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Die Schreibschmiede

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    Kämpferin Avatar von Madli
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    Hallo Schreiberlinge!

    Seitdem ich Das Magische Buch gelesen und genossen habe, spiele ich mit dem Gedanken einen (hoffentlich) ähnlich kreativen Thread zu starten. Heute habe ich meinen Mut zusammengenommen und diesen Entwurf geschrieben.
    Was haltet ihr von diesen Vorschlägen (nur ein erster Entwurf, sorry)? Dem jetzigen Inhalt nach wäre das wohl nicht ganz jugendfrei...



    Die Schreibschmiede
    < SIG AUS! >
    Hauptidee:





    Schreibt den Anfang zu diesem Ende

    Und wer hätte zu denken gewagt, daß es Dunkelelfen, Elfen und Dämonen wirklich gibt? Allerdings sind es ganz unauffälige Wesen in der Unterwelt. Anzugträger mit Stift und Anwalt anstelle von Schwert und Schild. Menschen mit Machtbefugnissen, deren Unterschrift ebenso tödlich hier wie ihre Waffe in der Oberwelt sein kann. Mit einem Schriftzug töten sie eine Million Menschen. Diskret. Effizient. Furchteinflößend.
    Nicht aus Hass oder Angst.

    Aus Habgier.

    Sie können nicht anders agieren, wenn sie Ihren Machtstatus in der Oberwelt nicht kompromittieren wollen. Sonst müssten sie auf ergebene Dienerschaft verzichten. Auf Ländereien. Auf Geld und Einfluss.
    Und so gestalten sie ihre Welt von Morgen. Zielstrebig zerstören sie den Planeten und füllen dabei ihre Taschen. Pflichtbewusst opfern sie dem Götzenbild der absoluten Sicherheit eine Freiheit nach der anderen. Ihre Ergebenen leiden darunter, aber dazu sind Ergebene da. Opfer hier unten und Schlachtvieh oben.


    So oder ähnlich schrieb Vassilius, Ehrenberater des Fürsten Danglade aus Proxima Centauri, als er über das Verschwinden des blauen Planeten in der Milchstraße nach der Machtübernahme der dortigen Oberwelt Bericht erstattete.

    Aus dieser einst besungenen grün und blauschimmerden Erde war nichts mehr übrig geblieben als ein Schutthaufen. Noch weniger als das. Eine Staubwolke im All.
    Die längst verflogene Erinnerung einer selbstzerstörerischen Zivilisation von Primaten. Wobei ihr Umgang mit Ressourcen und Umwelt eher dem von Heuschrecken entsprach. Alles vertilgen und weiterziehen.
    Bis es schließlich nichts mehr zu vertilgen gab als sich selbst.





    Orte:


    Die Oberwelt

    Eine altehrwürdige absolute Monarchie mit typischen Machtkämpfen und Intrigen. Dort kämpfen fünf Stämme um die Macht.
    Die Dunkelelfen, meisterliche Vergifter und Kenner der dunklen Künste.
    Die Elfen, Folterer und Sadisten aus dem Hochadel.
    Die Zwerge, gnadenlose Kämpfer und Eroberer.
    Die Dämonen, magische Kreaturen mit anthropo- und zoomorphischen Fähigkeiten (können sich als Menschen und Tiere tarnen),
    Und schließlich die Ritter des Königs, die mit allen Mitteln seine Herrschaft verteidigen.
    Keiner der Stämme ist grundsätzlich nur gut oder böse. Sie sind alle bereit, mit äußerster Grausamkeit zu handeln.

    Ein Auserwählter aus jedem Stamm vertritt die Interessen seines Klans im sogenannten Hohen Rat, der dem König beratend zur Seite steht. Allerdings muss der Monarch nicht den Empfehlungen des Hohen Rates gehorchen. Auch wenn das Krieg zur Folge hat.

    Natürlich ist dies nur ein erster Entwurf. Bestimmt kommt ihr auf ganz andere Gedanken, zum Beispiel zu den jeweiligen Stärken und Schwächen des einen oder anderen Stammes.


    Die Unterwelt

    Ist eine Art Erde der nahen Zukunft. Kaum noch Ressourcen verfügbar, überall Diktaturen, ein rauher Alltagskampf ums Überleben. Ihre Bevölkerung entspricht exakt der der Oberwelt. Denn jeden Menschen gibt es zweimal. Einmal in der Oberwelt. Einmal in der Unterwelt.
    Eure Beiträge könnten sich beispielsweise damit auseinandersetzen, welche der beiden Welten real ist. Und welche einer düsteren Phantasie entsprungen.
    Auch wäre es interessant zu klären, ob der Tod in einer Welt der Tod in der anderen zur Folge hat, oder ob man plötzlich in einer Welt zweimal erscheint. Einmal normal, einmal als Geist...

    Dies sind ja nur Vorschläge, Euch fallen bestimmt weitere Ideen ein, um die Erzählung spannend zu gestalten.




    Vorschläge zu Figuren



    Dunkelelfen


    - Malinor von Walkenstade: Oberbefehlshaber der dunkelelfischen Armee. Für seine Grausamkeit berühmt und berüchtigt. Beim leisesten Zweifel ob der Ergebenheit seiner Untergebenen, schreckt er auch nicht davor zurück, seine eigenen Männer mit seinem legendären grünen Breitschwert zu enthaupten.

    - Erwan der Erhabene: Ein älterer Herr mit weißem Bärtchen, vertritt die Interessen der Dunkelelfen im Hohen Rat. Lasst Euch nicht von seiner Art täuschen. Er mag sehr freundlich, höflich und zuvorkommend erscheinen. Ist aber ein gewiefter Stratege und zu allem bereit, seine Privilegien zu verteidigen und weiter auszubauen. Man munkelt, er habe den letzten König vergiftet. Ihm konnte aber nichts nachgewiesen werden.

    Elfen


    - Baron von Hohenfelde. Ein Mitglied des Hochadels, der zum obersten Schatzmeister des Königsreichs vom König ernannt wurde. Seine Entscheidungen führen oft zu Hungersnöten und Kriegen. gleichermaßen in der Oberwelt und in der Unterwelt. Hauptsache, die Staatskassen und die eigenen Taschen sind prall gefüllt. Er gilt als Sadist und Zyniker und hat eine ganze Heerschar an Folterknechten, die in seiner Festung zu Hohenfelde ihres Amtes walten.

    - Fürst Nat-Og-Dag. Elfischer Vertreter im Hohen Rat. Sein Name entstammt einer alten Hochadelfamilie und bedeutet Nacht-und-Tag. Ansonsten ist Nichts über ihn bekannt. Viele haben versucht, mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Kein Einziger hat überlebt und das Ergebnis seiner Nachforschungen je präsentieren können.

    Ihr könnt Euch gerne weitere Figuren, Charaktere ausdenken. Je verrückter, desto besser.




    Regeln



    (habe ich mir unverschämterweise bei Goldengirl / Thread Das Magische Buch abgeguckt und eins zu eins übernommen, *frech grins):

    " SIG aus. Bitte Signatur aus, bevor Ihr postet

    Mindestlänge:10 Zeilen pro Beitrag.

    Editieren: Nur am gleichen Tag möglich

    Doppelposts: Sind erlaubt.

    Bilder. Das Einfügen von Bildern ist nicht erlaubt.

    Lest Euch bitte im Vorfeld die Geschichte.
    Denn nur so kann eine fließende, zusammenhängende Geschichte entstehen. "


    So oder ähnlich habe ich's mir vorgestellt. Was haltet Ihr davon?
    Wäre für Euren Feedback dazu sehr dankbar.
    Madli ist offline Geändert von Madli (27.01.2015 um 19:36 Uhr)

  2. #2 Zitieren
    Kämpferin Avatar von Madli
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    KAPITEL 1: EINLADUNG ZUR JAGD





    Im Königreich Hajimaru Seira besaß jeder Untertan mindestens drei Steine. Den Befehlsstein, den Transportstein und den Todesstein.
    Mit dem ersten konnte er Befehle empfangen, oder, sollte er zu den wenigen Auserwahlten aus dem Hochadel oder dem Königshof zählen, auch welche erteilen.
    Mit dem zweiten konnte er den Ort wechseln, ohne dafür eine lange ermüdende Reise unternehmen zu müssen. Damit konnte er auch zwischen Oberwelt und Unterwelt wechseln. Der letzte Stein enthielt den letzten Willen seines Besitzers sowie etwaige Nachlaßregelungen.

