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Natürlich würden die Gefährten ihren Anführer begleiten. Die unausgesprochene Frage im Blick des Torgaaners wurde von Kiyan mit einem Schulterzucken und dem Beginn des Packens der Ausrüstung quittiert, von Turya mit einem Ausspucken und der rhetorischen Frage, ob der dämliche Ochse erwarte, dass gerade sie den Schwanz einziehen würde. Gundas, der Veteran aus dem Kommando der Füchse, nahm das ganze Prozedere mit einem anerkennenden Nicken zur Kenntnis.
„Ein solides Kommando, Großer“, kommentierte er, „Auch wenn’s wie’n Witz klingt: Gehen ein Torgaaner, eine Amazone und ein Gortharer in eine Höhle …“
„Bei Adanos“, unterbrach Kiyan ihn flehentlich, „Gundas, musst du nicht im Dreck nach Erz graben oder die Erde pflügen? Eben typische Khoriner-Dinge?“
Der Veteran lachte schallend. „Klar, ihr herzöglichen Herren aus Gorthar brecht euch ja einen Fingernagel dabei ab, stimmt’s?“
Kiyans ernste Maske bekam einen kurzen Riss, während er die rechte Hand hob, die Nägel begutachtete und dem Waldläufer den Mittelfinger entgegenstreckte. Turya grinste und erkannte angenehm überrascht, dass sich ihr Gefährte machte. Durch die seine Art würde er gute Kontakte zu anderen Kommandos und Sippen knüpfen können, etwas, das ihm seine Jahre als Händler und Kauffahrer beschert hatten. Dabei würde die Herkunft aus Gorthar fast keine Rolle spielen. Es gab einige geachtete Waldvölkler, die nicht gebürtig dieser Gemeinschaft entstammten. Waldvolk bedeutete auch ein wenig Heimat und Familie der Wahl, nicht des Blutes wegen.
So verabschiedete man sich letztlich knapp von Gundas und versicherte einander, vor Setarrif wieder aufeinander zu treffen – dieses Mal mit allen Füchsen. Mertens Mission bestand nach wie vor: Beobachtung der Situation in der Ruinenstadt, Meldung und dann … ja, was dann? Krieg? Zumindest für das dreiköpfige Kommando würde es diesen nicht geben, da ihr Weg aufs Festland führen würde. Mertens hatte sie auch ein wenig zu Botschaftern der Tooshooer Gemeinschaft beim restlichen Waldvolk gemacht. Im Guten wie im Schlechten.
An der Klippe angekommen, musste Kiyan kurz gegen das altbekannte Gefühl der Ehrfurcht ankämpfen, dass ihn schon seine Lebtage ereilt hatte, wenn er an einer Klippe stand und auf den schier endlosen Ozean starrte, Meilen um Meilen wogende, blaue Wellen. Der Beweis dafür, dass Adanos‘ Wirken Tatsache ist. Nur ein Gott war in der Lage, so etwas Gewaltiges zu schaffen.
„Ich klettere vor, Jungs“, kam Turya den Männern zuvor. Sie war diejenige, die in Sachen Körperbeherrschung mehr draufhatte als sie. Und bei dieser Klippe ging es um Leben und Tod. So befestigten sie ein Seil zum Führen sowie ein Halteseil. Die Veteranin ließ natürlich Kiyan nah an sich heran, um das Seil umzulegen. Zum Teil um ihn zu triezen, aber wohl auch, um zu sehen, ob er das beherrschte. Die verschlagene Waldläuferin verband auf diese Art und Weise ihren Spaß, seine unbedarfte Reaktion und Ausbildung miteinander.
Während sie Turya langsam abseilten, behielten die Jäger die Umgebung aber auch die Klippe im Auge. Alsbald erreichte sie einen Vorsprung, der recht breit war. Sie verschwand kurz außer Sicht, dann kehrte sie zurück und rief ihnen zu, dass sie folgen konnten. Sie löste das Seil, die Männer rollten es wieder ein. Dann entschied Kiyan scherzhaft, dass Onyx an der Reihe wäre, da er ja unbedingt die Höhle finden wollte. Murrend nahm der Hüne das hin, schaffte es aber alleine, sich das Seil umzubinden und folgte Turya.
Zuletzt seilte sich Kiyan ab, etwas ungeschickter als die beiden anderen, aber dennoch, ohne abzustürzen, sich die Gräten zu brechen oder ganz allgemein den Tod zu finden, wofür er Adanos dankbar war. Unten angekommen, sah Kiyan, dass Turya bereits mit Feuerstein und Zunder eine Fackel entbrannt hatte. Diese reichte sie Kiyan, der sein Langschwert aus der Scheide zog und solchermaßen den Weg antrat. Die Veteranin nahm ihren Speer, Onyx hatte den Bogen in der Hand und einen Pfeil aufgelegt.
Ihre Schritte führten sie durch einen natürlichen Gang, der vor Äonen entweder durch einen Vulkanausbruch, durch Lavaströme entstanden war oder das Werk eifriger Minecrawler darstellte. Ein leichter Luftzug verriet, dass wie von Gundas mitgeteilt, eine Verbindung zu der Ruine bestand, in der sie gelagert hatten. Nach einiger Zeit kamen sie zu einem Durchbruch in der Wand, der natürliche Höhlengang führte weiter in eine abzweigende Richtung. Behauene Steinbrocken am Boden zeigten, dass etwas sich aus dem befestigten Bereich gegraben hatte. Sie traten hindurch.
Der Fackelschein fiel auf Knochen, Unmengen an Schutt, extrem vermodertes Mobiliar. In Nebenräumen waren so stark verrostete Gitter zu finden, dass ein Anhauchen schon dafür gesorgt hätte, dass sie zu rotem Staub zerfallen wären.
„Das Gefängnis“, Turya nickte in Richtung der Stäbe, Kiyan leuchtete. Knochen. Viele Knochen. Menschliche. In allen Größen. „Hier waren auch Kinder, Jugendliche, Alte inhaftiert.“
Das war Kiyans Gebiet, da konnte er glänzen. „Die Proto-Setarrifer waren ein gnadenloses Volk. Das werden … Jharkendarer gewesen sein, ihre Feinde. Damals … zeigte man eben keine Gnade.“
„So wie heute“, Turya spuckte aus, „gehen wir weiter.“
Sie gingen weiter, fanden weitere Kerker, weitere Knochen. Immer wieder fanden sich auch Steintafeln setarrifischer Herkunft. Immer wieder fielen ihnen Symbole auf den Tafeln ein. Turya seufzte schwer, als komme ihr eine Erkenntnis.
„Jharkendarer, sagst du?“, fragte sie bitter. Kiyan erkannte nun auch die Schriftzeichen und Piktogramme.
„Waldvolk“, kam es ihm heiser über die Lippen. „Sie haben die Vorfahren des Waldvolkes eingekerkert.“
Onyx fluchte auf torgaanisch, ehe sie weitergingen. Dann erreichten sie einen Raum, der groß genug war, dass er nicht vom Fackelschein vollständig erhellt werden konnte. Hier standen steinerne Regale, mal unbeschädigt, mal in Trümmern. Aufgereiht auf vielen Borden: Steintafeln.
Der Jäger blickte zu Onyx, sah dem Waldläufer in die Augen.
„Hier sind wir wohl richtig“, schloss er und steckte das Schwert weg. „Oder?“
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Hin und wieder zurück #7 - Die 2. Olvara
“Hoffen…sonst wir nicht weiter und Mühe nichts wert.”, sagte Onyx und hielt inne. Sein Blick ging zurück und versuchte sich zu erklären was wie zusammenhing, dass dort auch sowas wie Waldvölkler waren. Duath kam mit einem Jagdkommando vom Festland. Womit es nicht seine Leute sein konnten.
“Was wir suchen sein Steintafel. Einfach von Aussehen. Stehen drauf nicht wirklich was schlau in unsere Runen. Rabenmann erzählt, das stehen da in Runen einfache Sache.”, erzählte er.
“Was steht da?”, fragte Turya.
“Onyx gefunden drei Steintafeln auf seine Reise. Da stehen wenn Rabenmann richtig gelesen ‘Bewahre’, ‘Grüne Krähe’, ‘Blauer Bär’. Sowas wir suchen.”, erklärze Onyx und Turya sah ihn natürlich stutzig an.
“Was willst du damit?”
“Sein Rezept…”
“Rezept? Da muss doch mehr stehen. - ...du suchst mit uns hier nach Kochrezepten!?”, fragte Turya sehr irritiert. Kiyan blickte auch stutzig drein. Onyx schüttelte den Kopf.
“Wir suchen. Wenn finden ich euch erklären mehr. Zu schwer sein jetzt.”, machte er klar und beendete die Diskussion darum.
“Was sagen kann - das was da Waldvolkknochen. Das sein nicht Waldvolk wie von uns. Onyx wissen, das sein hier Volk gewesen was leben bei Tooshoo. Sein nach große Flut Zeit. Hier gewesen Waldläufer von Festland und sie helfen jagen Bestien was überlebt große Flut. Onyx wissen von Duath sie sein Pantherkrieger. Sie Duath und Freunde getötet. Duath aber versteckt Tafeln von Wissen hier und woanders auf Insel.”, erklärte Onyx. Kiyan fragte, wie lange das her war. Onyx zuckte nur mit den Schultern und deutete an, dass Duath gestorben im Jahr 176 nach große Flut. Er würde sie noch aufklären, woher er das wusste.
Damit gaben sich beide wohl zufrieden und die Erkundung des Raumes begann. Kiyan ging erst einmal in Richtung Mitte des Raumes und fand Steintische und Bänke vor. Dann zu den Wänden und Regalen, wo Steintafeln aufgereiht lagen oder zertrümmert am Boden. Turya und Onyx bejahen sich die Steintafeln im Fackelschein, doch war da vorerst nichts, dass an waldvölkischen Runen erinnerte.
Onyx schüttelte den Kopf und sie schritten zum nächsten Regal, das im schwachen Licht in einer Ecke zu sehen war.
Onyx stoppte dann nicht, um am steinernen Regal zu schauen, sondern um am Boden auf einem Erdhaufen die Dunkelpilze beleuchten zu lassen. Die waren in diesem Moment viel wert. Er zückte seine goldene Sichel und wisperte dann die Worte, die ihm die Olvara verraten hatte, zu jeden Pilz, den er sauber abschnitt.
“Macht man das so auf Torgaan?”
“Nein. Suchen ab weiter.”, sagte der Waldläufer und holte die obersten Tafeln hinunter. Doch auch hier schien nichts zu sein, was sie suchten. Die alten Setarrifer hatten hier wohl eine Art Archiv wo sowas wie Ernteerträge oder Lagerbestände dokumentiert wurden. Zumindest schaute alles bisher dort wie eine Liste aus oder eine Aufzählung. Wenige hatten dort eine Art Korrespondenz oder Kommentar.
“Haben sie fein sortiert. Listen und am Anfang und Ende irgend ein Blabla. Vielleicht gefangenenliosten oder Vorräte. Ich glaube nicht, dass wir bei den gut sortierten Sachen was finden.”, meinte die Waldläuferin unter ihnen.
“Wir schauen.”, brummte Onyx. Er mochte auch nicht ergebnislos alles durchschauen, aber es ging zu zweit relativ schnell. Ein drittes Regal fanden sie im Schein der Fackel, konnten allerdings nur noch zertrümmerte Tafeln und einen Pilz, der im Fackelschein grünlich schimmerte und eher wie Schimmel wirkte, vorfinden.
“Das sein Grünschimmel. Selten. Onyx gesucht für Osmo.”, sagte er und nahm wieder die goldene Sichel zu Hand. Sein Wispern erklang und dann schabte er das Geflecht vom Regal ab.
Nach weiteren Minuten des Suchens, war dieser Raum eine fast ergebnislose Bemühung. Sie gingen dann voran, um den von Gundas beschriebenen großen Raum zu finden.
Beim Schutt waren sie sich dann sicher, den Raum gefunden zu haben. Kiyans Fackel flackerte leicht, als er diesen in den Raum hielt. Da war der Luftzug, den Gundas beschrieben hatte.
Die Drei berieten sich schweigend und dann räumten Sie gemeinsam den Schutt weg, bis man in der Hocke schreitend in den raum gelangen konnte. Kiyan ging vor und Turya folgte sogleich, während Onyx den Bogen schussbereit hielt. Turya gab dann Zeichen und Onyx kam auch durch. Kiyan war es dann, der instinktiv zuerst zur Quelle des Luftzugs schritt. Erst Gefahren orten, dann geht es weiter. - So eine Regel die für alle galt, die länger Leben wollten.
Tatsächlich war es ein Durchbruch hier den Minecrawler gegraben hatten. Man sah am Stein die Spuren ihrer Mandibeln. Doch wie alt die Spuren waren, konnte wohl niemand sagen.
dann ging es durch den Raum stets an der Wand entlang. Hier offenbarte sich, dass es Betten gab, Kisten daneben, die interessant wirkten und in der Mitte des Raumes wieder Steinbänke und -tische.
“Baracke…?”, meinte Turya und soweit nahmen sie alle dies an.
Turya öffnete eine Kiste deren Deckel einfach eine Steinplatte war undsuchte darin, während Kiyan rein leuchtete. Onyx hingegen entschied für sich etwas zu tun, was hoffentlich helfen würde.
Er aß die Dunkelpilze. Zwei sofort und den Dritten dann in Ruhe.
