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    Ehrengarde Avatar von Rangor
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    Rangor ist offline
    Keine leichte Last war es, die nun auf dem Rücken des Söldners ruhte. Ob Redsonja überhaupt mit der mächtigen Waffe kämpfen konnte, die nun auf Rangors Rücken geschnallt war? Und wenn nicht, wieso trug sie ihn dann mit sich rum?
    Nebensächliche Fragen schwirrten im Kopf des Wanderers umher, als er, den Bogen gezogen, zusammen mit seinen beiden Gefährten durchs Unterholz schlich. Sie waren den Männern, welche Redsonja verschleppt hatten schon weit gefolgt und doch war noch keine Spur von ihnen zu sehen. Es war wohl die Angst, die die Männer trieb. Angst vor der “Hexe” und wohl auch vor der Rache ihrer “Gefolgsleute”. Und diese Angst war nicht unberechtigt den letztere waren schon auf dem Weg um das zu nehmen, was die flüchtigen Männer fürchteten. Jedoch keine Rache....... Redsonja.

    Rangor verdrängte die Gedanken aus seinem Kopf, konzentrierte sich auf das vor ihm liegende. Ihre Schritte gingen im regelmäßigen Tropfen der fallenden Regentropfen fast unter. Doch so würden sie auch ihre Feinde schlechter zu hören vermögen. Wie immer gab es zwei Seiten der Medaille.
    Weiter schlugen sich die drei Männer durch den nassen Wald, in einer Reihe leicht auseinandergezogen und aufmerksam und vorsichtig umschauend.

    Ein Zischen, Einschlag.

    Hastig suchten die drei Schutz hinter Bäumen. Knapp neben Ferol war ein Pfeil in einen Baum geschossen, hatte den Söldner nur um haaresbreite verfehlt. Weiter Geschosse durchschnitten die Luft, zischten jedoch an den Bäumen hinter denen die drei in Deckung gegangen waren vorbei, ohne ihre Ziele zu treffen. Die Zeit, in der die Schützen neue Pfeile einspannten nutzte Rangor, wirbelte hinter dem Baum hervor und sah sich nun mit gespanntem Bogen einer handvoll Schützen gegenüber, die mehr oder weniger getarnt in Bäumen und Büschen hockten. Schon fand der erste Pfeil des Glatzköpfigen nach kurzem Zielen ein Opfer, bohrte sich in die Schulter eines im Baum hockenden Feindes und ließ diesen vom Ast stürzen. Auch Ferol hatte zum Bogen gegriffen, feuerte seinen ersten Pfeil in Richtung der Gegner und suchte so schnell wie möglich wieder Deckung, ehe feindliche Geschosse ihn treffen konnten. Sentinel indes hatte es geschafft ungesehen aus der Deckung zu entwichen und wollte anscheinend mit dem Schwert hinter die Schützen gelangen.
    Rangor war sich nicht sicher, doch hatte der Wanderer den Eindruck gegen eine Gruppe Bauern zu kämpfen, deren Verzweiflung die einzig effektive Waffe zu sein schien. Er wusste nicht was man diesen Menschen erzählt haben musste, damit sie zu Waffen griffen mit deren Umgang sie nicht vertraut waren, doch es musste etwas gewesen sein, dass sie in solche Panik versetzte, es mit “Gefolgsleuten Beliars” aufzunehmen.
    Noch immer war der Pfeil, der Ferol beinahe erwischt hätte der beste Schuss der Feinde gewesen und etwas in Rangor sträubte sich dagegen, weiter gegen die Menschen vorzugehen, die nur durch Lügen und Märchen dazu gebracht worden waren zu kämpfen.

  2. Beiträge anzeigen #102
    Ehrengarde Avatar von Ferol
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    Ferol ist offline
    Etwas war anders, passte nicht. Irgendetwas war nicht richtig mit den Männern, die sie aus der Deckung zahlreicher Büsche oder aus den Ästen der umstehenden Bäume mit Pfeilen unter Beschuss genommen hatten. Fieberhaft überlegte der Söldner, während er einen weiteren Pfeil in die Sehne seines Eschenbogens legte. Blitzschnell sprang er hinter dem Baum hervor, hinter den er sich rasch in Deckung geworfen hatte nach dem ersten Schuss der Gegner, welcher ihn nur knapp verfehlt hatte. Er konnte wohl von Glück sagen, dass er noch die Möglichkeit hatte, etwas seltsames an den fremden Männern festzustellen, die sie weiterhin mit regelmäßigen Pfeilhageln beharkten. Blitzschnell sah er sich um, hatte den Bogen schon gehoben um auf einen der Fremden zu zielen, da stockte er. Täuschte er sich? Instinktiv hastete er mit gesenktem Bogen wieder hinter den schützenden Stamm des Baumes, um dem nächsten Pfeilhagel zu entgehen, der kurz darauf folgte. Immer skurriler kam es ihm vor, er taxierte die Einschläge der Schüsse genauer. Sein Sinn hatte ihn wohl nicht getäuscht, es konnten keine Menschen sein, die tatsächlich den Umgang mit dem Bogen verstanden, er hatte fast das Gefühl, es mit einer Reihe von Bauern oder Landarbeitern zu tun zu haben, zumindest war ihm dies beim genaueren Anblick eines solchen aufgefallen. Konnte dies sein? Es schien fast als wären immer mehr Leute hinter ihnen her, hinter Redsonja. Diese Lüge und die unzweifelhafte Verblendung der Leute, die scheinbar immer mehr wurden, war zweifelsohne gegen sie gerichtet, stellte sie wohl als ‚Beliars Schergen’ dar und veranlasste jeden, der davon Wind bekam, zu Waffen zu greifen und die vier Frevler dorthin zurückzuschicken, wo sie auch hergekommen waren – in Beliars Reich. Absurd. Woher diese Geschichten wohl kamen, weswegen jemand so gegen sie hetzte, dass Leute in wahnsinniger Angst zu den Waffen griffen, deren Umgang sie nie gelernt hatten? Viele Fragen schwirrten im Kopf des Söldners umher, er fand keine Antwort auf nur eine von ihnen. Er schüttelte sie ab, zwang sich, an die gegeben Situation zurückzudenken und richtete sich wieder auf. Den nächsten Pfeilhagel der Angreifer noch abwartend stürzte er sich schließlich schnell hinter einen recht dicken Baum, hinter dem Rangor Schutz gefunden hatte, fast ebenso geistig absent wirkte wie Ferol. Der andere blickte ihm entgegen, Ferol wollte gerade zu etwas ansetzten und seinem Gefährten die verirrenden Gedankengänge offenbaren, die er gehabt hatte, da kam ihm Rangor zuvor.
    „Ferol, es sind keine Kämpfer, die uns hier angreifen! Es sind lediglich Bauern, einfache Handwerker und Landarbeiter. Sie haben nur wegen ihrer Verblendung aus Angst zu den Waffen gegriffen, um uns auszuschalten oder aufzuhalten. Sie halten uns wohl mittlerweile für ‚Schergen der Hexe’, für ‚Diener Beliars’, die Kunde verbreitet sich unwahrscheinlich schnell. Irgendjemand hat anscheinend höchstes Interesse Redsonja und nun auch uns anzuprangern und zu Feinden des allgemeinen Volkes zu machen. Noch wissen wohl noch nicht allzu viele davon, aber bald...“, er stockte, sah Ferols Blick unentschlossen entgegen. „Mich sträubt es, gegen diese Unschuldigen vorzugehen. Sie sind verblendet von den Lügen, die verbreitet wären. Schau sie dir doch an. Sie können nicht mit den Waffen umgehen, die sie führen, man sieht die Furcht und die banale Angst in ihren aufgerissenen Augen...“
    Ferol schwieg. Rangor hatte wohl genau das bemerkt, was auch er zu sehen geglaubt hatte. Doch was nun? Um sich aus dieser misslichen Lage befreien zu können, half nur der brutale Weg, indem sie sich der Angriffe erwahren würden, oder Verhandeln, Aufklären. Ob letzteres allerdings viel nützen würde und ob sie damit Erfolg haben würden, die Angreifer zu überzeugen, nicht das zu sein, was diese glaubten, wagte der Söldner zu bezweifeln. Er sah dem Blick des Gefährten entgegen.
    „Was nun? Wir können entweder den Angriff zurückwerfen und sie allesamt töten, oder versuchen sie von ihrem Irrglauben zu überzeugen. Ersteres wird zwar nicht unbedingt schwer, ist mir aber gleichsam wie dir höchst zuwider. Letzteres dagegen wäre die beste Lösung, ist aber wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Wir stehen vor einer schweren Entscheidung, was denkst du? Und wo ist überhaupt Sentinel? Vielleicht weiß er, was zu tun ist...“, sagte er leise und sah etwas in den Augen Rangors aufglimmen, was zuvor nicht zu erkennen gewesen war. Eine Täuschung, oder hatte er eine Idee?
    „Wie wäre es, wenn wir einfach nichts von beidem tun, und uns unserer eigentlichen Aufgabe widmeten, nämlich Redsonja aus den Händen der Entführer - oder was auch immer sie waren - zu befreien?“, kam die Antwort Rangors auf Ferols innerliche Frage.
    „Du willst also einfach fliehen, versuchen den Pfeilhageln zu entkommen und weiterzumarschieren?“
    „Genau, die Bauern werden uns wohl nicht verfolgen. Sie haben Angst, werden wohl sogar froh sein, wenn wir verschwinden ohne ihnen groß zu schaden... Mit dieser Furcht werden sie wohl kaum die Verfolgung aufnehmen.“
    Ferol nickte bedächtig. Etwas war tatsächlich an der erläuterten Idee des Glatzköpfigen dran. „Dann lass uns Sentinel holen und schnellstmöglich von hier verschwinden, viel anderes bleibt uns ja nicht...“
    Geändert von Ferol (31.10.2006 um 16:44 Uhr)

