Zwieback und Süßwasser war alles, was sie bei sich behielt. Meistens. Die Crew des Kapitäns nahm das gelassen, mal scherzhaft, mal mitleidsvoll. Die Schiffsärztin Dinah, eine junge Magierin, konnte ihr nicht allzu viel Linderung verschaffen. Nur einige Aufgüsse, die Riannon jedoch allesamt beim nächsten starken Wellengang wieder ausspie. Auf die - ehrlich gesagt - dumme Frage, ob sie die Seekrankheit nicht mit Magie heilen könne, antwortete Dinah nur trocken, dass es viel mehr eine pychische denn eine physische Sache war. Sie sagte auch, dass das mit der Zeit vorüber ginge. Für die Rothaarige war es jedoch eine endlos erscheinende, sehr körperliche Tortur. Aber die Ärztin sollte Recht behalten. Die Zeiträume zwischen dem Hängen an der Reling wurden größer, sie konnte sich fast ohne sich irgendwo festzuhalten über das Deck bewegen und längere Gespräche mit den Leuten führen, ohne bei der nächsten Welle gleich wieder würgen zu müssen. So kämpfte sie sich geradezu mutig zum Kapitän durch, der - fast klischeehaft - mit dem Fernrohr gen Horizont sah und vielleicht das lang ersehnte (zumindest von Ria ...) Land suchte.
»Herr Yared«, sprach sie, »Ähem, Herr Kapitän« - korrigierte sie sich - »Wie lautet unser Ziel? Varant? Oder die Gegenden nördlich davon?«
Riannon hoffte natürlich darauf, wieder in etwas kühlere Gefilde zu kommen. Auch wenn nur Bruchstücke ihrer Vergangenheit durch ihren Geist pilgerten, wusste sie, dass sie die Kälte, das Eis und den Schnee mochte. Trübe, graue, nebelverhangene Täler und hohe, vereiste Berge. Das war ihre Natur, das war in ihrem Blute. Nicht der Sand, die lodernde Sonne und die Trockenheit der Wüste.
»Und ... gibt es die Möglichkeit, hier irgendwo, nun ja, ein Schwert oder einen Knüppel zu bekommen? Ich befürchte, wenn ich auf Juan treffe, wird es ruppiger zugehen. Ohne Waffe wohl eine unfaire Geschichte. Hätte ich wenigstens ein Stück Holz, mit dem ich mich zur Wehr setzen könnte, wäre das schon ein gewisser Ausgleich. Irgendwie ...«
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"Du bist dran..." Berash wies auf seinen Gegenüber. Der junge Soldat Thori fuhr sich durch die blonden Haare, die Stirn nachdenklich gerunzelt. Während sich dieser seinen nächsten Zug überlegte, warf Berash einen Blick nach hinten. Der Kapitän des Schiffes schritt gerade erneut über das Deck und blickte gen Segel. Dieses hing weiterhin schlaff und verzagt am Mast. Ohne Wind war es überflüssig, aber man lies es dennoch hängen. Es könnte sich ja eine Brise nähern...
"Du bist..." Thori hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen. Der frühere Emir musterte das Spielbrett und musste mit Erschrecken feststellen, dass er in einer ziemlichen Zwickmühle feststeckte. Thori hatte seine Figuren sehr gut positioniert. Berash seufzte und hob die Hand. "Ich muss feststellen, dass mein taktisches Denken schon einmal besser war..." Er schüttelte den Kopf. "Ich gebe auf."
Der junge Soldat grinste nun breit und sammelte die Figuren wieder ein. "Gräm dich nicht, Illias. Ich bin in Taktik einfach besser, schließlich wurde ich darin geschult." Er hob die Schultern. "Du könntest das auch lernen..." war der einzige Hinweis darauf, dass er Berash erneut für die Armee Myrtanas anwerben wollte. Müde lächelte Berash nur darüber. Thori konnte es einfach nicht lassen. "Du weißt, was ich dazu sagen würde, Thori. Also lass uns lieber über etwas anderes reden." Thori nickte nachdenklich. "Aber worüber, Illias? So langsam erschöpfen sich unsere Themen..."
Damit hatte er nicht ganz unrecht. Wenn es so weiterging, würden sie bald nur noch über das Wetter reden. Und das war nun wirklich das letzte Thema, dass Berash anschneiden wollte. Denn dann konnte er auch gleich anfangen, alle miteinander abzuschlachten...
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An Bord der Santorija, Korsar unter myrtanäischer Flagge, zwei Tage vor Vengard
Yared brach die Beobachtung der Unheil kündenden Wolken ab und wandte sich, das Fernrohr zusammen schiebend, der Besucherin auf seinem Achterdeck zu.
"Unser Ziel ist derzeit Vengard und sofern uns das Wetter oder andere widrige Umstände nicht dazu zwingen, werden wir auch zuvor keinen der Häfen im Süden anlaufen.", antwortete Yared der Rothaarigen.
Sie waren gut drei Tage im vorauseilenden Schatten des Sturms gesegelt. Der kräftige Ostwind hatte sie zügig gen Festland getrieben, die Segel Tag und Nacht angefüllt mit Wind. Yared kam es zwar durchaus entgegen, dass nun es im Bereich des Möglichen lag, ihr Ziel, die Hauptstadt Myrtanas, schon übermorgen zu erreichen. Dennoch kostete es die Mannschaft, aber auch ihn selbst, viel Kraft, jeden Tag alle drei Wachen unter vollen Segeln und jederzeit in der Erwartung des über sie hereinbrechenden Sturmes zu gehen.
"Was Eure Suche nach Juan angeht, muss ich Euch leider vorerst enttäuschen. In Vengard werdet Ihr ihn wohl kaum finden." Die Hauptstadt war kein Pflaster für Sklavenhändler - es gab kaum potentielle Abnehmer und das Risiko, entdeckt zu werden, war viel zu hoch. "Aber unser nächstes Ziel nach Vengard ist Trelis, die Festungsstadt an der Südgrenze zu Varant. Vielleicht stoßt ihr schon dort auf Hinweise über ihn. Oder wir machen einen Ausflug nach Lago oder Bakaresh - während die Santorija in Trelis überholt wird."