“Echt jetzt? Wir suchen deine Steintafel und du isst hier Pilze?”, meinte die Amazone halb im Scherz und
blickte kurz weg. Dann sah sie wie Kiyan zu Onyx auf, dessen Augen dieses Glimmen allmählich bekamen. Giftgrün schimmerten sie im Halbdunkeln und der Hüter der Olvara lauschte, roch und blickte um sich.
Er vernahm Turyas besonderen Duft und hatte den Gedanken, sich mit ihr zu vereinigen. Er roch Kiyans letzte Mahlzeit im Schweiß und dann das stinkende Pech in der Luft, das durch die Verbrennung durch das Feuer der Fackel aufstieg. Er hockte ab, um dem omnipräsenten Geruch zu entkommen. Dann lauschte er und gebot ruhig zu sein. Er hörte so nah an Kiyan seinen Herzschlag und Turyas Atmung. Als er den Kopf zum Durchbruch wandte hörte er einen dumpfen Ton, den der Luftzug und die weite Höhle darunter wohl erzeugten. Nichts ungewöhnliches.
Seine Augen vermochten nicht viel besser in der Dunkelheit zu sehen, doch war der Schein der Fackel intensiver und Onyx sah kleine Details am Boden, die sie zuvor nicht wahrgenommen hatten.
Eine alte Brotkrumme neben der Kiste, die härter als der Stein sein musste. Am Rand der Steinkiste ein kleines Symbol, das weder er noch die anderen beiden deuten konnten. Vielleicht das Zeichen des Steinmetzes?
Onyx legte mit einem weiteren Dunkelpilz nach und stöberte mit den beiden in der Steinkiste. Doch da waren nur modrige, verfallene Reste und Chitinpanzer von Fleischwanzen.
Als die Wirkung dann bei der nächsten Kiste einsetzte, schreckte der Hüter auf.
Ein Lachen. Ein bekanntes Lachen für Onyx. Die anderen beiden fragten, was los sei, sahen sich nervös um. Onyx jedoch verfolgte den kleinen, lautlosen Schatten mit seinen Augen. Lächelte sanft und erwartete seine Königin, seine Olvara. Doch als sie im Halbschatten zu sehen war, war sie ein wenig anders. Eine andere?
Ihr Haar bestand aus gelb-grünen und dunkelgrünen Lianen die sich elegant um den Körper schlangen und verbargen, was eine Dame nicht offenbaren wollte. Sie hatte bunte Blüten im Haar die für Onyx nach fauliger Frucht und Vanille rochen. Ihre Haut war von dunkleren Grün wie die der Olvara von Tooshoo und ihr Gesicht war anders. Schön, märchenhaft und schmal. Aber anders, während die Augen silbern leuchteten und ihr Lächeln obsidianschwarze Zähne offenbarte.
“Du anders…”, sagte er leise. Sie lächelte auf und kam Onyx näher. Der hob seinen Kopf und atmete tief ein, um ihren Duft aufzunehmen. Sie begutachtete ihn, lächelte dann sanft auf und wandte ihren Koipf in die Dunkelheit, bevor sie dorthin schritt.
Onyx ging ihr nach, gab kurz Zeichen zu folgen und schritt der Olvara folgend durch den Raum. Was für ein schönes Wesen sie war. Onyx konnte gar nicht sagen, ob sie ihm so oder anders besser gefiel. Ja, er konnte nicht mal sagen, ob die Olvara die Olvara war.
Interessierte es aber, wenn dieser schöne Hintern sich einfach bewegte und das schöne Gesicht den Hüter dann wieder anblickte, um etwas zu wispern, das er nicht verstand?
Onyx schüttelte nicht verstehend den Kopf, während hinter ihm seine menschlichen Begleiter neben ihm traten und fragten, was los sei. Sahen sie denn nicht dieses schöne Wesen? Was sie da tat?
Die Olvara schritt zu einer der Steinkisten und kniete ab. Dann machte sie eine schiebende Bewegung an der Kiste und winkte Onyx her.
Der schien zu verstehen, schüttelte sich dann aber, als das Glimmen in seinen Augen langsam versiegte und Kiyan dann eine gewischt bekam, als scheinbar Magie sich von Onyx auf den angehenden Waldläufer entlud und verpuffte.
“Nicht schauen als wären Geist da. - Kiste…schieben…”, murmelte Onyx und verzog das Gesicht. Die Olvara war weg, so wie die Wirkung der Dunkelpilze.
“Onyx…Pilze sind nicht gut. Nie gut…”, sagte Turya und war als erste an der Kiste. Sie schob den Deckel weg und fand natürlich nichts von Wert.
Erst als sie gemeinsam die schwere Steinkiste zur Seite kippen und etwas zu laut auf den Boden knallen ließen, war da was im Fackelschein.
Unter der Kiste war ein kleiner Hohlraum. Wohl das Geheimversteck seines oder seiner Besitzer.
Sie fanden einen Obsidiandolch, eine kleine Statuette die Onyx sofort erkannte, ein Beutel mit seltsamen, sehr alten, grünlichen Münzen und eine Steintafel hervor.
Onyx lächelte auf. Er zeigte Turya die Symbole darauf und sie versuchte sie dann zu deuten.
“Jäger…Dunkelheit? Nacht? Irgendwie so.”, meinte sie.
“Nachtjäger?”, fragte Onyx und sie nickte einfach mal. Es könnte wohl so passen. Sie blickten zu Kiyan, der die Statuette und die Münzen beäugte.
“Kupfermünzen…mit viel Grünspan. Und das ist ein Affe?”, fragte er dann die beiden.
“Onyx sowas besitzen. Aber aus Jade. Gefunden in Affentempel…nicht weit von Affenkopf. Das sein schwarz wie Dolch. Obsidianaffe, heh?”, meinte der Hüne. Turya winkte gleich ab.
“Das wird mir zu unheimlich. Noch so ein Affe und uns jagt ein böser Geist. Den teilt ihr euch schön auf.”, sagte sie und fragte Onyx noch einmal, ob das die Steintafel sei. Der bestätigte dies und gab ihr den Obsidiandolch. Die Münzen würden sie später noch begutachten und Kiyan sollte den Obsidianaffen behalten. Als Dank.
“Schauen wir nach, ob noch unter einer anderen Kiste ein Geheimversteck ist?”, fragte Turya, bevor alle sofort reagierten. Etwas kroch am Durchbruch hinauf. Fiepte…zischte…suchte. Es hatte lange haarige Beine, acht Augen und einen Körper ohne Beine so groß wie ein Schwein.
“Riesenspinne. Kiyan!”, rief Turya und schwang den Speer schon im Fackelschein. Kiyan kam hinzu und Onyx war schon dabei den Pfeil anzulegen.
Kiyan schwang die Fackel, die Spinne wich kurz zurück und Turya setzte ihr mit dem Speer zu. Die Spinne wich zurück und Onyx entließ seinen Pfeil. Wuchtig stieß dieser durch das Chitin zwischen zwei Beinen. Turya stieß den Speer im richtigen Moment zu, als die Spinne sich durch den Pfeiltreffer krümmte und Kiyan jagte seine Klinge in das Maul des Misteviehs. Das war schnell gegangen und musste es auch. Vielleicht war die Spinne selbst überrascht gewesen, dass hier jemand war. Doch das interessierte wohl niemanden mehr.
“Ein Mistevieh weniger…”, knurrte Turya und rammte ihren Speer nochmal in den Kopf der Spinne.
Nervenenden verursachten noch Bewegungen des Körpers, doch die war tot. Onyx zog seinen Pfeil aus dem Leib und kurzerhand beschlossen die Drei, nicht auf noch mehr zu warten. Sie bewegten sich hinaus, legten wieder Steine über den Schutthaufen, damit nichts so schnell durch konnte und bewegten sich mit ihrer Beute hinaus.
"Bloß nicht noch mehr davon.", dachte er sich. Es wurde irgendwie alles unheimlicher…
Etwas später…
“Da seid ihr ja wieder. Und?”, fragte Gundas an seinem Feuer in der Höhle. Da saß noch jemand dabei.
“Wat!? Wer bist du denn?”, fragte Turya und musterte die Frau, so wie die anderen beiden ebenso.
“Von wo bist du, Kola?”, fragte der Torgaaner in seiner Heimatsprache direkt, wie es auf Torgaan üblich war. Sie war nicht ganz so schön wie die Olvara eben, aber jeder Torgaaner würde sie für einen hohen Preis ihrem Stamm abkaufen oder sie rauben, was mit vielen Konsequenzen in Verbindung stand.
Geändert von Ornlu (27.01.2025 um 02:04 Uhr)
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Der alte Mann, der sich ihr als Gundas vorgestellt und Geschichten herausgekramt hatte, die teilweise ins Aberwitzige gingen, hatte ihr bereitwillig einen Platz am Feuer angeboten, nachdem er sie mit dem Seil nach oben gezogen hatte. Hier oben gab es zwei weitere Höhleneingänge, die jedoch weniger natürlich wirkten, als jene am Fuß der Klippe. Zerrüttete Steinbögen und uralte Rußspuren an den Wänden, wo einst Fackeln gebrannt haben mussten, sprachen eine deutliche Sprache.
Exzentrik hatte jedem Wort des Mannes gelauscht, sie in sich aufgesogen, als wären sie eine Ertrinkende in einer Unterwasserhöhle, die soeben eine Luftblase an der Decke gefunden hatte. Auch Narzissmus hatte gespannt zugehört, selbst wenn sie vorsichtiger war und über den ein oder anderen anzüglichen Spruch nur müde lächeln konnte.
Der alte Jäger wandte sich um, als Schritte in der Dunkelheit zu hören waren.
„Da seid ihr ja wieder. Und?“, fragte er, als eine dreiköpfige Gruppe mit vier Augen ins anhaltende Tageslicht traten, welches durch den Eingang hereindrang.
„Wat!? Wer bist du denn?“, fragte eine Frau, die Chala sicher um mehr als einen Kopf überragte. Sie wirkte wild und kräftig, hatte einen Speer, der locker in ihrer Hand ruhte.
Doch dann hörte sie Worte in torgaanisch. Dieser schwarze Berg, der neben der Amazone stand, hatte sie direkt als eine der seinen vermutet, wie es schien. Der Dritte im Bunde bleib vorerst stumm, doch aus seinem verbliebenen Auge sprühte Misstrauen. Jedenfalls glaubte Narzissmus das.
Oh, die drei habe ich an diesem Fest bei dem großen Baum gesehen! Aber die beiden haben mich nicht gefragt, ob ich mit ihnen tanzen will, rief Exzentrik und wirkte fast etwas empört, Dabei hätte ich bei keinem von beiden Nein gesagt, fügte sie noch hinzu und das Grinsen war für Narzissmus mehr als deutlich spürbar.
„Hast du das, hm?“, fragte Narzissmus leise.
Was sollte sie davon halten, dass Exzentrik sich an jeden Kerl schmiss, der sie interessiert anschaute? Nicht, dass sie abgeneigt wäre, aber man musste schon einen Vorteil aus der Sache ziehen, wenn es nach ihr ging. Und es ging immer nach ihr.
„Nicht von Torgaan, Mkubwa. Aranisa.“, antwortete sie dem riesigen Torgaaner in ihrer Muttersprache und musterte ihn eindringlich, bevor sie wieder in die gemeine Zunge wechselte, „Ich heiße Chala, und ihr hättet mich bei Beltane und der Wilden Jagd sehen müssen. Ich hab euch jedenfalls schonmal gesehen.“
Immerhin hatte sie diesen Riesen den Soldaten im Weißaugengebirge als Vorwand genannt, weshalb sie auf Argaan war.
Der ist so groß wie Papa!, drückte sich Naivität plötzlich in den Vordergrund.
Ist er das?, fragte Empathie interessiert, Ich erinnere mich nur an ihn, wie er gebeugt lief.
Narzissmus ging es ebenso. Wann immer sie sich an den Häuptling erinnerte, hatte sie das Bild eines frühzeitig gealterten Mannes vor Augen, der dennoch einen starken Willen und wache Augen besessen hatte.
„Hätte nicht gedacht in diesem gottlosen Dschungel auf Waldvolk zu treffen. Was macht ihr hier?“, fragte sie freiheraus.
Es grenzte an Dreistigkeit, hatte die Grenze vermutlich sogar überschritten, dass sie von ihnen Antworten verlangte, wo sie doch in ihr Lager gekommen war. Doch die Aranisaani hätte keine gute Erklärung, wenn man sie nach ihrem Grund fragte. Sie konnte ja schlecht erzählen dass sie und ihre vier anderen Persönlichkeiten auf der Suche nach einem Ort waren, wo sie miteinander in alten Geschichten schwelgen konnten.
Beweis etwas mehr guten Willen, Narzissmus!, beschwor Empathie sie, Mach dich nicht zur Fremden unter Freunden.
„Tsss“, stieß sie die Luft zwischen ihren Zähnen hervor und griff dann nach ihrem frisch gefüllten Wasserschlauch.
„Hier, frisch von den Hängen am westlichen Rand des Dschungels. Das verseuchte Wasser im Fluss trinkt ihr ja sicher auch nicht.“
Sie warf den Schlauch dem Mann mit Augenklappe zu, der ihn geschickt aus der Luft griff.
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Hin und wieder zurück #8 - Nachtjäger Teil 1
Eine Aranisa. Eine von diesem Volk hier anzutreffen war schon eine ziemliche Unwahrscheinlichkeit. Gewöhnlich waren sie durch ihre Insel isoliert und mehr für sich, wie für Torgaan. Zumindest war es das was der kleine Onyx mal gehört hatte, als sie an der Insel vorbei fuhren.