    Die Adeligen hatten aber natürlich mehr als nur drei Steine. Die meisten unter ihnen hatten sogenannte Vegnügungssteine in ihrem meist reich verzierten samtenen Beutel. Damit konnten sie sich direkt dorthin teleportieren, wo sie sich vergnügen wollten. Sie mussten nicht zuerst an irgendeiner Pforte um Einlaß bitten.

    Ersen Druisjfoord gehörte leider nicht zu dieser Minderheit. Schon am frühen Morgen hatte er gewusst, daß der Tag für ihn unglücklich verlaufen würde, als er einen riesigen Schwarm von kreischenden Krähen im Himmel beobachte. Allessamt wahrscheinlich getarnte Dämonen.

    Jener Himmel verfinsterte sich seitdem kontinuierlich, etwa wie ein über die ganze Erdkugel bespanntes Leichentuch.
    Am späten Nachmittag färbte sich sein Befehlsstein rot und schickte ihn als Abgesandten seines Herrns und Meisters, des Marquis von Fontlevaut, direkt in das Fürstentum Nat-og-Dag. Er berührte zuerst seinen Todesstein und ließ sich anschließend vom Transportstein direkt zur Hauptpforte der fürstlichen Residenz befördern.
    Als er dort eintraf, wurde er von den Abenddämmerung begrüsst. Die Sterne leuchteten heller, als er sie je wahrgenommen hatte, als wollten sie sich von ihm endgültig verabschieden...
    Bei der Landung musste er erst Herr über seine schlotternden Knie werden. bevor er den massiven Türklopfer aus Messing betätigen konnte.
    Madli ist offline Geändert von Madli (30.01.2015 um 17:13 Uhr)

  3. #3 Zitieren
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    Zweifelsohne befand sich die prächtigste Sammlung von Zaubersteinen im Land in den Händen der Baroness D’Escatillo-Ventia. Natürlich hätte niemand gewagt, sie mit diesem minderen Titel anszusprechen.
    Denn sie war für alle die Ehrwürdige Königinmutter, die Mutter des herrschenden Monarchen.
    Sie war eine geheimnisvolle Erscheinung, ganz in strengen schwarzen Gewänden gekleidet. Trotz ihrer zweiundsiebzig Jahre schien sie über den marmorenen Boden des Palasts leise zu schweben. Ihr Haar bot ein noch grösseres Rätsel. Es war schwarz, nur hier und da von silbernen Strähnen erhellt, als würde die Zeit selbst davor Halt machen, die Königinmutter mehr als unbedingt nötig zu zeichnen. Ausserdem schimmerten ihre Augen mit einer unheimlichen silbrigen Färbung.
    Deshalb wurde sie insgeheim von Bediensteten und Befehlsempfängern den silbernen Todesengel genannt.



    Sie bewahrte ihre Zaubersteine in einer überdimensionierten mit Intarsien und güldenen Beschlägen verzierte Schatulle auf. Die Schatulle hatte weder Schloss noch Schlüssel, sondern nur eine perfekt ausgesparte ovalförmige Vertiefung an ihrer Oberfläche.
    Darin passte einzig und alleine der Amethyst des Sehers von Alverum, das Schmuckstück ihrer Zaubersteinsammlung, welches an einer silbernen Halskette befestigt war, die sie ständig trug. Der Amethyst machte sie zur mächtigsten Frau der Welten, denn sie konnte damit jeden Menschen zu Gehorsam zwingen, sogar ihren Sohn. Mit diesem Edelstein war sie imstande, die stärksten magischen Geschöpfe der Oberwelt zu knechten: Die Dämonen.


    Aus diesem Grund hatte sie als einzige im Hof eine furchteinflößende Kammerzoffe in ihrem Gefolge.
    Die rothaarige Dämonin Xsariel, die unter ihrem dunkelgrünen Gewand riesige Flügel verbarg und ihre Gebieterin überall begleitete, ebenso leise schleichend und geisterhaft schwebend wie ihre Meisterin.
    Ihr Hals und ihr Gesicht waren von zahlreichen kleineren Narben gekennzeichnet, die von der Zeit ihrer Unterwerfung zur Königinmutter erzählten. Selten war ihre Stimme zu hören. Wenn sie jedoch gezwungen war zu sprechen, erschauderte jeder beim Anhören dieses krächzenden tierischen schrillen bedrohlichen Tonfalls voller Verbitterung, Verachtung und Hass.
    Dennoch musste sie gehorchen. Der Amethyst war zu mächtig und konnte unvorstellbare Schmerzen zufügen.



    Wie fast alle Edelsteine des silbernen Todesengels, der insgesamt einundvierzig Stück in der Schatulle aufbewahrte.


    Darunter, zwölf Befehlssteine, die sie zum Rufen von Hausbediensteten, Hofbediensteten, Söldnern, Soldaten, Begleitschutz, Leibeigenen, Magiern, Heilern und niedrigen dämonischen Wesen verwendete.
    Hinzu kamen zehn Reisesteine, vierzehn Spielsteine zu ihrer Vegnügung und Unterhaltung.
    Was aber ihre Sammlung ohne Zweifel einzigartig machte, war der Besitz von vier Todessteinen.
    Jeder andere im Königreich verfügte lediglich über einen Todesstein. Sie hatte vier davon. Was wiederum zur Folge hatte, daß man sie fünfmal töten musste, um sie endgültig auszulöschen, Fünfundzwanzig Mal hatten Assassine bereits versucht, sie zu töten. Es war keinem gelungen. Diejenigen unter ihnen, die Glück gehabt hatten, waren innerhalb von wenigen Tagen gestorben. Die Anderen wurden jedoch für ihren Frevel mit einer Strafe gezüchtigt, die vielfach entsetzlicher war als der Tod.
    Madli ist offline Geändert von Madli (19.02.2015 um 08:44 Uhr)

  4. #4 Zitieren
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    Baron Ansgar von Hohenfelde war gerne mit dem Pferd unterwegs. Es gab keine Notwendigkeit dazu, denn ihm standen selbstverständlich genügend Transport-Zaubersteine zur Verfügung.

    Aber er ritt einfach gerne.
    Aus vielerlei Gründen.

    Einerseits konnte er seine insgesamt zwölf Zaubersteine bequem in der geräumigen Satteltasche verstauen. Dadurch musste er nicht den doch recht unpraktischen Samtbeutel am Gürtel tragen und hatte ihn durch einen kleinen Giftdolch aus guraischem Kupfer ersetzt. Die Guraisch waren einst stolze Schmiedemeister der Zwerge gewesen. Sein Neffe Osmond hatte die elfische Armee geführt, die sie vernichtet hatte. Und seinem Onkel diesen seltsam mächtigen Dolch als Zeichen seiner Ergebenheit geschenkt.

    Andererseits war jener Onkel der Baron etwas kurzgewachsen, Ein kleiner Mann, flüsterten insgeheim die Spötter vom Elfenhof. Auf seinem Schlachtross sitzend konnte er jedoch von oben herab auf seine Untergebenen blicken. Und sie gegebenenfalls vom Pferd zertrampeln lassen.
    So wie es sich gehört.

    Und schließlich – wohl der wichtigste Grund, zu reiten – war er ein begeisterter Jäger und verfolgte oftmals seine Beute tagelang durch den Unsäglichen Dornenwald, die Heimat der Dämonen. Dort waren alle Zaubersteine außer Kraft gesetzt und lauerten mehr als genug Gefahren. Man musste bereit sein, sehr schnell zu fliehen. Daher war ein gut dressiertes Reittier unerlässlich.
    Eins, welches keine Angst vor den Ungeheuern haben würde, die hier beheimatet waren.

    Die Tarantula von Ishgaren war eins dieser Monster. Eine legendäre dämonische Hexe, die die dauerhafte Erscheinung einer Riesenspinne gewählt hatte. Sie genoss die Angst, die sie in ihren Opfern verspürte. Mehr als an ihr Fleisch mochte sie sich an Ihre Panik und Verzweiflung laben.
    Letzere waren schmackhafter...

    Sie war einst die Gemahlin des Barons gewesen. Lange, lange her.
    Nun verspürte er nur den einen Wunsch: Sie zu töten.


    Denn sie wusste zuviel...
    Madli ist offline Geändert von Madli (23.01.2015 um 17:21 Uhr)

  5. #5 Zitieren
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    * * * * *


    Die Fährte war frisch.
    Ekelhaft frisch...