  3. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #103
    Drachentöter Avatar von kire
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    kire ist offline
    Tief bohrte sich der Speer in das zähe Fleisch, das nur mager auf den Rippen des in seinen letzten Zügen schnaufenden Bluthundes ruhte. Das letzte Biest war endlich besiegt und hier am Waldrand hatte Kire vermutlich noch eine beachtliche Strecke vor sich, ehe er wieder auf seinen Speermeister treffen würde. Das Mistvieh hatte ihm hinter einer Klippe aufgelauert, doch gleichzeitig anscheinend nicht mit der Gewandtheit des Mannes gerechnet, dessen geschulte Reflexe ihm dazu verhalfen, den Kampf für sich zu entscheiden.
    Der Jäger wusste nicht recht, welchen Teil des Ungetüms er nun als Beweis mitnehmen sollte. Er hatte Wolfszähne, Wargkrallen, Drachensnapperzehen und ein Trollohr. Für einen Moment schmunzelte er über seinen eigenen Gedanken, die Zunge aus dem Biest herauszureißen, doch der Blick auf das riesige Etwas in dem Rachen des Hundes verdarb ihm die Lust.
    Der Kiefer des toten Tieres erwies sich zudem als äußerst hartnäckig und schwer zu brechen, weshalb sich Kire letztlich umentschied und anstatt die Zähne auszugraben, dem Vieh die Haut abzog. Die Hautschicht war genau wie das sehnige Fleisch sehr dünn und ließ sich nur sehr schwer von dem Leib entfernen. Nachdem er einen langen Schnitt entlang der Seite gemacht hatte und versuchte von dem kurzen Stummelschwanz aus, die Haut nach vorne über den Kopf der Bestie zu ziehen, riss das Stück an allen Seiten auf und war manches Mal gar so dünn, dass man gut hindurch schielen konnte.
    »Egal«, seufzte Kire darüber, dass die Haut nun völlig unbrauchbar war und war stattdessen froh, dass er endlich alles beisammen hatte. Erst jetzt wurde ihm die Tragweite seiner Handlungen bewusst, wurde ihm klar, dass er nicht nur einmal eine Gradwanderung zwischen Leben und Tod durchgemacht hatte. Der Kampf gegen den Troll war am gestrigen Tage dabei der krönende Abschluss gewesen. Heute wusste Kire, dass er von Glück sprechen konnte, dass er jetzt noch seine Hand vor Augen sehen konnte.
    Vorsichtig faltete er die Haut zusammen und schob sie behutsam in seine Tasche, sodass sie nicht noch weiter reißen konnte. Die Überreste des Bluthundes im Gestrüpp zurücklassend, betrat Kire den stetig dichter werdenden Wald und machte sich auf die Suche nach dem Hain, an dem er und Sly sich letztlich getrennt hatten.

  4. Beiträge anzeigen #104
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Wollt Ihr noch etwas für die Nachwelt hinterlassen, ehe Ihr das Zeitliche segnet.“ Die Stimme war zuckersüss und im Vergleich zu allen anderen, die sie hier gehört hatte nicht im geringsten angsterfüllt. Erst erkannte Redsonja den vermeintlichen Priester gar nicht, der sein Gesicht hinter der Kapuze verborgen hielt. Später traf sie der Schlag jedoch umso heftiger.

    Dorien.“ Sprach sie voller Zorn.

    Es kommt noch besser, denn heute Nacht werde ich dir etwas zeigen. Dafür wirst du mich bis in alle Ewigkeit hassen. Aber erst möchte ich dir jemanden vorstellen.
    Eine junge Frau, die der Waldstreicherin sowohl von Grösse, als auch von Gestalt her glich wurde in den Raum geschoben. Ihre Hände waren hinter dem Rücken gefesselt, aus ihren Augen sprachen sowohl Angst, als auch Wut.
    Darf ich vorstellen. Dreia. Oder hiess sie doch anders? Ach der Name spielt keine Rolle, obwohl ich etwas Persönlichkeit hineinbringen wollte..." Darauf wandte er sich zu der Fremden. "Und dies ist Redsonja. Ohne sie würdest du den morgigen Tag noch erleben. Schau sie dir genau an.

    Eine ohnmächtige Wut übermannte die ehemalige Söldnerin, sie stürzte sich auf Dorien. Ihre Faust traf ihn mitten ins Gesicht, liess ihn zurücktaumeln. Ehe sie jedoch erneut zuschlagen konnte wurde sie von hinten gepackt und gefesselt. Zum Schluss verpasste man ihr noch einen Knebel.
    Kleine Raubkatze.“ Fauchte Dorien beinahe, dennoch schwang irgendetwas Anzügliches in der Bemerkung mit. Inzwischen wurde der anderen jungen Frau ein schwarzer Sack um den Kopf gebunden. Danach führte man Redsonja in ein Zimmer, von dem sie einen ausgezeichneten Blick auf den Scheiterhaufen hatte. Der Pöbel des Dorfes stand bereits ängstlich-aufgeregt davor und wartete bis die Hexe herbeigezerrt wurde. In guter Position hatte sich Dorien indessen hinter der Waldläuferin niedergelassen und säuselte ihr hin und wieder etwas ins Ohr.

    Weisst du, irgendwie ist das Leben nicht fair.“ Sinnierte er plötzlich vor sich her, während Redsonja mit den Tränen kämpfte, denn die Hexe, die eigentlich sie hätte sein sollen, machte gerade ihre letzten Schritte über den kleinen Platz und wurde schlussendlich auf den Scheiterhaufen gebunden. Ein Gefühl der Ohnmacht erfasste die junge Frau. Sie versuchte sich zu befreien, später um sich zu schlagen. Ebenso fühlt sich Redsonja. Aber Dorien beobachtete sie belustigt und sie wollte ihm nicht noch mehr Unterhaltung bieten.
    Sieh es doch so. Es ist alles nur ein Spiel.
    mmmmhhkmmm“ Gab Redsonja durch den Knebel behindert zu verstehen.
    Ich würde ja gerne wissen, was du mir mitteilen möchtest, aber das Risiko ist mir einfach zu gross.“ Entgegnete Dorien geduldig. „Aber wir werden noch lange Zeit haben. Doch jetzt pass lieber auf, was hier unten als nächstes geschieht.
    Tatsächlich kam einer mit einer Fackel herbei, um das schon etwas durchnässte Reisig des Haufens zu entfachen.
    Geändert von Redsonja (31.10.2006 um 23:59 Uhr)

  5. Beiträge anzeigen #105
    outlaw to the end Avatar von Sentinel
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    Sentinel ist offline
    Das Trio hatte endlich den Waldrand erreicht, in der Mitte von Selbigem hatten sie einen kleinen Bachlauf entdeckt. Dem waren sie stetig gefolgt, denn er verlief nahezu parallel zu dem ausgeprägten Trampelpfad. Der Marsch durch den Wald verlief nach dem Auffinden des Irren ohne irgendwelche Zwischenfälle – keine Angriffe, keine Fallen. Des Weiteren war es unheimlich Still zwischen den Bäumen, nur ab und zu drang das Heulen einer Eule bis zu den Ohren der Drei vor. Leicht war es nicht gerade gewesen, es schien als würden die Baumspitzen das komplette Mondlicht aufsaugen, nur ab und zu fand einer der Strahlen den Weg auf den weichen Waldboden. Doch danke des Bächleins fanden Sentinel, Ferol und Rangor spät in der Nacht aus dem Wald.
    Sie standen auf einer Anhöhe und ließen ihre wachsamen Blicke über die herabfallenden Wiesen und Hügel schweifen. Nichts war zu sehen, keine menschlichen Umrisse. Ebenso wenig war zu hören, keine Schreie oder Hilferufe. Sentinel betrachtete den Bach, welcher nicht allzu weit von ihm lag und folgte dessen Verlauf. Im Mondlicht erinnerte das Wasser an das glänzende Schuppenkleid einer Schlange, die sich in gleichmäßigen Kurven bergab schlängelte. Ganz am Ende – der Bach war winzig klein auf diese Entfernung – war aber doch etwas zu sehen. Schatten um Umrisse. Jedoch nicht von Personen, es musste die Sillhoutte eines kleinen Dorfes sein.
    „Seht mal, dort unten!“, sagte Sentinel aufgeregt zu seinen Begleitern.
    Ferol und Rangor folgten dem Fingerzeig des Milizsoldaten.
    „Was ist das?“, fragte Ferol.
    “Sieht mir sehr nach einem armseligen Dorf aus“, antwortete Rangor.
    „Ich denke wir sollen sofort hinuntergehen. Vielleicht halten sie Redsonja dort gefangen“, sagte der Gardist hastig. Er hatte Angst um die Ausbilderin und im Moment, wenigstens das Gefühl nicht komplett machtlos zu sein.
    Die beiden anderen stimmten zu. Rasch machte sich das Trio daran die grasbedeckten Hügel hinter zu rennen. Trotz dessen, das sie allesamt schwer bepackt waren, kam es Sentinel vor als wären sie unglaublich leise. Alles was er hören konnte war das schnelle Einatmen seines Mundes und der Wind, welcher an seinen Ohren vorbei rauschte. Nach wenigen Minuten hatte das Trio die erste Hütte erreicht. Jetzt wo Sentinel, Ferol und Rangor so nahe dran waren, kam es einem wirklich gespenstisch vor. Alle Läden waren verschlossen, nicht einmal Kerzenlicht drang aus den Schlitzen.
    „Man könnte fast meinen die haben sich hier alle vor Angst verkrochen“, sagte Ferol.
    „Vielleicht hast du da gar nicht so unrecht“, meine Rangor.
    Sentinel nahm die Worte gar nicht mehr wirklich war. Er hatte die Seite des Hauses umlaufen und starrte voller Entsetzen auf den kreisrunden Dorfplatz. In der Mitte erhob sich ein senkrechter Pfahl, um ihn herum aufgeschichtet Reisig und anderes dürres geäst. Ein Scheiterhaufen. Auf ihm an den Pfahl gebunden war eine Gestalt. Wenige Sekunden später war klar, es war eine Frau, die weiblichen Rundungen waren deutlich zu erkennen. Doch im Hintergrund war das wirklich schreckliche der Szene zu sehen: Ein Mann mit einer Fackel kam näher und senkte sie zum Scheiterhaufen hin!
    Geändert von Sentinel (01.11.2006 um 13:04 Uhr)