Vielleicht wusste Kiyan sogar mehr, wenn er da schon mal war oder gehört hatte.
Für den Torgaaner gab es damit aber auch einen anderen Fakt. Sie hatte irgendwas getan, weswegen sie nicht auf Aranisa war.
Doch interessierte das jetzt? War es wichtig am Feuer?
“Wir sind hier auf Mission. Geh besser nicht nach Setarrif. Da sind Orks. Ich heiße Onyx, das ist Turya und der hier ist Kiyan, Kola.”, sagte der Torgaaner und blickte dann zu Gundas.
“Wir gefunden was gesucht. Du recht haben. Da sein Riesenspinne. Wo eins da mehr.”, sagte er in der Gemeimsprache.
“Riesenspinne? Verdammich! Ich hoffe ihr habt nichts abbekommen.”, meinte Gundas. Turya schüttelte jedoch den Kopf und erklärte dem alten Jäger, dass sie noch ein paar Sicherheitsvorkehrungen dabei hatten. Dann setzte sie sich wie auch Kiyan ans Feuer.
“Stimmt. Du hast mit dem Wolf getanzt. Und mehr, hä? Erzähl mir später, ob er immer noch dieses Eiswolffell hat. - Viel wichtiger ist, dass du aber dabei warst, als es im Sumpf losging. Hab von Jilvie gehört, dass du dich nicht so leicht fressen lässt und ganz gut dabei warst. Das macht dich nicht zu einer von uns, aber ich denke du bist nicht nur dem alten Gundas willkommen. Stimmt das?”, fragte Turya und beide Jagdgefährten bestätigten es mit einem Nicken.
“Dann können wir auch offen reden, Onyx. Was hat es mit der Steintafel auf sich?”, fragte die Waldläuferin. Gundas horchte auf und erfuhr wohl so, was sie da drin gefunden hatten.
“Wenn Steinkreis hier, dann einfacher erklären. So aber Onyx erzählen was sein Geheimnis von Steintafel.”, sagte er, hielt das Ding in seiner Hand.
“Sein Relikt aus Zeit nach große Flut. Hüter von Zeit da haben gesprochen auf Steintafel. Teilen Worte und Geheimnisse. Sein gerichtet an Hüter was finden und wissen Steintafel. Duath geheißen Hüter was wie Onyx. Er wie Geist erscheinen und sprechen was war. Was er wissen. Er große Krieger mit Kommando. Jagen auf Argaan Bestien von schlimme Zeit. Sterben durch Hand von wütende Stamm von Pantherkrieger von Tooshoo. Hier neue Geheimnisse. Wecken mit Steinkreis.”, erklärte Onyx auf seine Art und hatte natürlich hier keinen Steinkreis vor Ort.
“Dann findest du erst heraus, was da drauf ist, wenn ihr so ein Ding findet? - Ich kenn hier auf Argaan nur den im Sumpf. Was für Bestien haben sie gejagt?”, fragte Gundas.
“Bestien, was überlebt große Flut. Onyx nicht wissen was.”, erzählte der Hüter und dann fragte Kiyan nach seinen Augen da im Gang.
“Sein Geschenk von Olvara. Sie schönste Wesen von Welt. Später vielleicht erklären mehr. Onyx ernten, essen und dann zeigen sich Wirkung. Dunkekpilz gut, stark und helfen sehen, hören und riechen besser. Nicht lang, aber gut. Wenn zu viel, dann Macht in Körper entladen.”, erklärte er sich, auch wenn sie alle das nicht so ganz verstehen konnten oder verstanden.
“Seltsam warst du jedenfalls…”, sagte Turya, bevor sie alle zusammen zuckten. Es dämmerte allmählich und aus der Naturhöhle krochen zwei seltsame Wesen heraus. Sie bewegten sich wie Minecrawler, waren aber von länglichen Kristallen gespickt und erzeugten hohe Töne mit ihren Rufen.
“Onyx? Dein Erz? Sicher ist sicher.”,sagte Turya während sie sich alle langsam zurück zum Feuer zurück zogen. Hier oben waren sie wohl sicher, doch wer wusste, was da noch herauskam?
“Echuio!”, sagte der Waldläufer und erweckte das grüne Erz. Er wollte es ins Feuer werfen, da glimmte es stark auf, als er es über der Steintafel hatte.
“Moment…”, sagte Onyx und legte den Erzbrocken auf die Steintafel.
Im nächsten Moment saßen sie mitten in der Erscheinung der Steintafel. Eine weit entfernte Stimme erklang in der alten Sprache des Waldvolkes und Onyx erkannte sie. Duath stand da.
Er selbst trug wieder diese Kleidung mit den dicken Gurten und vielen Taschen daran, den Lederpanzer mit Kettengeflecht. Den zwei Klingen auf dem Rücken und den Fläschchen am Hauptgürtel quer über den Körper. Seine Augen waren anders und die Venen im blassen Gesicht dunkel hervorgetreten.
Er war nicht allein, denn im Hintergrund flankierte ihn wohl sein Bruder Gauron, der eine imposante Gestalt abgab, die Duath auf andere Art nicht nachstand. Aber auch zwei Krieger mit Pantherfellen über den Schultern und auf den Köpfen, die bei einen massigen Körper standen, deren Kopf zwischen Duath und Gauron lag.
Ein hässlicher, enormer Kopf eines Widderwesens gegen den Duath dann trat und weiter erzählte.
Irgendwann endete er. Das Erz glimmte auf, wurde schwächer und diese Erscheinung. Diese kurze Geschichte die sich ihnen geisterhaft offenbarte, wiederholte sich.
“Turya! Bitte übersetz!”, sagte Onyx der nur wenige Worte verstanden hatte.
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In der Vergangenheit? - where are you going, boy? when did you get so lost? (Woodkid - Goliath)
Kiyans Umgebung verschwand, verschwamm im grünen Schein des leuchtenden Erzes und ließ nur einen klaren, sichtbaren Umriss zurück: Gauron, den Bruder von Duath. Gundas, Onyx, Turya, Chala, das Feuer, die Ruinen … all das wurde ausgeblendet, als eine Erscheinung Form annahm, die vielleicht genauso viel war wie die ‚Aufzeichnung‘ Duaths … oder vielleicht auch viel, viel mehr.
Das helle Grün verdunkelte sich, sodass alsbald nur noch zwei Formen zu erkennen waren. Eine war Kiyans Körper, gleichermaßen materiell wie immateriell. Er spürte die Kleidung auf seiner Haut, den Schmutz und Schweiß. Gleichzeitig jedoch … wirkte all dies stofflos, als wäre es nur ein Bild, nicht mehr. Die andere Form war Gauron, der ihn überragte. Er schlug seine Kapuze zurück, nahm immer mehr und mehr Gestalt an, bis er in dieser Dunkelheit wie der einzig feste Fixpunkt wirkte, eine Säule, die diesen Ort vom absoluten Vergessen trennte. Dabei wirkte Gauron, als würde ein Licht ihn beleuchten, ein von überall kommender Schein. Ebenso wie Kiyan.
Die Verstörtheit in den Gedanken des Jägers wuchs sich zu Bestürzung am Rande der kopflosen Panik aus, als er die Züge des hünenhaften, in archaische Fellbekleidung gewandeten Hüters betrachtete.
Meine Augen, meine Züge … mein Gesicht!
Grobknochiger, gezeichneter als seine eigenen Züge, wenngleich ein fehlendes Auge und Krallennarben im Gesicht schon eindrucksvolle Makel in Kiyans Visage waren. Gauron war von den Jahren gezeichnet, von Kämpfen und dem Überleben in der freien Natur, einer Natur, die so gnadenlos sein musste, dass sie solche Spuren hinterließ. Die Augen des Hüters jedoch – blau wie die Kiyans – wirkten auf eine Art und Weise ruhig und geduldig, beobachtend und prüfend, dass der Jäger schier zusammenzuschrumpfen schien. Als er dies bemerkte, richtete er sich auf, was dem wettergegerbten Gesicht ein kurzes Verziehen der Lippen entlockte. Gauron wandte sich um, deutete auf eine Stelle in der Finsternis.
Eine Sekunde später explodierten Farben um den Hüter und den Jäger herum, aus der Finsternis wurde eine ganze Welt. Kiyans Schädel schien zerbersten zu wollen, so sehr prasselte die Rückkehr von Farben, Wind, Gerüchen, einfach allen Sinneseindrücken, auf seinen Geist ein.
Willkommen, Jäger.
Kiyan fand sich auf Knien wieder, im Dreck. Seine Hände stützten sich auf dem grasigen, matschigen Boden ab. Er hob den Kopf, versuchte tief und kontrolliert zu atmen, nicht zu hyperventilieren, während seine Sinnesorgane und sein Verstand versuchten, eine gemeinsame Linie zu finden, um all dies zu verarbeiten. Vor, hinter ihm … um ihn herum, erstreckte sich eine weitläufige, grasige Ebene bis zum Horizont, wirkte so endlos wie zuvor die Finsternis, in der sie sich wiedergefunden hatten. Zitternd richtete sich der Jäger auf, ließ den Blick schweifen. Gauron stand da, die Arme verschränkt, abwartend. In der Ferne – hunderte Meter oder vielleicht auch ein, zwei Kilometer entfernt – rannte eine große Herde von Tieren mit Geweihen, Hirschen nicht ganz unähnlich.
Karibus, erklärte Gauron, gute Fleischproduzenten. So Adanos will, jagen wir sie für unser eigenes Überleben. Es ist ein Tauschgeschäft, ein Handel unter Gleichen.
Ein Handel? Kiyan lachte. Jäger und Beute handeln nicht.
Meine Sippe begräbt ihre Toten unter dem Gras dieser Ebenen. Entweder als Futter für die großen Frostwölfe … oder, wenn sich der Leichnam zersetzt hat, wieder zu Erde geworden ist, als Nährstoff für das Gras. Ein Tauschhandel.
Kiyan sah der Herde hinterher, hörte das Trommeln ihrer Hufe auf dem Boden, als würde eine mächtige Kavallerie gleich hinter der nächsten Erhebung hervorbrechen. Denn anders als eingangs vermutet, war diese Gegend hier nicht flach, sondern durchzogen von mal sanfteren, mal steileren Hügeln.
Tundra nennen es – Gauron zögerte kurz – die Anderen. Die mit den Hauern, die größer und stärker als wir sind. Aber wir sind Verbündete. Ihre Sippe bleibt für sich, die meiste Zeit über … aber hin und wieder haben wir Kontakt. Tauschen Informationen über Jagdgründe aus, aufziehende Gefahren … unsere Geister.
Eine geisterhafte Fratze blitzte vor Kiyans Augen auf und das hysterische, spöttische Gelächter des Sohn des Felsen, Lugdrub gro-Ogdum, hallte durch seinen Geist. Gauron zuckte zurück, als hätte er es auch gehört, als wäre er von einem Schlag getroffen worden. Erst jetzt bemerkte Kiyan einen Stab in seiner Hand, ein wuchtiges Ding. Zum Knochenbrechen, keine Frage. Es schien, als wisse Gauron nicht, ob er damit zuschlagen sollte.
Was war das? Die Miene des Hüters sprach von Misstrauen.
Du redest von Orks … die mit den Hauern, die Anderen. Die Orks.
Der Jäger sah sich um, blickte zum Himmel, zur Sonne, die teilnahmslos am Himmel stand, so fern und unerreichbar, wie es nur am Ende der Welt möglich war. Adanos, es galt nicht die Frage, wo er war, sondern … wann.
Dieses Gelächter? Woher kam es? Gauron ignorierte Kiyans Frage. Der finstere Blick aus seinen eigenen Augen verstörte den Jäger.
Ich habe meine Begegnung mit den Orks gehabt. Er zog den Stoffstreifen von der leeren Augenhöhle. Das hier war der Preis. Dabei … verfluchte mich einer ihrer Schamanen.
Adanos weiß, was diese Orks sind. Gauron wirkte entspannter, als wäre der Fluch eines Schamanen einer Rasse, die er nicht kannte, halb so wild und eine plausible Erklärung für gestaltloses Gelächter in der Tundra.
Die andere Sippe trafen wir, als wir hierhergeführt wurden. Aber sie waren nicht … vor uns heimisch. Nein, wir kamen offensichtlich zusammen hier an. Ihr Schöpfer führte sie hier her, genauso wie … mein Herr.
Kiyan hob eine Braue, sah Gauron fragend an. Herr? Dein König, dein Monarch?
Der Hüter lachte nun, ehrlich begeistert. Du benutzt seltsame Worte, Jäger. Monarch. Nein … mein … versteh es wie einen Häuptling. Aber er ist nicht wie ein Häuptling, da Er nicht über uns herrscht. Unser Hüter, ja. Denn Er behütet meine Sippe und mich. Seitdem Duath und ich uns getrennt haben, seit ich meine Gemeinschaft hier hinführte. Seinem Ruf folgend.
Aber wer ist Er? Ein Druide?
Wieder so ein Wort, gluckste Gauron, nein. Was auch immer das ist. Ich kann mir aber vorstellen, was du meinst. Kein Sprecher von Blatt und Baum und Tier. Auch nicht wie bei der anderen Sippe, die ja Sprecher der Elemente haben. Er ist … anders und weit mehr als die Sprecher.