Er winkte ihr, ihm zu folgen.
"In jedem Fall habt Ihr recht. Wir sollten Euch bald möglichst etwas kaltes Eisen in die Hand geben, damit Ihr Euch daran gewöhnen könnt, bevor wir in die Schatten der Unterwelt Varants eintauchen. Kommt mit, wir schauen mal, was unsere Waffenkammer hergibt."
Mit diesen Worten führte er sie hinunter unter Deck. Die Waffenkammer lag unweit der Offizierskajüten achtern im Schiff. Neben dem Kapitän hatten nur Goja und Kaldrin einen Schlüssel. Es war nicht so, dass Yared seinen übrigen Mannschaftsmitgliedern grundsätzlich misstraute, aber die Santorija war zumindest dem Namen nach ein Korsarenschiff unter myrtanischer Flagge und musste ein Mindestmaß an Vorschriftsmäßigkeit einhalten. Auch wäre es den meisten Matrosen wohl seltsam aufgestoßen und nur unnötiges Misstrauen erweckt, hätte man ihnen das auf Schiffen unter myrtanischer Flagge völlig unübliche Tragen von Waffen erlaubt. So war nur Sir Girion aufgrund seiner hohen Stellung als einzigem neben den drei Offizieren mit Schlüsselgewalt für die Waffenkammer an Bord zugebilligt, sein eigenes Schwert an Bord stets und offen bei sich zu tragen und es in der eigenen Kajüte unterzubringen.
Kurze Zeit später waren sie vor der massiven Tür des Waffenlagers angelangt. Yared entzündete eine Öllampe. Dann schloss er die Tür auf, zog sie, knarrend wie gefühlt jedes andere Stück Holz auf einem Schiff, auf. Der dünne Lichtkegel fiel hinein auf die ebenso massiven Waffenkisten. In denen zu seiner rechten waren die persönlichen Waffen einzelner Besatzungsmitglieder weggesperrt. Auf der rechten Seite und links oberhalb der Kisten lagerten mit Ketten gesichert die Standardwaffen, die vor einem Kampf an die Mannschaftsmitglieder ohne eigene Waffe ausgegeben wurden, in hölzernen Ständern, die man wie Regale an die Wand geschlagen hatte. Yared trat vor und schloss eine Kiste an der Stirnseite der Kammer auf, zog sie ein Stück nach vorne und klappte den Deckel nach hinten. Dann trat er zurück und deutete Riannon vorzutreten, während er ihr die Lampe über die Schulter hielt um in die Kiste zu leuchten. Ebenso sorgfältig, wie in alle anderen Kisten, waren die Waffen darin in Öltuch eingeschlagen. Es handelte sich jedoch nicht um Standardausführungen.
"Das ist der Kram, der sich über die letzten zwei Winter hier angesammelt und nicht wieder einen Besitzer gefunden hat - Fundsachen, konfisziertes Zeug und einige Waffen von Gefallenen ohne Familie, an die man sie hätte schicken können. Schaut sie in Ruhe durch und sucht Euch was aus. Wenn Euch keine von ihnen gut genug in Händen liegt, macht das nichts. Candras, unsere Schiffsschmied, kann sicher ein paar Anpassungen vornehmen."
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Einige Tage vor Thorniara
Schiffe zu finden war nicht einfach, zumindest, wenn man an Orte wollte, an die sonst kein Mensch wollte.
Es war kein Problem in Vengard, ein Schiff zu finden, dass nach Kap Dun fuhr, oder Bakaresh oder Länderreinen wie Gorthar oder andere ferne Länder.
Aber wollte man Richtung Thorniara oder Khorinis, war es quasi nicht möglich, sinnvolle Schiffe zu finden. Diese Ländereien gehörten zwar zum Königreich Rhobars III., aber keiner seiner Bürger schien sich für sie zu interessieren, wahrscheinlich tat es nicht einmal der König selbst. Oder doch, im Falle Argaans tat er es, denn er hatte die Paladine damit beauftragt, sich der Insel anzunehmen, wie einst in Khorinis. Es blieb zu hoffen, dass es mit den südlichen Insel nicht die gleiche Wendung haben würde, denn Khorinis gehörte offiziell zwar noch zum Reich, inoffiziell war dies aber ein innosverlassener Ort, an den sich kein Soldat mehr traute.
Aber Flarkes Ziel war nicht diese Insel mit ihrer gleichnamigen Stadt, sondern Thorniara, dass sie demnächst erreichen würden. Hier lag seine Aufgabe, da war er sich sicher. Hier würde er sich in den Dienst Innos stellen können - ganz offiziell. Derzeit diente er zwar auch schon dem Gott, aber eben nur auf eigenen Wegen, nicht im Ramen der Reichskirche oder der Armee.
Manchmal sinnierte Flarke darüber, wer es wohl war, der ihn aus der Armee ausscheiden lassen hatte. Nun, es war Innos, denn es waren Zeichen auf seinem Weg gewesen, doch die Frage war trotzdem, welches Menschen er sich dabei bedient hatte. Es wäre zu interessant, aber dies konnte warten. Er würde erst nach Vengard zurückkehren, wenn er in einer Position war, solche Fragen zu stellen.
Zuvor galt es, sich in den Dienst des Ordens zu stellen. Und dafür würde er wohl mit Lord Hagen sprechen müssen. Was sein alter Oberbefehlshaber dazu wohl sagen würde, ihn als reuigen Sünder vorzufinden. Ob er ihm eine Chance lassen würde?
Oh Innos, ich hoffe, ich bekomme diese Möglichkeit.