  6. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #106
    Ehrengarde Avatar von Rangor
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    Rangor ist offline
    Langsam atmend stand Rangor an der Hauswand gelehnt, nur eine Ecke trennte ihn vom Dorfplatz, auf dem sich bald ein Schauspiel voller Grausamkeit abspielen sollte. In dem Moment, da die drei Gefährten noch einmal alle Kräfte und Konzentration zusammen nahmen, stand Redsonja nur einige Meter und Häuserecken entfernt auf dem Reisighaufen, sollte verbrannt werden.
    Alles war abgesprochen, zwischen den drei Kämpfern. Rangor und Ferol, die einander nun gegenüber, auf zwei verschiedenen Straßenseiten im Schatten der Häuser lauerten, würden vorpreschend, die Wachen am Scheiterhaufen beschäftigen und ablenken. Kurz nach ihnen würde Sentinel die Zeit und den Platz nutzen um auf den Scheiterhaufen zu gelangen und Sonja zu befreien. Es war zum Glück nur ein kleines Dorf, in dem alles stattfand, keine Stadt und so sollten die Wachen weder allzu gut ausgebildet noch besonders zahlreich sein.

    Die Blicke Rangors und Ferols trafen sich, in der Nächtlichen Dunkelheit. Zeitgleich nickten sie sich zu, taten einen letzten tiefen Atemzug und sprangen dann hinter ihren Häuserecken aus dem Schatten hervor auf die Straße. Das Schwert gezogen, an der Seite gehalten und gen Boden gerichtet, stürmte Rangor los. Nach wenigen großen Schritten war der Rand des Schauspiels erreicht. Die ersten Dorfbewohner, Schaulustige und Verängstigte wurden beiseite gestoßen, an Schulter oder ins Kreuz getroffen. Rempelnd und stoßend bahnten sich die beiden Söldner ihren Weg durch die Menge, in der die Leute die getroffen wurden aufschrieen, vor Empörung oder Schmerz, oder aber noch ängstlicher guckten als zuvor. Ja, die “Anhänger Beliars” waren wieder da...
    Die erste Wache wurde von einem heftigen Stoß aus vollem Lauf heraus um gerempelt. Sofort griffen Umstehende ein, umringten Rangor und Ferol und versuchten die Störenfriede unschädlich
    zu machen. Ein weiterer Wachhabender bekam den Schwertknauf Rangors zu spüren und ging bewusstlos zu Boden. Hastig schaute sich der Wanderer um, sah am Rande des Platzes Sentinel durch die Menge huschen. Bis jetzt lief alles wie geplant.

  7. Beiträge anzeigen #107
    Ehrengarde Avatar von Ferol
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    Ferol ist offline
    Mit einem leisen Schaben glitt die Klinge des Söldners aus ihrer ledernen Halterung. Schnell war er an den ersten Reihen der Schaulustigen angelangt, die rund um den Scheiterhaufen eine Menschentraube gebildet hatten um dem grausamen Schauspiel mit gebannten Augen freudig zu folgen, welches eigentlich hätte folgen sollen. Doch sie hatten die Rechnung wohl ohne die drei Männer gemacht, die alles daran setzen würden, Redsonja vom Scheiterhaufen zu holen, auf dem sie bereits gefesselt und mit einem Sack über dem Kopf an einem Pfahl stand. Die in silbriges Mondlicht getauchte Szenerie wurde gestört, als Rangor und Ferol sich ihren Weg durch die Menge bahnten um schnellstmöglich zu den Wachen zu gelangen, welche es auszuschalten galt. Zudem musste dann Sentinel die rothaarige Frau so schnell es eben ging von dem Scheiterhaufen holen, bevor jemand auf die Idee kam, ihn doch noch in ein loderndes Inferno zu verwandeln, dem Redsonja nicht zu entfliehen vermögen würde. Es war also ein Spiel mit der Zeit, dennoch war Ferol ruhig und gelassen, als er einige umstehende Bürger beiseite rempelte um sich Platz zu schaffen, dabei teils mit angsterfüllten, teils mit fragenden Blicken bedacht wurde. Es war alles abgesprochen, wenn es so verlaufen würde, wie es die drei Gefährten zuvor besprochen hatten, sollte nichts schief gehen. Die wenigen Wachen, die den Scheiterhaufen dabei umstellten, waren auch nicht unbedingt die gefährlichsten Gegner, zumindest hatten sie dies zuvor zu erkennen geglaubt.
    Ferol schubste einen weiteren Mann beiseite, stand nun genau vor dem Scheiterhaufen. Ein flüchtiger Blick sagte ihm, dass sich Rangor genau gegenüber zur selben Zeit aus der Menge löste mit dem Schwert in der Hand. Der Söldner ließ die erste überraschte Wache mit einem Faustschlag zu Boden sinken, dann widmete er sich der zweiten, die bereits die Gefahr erkannt hatte und nun auf ihn zulief. In der menge hinter ihm bemerkte er beiläufig, wie Gemurmel laut wurde, jemand rief etwas, Ferol konnte es nur nicht verstehen. Wohl hatten einige der Schaulustigen inzwischen bemerkt, dass etwas nicht ganz nach Plan verlief und irgendetwas dort vorne am Scheiterhaufen geschah, was wider Erwarten aller geschehen war. Ihm sollte es jedoch gleich sein, er parierte den ersten Schlag des Wachmannes, der ihm entgegenpreschte und versuchte sich sogleich daran, sein Gegenüber mit einem seitlichen Hieb in Bedrängnis zu bringen. Funken stiebend trafen die beiden Klingen wieder aufeinander, Ferol vollführte eine schnell Drehung seines Körpers und schlug damit auf die andere Seite der Wache ein, welche den wuchtigen Schlag zwar parieren konnte, der aber beim Aufprall das Schwert aus der Hand glitt. Einen Moment zögerte Ferol, der seinem Gegner in die nun angsterfüllten Augen blickte, die zuvor noch kalt geschienen hatten, dann streckte er auch diesen Mann mit einem Faustschlag zu Boden. Kurz sah er sich um, Rangor hatte auf der anderen Seite auch soeben einen weiteren Wachmann niedergestreckt. Zudem konnte er den Schatten sehen, der sich aus im Hintergrund von einer der Hauswände löste und nun auf den Scheiterhaufen zueilte und den er eindeutig als Sentinel zu identifizieren vermochte.
    Der Söldner besann sich schnell wieder, bisher schien alles nach Plan zu verlaufen. Er nahm gerade einen weiteren Wachmann ins Visier der wenigen, die noch übrig waren und nun etwas verunsichert wirkten, da bemerkte er scheinbar beiläufig, wie sich in der Menge etwas bewegte. Eine Täuschung? Einen Moment später stockte er. Er hatte sich nicht getäuscht, aus den zurückgewichenen Reihen der Bürger traten eine ganze Reihe weiterer Wachen heraus. Es schienen auf einmal immer mehr zu werden, Ferol fragte sich, woher diese kamen. Kurz durchfuhr ihn ein Eiskalter Schauer, sie waren umzingelt, wie es schien. Beim Anblick der schieren Übermacht an Wachmännern, die auf einmal aufgetaucht waren und nun ihre Waffen zückten, wurde ihm übel. Jedoch hatte er auch etwas weitaus Erfreulicheres ins Auge gefasst. Sentinel nämlich hatte inzwischen den Scheiterhaufen erklommen und die Fesseln Redsonjas gelöst. Er atmete auf, nun ging es nur noch darum, durch die Reihen der Wachmänner zu fliehen. Er stockte wieder. Was war das gewesen? Wie gelähmt lenkte er seinen Blick zurück zu Seninel, dessen Gesichtsausdruck wie versteinert wirkte. In der Hand hielt der Gefährte den dunklen Sack, den Mann Redsonja über den Kopf gestülpt hatte. Ferol ieß den Blick zu der Frau wandern. Redsonja? Das im Mondlicht deutlich erkennbare Gesicht der Frau, die dort stand, war anders. Bei der Frau, die auf dem Scheiterhaufen neben Sentinel stand, handelte es sich definitiv nicht um Redsonja...

  8. Beiträge anzeigen #108
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Liebe Redsonja.“ Dorien verneigte sich überschwenglich. „Es ist langsam an der Zeit mich aus dem Staub zu machen und dir deinen eigenen Scheiterhaufen zu gönnen. Es ist sogar ein dir angemessen nobler Scheiterhaufen.“ Schlussendlich beugte er sich zu ihr nieder, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und musterte sie mit einem leicht wehmütigen Blick. Heuchler!

    Dann kippte er auf der anderen Seite des Raumes die Laterne um, öffnete darauf die Tür, wandte sich jedoch noch einmal der ehemaligen Söldnerin zu.
    Sagte ich nicht, dass dies alles nur ein Spiel ist. Mich interessiert schon brennend – wobei er dieses Wort besonders betonte - wie du dieses Mal entwischst.
    Daraufhin war er weg. Zurück blieb Redsonja mit rasenden Gedanken, den Blick auf die Quelle des Feuers gerichtet. Es würde sich um einiges rascher ausbreiten, als ihr lieb war. Daher wollte sie keine Zeit verlieren, doch was konnte sie tun, sie war an eine Stuhl gefesselt und stand damit in Mitten eines Raumes, der bald lichterloh in Flammen aufging. Sie hustete mehrfach.
    Doch die Zeit drängte. Von der Angst beflügelt schob sie den Stuhl zum tief gelegenen Fenster hin, drehte die Lehne in dessen Richtung, zog den Kopf ein und stiess sich so ab, dass sie nach hinten fiel. Holz und Glas splitterten, ein stechender Schmerz durchzuckte die junge Frau. Sie atmete noch einmal frische Luft ein, dann wurde sie ihrer Sinne beraubt.