    Es war wohl eine Bauernmagd gewesen. Was hatte sie bloß im Dornenwald zu suchen? Die halb getrockneten Leichenreste waren von tausend kleinen silbernen klebrigen Speichelfäden eingewickelt. Sie war bei lebendigem Leibe gefressen worden. Alle Flüssigkeit war aus ihrem Körper ausgesaugt worden.
    Höchstens vor einem Tag. Oder doch erst vor zwölf Stunden?

    Er war sich nicht sicher. Jedenfalls vor Kurzem.
    Er zitterte vor Angst und Übelkeit. Er hätte gerne geschrieben. Doch kam kein Ton heraus.
    Seine Stimme war erloschen.
    Er versuchte zu fliehen. Dennoch gehorchte ihm sein Körper nicht mehr. Seine Muskeln waren starr, seine Sehnen zum Bersten gespannt.
    Er blieb gelähmt stehen. Seine Pupillen waren weit ausgerissen. All seine Sinne wollten warnen, brüllen, handeln.
    Weglaufen.
    Erneut versuchte er vergeblich zu sprechen.

    Seine Stimme brachte nur ein Wiehern zustande. Er scharrte mit den Hufen.

    Lord Zanesh war nicht immer ein Pferd gewesen.

    Vor seiner Verwandlung war er ein angesehener Assassiner aus dem dämonischen Reich Mihasan. In dieser längst vergangenen Zeit hatte er selbst jenen Dornenwald als Dämon durchschritten.
    Wohl gemerkt als Jäger, nicht als Beute.

    Hätte diese Begegnung vor einem Jahr stattgefungen, dann hätte wohl die Spinne die Flucht ergriffen. So mächtig war er damals. So unerbittlich und befürchtet.

    Und nun in diesem lächerlichen Tierkörper eingekerkert!
    Gefangen, verwundbar, schwach und hilflos.

    Mit dieser niederen kleinwüchsigen Kreatur mit Namen Baron von Hohenfelde als Bürde auf seinem edlen rotbraunen Rücken. Seine Weichen durch die schwere Satteltasche und deren Inhalt geritzt und verschrammt, seine Hufen voller Dreck und sein Fell halb bedeckt von Schlamm.

    Damals war er vom Prinz Tejjar höchstpersönlich für die gefährliche Mission ausgewählt worden. Es ging um die Ermordung der Königinmutter. Er wurde von dieser hinterhältigen Kammerzoffe im grünen Gewand verraten, kurz bevor er zuschlagen konnte.
    Er hatte versagt.
    Der Tod wurde ihm nicht vergönnt. Nein, nein, die ehrwürdige Königinmutter hatte dafür gesorgt. Ihm wurden all seine magischen Fähigkeiten aus der Seele herausgeschnitten.
    Eine nach der anderen.
    Langsam.
    Ganz langsam.
    Eine ausgedehnte drei Monate andauernde Folter.

    Irgendwann erlangte er wieder das Bewusstsein. In diesem verhassten und unfähigen Pferdekörper. Seine bedrohliche Stimme für immer verstummt. Zur Sklaverei im Dienst eines beliebigen Menschen verdammt. Mal Lasttier, mal Reittier, mal Schlachtross.
    Also als Beute.

    So wie jetzt...


    * * * * *


    Taro war in der Unterwelt angekommen. Es hasste diesen Ort. Der Gestank dieser Transportmittel auf vier Rädern, einfach widerlich. Wie hiessen sie nochmals?
    Ach! Unwichtig.

    Er schaute sich um. Die Bauten hier waren so seltsam. Und häßlich. Es war Anderes gewohnt. Schließlich genoss er als Hofschönling gewisse Privilegien. Prunkvolle Paläste waren sein Zuhause. Reich mit seidenen Wandteppichen und sagenumwobenen Waffen verzierte Marmorwände waren für ihn nichts Außergewöhnliches.
    Und nun befand er sich in diesem – wie war die Bezeichnung doch gleich? - Haus.
    Zugegeben, großzügig ausgestattet und sehr geräumig für Unterwelt-Verhältnisse.

    Dann geschah etwas, was ihn gänzlich aus der Fassung brachte. Sein Vergnügungstein fing an zu leuchten. Er erschrak. Das war doch unmöglich! Hier unten waren die Runensteine normalerweise wirkungslos. Es sei denn....

    Er hatte seinen Gedanken noch gar nicht zu Ende geführt, als die massiven Doppelholztüren geöffnet wurden. Eine schwarze Gestalt erschien wie aus dem Nichts und sagte:
    "Willkommen zum königlichen Jagdfest, Taro von Eysson".
    Er warf sich nieder und stammelte voller Verwirrung und Ehrfurcht "Eure Königliche Hoheit! Ich...ich bin zutiefst geehrt, entzückt. Welch eine Ehre...mir zuteil wird....Ich bin Euer ergebenster D...."
    "Genug der Schmeichelei. Stehen Sie wieder auf!" Unterbrach sie ihn. Er erhob sich langsam wieder, sein Haupt nach wie vor respektvoll gesenkt, der Blick nach unten gerichtet. Ihm wurde schwindlig. Er wurde von einigen Hofdamen in den riesigen Saal begleitet. Immer noch ungläubig schaute er sich um. Alles was Rang und Namen in der Oberwelt hatte, war hier versammelt. Er war am Ziel seiner Träume. Solange hatte er dafür intrigiert, geschmeichelt, verführt und verspottet.

    Und dann sprach sie wieder. Eine kraftvolle und doch sanfte Stimme.

    - Verehrte Gäste und Freunde Unseres Glorreichen Königreichs
    "Lange lebe der König!" Riefen die Gäste einstimmig.

    - Für unser diesjähriges Jagdfest habe ich mir etwas Besonderes ausgedacht, fuhr die königliche Gastgeberin fort..
    Ich gebe Ihnen....

    Sie berührte den legendären Amethyst ihrer Halskette. Eine grosse Wand verschwand plötzlich und alle blickten auf ein Mal aus der Perspektive eines Falken auf Hohenfelde und sein Pferd.

    - Ich gebe Ihnen....Den Jäger Hohenfelde!
    Die Zuhörerschaft spendete begeisterten Beifall und war ersichtlich angenehm überrascht.

    - Ich gebe Ihnen auch.... Seine Gemahlin DIE BESTIE ISHGAREN!.
    Diese Ankündigung wurde mit grosser Freude aufgenommen. Viele der Anwesenden riefen "Bravo, Bravissimo" zu. Der Falke zeigte die Tarantula, wie sie sich aus einer sehr hohen und dichtbelaubten uralten Zeder an ihre ahnungslosen Opfer leise heranpirschte.

    - Und schließlich....ZANESH DEN ABTRÜNNIGEN ! Triumphierte die Königinmutter.

    Die Augen des Falken richteten sich nun auf das Pferd. Daraufhin brach Gelächter bei den Hofzuschauern aus. Der Beifall wurde noch frenetischer und dauerte sehr lange an. Überschwengliche Zurufe der Bewunderung und Vorfreude ertönten. Denn viele hatten empfindliche Niederlagen gegen das unheimliche Heer des dämonischen Hexenmeisters kassiert.
    Oder Verwandte verloren, die von seinen Assassinern oder ihm selbst ermordet worden waren.

    Erst nach einigen Minuten wurde es wieder still.



    * * * * *


    Irgend etwas war hier faul. Sie blieb unter dem Schutz des dichten Laubwerks stehen. Die Bewegungen dieses Falken waren höchst unnatürlich. Es war aber kein Dämon. Sie verspürte mehrere Seelen. Eine davon war äußerst machtvoll. Und sehr gut getarnt. Sie war mehrere Jahrhundere alt.

    Sie spie einige Speichelfäden aus und glitt lautlos etwas weiter nach unten. Er war in Reichweite. Sie hätte ihn mühelos anpieksen können. Sie tat es nicht. Die Gestalt neben ihrem Gemahl lenkte ihre Aufmerksamkeit ab. Noch ein Dämon. Allerdings ein sehr schwaches Geschöpf, ein Gefangener. Sie spürte wie die sanfte Abendluft ihre acht Beine streichelte. Speichel befeuchtete ihre Unterkiefer.
    Hunger.