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Eine kühle Brise bewegte den, in langer Zeit der fehlenden Rasur zottelig gewordenen Bart des Mannes und trieb ihm den unverkennbaren Geruch des myrtanischen Meeres in die Nase, welcher ihm seit nunmehr zwei Jahren, in denen er sich von der See ferngehalten hatte, ein heimisches Gefühl gab.
Lodrick, ehemaliger Wachtmeister der Ordensmiliz von Thorniara, war wohl nur schwerlich wieder zu erkennen, wenn man sich noch an Bild des jungen Mannes zu seiner Zeit im Dienste des Ordens erinnerte. Seine dunkelbraunen Haare, welche ihm bis über die Schulter gingen, hatte er mittels eines dünnen Lederbandes lose zu einem Zopf nach hinten gebunden und sein früher stets gestutzer Bart wucherte mehr im Gesicht des Innos-Gläubigen und verdeckte das eigentlich noch immer junge Gesicht des Mannes, als dass es dieses verzierte. Er trug eine pechschwarze Lederrüstung, dazu passende Stiefel und hatte sich ein leichtes Fell über die Schultern geworfen, was so gar nicht zum Frühlingswetter Myrtanas passen wollte. Überdies hinaus erschwerte auch die tief ins Gesicht gezogene Kapuze einen klaren Blick in sein Gesicht.
Man konnte Lodrick glatt für einen Nordmann halten, wenn man von seiner Körpergröße mal absah.
"Nein!" fuhr der Meisterschmied den Matrosen, unfreundlicher als beabsichtigt an, welcher gerade seinen Seesack hochheben und wohl in seine Kajüte bringen wollte.
Wie vom Blitz getroffen ließ Knabe, Lodrick schätzte ihn nicht älter als 16, von seinem Vorhaben ab und eilte wieder zu seinem Vorgesetzten um Befehle entgegen zu nehmen.
Der Blick des Reisenden legte sich auf sein Gepäck. Nur das Nötigste hatte er bei seinem Aufbruch einpacken können. Er wollte schnell und vor allem unerkannt reisen. Nebst seinen Damast-Schmiedewerkzeugen, welche er einst mit Silmacil anfertigte, befand sich nur ein wirkliches Gut von Wert darin:
Ein Brief.
Ein Brief, den Lodrick vor fast zwei Jahren verfasst hatte, als er das letzte mal die Überfahrt von Argaan aus zum Festland angetreten hatte. Lodrick kramte eben jenes Stück Papier hervor, welches in der Zeit schon leicht vergilbt und vor allem zerknittert und faltete es außeinander.
Nicht dass das nötig gewesen wäre. Seine eigenen Worte waren ihm noch immer gut im Gedächtnis geblieben und die Schmach und Schande, welche er sich damit selbst zugezogen hatte, saß noch immer tief in Lodricks Herzen.
Ein Offizier der Ordensmiliz, der mitten in einer der größten Krisen, welche Thorniara bis zu diesem Zeitpunkt durchlitten hatte, spurlos verschwand war schlichtweg inakzeptabel und dies war auch der Grund, weshalb dieser Brief in all dieser Zeit seinen Weg niemals in das Ordenshaus gefunden hatte. Zu tief saß Lodricks Hass auf sich selbst, als dass er seine kläglichen Rechtfertigungsversuche für würdig erachtete, um von seinen ehemaligen Brüdern gelesen zu werden.
Die in der Hafenstadt wütende Pest hatte große Zweifel in Lodricks Glauben hervorgerufen und Lodrick konnte einfach nicht verstehen, warum Innos seinen Jüngern eine solche Strafe auferlegt hatte.
In einer Hals-über-Kopf Aktion hatte er die eigentlich unter Quarantäne stehende Stadt verlassen und hatte einen Fischer dafür bezahlt, dass dieser ihn nach Vengard brachte.
Seit Lodrick damals das Schwert für seinen Freund Uriel angefertigt hatte, waren Geldprobleme ohnehin passé, von seinem gutem Sold als Wachtmeister ganz abgesehen. Dieses Gold von damals ermöglichte ihm auch an diesem Tage die Überfahrt nach Argaan.
Voll Scham über sein desertieren, seinen fehlenden Glauben an den Gott des Lichtes und seinen Hass auf sich selbst war Lodrick schnell in sämtlichen Kneipen der Midlande versumpft, konnte sich erstaunlicherweise, ob seines unverschämten Glückes beim Karten spielen, auch ohne seine Rücklagen über Wasser halten. Enttäuscht von seinem eigenen Verhalten trieb es ihn nach eingier Zeit nach Nordmar, wo sich ein Feuermagier des Klosters sich ihm eines Tages, den der Mann halb totgesoffen im Dreck liegend verbrachte, erbarmte und ihn mit in das Kloster nahm. Nach einiger Zeit dert Ausnüchterung und einigen Gesprächen mit den Ansäßigen des Ordens vor Ort verbrachte er eininge Wochen innerhalb der Mauern des heiligen Ortes, wo er einst die Weihe zum Ordensbruder aussschlug, bevor er halbwegs rehabilitiert von seiner vergangenen Sauferei den Weg zum Hammerclan antrat, wo er einst von Silmacil die ersten Lektionen im Erzschmieden erhalten hatte. Er fand schnell einen Schmied, der sich bereit erklärte ihn als seinen Gesellen aufzunehmen, wenn Lodrick auch unter falschem Namen unter den Nordmännern lebte.
Einige Zeit ging ins Land, in der Lodrick noch immer von seinen Taten verfolgt wurde und doch presste er jede Information über die taten des Ordens auf Argaan aus den Reisenden heraus, was im Angesicht der stetig schwieriger werden Position der Truppen seinen Schuldgefühlen noch mehr Gewicht verlieh.
Immer größer wurde der Wunsch in ihm zurück zu kehren und an der Seite seiner Kameraden zu stehen. Ein Drache der Thorniara verwüstete, Echsen überall auf der Insel. All diese Ereignisse fanden statt, ohne dass er seinen Brüdern zur Hilfe eilte.