  9. Beiträge anzeigen #109
    outlaw to the end Avatar von Sentinel
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    Sentinel ist offline
    Das Reisig zu Sentinels Füßen hatte mittlerweile Feuer gefangen. Doch im diesem Moment spürte er es gar nicht, mit beiden Händen die Schultern der Frau gepackt und in deren Gesicht starrend, musste er erstmal realisieren, das es sich bei ihr nicht um Redsonja handelte. Nachdem der Gardist sich wieder einigermaßen gefasst hatte, sprang er vom Scheiterhaufen und zerrte die Frau mit sich. Hastig schwenkte er den Kopf hin- und her. Wo war Rangor und Ferol? Totales Chaos hatte sich mittlerweile auf dem Dorfplatz ausgebreitet, jeder lief und schrie durcheinander.
    Nach einigen Sekunden bemerkte der Milizsoldat etwas weiteres Beunruhigendes. Eine Blockhütte nicht allzu weit vom Geschehen entfernt, brannte. Das Dach hatte zwar noch nicht Feuer gefangen aber aus einem zerstörten Fenster quoll der Rauch, und aus der halb offenen Tür drang Feuerschein hervor. Ohne zu wissen warum er dies tat drang Sentinel sich durch die Menge, die verstörte Frau immer noch an seiner Hand. Nachdem er aus dem größten Gemenge heraus war, lies er sie stehen und rannte auf das Haus zu. Direkt hinter der Tür hatte sich eine kleine Feuerwand aufgebäumt. Der Soldat zog seine Kapuze tief in die Stirn und sprang mit einem etwas unbeholfenen Hechtsprung hinein. Während sein Körper das Feuer durchbrach, spürte er die Hitze die seinen Körper umschlang, außerdem drang im der Geruch verbrannten Pelzes in die Nase. Doch das spielte jetzt keine Rolle, nach der rustikalen Landung sprang er auf die Beine und sah sich um. Auf einem Stuhl am zerstörtem Fester saß Redsonja! Durch all den Rauch war ein dünnes Rinnsal auf ihrer Stirn zu erkennen, sie musst die Scheibe mit ihrem Dickkopf eingeschlagen haben.
    Sentinel zückte seinen Dolch und befreite die Rothaarige von ihren Fesseln. Sie musst das Bewusstsein verloren haben, jedenfalls reagierte sie nicht auf Sentinels Rufe und Ohrfeigen. Er wuchtete den leblosen Körper vom Stuhl hoch und legte ihn sich über die Schulter, im Angesicht des Feuers schien er die tatsächliche Last nicht als solche zu verspüren. Alles was er im Moment wollte, war aus dem Inferno zu entkommen. Der Rauch raubte ihm mittlerweile fast den kompletten Atem und die Hitze, die von den immer höher schlagenden Flammen an der Tür kamen brannte in seinem Gesicht. Recht provisorisch bedeckte er Redsonjas Haupt mit seinem Umhang dann stürmte er so schnell es ihm möglich war auf die Tür zu. Wieder war er für Sekundenbruchteile von Flammen umhüllt, doch er spürte die frische Luft auf seiner Haut, als er nach draußen drang. Sentinel stolperte und stürzte nach vorne in den Dreck, Redsonja kam neben ihm auf dem Boden auf – immer noch reglos, die Augen geschlossen.

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    Drachentöter Avatar von kire
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    kire ist offline
    Nur unbewusst erinnerte sich Kire daran, dass sie sich vor ihrem Auseinandergehen schon um Einiges vom Hain entfernt hatten. Sie waren irgendwo in der Nähe der Stadt gewesen, während ihres Trainings - wo genau diese zu finden war, konnte Kire nun nicht mehr sagen. Es waren die hohen Baumwipfel, die ihm jegliche Sicht versperrten und verhinderten, dass er auch nur im Ansatz die ohnehin recht schlechte Orientierung zurückgewinnen konnte.
    Kire seufzte, hielt inne und schaute sich in der Umgebung um. Es schien alles ruhig zu sein. Das bekannte Rascheln von Geäst und herumstreunenden Tieren war ihm vertraut. Obwohl Gefahren überall lauerten, fühlte er sich sicher.
    Der Drachenjäger ließ sich an einem aus dem Boden herausragenden, mit dichtem Moos bewachsenen Felsen nieder und bohrte seinen Speer in den weichen Waldboden, nachdem er beschlossen hatte, hier sein Lager aufzuschlagen und einfach auf Sly zu warten. Mit einer Handbewegung strich er unbeabsichtigt über das sattgrüne Moos. Die Natur war hier völlig unberührt; unsicher fühlte er sich, ob er an diesem Ort auch mit Sly gewesen war, und ob jener ihn wiederfinden würde.
    Der Späher begann ein Feuer zu machen und lehnte sich danach nichtstuend an den harten Felsen an. Das zusammengebundene Tuch mit der blutigen Jagdbeute legte er neben sich nieder und ließ die einzelnen Trophäen betrachtend die letzten Tage in Gedanken Revue passieren. Nur jemand, dem sein eigenes Leben so unwichtig geworden war, konnte womöglich völlig frei von Angst die Gefahren auf sich nehmen, denen Kire sich jüngst gestellt hatte. Hatte er tatsächlich die Angst zu sterben verloren? Oder liebte er die dauernde Gefahr, die Gewissheit, dass man etwas riskieren musste, um voran zu kommen?
    Obwohl der Wind kaum durch die dichten Wälder dringen konnte, schlang er seinen Umhang enger um sich. Es war eiskalt und man spürte längst, dass der Winter nicht lange auf sich warten ließe.

  11. Beiträge anzeigen #111
    Krieger Avatar von Sheyra
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    Sheyra ist offline
    Es ist stürmisch. Nacht, aber die Dunkelheit nicht geschlossen. Mondlicht füllt Lücken zwischen Wolken, Quecksilber, heiß und gierig zwischen schwarzen Gebirgskämmen. Bäume, gegen den Wind gestemmt und hilflos versuchend, das karge Blätterkleid am Körper zu halten. Sie schlagen den Sturm mit den Ästen, kratzen mit freigelegten Krallen nach dem Wind. Blätter, vertrocknet und blass, huschen zwischen ihnen umher wie Geister. Sie wispern in ihrer rätselhaften Sprache. Leise, wenn sie einen der Stämme streifen oder man auf sie tritt.
    Kalt, denkt Sheyra, Wie auf einem Friedhof. Ebenso still. Keine Raben, keine Vögel. Es ist Nacht. Selbst die Würmer schlafen.
    Was macht sie hier?
    Dem Licht folgen. Ja, das Licht.
    Licht.
    Dunkelheit, im Tunnel stehend, gibt es nur Licht. Das Auge – oder der Verstand? - macht sich selbst Licht, formt Umrisse und Schemen. Es gibt Mond, es gibt Licht. Motten, die nach oben flattern. Oder Blätter, die ihren Weg verloren haben. Das Licht, das ist der Weg.
    Motten, Blätter, im Licht alle gleich. Was sind sie im Schatten?
    Der Boden ist weich, die Schritte schwer, da sie ihre Rüstung trägt. Sie folgt dem Licht. Folgt den Blättern, wie Fledermäuse, die aus einem Tunnel strömen. Am Ende des Tunnels ist eine Lichtung. Auf der Lichtung Stimmen und zwei Männer.
    Die Bäume leuchten. Symbole krümmen sich in ihrer Rinde, versuchen sich selbst zu verschlingen und ein geschlossenes Ganzes zu bilden. Hineingebrannt, aber nicht ausgeglüht. Sie strahlen: Weiß, grün, kalt. Im Kreuzpunkt steckt ein Stab in der Erde. Die Enden glänzen metallisch. Um ihn stehen zwei Menschen, die Sheyra kennt.
    Sturm: „Beeil dich, es hält nicht lang!“
    Frost kniet am Boden, die Haare fallen lose ins Gesicht. Seine Finger tasten an der Stirn herum.
    Frost: „Du verlangst... eine verdammte Menge.“
    Metall quietscht. Schrauben in einem Gewinde, in das sie nicht hineinwollen. Zwischen Frosts Fingern blitzt es silbern. Als er aufsteht, schimmert Mondlicht in einem Kranz um seinem rechten Auge. Mit dem Handrücken wischt er sich Blutstropfen von der Stirn.
    Sturm: „Bist du bereit?“
    Frost: (nickt, mit zitternder Stimme) „Bevor ich es mir anders überlege...“
    Er fasst mit beiden Händen den Stab. Sturm löst ein Fläschchen vom Gürtel und schüttet den Inhalt kreisförmig aus. Die Geister zwischen den Bäumen flüstern lauter.
    Frosts Gesicht wirkt im Mondlicht blass wie das eines Toten. Das linke Auge ist fest zugekniffen, das blinde, rechte weit geöffnet. Winzige Metalldrähte krallen sich in die Augenlider, um sie offenzuhalten.
    Sturm: (fasst mit links Frosts Schulter, in der Rechten funkelt ein spitzer Gegenstand) „Nicht bewegen!“
    Frost: „Tu es!“

