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    Ritter Avatar von Adson Muller
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    Adson Muller ist offline
    Adson betrachtete den Stock mit Argwohn. Er fasste sich anders an, als sein vertrautes Schwert. Gewohnheitsmäßig hatte er mit der rechten Hand zugegriffen und vollführte so ein paar Luftschläge, um die “Waffe“ einschätzen zu können. Dann nahm er den Ast in die ungewohnte linke Hand. Es fühlte sich komisch an und ihm fiel auf, dass seine Füße falsch herum standen. Er passte die Standposition an und führte die Waffe ein paar Mal vor dem Körper hin und her, dann ging er zum ersten Schlag über.

    Er führte einen simplen Hieb mit dem Ast aus, den seine Lehrerin leicht parierte. Die Hölzer knallten aneinander und ein leichter Schmerz stach in Adsons Handgelenk. Ärgerlich kniff er die Augen enger zusammen und schlug erneut zu. Wieder erinnerte ihn ein leichtes Stechen daran, dass diese Hand daran noch nicht gewöhnt war. Adson machte einen Schritt rückwärts und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor.

  2. Beiträge anzeigen #342
    Schwertmeister Avatar von Madlen
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    Madlen ist offline
    Madlen beobachtete ihre beiden Weggefährten, während sie Oie Dhubar den Sattel abnahm und ihn in Ruhe nach für ihn essbaren Futter suchen ließ. Im Anschluss sammelte sie einiges an feuchtem, aber möglicherweise brennbaren Holzes zusammen und schaffte es nach einigem Anlauf ein Feuer zu entzünden. Auch wenn es auch ohne die Hitze der Flamen warm genug war, so hielten sie die Gefahren der anbrechenden Nacht von ihrem Lager fern. Anschließend legte sie ihren Waffengürtel ab und lehnte diesen neben ihren Sattel an einen nahen Baum. Ein kurzer Schluck aus dem Wasserschlauch und danach begab sich die junge Frau in den Schneidersitz. Sie schloss die Augen und lauschte zuerst einige Zeit den Geräuschen ihrer Umgebung. Sie sammelte die Eindrücke und lenkte diese in ihr bekannte Bahnen. Die Stimmen von Sonja und Adson verschmolzen mit den Lachen wilder Tiere, dem Rauschen des Windes und dem Flüstern des Waldes. Und daraus wob die Fürstin eine Melodie. Zuerst summte sie leise, ehe sie in lauten Gesang überging.

    Des alten Waldes kleine Knospen
    zum Anbeginn der Zeit erblühen.
    Verteilt wird der Duft des Morgens
    über endlose Pfade durch nassen Morast.
    Erfüllt sind Wurzeln und Geäst
    von Lebenslust und neuer Kraft.

    Des jungen Waldes Blütenpracht
    sich langsam, jedoch stetig wandelt.
    Einst rosa Blätter, bilden weiches Fleisch.
    Einst weiche Stiele, sind nun harter Kern.
    Süßlich schmeckt der sanfte Wind
    welcher hüllt den Wald in langes Kleid.

    Des alten Waldes bunter Mantel
    legt sich nieder auf dunkle Erde.
    Lautes Kreischen verkündet weit
    des Waldes Tisch sei nun gedeckt.
    Ein verzweifelter, letzter Kampf
    doch vergebens ist des Lebens Tat.

    Des totgeweihten Waldes kalter Hauch
    lässt Wurzeln und Geäst erschauern.
    Des Lebens Bruder wandelt aufrecht,
    mit erhobenen Haupt über alten Pfad.
    Stark regiert Tod mit eisiger Härte
    und doch wartet der Hoffnung Saat.

    Auf ewig verbunden in immer gleichen Kampf
    bilden Leben und Tod den ewigen Kreis.
    Niemand der obsiegt, niemand der unterliegt
    von nun an bis zum Ende aller Zeit.

    Es dauerte noch einige Augenblicke, ehe Madlen die Vernetzung mit ihrer Umgebung unterbrechen konnte. Doch schließlich gelang es ihr und sie kehrte in das Jetzt zurück. Die Eindrücke aus ihrem Kopf verschwanden und sie sah wieder Sonja und Adson, welche immer noch in einen Kampf verwickelt waren. Oder vielmehr schien es sich um ein Training zu handeln. Um die Zeit nicht sinnlos verstreichen zu lassen, holte die Bardin Aynur aus seiner Halterung und begann damit die Waffe zu schärfen, während sie weiter ihren beiden Gefährten zusah…
    Geändert von Madlen (08.12.2018 um 19:31 Uhr)

  3. Beiträge anzeigen #343
    Veteran Avatar von Onyx
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Onyx ist offline

    Baumkrone von Tooshoo

    Es gefiel hier Onyx. Schwarzwasser war damals trotz der geringen Größe laut und chaotisch. Hier nun aber war es nicht laut. Hier waren Leute die er mochte oder ihnen zumindest vertraute. Jeden Abend trafen sie sich alle hier oben in de gewaltigen Baumkrone, tauschten sich aus und planten den morgigen Tag. Man überanstrengte sich nicht mit Arbeit, aber man faulenzte hier auch nicht. So war es schon immer beim Waldvolk.
    Es ging langsam aber beständig voran. Am Anfang waren es nur Ricklens und Valgus Jagdkommandos, sowie der mächtige Jadewolf, irgend ein großer Glatzkopf der sich mit Holz auskannte und jene die sie noch befreit hatten. Letztere blieben nur so lange, bis sie wieder genug Kraft hatten. Dann wurden sie von Valgus' Leuten nach Westargaan zurück in ihr Dorf gebracht. Man würde wohl dort gut über sie sprechen. Zurück kamen Valgus' Leute mit einem weiteren Jagdkommando. Das von Mertens. Onyx kannte Mertens schon damals in Silden und Mertens war sowas wie die rechte Hand von Jarvo. Wenn es sowas wie einen Waldläuferhauptmann gab, dann war er es. Auf ihn hörten die Anführer der Jagdkommandos - ohne dass Mertens meinte sie von oben herab zu behandeln. Mertens Leute waren damals auch jene die in Schwarzwasser für Ordnung sorgten. Hier und da wurden sie natürlich geschmiert, aber nichts geschah vor Ort - ohne dass auch sie erfuhren was los ist. Man schmierte sozusagen zurück.
    Doch die Zeit war um und mit nun drei Jagdkommandos des Waldvolkes funktionierte es so langsam vor Ort. Die einen jagten, die anderen bauten und wieder andere spähten und besorgten.
    Onyx gefiel die Arbeitsteilung und ihm gefielen die ruhigen Abende hier oben. Das es früher nicht ging, dass jeder hier nach oben durfte, wurde ihm mehr denn je klar. Es hätte die Schönheit zerstört, wären all die Leute die nicht wirklich dazu gehörten, auch hier hoch gekommen. Stattdessen saßen sie in einem Kreis aus Bänken um ein Feuer, das in einer großen Pfanne brannte und mit seinen feurig lodernden Flammen einen schönen Kontrast zu den Erzfackeln ergab.
    Ricklen kam gerade mit Jilvie hinauf und erzählte, dass sie den 'Aufzug' hinauf gezogen hatten. Der Aufzug war ein simples, aber praktisches Konstukt aus mehreren Baumstämmen die man zusammen gebunden hatte. Ein kleiner Kran mit Winde hob und senkte das Konstrukt und erlaubte von der untersten Eben auf die begehbare Eben zu kommen.
    Einen anderen Weg gab es momentan nicht, da die Natur den einstigen Baumeingang so zugewuchert hatte, dass es kein Durchkommen gab.
    Onyx wusste, dass der Jadewolf da irgendwas spezielles gemacht hatte. Aber das teilte er ihnen nicht so mit.
    Man hatte sich mit dem Aufzug damit angefreundet und wahrscheinlich würden sie daran so schnell nichts ändern. Ein natürlicher Schutz gegen das was Nachts so im Sumpf umher kroch und auch durch das einstige Dorf Schwarzwasser schlich. Onyx sah es oder sie manchmal. Mal waren es Sumpfhaie, mal Echsenmenschen, mal Snapper und mal Dinge und Viecher die er nicht erkannte oder nicht erkennen wollte.

    Zoy spielte wie jeden Abend auf seiner Laute. Onyx verwunderte es, wie viele Lieder der Waldläufer so kannte, aber er meinte stets, dass er mit seinen vierzig Sommern von Nordmar nördlichsten Punkt bis zur Südspitze Varants gezogen war, jede TAverne Myrtanas mitsamt Wirt kannte und selbst in diesem sagenhaften Gorthar schon war. Ja, sogar in einem Land wo die Menschen furchtbar seltsam sprachen. Sie konnte kein H aussprechen und waren furchtbar arrogant. Aber feiern konnten sie und die Frauen waren die schönsten der Welt. Man trank die ganze Zeit Wein, selbst ein Bauer benahm sich in feinen Klamotten wie ein Herr und das ganze Land schien entweder betrunken oder im krieg mit anderen Ländern. Orlis oder so nannte es Zoy.

    Onyx nahm seine und eine weitere Schüssel mit dem Essen für heute Abend. Es war Sumpfreis mit Sumpfrattengeschnetzelten, das mit Kräutern und Gemüse verfeinert wurde.

    "Du besser auch essen. Du gut? Onyx beobachten dich. Nicht sein wie früher, heh? Onyx dir erzählen was, was andere noch nicht so alles gehört.", meinte der Hüne und gab Murielle die Schale.
    "Onyx sein von hier irgendwo. Irgend ein Insel. Alle sagen so, nur Onyx nicht erinnern. Onyx klein, wenn kommen auf Schiff. Mutter totgeschlagen, Vater mit Peitsche auf Knie gezwungen. Ganze Leute von Onyx. Auch Onyx Bruder Anjun. Schiff kommen an in Varant und da verlieren Vater. Vater gesagt nichts schlaues zu uns. Da nie wieder gesehen. Onyx mit Bruder sein Sklaven. Spüren Peitsche immer und wachsen zu Mann. Dann Anjun war schlau und wir hauen ab nach Khorinis auf Schiff. Leben nicht gut und wir gefangen. Onyx geworfen in Barriere. Anjun entkommen mit Rest von Bande. Barriere nicht schöne Zeit, aber ruhig. Wenn Barriere kaputt Onyx finden Bruder und alte Bande. Da lernen Onkel Conan lernen. Gute, verrückte Mann was haben nur Unterhose und Stiefel an. Wir schlagen durch Leben mit Onkel Conan. Werden wieder gefangen und geworfen in Kerker. Als Onyx raus, er suchen Bruder und Onkel Conan. Aber bis heute nicht gefunden. Onyx suchen in Myrtana und Sklave werden von Orks. Landen in Mine weil Onyx gut Schürfen. Mine fallen mit vielen Sklaven und Orks ein. Nur Onyx überleben viele Tage. Essen Fleisch von Ork und Mensch. Sein furchtbar, aber ich leben und andere nicht. Onyx dann frei und kommen zu Silden. In Silden Onyx dann finden Leute wie hier und erkennen das gehören hier dazu. Was Onyx wollen sagen...sein...alles hart und viel schlecht. Aber Leben auch schön und besser. Jetzt Onyx hier. Haben Freunde, haben seine Ruhe. Sein frei und leben wie gefällt. Wenn finden an ein Tag Bruder Anjun und Onkel Conan, dann alles gut. Am Ende alles gut. Und wenn nicht gut, dann noch nicht Ende.", erzählte er auf onyx'sche Art und beendete seinen Monolog, mit einem seltenen Grinsen bei dem seine perlweißen Zähne aufblitzten.
    Geändert von Onyx (24.07.2018 um 00:09 Uhr)

  4. Beiträge anzeigen #344
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Baumkrone von Tooshoo

    Ornlu hatte Spaß am Hämmern. Auch wenn er es gar nicht brauchte um Holz mit Holz zu verbinden. Doch die körperliche Arbeit und zusammen hier mit den anderen zu wirken, hatte etwas einfaches und verbindendes. Und so arbeitete man Tag für Tag und erneuerte die Hütten am Baum, tauschte faulige Seile aus und die Geländer innen und außen bekamen auch ein neues Gesicht. Für wahr dauerte vieles ewig, waren sie doch nur vereinzelnt echte Handwerker, aber sie wollten ja auch keine Schlösser errichten. Einfache Hütten die sich in das Gesamtbild des riesigen Baumes einfügten reichten komplett aus.
    "Und jetzt drauf hauen.", sprach Mertens, bevor Ornlu und Onyx mit großen Holzhämmern loshämmerten, um hölzerne Keile in die sich an den Enden überkreuzenden Balken zu treiben. Das sollte das Grundgerüst für einen besseren Aufzug werden, auf den sie durchaus mehr platzieren könnten.