    Diese Seelen versprachen, ein Festmahl zu werden. Sie griff aber immer noch nicht an. Das wäre viel zu leicht. Instinktiv zog sie sich etwas weiter zurück. Es roch nach einer Falle.
    Viele hatten in der Vergangenheit ihren Gemahl unterschätzt. Manchen taten es noch heute.
    Diesen Fehler würde sie gewiss nicht machen.
    Denn sie wußte nur zu gut, welche gefährliche Liaison er gehabt hatte. Und was in seinen Adern floss...Seine Träume von Unsterblichkeit...Und die Albträume erst recht.
    Sogar aus dieser Entfernung spürte sie es.
    Drachengalle. Eine grosse Menge davon.
    Sie kletterte schnell wieder in den Zedernbaum und sah, wie das Pferd immer panischer wurde. Es hatte den Geruch also auch wahrgenommen.
    Die Tarantula spuckte einen langen dicht gewebten Faden und hangelte sich blitzschnell zu einen weiter entfernten Baum. Von dort kroch sie ins Unterholz so schnell, wie ihre acht kräftigen Beine sie tragen konnten.
    Gleichzeitig ergriff auch das Pferd die Flucht. Es galoppierte von dannen und verschwand in die Tiefen des Dornenwalds. Es drehte sich nicht um und ignorierte den Zuruf seines Herrns. Das war nicht mehr sein Herr, der da rief.

    Nur der Falke war noch zugegen und wähnte sich in Sicherheit. Er sah, wie der kleine Baron sich in den Schatten des grossen Baumes hinlegte und einschlief. Ein unheimlicher gelblicher Schatten umgab seinen Kopf. Dieser wurde zu einer Wolke, die sich langsam gen Himmel erhob. Die Wolke wurde grösser.
    Plötzlich durchfuhr ein ensetzlicher Aufschrei den Nachthimmel. Eine Flammenspur erhellte kurz die Dunkelheit und die verbrannte Leiche des Falken stürzte unkontrolliert auf die Erde zu. Der Drache erwischte den leblosen Körper noch ein Mal, bevor letzterer auf den Boden neben den schlafenden Baron aufprallte.
    Dieser wurde wach. Er hatte Kopfschmerzen, sein Herz raste und ihm war übel. Welch ein entsetzlicher Albtraum! Vom Drachen fehlte auch diesmal jede Spur. Seine Augen untersuchten den toten Falken und leuchteten dabei kurz gelb auf.
    Der unscheinbare schmächtige Mann stand auf und machte sich auf die Suche nach seinem Pferd.
    Madli ist offline Geändert von Madli (18.02.2015 um 21:41 Uhr)

  6. #6 Zitieren
    Kämpferin Avatar von Madli
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    * * * * *


    Eine knappe Sekunde, nachdem die Drachenflammen den Falken erfasst hatten, hatte die Königinmutter ihren Amethysten berührt. Sie hatte schnell reagiert.
    Nicht schnell genug.

    Alle Hofgäste wurden dadurch zwar in die Oberwelt in den Festsaal des königlichen Palastes transportiert. Viele unter ihnen wiesen aber Verbrennungswunden auf und wurden von den Hofheilern medizinisch versorgt. Am Schlimmsten hatte es die Mutter des Monarchen erwischt. Sie hatte schwere Verbrennungen erlitten. Der Amethyst an ihrer Halskette hatte seltsamerweise seine Farbe geändert. Der ursprünglich smaragdgrüne Farbton des Edelsteins war wie ausgelöscht. Stattdessen strahlte er nun eine ungewohnt düstere Bernsteinfarbe aus und wurde stets dunkler.
    Die Königinmutter selbst war in einer unerklärlichen Schockstarre versetzt worden, in einen merkwürdigen komaähnlichen Zustand, der die Medizingelehrten ratlos ließ.

    Plötzlich wurde die große Türe des Saales aufgestoßen und der König huschte herein, dicht gefolgt von seinen engsten Vertrauten. Alle Untertanen warfen sich demütig zu Boden. Er schenkte ihnen keine Beachtung, sondern schritt direkt auf die Privatgemächer seiner Mutter zu. Die Heiler hatten sie dort eiligst getragen und ins Bett gelegt. Eine Woche war seitdem vergangen und die Hofärzte hatten alle ihnen bekannte Tränke, Salben und Heilkräuter verabreicht. Vergebens. Daraufhin war sogar der dunkelelfische Schamane Gamar von der weit entfernten Provinz Selenta geholt und zum Palast Hajimarus eiligst gebracht worden. Er hatte uralte Rituale durchgeführt, magische Formeln aus der Zeit der Ahnen gesprochen, Hexerei und heilige Gesänge aus dem versunkenen Kontinenten Amru angewandt. Die Gastgeberin des königlichen Jagdfestes war immer noch erstarrt. Mit einer eindeutigen Geste beendete der König die geflüsterte Beratschlagung der Hofärzte und verwies sie des Zimmers. Bis auf Gamar. Er warf sich vor dem Palastherrscher nieder und sagte mit gepresster Stimme:
    - Eure Hoheit, wir haben alle uns bekannten Methoden angewandt. Leider ohne Erfolg, Majestät!
    - Was ist Deine Empfehlung? Fragte der Monarch ganz sachlich und distanziert. Er hatte eine sehr tiefe allerdings kalte Stimme, aus der keinerlei Gefühlsregung zu erhören war. Er hätte genauso einen Stallknecht fragen können, ob genügend Heu für den Winter vorrätig war...
    - Majestät, ich weiß dass Ihr das ungern hören mögt, aber ich fürchte, unsere einzige Hoffnung liegt in den Händen der Hexenmeister aus Mihasan.
    - Wieso? Unterbrach der König seinen Untergebenen sehr schroff und bedrohlich.
    - Das Übel, welches ihre ehrwürdige Mutter befallen zu haben scheint, hängt scheinbar mit dem Schmuckstück zusammen, das sie trägt. Der Amethyst ist ein mächtiger magischer Artefakt, der sich hier aufgrund eines Zauberspruchs weiter verdunkelt. Daher ist es auch nicht ratsam, die Halskette zu entfernen, bevor wir wissen, welche Zauberformeln dabei gesprochen werden müssen, so dass Ihre Majestät, die ehrwürdige Königinmutter, keine Schäden davon tr....
    - Genug von diesem Unsinn, aus meinen Augen mit Dir, Wurm! Schrie er den Schamanen an, der ehrfürchtig gebeugt das Weite suchte.

    Sein Zorn war auf die Hilflosigkeit zurückzuführen, die er verspürte. Er war wütend, weil seine Mutter ihn nicht wie gewohnt beraten konnte, was zu tun sei. Eins war aber klar. Mihasan um Hilfe bitten wäre das Allerletzte, was er tun würde. Seine Position gegenüber dem Hohen Rat war ja schon kompromittiert genug. Sollte er es je wagen, Dämonenhorden freien Zutritt zum Reich zu gewähren, würde man ihn sofort zwingen, abzudanken. Es wäre das Ende von Theobald den Zweiten, König von Hajimaru Seira.


    Tags darauf ritten alle Herolde unter Begleitschutz der königlichen Garde durchs ganze Königreich und befestigten an jeder Hauptkreuzung, jedem Wirtshaus, Marktplatz oder Tempel eine große mit königlichem Wappen versehene Schriftrolle:


    " KÖNIGLICHE PROKLAMATION


    Hiermit verfügen Wir, König Theobald Der Zweite, Herr und Erlauchter Beschützer Unseres Glorreichen Königreiches Hajimaru Seira,


    Erstens. Dass der Attentäter Baron Ansgar von Hohenfelde mit sofortiger Wirkung aus unserem glorreichen Königreich wegen Hochverrats verbannt und als Verschwörer gegen die Krone tot oder lebendig gesucht wird. Jegliche Besitztümer der Baronie von Hohenfelde in der Oberwelt sowie Unterwelt – Leibeigenen, Güter, Münze, Münzenprägungsrecht, sonstige Vergütungen, Ländereien und sonstige Lehen sind hiermit beschlagnahmt. Seine sämtlichen Adelstitel sind hiermit null und nichtig, seine Privilegien jeglicher Art einschließlich der Befehlsgebung per Stimme oder Runenstein verwirkt.

    Zweitens. Dass jede Art von Hilfeleistung in welcher Form auch immer, Verpflegung, Unterkunft, Information oder Schutz sonstiger Art, die dem Verräter gewährt wird, als Hochverrat angesehen und mit dem Tode mittels Vierteilens bestraft wird. Des Weiteren werden sämtliche Besitztümer des Schuldigen beschlagnahmt und seine nahe Verwandtschaft aus Unserem Glorreichen Königreich verbannt.