Und dieser Umstand ließ Lodrick umdenken. Er war nie feige gewesen. Er hatte sich niemals vor einem Kampf gefürchtet. Immer war er an für den Orden, für die Miliz und auch für Innos in den Kampf gezogen. Und nun, wo er Fehler gemacht hatte lebte er zurückgezogen und bekam seinen Hintern nicht hoch, während auf Argaan tapfere Diener Innos' ihr leben ließen.
Noch immer hielt Lodrick den Brief, welcher vollgestopft mit Entschuldigungen und Rechtfertigungen war, in seiner Hand, während er in Gedanken die letzten zwei Jahre durchspielte
Nichtig. dachte der ehemalige Wachtmeister.
Vollkommen nichtig.
Den Blick stur gen Horizont gerichtet wo in einigen Tagen die Küste Argaans auftauchen würde, zeriss er dieses Stück Papier, das für ihn das Symbol seiner Schande war in Fetzen.
Vollkommen egal, wie man auf meine Rückkehr reagieren wird. Ich werde mich dem Willen Innos' beugen.
Und mit den Fetzen des Briefes, den er in den ganzen zwei Jahren immer bei sich getragen hatte, die nun in die wogende See fielen, so fiel auch eine ungeheure Last ab vom ehemaligen Wachtmeister der Ordensmiliz
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letzter post
Einige Tage waren vergangen. Riannon hatte sich Gedanken gemacht, hatte in langen Nächten und an grauen Tagen auf der hohen See in Gesellschaft von Yareds Mannschaft ihre Chancen abgewogen, ob sie jene, die ihre Rache verdienten, überhaupt bezwingen könnte. Selbst wenn Yared ihr das Kämpfen beibringen würde. Nein, Riannons Vorgehen war zu impulsiv gewesen, zu geladen. Geduld. Ruhe. Zeit, das war, was sie brauchte. Das war, was ihr Rache ermöglichen würde. An einem Abend hatte sie mit dem Käpt'n gesprochen, obwohl es eher ein Monolog gewesen war: "Ich werde erst einmal bei euch auf dem Schiff bleiben, wenn es recht ist. Ich werde mir meinen Platz verdienen, zusehen, lernen und leben. Dann ... irgendwann, vielleicht bald, werde ich meine Rache bekommen. Aber - Götter - vielleicht beruhige ich mich auch, finde einen netten Mann am nächsten Hafen und werde sesshaft, wir werden sehen."
Aus dem großen Spiel würde sie sich aber zurückziehen. Ihr lag nichts mehr daran. Orden, Macht, Mysterien und Magie. Nichts für sie. Riannon würde in Zukunft einfach ihr Leben leben und andere das ihre leben lassen.
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Kurierschiff der königlichen Flotte
Durch die langsam größer werdenden Wellen schwankte das Schiff gefährlich hin und her, als es geradewegs auf eine heraneilende, dichte Wolkendecke zusteuerte. Thelyron hatte sich von Feuermagier Nemorath überzeugen lassen, dass er für den Weg Innos' bestimmt sei. Doch es waren nicht die Gefahren der offenen See, die den einfachen Arbeiter an seiner Entscheidung zweifeln ließen. Vielmehr war es das Gefühl, seine Freunde und Bauer Hardwick in Montera zurückgelassen zu haben ohne sich richtig von ihnen zu verabschieden. Feuermagier Nemorath versicherte aber, dass man seine Entscheidung verstehen und unterstützen würde.
Thelyron befand sich zusammen mit anderen Reisenden auf einem Kurierschiff der königlichen Flotte. Sie alle hatten ein Ziel: Argaan.
Die Reisenden hätten wohl unterschiedlicher nicht sein können. Neben Thelyron reisten auch noch zwei weitere Adlaten-Anwärter mit. Außerdem ein Gemischtwarenhändler, der sich auf Argaan wohl das Geschäft seines Lebens versprach, eine Gruppe von Bergarbeitern, die zum Abbau von Eisenerz benötigt wurden und ein Barde, der die von Krieg und Misstände geplagte Insel mit seinen Liedern und Gedichten aufheitern wollte.
"Krieg und Misstände?" dachte sich Thelyron. Natürlich hatte Feuermagier Nemorath auch von den Gefahren auf Argaan berichtet. Gleichfalls versicherte er aber, dass die Gläubigen nicht nur unter Schutz des Ordens, sondern auch unter dem Schutz des Lichtgottes standen. Je länger sich das Schiff auf hoher See befand, desto großer wurde das ungute Gefühl.
Neben den zivilen Reisenden gingen im Hafen von Vengard außerdem noch einige Soldaten an Bord, die Thelyron seitdem nicht mehr gesehen hatte. Möglicherweise bevorzugten sie die geschlossenen Räume des Unterdecks oder wollten sich nicht mit dem gemeinen Volk abgeben. "Manchmal reisen Soldaten aus Gründen der Sicherheit auf den Kurierschiffen mit." sagte der Feuermagier kurz vor der Verabschiedung. Er sagte auch, dass kein Anlass zur Sorge bestünde. "Das Schiff segelt nicht in Richtung eines Kriegsgebietes."
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Kurierschiff der königlichen Flotte
"Und was hast du verbrochen, dass dich die Feuermagier nach Argaan schicken?" fragte ein Novize des Feuers. Thelyron schaute überrascht und erwiderte: "Was ich verbrochen habe? Ich habe nichts verbrochen. Ich kam mit Feuermagier Nemorath nach Vengard, um mir die Künste der Alchemie anzuschauen. Er sagte, ich sei begabt und dass sie auf Argaan noch fähige Adlaten brauchen."