Kiyan seufzte und schüttelte den Kopf. Gauron war auf eine altmodische Weise geheimnisvoll, aber auch geheimnistuerisch. Als wären Kiyans Fragen so offensichtlich einfach zu beantworten, als würde er fragen, welche Farbe der Nachthimmel habe. Dann aber schien es, als würde der Hüter wohl überlegen, was er dem Jäger antwortete. Und das enervierte Kiyan überraschenderweise. Seltsame Steintafel-Zeitreise-Vision hin oder her.
Während Gauron weiter der Herde Karibus mit dem Blick folgte, sah sich der Waldstreicher um. In größerer Ferne als die Tiere, schienen Hügel in der Hitze zu flimmern.
Welche Hitze? Tundra. Norden. Hier ist’s kalt. Er schüttelte den Kopf, nahm den Himmel in Augenschein. Fast wolkenlos. Frei. Obgleich … Kiyan beschattete das Auge. Weit, weit über ihm kreisten Vögel. Groß schienen sie, da sie in enormer Höhe kreisten. Zu zwölft und finster wie die Nacht.
Kopfschüttelnd sah der Jäger wieder zu den flimmernden Hügeln.
Die näher gekommen waren. Und es waren keine Hügel, nein, es waren Wesen. Mächtige Wesen, die kleinsten dieser Herde mochten eine Schulterhöhe von drei Metern haben, die größeren maßen sicherlich das Doppelte … aber einer unter ihnen war … war … ein wandelnder Berg. Eine Gestalt, titanisch, urtürmlich, als hätte das Element der Erde eine tierische Form gewählt und diese angenommen. Majestätisch, gemessenen Schrittes trat sie aus, während die Herde ihr folgte. Wie seine Kinder besaß der Titan Stoßzähne, die in der Länge gut zwei durchschnittliche Speere abgedeckt hätten und eine Breite und Spitze, dass sie einen Champion der Wilden Jagd – den Troll oder den Schattenläufer – mühelos aufgespießt hätten. Das braune Fell schien eine Verkörperung des festen Elementes Adanos‘ zu sein. Es war, als wüchse Gras aus der Form, als hätte der Gott selbst diesem Wesen sein Bild gegeben.
Was Kiyan für das laute, pochende Schlagen seines Herzens gehalten hatte, waren die Schritte dieses Halbgottes. Und als es den langen Rüssel hob, kräftig genug, um damit das Leben aus einem Stier zu pressen, da trompete dieses Urwesen mit solch einer Lautstärke, mit solch einem Donnern, dass die Grundfesten von Erde und Himmel zu erschüttern schienen. Kiyan sank auf die Knie, machtlos, besiegt.
Ich bin im Angesicht eines Halbgottes, hauchte er kraftlos. Gauron war ebenfalls in die Knie gegangen, doch sah es bei ihm ehrerbietig aus. Er war dem Titanen bereits begegnet.
Na, das ist ein Wort, das ich kenne. Du hast recht, Jäger aus einer anderen Zeit, dies ist ein Halbgott. Ein Naturfürst. Mein Herr. Dies ist der Schreitende Berg, der Baumeister Adanos‘, der Urvater der Mammuts, der Schutzgeist meiner Sippe.
Gauron senkte den Kopf.
Dies ist Gy’liath.
Geändert von Kiyan (03.02.2025 um 15:52 Uhr)
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Die Höhle schrumpfte auf die Größe einer Schnecke, zog sich spiralförmig zusammen. Die Klippe rückte in die Ferne, bildete die Säule, auf der das Himmelszelt ruhte, der Dschungel lichtete sich, Palmen schrumpften, wuchsen in der Zeit zurück bis nicht einmal der Setzling noch war. Das eben noch kleine, lauschige Lagerfeuer breitete sich aus, wurde zu einem Inferno ohne Hitze, einem Feuersturm ohne Biss.
Die Umgebung war eine andere, konnte nicht einmal derselbe Ort sein, denn das Meer war nicht zu sehen. Je mehr Chala sich umzuschauen versuchte, desto weniger klar wurden Formen und Linien. Bäume konnten Häuser sein, Wasserlöcher ganze Seen. Ihr fehlte jegliches Verhältnis. Einzig vier Gestalten standen um ein mächtiges Wesen, dessen Kopf von gewaltigen Hörnern gekrönt war. Die Gestalten unterschieden sich, konnten grob in zwei Gruppen unterteilt werden, wenn man von ihrer Kleidung ausging.
Chalas Blick fokussierte jene mit den Pantherfellen, die mit kleinem Abstand hinter den beiden anderen standen. Der größere…
Pantherkrieger, erinnerte sie sich an die Worte des Torgaaners.
Der größere Pantherkrieger hielt einen schweren Speer in seiner Rechten, die Spitze im feuchten Erdreich, den lange Schaft unter seinem Arm gen Himmel aufgestellt. Der andere… eine Frau wie es schien, trug eine kurze Klinge aus schwarzem Material in je einer Hand, Ort gen Boden, von dem dunkles Blut tropfte und sich mit dem undefinierbaren Untergrund vermischte.
Einer der anderen beiden Männer, jener mit den vielen Täschchen an Ledergurten, die er am Körper trug, trat mit plötzlicher Wut gegen den Schädel des leblosen Bestienkörpers. Doch war es wirklich plötzliche Wut oder war der Zorn schon die ganze Zeit da gewesen.
Ja… Zorn bestimmt diesen Moment, erkannte die Aranisaani und trat unwillkürlich einen Schritt näher und um die Pantherkrieger herum.
Die Frau begann zu sprechen, doch ihre Worte schienen für Chala keinen Sinn zu ergeben, vielleicht waren sie auch verzerrt wie die ganze Welt um diese vier Gestalten herum. Sie runzelte die Stirn und trat noch näher.
„Was ist hier passiert?“, fragte sie in der Annahme, dass ihre Anwesenheit endlich bemerkt werden würde, doch keiner von ihnen schaute in ihre Richtung oder erweckte den Eindruck sie gehört zu haben.
Von ihrer neuen Position aus konnte sie jedoch die Gesichter der beiden Pantherkrieger sehen. Dunkle Haut, nicht schwarz, aber aus dem tiefsten Süden stammend. Der Mann hatte einen dichten schwarzen Bart und orangene Augen, die in dem dämmrigen Licht zu glühen schienen. Die Augen der Frau waren den seinen sehr ähnlich, doch ein hellerer Ton blitzte gefährlich darin auf, der ins gelbliche glitt. Narben wie von einer riesigen klauenbewehrten Tatze verunstalteten ein einst vielleicht anmutiges Gesicht und wenn sie sprach, spaltete sich ihre Oberlippe auf grausame Weise, offenbarte Zähne, die mehr denen eines Raubtiers, denn eines Menschen glichen.
„I nauco ná firin, auta hi lomelindi lauvan lyenna“, glaubte Chala endlich die Worte auszumachen, die dennoch keinen Sinn für sie ergaben oder auch nur einer Sprache ähnelten, die sie kannte.
Der Mann mit den Täschchen antwortete, drehte sich jedoch nicht zu ihr um. Offensichtlich machte es die Pantherkriegerin noch viel wütender, denn die Knöchel, welche sich um die schwarzen Waffen klammerten, verloren jegliche Farbe. Ob wegen der Respektlosigkeit oder der Worte selbst war für die Aranisaani unmöglich festzustellen.
„Á lavë telco! Inye nar queni, i entules lyenna. Ma máralmë lyen“, fauchte die Kriegerin und ihre gespaltene Lippe zog sich gefährlich auseinander, offenbarte Reißzähne wie bei einer Großkatze.
Ihre Augen verengten sich und die Pupillen formten sich zu schmalen Schlitzen.
Wie zuvor begann Chalas Sicht zu verschwimmen, die Konturen der vier Gestalten verloren an Schärfe bis sie nichts weiter waren als eine Schlammpfütze auf der Straße nach einem Tag voller Regen. Was blieb war der mächtige Leichnam und was kam war eine Tatze, so groß wie der Kopf des Monsters am Boden, auf den sich die Pranke drückte. Die Luft schien sich zu verdichten, das Atmen, sonst lebensnotwendig, wurde zu Schmerz und Qual. Angst griff nach dem Herzen der Aranisaani, bohrte sich hinein, verhinderte den rhythmischen Schlag des Lebens.
Mit weit aufgerissenen Augen folgte sie der krallenbewehrten Tatze nach oben, ein von schwarzem Fell bedecktes Bein hinauf bis ihr schließlich das Herz stehenblieb. Ein einziger Eindruck in ihren Verstand gebrannt: Riesige gelbe Augen, die ihr in die Seele zu blicken schienen.
Dann verschwand die Welt um sie, schrumpfte auf einen Punkt zusammen, so klein, dass es mit bloßem Auge nicht zu erkennen war, bevor in einer Explosion aus Farben, Gerüchen und Geräuschen etwas Altes und etwas Neues entstand.
Chala keuchte, ein lautloser Ton, bei dem sie sich an den Hals griff. Es war alles wieder da. Das Lagerfeuer, die Palmen, die Klippe und auch die Höhle. Wie zuvor saß sie mit den vier Waldläufern in ihrem provisorischen Lager, doch das Gefühl der Sicherheit war vergangen.
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Hin und wieder zurück #8 - Nachtjäger Teil 2
“Die Mutter sei mit dir Hüter und umarme dich, damit du Frieden findest. Ich bin Duath, Hüter der Olvara. Es ist das Jahr 176 nach der großen Flut und wir haben unsere erste Beute auf Argaran gemacht.”, übersetzte Turya mühevoll. Duath indes blickte auf den riesigen Widderkopf und trat dagegen.
“Das ist ein Swart. Eine dämonische, schwarze Bestie, die am Kopf einem Widder ähnelt und den Körper eines wilden Büffels besitzt. Mit Klauen statt Vorderhufen und den Reißzähnen eines Löwen. Verdammte Beliarausgeburten! Auf Khorin haben wir sie ausgerottet. Hier aber gibt es sie noch und unsere einheimischen Brüder und Schwestern können uns durch die Berge führen. Dahin, wo sie sich verbergen. Zusammen haben wir diesen Swart gejagt. Gauron, Galadil, Monte, Zuma und ich - Duath.”, sagte Turya nun sicherer in ihrer Übersetzung, ehe Duath von der Pantherkriegern unterbrochen wurde.
Sein Blick wurde zorniger. Turya konnte die Worte der Frau nicht übersetzen. Hörte man sie doch auch gar nicht. Doch Duath antwortete und strahlte eine alte Macht und Stärke aus, als wäre er eine standhafte Eiche, die jedem Wind widerstand. Die Worte der Frau schienen für den Hüter der Olvara wie der Wind zu sein - und noch lange kein Sturm. Kaum da, schon wieder weg und was blieb, war der Baum, der sich über Jahrzehnte und wohl in Duaths Fall Jahrhunderte in seiner Art und Sichtweise nicht brechen oder verbiegen ließ.
“...und Tenoc! Der vom Swart auf die Hörner genommen wurde und ehrenhaft starb. Möge die große Katze seinen Heldenmut für sie gesehen haben, denn fast hat er auch uns damit zu toten Helden gemacht. Sein Opfer wird nicht vergessen.”, knurrte Duath und drehte sich gar nicht zur Frau um. Dann atmete er durch und schloss die Augen, als die Frau wieder was sagte.
Duaths Mimik und Worte, die er dann sprach, klangen wie Spott.
“Er sagt etwas von Stamm der Arani und Beute für ihre oder ihren Beschützer. Schwer zu deuten, weil er schnell spricht. Er sagt was von noch nicht genug gefallenen Fürsten…Naturfürsten.”, war Turyas Übersetzung und dann schwieg die Frau endgültig, als Gauron zu ihr blickte und der männliche Pantherkrieger zu ihr was sagte. Verbündete im gemeinsamen Kampf, keine Freunde nach dem Kampf. So konnte es Onyx beschreiben.
Duath richtete sich, blickte aus seinen seltsamen Augen und aschfahlen, von grünen Venen unterlaufenen Gesicht und sprach dann weiter, während Turya nun warm gelaufen war und fast fließend übersetzte.
“Wir nutzten die Nacht und den Mond, um den Swart zu jagen. Diese Wesen sehen schlecht, obwohl sie der Dunkelheit entstammen. Galadil und ich waren die Treiber. Gauron und die Pantherkrieger stellten die Falle. Ich habe die Mischung des Nachtjägers mit Hilfe von Galadil ausprobiert und möchte unser Wissen mit den lauschenden Findern dieser Steintafel teilen. Gebt sie einem Hüter der Olvara. - Höre, Hüter der Olvara. Vergesse nicht deine goldene Sichel zu benutzen, denn nur dann ist alles, was du nimmst, auch rein und wirklich fähig, alle Kraft zu entfachen.
Sprech jedes Mal die Worte der Olvara und ernte mit deiner Sichel... - vier reife Beeren der Tollkirsche, zwei Snapperkrautpflanzen, drei Blüten einer einzeln stehenden Wolfskrautpflanze, einen Kronstöckel und ein halbes Dutzend Dunkelpilze. Solltest du welche aus einer Schattenläuferhöhle haben, umso besser und potenter die Wirkung. Du weißt wieso.”, sagte Turya und atmete durch, denn es war auch für sie schwer zu übersetzen und es gleichzeitig zu sagen. Duath wartete einen Moment und Onyx wiederholte die Zutaten wispernd.