    „Sheyra!“
    Sie blinzelte, sah sich um. Links ein Schatten, auf sie zueilend. Vor ihr der leuchtende Runenkreis.
    „Sheyra! Was machst du -“
    Ein Stoß. Wie ein Schnabel, nach Futter pickend. Frosts Kopf zuckte nach hinten. Er fiel auf ein Knie, den Stab noch immer umklammernd. Sturm fasste seine Schläfen und begann zu murmeln.
    „Götter“, entfuhr es Shilendra.
    Von dem Kristall war nur noch ein Teil der Spitze zu sehen, die aus Frosts Auge ragte. Er stöhnte. Das Blut, das Gesicht: Eine Maske. Agonie in Gestalt und Form. Der Stab in seinen Händen zitterte vor Anspannung.
    „Was zum...“
    Ein Schrei und die Geister zwischen den Bäumen keuchten erschrocken. Das Licht erlosch. Sturm taumelte rückwärts, Frost stürzte. Wimmernd vor Schmerz krallte er die Finger in sein Gesicht.
    „Frost!“
    Shilendra sank neben ihm nieder, fasste seine Hände.
    „Es ist gut... alles gut...“
    Er ließ die Hände sinken. Von dem Kristall war nichts mehr zu sehen. Er war abgetaucht, verschwunden in einem kalten, weißblauen Licht, das Frosts rechte Augenhöhle erfüllte, als wäre in seinem Kopf eine Sonne aufgegangen.
    „Ich lebe... noch.“

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    Cheshire Cat  Avatar von Superluemmel
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    Superluemmel ist offline
    Wissen war eine Illusion. Man glaubte daran, hielt daran fest, um seinen Glauben auf vermeintlich festem Boden zu verankern und unangreifbar zu machen. Man schlug ihn mit festen Eisenstäben fest, ohne zu bemerken, dass der Boden bereits Risse bekam.
    Frost glaubte zu wissen, dass er inzwischen alle Dimensionen von Schmerz kennengelernt hatte. Und er glaubte zu wissen, dass es eine gute Idee war, Sturms Angebot anzunehmen.
    Das Leben ist eine Kette aus Irrtümern.
    Die Idee war so lange gut, bis er den Kristall, das Auge auf sich zurasen sah. Das Bild fror vor seinen Augen ein. Der Schock brannte dieses eine Bild – die funkelnde Spitze des Kristalls, unscharf durch die schnelle Bewegung, dicht über seiner Nasenwurzel schwebend – in seine Erinnerung ein. Hinter den Kulissen des Standbilds erklang ein Geräusch und sein Magen rebellierte. Eine Apfelsine, besonders saftig, durch die ein spitzer Gegenstand gerammt wurde.
    Sieht man einen Schlag, der aufs Gesicht zielt, leitet man instinktiv eine Gegenbewegung ein. Man dreht den Kopf weg oder reißt den Arm hoch. Frosts Leben bestand seit Jahrzehnten aus der ständigen Konfrontation mit dem Tod. Im Kampf gab es keine Gedanken über das Später. Nur das Jetzt, die Gegenwart. Selten Angst. Wenn, dann davor, am Kopf getroffen zu werden. Speziell an den Augen. Angst vor Blindheit. Den Gegner nicht mehr sehen zu können. Im Kampf wurden die Augen schmal. Nicht aus Zorn, sondern aus Angst. Sie kauerten sich zusammen, machten sich klein, damit sie nicht getroffen wurden.
    Lorkar hatte sie getroffen. Frost wusste, dass hinter der Dunkelheit der Tod lauerte. Solange man sehen konnte, konnte man leben.
    Sturm arbeitete mit Präzision. Die Spitze des Kristalls traf Frosts Auge exakt in der Mitte der blinden Pupille. Sie drückte die Schwärze nach innen und das Weiß schlug über ihr zusammen.
    Der Schmerz entstand tief im Zentrum von Frosts Gehirn. Dann, schon in der nächsten Sekunde, war er überall. Vor allem im Kopf. Schmerz, der nur erträglich wird, weil er das Vorstellungsvermögen überlastet. Das Denken, das Empfinden setzt aus. Bewusstlosigkeit, nur auf die Losigkeit reduziert. Er blieb bei Bewusstsein. Der Verstand war lose, pendelte an einem dünnen Faden hängend von einer Brücke.
    Hier gibt es nichts mehr. Die Tür führt ins Nichts. Kehr besser um.
    Erst als der Schmerz nachließ, merkte Frost, dass er kurzzeitig blind gewesen war. Oder doch ohnmächtig? Das Bewusstsein spielt Streiche, wenn es mit der Realität nicht klarkommt.
    „Es geht mir gut“, versicherte er noch einmal.
    Er schob Shilendras Hände beiseite und machte sich an dem Eisenring mit den kleinen Dornen zu schaffen, die sein Auge vom Blinzeln abhielten.
    „Wie fühlst du dich?“
    Sturm war herangetreten.
    „Das ist ein Witz, oder?“
    Er löste den Ring. Die Schmerzen lösten sich nicht. Er spürte Blut, dort, wo sich das Metall in die Haut gekrallt hatte. Vorsichtig tastete er nach seinem Auge.
    „Was hast du getan?“, flüsterte Shilendra.
    Frost verzog das Gesicht. Ein Eisklumpen saß in seiner Augenhöhle. Sagte zumindest sein Gefühl. Er blinzelte und spürte, wie sich das Blut über seine Lider verteilte.
    Er konnte wieder sehen. Wo zuvor Dunkelheit geherrscht hatte, war nun wieder Licht. Fühlte sich seltsam an. Sah falsch aus. Er kniff zuerst das linke, dann das rechte Auge zusammen. Er blickte durch zwei Augen in zwei verschiedene Welten. Die eine war dunkel, kalt und stürmisch. Die andere auch, nur war sie... fließend? Es gab keinen Stillstand zwischen den Dingen. Ein Baum krümmte sich im Wind, bis er die Kraft fand, wieder zurückzuschwingen. Für einen Moment blieb er dabei unbewegt: Weit zur Seite gebeugt, die Äste in der Bewegung mitschwingend. In der anderen, neuen Welt gab es kein Ende der Bewegung. Ein Teil des Baumes bewegte sich weiter, beugte sich immer tiefer, bis er fast den Boden berührte. Der andere begann bereits in die Gegenrichtung zu pendeln. Zwei Bäume, der Baum wurde zum Zwilling, teilte sich in sich selbst und fiel wieder in sich zusammen. Schwindelerregend.
    „Du bist nun ein Evarim. Der Erste und Letzte zugleich.“
    „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Shilendra, einen halben Schritt zurückweichend. „Was hast du getan? Was hast du ihm angetan?“
    „Es war meine Entscheidung“, flüsterte Frost.
    „Es war der einzige Weg“, meinte Sturm.
    „Der einzige Weg wofür?“
    Sheyra trat aus dem Unterholz hervor. In ihren Augen lag Mondglanz, sonst nichts. Zwei kleine, leuchtende Silberteller.
    „Um zu siegen.“ Sie klang, als würde sie aus einem Traum erwachen. Oder in einen neuen eintreten? Sheyra lachte leise. „Das Auge, ein Jäger. Vater wird gejagt, weil er nur jagen kann. Jäger werden nicht gejagt. Jagen muss man, als Jäger-Jäger.“
    „Sheyra“, entfuhr es Frost. Zu Shilendra: „Du solltest doch über sie wachen?“
    „Sie war auf einmal nicht mehr da“, verteidigte sich Shilendra. „Ich... ich bin wohl kurz eingenickt. Es tut mir leid.“
    „Jetzt kann gejagt werden.“
    „Was ist mir ihr?“
    Frost und Sturm tauschten einen düsteren Blick. Frost schluckte.
    „Wir müssen fort von hier“, sagte Sturm. „Bevor Arjak herausfindet, was wir getan haben.“
    Sheyra lächelte träumerisch.
    „Der Rote Fürst weiß es.“
    Sie breitete die Arme aus und begann sich spielerisch im Kreis zu drehen. Wind wirbelte das Laub auf. Das Flüstern in den Baumwipfeln wuchs zu einem Chorus. Es begann zu hageln: Kleine, spitze Körner, die den Boden in wenigen Sekunden weiß färbten.
    „Er ist bereits hier.“

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    Deus Avatar von Sly
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    gildenloser Druide irgendwo in khorinis ;) skills: Speer 2, Bogen2 , Schleichen2, einhand1, druidenmagie 2 progress finished
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    Sly ist offline
    Stumm stand Sly inmitten der Lichtung. Selbst um ihn herum war stille eingekehrt. Die Tiere spürten, dass etwas großer bevorstand und betrachteten den Gildenlosen ohne jede Furcht. Ein kleines Rudel Hirsche hatte sich eingefunden und musterte den jungen Druiden mit einer merkwürdigen faszination.

    Der Gildenlose musterte den kleinen Sproß , den er eben gepflanzt hatte. Hier würde ein neuer Hain entstehen, so wie früher schon einmal einer hier stand. Als die Streiter Innos diesen Naturglauben in Gorthar ausgerottet hatten, hatten sie auch die Eiche hier gefällt und sogar ihre Wurzeln ausgegraben, doch jetzt würde an dieser Stelle eine neue Eiche wachsen und gedeihen, dafür würde er sorgen. Jetzt musste man nurnoch für das richtige Wachstum sorgen.

    Der Druide bundelte seine gesamten Kräfte und begann die Magie in seiner Umgebung aufzusaugen , wie ein Schwamm. Schweißperlen liefen seine Stirn herunter und eine Ader an seinem Hals begann heftig zu pochen, doch er brauchte für diesen Zauber mehr Energie. Eine kleine grüne Kugel bildete sich vor Sly und begann zu wachsen, in ihr sah man die Energie, die in ihr steckte, wie kleine Blitze zucken. Dann ließ er sie auf den Sprößling nieder. Die Kugel hüllte den Baum, wie ein Wasserblase ein. Die Blitze schossen in den Baum verbrannten ihn jedoch nicht, dann als kein einziger Blitz mehr in der Kugel war , kollabierte sie und löste sich auf.

    Der kleine Sproß stand noch so da , wie zuvor, doch jetzt war in ihm das Potential zu einer gewaltigen Eiche zu werden und er hatte auch die dafür notwendige Energie, den Rest würde die Zeit machen.