"Nichts für ungut. Nun ja, ich komme aus Silden und habe meinen Meister wohl etwas verärgert, als ich seine Forschungsunterlagen mit einem Feuerzauber in Brand setzte. Es war ein Versehen! Zur Strafe schickte er mich nach Argaan." antwortete Lucan. "Ich weiß auch nicht, was uns dort erwartet. Glaubt man den Gerüchten, soll dort ein Drache sein Unwesen treiben... Wer weiß. Ach ja, ich heiße Lucan. Freut mich, dich kennenzulernen."
Nun war Thelyron noch mehr besorgt. Von diesen Gerüchten hatte er in Montera nichts gehört und auch Feuermagier Nemorath erwähnte die Anwesenheit eines Drachens mit keinem Wort. Möglicherweise waren es ja wirklich nur Gerüchte. "Ich heiße Thelyron. Freut mich ebenfalls." Der angehende Adlat schaute auf das Meer hinaus. Nach einem der Seemänner würde es nicht mehr lange dauern, bis sie Argaan erreichten.
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Jans Augen verfolgten das Muster der Wellen in der Hoffnung, so etwas mehr Ruhe in seine Gedanken zu bekommen. Seit Jahren seiner vorwiegend spirituellen Reise hatte er nicht mehr so viele Gedanken an Weltliches verwendet. Er bemerkte, wie Thal an seine Seite trat, sich neben ihm ebenfalls auf die Reling stützte und seinem Blick folgte.
"Und?", fragte der Templer gedämpft, dass seine Stimme gerade bis ans Ohr des Söldners reichte.
"Nicht zu unterschätzen. Vor allem der schmale. Schnelle, präzise Bewegungen.", antwortete sein Nebenmann.
"Hmm..." Der Gor Na grübelte und versuchte ihre Chancen abzuschätzen. "Die drei hinter uns ebenfalls. Zu unseren besten Zeiten keine Bedrohung. Aber heute?"
Der Söldner wandte sich mit dem Rücken zur Reling und verschränkte die Arme. "Wenn alle dem Ruf folgen, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Keiner der Männer hat Rost angesetzt" Er wandte den Kopf zu zum Gor Na und sprach mit einem Schmunzeln. "Vorausgesetzt, dich hat deine einstige Stärke nicht verlassen."
Der Templer schnaubte amüsiert durch die Nase. Die Jahre waren zwar nicht gnädig zu ihm gewesen, doch auch auf dem Zenit seiner körperlichen Leistung war er dem Mann, dem er nun geworden war, nicht gewachsen gewesen.
"Sehr gut.", erkannte Thal die unausgesprochene Antwort an und trat einen Schritt aufs Deck. Jan hörte wie der Einhänder des Söldners an Stelle des Zweihänders auf seinem Rücken aus der Scheide glitt. "Bereit für die Bühne?"
Der Gor Na behielt den Blick auf den Wellen, während er einen Schritt zurücktrat und die Sumpfschneide mit dem Mondlicht bekannt machte. Er hatte sogar daran gedacht, sie an seiner rechten Seite zu befestigen, um die Täuschung zu perfektionieren. Thal erwartete ihn bereits in Kampfstellung und der einstige Templerführer nahm jedes Detail seiner Haltung in Augenschein. Als wäre es erst wenige Wochen und nicht viele Jahre her, kam jede Kleinigkeit seiner einzigartigen Ausbildung ans Tageslicht. Jan hob einen Mundwinkel zu einem wohlwollenden Lächeln und nickte. Ohne weitere Vorwarnung trafen die Klingen der beiden Krieger aufeinander. Der Söldner hielt sich gerade genug zurück, dass es nicht auffiel, während der Templer den Luxus genoss, mit all seinen Fähigkeiten dagegen zu halten, ohne seine Stärken zu offenbaren. Die Waffe in seiner linken fühlte sich nicht mehr so ungewohnt an wie vor einigen Wochen noch und der gelegentliche Handwechsel im Kampf mit dem Anderthalbhänder kam ihm zu Gute, doch wirkte er lediglich durch das hervorragende Zusammenspiel mit seinem Gegenüber wie ein einigermaßen passabler Kämpfer. Gerade gut genug, dass man ihm abkaufte, kein völliger Dilettant zu sein. Aber auch nicht viel mehr als das. Tatsächlich hätte der Templer auf diese Weise vermutlich schon einem Milizionär nicht allzu viel entgegensetzen können.
Es erfüllte seinen Zweck. Und zugleich stellte der einstige Zweihandmeister mit wachsendem Interesse fest, dass die leichten Bewegungen seiner Schulter nicht nur nicht schadeten, sondern gar nützten. Nach all den Jahren schien diese ewige Wunde langsam aber sicher zu verheilen. Gut, er würde sein volles Potenzial brauchen für die Zeiten, die nun vor ihnen lagen.
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Die Sonne stand hoch im Himmel, spiegelte sich auf den Wellen wider und blendete die Männer an Bord. Eine kühle Brise konnte kaum davon ablenken, dass sie einen heißen Tag des Spätsommers weit in den südlichen Gefilden verbrachten. Turang stand der Schweiß auf der Stirn. Er hatte ganz vergessen, wie heiß es im Süden werden konnte, wenn ihn seine Robe meist vor Wetter, Wind und Wasser schützte. Fenris weigerte sich seit sie abgelegt hatten, die kleine Kajüte des Magiers zu verlassen, ob nun dem Wetter oder den Menschen geschuldet. Er spürte ein wenig sein schlechtes Gewissen beim Gedanken an den Wolf: die Südlichen Inseln waren schon keine angenehme Klimazone für das Tier und wo sie hinsegelten würde es auch keinen Deut kälter werden. Vielleicht wäre es eine bessere Idee gewesen, ihn nicht mitzunehmen sondern am Silbersee zu lassen, wo es Schatten und bekannte Jagdgründe gab. Nun, für diese Idee war es wohl reichlich zu spät.