    Ornlu legte gerade den Holzhammer ab, um den anderen beim Heben des Gerüsts zu helfen, da landete ein dunkler Rabe auf dem Gerüst. Und einen AUgenblick später ein Zweiter und Dritter. Kurz darauf war es ein Dutzend und während sich alle fragten was nun los sei, drehte sich Ornlu um und verneigte sich vor einem alten Freund. Corax lebte seit ihrer Ankunft mehr in den tieferen Sümpfen und erforschte die alten Ruinen oder besuchte den Eremiten, der an sich nun der Herr der Sümpfe war.
    Ab und an hatte er sich damals im Dorf blicken lassen, aber zumeist wollte er für sich bleiben.
    "Bewahret!", grüßte er in seiner nicht mehr neu wirkenden Kleidung. Sie passte aber zum Raben-Druiden und wirkte natürlich eindrucksvoll. Alle grüßten zurück, ehe Corax und Ornlu sich doch freundschaftlicher begrüßten und Corax den Wolfsdruiden bat unter vier Augen zu reden.

    "Was gibt es? Bist du mit dem neuen Zauber voran gekommen?", fragte Ornlu. Corax verneinte. Er habe Fortschritte gemacht, aber es würde noch etwas fehlen, was das alte Waldvolk hier weder im Steinkreis noch in den Ruinen zum Verständnis hinterlassen hatte. Der Zauber war eine Entdeckung nach der großen Schlacht im Sumpf. Ein Zauber der nur von der Natur kommen konnte und mehr war als ein typischer Zauber dieser Region. Corax holte aber ein Stück Pergament hervor, auf dem jemand was geschrieben hatte.
    Ornlu zuckte mit den Schultern, denn lesen konnte er es nicht wirklich. Er konnte zwar die Buchstaben erkennen, aber daraus ein Wort bilden ging nicht. Ging nie.
    Corax erklärte dann Ornlu, dass ein Rabe vor einem Tag bei ihm erschien. Umhergeirrt wäre das Tier, bis es ihn endlich erreicht hatte. Mehr Zufall war es, dass er eher das Tier, statt das Tier ihn gefunden hatte.
    "Die Nachricht ist aber an dich.", sprach er und blickte gedankenvoll auf.
    "Erzähl doch endlich...", bat Ornlu.
    "Ein blonder Mann in Stewark hat den Raben gesandt und die Nachricht geschrieben. Maris sagt dir was?", fragte der Rabe.
    "Ja. Das Löwenjunge...wir sprachen einst über ihn.", sagte der Wolf und war gespannt.
    "Das Löwenjunge hat ein weiteres Junges bekommen...."
    "Der Kerl kanns nicht lassen die gute Aniron anzuspringen... - ich werde sie besuchen. Sind sie in Stewark?"
    "Ja, aber da ist noch was, was du wissen musst. Versprich mir aber, dass wir zusammen aufbrechen. Sie ist auch eine gute Freundin von mir.", sagte der Rabe. Ornlu stockten der Atem und wohl auch der Herzschlag. Seine Beine wurden schwer wie Blei und seine tierischen Augen wurden groß. Er spürte was Corax sagen wollte, was Maris berichten wollte - was so offensichtlich war.
    "Suzuran...", flüsterte er und durchlebte in Gedanken unzählige Bilder ihrer gemeinsamen Zeit. Ewigkeiten hatte er sie nicht mehr gesehen und doch erinnerte er sich an jedes Detail an ihr, als wäre es noch eben gewesen. Nie hatte er sie vergessen. Nie seit ihr eine andere begehrt.

    "Es geht ihr nicht gut. Die Wassermagier kümmern sich um sie, aber Maris schreibt, dass nur du helfen kannst."
    "Und das werde ich! - Wir! Sofort! Ich hoffe du bist bereit?", sagte der Druide zum anderen Druiden. Corax nickte und es war nur noch an Ornlu zu sagen, dass man aufbricht. Der erklärte dem Rest, dass er nach Stewark müsse und rannte dann schleunigst gen Baumhöhle, um seine Sachen mitzunehmen. Unten angekommen durften die anderen bestaunen, wie beide Druiden ihre Kräfte weckten, magischer Wind aufkam und sie dann so schnell wie der Wind selbst gen Orkwald rannten oder mehr getragen wurden, als ob sie selbst nur schwer wie fallende Blätter wären. Windläufer...

  5. Beiträge anzeigen #345
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Baumkrone von Tooshoo

    "Ich hoffe die beeilen sich...", murrte Corax und sah sich etwas unruhig um. Nacht war es und sie waren im einstigen Schwarzwasser angekommen. Ornlu wollte es so. Er wollte nicht bis zum Morgen warten. Viel zu lange hatten sie für sein Empfinden mit Suzuran gebraucht, um bis hierher zu kommen - auch wenn es im Grund dank der Magie viel schneller gegangen war, als es sich Menschen vorstellen konnten.
    "Hast du Angst?", fragte Ornlu leicht grinsend.
    "Nicht so viel, wie du vor einem Teleport.", konterte sein einstiger Schüler.
    "Es war viel zu riskant mit ihr. Wir wissen ja nicht ob irgend eine fremde Magie sie noch beeinflusst...", meinte Ornlu.
    "Ich erinnere mich noch an einen meiner Meister der die halbe Zeit der magischen Ausbildung erzählte, wie gefährlich doch Teleportationen sind und wieso er sie einfach nicht mag. Gib es zu...", sagte der Rabendruide.
    "Wenn du dich dann nicht mehr wie ein kleines Mädchen umschaust...dann ja. Corax wir beiden haben schon Schlimmeres bekämpft, als das was hier herum kriecht. Wachsamkeit und Respekt vor der Gefahr - ja. Angst...niemals.", sagte der Wolfsdruide und widmete sich Suzuran. Dann blickte er auf, weil sich oben Erzfackeln bewegten und prompt ein paar Augen hinab blickten. Corax schwächte sein Lichtab, damit sie erkennen würden.
    Momente später sicherten zwei Schützen ab und man ließ die Winde herab, damit sie Tooshoo betreten könnten.

    "Auf mein Freund.", sagte Ornlu und blickte zu dem Ding, das Suzuran trug. Es war ein großer Baumstumpf, der dank Magie ein Eigenleben besaß und sich auf elf Wurzeln sehr geschickt zu bewegen vermochte und gleichzeitig mit weiteren Wurzeln die Druidin gut in sitzender Position fixierte. Dank des niedrigen Schwerpunkts war dies eine sehr sichere und angenehme Fortbewegungsmethode.
    Es wirkte als würde sie auf einem hölzernen Thron sich fortbewegen. Dabei war es Ornlu der alles lenkte.

    "Das ist doch...", sagte Jarvo, der Anführer des argaanischen Waldvolkes der mittlerweile auch hierher eingetroffen war, als sie oben angekommen waren.
    "Ja, sie ist es und es geht ihr nicht gut. Aber sie lebt und wir werden ihr helfen. - Schön dich zu sehen, alter Freund.", grüßte Ornlu den Waldläuferanführer und umarmte ihn freundschaftlich.
    Natürlich waren auch alle anderen die nun den Baum bewohnten mittlerweile da und verglichen mit seiner Abreise waren sie nun gut doppelt so viele.
    "Bewahret, Freunde. Wenn ihr erlaubt, werde ich Suzuran an einen bequemeren Ort bringen. Morgen sollt ihr mehr erfahren. Wir sind müde.", sprach er zu den Leuten und gab dem wandelnden Baumstumpf den Befehl nun hinauf zur Baumkrone zu schreiten.

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Baumkrone von Tooshoo

    "Hätte sie schwarzes Haar und schneeweiße Haut, bräuchte man nur noch einen Glassarg...", kommentierte Iun, als er und die anderen 'Wölfe' in Ornlus Baumhöhle kurz vorbei geschaut hatten. Sie waren endlich da und es tat gut, seine Leute bei sich zu haben. Sie waren freunde und Kampfgefährten. Eine Art Jagdkommando und doch recht frei - eben Wölfe irgendwie. Sie hatten Ornlu von der letzten Zeit die sie erlebt hatten berichtet, so dass der Druide ein sehr gutes Bild darüber bekam, was auf der Insel so los war oder eben nicht.

    "Glassarg? Hast du was Falsches geraucht?", fragte Ornlu.
    "Nein, nein...kennst du nicht die Geschichte über das Mädchen mit Haar wie Ebenholz und Lippen so rot. Sie aß vom Apfel und fiel in einen ewigen Schlaf. Sieben Zwerge bewachten sie und am Ende kam ein Prinz, küsste sie und sie lebten..."
    "...glücklich bis ans Ende ihrer Tage...Jaja...Iun der Träumer. Hast dir wohl ausgemalt wie dich auch mal ein Prinz küsst, heh? Überleg mal...wie viel gottverdammte Prinzen kennst du? Und wenn du welche kennst - wie viele haben es drauf? Ich meine so richtig. Wie ich! Oder ihr so ein wenig?", fragte Okam etwas süffisant. Iun schwieg und wollte erst gar nicht antworten. Schien ihm zu blöd zu sein mit Okam über sowas zu reden.

    "Ist doch nur ein Märchen. Die Wahrheit ist eine andere. So hab ich es von Runak gehört und der ist immerhin nach eigener Aussage fast 1000 Jahre alt. Früher waren die Innosanhänger noch etwas steifer wie heute. Also supersteif...hatten einen Baumstamm im Arsch. Frauen die Zaubern konnten oder fähig für Magie? Die wurden verbrannt. Nicht aber die Töchter von Adligen. Die kannst du nicht einfach so umlegen, ohne dass eine riesige Fehde unter den Adligen ausbricht. So hat man sie einfach in Türme gesperrt. Da war alles gut, weil sie eh nicht raus kamen. Die Türen gingen nur von außen auf oder wurden einfach zugemauert. Gefüttert hat man natürlich die Mädels. Aber wie es so ist, wenn man einen Menschen wegsperrt... - manche geben sich damit nicht ab oder werden verrückt. Besagtes Mädchen mit ebenholzfarbenen Haar war das eine oder andere...oder beides. Sie hatte irgendwann so langes Haar, dass sie sich abseilte und davon lief. In den Wäldern traf sie auf sieben Zwergwüchsige. Die wurden damals auch all zu gern als dämonische, widernatürliche Ausgeburten verfolgt. - Naja man tat sich dann zusammen und machte das wozu man gezwungen wurde. Sie wurden eine berüchtigte Räuberbande, die viele Innospriester und Paladine umbrachte, aber auch viele Verfolgte beschützte oder befreite. Am Ende wurde sie mit einem vergifteten Apfel umgebracht. Nicht von den Innosfürchtigen, sondern einer Adelstochter die wohl etwas verrückt war und zu viel Zeit in ihrem Türmchen damit verbrachte zu glauben, sie wäre die schönste Frau der Welt...sowie nebenbei alchem...na Trankbrauerei übte. Als die Zwerge das rausfanden, erschlugen sie die andere Frau und dann kam angeblich ein Paladin und legte die ganzen Zwerge um. Zum Schluss schlug er unserer Heldin mit ebenholzfarbenen Haar den Kopf ab und lebte glücklich bis an den Tag wo er den heiligen Märtyrertod in irgend einer unbedeutenden Schlacht gegen Orks verlor.", erzählte der Druide unter ihnen.