“Teile die Pilze und lass sie in Quellwasser schwimmen, bis es trüb wird. Zerkleinere in dieser Zeit das Snapperkraut fein und mahle die Samen des Wolfskrauts. Werfe den ganzen Kronstöckel zusammen mit den beiden anderen Sachen hinzu. Koche das ganze Gemisch kurz auf, bis das Wasser einen grau-grünen Schimmer an der Oberfläche hat. Oft geschieht dies, wenn das Wasser beginnt leicht zu sieden. Lass es abkühlen, schöpfe die Zutaten an der Oberfläche ab und rühre es einmal um. Warte bis das Wasser wieder steht und fülle ein Fläschchen zur Hälfte mit dem Schimmer auf der Oberfläche. Nehme dann die Tollkirschen und lass ihren Saft in das Fläschchen fließen. Manchmal genügen drei Beeren, oft braucht es aber Vier. Der Nachtjäger-Sud ist gelungen, wenn der Schimmer ein dunkles Violett annimmt. Je besser deine Zutaten, umso besser die Wirkung. Bei guten Zutaten, kannst du zwei Fläschchen mit dem Schimmer vom Sud gewinnen. - Wir haben den Sud bewusst Nachtjäger genannt. Nutze deine neuen Sinne, um die Bestien in der Nacht zu jagen. Meide die Wirkung bei Tageslicht. Halte Krötenwurz oder direkt Weiße Schlange bereit. Nachtjäger ist hochtoxisch. - Viel Erfolg! Bewahre!”, wünschte Duath in den Worten die Turya übersetzte, kreuxte die Arme vor der Brust und verneigte sich. Dann begann sich die Erscheinung zu wiederholen. Verging jedoch mit dem nicht mehr glimmenden grünen Erz. Es war regelrecht leer.
Onyx indes wiederholte nun die Art der Zubereitung. Es war kein Alchemistentrunk, doch die Tipps hatte er zu beachten. Er sah auf. Blickte auf einen nachdenklichen, in sich gekehrten Kiyan und auch Gundas war ausnahmsweise mal still. Er versuchte wohl zu verstehen was das gewesen war.
Turya gönnte sich nach den vielen Reden einen Schluck Wasser und diese Chala wirkte aufgeschreckt oder irritiert.
“Danke.”, sagte Onyx zu Turya. Die wischte sich den Mund ab und nickte Onyx einfach nur zu. Auch sie ließ das alles sacken.
“Duath sein hier vor vielen Jahren. Aus Zeit die Menschen vergessen und Königreich was jetzt nicht mal Gedanke. Er Weg gefunden sprechen zu Stein und Stein erzählen. Onyx Stein gefunden in Tempelruine und lauschen.”, erklärte der Hüne.
“Was…was haben die da gejagt? Und was war auf den anderen Tafeln?”, fragte Gundas.
“Monster. Onyx nie gesehen und gehört von Swart. - Auf andere Steintafel sein andere Rezepten. Ein haben gerettet Boss Ryu...und Boss Jarvo.”, sagte er und holte weiter aus.
“...auf Steintafel aber auch weitere Geschichte. Duath gestorben in Tempelruine. Gegen Monster vorher verwundet, dann gefallen Baum auf Duath. So Onyx hat gefunden. Andere vorher gestorben. Stamm von Pantherkrieger geben Schuld für Krankheit von Stamm.”
Danach schwieg Onyx und ließ Raum für Fragen jeder Art oder auch eigene Gedanken. Er war Torgaaner und nicht irgend ein Geheimnistuer der eine maßgeschneiderte Kutte trug.
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So schnell wie diese Bilder Kiyans Geist überflutet hatten, so schnell waren sie wieder verschwunden. Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass das gigantische Mammut – Gy’liath, so hatte Gauron es genannt – abgewandt hatte, ihn mit einem dunklen, unendlich tiefen, weisen aber auch unermesslich schmerzerfüllten Auge angeschaut hatte. Prüfend auf eine Weise. Als wäre Kiyans Wert bemessen worden. Und einen Moment, einen Augenblick, der in sekundenschnelle vorüber war, hatte da kein Mammut gestanden, sondern die Parodie jenes halbgöttlichen Wesens. Zerfetztes Fell, freiliegende Knochen, ein Stoßzahn abgebrochen. Ketten, Haken, Speere, die es fesselten, banden, hielten. Dann war die Vision vergangen und der Waldstreicher hatte sich an dem Ort wiedergefunden, an dem sich sein Körper die ganze Zeit befunden hatte.
Mammutsippe, die Anderen, die Hauer tragen. Was habe ich gesehen? Was war das? Die Vergangenheit? Eine andere Welt? Und wieso – Adanos! – trug Gauron mein Gesicht. Unversehrt, nicht gezeichnet wie meines … aber das gleiche Gesicht!
Da waren Turya und Onyx, die sich erneut die Botschaft der Steintafel anhörten oder ansahen, ein Konzept, das Kiyan normalerweise die Spucke hätte wegbleiben lassen. Jetzt aber interessierte es ihn fast nicht.
Gundas blickte nachdenklich zu der Frau namens Chala, die der gleichen Herkunft wie Onyx schien. Der Jäger hatte ihre Worte natürlich auch verstanden, sprach er doch recht gut die Sprache des Torgaaners. Eine Aranisa. Was auch immer das war. Ächzend erhob sich Kiyan, griff an seinen Gürtel, löste die lederne Feldflasche, in der Wasser schwappte, und trat zu der Aranisa hin.
„Kunywa, mchezaji“, forderte Kiyan sie freundlich auf. Trink, Tänzerin.
Als sie aufblickte, einen Moment misstrauisch, dann offen, dann fast abschätzend, dann wieder eher verschlossen, kam ihm der Gedanke, dass sie vielleicht ähnliches, wie er durchgemacht hatte. Wo Onyx und Turya die Nachricht Duaths gehört haben, hat Kiyan … und vielleicht auch Chala, etwas anderes gesehen. Etwas Tiefgreifenderes.
„Das ist nur Wasser. Vielleicht ein wenig abgestanden, aber immer noch genießbar.“, fuhr der Mann aus Gorthar fort, „Auch wenn mir ein Schluck Rum lieber wäre.“
Geändert von Kiyan (03.02.2025 um 14:40 Uhr)
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Mhhh, dieses raue Aussehen gefällt mir an ihm, schnurrte Exzentrik und biss sich auf die Unterlippe.
Narzissmus war ähnlicher Ansicht und der Akzent, mit dem er in ihrer Muttersprache redete, reizte sie ebenso. Doch im Moment herrschte in ihr mehr Chaos, als die fünf Chalas ohnehin schon verursachten. Langsam ließ sie die Hand von ihrem Hals sinken, offenbarte das Mal, was wie eine helle Stelle in ihrer sonst dunklen Haut wirkte.
„Maji kwa Maji“, sagte sie und fixierte das eine, strahlendblaue Auge des Waldläufers, bevor sie den Trinkschlauch entgegennahm, „Asante!“ Wasser für Wasser. Danke!
Er hatte Recht damit, dass es etwas abgestanden schmeckte, doch für sie war es eine Geste des guten Willens. Sie hatte von ihrem Wasser gegeben und erhielt etwas zurück. Selbst Narzissmus wusste noch, dass es auf Aranisa zum guten Ton gehörte als Gast etwas zu trinken mitzubringen und wenn der Gastgeber etwas auf sich hielt, erwiderte er die Geste. Wasser war Leben und es war nicht immer in rauen Mengen verfügbar.
„Zu etwas Stärkerem würde ich jetzt auch nicht nein sagen“, gab sie zu und wandte dann ihren Blick dem riesenhaften Torgaaner zu, „Was war das“, fragte sie spitz.
Sie hatte noch nie so etwas erlebt und nach ihren jüngsten Erfahrungen mit der Wassermagierin Aniron, die ihren Geist besucht hatte, wollte das etwas heißen.
„Das grüne Leuchten und dann waren wir nicht mehr hier. Und diese Sprache der Pantherkrieger. Die habe ich noch nie gehört. Und dieses Monster am Boden“, sprudelten ihre Eindrücke aus ihr heraus.
Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie geglaubt, dass gerade nicht sie, Narzissmus, die Kontrolle hatte. Ihre Fassung war für den Moment vergessen und der Drang nach Antworten trieb sie an.
Dann blickte sie zu der Frau, die ebenfalls nur ein Auge hatte.
Turya, entnahm Chala den Namen der Amazone aus ihren Gedanken.
Wann hatte sie ihn gehört? In der Vision oder was auch immer es war? Dass der Torgaaner Onyx hieß, hatte diese Turya gesagt und Gundas hatte sich ihr vorgestellt. Blieb ein Name unbekannt, doch das würde sich beizeiten klären, wenn es nötig war.
„Habt ihr gesehen, was ich sah? Diese riesige schwarze Pranke…“
Geändert von Chala Vered (03.02.2025 um 16:49 Uhr)
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“Nein, keine Pranke, Kola. Nix war da. Duath hat erzählt und dann haben sie diskutiert. Es ging um einen toten Bruder und eine große Katze. Duath war wütend auf den toten Krieger. Sie wollten die Beute dafür für sich und Duath hat wohl zugestimmt. War aber nicht erfreut. Dunkle Wesen sind die Swart. Sowas wie von der Wilden Jagd, Kola.”, erklärte Onyx in seiner Muttersprache mehr konnte er auch nicht sagen und wissen.
“Es war nur ein Flüstern und ihre Lippen waren schwer zu lesen. So ein Monster hab ich noch nie gesehen und auch noch nie davon gehört. Swart…du Gundas? Du bist doch bestimmt hundert Jahre alt?”, fragte Turya frech. Gundas lachte auf und winkte ab.
“Nie. Schattenläufer ja. Einen Schattentiger habe ich auch mal gesehen. Aber sowas nicht. Könnt ihr das wiederholen? Sind das Geister?”, fragte der alte Jäger.
“Meister Wolf und Meister Rabe noch nie gesehen Steintafel. Sie aber vergleichen mit Steinkreis, wo Wissen versteckt. Sie gesagt sein Magie was sein in Tafel. Was Tafel gesehen mit Magie, das sie nicht vergessen. Wie? Keiner wissen. Noch nicht wissen. Sein Geist und auch nicht Geist. Stück von sich vielleicht gelassen drin. Sein Rätsel.”, erklärte Onyx in der Gemeimsprache und besah sich die Tafel.
Sie gehörte ihn. Er war ein Hüter der Olvara.
“Hätten wir noch grünes Erz, würde es vermutlich gehen. Geladenes grünes Erz.”, meinte Turya.
“Oder Steinkreis. Das Onyx Erfahrung. Wie laden Erz auf?”, fragte er Turya.
“Kalad der Kleine hat es mit seiner Magie geladen. Der Effekt mit dem Feuer war aber nicht da. Ein anderer meinte, dass das Erz bei Vollmond wieder mehr schimmert. Aber das weiß keiner. Werden wir wohl testen müssen.”, meinte die Amazone.
“Dann hab ich keine Fragen mehr. Ich denke bald dürfte Valad eintreffen. Sie wollten am Abend eintreffen. Wenn es mies läuft, dann am Morgen. Ich halte gern die erste Wache. Nehmt euch was von den Trockenfrüchten und Zwieback. Das reicht eh nicht für die nächsten Tage.”, bot der alte Jäger an und dann legte er etwas ins Feuer nach. Die anderen Drei blieben am Feuer.
Onyx murmelte Merksätze für das Rezept und besah sich die Tafel. Kiyan war gerade auch mehr für sich und Turya fragte Chala nach den Aktivitäten des Jadewolfs.
Vielleicht um Kiyan etwas eifersüchtig zu machen.
“Kiyan - es ist genug da in dieser Welt. Hast du übrigens gut mit der Riesenspinne gemacht. Du taugst für gemeinsame Angriffe. Ruh dich darauf aber nicht aus.”, lobte sie. Onyx grunzte zustimmend und dann wiederholte er seinen Merksatz flüsternd.
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Hin und wieder zurück #10
“Die Orks haben begonnen, die kaputten Mauern zu reparieren und nisten sich dort ein wie eine elendige, alte Tooconda in einer Ruine. Ihr Schiff segelt bald los und drei Mal können wir darauf wetten, was sie zurückbringen.”, erzählte Valad der Ältere und trank dann aus seinem Trinkschlauch.
Valads Kommando war bei Morgengrauen am Strand aufgetaucht, gab Zeichen und kletterte dann hoch.
Oben stellten sie sich dann noch einmal kurz vor. Valad der Ältere von der Fuchssippe hatte einen ergrauten Backenbart und das typische kastanienbraune Haar der Füchse. Nur seine Halbglatze stach hervor, die er aber im Einsatz mit einem Kopftuch verbarg.
Er wirkte ernst, zornig und in Trauer über seinen Neffen. Aber gleichzeitig gab er den Kommandoführer.
Vlad und Golin waren nur etwas jünger als Valad selbst. Vlad war ein wenig blass um die Nase, recht still und gehörte zu der wirklich unscheinbar wirkenden Sorte von Waldläufer und Mensch. Das konnte aber auch nur Täuschung sein.
Golin war klein, wuchtig, laut, kahlköpfig und hatte Hände wie ein Ork. Axt und Schild komplettierten den Waldläufer, wie Blitz und Donner ein Gewitter.