    Drittens. Dass jede Information, die zur Gefangennahme des genannten Verräters von Hohenfelde führt, mit fünfhundert Goldstücken belohnt wird. Darüber hinaus wird die direkte Auslieferung des Verräters, tot oder lebendig, an die königliche Rittergarde mit einer Belohnung von zweitausend Goldstücken vergütet.


    Viertens. Dass das königliche Amt des obersten Schatzmeisters mit sofortiger Wirkung von Graf Dagai von Thalmoor bekleidet wird."
    Madli ist offline

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    KAPITEL 2: DAS KLAGELIED DER VERBANNTEN





    Den Tod hatte er sich angenehmer vorgestellt. Der Verwesungsgestank machte ihm zu schaffen. Auch die eisige Kälte.

    Und die Schmerzen erst recht.
    Die Schmerzen waren das Schlimmste. Dabei hieß es doch, dass das Schmerzempfinden nach dem Tod verschwindet. Dass man dann gar nichts mehr spürt. Aber er spürte soviel.
    Seine Rippen taten weh, sein Kopf dröhnte, sein ganzer Körper zitterte vor Kälte, Angst und Durst. Das Atmen fiel ihm sehr schwer. Er konnte nichts erkennen, Giftige Nebelschwaden umhüllten ihn, seine Augen tränten, er hustete. So also sah die Hölle aus.

    Er lag auf einer Art Felsvorsprung und vernahm vage, wie eine Vielzahl von Händen versuchten, ihn vom Vorsprung in die nebeligen Tiefen zu stürzen. Seltsame Hände, durchsichtig, mit sichtbaren Fingerknochen und Sehnen, gespenstische Klauen und Krallen. Alles von Rauchschwaden verschleiert. Mit schmerzverzerrtem Gesicht kroch er weiter weg vom Abgrund. Kein Meter von ihm entfernt stieg eine gelbe Staubwolke aus einem kleinen Felsspalt empor und blies ihm Schwefeldampf direkt ins Gesicht. Schwefel! Er nahm die Hände schützend vor seine Augen.

    Dann sah er es. Im Inneren seiner rechten Handfläche war ein winziger roter rauten-förmiger Kristall
    unter der ersten Hautschicht zu erkennen, dessen Umriss er auch ertasten konnte.
    Schlagartig begriff er die traurige Wahrheit. Er brauchte aber noch eine Bestätigung.

    Ersen Druisjfoord stand auf und ging langsam und äußerst vorsichtig die Felswand entlang auf den Rand des Vorsprungs zu. Er warf einen Blick in den Abgrund und sah sie. Abertausende von Gespenstern, Skeletten, geisterhaften Schemen warteten auf ihn. Ein Meer von verwesten Händen, Klauen und Tatzen wollte nach ihm greifen, ihn zerfetzen und verschlingen. Er ging einige Schritte zurück, lehnte sich an die Felswand und lachte laut. Ich bin nicht tot! Schrie er herausfordernd in den Wind. Seine Stimme hallte von den scharfkantigen nebelbehangenen Felswänden tausendfach wider.


    Er wusste jetzt endlich, wo er sich befand. Nicht in der Unterwelt, auch nicht in der Hölle.
    Fürst Nat-og-Dag hatte ihn nicht getötet. Nur verbannt!
    Das hier war ein Gebirgspass nahe am Gipfel des Geisterfelsen, des höchsten Bergs der Oberwelt. Der Ort der Verbannung für das Fußvolk. Adlige Verbannte hingegen landeten direkt im Inselstaat Selenta und konnten von dort die Unterwelt erreichen.
    Ranglose, Diener und Geknechtete mussten aber die lange und gefährliche Reise vom Berggipfel bis nach Selenta zu Fuß unternehmen. Und überleben.

    Als sich der Nebel kurz etwas lichtete, konnte er etwas weiter unten den Umriss der Heulenden Schlucht der Winde erahnen. Und dann, viel weiter weg, das Wüstental Adal-Tur nahe Mihasan.

    Er hatte nun ein Ziel. Wie jeder Verbannte musste er versuchen, die Heulende Schlucht zu erreichen, ohne vorher von den Untoten in Stücke gerissen zu werden. Er untersuchte seine Taschen, man hatte ihm natürlich all seine Runensteine abgenommen. Nur eine halbleere Feldflasche war noch in seinem Besitz.
    Er war zu Fuß und unbewaffnet unterwegs. Er musste erstmals an die Horde von Skeletten und Gespenstern vorbei schleichen.
    Und hoffen, unentdeckt zu bleiben.
    Der Pfad nach unten war abgeschnitten. Er hatte keine andere Wahl als den Umweg nach oben. Ersen Druisjfoord wandte sich der Felswand zu und fing an, zu klettern. Eine eisige mit Fäulnisgeruch übersättigte Windbö ließ ihn erschauern.
    Madli ist offline Geändert von Madli (31.03.2015 um 15:10 Uhr)

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    * * * * *


    Lord Zanesh verbrachte die halbe Nacht, darüber nachzugrübeln, was passiert war. Ohne auch nur auf eine vernünftige Erklärung zu den Geschehnissen zu kommen. Eins stand jedenfalls fest: Aus irgendeinem Grund hatte er einen Teil seiner magischen Kräfte wieder erlangt. Kurz nachdem der Falke vom Drachen verbrannt worden war. Er war zwar nach wie vor in Pferdegestalt gefangen, hatte aber seine Stimme wieder. Er konnte endlich wieder zaubern. Er sprach zuerst einen einfachen Lichtzauber aus und seine Umgebung erhellte sich sogleich. Er sah, wie ein flüchtiger Schatten ins Gebüsch verschwand.

    - Ishgaren, zeige Dich! Rief Zanesh laut in der kühlen Nachtluft mit seiner kraftvollen Tenorstimme, jener befürchteten Stimme aus längst vergessenen Zeiten, wovor Mensch und Tier zugleich einstweilen Angst gehabt hatten. Und wohl nun wieder hatten, denn die Riesenspinne verharrte regungslos in ihrem Versteck.

    Er konnte die Witterung des achtbeinigen Ungeheuers deutlich erkennen. Leider war er noch nicht imstande, einen Zauber des Gehorsams zu sprechen. Dafür brauchte er die dämonische oder wenigstens die menschliche Gestalt.

    Also verzichtete er vorerst auf die Knechtung des Monsters und trabte weiter in Richtung Waldrand.
    Die Rückkehr seiner Zauberkraft stimmte ihn freudig. Er ließ hier ein Insekt erstarren, verhexte da einen Strauch und vernichtete dort eine vergiftete Pflanze, die ihm den Weg versperrte. Kurz vor Tagesanbruch erreichte er eine große Lichtung und hielt inne. Der Geruch des Feuerspeiers war wieder da, wenn auch in arg abgeschwächter Form...Er erblickte den kleinen Baron am andern Ende der Lichtung, der ihn mit eindeutiger Gestik und Schreien zu sich rief.

    Zanesh trabte gelassen weiter in seine Richtung und dachte kurz darüber nach, seinem früheren Herrn eine Kostprobe seiner Kunst zu geben. Ein Blick in den leicht gelb angehauchten Pupillen des Barons brachte ihn davon ab.
    Er ließ sich also wie ein gewöhnliches Reittier behandeln. Von Hohenfelde stieg aufs Pferd und ritt gen Adal-Sor, wo sich die letzte Raststätte vor dem Wüstental Adal-Tur befand.
    Im ganzen Gebiet, das sich über dem Unsäglichen Dornenwald, der Wüste Adal-Tur und dem Berg Geisterfels erstreckte, waren Runensteine nutzlos. Erst innerhalb der Festung von Mihasan würden sie wieder wirken.

    Um überhaupt die Festung lebend betreten zu können, werde ich den Drachen brauchen, dachte Zanesh. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf den silbernen Todesengel hatte sich Prinz Tejjar geschworen, Zanesh eigenhändig zu töten, sollte er je aus der Verwünschung erwachen. Tejjar war sicher mächtig.
    Aber nicht mächtig genug, um gegen mich und den Drachen Heian zu bestehen, sinnierte Zanesh und wieherte höhnisch.