    "Scheiß Welt damals. Schweiß Welt heute.", kommentierte Okam.
    "Erscheint mir glaubwürdiger, wie das Märchen. Gewiss hat das gemeine Volk die Geschichte immer wieder erzählt und manches verniedlicht und manches komplett verändert. Am Ende ist nur ihr Äußeres die Wahrheit.", sinnierte Iun.
    "Also ich hätte den Zwergen damals auch geholfen...", meinte Vigo und paffte Apfeltabak mit einer beerig-süßen Note an seiner Pfeife.
    "Und mit em Mädel das Lager geteilt... - was schaut ihr so? Hätte jeder von uns getan, oder?", meinet Okam. Die drei anderen Wölfe nickten mit wölfischen Grinsen. Dann herrschte Ruhe. Vigo paffte, Okam trank, Iun stellte ein paar Jagdpfeile her und Ornlu saß einfach bei Suzuran und dachte über so manches nach.

    "Haut jetzt ab. Corax kommt bald. Wir müssen das Ritual vorbereiten. Ich erwarte euch dann später. - Als Wächter. Niemand soll uns stören, sobald der Dritte auch eingetroffen ist.", meinte der Druide dann nach einer Weile. Die Drei erhoben sich und verabschiedeten sich ohne große Reden zu schwingen.
    Ornlu war nun allein mit ihr und begann seine Vorbereitungen für das Ritual.

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    Dr. Spirituum Naturalium  Avatar von Maris
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    Am Fuß des Baumes - Hat er Essen gesagt?

    Skeptisch blickte er sich um, tat hier und da einen Schritt auf eine überwucherte Ecke zu, trat in diese und jene verfallene Hütte ein. Ein kurzer Überblick über die Lage, mehr nicht. Wenn er schon einmal hier war, wollte er über den Stand der Dinge am großen Baum auf dem Laufenden sein, und zumindest hier unten am Fuße des Baumes trat auch niemand hervor, um ihn daran zu hindern.
    "Mann mann mann, sieht echt scheiße aus hier..."
    Kein allzu fachkundiges, dafür aber zutreffendes Urteil. Es schien, als wäre Schwarzwasser abgeschrieben worden. Seit dem Zwischenfall mit der Dämonenbrut vor einigen Jahren war der Sumpf um Tooshoo zu wild, zu gefährlich geworden, um mit den wenigen verbliebenen Leuten solch eine Siedlung halten zu können. Trotzdem war es traurig, ansehen zu müssen, wie dieser Ort immer weiter verfiel und wieder von der ganz eigenen hiesigen Natur vereinnahmt wurde.
    Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn herumfahren. Eine Blutfliege hatte die Witterung aufgenommen und brummte nun zielstrebig zu ihm hinüber. Ohne sich sonderlich aus der Ruhe bringen zu lassen, streckte Maris die Hand in ihre Richtung aus und hob warnend den Finger. Das Tier verharrte auf der Stelle und wandte sich schließlich nach einigen Momenten stiller Verständigung ab. Das Aufeinandertreffen erinnerte den Wüstensohn daran, dass er nicht hergekommen war, um sich umzuschauen, sondern weil er für ein Ritual benötigt wurde. Er schulterte das Säckchen, das er mitgebracht hatte, und schlenderte wieder zum gewaltigen Stamm des großen Baumes hinüber.

    Es war Samhain - er konnte es in der Luft spüren. Die Übergänge zwischen den Sphären waren dünn an diesem Abend. Es wurde Zeit, dass er zu Ornlu und Corax stieß, um mit ihnen in die Zwischenwelt vorzustoßen - wann wäre eine bessere Gelegenheit dafür als heute?
    Als er an den Baum heran trat und das Gehölz über ihm nach Anzeichen von Besiedlung absuchte, fragte er sich, ob die kleine Gruppe, die nun hier lagerte, ein Fest abhielt oder ob dieses den Umständen geschuldet ausfallen musste. Irgendwo musste hier doch ein Weg nach oben sein! Er hatte keine allzu große Lust, den Baum wieder einmal erklettern zu müssen - es gab kaum eine schlimmere Zumutung!
    "Hallo, jemand da?", versuchte er sein Glück, das Gesicht nach oben gerichtet. Es wurde langsam zu düster, um sonderlich gut erspähen zu können, ob sich dort jemand befand - andersherum mochte das aber genauso gelten.
    Momentelanges Schweigen war die Antwort. War da leises Getuschel in den Zweigen zu hören?
    "Da ist einer."
    "Gerade heute! Sicher, dass es nur einer ist?"
    "Ich sehe genauso wenig wie du! Was machen wir jetzt?"

    Dann ertönte eine unsichere Frauenstimme.
    "Wer ist da?"
    "Euer Vorgarten sieht ungepflegt aus, Teuerste. Da hinten hat mich sogar eine halb verrottete Sumpfratte mit leuchtend roten Augen belästigt. Aber keine Sorge, ich bin nicht von der Gärtnerinnung. Der Name ist Maris, ich werde von Ornlu und Corax erwartet."
    "Maris? hab ich glaub ich schonmal gehört. Und Ornlu und Corax kennt er auch. Sollen wir ihn hoch lassen?"
    "Der kann doch sonst was erzählen! Der soll morgen wiederkommen, wenn es heller ist."
    "Was, ihn da unten lassen?"
    "Das könnte 'ne Falle sein. Willst du das riskieren?"

    "Heut kommt hier keiner mehr hoch!", rief ein junger Mann. "Komm morgen wieder!"
    "Ihr könntet auch einfach zu einem von den beiden gehen und nachfragen", schlug Maris vor.
    Keine Antwort. Dann musste wohl ein Strategiewechsel her.
    "Ich komme gerade aus Stewark. Habe Essen für euch mitgebracht. Ihr wollt doch gern essen - und zwar etwas anderes als Blutfliegenflügel - oder?"
    "Hat er grad Essen gesagt?"
    "Stark bleiben, Freiya, er will dich nur aus der Reserve locken!"

    Ein kurzes Zögern. Dann fragte sie vorsichtig nach.
    "Was für Essen?"
    Maris grinste. Essen zog immer, wenn man nichts Ordentliches bekam.
    "Naja, alles, was die Stewarker Ernte so hergibt. Obst, Gemüse, Brot. Fleisch..."
    "Was für Fleisch?"
    "Schwein, größtenteils. Das Eine dürfte ein Rinderbraten sein, der Farbe nach zu urteilen."
    Maris erhielt keine Antwort. Da stand er in der sich immer weiter ausbreitenden Dunkelheit, in einem Wald, der eine Öffnung zur Sphäre Beliars durchstanden hatte, am Abend von Samhain. Ein nicht allzu weit entferntes, garstiges Knurren aus der Dunkelheit erinnerte ihn daran, dass er hier definitiv nicht übernachten wollte.
    Er breitete nach oben blickend die Arme aus.
    "Darf ich jetzt, oder wie?"
    Gerade wollte er zu meckern beginnen, da setzte sich knarzend eine Mechanik in Gang und etwas Großes bewegte sich langsam durch das Geäst hinab.
    "Oh, eine Aufzugsmechanik? Na, das lob ich mir!"

    Etwas später hatte Maris den Sack mit Essen für die Bewohner Tooshoos an den jungen Rotschopf namens Freiya überantwortet und hatte sich nach oben in die Baumkrone vorgearbeitet, wo er nicht lange suchen musste, um Ornlu und Corax zu finden.
    "Salam, ihr beiden. Entschuldigt die Verspätung, aber ich wollte den anderen etwas Schönes zu Essen mitbringen. Veranstaltet ihr noch ein Ritual oder wollen wir die Gunst der Stunde direkt nutzen, da wir doch Samhain haben?"
    Geändert von Maris (31.10.2018 um 20:58 Uhr)

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Ornlu ist offline

    Baumkrone von Tooshoo

    "Heute feiern wir. Das sind wir den Lebenden und den Toten schuldig.", sprach Ornlu und begrüßte Maris mit grßer Freude. Fast hatte er gedacht, er würde doch nicht kommen. Aber nur fast, was es wiederum zu gar nicht machte, weil er es ja nicht vollkommen gedacht hatte.
    "Die Schleier zwischen den Sphären werden heute am dünnsten sein, aber auch in den nächsten Tagen noch genug für unser Vorhaben.", meinte Corax und hatte dann mehr Augen für das was Maris da gebracht hatte. Die Menschen hier oben - und das waren verhältnismäßig viele mit gut drei Dutzend - bestaunten die Dinge, die sie alle kannten und doch nicht hatten. Hier aß man was die Gegend hergab. Brot und Obst gab es so nicht. Die etwas berühmten Stewarker Äpfel sowieso nicht. Schnell wurde entschieden was damit getan wird. Alles Obst sollte aufgekocht werden und dann der süße Brei als Nachspeise verteilt werden. So war efühlt für alle was da, statt geviertelte Äpfel und Birnen.
    Das Gemüse und Schweineflesch landete im großen Kochtopf wo ausnahmsweise keine geraubten Kinder gekocht wurden, sondern die möglichst besten Sachen was das Tooshoo-Gebiet hergab mitsamt guter Kräuter und Gewürze. Die Köchin an diesem Tag konnte das zum Glück ganz gut. Nicht auszudenken was Onyx gekocht hätte oder diese Freiya. Der Rinderbraten wurde in hauchdünne Scheiben geschnitten und einem jeden auf den Teller gegeben. Das gute, mitgebrachte Brot wurde zum einfachen Fladenbrot getan, das an den Tischen verteilt war und beim gemeinsamen Essen gebrochen werden würde.
    Hier oben in der Baumkrone sah es schlicht und doch festlich aus. Erzfackeln leuchteten an den Rändern und in einem großen Tischkreis saß die ganze Runde, während im inneren dieses Kreises ein großes Feuer in einer hängenden Pfanne loderte und drumherum der große Kochtopf und manch Kleine platziert waren und an einem Spieß drei fette Sumpfratten gedreht gebraten wurden. Es erinnerte an einen Ort weit, weit weg wo ein widerspenstiges Dörfchen sich einem ganzen Imperium widersetzte. Dank eines Druiden, einen Zaubertrank und zwei Typen die nur Angst davor hatten, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.

    Die Tische waren einfach gedeckt und wie immer war ein Gedeck und ein Stuhl an einem jeden Tisch frei. Der Ehrenplatz für alle die tot waren oder vermisst wurden.

    Man hatte viel Energie dafür aufgewandt, all dies zusammen zu bekommen. Aber das war es wert. Einer der kein Barde war, aber eine lustige Singstimme hatte und wohl ab und an die Laute spielte, spielte diese auch in ruhigen Klängen und machte dann auch darauf aufmerksam, als es wohl Ornlu oblag alle zu begrüßen.