“Vlad hat Skizzen angefertigt. Von Setarrif in den Dschungel nutzten sie zwei Routen und haben da Markierungen gemacht. In der Stadt selbst waren wir kurz. Solange es noch möglich war. Haben aber nur den großen Brunnen gesichtet, den sie nutzen und festgestellt, dass die Karrek und die aus den Nordlanden die Stadt untereinander aufgeteilt haben. Dann sind wir direkt raus. Orkhunde. Haben uns über die Dächer abgemacht und sind dann per Seil die Mauer an einer ruhigen Stelle runter. Sie hatten uns schon gewittert sagt Golin.”, erzählte Valad und blickte zu Gundas.
“Wenn du mir noch einmal in den Ohren von wegen Blutrache hängst, dann zieh ich dir alten Hammelbeine lang. Meine Sippe wird das mit den Orks hier schon regeln und wenn Mertens schlau ist, nutzt er dieses Momentum.”, sagte der alte Fuchs an und widmete sich wieder dem Rest von ihnen.
“Vlad wird die Skizzen kopieren und meine Notizen schreibe ich euch auch noch einmal ab. Danach brechen wir auf. Ich hole meinen Neffen und dann werden wir uns über die Schwarzen Schluchten und eine Bergpassage dann in die Höhle der Füchse durchschlagen. So haben wir es beschlossen. Für den direkten Bergpass wird es mit einem Leichnam zu schwer und den Spaß hatten wir schon zwei Mal.”, meinte der Fuchs.
“Du empfiehlst uns den Bergpass?”, fragte Turya.
“Nur den. Es sei denn, ihr kommt mit uns. Aber das ist nicht euer Auftrag und es ist nicht klug.
Ein Kommando muss durchkommen. Das ist die Regel. Durch Setarrif und in den Norden könntet ihr euch durchschlagen. Könnte klappen. Aber ihr hättet die Orks im Nacken - wenn sie euch sichten. Und das werden sie mit ihren Kötern. Der Bergpass ist gefährlich, aber auch der schnellste Weg. Hier meine ich aber nicht den Weg auf den bekannten Karten.
Die Orks haben einen eigenen Pfad. Den Anfang in Ostargaan haben wir in einer der Skizzen markiert. Sie schicken ihre Späher auf diesen Weg, damit sie möglichst schnell im Orkwald sind. Oft sind es Zwei, manchmal ein Späher. Verfolgt sie, haltet ihr Tempo oder legt einen der Bastarde um. Der Andere wird euch dann führen, wenn er vor euch flüchtet.”, schlug der Waldläufer vor und hatte einen Blick drauf, der deutlich machte, wie er den Späher jagen würde. Onyx hätte als dieser Späher auch Angst.
“Der Frieden den der Jadewolf vor Jahren geschaffen hatte, den gibt es nicht mehr. Orks sind Orks. Und wir sollten das tun, was wir Menschen am besten tun können. Mir gleich aus welcher Stadt sie kommen - ein Zeitalter von Axt und Schwert bricht erneut an und es wird genug Orks für uns alle geben. Wir müssen nur etwas zusammenarbeiten.”, meinte Valad.
“Onyx so sehen auch. Wir euch fehlen werden. Vielleicht beide Königreiche schnell reagieren und zerschlagen Orks bald. Vielleicht Schiff nie kommen an.”
“Vielleicht. Aber ich glaube, dass es nicht morgen schon vorbei ist. Diese Welt lacht einen nur aus. Bringt uns paar anständige Leute vom Festland. Und bloß keine Sippe. Wir Füchse sind da weg, weil sich alle Snappern oder Falken untergestellt haben.”
“Ihr Füchse habt aber auch immer euer Spiel getrieben.”, warf Turya ein.
“Irgendwas muss ja dran sein an den Füchsen in der Fabel, Turya von Hyr. - Wir machen uns jetzt fertig.”, sagte der graue Fuchs.
Onyx, Kiyan und Turya machten es genauso. Gundas gab ihnen noch jeweils eine dickere Decke für den Aufstieg mit und zeigte ihnen, wie man die Stiefel bei Schnee und Kälte besser umwickelt.
Chala hingegen schien hier noch eine Weile bleiben zu wollen und nahm das Angebot von Valad nicht an, einfach mitzukommen. Onyx bot dasselbe an, doch die Antwort blieb gleich. Damit würden sich ihre Wege vorerst trennen.
Es war früher Vormittag, da kletterten nach und nach sieben Menschen vom Waldvolk aus dem Höhlenversteck hinab und gingen dann noch gemeinsam zum Rand des Dschungels.
Valad übergab Onyx die Skizzen und Notizen und dann wünschte man einander viel Glück.
Valads Kommando zog durch den Dschungel zum zerstörten Lager, während sie selbst den Punkt aufsuchen würden, der zwischen Dschungel und Setarrif lag.
“Wir uns alle einig? Folgen Pfad von Orks? Jagen Orks?”, fragte der Hüne. Nicht um Zweifel zu äußern. Aber einfach, ob sie bereit wären, die Waldläufer-Sau rauszulassen und zu Gebirgsjägern zu werden.
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Die kalte Morgenluft lag noch schwer über der Stadt, als Curt seine Begleitung im Tempelviertel in Empfang nahm. Die Gruppe war bereit aufzubrechen, und die Straßen der Stadt wich langsam dem schmalen Weg, der in Richtung des nahenden Waldes führte.
Unterwegs, als sie den belebten Stadtrand hinter sich ließen, sollte Thelyron etwas über sich erzählen, doch der hochgewachsene Novize glaubte nicht daran, dass seine Geschichte wirklich interessant gewesen wäre. Vor Allem nicht für einen Magier des Feuers. Thelyron räusperte sich kurz, blickte einen Moment schweigend in die Ferne und antwortete dann in ruhiger, schlichter Weise: "Nun... ich wuchs als Sohn eines Jägers in Faring auf, doch bereits mit zwölf Jahren war ich auf mich alleine gestellt, als mein Vater bei der Jagd getötet wurde. Von da an arbeitete ich als Tagelöhner auf den Feldern nahe Montera. Na ja und irgendwann wurde ich von einem Feuermagier damit beauftragt, ihm allerlei Pflanzen und Pilze aus den Wäldern zu besorgen. Nemorath war sein Name. Ich lernte viel über die Verwendung von Kräutern, versuchte mich sogar mal als Barbier - aber mein Lohn reichte nicht aus, um die notwendigen Utensilien zu kaufen..."
Während Thelyron sprach, führte Curt die kleine Gruppe weiter über den verlassenen Weg, der sie zunehmend in den Wald hinausführte. Die geschäftigen Geräusche der Stadt verblassten, und allmählich trat der Klang des Windes durch die Bäume und das Knirschen des Laubs unter ihren Füßen an ihre Stelle. Der dichte Wald hüllte sie in kühle Stille, und die ersten Sonnenstrahlen brachen durch das Blätterdach, tauchten den Weg in ein weiches, goldenes Licht.
"Als Meister Nemorath davon erfuhr, dass auf der Insel Argaan noch weitere Novizen gebraucht werden, überzeugte er mich davon, den Pfad Innos' zu folgen und so kam ich hierher. Ich hoffe, eines Tages als Alchimist arbeiten zu können, so wie Meister Nemorath oder Meister Ventros. Deswegen verbringe ich viel Zeit in den Alchemielaboren und helfe, wo ich nur kann."
Thelyron ging neben Curt, seine Hände fest um den kleinen Rucksack geschlungen, in dem er die Ausrüstung und die wenigen Habseligkeiten trug, die ihm als Novize zustanden. Der Weg in den Wald lag vor ihnen, wie ein Versprechen auf Entdeckungen und die Chance, ihr Wissen zu erweitern, während sie sich von der Hektik der Stadt entfernten und in die beruhigende Umarmung der Natur eintauchten.
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Wildnis östlich von Thorniara
Curt ließ sich zu einem leichten Gähnen hinreißen, während er Thelyrons Worten lauschte, die dieser doch ziemlich nüchtern von sich gab. Das Feuer des Herren schien sich bei ihm nicht in Form flammender Reden zu manifestieren, sondern vielmehr als eine nützliche Brennerflamme im Alchemielabor. Der Magier konnte dem Novizen jedoch ansehen, dass sich seine Körpersprache veränderte, als sie die Stadt hinter sich ließen. Er wirkte jetzt aufmerksamer und zielgerichteter, sein suchender Blick war auf die Pflanzenwelt gerichtet. Er schien in seinem Leben schon viel Zeit in der Wildnis verbracht zu haben und sich darin wohlzufühlen. Das war ein gesunder Ausgleich zu den Arbeiten im Labor und Curt war ganz froh, jemanden dabei zu haben, der sich ein wenig in der Natur auskannte.
„Nemorath, soso.“
Curt hatte den Namen noch nie gehört, aber das musste nichts bedeuten. Die Jahre, die er in seinem Astralzustand verpasst hatte, hatten die Welt tiefgreifend verändert. Zumal Nachrichten vom Festland ohnehin sehr schleppend die Südlichen Inseln erreichten.
Mit einem wenig galanten Sprung überquerte Curt eine größere Pfütze, die sich auf dem Trampelpfad gebildet hatte. Die Kälte kroch ihm bereits unter den Mantel; er konnte es kaum erwarten, wenn Felia mit seiner Robe fertig war. Noch lieber wäre ihm bloß, wenn die kalte Jahreszeit bald vorbei war.
„Der junge Mann hat Ambitionen“, fuhr er fort, wobei der Satz eindeutig an Rüdiger gerichtet war - den Novizen, nicht den Esel. „Daran solltest du dir mal ein Beispiel nehmen.“
„Ich habe Ambitionen“, lamentierte Rüdiger, aber Curt unterbrach ihn direkt.
„Magier werden zu wollen und dann dabei zu versagen, sind keine Ambitionen, sondern Wunschträume, die einer maßlosen Selbstüberschätzung geschuldet sind. Du solltest dir lieber mal realistische Ziele setzen. Wie ist dein Wissen um die Feldarbeit bestimmt?“
„Nun ja …“ Rüdiger wischte sich mit dem Handrücken den Schnodder aus dem Gesicht. Auch er schien die Kälte unterschätzt zu haben. „Ich habe mich zumindest eine Weile um den Kräutergarten im Tempel gekümmert.“
„Na bitte, das entspricht schon eher dem, was ich dir zutraue.“
Curt konnte sich einen guten Job für Rüdiger auf den Weinplantagen der Zukunft zutrauen. Außerhalb der Stadt und außerhalb des Dunstkreises seines Meisters und ehemaligen Konkurrenten. Damit wären sicher beide zufrieden.
Der Wald lag vor ihnen, aber ein kleiner Küstenpfad führte auch nördlich daran vorbei in Richtung des Gehöfts von Bauer Hektor. Curt wandte sich etwas unschlüssig an Thelyron.
„Wo werden wir wohl den Eisendotterschirmling finden? Hier im Wald, im Gebirge oder eher unten an der Küste?“
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Dschungel
Gedankenverloren auf einem Stück Trockenfleisch kauend, lehnte Chala mit dem Rücken an der Wand der Höhle, welche sie von Gundas und den anderen Waldläufern als Lagerplatz übernommen hatte. Stille herrschte in ihrem Kopf und es war bereits nach den wenigen Wochen, seitdem sie aus Stewark aufgebrochen war, erdrückend. Die schnippischen Kommentare von Exzentrik, die ängstliche Neugier von Naivität und selbst die besserwisserische Art von Sorgfalt schienen Narzissmus zu fehlen, während sie ihren Blick ziellos über die Palmen außerhalb der Höhle wandern ließ. Wieso?
War sie sich nicht konstant am Beschweren gewesen, dass sie die anderen Teile ihrer Seele ausnutzen würde, solange bis sie sie nicht mehr brauchen würde? War es, weil sie alle am Ende doch eins waren, getrennt durch Schnitte in ihrem Geist, deren Ursprung sie nicht kannte? Philosophisches Gewäsch, womit sie sich nicht beschäftigen wollte. Viel präsenter waren die Probleme, auf die sie hier im Dschungel und bereits in der Schwarzen Schlucht gestoßen war.
Diese Gegend war sehr gefährlich und dadurch, dass sie von Varad und seiner Sippe gehört hatte, dass die Orks sich in den Ruinen von Setarrif eingenistet hatten, war sie eingekesselt zwischen der unwirtlichen Schwärze der Schluchten im Süden und den bestialischen Zweibeinern im Norden. Zu allem Überfluss war der Dschungel selbst eine grüne Hölle, in der ihr Unachtsamkeit zum Verhängnis werden konnte. Sie bezweifelte, dass die Anhöhe, auf der sie sich befand, auf ewig sicher sein würde.
Dazu kam, dass sie von der riesigen schwarzen Tatze träumte, die das gehörnte Monster in den Boden gedrückt hatte. Wie die anderen sie nicht hatten sehen können, war ihr ein Rätsel. Der Kerl mit Augenklappe hatte vollkommen über das geschwiegen, was er gesehen hatte, aber sie konnte es verstehen. Noch nie zuvor hatte sie so etwas erlebt und ihr war nicht nach Teilen gewesen.
Narzissmus?, hallte es plötzlich aus den Tiefen ihres Geistes, als wäre Empathie die Stimme aus dem Unterbewusstsein.
„Was willst du?“, fragte Chala mit leiser, fast feinfühliger Stimme, auch wenn die Worte brüsk wirken mochten.
Mich entschuldigen.
„Für was?“, fragte sie desinteressiert.
Es folgte keine Antwort.
„Spuck‘s schon aus!“, forderte Narzissmus genervt, doch im nächsten Moment überkam sie ein Gefühl, als würde man ihr den Boden unter den Füßen wegziehen, und sie stürzte.