Das Schiff, mit dem er Richtung Nordwesten segelte, wurde von einem jungen Kapitän namens Arko gesegelt, einem freundlichen Gesellen mit einer redseligen Mannschaft. Und dennoch schienen sie ihm alle etwas zu verschweigen. Jeder Mann der Crew schien mindestens einen Säbel zu tragen, obwohl sie selbst sich nur als eine Mannschaft freier Händler bezeichnete. Er sah es an Deck und er spürte es, wenn er in ihre Geister drang, dass sich hinter diesem schnellen Segler mehr versteckte als sie ihn glauben machen wollten.
Er spürte einen gemeinsamen Groll gegen etwas, die Verbundenheit von Ausgestoßenen aber auch viel Ehrlichkeit und Treue unter diesen Seefahrern. Sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit und mehr Geschäfte als sie ihn wissen lassen wollte, aber der Magier glaubte nicht daran, dass sie ihm wirklich etwas Böses wollten. Sie waren keine habgierigen oder blutrünstigen Männer. Sie waren einfach Seefahrer, rau und voller Kerben vergangener Tage, erfüllt mit der Sehnsucht nach Freiheit. Er glaubte, dass er sie mochte. Oder wenigstens mögen konnte. Und mit Sicherheit waren sie eine angenehmere Gesellschaft als die Männer an Bord eines Händlers aus Vengard ...
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"Diese Gravuren hier stammen aus einer Zeit lange vor den Orkkriegen. An der Anordnung der Schriftzeichen ist zu erkennen, dass es aus einem antiken Adanos Kultur stammen muss. Seht hier, die Linienführung?"
Der Gor Na hielt den Kelch vor die Augen des Kapitäns, der interessiert dem Finger des Templers folgte und einen fachkundigen Eindruck machte. Der selbstverständlich vorgespielt war. Der Kapitän erkannte nichts in den Linien der Gravur. Und wie sollte er auch? Der Templer dachte sich jeden einzelnen archäologischen Fakt aus während er sprach. Wenn es nach ihm ging, konnte dieser Kelch auch vor knapp 20 Jahren im alten Lager gefertigt worden zu sein, wo ihn ein zur Bruderschaft übergelaufener Schatten hatte mitgehen lassen. Aber das wusste sein Gesprächspartner nicht.
"Und ihr meint, jemand bezahlt dafür ein Vermögen?"
Der einstige Templerführer öffnete den Sack und ließ den Kelch wieder darin verschwinden.
"Nicht irgendjemand, aber wenn man die richtigen Leute kennt, die wiederum die richtigen Leute kennen, sitzen wir hier auf einem größeren Vermögen, als Ihr und eure Männer in einem Leben ausgeben könnten."
Technisch gesehen nicht falsch. Kannte nicht jeder irgendjemanden, der irgendjemanden kannte? Nur dass sie auch unabhängig davon auf einem Vermögen saßen. Doch der Trick bestand darin, dass ihre Finte nicht durchschaut wurde. Nicht, bevor sie den Hafen erreichten. Der Templer nahm den Sack und warf ihn wieder zurück auf die anderen, wo darunter echtes, khorinisches Gold klimperte.
"Nichts für Ungut, aber ich bleibe skeptisch, bis ich das Geld sehe und behalte ein Auge auf Euch. Niemand teilt ein solches Vermögen einfach so."
Der Templer nickte. "Ich teile dieses Vermögen nicht einfach so. In Myrtana sind diese Dinge für mich genauso wertlos wie jetzt für Euch und wenn ich mit einer solchen Ladung ein Schiff nehme, dessen Kapitän in irgendeiner Weise mit der Krone assoziiert ist oder mir bereits für das bloße Metall die Kehle aufschneidet stehe ich erneut vor nichts oder schlimmer. Da gebe ich lieber einen Teil in die Hände eines Mannes, der klug genug ist, ein gutes Geschäft nicht auszuschlagen."
"Nichts desto trotz nehmt ihr es mir nicht übel, wenn meine Männer euch genau im Auge behalten, bis ich meinen Anteil habe", erwiderte der Kapitän gleichzeitig besänftigt und skeptisch.
"So wie ihr es mir nicht übel nehmt, dass stets einer von uns ein Auge darauf hat, dass keiner eurer Männer irgendetwas entwendet", erwiderte Na Jan.
"Das ist nur fair." Der bärtige alte Mann warf einen Blick in die Ecke des Raumes in der Gor Na Thal saß, seinen Zweihänder in perfekter Griffweite neben sich an die Wand gelehnt und ihm zunickte. Der Kapitän räusperte sich, nickte Jan noch einmal zu ging an Deck.
Gor Na Jan schritt zu Thal herüber und lehnte sich neben ihm an die Wand. Er atmete tief durch. Von diesem Gespräch war viel abhängig gewesen. Thal schmunzelte leicht.
"Bis hierher alles nach Plan", sprach der vermeintliche Söldner und warf einen Blick um den einstigen Templerführer herum, um sich zu vergewissern, dass niemand in Hörweite war. "Doch die Übergabe an unseren "Fachmann" könnte die Schwachstelle sein."
Jan schüttelte den Kopf. "Hoffen wir das Beste. Und wenn nicht, hoffen wir, dass genug dem Ruf gefolgt sind."
Thal senkte das Haupt und nickte fast unmerklich. Es war schwer, nach so langer Zeit optimistisch zu bleiben, doch welche Wahl hatten sie? Jan stieß sich von der Wand ab und machte sich auf den Weg an Deck. Der Mond war im Schwinden begriffen und lag schwer über der See. Wenn alles gut ging und der Wind mit ihnen war, würden sie am morgigen Tag Khorinis erreichen. Und dann, was dann geschah, wusste nur der Schläfer.