    "Bewahret! Viele Male stand ich nun hier. Einst in Silden, wo wir zehnfach und das zwei- oder dreifache davon mehr waren. Einst hier alleine mit Corax, Raminus und den Eremiten...." - sein Blick schweifte kurz zu den Mann in der blutigen Knochenmaske der der Hüter der Sümpfe war. Nur wenige wussten was auch er damals in den Sümpfen tat und welch Bürde er trug.
    "...aber auch einst mit allen bevor der Drache und die Echsen kamen. Heute sind wir nicht viele, aber weit mehr wie vor einigen Monden und selbst vor dem letzten Vollmond waren wir nicht so viele. Unsere Leute kehren zurück. Langsam - aber beständig. Das schürt nicht nur Freude, sondern auch Hoffnung. Viel haben wir schon erreicht und viel werden wir hier auf unserer neuen Heimat erreichen. Tooshoo beschützt uns und wir beschützen Tooshoo. Wir sind frei, können frei umherziehen und wissen, dass wir hier immer eine Zuflucht und Freunde haben. Vergesst das nicht. So wie niemand von uns vergessen darf, dass da draußen überall Menschen unseres Volkes sind die nicht frei sind, die noch keine Zuflucht gefunden haben, die wir vermissen, die wir suchen, die nicht mehr unter den Lebenden sind. Für all jene ist der eine freie Platz an jedem Tisch bestimmt. Auf dass sie hierher finden und nach dieser Nacht zu uns wieder gehören oder in dieser einen Nacht uns beiwohnten. Zum Abschied und für das Versprechen sich wieder zu sehen. Brüder, Schwestern...ihr Kinder des Waldes. Lasst uns speisen, lasst uns das vergangene Jahr feiern, das neue Jahr begrüßen, lachen und tanzen, auf die Toten und Lebenden anstoßen und Loblieder auf sie singen. Lasst uns allen Anfang und ein jedes Ende feiern. Lasst uns das Leben lobpreisen und die Erinnerung an alle die uns nicht beiwohnen bewahren. Bewahret!", wünschte Ornlu, streckte die Arme aus und alle Erzfackeln leuchteten grell auf.

    Als das Licht wieder schwand, stand neben dem Druiden der Eremit mitsamt dem Druidenstab des ersten der Druiden - die Blüte des Lebens. Der Eremit hatte dieses Mal die Ehre die Blüte des Lebens zu tragen und in den Schlaf zu schicken.
    Alle erhoben sich und es wurde sehr still. Der kalte Wind in Tooshoos immergrünen Blätterdach wehte hindurch und flüsterte etwas, wenn man genau zuhörte.

    "Mae lind, laer! Mae govannen, rhîw! - Der ewige Kreis des Lebens schließt sich. Der Zeit des Lebens folgt eine Zeit der Ruhe!", flüsterte der Eremit durch seine Maske. Leise und doch hörbar für alle.

    Der grüne Schein der Blüte wandelte sich langsam zu einem prächtigen, eisigen Blau. Sehr langsam bewegten sich die kristallenen Blütenblätter um sich zu schließen. Mit dem Schließen der Blüte wehte spürbar ein sanfter, warmer Wind um den Stab des Ersten auf und eine magischer Aura begann über die Welt zu ziehen. Wie das Flüstern einer Mutter, wie ein letzter Kuss zur Nachtruhe fühlte sich dieser warme Wind an. Ein letzter Gruß des Sommers. Bäume hörten den Ruf und ließen ihre letzten Blätter fallen. Tiere erwiderten den Gruß und ein jeder der mit der Natur war, spürte es in sich. Der Winter war da...


    Kurz darauf schritten die Menschen zum großen Feuer und warfen dort Dinge des vergangenen Jahres hinein oder gar Dinge mit denen sie einfach abschließen wollten. Ein kleiner Ritus auf den dann das große Gelage folgen sollte. Nachdem auch der Letzte wieder saß, eröffnete der imporvisierte Barde das Gelage mit einem altbekannten Lied über die Grüne Krähe zu Silden und es wurde getanzt, gegessen, getrunken, gelacht und natürlich mitgesungen. Auch wenn man so wenige war und manch Samhainfeste mehr Auswahl boten, konnte den Menschen niemand die Freude eines einfachen Festes nehmen.

    "Bei Suzurans letzten Samhainfest hatten wir davor einen Streit. Ich weiß nicht mehr worum es ging. Aber es zog sich hin, weil keiner nachgeben wollte. Als die Tänze begannen, ging ich auf sie zu und sie versuchte mich zu ignorieren. Doch sie konnte nicht und ich wollte nicht ignoriert werden. Ich packte sie, küsste sie weil sie es anders nicht verdiente und als ich losließ lachte sie nur und wir tanzten die ganze Nacht. Wir tranken und rauchten und liebten uns bis in den Morgen. Eine schöne Erinnerung.", erzählte Ornlu und goß der kleinen Runde mit Maris und Corax ein, sowie auch gleich Freiya und ihren Leuten. Dann setzte er sich zurück zu Maris und stieß mit allen Anwesenden an. Sumpfkraut wurde herum gereicht und die rothaarige Frau musste sogleich viele Tanzaufforderungen annehmen. Bei so wenig Frauen nicht verwunderlich.
    "...nächstes Mal sollte deine Frau und die Kinder auch hierher kommen. Vergiss nicht...damals hast du sie bei solch einem Fest gefragt und sie war auch noch so verrückt und hat ja gesagt. Verrückte Aniron!", meinte er grinsend. Corax fügte hinzu "Maris der Glückspilz." und leerte den Becher mit Sumpfbier, was ähnlich dem Kräuterbier aus Silden schmeckte und nur etwas mehr schäumte.
    "Auf Aniron und Maris! Und eure wunderbaren Kinder!"

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    Baumwurzel - Vor dem Ritual

    Das Fest zu Samhain war vorüber und die Natur war in ihren verdienten Winterschlummer verabschiedet worden. Normalität war wieder eingekehrt in der Krone des großen Baumes, und auch wenn traditionell einige Gerüchte von Eskapaden während der Feier die Runde machten - so hieß es zum Beispiel, die junge Freiya sei am nächsten Morgen nackt auf einem Wolfsfell schlafend gefunden worden (neben Theorien zu wilden Orgien mit anderen Jägern und wilden Tieren ging auch die glaubwürdigere Geschichte um, sie habe nach dem Genuss einiger Mengen Sumpfkraut testen wollen, ob an den Praktiken eines legendären assassinischen Sumpfkrautkonsumenten namens Sibur Narad etwas Erstrebenswertes zu finden war, der dem berauschenden Rauch regelmäßig nackt auf den Fellen diverser Tiere frönte) - ging doch alles wieder seinen gewohnten Gang.
    So hatten Ornlu und Corax beschlossen, dass es nun an der Zeit war, das Ritual zur Reise in die mysteriöse Zwischenwelt durchzuführen, um Suzuran aus ihrem unheilvollen Schlummer zu befreien.
    Es war bereits Abend, als Maris im zugewucherten Eingangsbereich des Baumstammes von Tooshoo zu der kleinen Gruppe stieß. Neben den beiden Druiden und der schlafenden Suzuran warteten auch zwei gut gerüstete Wächter mit Erzfackeln in den Händen, die Maris nicht näher kannte.
    "Na gut, dann wollen wir mal. Ich schätze, ihr Zwei passt auf, falls etwas schief läuft?", raunte der Nomade und konnte die Anspannung in seiner Stimme doch nicht ganz verbergen. Einer der Wächter nickte nur entschlossen, bevor sie sich durch einen Gang weiter hinab in Bewegung setzten.

    Maris kannte diesen Ort nur vom Hörensagen - immerhin waren die Wurzeln Tooshoos nicht nur unzugänglich, sondern für den unbedarften Besucher auch völlig uninteressant. So weit er wusste, war der Wurzelbereich von einem magischen Siegel geschützt und von einer ungenießbaren Zicke namens Gilana bewacht worden - zumindest in Zeiten, da Schwarzwasser noch eine bewohnte Siedlung dargestellt hatte. Von der Hüterin der Wurzeln war allerdings nichts zu sehen. Ob sie das Feld für das Ritual geräumt hatte oder gar nicht mehr hier weilte, wusste er nicht, doch er war froh darüber, wenn sie so bald wie möglich mit dem Ritual beginnen konnten, bevor er es sich noch einmal anders überlegte.
    Der Weg führte sie hinab durch einen Gang, der vollkommen natürlich gewachsen schien. Die Fackeln tauchten das sie umgebende Holz in ein kaltes Licht, das die Beklommenheit des Wüstensohnes nicht unbedingt zu besänftigen vermochte. Schließlich blieb die Gruppe vor einer Pforte stehen, die sich deutlich von der Natürlichkeit des Ortes abhob, an dem sie sich aufhielten. Das magische Siegel schien immer noch intakt, um das zu schützen, was auch immer da unten genau zu finden war - ob nun die Mutter des Lebens oder irgendetwas anderes. War das, was er hier sehen würde, überhaupt für seine Augen bestimmt? Immerhin war der Nomade immer noch nur ein Mitglied des äußeren Kreises. Nicht, dass er protestieren würde, wo die Druiden ihm doch schon so oft mit ihrer Geheimniskrämerei das Leben schwer gemacht hatten. Aber vielleicht galten die alten Strukturen nun auch nicht mehr, da sie nur noch so wenige hier waren.

    Maris, der sich hinter den anderen hielt und eigentlich darauf einstellte, zunächst hauptsächlich zu beobachten, statt zu agieren, runzelte die Stirn.
    "Wie öffnen wir das Siegel?"
    "Ich werde den Siegelspruch sprechen", entgegnete Corax und trat vor. Maris nickte, trat einen Schritt zurück und merkte sich vor, auf unnötige Fragen zu verzichten und diejenigen die Führung übernehmen zu lassen, die wussten, was sie taten.

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    Schwertmeister Avatar von Kjarl
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    Kjarl ist offline
    Gräulich und stumm zogen die Wolken über den Wald. Kjarls Blick folgte ihrem Weg mit ein bisschen Wehmut. Es mochte an der Jahreszeit liegen, mit all ihren Veränderungen. Die Bäumen verloren ihre Blätter und begaben sich zur Ruhe, die Gerüche im Wald änderten sich und wirkten nasser und kälter. Vorbei war die trockene Würzigkeit des Sommers. Mit Sicherheit war es auch eine Folge des Festes. Kjarl und Tobias waren noch rechtzeitig am Baum eingetroffen und hatten das Fest mit genießen dürfen. Und wie jedes Jahr hatte es Kjarl wehmütig zurückgelassen. Es war diese Mischung aus Freude und Abschied, aus Freude am Fortschreiten des Lebens und aus der Trauer um die, die am Tisch gefehlt hatten. Dem Bärtigen waren an diesem Abend einige Schemen aus der Vergangenheit begegnet. Gesichter von Freunden und Familienangehörigen und Gesichter von Menschen, die früher die Stege um Tooshoo bevölkert hatten. Heute waren viele der Bretter brüchig und nur wenige Menschen schritten über die knarrenden Wege.