    Auf seinen großen Bruder Tejjar wartete eine böse Überraschung.
    Madli ist offline Geändert von Madli (30.01.2015 um 20:35 Uhr)

  9. #9 Zitieren
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    * * * * *


    Auf dem Weg zur Raststätte sahen sie eine an einem Wegweiser befestigte Proklamation. Hohenfelde war über die Beschuldigungen empört und wollte gleich zum Vorposten Adal-Sor reiten und den Verantwortlichen vor Ort zur Rechenschaft ziehen.
    Als plötzlich sein Pferd sprach, fiel er beinahe aus dem Sattel.

    - Mein Herr, es ist keine gute Idee, dort in Ihrer jetzigen Gestalt zu erscheinen.
    - Du sprichst? Wer bist Du, Dämon?
    - Vor meiner Verwandlung in Tiergestalt nannte man mich Zanesh.
    - Zanesh der Abtrünnige, Du bist als Verräter bekannt, entgegnete der Baron voller Verachtung.
    - Ihr anscheinend auch, Herr. Behauptet wenigstens diese Schriftrolle.
    - Lügen, alles Lügen! Ich kläre das sofort mit dem Kommandanten dieser Einheit. Sicherlich ein Missverständnis, ein Druckfehler, wie auch immer.
    - Wisst Ihr, Herr, wer diese Garnison leitet?
    - Nein, was spielt es für eine Rolle?
    - Malinor von Walkenstade ist der befehlshabende Offizier in Adal-Sor.

    Darauf antwortete von Hohenfelde nichts mehr und versank in Gedanken. Von Walkenstade. Oberbefehlshaber der Dunkelelfen. Ausgerechnet der Schlächter von Seerod. Nicht unbedingt für seine Diplomatie bekannt. Ein kriegslüsterner Raufbold. Außerdem ein Dunkelelf. Er würde liebend gerne einen Elfen in den Kerker werfen und an die Rittergarde ausliefern lassen. Der Dämon hatte wohl nicht ganz unrecht. Er kannte sich in der Gegend natürlich aus, denn die Wüste bildete Mihasans Südgrenze.

    - Weißt Du etwas, was ich nicht weiß, Dämon?
    - Nun, als Ihr im Dornenwald eingeschlafen seid, ist ein Drache erschienen. Dieser hat die Spinne vertrieben und einen Falken vernichtet, der uns verfolgte.
    - Und? Fragte der Elf und versuchte dabei gelassen auf die Erwähnung des Drachen zu reagieren. Es gelang ihm nicht ganz.
    - Und der Falke war kein einfacher Vogel, er war ein getarnter Späher.

    Darauf erwiderte der Baron nichts. Natürlich! Das königliche Jagdfest. Darum also war er dieses Jahr nicht eingeladen worden. Er war selbst Teil des Unterhaltungsprogramms. Welche boshafte Unverschämtheit! Dahinter steckte bestimmt der Todesengel. Sie hatte ihm einst dieses Pferd als Zeichen der königlichen Anerkennung für geleistete Dienste geschenkt. Nichtsahnend hatte er sich gebührend bedankt, verneigt und seinen Treueeid gegenüber der Krone erneuert. Und nun so was. Man hatte ihn als Bauernopfer eines königlichen Spiels missbraucht. Er stellte sich den versammelten Hof vor, fröhlich plaudernd. Einige hatten dabei bestimmt Wetteinsätze ausgetauscht. Zehn gegen eins für die Spinne.
    Er spürte eine nahezu schmerzhafte Wut, Hass gesellte sich dazu. Ein unabsichtliches Zucken durchfuhr seine Gesichtszüge, ihm wurde übel.
    Lodernde Vorboten des Zorns...

    - Mein Herr, entschuldigt vielmals aber jetzt ist kein passender Zeitpunkt für eine weitere Entfesselung des Ungeheuers, unterbrach das Pferd.

    Eine ockerfarbene Schattierung flackerte in seinen elfischen Augen kurz auf und ließ widerwillig nach. Er widerstand der Versuchung, das Roß mit der Reitpeitsche zu bestrafen. Der Dämon lag in seiner Einschätzung nicht ganz falsch. Er musste lernen, die wilde Kreatur zu zähmen, die Drachenblut in seinen Adern fließen ließ.
    Vor allem, wenn er überleben wollte.
    Aus diesem Grund willigte er auch ein, als der Dämon einen Illusionszauber zur Tarnung vorschlug. Pferd und Reiter waren für alle Soldaten als Esel und Bauernknecht zu sehen. Die edle Kleidung und die verzierte Satteltasche waren zu verdreckten Lumpen und zerschlissenem Zaumzeug geworden.
    Das wirst du mir büßen, silberner Todesengel, dachte der Adelige und betrat in dieser Verkleidung den südlichen Eingang der Garnison.

    Adal-Sor hatte den Namen kaum verdient. Eine hohe Holzpalisade, die von vier wackeligen Ecktürmen und zwei Toren zum Ein- und Ausgang zusammengehalten wurde.
    Dahinter einige Zelten ohne erkennbare Zuordnung verstreut. Ein Händler, ein Schmied, viel Schmutz und Staub. Wer in dieser Welt keinen Transportstein besaß, landete hier. Fußvolk ohne Knechtschaft, Diebe und Betrüger jeglicher Art, Ausgestoßene des Königreiches.
    Das Lager war etwa in seiner Mitte von einer Sperre aus gekreuzten Ahornpfählen und Dornenhecken der schwarzen Giftlilie geteilt. Hinter dem Zaun waren bessere Zelten und Soldatentrupps auszumachen. Jeder der aus der anderen Seite kam, musste eine Genehmigung vorzeigen.
    Wer es ohne Passierschein wagte und dabei die schwarzen Dornen berührte, starb an Vergiftung binnen wenigen Minuten.
    Oder wurde von zahlreichen Pfeilen der Bogenschützen in den Türmen durchsiebt.

    Am nördlichen Ende des Feldlagers stand die große stark bewachte Ausgangspforte, die in die Wüste führte.


    * * * * *


    Als er von der Verbannung seines Dieners erfahren hatte, hatte der Graf de Fontlevaut kurz die Fassung verloren. Wer glaubt dieser Nat-og-Dag zu sein? Verbannt einfach meinen Abgesandten, als wäre er nicht nur Fürst sondern König.
    Das war zwar im Spionagefall erlaubt. Aber woher sollte bitteschön der Fürst wissen, dass mein Diener ein Spion war? Nun er war einer. Der Marquis wollte in Erfahrung bringen, wie Nat-og-Dag mit den Geistern im Fürstentum umging. Eine Pest, diese umher irrenden durchsichtigen Wesen, die durch das ganze Land streiften.
    Mit Ausnahme des elfischen Fürstentums an der Nordgrenze des Königreiches.
    Dort hatte man noch nie ein Gespenst oder einen Untoten zu sehen bekommen. Daher schauten viele Provinzen neidisch nach Norden.
    Burg Nat-og-Dag war seltsamerweise von der Untotenplage verschont. Man munkelte, sogar König Theobald habe Spione in die unwirtliche und düstere Nordprovinz entsandt, um das Geheimnis zu lüften.

    Kein Einziger hatte die Mission bei vollem Verstand überlebt.

    Die Wenigen, die zurückgekehrt waren, waren derart verwirrt, dass ihre Befragung nutzlos blieb. Sie gaben nur Unverständliches von sich. Sie murmelten "Grüner Fluch" mit starrem entsetztem Blick. Sie zitterten dabei heftig. Und fingen an, leise zu weinen. Gefeierte Meister der Zauberei und der Hexenkunst hatten alles Erdenkliche unternommen, sie von den schrecklichen Visionen zu befreien. Vergebens.

    Die meisten Spione kamen nie zurück. Ob in der Verbannung oder im Tode, sie verschwanden von Ober- wie Unterwelt gleichermaßen. Als hätten sie nie existiert.

    Dies und die Tatsache, dass Fürst Nat-og-Dag als einflussreicher elfischer Vertreter im Hohen Rat saß, beunruhigte Graf de Fontlevaut sehr.
    Madli ist offline Geändert von Madli (18.02.2015 um 21:39 Uhr)

  10. #10 Zitieren
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    Menschen, Elfen, Dunkelelfen und Zwerge. Des Zweifels beste Diener, des Teufels wahre Schergen! Er sah sie an, wie sie am Konferenztisch aus blauem Mihasaner Pyritstein saßen. Das Mineral war für seine zauberabweisende Qualität bekannt. Es hob die Wirkung jeglicher Zauber- und Hexensprüche auf. Eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme bei einer Sitzung des Hohen Rates. Am Tisch saßen einige der begabtesten und gefährlichsten Magiekundigen der Oberwelt.