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Vor der Küste Varants
Die Besatzung des Schiffes stimmte ein Seemannslied ein, das ein frischer Westwind auf die See hinaus trug. Die Silhouette der großen Kuppel von Mora Sul kündigte ihnen das baldige Ende ihrer Überfahrt und ein paar ruhige Tage an einem Hafen an. Arko beobachtete schmunzelnd die gute Laune seiner Männer, der Magier neben ihm hatte den Blick auf das nahe Festland geworfen. Es war schon viel zu lange her, dass er durch die Dünen und Sandmeere der großen Wüste Varants gewandert war. Die Nomadenstämme im Süden waren, nach allem was man hörte, noch genauso störrisch gegenüber der myrtanischen Krone wie am ersten Tage und die Herrschaft Rhobars über die Wüste bestand an vielen Orten mehr aus Lippenbekenntnissen und offiziellen Siegeln, als dass das Leben der Wüste wirklich vom Norden aus geregelt würde.
"Da vorne liegt die Meereszunge mit Mora Sul im Westen und Al Shedim im Osten. Wo sollen wir dich an Land lassen?"
"Ist das nicht offenkundig? Ich habe nichts, was ich verkaufen wollte."
Arko nickte wissend. Auch wenn Turang nicht seine blaue Magierrobe trug hatte er trotzdem kein Geheimnis daraus gemacht, dass er an den alten Völkern und Kulten der Adanoskirche hin.
"Ein paar von den Jungs setzen dich mit einem Beiboot an Land, keiner von uns will noch lange hier verweilen."
"Ihr segelt gleich weiter nach Bakaresh?"
Der junge Kapitän nickte. Er schien nicht traurig darüber zu sein, dass er ihren Passagier vor dem Ende ihrer Reise absetzen konnte. Was auch immer er und seine Mannschaft in Bakaresh zu schaffen hatten, viel Aufsehen wollten sie damit nicht erregen. Es schien ihnen ganz recht zu sein, wenn niemand darüber Bescheid wusste, der nichts damit zu tun hatte, ihre Segel festzuzurren.
Turang dachte nicht mehr viel darüber nach, was Arko wohl so trieb, wenn er ihn erst einmal los war. Das war nichts, was ihn etwas anging, auch dann nicht, wenn die myrtanische Krone ihn am Mast aufknüpfen wöllte, sollte sie es herausfinden ...
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Auf einem Fischerboot Richtung Feshyr
Vicktar hatte eine ungewöhnliche Ausstrahlung. Trotz des immensen Drucks der auf den Schultern der Novizen lastete, strahlte der Primus eine Ruhe und Gelassenheit aus, die Snydex beneidete. Er selbst konnte kaum länger als einen Wimpernschlag auf der Stelle stehen, so eine Unruhe herrschte in ihm. Doch war er froh, dass Vicktar einen Fischer gefunden hatte, der die beiden Novizen nach Feshyr brachte.
Sie waren wie abgesprochen am selben Abend mit dem Boot abgesetzt und schipperten nun mitten auf dem Meer. Das Wetter war angenehm und der Wellengang ruhig, dennoch schaukelte das Boot verdächtig hin und her. Snydex war froh, schon einige Bootsfahrten hinter sich zu haben, sonst wäre diese sicherlich seine letzte gewesen. Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit, doch ließ er sich dieses nicht anmerken. Viel zu groß war die Euphorie, bald in Feshyr anzukommen.
"Vicktar", begann er und schaute zum Primus rüber. "Wenn wir in Feshyr angekommen sind, was machen wir dann? Die kleinste der vier Schwestern haben wir ja nun bald erreicht." Für einen Moment überlegte er kurz und fuhr dann fort. "Wie war das? In die grauen Augen des unermüdlichen Zuhörers blicken? Was könnte damit gemeint sein? Dieser "Zuhörer" wird jedenfalls einen weiteren Hinweis liefern. Hm...eine Statue? Die sind grau und gehen auch nicht weg, hören also immer zu."
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Vor der Küste Feshyrs
Die kleine Insel westlich Argaans rückte immer näher, während sie im immer noch hellen Abendlicht auf deren Küste zuhielten. Der Fischer, den sie überredet hatten, wirkte mürrisch und müde, aber er sagte kein Wort und tat die Arbeit, für die er gut entlohnt wurde. Das schnelle Handeln der beiden Novizen würde ihnen vermutlich einen kleinen Vorsprung vor den Mitbewerbern ermöglichen, doch Vicktar machte sich keine Illusionen darüber, dass sie schnell herausfinden mussten, wonach sie suchen mussten, wenn sie die Prüfung des Feuers erfolgreich bestreiten wollten. Was dann kam, wenn das Objekt der Begierde gefunden war und die beiden den Lohn unter sich ausmachen mussten... nun, das würde sich zeigen müssen. Darüber nachzudenken war nun nicht der richtige Zeitpunkt.
"Hmm, eine Statue klingt nach einer guten Idee", stimmte der Primus seinem Kameraden zu und kratzte sich am Kinn.
"Erst einmal sollen wir der Insel zu Kopfe steigen - also vermutlich die hohen Gipfel erklimmen. Vielleicht sehen wir dann auch vor Ort, was auf die Beschreibung passen könnte."
Geräuschvoll dachte er nach - eine seltsame Angewohnheit des Alters, dass einem ständig irgendwelche Töne entfuhren, ohne dass man es wollte.
"Vielleicht finden wir auf der Insel auch jemanden, der uns als Führer dienen kann. Einerseits, um den Berg auf einem günstigen Pfad zu erklimmen, und andererseits, um mit dem Kopf eines Einheimischen denkend bei den Rätseln zu helfen. Ich selbst habe es nur als Kind einmal nach Feshyr geschafft, allzu viel weiß ich über die Insel also auch nicht, muss ich gestehen."
Ihm gefiel es nicht, dass sie so wenig von dem Rätsel der hohen Herrin hatten entschlüsseln können. Was war gemeint mit dem, was der Heilige dem Pilger hinterließ? Und was hatte es mit der Warnung vor dem Schatten des Heiligen auf sich? Er konnte es kaum erwarten, die Insel zu erreichen. Nur so würden sie Antworten finden.
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An der Küste Feshyrs
Mit einem dumpfen Aufprall setzte das kleine Fischerboot an Land an.