Was macht ihr?, fauchte Narzissmus und wehrte sich, schlug und kratzte um sich, doch fand nichts um sich herum, außer der ominösen Präsenz der vier anderen Chalas.
Na los, wir halten sie hier, scheuchte Exzentrik auf.
Verstanden, antwortete Sorgfalt und schien sich zu entfernen.
„Oh, es hat uns wohl kurzzeitig das Bewusstsein verlieren lassen“, murmelte Sorgfalt, als sie die Augen aufschlug und sich orientieren musste.
Es war später Nachmittag, die Sonne brannte golden auf die großen Palmenblätter und das Rauschen des Meeres, dessen Wellen sanft über den schwarzen Strand rollten, war bis hinauf zur Höhle zu hören.
Hat es funktioniert?, fragte Naivität nervös.
„Ah, es ist also genauso, wie wenn ich nicht in Kontrolle bin“, stellte Sorgfalt fest, als sie die Worte wie die Gedanken einer anderen Person wahrnahm, „Ja, ich denke, es hat funktioniert.“
Ihr hättet mich die Kontrolle übernehmen lassen sollen, maulte Exzentrik.
„Wir haben doch darüber gesprochen und abgestimmt“, erinnerte Sorgfalt sie und spürte den Widerstand langsam abflachen. Gut.
Was glaubt ihr, was ihr da macht!, brach Narzissmus Stimme durch und die anderen drei Chalas in ihr hatten Mühe sie einzudämmen.
„Nun, was wir machen müssen, bevor du uns alle umbringst“, versuchte Sorgfalt es sachlich, „Du hast uns bereits hierher gebracht und hast mit deinem Vorhaben, unsere Erinnerungen für dich nutzen zu wollen, genug Schaden angerichtet. Wir sind zusammen eins und nicht eine von uns sollte versuchen auszunutzen, was die anderen ausmacht.“
ICH war es, die uns überhaupt am Leben erhalten hat über all die Jahre!, spie Narzissmus giftig aus.
„Ach, und wer hat im Hafenviertel von Thorniara zwei Jahre lang überlebt? Wer hat am meisten Informationen über unsere Heimat? Wie sind so viele verschiedene Einträge im Tagebuch entstanden, wenn du es warst, die uns am Leben erhalten haben willst, wenn jede von uns ihren Anteil daran hatte? Zusammenarbeit ist unsere beste Option und du stehst dem im Wege. Also mussten wir dich vorerst zurückhalten“, erklärte Sorgfalt ohne abwertend oder richtend zu klingen.
Wir können sie nicht weiter hinabziehen, warnte Empathie.
„Nicht nötig, sie wird schon einsehen, dass wir Recht haben. Außerdem brauchen wir sie, wenn wir hier wieder wegwollen. Sie ist die Einzige, die kämpfen kann und am geschicktesten darin sich lautlos zu bewegen. Aber zuerst müssen wir einige Regeln und Konsequenzen etablieren.“
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Lehrling
Südliche Ausläufer des Gebirges, in der Nähe des Kastells der Schwarzmagier
„Höhenangst?“ Dion lachte. „Ich doch nicht! Ganz im Gegenteil! Zu Hause in unserem Dorf gab es auch eine Brücke! Ja gut, die ging nur über den Mühlbach … aber trotzdem! Da runterzupinkeln war immer lustig, und jetzt stell dir nur mal vor, wie das bei der Brücke hier sein muss!“
Voller Begeisterung ließ Dion Corsika stehen und lief zur Mitte der Felsbrücke. Auch wenn seine Blase inzwischen drückte wie verrückt – so viel Zeit musste sein!
Der Ausblick war atemberaubend. Weit unter ihm schlängelte sich ein felsiger Canyon entlang, auf dessen Grund Dion die Sonnenstrahlen in einem Rinnsal funkeln sehen konnte. Links und rechts türmten sich verwitterte Felswände in die Höhe. Knorrige Kiefern klammerten sich verbissen an das karge Gestein und rangen ihm irgendwie die letzten Nährstoffe ab, um in dieser rauen, trostlosen Umgebung ihr Dasein zu fristen.
Mit einem erleichterten Seufzer ließ Dion seinem Bedürfnis freien Lauf. Der goldgelbe Strahl glitzerte in den Strahlen der untergehenden Sonne und beschrieb einen weiten, eleganten Bogen, bevor er zu Tröpfchen zerfecherte, die irgendwo in den Tiefen des Canyons verschwanden. Es war in der Tat ein beeindruckendes Schauspiel, viel besser als der olle Mühlbach!
Zufrieden die Hose wieder hochziehend, watschelte Dion zurück zu Corsika, die aus irgendwelchen Gründen vor der Brücke stehen geblieben war und ihm den Rücken zugewandt hatte. „Bin fertig!“, verkündete er und schniefte. Seine Nase lief noch immer wie verrückt. „Wo gehen wir jetzt weiter? Über die Brücke, oder den anderen Weg entlang?“
Bevor Corsika jedoch zu einer Antwort ansetzen konnte, traf Timo die Wahl für sie – mit einem lauten, irgendwie auffordernd klingenden Meckern rannte er schnurstracks über die Brücke.
„Timo! Wo willst du hin?“
Der kleine Ziegenbock, der schon das gegenüberliegende Ende der Brücke erreicht hatte, drehte sich um und schaute Dion an. Dann hob er den Kopf, als wollte er mit der Schnauze auf etwas deuten. Dion schaute in die entsprechende Richtung, und da sah er es: Das finstere Kastell, das nicht mehr weit entfernt über ihnen auf dem Gipfel einer Klippe thronte! Das Gemäuer wirkte pechschwarz und drohend, ein Gebäude wie aus einer anderen Zeit, mit zahllosen spitzen Türmen und Erkern. Dunkle, rötlich glühende Wolken, in denen ab und an Blitze zuckten, türmten sich hinter dem Kastell und vervollständigten die Kulisse. Dion sog entsetzt die Luft ein.
„Oh, bei Innos, Corsika! Sag mir bitte, dass wir nicht DA hin wollen!“
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Dschungel
Egal wie sehr Narzissmus versuchte sich gegen die anderen Chalas durchzusetzen, Drei gegen Eins hatte sie keine Chance, da offenbar jede von ihnen die gleiche Menge an Einfluss und Kraft besaßen, wenn es um ihre gespaltene Seele ging.
Ist ja gut!, knurrte sie schließlich und hörte auf sich wehren zu wollen.
Selbst wenn sie versuchen würde sich durch den Überraschungsmoment wieder die Kontrolle anzueignen, konnten die anderen sie einfach wieder tiefer in das Bewusstsein ziehen, bis eine der anderen die Kontrolle übernahm. So wie sie es sich derzeit vorstellte, war die Chala die vorherrschende Persönlichkeit, welche dem oberflächlichen Bewusstsein am nächsten war, während jene, die sich zurückzogen gen Unterbewusstsein glitten, wobei es sehr schwierig wurde die Gedanken dieser Chala wahrzunehmen. Immerhin hatte sie nichts davon mitbekommen, wie die anderen sich gegen sie verschworen hatten.
„Wir haben uns nicht gegen dich verschworen“, meinte Sorgfalt emotionsbefreit und hatte damit bewiesen, dass die Gedanken jeder einzelnen von ihnen nicht geheim waren, solange man sich nahe dem oberflächlichen Bewusstsein befand, „Und ja, das ist eine zutreffende Erkenntnis deinerseits. Aber keine Sorge, selbst wenn du es früher verstanden hättest, wäre es hierzu gekommen. Denn wie du schon festgestellt hast, hält jede von uns die gleiche Menge an Einfluss über unseren Körper und wenn sich zwei oder mehr von uns verbünden, hat eine Einzelne keine Chance sich zu wehren. Und damit komme ich auch schon zur ersten Regel, die wir aufstellen müssen: Die Mehrheit zählt! Wenn sich mehr von uns für eine Sache aussprechen als dagegen, wird sie angegangen. Wenn du, Narzissmus, dich dennoch weigern solltest, dann nehmen wir dir die Kontrolle. Und ja, wir wollen, dass du die meiste Zeit die Führung übernimmst. Wir waren uns einig, dass dein Pragmatismus und Selbsterhaltungstrieb uns am meisten nützen werden bis wir einen Weg gefunden haben, die Scherben unserer Seele wieder zusammenzufügen.“
Eine lange Ansprache, doch Narzissmus konnte nur zuhören und musste sich darauf einlassen. Denn Sorgfalt hatte mit allem, was sie gesagt hatte, Recht gehabt. Ihre Pläne zerbrachen in diesem Moment, doch sie würde nicht wieder der Verzweiflung anheimfallen.
Ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Aber ihr seid wohl alle ein Teil von mir und ich von euch. Da verwundert es mich nicht, dass ihr ideenreich seid. Und Erpressung? Damit kann ich arbeiten, gab sich Narzissmus interessiert und investiert.
Exzentrik schnaubte belustigt.
Tja, du magst die Pragmatische von uns sein, aber was Intellekt und Charme angeht, darfst du dich gern hinter mir einreihen.
Hätte Narzissmus ihre Augenbraue skeptisch anheben können, hätte sie es in diesem Moment getan.
„Etwa so?“, fragte Sorgfalt mit dem Anflug eines Schmunzelns und hob an Narzissmus Stelle die Augenbraue.
Ha! Du bist ja doch nicht so gefühlsleer, wie du wirkst, grinste Narzissmus innerlich.
Sorgfalt erwiderte darauf nichts, sondern ging über in weitere Erklärungen, wie das gemeinsame miteinander im selben Körper zukünftig laufen würde.
„Zweitens“, Chala hob Zeige- und Mittelfinger an, „Jede von uns spricht es an, wenn sie Bedenken hat und wir beraten darüber, wenn die Situation es uns erlaubt. Ich werde so gut wie mir möglich dafür sorgen, dass jeder seine Ansichten darlegen kann. Das heißt, wenn ihr euch ins Unterbewusstsein zurückzieht und stumm und taub für alles um euch herum werdet, dann schadet ihr uns allen. Das gilt besonders für dich Naivität. Deine Meinung zählt ebenso stark wie die der anderen.“
Ich… ja, ist gut. Aber ich weiß oft nicht, was wir machen sollten. Ihr entscheidet viel schneller als ich, quiekte Naivität entschuldigend.
Mach dir keine Sorgen, wir warten, wenn du deine Gedanken erst sortieren müssen, nicht wahr?, meldete sich nun auch Empathie zu Wort und wandte sich warnend an Narzissmus und mit leichter Verzögerung ebenso an Exzentrik.
Sie verhält sich wie ein Kind…, wollte Narzissmus aufbegehren, wurde jedoch von Exzentrik unterbrochen.
Ja klar, wenn die Situation es zulässt, kannst du dir überlegen, was du willst.
Aus irgendeinem Grund schien ihr keiner die unbeschwerte Art in diesem Moment abzukaufen, doch ihre Gedanken logen nicht.
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Dschungel
„Drittens. Jede von uns hat offensichtliche Stärken, die in verschiedenen Situationen ausschlaggebend sein können. In dem Fall überlassen wir derjenigen von uns die Kontrolle, die am besten geeignet ist. Exzentrik wenn es um kreative Lösungen und… Männer geht?“
Sorgfalt wirkte verwirrt, als sie die Gedankenströme Exzentriks auffing.
Ich bin nicht sonderlich wählerisch, meinte sie schlicht mit einem breiten Grinsen, was vor ihrer aller innerem Auge aufblitzte, und selbst Narzissmus fühlte sich für einen kurzen Moment überstrahlt, als sie die Leidenschaft in Exzentrik buchstäblich fühlen konnte.
„Gut, ehm, wie ich schon sagte, Stärken! Empathie übernimmt, wenn es darum geht andere zu unterstützten, Naivität, wenn es darum geht zu…“
Ich muss nicht die Kontrolle haben, wehrte sich das vermeintlich junge Mädchen im Körper einer erwachsenen Frau.
„Du solltest ab und an trotzdem die Kontrolle übernehmen. Vielleicht nutzt es uns, um einen Weg zu finden, wieder zu einer Persönlichkeit zu werden.“
Ob wir jemals eins waren?, fragte Empathie mit besorgter Stimme.
„Das gilt es herauszufinden und deshalb müssen wir, wie Narzissmus es ursprünglich bereits vorhatte, unser Wissen vereinen.“
Das ließ Narzissmus aufhorchen.
„Ja, wir sollten über unsere Erinnerungen sprechen, aber nicht, damit eine Einzelne so tun kann, als wäre sie Chala mit all ihren Erinnerungen, sondern um ein Muster zu erkennen, wie es dazu kommen konnte, dass es mehr als eine Chala gibt. Dadurch finden wir vielleicht einen Weg, wie wir rückgängig machen können, was immer mit uns passiert ist.“
Glaubst du wirklich, dass es einen Weg gibt, unsere Seele wieder zu einen? Wir wussten bis vor Kurzem nicht einmal, dass es andere neben uns gibt, fragte Empathie besorgt.
„Du hast Wassermagierin Aniron doch auch gehört. Sie hatten bisher noch keinen solchen Fall. Außerdem hat sie uns eine Chance gegeben, indem wir nun den Bahnen, die ihre Magie in unserem Geist hinterlassen hat, folgen können.“
Also… wer fängt an zu erzählen?, fragte Narzissmus ungeduldig, scheinbar völlig vergessen, dass sie nicht mehr die Kontrolle über den Körper hatte.