    Auf der linken Seite, der dunkelelfische Vertreter, Erwan Der Erhabene. Allem Anschein nach ein harmloser freundlicher Greis mit weißem Bärtchen und höchst zuvorkommenden Manieren, ein Vorbild an Höflichkeit und Sanftmut. In Wahrheit aber ein gewiefter listiger Stratege, womöglich für die Vergiftung des letzten Königs verantwortlich, obwohl ihm nichts nachgewiesen werden konnte.

    Neben ihm, der rothaarige Zwergenfürst Morsin, dessen Schmieden das ganze Königreich mit Schneiden und Waffen aller Gattungen versorgten. Ein gnadenloser Meuchelmörder auf dem Schlachtfeld, der hier jedoch wortkarg und verschlossen blieb und gelangweilt wirkte.

    Dann der Herzog Everard van Daar, der schlanke Großmarschall der königlichen Rittergarde in seiner typischen ruhigen Haltung mit übereinander gefalteten Händen und aufmerksamem Blick. Kaum Gestik, aber all seine Sinne hellwach, etwa wie die einer Raubkatze auf der Lauer. Das einzige Ratsmitglied, das seine Waffen im Ratssaal tragen durfte – ein Langschwert mit schwarzer Klinge aus Selenta und ein Giftdolch der Hochebene Jar.
    Denn er war nicht nur als Mitglied des Hohen Rates anwesend sondern auch zuständig für den Schutz des Königs.

    Schließlich, etwas weiter entfernt von den anderen, Prinz Tejjar, der dämonische Vertreter aus Mihasan, der die menschliche Gestalt eines gedrungenen Mannes mittleren Alters gewählt hatte. Lediglich die orangefarbenen Augen und die schmalen langen Fangzähne verrieten seine dämonische Herkunft.

    Und dann er selbst, elfischer Ehrenbotschafter aus dem Fürstentum Sindarior, wie die Nordprovinz auch genannt wurde.

    Er verachtete sie alle.
    Sie waren so jung, keiner von ihnen älter als hundertzwanzig Jahre.
    Zerfressen von Neid, Angst und Gier. Getrieben davon. Ihr unstillbarer Machthunger machte sie blind.
    Sein Blick schweifte zum Tischende. Der Platz neben dem des Königs war frei. Der silberne Todesengel war nach wie vor von dieser rätselhaften Erkrankung befallen. Unter allen Zauberkundigen hätte sie es doch wissen müssen.
    Die größtmögliche Macht erlangt man nicht einfach. Man erkauft sie. Zu einem horrenden Preis.

    Er wusste das nur zu gut. Er hatte den Preis bezahlt, bezahlte ihn noch jeden Tag. Nicht mit barer Münze sondern mit Schmerzen, Albträumen und entsetzlichen Visionen, die ihn des Schlafes beraubten.
    Fürst Kyron Nat-og-Dag war zweitausend einhundertsechsundvierzig Jahre alt. Nach seiner glatten faltenfreien Haut und seinem zwar sehr blassen aber nicht kränklichen Teint hätte man ihn höchstens fünfzig geschätzt.
    Relativ jung für einen Nachkommen elfischen Geschlechts.

    Niemand ahnte, dass hinter seinen pechschwarzen durchdringenden Augen eine verborgene erbarmungslose Macht lauerte, älter als die Zeit selbst, ein entflohener wütender Höllengeist mit dem Wissen längst verschwundener Welten, der dem Tod selbst Befehle erteilen konnte. Keiner wusste, mit welchem Wesen er vor Jahrtausenden einen Pakt geschlossen hatte.

    Er und die damals noch als Baroness D'Escatillo-Ventia bekannte Königinmutter.

    Niemand durfte es je erfahren. Im Laufe der Jahrhunderte hatten unzählige Assassiner, Spione, Magier und Dämonen seine finstere Vergangenheit oder die der Baroness durchleuchten wollen. Einfältige dumme Intriganten! Deren Wagemut mit äußerster Schärfe vergolten wurde...
    Madli ist offline Geändert von Madli (22.02.2015 um 10:24 Uhr)

  11. #11 Zitieren
    Kämpferin Avatar von Madli
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    Hallo liebe Leser
    Manche können einfach darauf losschreiben und sich erst später Gedanken über die Struktur machen. Als Hobbyautorin kann ich das leider nicht, dazu reicht mein handwerkliches Können nicht, brauche irgendwie einen Leitfaden, damit ich ungefähr weiß, wo die Reise hinführt und was ich alles vergessen habe zu klären. Daher benutze ich die andere Schriftfarbe, damit ich diese kleine Gedächtnisstütze nicht mit dem Text verwechsle.
    Diesen Leitfaden würde ich gerne mit Euch teilen, in der Hoffnung, dass Begabtere unter Euch mir helfen und Tipps geben können. Gerne auch Ratschläge, wie ich die zahlreichen Probleme lösen kann. Falls sie überhaupt zu lösen sind. Da das Ganze aber einiges verrät, wie ich mir die Fortsetzung der Geschichte vorstelle, verpacke ich es lieber als
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    STRUKTURENTWURF – ERSTE GEDANKEN UND PROBLEME

    Buch Eins: Die Oberwelt

    • Kapitel 1: Einladung zur Jagd
    • Kapitel 2: Das Klagelied der Verbannten
    • Kapitel 3: Ishgaren
    • Kapitel 4: Der Pakt des Fürsten Nat-og-Dag
    • Kapitel 5: Die untote Brut

    Buch Zwei: Die Unterwelt

    • Kapitel 6: Gefangene Nummer achtundzwanzig
    • Kapitel 7: Das schlechte Wasser
    • Kapitel 8: Die Brücke zwischen den Welten
    • Kapitel 9: Verbannte und Geister
    • Kapitel 10: Weisheiten aus dem Totenreich


    Stolpersteine / Probleme Buch Eins:


    Kapitel 1: Spannungsbogen ist unzureichend, verbessern Kap. 2: Begegnung zwischen Lord Zanesh, Baron von Hohenfelde und Ersen Druisjfoord. WO? Glaubwürdigkeit (Gleichheit undenkbar, da Zanesh und Hohenfelde dem Adel angehören, Druisjfoord aber dem Fußvolk und doch unbedingt notwendig, damit die drei überleben). Weiteres Problem: Rolle des Drachen. Wann und wie genau übernimmt er die Kontrolle? Kampf mit Tejjar Kap.3: Frage beantworten, warum Ishgaren sich für die Gestalt des Ungeheuers und nicht die der Dämonin entschieden hat. Flashback wahrscheinlich notwendig, dadurch kaum Spannungsbogen. Als Gegengewicht dazu unbedingt ihre Verfolgung der drei Abtrünnigen zeichnen (vielleicht durch unscheinbare winzige Späherspinnen). Kap. 4: Notwendigkeit eines Flashbacks auch hier, wie den Spannungsbogen aufrecht erhalten? Vielleicht durch Überleitung zu Kap. 5 mit Vorstellung einer neuen Figur, dem Höllendämon – besseren Namen recherchieren!! - der gleichzeitig das uralte Wesen ist, das mit Nat-og-Dag den Pakt geschlossen und die Untotenbrut freigesetzt hat.

    Slolpersteine / Probleme Buch Zwei:

    Buch Zwei bisher nur Ansammlung von Titeln, MIT LEBEN FÜLLEN !!! Welche neue Figuren und wann vorstellen?
    WICHTIG: Überleitung vom Buch Eins zu Buch Zwei muss glaubwürdig sein. Schwierigkeit dabei: Zwei völlig unterschiedliche Welten dennoch mit denselben Figuren drin, die aber unterschiedliche Aufgaben in Ober- und Unterwelt übernehmen (Bsp.: Graf De Fontlevaut, Politischer Intrigant und Opportunist, könnte in der Unterwelt als Emporkömmling irgendeiner rechtsextremen Partei fungieren).
    Sprachliche Unterscheidung zwischen Ober- und Unterwelt? Die Sprache in der Unterwelt sollte rauer sein. Kürzere Sätze, Umgangssprache, vielleicht Verwendung von Schimpfwörtern. Mehr Dialoge, weniger lange Beschreibungen.
    Geographische Parallele zwischen Ober- und Unterwelt? Falls ja welche konkret (zB Selenta=Korsika, Adal-Tur=Wüste Gobi, usw.). Nachteilig, da vorstellungshemmend. Also, nein.