Die beiden Novizen stiegen vorsichtig aus und richteten den Blick auf die kleine Insel. Berge waren zu sehen und viel Grün, doch waren sie nicht wegen des schönen Anblicks angereist.
"Wir erwarten dich dann in zwei Tagen wieder hier. Und danke für die Hilfe!", sagte Snydex freundlich lächelnde während er Vicktar andeutete, dem murrigen Fischer einen Teil der Entlohnung auszuhändigen.
"So, und jetzt? Du warst bereits hier, gibt es ein Dorf in der Nähe? Vielleicht können die Dorfbewohner uns helfen."
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Feshyr
Da waren sie also - auf einer fremden Insel ohne eine wirkliche Idee, wie sie weiter verfahren sollten. Und Vicktar galt mit seiner unfassbar großen Erfahrung in Hinblick auf Feshyr-Besuche vermutlich als der Experte.
"Dass ich hier war, ist mehr als ein halbes Jahrhundert her!", insistierte er kopfschüttelnd.
"Aber zumindest gab es damals ein Dorf, wenn ich mich recht entsinne. Und Schafe. Ich kann mich an viele Schafe erinnern."
Das würde ihnen vermutlich nicht weiterhelfen, aber vielleicht war es auch keine schlechte Idee, auf den Wiesen nach Hirten Ausschau zu halten, um einen Einheimischen zu finden, der ihnen helfen konnte.
"Hirten und Fischer wird es hier sicher geben. Allzu groß dürfte die Insel aber ohnehin nicht sein, und der Berg dort", er deutete auf das Westmassiv zu ihrer Linken, "wird vielleicht unser Ziel, aber nicht der beste Ort für ein Dorf sein. Am besten, wir setzen einfach einen Fuß vor den anderen und schauen, wo wir landen."
Das Prinzip Hoffnung musste es also richten für die beiden. Viel mehr blieb ihnen ohnehin nicht übrig, denn ihr Fährmann hatte sich nach Erhalt seiner Anzahlung direkt wieder auf den Rückweg gemacht, um vor Anbruch der Dunkelheit wieder auf Argaan anzukommen. So setzten sich die beiden Novizen in Bewegung.
"Was könnte der Heilige dem Pilger hinterlassen haben? Vielleicht einen Ort, an den zu pilgern es sich lohnt? Ein Grab vielleicht, oder eine Gedenkstätte?"
Was auch immer es war, die Bewohner der Insel des Bastardsohnes würden es sicher kennen. Wenn man ein ganzes Leben auf solch einem kleinen Eiland verbrachte, musste man doch jeden Winkel kennen, nicht wahr?
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Feshyr
Die Novizen setzten sich in Bewegung und hielten Ausschau nach etwas, was wie ein Dorf aussehen könnte.
Nicht unweit von Ihnen bestätigte sich Vicktar's Aussage und in ihrem Blickfeld war eine Schafsherde zu erkennen. Wenn Schafe in der Nähe waren, dann musste doch auch ein Hirte in der Nähe sein, oder?
Mit einem Nicken deutete Snydex zu besagter Herde und siehe da, unter einem Baum geschützt vor der Sonne war ein Hirte zu sehen, den Hut ins Gesicht gezogen und hörbar am Schlafen. Hätte er den Hirten nicht erkannt hätte man ihn für ein Schwein halten können. Zumindest gab er die gleichen Laute von sich.
Mit dem Fuß stupste der Novize den Hirten an.
"He da, Hirte. Aufwachen!" Mit einem lauten Grunzen schreckte dieser auf, sprang hoch und richtete den Hirtenstab auf die Novizen.
"W-Was wollt ihr? Wer s-s-seid ihr?"
"Ganz ruhig Junge!", erwiderte Snydex dem jungen Mann lachend. Er war nicht älter als 15, braune Haare, Sommersprossen im Gesicht. Einen guten Kopf kleiner als Snydex selbst. "Wir sind Novizen des Feuers, Diener Innos' und auf einer wichtigen Mission unterwegs. Wir werden dir keinen Ärger machen."
Der Junge musterte die beiden gründlich, identifizierte diese letztendlich an deren Kleidung. Er senkte den Stab und seine Augen begannen zu leuchten.
"V-verzeiht. I-ich war n-nur überrascht. Ihr s-s-s-seid auf einer w-wichtigen Mission u-u-u-u-unterwegs?" Die Augen des stark stotternden Jungen begannen noch mehr zu leuchten.
"Eine Mission von äußerster Wichtigkeit!", betonte Snydex erneut übertrieben. "Sag, kennst du dich hier gut aus? Natürlich kennst du dich gut aus. Ich wette, du kannst uns helfen!"
Das der Hirte nicht vor Freude in Ohnmacht fiel, war auch das einzige. Sein Leben war vermutlich trist und eintönig, jeden Tag auf Schafe starrend. "S-selbstverständlich k-k-kann ich das! Es gibt k-k-keinen Ort den ich n-nicht k-k-kenne!"
"Wunderbar! Dann hör mal gut zu."
Snydex erklärte dem Jungen die ihnen auferlegte Prüfung mit allen Details und Erkenntnissen. Grübelnd dreht der Junge sich um, den nicht vorhandenen Kinnbart kratzend.
"Hmm, o-oben auf dem B-Berg gibt es e-e-eine Hö-hö-höhle, Nachts kann m-m-man manchmal S-S-Stimmen hören. Klingt w-w-wie ein S-Stöhnen. G-Gerüchten zu f-folge h-hat sich d-d-der heilige Dominique d-dort mal a-a-aufgehalten."
Grinsend sah Snydex Vicktar an. Wenn das mal keine nützliche Information war! "Kannst du uns hinführen, Junge?"
"N-natürlich k-kann ich das. D-die Sch-schafe hauen eh n-n-nicht ab. Ich h-heiße übrigens M-M-Max."
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