    Ein kreischender Ton riss Kjarl aus seinen Gedanken. Der Jäger lächelte. Der kleine Falke, den er mit Tobias aufgesammelt hatte, war gewachsen und machte dem Bärtigen viel Freude. Kjarl beobachtete den kleinen Vogel eine Weile. Er zerrte an dem Lederriemen, den Kjarl an sein Beinchen geknüpft hatte und sperrte den Schnabel auf. Eifrig forderte er Futter. Kjarl schmunzelte und zog einen Fleischfetzen aus der Tasche. Er wartete noch kurz, dann warf er ihn dem kleinen Vogel hin. Dieser hockte sich darauf und verschlang den Happen eifrig. Kjarl lächelte. Leben verging und Leben wuchs heran. So wollte es die Natur und so war es immer gewesen.
    Geändert von Kjarl (21.11.2018 um 22:44 Uhr)

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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Tooshoo, Im Herzen des Baumes - Feywidds Steinkreis

    Corax sprach oder flüsterte viel mehr den Siegelspruch in der alten Sprache, während Ornlu und er gleichzeitig das Siegel berührten. Zwei der Ihren waren nötig. Zwei die Tooshoo erkannte und alles andere war nur wenig Magie. Wurzeln verschoben sich, öffneten die schmale Passage und grelles Licht überstrahlte kurz alles.
    Im weiteren Gang hinab waren unzählige magisch leuchtende Schimmerpilze. Sie rochen regelrecht nach Magie und waren auch ein Teil von Tooshoo.
    Ornlu nickte den Wächtern zu und sie gingen weg, während die verbliebenen drei Waldvölkler weiter hinab stiegen. Es begann etwas fauliger zu riechen und es war, als würden sie zunächst ein magisches Dröhnen hören, ehe sie ganz nah waren. Ganz nah an dem was Tooshoo, den so mächtigen Baum ausmachte. Hätten Bäume spwas wie ein Herz, dann war es hier über ihnen. Es war solch eine Magie der Natur im Spiel, dass man es nicht in Worte fassen konnte. Tausende Bilder vermochten tausende Worte zu beschreiben, doch das vor ihnen war nicht in Millionen beschrieben. Ein steter Wandel, ein ewiger Kreis, das Leben in all seiner Pracht - waren das Oberflächlichste was man darüber sagen konnte. Das Herz Tooshoos, war nicht nur das Herz des Baumes. Es war das Herz der südlichen Inseln.
    "Nun verstehst du, weshalb wir den Baum hüten und bewahren müssen. Weshalb so viel Lebewesen den Baum verteidigt haben. Weshalb dieser Dämon hierher wollte. Was sind schon Königreiche, Ländereien und ein Menschenleben zu dem hier? Sie können alle vergehen, veröden und sterben. Es ist gleich wie sehr man versucht in einem Menschenleben einem Gleichgewicht hinterher zu jagen. Stirbt das hier, ist so viel mehr verloren. So viel mehr Gleichgewicht zerstört. Einst besaß Khorinis auch sowas. Dann kamen die Drachen und vernichteten es. Deswegen ist Khorinis zu Khorinis geworden. - Tooshoo duldet uns hier und wird uns helfen die Sphäre zu betreten.", sagte Ornlu und blickte fast wie hypnotisiert hinauf.
    Einen Moment später erschienen die Wächter und hatten Suzuran bei sich. Sie legten sie an die Stelle die Corax ihnen wies und traten in den Hintergrund.

    "Feywidds Steinkreis. - Galatea, eine Bekannte von mir brachte es mir bei. Wir wandten es schon einmal an. Tooshoo hatte ein paar Leute mt ihrem geist in die mythische Sphäre verbannt. So wie die Magier die Tooshoo bedrohten. Wir holten sie mit der Erlaubnis von Tooshoo zurück.", erklärte Corax und begann am Boden mit Holzkohle die Zeichen zu malen.

    "Sechs Symbole. Ein Kreis. Wie unsere Steinkreise. Ein Zeichen für die Tiere der Lüfte, des Wassers, der Erde, für die Pflanzen, die Menschen und die Orks. Alles freie Wesen der ersten Zeit.", erklärte Ornlu dem etwas angespannten Maris, während er sich darum kümmerte, dass sie alle entspannen würden. Ein holte einen heute morgen noch extra präparierten Traumruf hervor. Das Stärkste und Mächtigste was man aus Sumpfkraut machen konnte. Es brauchte einige Zeit, um das genau richtige Sumpfkraut zu ziehen, zu mischen und bereit zu machen.

    "Ornlu erweckt die Wassertiere zuerst. Dann du Maris die Erdwesen und ich die Lufttiere. Ich werde die Kräfte bündeln, während ihr gleichzeitig Menschen und Orks aktiviert. Ornlu die Menschen, Maris die Orks. Zum Schluss - da wir der magischen Quelle einer Pflanze am nächsten sind - werde ich das Symbol der Pflanzen erwecken. Dann treten wir zusammen und greifen uns an die Hände. Entspannt euch und duldet alle magische Kraft. Vereint euch und folgt dem Fluss der Magie zur Sphäre. Tooshoo wird uns führen.", erklärte Corax klar und deutlich. Sie traten in den Kreis aus Symbolen in dem sich auch Suzuran liegend befand und in deren Zentrum das Zeichen der Pflanzen war. Dann reichte Ornlu den Traumruf herum. Ein jeder zog daran, füllte seine Lungen mit dem berauschenden Zeug und musste auch dessen faszinierende Wirkung sogleich spüren.
    Ornlu begann dann und trat an das Zeichen der Wassertiere. Ein Lurker war es zu Ehren des Herrn des Sumpfes.

    "Echuio!", sagte er und ein Stoss Magie jagte in das Zeichen. Es glimmte auf und Maris setzte nun seine Erweckung fort, bis hin Corax das Zeichen der Luftwesen erweckte. Die drei Zeichen verbanden sich und Corax begann die Kräfte zu bündeln. Aus den Symbolen begannen langsam magisch leuchtende, knorrige Bäume zu erwachsen und im Kreis entfachte ein ansteigender Wind der das Haar verwehte. Ornlu gab dann Maris das Zeichen und sie erweckten die Zeichen der Menschen und der Orks im Kreis.
    Die Magie wurde mächtiger und Ornlu übernahm. Lenkte die Kräfte, damit sie im Kreis verblieben und sah - wie die anderen - wie fünf mannshohe Bäume aus purer Magie sich verbanden....vernetzten und ein magisches Blätterdach über ihnen erstrahlte. Dann war es Corax der das letzte Zeichen erweckte und mit enormer Kraft, ja einen magischen Impuls den nur Tooshoo gesandt haben konnte, alle Kraft in das Zentrum und vom Zentrum in alle Zeichen floss.

    Alte Magie der Natur von Druiden gerufen und nun in einem Kreis gebündelt. Sie hörten das Flüstern dieser alten Kräfte. Flüstern aller Zeiten. Aus dieser Sphäre und der Sphäre die sie bald betreten würden. Vieles unverständlich, vieles klar und zu verstehen. Ein Chor aus tausend Stimmen die alle ihr eigenes Lied sangen.

    Die Drei traten zusammen, fassten sich an die Hände und begannen sich magisch zu verbinden. Der Wolf, der Rabe und der Löwe kamen langsam durch Corax gelenkt in ein gemeinsames, magisches Gleichgewicht. Hell wurde es, während sich langsam die Augen der Drei schlossen.
    Als der Chor langsam abebbte, die Magie in einen zurück kehrte und die Kraft da war die Augen zu öffnen war es vollbracht. Die Mythische Sphäre, das Reich der großen Mutter und all ihrer Kinder war von ihren Geistern betreten worden.

    Die Augen erkannten langsam die Schemen von Corax und Maris.
    Wölfisch grinste der Druide, der wie sie in einem Baum-Kreis stand, der stark an den Kreis erinnerte den sie durch alte Magie erweckt hatten. Feywidds Steinkreis - oder auch Baumkreis. Je nachdem welches Zeichen zum Schluss dominierte.

    "Ich grüße euch...", sprach er und verneigte sich vor beiden, bevor seine Magie sich entfachte und Ornlu dann schemenhaft schon die Konturen seiner neuen Gestalt in magisch-roten Schlieren umgab. Laut knurrte er auf und bleckte die Zähne, durch die animalischen Kräfte die von seinem Inneren langsam nach außen hin traten. Er sah mehr, er roch, mehr und er hörte mehr hier mitten in einem kalt wirkenden, dichten Wald in dem ein bläuliches Grün dominierte und Glühwürmchen sie ringsum umgaben.

    Schwarzes, getigertes Fell, Augen glühend wie die Feuersglut und weiße Fänge, die sie wölfisch angrinsten wie Ornlu zuvor, hatte das Wesen das Ornlu war nun angenommen.
    Ein Warg wie es ihn nur unter den Ersten geben konnte schüttelte sich, streckte sich und setzte sich dann hin. Corax hatte sich in der Zwischrnzeit ebenso gewandelt und war nun mehr ein unheimliches Wesen was weder Mensch noch Rabe war.
    "Den Rabenfürsten sah ich schon lange nicht mehr....", sprach dann der Warg, wie ein Tier aus einer Fabel...wie Ornlu. Corax schüttelte sich nur und schien wie der Warg zunächst einmal die Umgebung mit neuen Sinnen zu begutachten.

    "Trau dich oder verbleibe so wie du bist. Hier bist du nicht an deinen Menschenkörper gebunden. Hier bist du, was du bist. Was dein Innerstes verbirgt. - Denk aber daran. Stirbst du hier, stirbst auch dein Geist. Erwachen wirst du nur, wenn du hierher zurück kehrst. Suchen wir zusammen nach ihr?", fragte der Warg in die Runde, während im Wald um sie mehr los war wie nur die vielen Glühwürmchen. Man sah geisterhafte Wesen wie Rehböcke und Vögel zwischen den Bäumen erscheinen und wieder verschwinden. Ein Wildschwein so groß wie ein Ochse betrachte sie interessiert und zog dann davon. In den Bäumen indes erschienen kleine Wesen. Weiß und klein wie Vögel und Eichhörnchen. Mit humanoiden Körpern und seltsamen Köpfen, Gesichtsausdrücken oder Körperformen. Baumgeister - sie beobachteten die Besucher oder kümmerten sich nicht um sie. Trieben Unsinn oder gingen wohl baumgeisttypischen Dingen nach, ehe sie einfach so wieder verschwanden und woanders auftauchten.
    Vieles mehr war ihnen jedoch noch verborgen...
    Geändert von Ornlu (15.11.2018 um 00:43 Uhr)

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    Schwertmeister Avatar von Kjarl
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    Kjarl ist offline
    "Weißt du Tobias, das Leben ist erstaunlich.", brummte Kjarl und fing sich damit einen verwirrten Blick des Blonden ein. "Und alte Männer reden oft wirr vor sich hin.", antwortete Tobias schließlich, was Kjarl ein Schmunzeln abrang. "Kindskopf.", brummte der Bärtige, während er die Hand ausstreckte und den kleinen Falken aufspringen ließ, gelockt von einem Fetzen der letzten Jagdbeute. "Schau dir den kleinen Racker an. Wie er wächst und an Stärke und Mut zunimmt. Sein Federkleid wächst und so langsam erahnt er die Kräfte, die später in ihm erwachen werden. Vor wenigen Tagen lag er noch wehrlos im Gebüsch. Das Leben ist erstaunlich." Auf Kjarls Gesicht lag ein breites Lächeln, während sein Blick jeder kleinen Bewegung des Vogels folgte. "Wie lange willst du den Flattermann eigentlich noch bemuttern?", fragte Tobias, deutlich weniger begeistert und ordnete weiter seine Ausrüstung. Schwert und Messer waren gereingt und geschärft, der Köcher war gut gefüllt und die Bogensehnen lagen griffbereit. Sie wollten auf Jagd gehen.

    Kjarl antwortete eine Weile nicht auf die Frage und beobachtete schweigend seinen gefiederten Zögling. Dann griff er den ledernen Riemen an den Fängen des Falken fester und schritt zu einem Holzpflock, wo er die lange Fangleine festknüpfte. Der Bärtige warf einen weiteren Leckerbissen auf das kleine Holzpodest, welches auf den Pflock befestigt war, und der Falke sprang mit einem flatternden Satz hinterher. Schmunzelnd wandte Kjarl sich ab. "Wie lange? Wer weiß. Mit dir hab ich ja auch bis jetzt ausgehalten und der Vogel ist weit angenehmer als du.", Kjarl versetzte dem Blonden einen freundschaftlichen Stoß. "Vielleicht behalt ich ihn. Er könnte mir beim Jagen helfen.", grübelte Kjarl. "Oder abhauen, sobald du ihm die Leine abnimmst.", stöhnte Tobias und schüttelte seinen Kopf. Dann griff er nach dem kleinen Bündel, welches die Männer mitnehmen wollte und warf Kjarl einen fragenden Blick zu. "Können wir?" Der Bärtige nickte und das ungleiche Paar schritt unter dem wachsamen Blick des Falken davon.