    Inzwischen war auch Kire ganz in der Nähe. Sly spürte seine Anwesenheit. Er war vielleicht noch ein paar hundert Meter weit weg. Er setzte sich in Bewegung und machte sich mit den Elfenstiefeln auf den Weg. Sly sprintete wie von selbst durch den Wald und war innerhalb von ein paar Minuten bei Kire angekommen.

    Sein Schüler lehnte locker an einem Stein und betrachtete ihn von oben bis unten, während er die Ergebnisse seiner Jagd vor ihm ausbreitete. Der Druide nickte zufrieden "Ich hoffe die hast du dir auch alle mit dem Speer erjagt. Ich werde dich nicht dazu zwingen, aber ansonsten wirst du es nicht überleben. Heute ist der Tag deiner Prüfung. Du wirst kämpfen und zwar gegen mich. Ich will sehen wie gut du geworden bist. Gewinnen wirst du zwar nicht, aber überzeug mich von deiner Leistung. "

    Mit diesen Worten zog Sly erneut die Magie um sich zusammen und schickte sie wieder in seine Beine. Die Muskeln begannen durch die Magie erneut sich zu verstärken und waren zu übermenschlichen Taten bereit. Die Luft um seine Füße begann zu wabern , als ob auf einmal nebel auftreten würde. Sly zog seinen Speer vom Rücken und sprang auf den Drachenjäger zu.

  14. Beiträge anzeigen #114
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Als sie erwachte brummte ihr der Schädel, während langsam die Erinnerung zurückkehrte. Sie lag auf dem Waldboden und acht Augenpaare starrten sie an. Was zuvor war, gehörte der Vergangenheit an und sie war froh darüber. Erleichtert atmete sie auf, bis sich ihr Herz plötzlich zusammen zog, als sie bemerkte wer die vierte Person war, die vor ihr stand. Diese Frau, die Dorien Dreia genannt hatte, starrte sie verängstigt an. Aber war in diesem Blick wirklich nur Angst. Redsonja glaubte ein unterdrücktes Fünkchen Hass darin zu sehen.

    Ihr lebt tatsächlich noch.“ Redsonja versuchte ein Lächeln, verzog jedoch den Mund, als ein Schmerz sie durchzuckte. Dennoch fuhr sie fort: „Es freut mich. Darf ich vielleicht euren Namen erfahren.
    Der tut nichts zur Sache.“ Antwortete die Andere geradezu barsch, was die ehemalige Söldnerin zusammenzucken liess. Augenblicke später zog sie sich in sich zurück wie ein verschüchtertes Reh. Die Waldläuferin hatte ein ungutes Gefühl. Unheimlich. Schoss es ihr durch den Kopf.
    Lange vermochte sie jedoch nicht ihre Gedanken auf etwas zu konzentrieren, denn ein Stechen am Hinterkopf liess sie leise aufstöhnen. Der Schädel, er zerplatzt im nächsten Moment. Sie tastete mit der Hand nach der schmerzenden Stelle und stellte fest, dass eine Blutkruste ihr Haar verklebte. Sie schloss immer noch leicht benebelt die Augen, riss sie jedoch unverhofft wieder auf und starrte ihre Gefährten an.
    Wir müssen hier weg. So bald wie möglich. Aber ohne irgendwelche namenlosen Gestalten.“ Woher der Zorn auf die Fremde kam wusste Redsonja nicht, doch da war irgendetwas. Ihre Begleiter indessen starrten sie nach diesen harten Worten erstmals bestürzt an.

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    Ehrengarde Avatar von Rangor
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    Rangor ist offline
    Schwer atmend rieb sich Rangor die Wange. Er wusste es nicht genau, doch so wie sich die Stelle anfühlte war sie arg blau angelaufen. Einer der Wachen hatte den Wanderer in einem unachtsamen Moment einen Kinnhaken verpasst, nachdem Rangor ihn schon entwaffnet hatte.
    Den Schmerz vertreibend schüttelte er den Kopf. Nun war all dies überstanden und das reisende Quartett wieder vereint. Sogar mit “Überschuss”, mochte man sagen.
    Sentinel hatte es im Dorf tatsächlich geschafft “Redsonja” vom Scheiterhaufen zu retten doch war die Frau auf dem brennenden Reisig keinesfalls ihre Gefährtin gewesen. Viel mehr hatte Rangor selber nicht mitbekommen. Zu viele der Wache hatten ihn und Ferol mit der Zeit bedrängt und in die Enge getrieben und nur schwerlich waren sie den aggressiven Männern entkommen, dies auch nur mit etlichen Blessuren und blauen Flecken. Sentinel, musste Redsonja dann aus einem ebenfalls noch brennenden Haus retten, so zumindest hatte es der Krieger erzählt. Nun jedoch standen sie hier wieder beisammen, mitten im Wald um die noch sitzende und leicht benommene Redsonja herum und starrten ihre Gefährtin an. Drei verwirrte und ein finster dreinschauendes Augenpaar...
    “Du willst sie hier lassen?” , fragte Ferol ungläubig, das, was wohl Sentinel und Rangor ebenfalls dachten. Eine Person jedoch schien noch so zu denken wie Sonja.
    “Ich verspüre ebenso wenig Drang mit euch zu reisen!” , erwiderte eine biestige Stimme, jedoch die der unbekannten jungen Dame, die sich schon fast von der Gruppe abgewandt hatte.
    “Na Dankbarkeit wird hier ja noch groß geschrieben.” , murrte Rangor der Frau entgegen.
    “Was wollt ihr tun, wenn ihr zurück in eurem Dorf seid? Sie werden euch doch nicht aus Vergnügen gefangen genommen haben...” Ferol erhob erneut Einsprüche.
    “Was wollt ihr denn bei Beliar mit ihr? Sie will nicht mit uns reisen, wir nicht mit ihr....” , Redsonja rief dazwischen. Aggressiv, bestimmt...
    Schweigen.
    Rangor starrte auf den dunklen Nachthimmel, schloss die Augen, atmete tief ein.
    “Na dann,” , begann er. “, ich gehe. Wer das ebenfalls vorhat kann gerne mitkommen, wer nicht lässt es bleiben. Aber niemand sollte bevormundet werden. Ich denke dafür sind wir alle zu alt.”
    Der Wanderer schnallte sich das Gehänge des Zweihänders vom Rücken und gab es Redsonja zurück. Ein gemurmeltes “Danke” , kam ihm als Antwort entgegen.
    “War spannend hier bei euch.” , sprach er noch der jungen Frau mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen entgegen, wandte sich dann jedoch ab und schritt in den Wald hinein. Drei Fußpaare folgten ihm in die Dunkelheit, eines entfernte sich in eine andere Richtung...

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    outlaw to the end Avatar von Sentinel
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    Sentinel ist offline
    Nach wenigen dutzend Metern stoppte Rangor, ohne sich umdrehen zu müssen, wusste er wohl, wer ihm gefolgt war und wer nicht. Eine Körperdrehung später sah er Redsonja und ihre beiden Schüler auf ihn zukommen. Die Fremde war nicht mehr zu sehen.
    „Ich schlage vor wir suchen uns einen geeigneten Rastplatz, das weiterreisen hat wohl keinen wirklichen Sinn“, sagte der Söldner.
    „Du hast Recht“, sagte Sentinel. Dann wandte er sich seiner Ausbilderin zu. „Und du musst deine Wunde verpflegen lassen. Es ist zwar schon eine Weile her, das ich als Barbier tätig war doch das sollte ich hinbekommen.“
    Das Quartett schritt am Rand des Waldes entlang, noch einmal tiefer in Selbigen zu gehen schien ihnen wenig sinnvoll. Ihr ziel war eine gut geschützte Baumgruppe, die ihnen Schutz vor Wind und ungewollten Blicken spendet. Und sie sollten sie auch finden stellte sich nach ein paar Minuten heraus.
    “Hier, ich denke das sollte für die Nacht reichen“, meldete sich Rangor der die Gruppe führte zu Wort.
    Vier Laubbäume taten sich vor der Gruppe auf, sie standen in einem Halbkreis an den Wald angrenzend. Von oben betrachtet musste es wie ein ziemlich großes Nest aussehen, in der Mitte hatte sich eine große Masse an herbstlichem Laub angesammelt.
    „Denkt ihr wir sind weit genug vom Dorf entfernt, um ein Feuer zu entfachen?“, fragte Ferol.
    „Ich denke schon, außerdem benötige ich etwas Licht um Redsonjas Wunde zu versorgen“, sagte Sentinel.
    Wenig später war Holz gesammelt und entzündet worden. Die zwei Sölder hockten sich darum und wärmten ihre Hände, es war wirklich eine kalte, klare Nacht. Sentinel indessen stand in Redsonjas Rücken und teilte ihre Haarbüschel in einzelne Strähnen. Nachdem er die größten Krustenteile aus dem Haar gezupft hatte, tröpfelte er etwas Wasser aus seinem Schlauch auf die Schnittwunde. Die Gildenlose zuckte unmerklich, sagte aber keinen Ton. Der Milizsoldat öffnete einen kleinen Beutel an seinem Gürtel und ließ einige gemahlene Kräuter auf den gesäuberten Schnitt rieseln.
    „Das sollte den Schmerz lindern und beim Heilen helfen“, meinte Sentinel während er und Redsonja sich neben ihre beiden Begleiter setzte.
    Sie schenkte ihrem Schüler ein Lächeln.
    “Danke, danke für das eben und für das im Dorf.“
    Sentinel wusste nicht so recht was er darauf sagen sollte und so beließ er es ebenfalls bei einem warmen Lächeln.
    Den Rest an Zeit, den die Gefährten noch wach waren, verbrachten sie damit, sich über alles Mögliche zu unterhalten. Viel war das allerdings nicht, die Reise und die vergangen Stunden waren zu anstrengend gewesen. Schon bald hatten sie sich in ihre Umhänge und das Laub gebettet und schliefen.