„Ich würde den Anfang machen, denn ehrlich gesagt, ist Thorniara das Einzige, woran ich mich erinnern kann. Es war hart und undankbar. Durch Armenspeisungen habe ich mich hauptsächlich ernährt, musste häufig mit finsteren Gestalten Auseinandersetzungen führen, die fast nie gut ausgegangen sind, bis ich gelernt habe ihnen aus dem Weg zu gehen.“
Chala deutete auf eine Stelle an ihrem Oberschenkel.
„Hier habe ich eine physische Erinnerung von der Zeit.“
Die Narbe ist von dort? Und ich dachte, ich hätte vergessen, wo ich sie mir zugezogen habe, war Narzissmus überrascht.
Das klingt nach einer schlimmen Zeit, teilte Empathie ihr namensgebendes Mitgefühl.
Ich hätte solche Angst gehabt, gab Naivität zu.
„Ich kannte ja nichts anderes und habe mich damit arrangiert. Glücklicherweise wusste ich wie man schreibt und hatte unser Tagebuch, von dem ich mir vieles erschließen konnte. Unsere Heimat, wieso es uns fortgezogen hat und dass die Zweifel von mehr als einer Persönlichkeit in unserem Körper schon viele Jahre Bestand hatten. Es scheint also, dass gewisse Dinge jede von uns beherrscht. Jedenfalls kam ich anhand der Gegenstände, die ich bei mir trug und der Texte im Buch recht schnell auf den Gedanken, dass ich einfach meine Erinnerungen verloren hatte. Doch die verschiedenen Handschriften machten mich stutzig. Hatte ich bereits mehrfach mein Gedächtnis verloren und im Wechsel? Unwahrscheinlich. Doch für mehr als eine starke Vermutung hat es nie gereicht, weswegen ich selbst einige Worte verfasst habe, die Narzissmus wohl gut für uns genutzt hat“, berichtete Sorgfalt knapp, was sie wusste.
Und knapp war es wirklich, denn ungefähr zwei Jahre lang hatte sie im Hafenviertel von Thorniara gelebt und sie wusste nicht, wie sie von dort entkommen war. Das bedeutete aus ihrer Sicht, dass eine der anderen von dort geflohen war.
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Ja, das war ich, bestätigte Narzissmus die unausgesprochenen Gedanken, Ich war es auch, die uns dorthin gebracht hat, gab sie zu, Ein Auftrag des Geheimbundes, den ich mich verschrieben hatte in der Hoffnung eine Stellung für mich auf dieser Insel zu erkämpfen. Doch all das ging den Bach runter. Joe verschwand und ohne sein Charisma und Durchsetzungsvermögen, ohne Ressourcen und ein klares Ziel vor Augen, verloren wir immer mehr Mitglieder und irgendwann war ich das Oberhaupt einer Ruine und einiger weniger verlorener Gestalten, die mich eine nach der anderen verraten haben, teilte sie einen Bruchteil ihrer Erlebnisse und ihrer Verbitterung.
„Das klingt, als hätte es viel Zeit in Anspruch genommen.“
Einen Großteil der Jahre, die wir hier auf der Insel sind, bestätigte Narzissmus und hatte sich scheinbar damit arrangiert von ihnen als Gemeinschaft zu sprechen.
„Also ist es, wie ich vermutete. Du warst am längsten von uns allen aktiv. Was ist das Erste, woran du dich erinnern kannst?“
Narzissmus schwieg. Die anderen konnten ihre Gedanken ohnehin wahrnehmen, doch gleichzeitig schien sich jede von ihnen einig zu sein, dass man die Chance zur aktiven Teilnahme am wohl seltsamsten Selbstgespräch aller Zeiten bekommen sollte, ehe man sich dazu äußerte.
Aranisa, die Schmiede dort. Keine Ahnung mehr, wie der Schmied hieß…
Tonpa!, half Naivität nach und freute sich, dass sie etwas beitragen konnte.
Ja… Tonpa. Jedenfalls lagen dort drei Wurfmesser und irgendwie hat mich die Versuchung gepackt und als er nicht hinsah, hab ich die drei Messer genommen und bin rausgerannt. Es hat sich so gut angefühlt. Als wäre ich stärker als der Schmied, besser…
Dabei war Tonpa immer so nett zu mir, klang Naivität traurig.
„Und davor? Nichts?“
Nein, wir waren zu der Zeit wohl im jungen Erwachsenenalter.
Und bereits schöner, als jeder andere auf Aranisa, seufzte Exzentrik verträumt.
„Was meinst du damit, Exzentrik?“
Na, hast du nicht die Blicke gesehen, die man uns zuwirft? Oder auf einer polierten Scheibe Metall dich selbst betrachtet?, fragte sie süffisant, Damals auf Aranisa habe ich ständig Komplimente bekommen, Baba hat Geschenke und Reichtümer von fahrenden Händlern angeboten bekommen, damit er mich mit ihnen gehen lässt. Selbst der stärkste Krieger des Stammes wollte mich heiraten.
Caizar?, fragte Empathie, Er ist ein Grobian und nicht von der hellsten Sorte.
Aber seine Muskeln…, schwelgte Exzentrik in Erinnerungen, die Naivität wohl besser verborgen geblieben wären.
Eugh!, stieß sie nur aus und zog sich etwas zurück in die Tiefe ihrer Seele.
Ach, stell dich nicht so an! Du wirst damit umgehen müssen, dass dein Körper jetzt erwachsen ist.
Das kann ich schon!, wehrte sich Naivität, Ich kenne Joe auch und Spike! Und, und, und… Ich war im Thronsaal vom König in Setarrif!
Ich wusste doch, dass mir einige Bruchteile fehlen, als ich mit Joe in Setarrif war…, dachte Narzissmus für alle wahrnehmbar.
„Setarrif und der König?“, fragte Sorgfalt überrascht.
Ja, ich wurde in die Akademie aufgenommen, vom König selbst. Aber vor euch kann ich wohl zugeben, dass es wohl daran lag, dass Joe für mich gebürgt hat. Nach seinem Verschwinden hatte ich nicht das Gefühl, jemals Teil davon gewesen zu sein. Und trotzdem habe ich erst vor weniger als einem Jahr entschieden, dass ich nicht länger mich selbst belügen darf. Ich habe durch andere schon genug Verrat erfahren. Allerdings hat es mich nur an einen anderen Ort gebracht mit anderen Problemen, in deren Mitte ich nicht sein wollte.
„Oh? Erzähl davon mehr, aber zuvor sollten wir uns anhören, was Empathie zu berichten hat. Von ihr wissen wir bisher noch nichts“, lenkte Sorgfalt das Gespräch auf die eher zurückhaltende Empathie.
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Dschungel
Ich erinnere mich ebenfalls an die Wurfmesser, gab Empathie mit offenkundigem Gram preis.
Das schien die anderen Chalas zu überraschen, war es doch der erste Fall, wo sich zwei von ihnen an dieselbe Sache erinnerten.
Ich sah sie dort liegen, aber ich wollte der Versuchung widerstehen. Doch danach erinnere ich mich nur noch daran, dass ich sie im nahen Dschungel in den Händen hielt und Schuldgefühle mich zerreißen wollten. Aber ich war zu feige, als dass ich sie zurückbringen konnte.
Kein Gedanke war zu vernehmen, als alle die Implikation dieser Erinnerung zu verstehen versuchten. Was bedeutete es, dass Narzissmus und Empathie sich beide am selben Ort zur scheinbar selben Zeit befunden hatten, während sie gleichzeitig völlig unterschiedliche Wahrnehmungen der Situation in Erinnerung hatten?
„Das ist eine wichtige Erkenntnis“, murmelte Sorgfalt ernsthaft, während sie versuchte eine Erklärung dafür zu finden, „Es könnte sein, dass zu dieser Zeit… oder?“, verlor sie den logischen Strang, dem sie folgen wollte.
Was würde es an unserer Situation ändern, wenn wir wüssten, ob dies ein wichtiger Moment war?, fragte Exzentrik ein wenig desinteressiert.
„Es könnte uns helfen zu verstehen, und wenn wir unsere Lage besser einschätzen können oder sogar herausfinden, wie es dazu kam, dass unser Geist gespalten wurde, dann besteht die Möglichkeit, dass wir Ansatzpunkte finden, wie wir den Prozess rückgängig machen können“, erklärte Sorgfalt und legte besonderes Gewicht auf die Wichtigkeit solcher Informationen.
Gibt es andere Dinge, an die du dich erinnerst, Empathie?, fragte Naivität überraschend.
Scheinbar teilten die beiden eine stärkere Bindung miteinander als zu den anderen. Verständlich, wenn man bedachte, dass Empathie sich am ehesten in Naivitäts Lage versetzten konnte.
Nicht viel, gab sie zu, Ich erinnere mich an kurze Abschnitte, kaum ganze Tage, wo ich an verschiedenen Orten war, die ich nie zuvor bewusst besucht hatte. Ehrlich gesagt fühle ich mich noch immer orientierungslos und ich muss darauf vertrauen, dass ihr anderen das Richtige tut.
Sie wollte glauben, dass die anderen Chalas ihre Werte teilten, doch sie ahnte auch, dass vor allem Narzissmus Vorstellungen hatte, die den ihren nicht gegensätzlicher hätten sein können.
„Es klingt so, als wärst du die meiste Zeit im Unterbewusstsein gewesen“, gab Sorgfalt eine überlegte Schätzung ab, „Sind alle damit einverstanden, dass wir es der Einfachheit halber zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein unterscheiden, statt von Kontrolle zu sprechen? Bewusst unseren Körper zu lenken oder eben unterbewusst mitzubekommen, was um uns herum geschieht.“
Was, wenn man sich so tief ins Unterbewusstsein zurückzieht, dass man stumm, blind und taub für alles weiter an der Oberfläche wird?, fragte Empathie, die darauf anspielte, wie sie sich beraten hatten können, ohne das Narzissmus es mitbekommen hatte.
„Die Leere? Nur ein Vorschlag und nicht sehr treffend, aber spontan habe ich keinen besseren Einfall“, schlug Sorgfalt entschuldigend vor.
Es ist treffend…, bestätigte Empathie, die dabei zu schaudern schien.
„Gut, es wird bereits spät und ich würde gern noch von Narzissmus‘ andere Erfahrungen erfahren, da sie offensichtlich mit Abstand am häufigsten von uns bei Bewusstsein war. Allerdings haben wir auch noch nicht viel von Naivität gehört. Du hast doch einige Anmerkungen zu Aranisa gemacht, nicht wahr?“
Ja, quiekte sie und wirkte nervös, weil die Aufmerksamkeit aller wieder auf ihr lag.
„Erzähl und, was du weißt, bitte.“
Was soll ich denn erzählen? Ich hab im Dorf auf Aranisa gelebt. Baba ist der Häuptling und Mama hat den anderen Frauen gezeigt, wie sie Muster in Stoffe weben können. Sie mochte mich nie sonderlich…
Das kann ich mir nicht vorstellen, versuchte Empathie sie zu beruhigen.
Ich schon, äußerten sich sowohl Exzentrik als auch Narzissmus wie aus einem Mund.
Ein kurzer Moment der Verwirrung und der Verbindung über eine Gemeinsamkeit einte sie.
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Wildnis östlich von Thorniara
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, während die dichten Baumkronen der alten Eichen und Buchen allmählich einen Schatten über den schmalen Pfad warfen. Thelyron blieb für einen Moment stehen, schaute aufmerksam in die Ferne, und atmete tief die kühle Luft des Waldes ein. "Wo werden wir wohl den Eisendotterschirmling finden? Hier im Wald, im Gebirge oder eher unten an der Küste?" fragte Feuermagier Curt und unterbrach damit die Stille, die sie umgab.
Thelyron beschleunigte seine Schritte, um zum Feuermaiger aufzuschließen, ehe er antwortete: "Der Eisendotterschirmling..." begann er "...wächst in einem besonderen Teil des Waldes, wo einige Felsbrocken verstreut liegen. Diese Felsen schaffen eine Art Mikroklima und bieten ein für den Pilz perfektes Gleichgewicht zwischen Feuchtigkeit, Belüftung und Schutz vor Winden. Je höher der Eisengehalt des Gesteins ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dort den Eisendotterschirmling zu finden."
Der hochgewachsene Novize machte eine kurze Pause, um nicht zu sehr in Begeisterung zu verfallen, bevor er weitersprach: "Manchmal sind sie schwer zu finden, weil sie oft in den Ritzen und Spalten des Gesteins wachsen, fast verborgen vor den Augen der meisten Menschen. Sie sind ein wenig wie die Felsen selbst – ein Teil der Landschaft, der erst auf den zweiten Blick sichtbar wird."
Er drehte sich zu Curt um, seine Augen hatten einen entschlossenen Glanz. "Doch sollte die Ausbeute hier nicht ausreichen, müssen wir uns zu den Ausläufern des Weißaugengebirges begeben. Dort gibt es weitere Stellen, an denen man die Pilze finden kann." Thelyron zog die Schultern zurück, als wollte er sich von den Gedanken an das Gebirge befreien, um den Moment wieder zu genießen. Der Wald um sie herum war ruhig, und das Knistern des Laubs unter ihren Füßen war der einzige Laut, der ihre Worte begleitete. "Ich hoffe, wir finden hier genug, ohne dass wir die gefährlichen Höhen des Gebirges aufsuchen müssen..." fügte er schließlich hinzu.
Die Gruppe setzte ihren Marsch fort, den Blick stets in die Ferne gerichtet, um die beschriebenen Felsbrocken ausfindig zu machen.
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