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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Mythische Sphäre - Die Suche nach Al-Hamza

    Schweigend blickte er sich um, sog die Luft tief ein und ließ die Magie des Ortes durch seinen Körper fließen. Es war ein unglaubliches Gefühl, geradezu unwirklich, als die Kräfte der Druiden und des Baumes kulminierten und alles umfingen. Es war die pure Kraft des Lebens, die er in diesem Moment erfahren hatte - und nun wandelte sein Geist in einer anderen Sphäre, einer fremden Ebene der Wahrnehmung.
    Ornlu und Corax wandelten sich vor seinen Augen in andere Gestalten, die den tierischen Ich ihrer Seelen Ausdruck verleihen mochten, doch Maris versuchte nicht, es ihnen gleich zu tun. Er spürte, dass es noch nicht an der Zeit war. Dass er seine Form erst noch finden müsste. Sein Blick wanderte umher, betrachtete die üppige Flora und Fauna eines dicht bewachsenen Waldes, in den sich hinter jedem Stamm, jedem Zweig, jedem Blatt und Grashalm eine sonderbare, fremdartige Gestalt zu verbergen schien. Er kannte das Gefühl, das ihn an diesem Ort durchdrang: der Hain der Löwenmutter hatte stets eine ähnliche Aura verströmt wie der Wald in dem er sich nun wiederfand. Maris hatte es stets mit einem Zustand des Träumens in Verbindung gebracht, da sie ihn stets dann zu sich gerufen hatte, wenn er schlief, doch nun erkannte er, dass sie ihm einen begrenzten Zutritt in die mythische Sphäre - oder zumindest einen abgegrenzten Bereich derer - gewährt hatte.
    "Wir sollten uns trennen", entgegnete er auf die Frage der gewaltigen Warg-Gestalt.
    "Er wird spüren, dass ich hier bin."
    Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Nomade ab und trat aus dem Kreis, den die knorrigen Bäume auf der kleinen Lichtung bildeten. Er ließ sich von seinem Gefühl leiten, als er eine Richtung wählte, in die er in die dichte Wildnis eintauchte.

    Während er sich durch dichtes Gestrüpp und tief hängende Äste arbeitete, von denen Efeu und andere Schlingpflanzen wie die Netze einer großen Spinne herab hingen, machte er sich bewusst, was vor ihm lag. Maris würde nicht viel zur Suche nach Suzuran beitragen können, denn er war sich sicher, dass al-Hamza die Gelegenheit wahrnehmen würde, seinen Diener hier in der Sphäre zu stellen, in der er seine volle Kraft ausschöpfen konnte. Maris hatte sich dem Willen des Großen Löwen widersetzt und hatte sich Kräfte angeeignet, die der Naturgeist für sich in Anspruch genommen hatte. Nun würde der betrogene Herrscher alles versuchen, um sich das zurückzuholen, worum er betrogen wurde - und falls es möglich war, sich von diesem menschlichen Ärgernis zu trennen. Wer wusste schon, ob die Verbindung zwischen Maris und al-Hamza an diesem Ort genauso bestand wie in der Sphäre Adanos'? Der Löwe würde die Grenzen des Möglichen testen.
    Und dann war da immer noch der Schatten der Dunkelheit, die ihn seit dem Kampf mit dem Pantherfürsten heimsuchte. Würde er hier tatsächlich mehr darüber herausfinden können, wie Ornlu angedeutet hatte? Er war sich da nicht sicher, doch vielleicht ließ sich die Suche danach mit der Suche nach Suzuran verbinden.
    Je weiter er voran schritt, desto mehr Begriff Maris, dass dies hier in der Tat ein endloser Wald zu sein schien. Eine gewöhnliche Orientierung war hier kaum möglich, und er fragte sich, ob die getanen Schritte ihn tatsächlich in irgendeine Richtung voran brachten, oder ob man in dieser Sphäre einen anderen Ansatz finden musste, um an sein Ziel zu kommen. Als sich vor ihm erneut eine Lichtung auftat, die gesäumt war von jungen, kaum mehr als mannshohen Bäumen, in denen vereinzelt kleine Vögel ihre Lieder sangen, entschied sich der Nomade, nicht mehr weiter zu gehen. Die Vögel verstummten bei der Ankunft des fremden Wesens, und auch bei genauerem Umsehen konnte Maris sie nicht mehr in den Zweigen der Bäume ausmachen - als wären sie mit dem Holz verschmolzen. Eine kniehohe, dickliche Gestalt mit grauem Fell und breiter Nase starrte ihn durch riesige schwarze Augen aus einem der Bäume an und zupfte sich mit langsamem, aber sicheren Griff ohne hinzuschauen einige Blätter von einem nahe hängenden Zweig, die es sich in das gemächlich mahlende Maul stopfte.
    "Ein Logenplatz, hmm?", fragte Maris. Der Pelz der Kreatur nahm langsam die Farbe des Holzes an, an das sie sich klammerte, und Augenblicke später schien sie völlig verschwunden. Wo ihn vorher große Augen angestarrt hatten, ragten nun zwei Astlöcher aus dem Stamm. Die Grenzen zwischen den Arten, wie Maris sie aus seiner Sphäre kannte, schienen hier fließend zu sein.

    "Na gut, schauen wir mal", murmelte der Wüstensohn und kniete nieder. Die rechte Hand ruhte im wild wuchernden Gras, während er seine Kräfte bündelte. Diese Welt fühlte sich auch auf magischer Ebene völlig anders an als alles, was er kannte. Hier existierte keine pulsierende Magie der Natur wie da, wo er herkam. Stattdessen war alles ein konstanter Fluss, der nah und zugleich ganz fern schien, als entzöge er sich seinem Griff. Als wäre er ein Fremdkörper an diesem Ort.
    Er brauchte eine Weile, um ein Gefühl dafür zu erlangen, wie er die Energie zu fassen bekam, doch schließlich gelang es ihm, seine Kräfte zu bündeln. Maris reckte seine offene linke Hand in die Höhe und stieß ein magisches Leuchtfeuer aus, das al-Hamza kaum ignorieren konnte. So konnte er immerhin bestimmen, wo sie aufeinander trafen.
    "Komm und hol mich, Mistkerl!"
    Maris richtete sich auf und sah sich um. Es war totenstill geworden, und ihm war, als wäre die Lichtung angewachsen. Die Natur schien sich zu wandeln, und wo gerade noch hohes Gras den Boden überwucherte, war nun rotbraune Erde zwischen den Büscheln zu sehen. Die Bäume am Rand der Lichtung schienen dickblättriger geworden zu sein, und die Umgebung erinnerte mehr und mehr an das Tal der Löwen im Westen Varants. Spielte ihm da die eigene Wahrnehmung einen Streich? Befand sich der endlose Wald wirklich in ständigem Wandel? Oder war es die Macht der Kreatur, die sich näherte und ihre Schatten voraus warf?
    Ein Brüllen zerriss die Stille und die Wirklichkeit mit erbarmungsloser Brutalität. Mit einem Schlag stand die gewaltige Kreatur auf der Lichtung, ohne dass Maris gewesen hätte, wie er gekommen war - mit flammender, rotbrauner Mähne, einem schimmernden Pelz aus dunklem Gold und schimmernd weißen Fängen, die nach Blut gierten. Maris musste gegen den Drang ankämpfen, einige Schritte zurück zu treten, als er sich der schieren Größe al-Hamzas bewusst wurde: in der stolzen Haltung eines Königs baute sich die monströse Gestalt vor ihm auf und ragte so mindestens zwei Mannslängen in die Höhe, wenn nicht gar mehr. Die Pranken des Großen Löwen allein waren gewaltig genug, um mit einem Hieb Maris' gesamten Torso zu zerschmettern. Und der flammende Zorn in den Augen des Königs unter den Katzen machte deutlich, dass er durchaus gewillt war, sie einzusetzen.

    "Es ist Zeit, das ein für alle Mal zu klären", rief Maris mit aller Kraft, als müsste er gegen das Brüllen des Löwen ankämpfen. Ein Grollen bebte in seiner Stimme mit, das seine eigenen Worte fremd klingen ließ.
    "Ich werde mich dir nicht mehr beugen! Du wirst mich als ebenbürtigen Verbündeten akzeptieren!"
    Der Boden erzitterte, als al-Hamza die Pranke in die Erde stemmte. Mit gefletschten Zähnen taxierte er seinen Diener, den er zum Eindringling und Opfer auserkoren hatte. Doch Maris wich nicht zurück, so sehr sein Körper es auch von ihm verlangte. Er würde nie wieder vor dem Großen Löwen zurückweichen. Festen Schrittes trat er auf die Bestie zu.
    "Zeig, was du kannst!"
    Mit einem Brüllen setzten sich beide Kontrahenten in Bewegung und stürmten auf den anderen zu.

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    Mythische Sphäre - Das Duell der Löwen

    Der Boden erzitterte unter dem Ansturm des Großen Löwen, doch Maris hielt weiter auf ihn zu. Al-Hamza hatte ihn mit wilder Entschlossenheit ins Auge gefasst und wollte Blut sehen, wollte seine Beute zerreißen - doch er ahnte nicht, welche Kraft durch den Drachenkristall in dem Menschen freigesetzt worden war. Ohne langsamer zu werden, entfesselte der Nomade seine Magie und verschwand für einen Moment in einem rötlichen Schein. Seine Form wandelte sich, während er weiter auf den Großen Löwen zu stürmte. Muskeln spannten sich, Haare und Zähne wuchsen, Klauen gruben sich in das Erdreich - und im donnernden Lauf stürzte ein schneeweißer Löwe hervor.
    Al-Hamza zögerte einen verhängnisvollen Augenblick, als er die Kreatur sah, die seinem Vater, dem weißen Tyrannen, so verblüffend ähnelte. Schon hatte Maris ihn mit einem mächtigen Satz erreicht, die Pranken ausgestreckt, und schlug die Krallen in Kopf und Mähne. Der weiße Löwe war immer noch kleiner als sein Kontrahent, doch die Wucht des Aufpralls riss den Großen Löwen von den Beinen und brachte ihn in eine nur allzu verwundbare Lage. Ohne Zögern, ohne Gnade schlug Maris seine Fänge in den Bauch al-Hamzas, der wild um sich trat und mit der puren Kraft überraschter Verzweiflung den Herausforderer wieder auf Abstand brachte. So schnell er konnte, wuchtete sich der goldbraune König wieder auf alle Vier und stolperte einige Schritte zurück, um sich neu zu ordnen.
    Maris fletschte die Zähne und knurrte mit einer Macht in der Stimme, die ihn selbst überraschte. War das die Kraft des Drachen? Schnaufend und mit weit aufgerissenen Augen starrte al-Hamza ihn an, das Ebenbild des Ersten, der den Anspruch erhoben hatte, die Große Katze zu sein, und es war Furcht, die Maris da erblickte. Der weiße Tyrann hatte ihn schon einmal beinahe vernichtet, in den Tagen vor der Zeit, als die Welt und alle Diener der Natur noch jung waren. Was, wenn es ihm diesmal gelang? Diesmal würde dem Großen Löwen niemand zu Hilfe kommen.
    Langsam realisierte Maris, dass er selbst nicht unter der Verwundung seines Kontrahenten litt, wenngleich die Schnitt- und Bisswunden noch keine ernsthaften Bedrohungen darstellten. Die Verbindung ihrer Seelen, die in der Sphäre Adanos' bestand und ihre Schicksale untrennbar verknüpfte, schien hier aufgehoben. Das hier war blutiger Ernst, der bis zur völligen Vernichtung eines Kontrahenten führen mochte.