  17. Beiträge anzeigen #117
    Lehrling Avatar von Die Drachenjäger
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    Die Drachenjäger ist offline
    Man mochte es nicht glauben, aber irgendwie hatte Aurrius mit seiner Vorahnung recht behalten. Den ganzen Weg zur Stadt Danreen hatte er alles Unglück heraufbeschworen. Dauernd war er der Ansicht gewesen, dass Troan irgend etwas Schreckliches zu gestossen sei. Magenius hätte ihn betrogen, getötet, die Echsenmenschen hätten ihn hingeschlachtet, die Pest habe ihn dahin gerafft, die Stadtwache habe ihn festgenommen, es gab unzählige von seinen Verschwörungstheorien. Gilborn hatte den seltsamen Alchemisten dauernd beruhigen müssen uund ihm eingetrichtert, dass es Troan sicherlich gut gehe und nun sicher im Besitz des Heilmittels sei. Aurrius hatte sich jedoch nicht beschwichtigen lassen. Und so drängte der Kauz immer mehr zur Eile, so dass am Ende sogar Gilborn, der geborene Krieger, um Pausen bat.

    Und schliesslich hatte er Recht behalten. Sie waren gerade durch die Stadttore geschritten, als sie schnurstracks zur Taverne gingen, in der die beiden sich mit Alena und Troan verabredet hatten.
    "Herr Arcin und seine Begleitung? Nun die waren vor drei Tagen hier, waren gegen Abend dann gleich wieder aufgebrochen. Herr Arcin hatte gesagt, er würde bald wieder zurück sein, doch seither ist er nicht mehr wieder gekommen. Ich hoffe er kommt bald zurück um seine Rechnung zu begleichen", antwortete der Gastwirt auf Aurrius' Frage nach Troans Zimmer. Die Worte schienen den Alchemisten beinahe zu betäuben. Mit geweiteten Augen und offenem Mund starrte auf den Wirten an, als sei dieser Innos persönlich.
    "Keine Informationen über die beiden, rein gar nichts?", fragte Gilborn nach, als Aurrius kein Wort mehr zu Stande brachte.
    "Nein, mir ist nichts zu Ohren gekommen. Ihr solltet Euchvielleicht im Schankraum umhören. Die haben immer mehr Informationen als ich. Dafür sind sie auch teurer."
    Gilborn nickte. Die beiden konnten nicht spurlos verschwunden sein. Er zog Aurrius am Ärmel um ihn hinab zum Schankraum zu führen. Dieser war nicht allzu voll. Ein Dutzend Männer sassen an verschiedenen Tischen und schienen gerade Mittagspause zu haben.
    "Entschuldigt", begann Gilborn, als er zu der ersten Gruppe von Gästen stiess, "Sagt euch der Name Troan Arcin oder Alena etwas?"
    Die Männer schüttelten den Kopf.
    "Ist in letzer Zeit etwas im Adeligenviertel geschehen. Etwas Besonderes?"
    "Hm...mir fällt nichts spezielles ein. Einer der Stadträte ist verstorben. Sonst glaube ich nicht"
    , antwortete einer der Männer.
    "Doch doch. Da war noch was mit diesem Alchemisten Magenius."
    "Ja?"
    , fragte Gilborn aufgeregt und forderte den Sprecher auf fort zu fahren.
    "Er soll von einem Kunden windelweich geprügelt worden sein. Der Kunde hat er dann in seinen Privatkerker geworfen. Man wartet auf ein Urteil der elf Richter."
    "Der Mann ist also immer noch in Magenius' Kerker?"
    "Soweit ich gehört habe..."
    "Und warum ist der Mann tätlich geworden?"
    "Gab eine Differenz wegen der Bezahlung oder sowas. Weiss es nicht genau. Diese Adeligen können mir alle gestohlen bleiben."
    "Okay...danke vielmals."

    Gilborn warf nachdenklich einige Münzen auf den Tisch, die der Informant dankbar entgegen nahm.
    "Troan ist ausgerastet und ist nun Magenius Gefangener", informierte Gilborn Aurrius. Dieser nickte stumm.
    "Ich werde mit Magenius reden", meinte Aurrius entschlossen und wandte sich zum Ausgang.
    "Nein. Magenius ist unberechenbar. Er wird dich genauso verhaften. Über den Mann gibt es die übelsten Geschichten. Wer sich mit ihm anlegt ist tot und mit ihm alle seine Freunde und Familie. Seine Rache ist unstillbar. Wir sollten das anders angehen...so wie er mit uns umspringt, können wir auch mit ihm umspringen. Komm mit. Wir gehen zur Söldnertaverne."
    Entschlossen und festen Schrittes stampfte Gilborn hinaus, Aurrius folgte ihm mit zaghaften Bewegungen.

    Troan

  18. Homepage besuchen Beiträge anzeigen #118
    Drachentöter Avatar von kire
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    kire ist offline
    Ein wenig überrumpelt von dem plötzlichen Angriffs Slys, brachte sich Kire, noch während dieser auf ihn zustürmte, so schnell es ging in Kampfstellung und beugte die Knie leicht, sodass er zumindest einen sicheren Stand hatte. Die Spitze der Waffe ragte dabei bedrohlich in Richtung seines Lehrers, der sich davon keinesfalls beirren ließ, stattdessen seine eigene Waffe nutzt, um den Speer seines Schülers beiseite zu schlagen.
    Obwohl Kire seine Waffe ungleich fest und sicher in den Händen hielt, war die Kraft, die den Speer zu Boden schlug immens. Sly musste wieder irgendetwas magisch verändert haben, um den Kampf zu manipulieren. Kire musste dies wohl verbittert zur Kenntnis nehmen, dass er überhaupt eine Chance haben könnte war sowieso reine Utopie. Sly hatte nicht verlernt, ihn bloßzustellen.
    Es geschah so schnell, dass er nun plötzlich direkt vor ihm stand, die Waffe auf ihn gerichtet und bereit zum Angriff. Kire wich dem Stich zur Seite aus, musste sich jedoch unmittelbar zu Boden fallen lassen, um dem nächsten Angriff zu entkommen. Ein Rauschen ertönte knapp über dem Haupt des Drachenjägers, der Speer hatte ihn verfehlt. Sofort richtete Kire sich wieder auf, wandte sich zu dem Gegner um und rammte diesem auf gut Glück den Speer entgegen. Sly wich durch einen rückwärtigen Sprung zurück, als hätte er den Angriff des Schülers vorausgesehen und legte dann erneut nach, indem er ein weiteres Mal die Waffe seines Schülers kraftvoll zu Boden schlug. Kire, der nun auf die ernorme Stärke gefasst war, versuchte einige Schritte zwischen sich und seinem Gegner zu bringen, um sich nötigen Raum zum Verschnaufen zu schaffen.
    Er ahnte, dass der Waldläufer vermutlich jedes Manko seiner Technik für sich ausnutzen würde, um ihn damit in seine Schranken zu weisen. Deshalb beschloss Kire sich auf das Wichtige beim Speerkampf zu konzentrieren, nämlich die Verteidigung, und somit wenigstens zu versuchen, so lange wie möglich in diesem ungleichen Gefecht durchzuhalten.
    Zeit sich den Schweiß von der Stirn abzuwischen, blieb dem Jäger allerdings nicht. Der Druide schien seine Absicht zu erkennen und setzte nun wohl verstärkt auf Schnelligkeit. Die gegnerischen Stiche abzuwehren oder ihnen zumindest auszuweichen, fiel ihm schwer. So kam es, dass Kire immer weiter zurückgedrängt wurde, nur selten die Gelegenheit hatte selbst anzugreifen (diesen Attacken entkam Sly dabei meist mit anscheinend erstaunlicher Leichtigkeit) und sich schließlich schnell vor einer Felswand wiederfand, die ihm wohl das Genick brechen sollte.
    Sly grinste dem hilflosen Drachenjäger entgegen und griff erneut an. In einem Blitzmoment gelang es seinem Schüler nicht mehr zu entkommen, welcher damit die volle Stärke der Attacke in seiner Seite erfuhr. Natürlich genau dort, wo ihm die Platten seiner Rüstung nur wenig Schutz boten. Kire strauchelte, wollte sich jedoch nicht die Blöße geben, davon zu laufen oder um Gnade zu winseln.
    Zornesfunkelnd trafen seine Blicke die Augen des kalt agierenden Druiden und warteten darauf, dass es weiter ging. »Mach schon«, forderte Kire und lächelte ihm trotzig entgegen.

  19. Beiträge anzeigen #119
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Die Sonne blinzelte durch das noch verbliebene herbstliche Blätterdach, das Laub knisterte und eine Note Erde lag in der Luft. Hier und da glitzerte ein Tautropfen. Ein schwarzer Schmetterling tanzte vor ihren Augen herum, als sie sich langsam erhob. Redsonja schaute dem eleganten Tier gebannt hinterher. Es bezauberte sie mit seinem verspielten Tanz, sodass sie jede einzelne Bewegung mit den Augen verfolgte. So müsste ich mich bewegen. Schoss es ihr durch den Kopf, während sie ein ein Muster hinter den Bahnen des Schmetterlings zu erkennen versuchte. Unbewusst kämmte sie sich gleichzeitig mit den Fingern durch das rot leuchtende Haar.
    Ein rundum herrlicher Tag. Die Lehrmeisterin seufzte leise. Die Welt präsentierte sich so unglaublich unschuldig. Im Gegensatz dazu standen die vergangenen Tage und Nächte und noch so manch anderer vergangener Tag. Sie schauderte, als sie an all den Hass dachte, der unter dieser Oberfläche brodelte.