    Wahrscheinlich muss irgendwann ein Buch Drei her, um dem Schluss gerecht zu werden. Schwierigkeit dabei ist die Genre-Zugehörigkeit. Buch Eins ist Fantasy mit mittelalterlichen/ feudalen Elementen (Knechtschaft usw.), Zwei vermutlich Gesellschaftskritik (Erzählungszeit Buch Zwei noch zu klären!! Mitte 21. Jahrhundert? Nahe Zukunft?). Buch Drei wäre dann wohl Science-Fiction. Passen die drei Genres überhaupt zusammen? Oder doch eine zu große Herausforderung?

    Lose Erzählungsstränge, die noch mit der Hauptgeschichte verflochten werden müssen:

    - Schicksal der Königinmutter, wann wacht sie auf? Inwiefern kennt sie auch das uralte Wesen, das den Pakt mit Nat-og-Dag geschlossen hat? Was spielen ihre vier Todessteine für eine Rolle dabei? Warum hat sie Zanesh an Hohenfelde verschenkt?
    - Beziehung zwischen Tejjar und Zanesh genauer erforschen, Machtkampf zwischen Brüdern.
    - Neue Figuren (Oberwelt): Zwergenfürst Morsin im Hohen Rat, Herzog van Daar, Großmarschall der königlichen Rittergarde, Erwan der Erhabene, dunkelelfischer Vertreter im Hohen Rat.
    - Die Dämonin Xsariel (graue Eminenz, Spionin des Höllendämons?)
    - Klärung steht noch aus, ob Tod in einer der Welten den Tod in der anderen zur Folge hat oder ob eine Figur dann zweimal in der einen Welt erscheint, einmal normal, einmal als Geist. In diesem Falle ist auch zu klären, welche Rolle die Geister dabei spielen, können sie zB dem Überlebenden helfen und wie? Und inwiefern sind sie dem Höllendämon unterworfen?
    - Welche der beiden Welten ist real? Und welche einer düsteren Phantasie entsprungen? Muss diese Frage überhaupt beantwortet werden?


    Tausend Fragen und keine Antwort in Sicht. Ich tappe im Dunkeln. Hilfe!

    Schreiben hat etwas Masochistisches an sich.
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  12. #12 Zitieren
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    * * * * *

    Der Abstieg ist immer das Schwierigste. Das weiß jeder Bergsteiger. Aus vielerlei Gründen. Im Normalfall, weil der ambitionierte Gipfelstürmer nicht merkt, wie sehr er sich verausgabt hat und nachlässig wird. Er ist zugleich übermüdet und euphorisch, übersieht vielleicht einen Felsspalt oder missdeutet die Anzeichen eines Steinschlags und endet als Leiche eingebettet im Geröll.

    Ersen Druisjfoord war zwar kein Bergsteiger. Auch hatte er keinerlei Erschöpfung vorzuweisen, da er zum Berggipfel per Befehlsstein befördert wurde. Trotzdem war der ihm bevorstehende Abstieg äußerst gefährlich und furchteinflößender als jeden auch noch so gruseligen Albtraum.

    Die Ghule waren seine erste Hürde. Eine ganze Herde dieser leichenfressenden Verwesungsgestank absondernden Wesen mit hohlen Augen, von Fressgier und Fressgier alleine gesteuert, nach frischem Fleisch suchend, unersättlich im schwefeligen Nebel umher streifend. Sie waren einst Menschen gewesen, hatten aber ihre Seele dem Urdämon Zilzal verkauft. Er hatte ihnen übermenschliche Kräfte und Unsterblichkeit versprochen. Er hatte Wort gehalten. Und nun irrten sie langsam umher, ihre Haut längst verwesen, gräulich und aufgedunsen. Ihre zur Grimasse verzerrten und entstellten Gesichter kannten nur noch ein Gefühl: Hunger.

    Wenn es nur ein halbes Dutzend gewesen wäre, hätte Ersen sie leicht überlisten können. Schließlich waren sie relativ langsam und unbeweglich. Aber es waren Hunderte von ihnen auf der Hochebene unterhalb seines Beobachtungspostens. Er kroch langsam in das Gestrüpp zurück, wo er sich versteckte. Der Schwefel überdeckte wohl seinen Körpergeruch, sie hatten ihn noch nicht entdeckt. Er unterdrückte sein Husten, so gut es ging aber der giftige gelbe Nebel umhüllte ihn, seine Augen tränten. Er musste aufstehen, den Nebel für kurze Zeit entfliehen. Er richtete sich lautlos auf und sah, wie vier Ghule in Richtung nach seinem Versteck schlurften. Einer von ihnen machte ein seltsames Geräusch, einen ächzenden gequälten Laut, der nichts mehr Menschliches hatte. Sofort wurden die anderen aufmerksam und schlurften ebenfalls in diese Richtung. Bald waren es mehrere Dutzend, die den steinigen Pfad zum Felshang oberhalb der Ebene mühsam erklommen. Mehrere gaben dieses markerschütternde Geschrei von sich. Ersen rannte los und das Geschrei wurde zum tosenden Heulen. Er spürte tausende Hände, die ihn zu fassen versuchten. Er lief im Zickzack, stolperte, rappelte sich wieder auf und lief weiter. Durch den Schleier seiner Tränen konnte er nur vage seine Umgebung erkennen. Ein letztes Ausweichmanöver und plötzlich stürzte er ab. Er hatte eine breite Felsspalte übersehen und landete unsanft in eine Höhle. Er rollte tiefer in die Höhle hinein, versuchte aufzustehen und stellte fest, dass er verletzt war.
    Sein rechter Fuß war blutüberströmt. Schlagartig spürte er den stechenden Schmerz und fiel wieder hin, gekrümmt und zusammengerollt. Jeden Augenblick würden die Ghule hier einfallen und ihn zerfleischen. Er hatte sich seinem Schicksal ergeben und wartete auf den Tod. Doch aus welchem Grund auch immer blieben die Ghule draußen und betraten nicht die Höhle. Er konnte ihr Geheul deutlich hören.

    Er verlor das Bewusstsein. Einige Zeit verging. Das Geheul außerhalb der Höhle ebbte langsam ab, bis es gänzlich verstummte. Ihm war das nicht bewusst. Er lag da, von Schmerz und Erschöpfung überwältigt, von Verzweiflung und Durst heimgesucht. Er war bereit zu gehen. Er wollte nicht mehr aufwachen und kämpfen. Dieser Wunsch wurde ihm nicht vergönnt. Nach einem langen unruhigen Schlaf erwachte er und wunderte sich, wo die Ghule verschwunden waren.
    Und warum sie ihm nicht gefolgt waren.

    Er zerriss einen Ärmel seines Leinenhemds, machte daraus einen notdürftigen Verband und wickelte seinen verletzen Fuß damit um. Er humpelte durch die riesige Höhle. Das merkwürdige Gestein der Höhlenwände schimmerte bläulich. Die Oberfläche war glatt, ähnelte geschliffenem Kristallstein. Allerdings waren einige dieser Felsen sehr scharfkantig. Einer davon hatte seinen Knöchel die Verletzung zugefügt, die er bei seinem Sturz erlitten hatte. Ein skalpellscharfer Schnitt vom Knöchel bis zur Ferse durch die Kleidung und das Schuhwerk.

    Trotz Schmerzen setzte er seine Erkundung des Höhlenkomplexes fort und machte eine erfreuliche Entdeckung. Zuerst nur ein Rinnsal, dann aber eine große unterirdische Wasserquelle. Er kostete vorsichtig. Es war köstlich. Er stillte seinen Durst und füllte seine Feldflasche, den einzigen Gegenstand, den er bei der Verbannung hatte behalten dürfen. Er wusch sich und säuberte seine Fußwunde und seinen Verband außerhalb der Quelle. Er wollte diese schließlich nicht kontaminieren. Aber das ging auch so mit der Feldflasche, die er mehrmals nachfüllte.

    Zum ersten Mal seit langem hatte er wieder Hoffnung. Allerdings war die Tatsache beunruhigend, dass die Ghule wohl Angst vor den Höhlen tief im Gebirgsinneren hatten. Er beschloss später darüber nachzudenken und gab der Schläfrigkeit nach, die ihn übermannte.

    Das war ein folgenschwerer Fehler.
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