    Die beiden Löwen traten brüllend aufeinander zu, bis sie sich ganz nah waren, dann stellten sich beide auf die Hinterläufe und fielen mit ausgebreiteten Pranken und aufgerissenen Mäulern übereinander her. Schlagend und beißend rollten die Kontrahenten über den staubigen Boden, versuchten den anderen in eine Lage zu drängen, die eine Schwachstelle entblößte. Einen Moment lang lag Maris auf den Rücken, doch er biss sich im Nacken al-Hamzas fest und riss ihn neben sich zu Boden, sodass beide schwer atmend und von Wunden übersäht auseinander trieben. Die erste Verletzung al-Hamzas aus dem Moment der Überraschung heraus glich dessen größere Kraft aus, und so war es ein Duell auf völliger Augenhöhe. Aber Maris hatte einen Vorteil: er musste nicht mit der plötzlichen Erkenntnis kämpfen, verwundbarer als angenommen zu sein.
    Wieder stürzten die Raubkatzen aufeinander zu, doch diesmal hatte es Maris nicht auf den durch die Mähne zu gut geschützten Kopf al-Hamzas abgesehen. Mit einer Pranke schlug er in Richtung der Nase seines Gegners, um dessen Biss abzuwehren, und senkte den Kopf in Richtung der Vorderläufe. Es war gefährlich, weil al-Hamza ihn mit aller Macht zu Boden zu drücken versuchte, doch seine Fänge gruben sich tief in die Schulter des Großen Löwen und zerrissen das Fleisch der Bestie. Noch bevor er seinen Vorteil ausnutzen konnte, knickte der König ein und brach über Maris zusammen. In nackter Panik suchte al-Hamza sein Heil im Angriff und ging mit aller Macht auf seinen Gegner los, während sie beide am Boden lagen.
    Ein gleißender Schmerz raubte Maris den Verstand, als die Reißzähne des Großen Löwen sich in sein Gesicht gruben. Im letzten Augenblick gelang es ihm, sich dem Biss zu entwinden, bevor der Druck der Kiefer so groß wurde, dass er ihm den Schädel zermalmen konnte, und unbeholfen rettete er sich auf Abstand. Das schneeweiße Fell des Löwen war über und über mit Blut besudelt, und Tränen der Pein schossen ihm in das unversehrte Auge. Der Schmerz war überwältigend, doch er durfte nicht die Konzentration verlieren. Für den Ausgang des Kampfes war die Wunde al-Hamzas entscheidender.
    Maris wollte dem Schmerz keinen Raum zur Entfaltung und dem Großen Löwen keine Zeit zur Erholung gestatten. Immer noch betäubt von der Qual der Verletzung stürzte er sich erneut auf seinen Gegner, der nicht mehr das Standvermögen hatte, den Angriff abzufangen. Al-Hamza knickte über das verletzte Bein ein und wurde zu Boden gedrückt. Maris sah die Chance und Bis zu, als er für einen kurzen Moment die entblößte Kehle des Großen Löwen vor Augen hatte. Der gefallene König wand sich und schlug um sich, doch der blutverschmierte weiße Löwe lockerte den Biss nicht und drückte den Kopf al-Hamzas mit einer Pranke zu Boden. Nach und nach wurden die verzweifelten Abwehrversuche des rotbraunen Kolosses schwächer und ungezielter, bis al-Hamzas Wille schließlich endgültig gebrochen war.

    Einen Moment lang herrschte beinahe völlige Stille. Nur das erschöpfte Schnauben der beiden Löwen erfüllte die Lichtung, die wieder kleiner geworden zu sein schien. Maris stand vor der Wahl des Siegers: er konnte es hier und jetzt beenden, die Reißzähne tiefer in die Kehle versenken und den Großen Löwen töten. Doch er tat es nicht. Stattdessen öffnete er das Maul und ließ von ihm ab.
    "Nie wieder!", brüllte er unbeholfen mit vor Erschöpfung steifem Kiefer, während sich seine Gestalt wieder in die eines Menschen wandelte.
    "Du wirst dich nie wieder über mich stellen! Wir werden gemeinsam kämpfen - als Verbündete, und nicht als Herrscher und Diener!"
    Der Große Löwe lag vor ihm am Boden, den Bauch nach oben gereckt. Eine Geste der Unterwerfung. Doch als er die Entscheidung vernahm, rappelte er sich in quälender Langsamkeit zurück auf die Beine. Mit gesenktem Kopf setzte er sich ins nun wieder üppige Gras, scheinbar unfähig, das Geschehene zu verarbeiten.
    "Es gibt mehr, als mit Gewalt zu herrschen oder vernichtet zu werden. Wenn wir Seite an Seite stehen, sind wir stark."
    Zögernd erhob sich al-Hamza, der Große Löwe, der den Kampf verloren und einen Waffenbruder gewonnen hatte. Widerwillig schnaubte er, dann hinkte er davon und verschwand zwischen den dichten Bäumen, die immer näher und näher zu kommen schienen, bis kaum noch etwas von einer Lichtung zu sehen war.
    Als er allein war, wich alle Spannung aus dem Körper des Nomaden und er brach sich vor Schmerzen windend zusammen. Mit verkrampften Händen hielt er sich das linke Auge und spürte jede Menge Blut unter seinen Fingern. Doch seine Schreie, die ihn ins Delirium begleiteten, stammten nicht nur von den unsäglichen Schmerzen, sondern auch von dem Rausch des Sieges über den gewaltigen Tyrannen, entgegen aller Wahrscheinlichkeit.
    Geändert von Maris (23.11.2018 um 14:53 Uhr)

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    Mythische Sphäre - Am Rand des Waldes?

    Der stechende Schmerz in seinem Auge ließ ihn schlagartig wieder aufschrecken.
    Schwer gezeichnet von seinem Kampf gegen den Großen Löwen fand Maris sich inmitten des Waldes wieder und setzte sich langsam auf. Vorsichtig betastete er seine linke Gesichtshälfte, die abgesehen von dem alles dominierenden Schmerz nur noch Taubheit für ihn zu bieten hatte - das Blut war zu großen Teilen getrocknet. Es musste einige Zeit vergangen sein, seit er zu Boden gesunken war. Doch war es nur die Zeit, die sich geändert hatte? Verwirrt blickte sich der Nomade mit seinem verbleibenden Auge um. Er war immer noch in einem Wald, doch nichts hier sah so aus wie zuvor. Hatte er sich vorher durch einen wilden Laubwald geschlagen, fand er sich nun von hoch aufragenden, blaugrün im Dämmerlicht drohenden Nadelbäumen nieder. Er saß auf einem nasskalten Moosbett, das sich weitläufig über den Waldboden spannte, und ein kühler Wind ließ ihn frösteln. Wo sich vorher hinter jedem Stein, in jedem Stamm Leben zu verstecken schien, herrschte nun eine drückende Stille, als würde sich die Natur von diesem Ort zurückziehen, als würden alle Wesen ruhen, die dazu verdammt waren, hier auszuharren.
    "Einmal aufwachen und noch am gleichen Ort wie vorher sein..."
    Immerhin den Galgenhumor hatte sich der Löwenkrieger behalten. Vorsichtig, unter dröhnenden Kopfschmerzen, stand er langsam auf. War das wirklich noch die mythische Sphäre, in der er mit Ornlu und Corax angelangt war? Hier wirkte alles so anders als an dem Ort, an dem sie angekommen waren. Ächzend rieb sich Maris über die Stirn. Er hatte Durst. Und er konnte dringend eine Stange Sumpfkraut gebrauchen.
    "Scheiße... wenn Aniron sich meinen Gesichtsgulasch anschaut, werde ich mir aber etwas anhören dürfen..."
    Zumindest fühlte es sich für ihn so an, als hätte al-Hamza ihm das Gesicht völlig zerrissen. Ob es tatsächlich so schlimm war, wie er befürchtete, würde er wohl erst wissen, wenn er irgendwo ein ruhendes Gewässer fand, auf dessen spiegelnder Oberfläche er sich begutachten konnte.

    Ratlos blickte Maris sich um. Was - oder besser: wer? - hatte ihn an diesen Ort geführt? Und wo war dieser Ort überhaupt? In jedem Falle würde er sich in Bewegung setzen müssen, wenn er die Nacht nicht mitten im Nirgendwo verbringen wollte. Wurde es in der mythischen Sphäre überhaupt Nacht? Wieder einmal verfluchte er den Umstand, dass er sich ständig in Abenteuer stürzen musste, über die er im Vorfeld viel zu wenig wusste.
    Seufzend lief er aufs Geratewohl drauf los und schleppte sich den leichten Abhang hinab, den der Waldboden beschrieb. Der düstere Himmel war aschgrau, wo die hohen Bäume einen Blick auf ihn zuließen. Kein einziges Tier war zu entdecken, kein Laut drang aus dem Gehölz empor. Je weiter er ging, desto knorriger schienen die Bäume zu werden. Langsam wuchsen die Abstände zwischen den Wipfeln an, wenngleich Maris nicht das Gefühl hatte, dass dadurch mehr Licht zu ihm hinab drang. Das Moos auf dem Boden zog sich mehr und mehr zurück, und zwischen umgestürzten Baumstämmen und abgestorbenen Nadeln zeigte sich immer öfter karger Fels.
    Und dann erblickte Maris etwas, das ihn erstarren und das Blut in den Adern gefrieren ließ. Mitten im toten Gehölz befand sich ein pechschwarzer Fleck in der Form eines Fußabdrucks, und er wusste genau, was für ein Stoff das war. Seine Schulter begann unweigerlich zu pochen, und schwer schluckend legte er eine Hand darauf, als würde ihm das in irgendeiner Weise Linderung verschaffen. Dort, ganz nah, erblickte er einen weiteren Abdruck, und noch ein Stück weiter noch einen. Zögerlich folgte er der Spur, die ihn stets voran führte, immer spärlicherer Vegetation entgegen. Schließlich endeten die Baumreihen abrupt, und nach einigem kleiner werdenden Buschwerk lag nur noch karge Erde vor ihm. Doch gegen den Horizont zeichnete sich dunkel eine Struktur gegen den düsteren Himmel ab. Je näher er kam, desto deutlicher konnte er es erkennen: hier, am Rand des endlosen Waldes auf karger Ebene errichtet, stand ein zerrüttetes, altes Haus aus Stein, der Giebel geborsten und das Dach löchrig, als wäre ein großer Fels darin eingeschlagen. Und die Abdrücke aus von dunkler Magie korrumpiertem Blut führten genau darauf zu.