    Um sich von diesen trübseligen Gedanken abzulenken rief sie Sentinel zu sich. Er hatte lange geübt und war zu ihr zurückgekehrt um seine Prüfung abzulegen. Eben diese wollte ihm die Schwertmeisterin nun auch abnehmen. Allerdings hatte sie noch keine konkrete Idee, was sie von ihm fordern sollte. So liess sie ihren Blick suchend über die Umgebung schweifen und lange brauchte sie nicht zu warten bis ihre Augen listig blitzen. Nicht unweit ihres Lagerplatzes hatte sich der Bach zu einem kleinen See angestaut und das genau wollte sie in Erinnerung an die Bergung von Frosts Schwert nutzen. Ein Kampf im Wasser war genau das Richtige für ihren Schüler.
    Sie war begeistert, doch ein ungutes Gefühl bremste ihre Euphorie. Auf einen ernsthaften Kampf gegen ihn durfte sie sich nicht einlassen. Zu viel stand auf dem Spiel, falls sie die Kontrolle über sich tatsächlich wieder verlor. Redsonja brauchte nur an Uncle-Bin und Skazaam zu denken.

    Rangor.“ Sie winkte den Söldner zu sich und schilderte ihm ihre Idee leise genug, dass Sentinel nichts davon mitbekam.
    Dürftest ihn ruhig etwas aufs Korn nehmen. Sofern ich dich überhaupt dazu überreden kann ins kühle Nass zu steigen?“ Sie schaute den Jünger Lees fragend an.

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    Kämpfer Avatar von Win'Dar
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    Win'Dar ist offline
    Vollrausch war eine Sache. Im Misthaufen und Pissgestank aufzuwachen, eine andere. Naja. Eigentlich nicht. Außer, es waren gebrochene Knochen dabei.
    Kopfschmerzen durch Kater, das war was anderes als Kopfschmerzen aufgrund einer Schlägerei, dachte Win'Dar. Nein, besser nicht denken. Bloß nicht den Kopf benutzen.
    „Kann mich wer wieder bewusstlos schlagen?“, nuschelte er ohne die Augen zu öffnen. „Ich glaub, ich bin nüchtern...“
    „Götter!“, hörte er eine Stimme über sich. Stroh raschelte. Etwas Warmes berührte seine Wange, dann die Stirn.
    „Bist du in Ordnung?“
    „Nein, bin nüchtern, verdammt. Scheißenochmal!“
    Er stöhnte, hob eine Hand, um die Schwellung unter seinem Auge zu befühlen. Musste aussehen, als hätte er sich einen Apfel unter die Lippe geklemmt. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Zähne. Alle noch da. Immerhin etwas.
    „Nicht einschlafen!“
    Jemand rüttelte an seiner Schulter.
    „Warumnich. Lassmich.“
    Derselbe Jemand packte seinen Arm und begann daran zu zerren. Win'Dar rollte auf den Rücken. Helles Licht berührte seine Lider. Das Pochen in seinem Kopf wurde lauter.
    „Mach das Lichd aus, scheißeverdammmich...“
    Eine Schulter schob sich unter seinen Arm und zog ihn halb auf die Füße. Gemeinsam stolperten sie einige Schritt weit. Dann stürzte ein Schwall eiskalten Wassers in sein Gesicht.
    „Scheiße, kalt! Scheiße, Scheiße, Sch-“
    Ein zweiter Regenguss riss ihm die Scheiße aus dem Mund.
    „Einmal hätte gereicht“, knurrte er, als er endlich das Wasser aus den Augen geblinzelt hatte.
    „Du siehst echt übel aus“, stellte das Mädchen fest, in dessen Hand der Wassereimer baumelte.
    „Danke. Ganz groß. Wär ich fast nicht selbst draufgekommen. Danke. Wirklich.“
    Der Schmerz unter seinen Rippen zwang ihn, sich hinzusetzen. Die Welt tanzte einen Stepptanz, dem seine Augen nicht mehr folgen konnten.
    Komm, sagte sein Magen, Raus damit. Kotz dich ruhig aus. Ich hab hier noch ne schöne Ladung.
    „Warum hast du das getan?“
    Das Mädchen ließ sich neben ihm nieder.
    „Weiß nich. War betrunken...“
    Win'Dar erkannte sie wieder. Es war das Mädchen, wegen dem er überhaupt erst hier im Misthaufen gelandet war. Wahnsinn, dachte er, Sieht noch genauso aus, wie im Suff.
    „Die haben dich echt übel zugerichtet“, stellte das Mädchen zum zweiten Mal fest.
    „Scheiße, ich hab's kapiert!“ Er stöhnte, ließ sich nach hinten sinken. Mit den Händen versuchte er die Scherben seines Schädels daran zu hindern, auseinanderzufallen. „Ich war besoffen, aber ich bin nicht blöd.“
    Das Mädchen schreckte zurück.
    „Tut mir leid.“
    Mir ja auch, dachte Win'Dar, Manchmal sollte man einfach die Klappe halten. Schmerz, Schmerz, Schmerz, Schmerz, dachte sein Schädel, SCHMERZ! Klappe, dachte Win'Dar, Kann nicht mehr denken.
    Das Mädchen beugte sich über ihn und berührte mit einem feuchten Tuch seine aufgequollenen Lippen. Als sie die Schwellung unter seinem Auge erreichte, verzogen beide das Gesicht. Götter, dachte er, Lasst mich verrecken und wieder auferstehen. Den Körper zu heilen, wird kein Spaß.
    „Ich hab dir noch gar nicht gedankt“, begann das Mädchen.
    „Spar es dir“, unterbrach Win'Dar.
    Das Mädchen blinzelte. Rette einen Schmetterling aus dem Spinnennetz und ess ihn selber. Der wird auch Augen machen.
    „Bist du immer so schlecht gelaunt?“
    „Nur, wenn ich mit drei Trollen Hoppe-Hoppe-Reiter gespielt hab...“
    Das ließ sie lächeln. Und Win'Dar aufschreien, als sie seine rechte Hand berührte.
    „Der ist gebrochen“, stellte das Mädchen fest.
    Die Hellste ist sie nicht, resümierte Win'Dar. Natürlich ist der gebrochen, wenn er doppelt so dick und krumm ist. Scheißenochmal. Ausgerechnet der Mittelfinger.
    „Könntest. Du bitte aufhören. Mich weiter umzubringen?“, schnaufte Win'Dar im Takt ihrer tastenden Finger.
    „Stell dich nicht so an. Wenn er so bleibt, wächst er nicht mehr zusammen.“
    Treffer. Jetzt lässt du dich schon von einem kleinen Mädchen mattsetzen. Hoffentlich findet sie nicht die Rippe, betete er.
    „Das war wirklich mutig von dir“, meinte das Mädchen, während sie den Finger zu schienen versuchte.
    „Scheißedämlich war es. War besoffen.“
    „Warum eigentlich?“
    „Wie, warum?“
    „Warum du dich so betrunken hast.“
    „Naja... das macht man halt so...“
    „Wegen einem Mädchen?“
    Win'Dar rutschte ein Stück weg.
    „Blödsinn.“
    Töte die Vergangenheit. Der schnellste Weg zum Selbstmord.
    Das Mädchen rutschte nach.
    „Wer war sie denn?“
    „Hör mal“, sagte Win'Dar und raffte seinen Mantel auf, damit er aufstehen konnte.
    Patschnass. Die Säue, dachte er, Hätten wirklich woanders hinpissen können. Scheißkerle. Pissgestank, überall Pisse. Ist doch nicht wahr...
    „Ich hab Mist gebaut. Früher, mein ganzes Leben lang. Ziemlich viel.“
    „Und deswegen betrinkst du dich?“
    „Hm, nunja“, sagte Win'Dar, „Wenn du es so nimmst... ja.“
    „Aber wird es dadurch besser?“, fragte das Mädchen unschuldig weiter.
    Tiefgründigkeit, Scheiße!, dachte Win'Dar. Das pack ich nicht. Er hatte eine Vorstellung von seinem Kopf: Ein grob runder Haufen Scherben, die lose zusammenhielten. Ein kleiner, hässlicher Gnom warf durch einen Schornstein Ziegelsteine hinein und lachte dabei „Njahaha“. Nach dem Zwanzigsten gab es einen Knall und der Gnom wurde durch die Explosion fortgeschleudert.
    Ihm wurde schwindlig, doch das Mädchen kam ihm zur Hilfe. Mein Angebot steht noch, sagte sein Magen. Lass es einfach raus.
    „Was hat sie eigentlich davon abgehalten, mich umzubringen?“, versuchte er, die Übelkeit zu vergessen.
    „Einige der anderen Gäste sind aufgestanden. Ich glaube, sie hatten zuerst einfach nur Angst.“
    Toll, wollte schon immer Märtyrer werden, dachte Win'Dar. Darauf hätten sie auch früher kommen können.
    „Und da war noch wer“, überlegte das Mädchen. Sie lächelte und nickte bekräftigend. „War etwas seltsam. Weiß nicht, ob Junge oder Mädchen.“
    Herzstillstand. Man springt aus der Wüste in einen See aus eiskaltem Wasser. Im ersten Moment ist man tot. Dann realisiert der Körper, dass man noch nicht sterben will. Adrenalin verdrängt den Schmerz. Win'Dar fühlte seine Finger zittern.
    „Er hat mir diese Blume gegeben.“
    In der offenen Handfläche lag eine weiße, fünfblättrige Blüte mit dunkelroten Staubblättern.
    Mit einem Schrei schlug er ihre Hand beiseite und wich zurück. Weiße Blütenblätter verteilten sich ungleichmäßig über den schlammigen Boden. Das Mädchen starrte ihn entsetzt an.
    „Bleib bloß weg“, keuchte Win'Dar. „Weg! Komm bloß nicht näher!“
    „Aber was...?“
    Er lief davon. So schnell er humpeln konnte. Hals über Kopf den Hang hinunter in den Wald. In seinem Rücken hörte er das Mädchen rufen.
    Von wegen Blume, dachte er. Eine Birnenblüte. Zerbrechlich, früh blühend. Trennung, Auflösung, Verrat.
    Früher Tod.

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