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    Mythische Sphäre - Auf der Fährte I

    Unendliche Weiten an einem Ort genau zwischen hier und dort. Zwischen dem Reich der Lebenden und der Toten. Die Anderswelt...die Mythische Sphäre aus der all die mythischen Wesen vergangener und der jetzigen Zeit stammten. Wo Schattenläufer geboren und Wesen von vor der großen Flut ihre letzte Zuflucht gefunden hatten. Die Sphäre der Mutter allen Lebens für jene die es wussten, die ihr Flüstern im Wind und im Fließen des Wassers vernahmen.
    Stunden? Tage? Ornlu wusste es nicht mehr wirklich. Sein Geist war hier, der Körper noch im hier und hoffentlich weit vom "dort". Er träumte und dann wiederum nicht. Ein magischer Rausch in der Gestalt eines riesigen Warges.
    Dieser suchte unermüdlich. Folgte jedem Geruch der an sie irgendwie erinnerte, nahm eine neue Fährte auf, wenn er den Geruch fand und sie nicht erblickte und ruhte nur wenig. Natürlich wurde er beobachtet, natürlich sprach es sich herum. Die einen sahen den großen Wolf, den Hetzer zurück gekehrt. Die anderen - und das waren nicht viele - wussten, dass er Draugluin, der blaue Wolf...ein Menschenkind war.
    So war es interessant, als er nun ruhte und eine Präsenz wahrnahm, die mehr war wie die Baumgeister und Tiere des Waldes. Es war ein alter, bekannter Geruch den er nicht vergessen hatte. So wie die Sümpfe ihren Herrn gehabt hatten, so hatte einst der Wald von Silden seinen Herrn.
    Ornlu richtete sich auf, während seine Augen genau in die Richtung blickten wo alles auflebte und erblühte. Es gab unter den Ersten viele prachtvolle und erhabene Gestalten, doch hatten sie alle anheim in Kämpfen und um Macht streitend sich gewandelt zu haben. Jeder trug so seinen Rucksack. Doch er der so rein war, hatte niemals um seinen Thron, um seinen Anspruch der Erste zu sein, streiten und sterben müssen.
    Ein weißer Hirsch erschien aus dem Dickicht. Jeder Tritt auf den Boden ließ das Gras drumherum aufblühen und aufleben. Der Herr des Waldes war auch Herr dieser Wälder. Er war allein wegen seiner Schönheit eines ihrer wohl liebsten Kinder.

    Ornlu verneigte sich, wie schon damals in Silden, wenn er dem Herrn der Wälder in seinem Reich begegnete. Er mochte zwar ein Wolf sein, er mochte seine Kinder jagen, aber niemals hätte er es gewagt einen agressiven Gedanken ihm gegenüber zu hegen.
    Das mächtige Geweih schüttelte sich und die vorderen Hufe stampften auf. Dann grüßte auch er mit einem Hauch von Neigen des Hauptes.

    Ornlu kam bei dieser kleinen Audienz auch sogleich zur Sache. In der Sprache der Druiden, der vergessenne Sprache aller Kinder der großen Mutter, fragte er nach Muighen, der Dienerin der großen Katze und nach dunklen Wesen, nach gefallenen Kindern der großen Katze.

    "Suche den großen Keiler auf. Wenn er dir zuhören will, wird er dir auch helfen. Ihr habt den selben Feind.", erklang es ruhig klingend im Kopf des Druiden.
    "Und du, Herr des Waldes? Ist das Dunkle nicht auch eine Gefahr für die Deinen? Schleichen die Dunklen nicht auch durch deinen Wald?", fragte Ornlu etwas forsch.
    Ornlu bekam ein simples Nein zu hören und "...nicht mehr." mit allwissenden Unterton. Der Herr des Waldes hatte ihr Erscheinen natürlich schon längst bemerkt. Der Druide schloss hieraus, dass der große, weiße Hirsch ein gewisses Gleichgewicht gewahrt sah.

    "Führst du mich zum großen Keiler? Der alten Zeiten wegen...", fragte der Warg, dessen dunkles, getigertes Fell gerade im Lichtschein mehr einen bläulichen Schimmer trug. Der Hirschkönig schüttelte das Haupt und sprintete los, als wäre er der Wind. Der Warg folgte der Fährte aus erblühenden Pflanzen und dem Geruch des Herrn der Wälder - aller Wälder.
    Geändert von Ornlu (26.11.2018 um 21:57 Uhr)

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    Mythische Sphäre - Der Vergessene

    Langsam strichen seine Finger über das knorrige Holz des verwitterten Zaunes, der die Hausruine umgab. Alles hier machte den Eindruck, als wäre es vor Jahrzehnten verlassen worden und sah sich nun dem steten Angriff des kalten, trockenen Windes ausgesetzt, der aus der schier endlos wirkenden, völlig kargen Ebene herüber wehte. Rings um diesen Ort gab es nichts - nur dort, wo er hergekommen war, konnte man noch den Rand des Waldes erkennen, sonst erstreckte sich in alle Richtungen bis zum Horizont nichts als tote Erde, ein flaches, trockenes Land.
    Vorsichtig trat Maris durch ein Loch im Zaun auf die schief in nur noch einer Angel hängende Eingangstür zu. Das Haus bestand aus kalkverputztem Lehm und einem strohgedeckten Dach, doch die Fassade war von unzähligen Rissen gezeichnet und das Stroh hing in Fetzen herab, von dem markanten Loch mitsamt geborstenem Giebel ganz zu schweigen. Was war das für ein Ort? Wieso war er hierher geführt worden? Es gab wohl nur einen Weg, das herauszufinden.
    Mit nervenzerreißendem Knarren schwang die Tür nach außen auf und blockierte, als der Spalt gerade groß genug war, dass er sich hindurch pressen konnte. Seitlich, mit dem sehenden rechten Auge voran, drückte sich Maris durch die Öffnung hinein in das düstere Innere.
    Das Haus schien leer und verlassen. Zerbrochene, von Staub und Sand bedeckte Möbel füllten einen größeren Raum, in dessen Mitte das Loch im Dach zumindest für ein wenig Licht sorgte. Wodurch die Zerstörung entstanden war, ließ sich nicht erkennen. Die verbeulten Messingtöpfe über der Kochstelle waren von sich spinnennetzartig ausbreitendem Grünspan überzogen, die eisernen Kellen und Spieße verbogen und von Rost zerfressen. Von dem größeren Raum gingen zwei kleinere ab: eine Schlafkammer, deren Zustand dem der Hauptkammer entsprach, und einer völlig verwüsteten Speisekammer, in der hölzerne Regale zerbrochen und umgestürzt übereinander lagen, aber nicht ein Lebensmittel oder Überreste davon zu entdecken war. Es war, als hätte jemand seine Zelte hier voll und ganz abgebrochen und hätte sein altes Leben in Trümmern zurückgelassen. Von der pechschwarzen Substanz, deren Spuren ihn hierher geführt hatten, war ebenso wenig zu sehen, wie dieser Ort den Eindruck erweckte, in der mythischen Sphäre zu liegen. Ratlos und erschöpft blieb Maris in der Hauptkammer unter dem Loch im Dach stehen und blickte hinauf in den dunklen, grauen Himmel.

    "Du bist gekommen."
    Maris fuhr herum, blickte in das Dunkel des Raumes. Die Stimme war nur ein Flüstern, und doch schnitten sich die Worte geradewegs in seinen Verstand, als wären die Worte direkt an sein Ohr getragen worden. In dem Durcheinander der Hauptkammer war es unmöglich, eine still stehende Gestalt von all dem Unrat zu unterscheiden.
    "Wo bist du?", rief der Nomade und wandte sich um. Sein Blut gefror, als die dunkle, hagere Gestalt keine Armlänge entfernt vor ihm stand.
    "Du hast deine Prüfung also überlebt. Deine Entscheidung war enttäuschend."
    Das Gesicht seines Gegenübers war vollständig unter einer weiten Kapuze verborgen, der Leib in einen düsteren Mantel gehüllt. Maris hätte nicht einmal sagen können, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte, geschweige denn welchen Alters.
    "Was sollen die Spielchen? Wo hast du mich hingebracht? Wer bist du?"
    "So viele Fragen", wisperte die Gestalt. Dieses schneidende Flüstern trieb den Wüstensohn in den Wahnsinn! "Das hier ist die Vergangenheit. Was zurück blieb, als ich wurde."
    "Sprich nicht in Rätseln!"
    Ein unseliges Grollen schwang in dem scharfen Befehl mit. Die Gestalt antwortete mit einem knisternden Lachen, wie das Rascheln von Papier.
    "Du sollst alles erfahren. Du wirst verstehen."

    Ohne Vorwarnung stürzte das Wesen auf ihn zu und hüllte Maris in den schwarzen, modrigen Stoff, als hätte sich gar kein Körper darin befunden. Überrascht fuchtelte er mit den Armen und kämpfte sich mit Mühe unter dem Vorhang hervor. Was er sah, überraschte ihn.
    Die zerfallene Hütte war verschwunden - stattdessen stand der Nomade in einer steinernen Halle ohne Eingang, die von einer langen Tafel durchzogen wurde, an deren Kopfende ein hölzerner Thron stand. Poliertes Silberbesteck lag auf rotem Seidenbrokat, Kerzen erhellten den Saal, an dessen Wänden lange Ranken aus den Fugen der Steine wuchsen. Die ganze Decke war überwuchert, als ruhe alles unter einer tief hängenden, grünen Decke.
    "Nimm Platz!"
    Die Stimme eines Mannes höheren Alters, kraftvoll und befehlsgewohnt. In einer Ecke des Raumes stand er, gewandet in die Kleider eines Kriegerfürsten.
    "Eine Illusion? Wo befinde ich mich wirklich?", entgegnete Maris scharf.
    "Du bist mein Gast. Du bist da, wo deine Füße dich hingetragen haben - und du bist zu mir gekommen. Nun...", sagte der Mann und deutete mit einer Hand auf die Stühle an der Tafel. Widerwillig setzte sich der Löwenkrieger nieder. Solange er nicht mehr wusste, hatte es ohnehin keinen Sinn, sich den Spielchen dieser Kreatur zu verweigern. Wenn das wirklich eine Illusion war, lag er vielleicht immer noch inmitten des endlosen Waldes.
    "Ich füge mich. Nun erkläre mir, wer du bist und was du von mir willst!"
    Der Fremde trat langsam herüber, und es schien, als änderte sich seine Gestalt mit jedem Schritt ein wenig. Als er an der Tafel angelangte, wirkte seine Gestalt deutlich schmaler und noch älter. Weißes, strohiges Haar war hinter dem Kopf zusammengebunden. Seine Kleidung wirkte dunkler und einfacher als noch zuvor.
    "Ich bin der, der vergessen wurde", entgegnete der alte Mann, dessen Stimme brüchig und dünn klang. Ein Hauch von Trauer schien tief darin verborgen.
    "Was du sahst, ist, was zurück blieb."
    Schnaubend wollte Maris zur Erwiderung ansetzen, doch sein Gegenüber hob die Hand - die zarte, junge Hand einer Frau. Das graue Haar des Alten hatte sich in ein helles Blond gewandelt, das unter einem geschwungenen, schmalen Silberdiadem gehalten wurde. Die in ein himmelblaues Kleid gehüllte Frau lächelte ihn mit vollen Lippen zwischen zwei schmalen, hohen Wangen an. Nur die dunkelgrauen Augen schienen bei all der Wandlung unverändert zu bleiben.
    "Ich war wie du. Gewöhnlich. Ein Diener der Natur. Diese Person wurde Wendel Schneeweiß genannt - oder war es Wanda?"

    Wieder verschwammen die Züge, und wieder glitt die Gestalt in eine andere Daseinsform über, ohne dass Maris' Auge der Veränderung wirklich folgen konnte. Es war, als konnte sie sich nicht entscheiden, wer sie war.
    "Wir kamen her, um sie zu retten", rief eine junge Männerstimme wie aus großer Entfernung. Verzweiflung durchzog die von Echos getragene Stimme. Ein Mann in grüner, einfacher Kleidung stand vor ihm, das braune Haar kurz geschnitten, der Ziegenbart gestutzt. Doch es war, als würde sein Gesicht immer wieder für einen kurzen Augenblick verzerrt.
    "Ein ganzes Dorf, im Traum gefangen. Wir waren Drei. Die anderen wurden vernichtet. Ich bin der Vergessene, verloren zwischen den Welten."
    Ungläubig starrte Maris die sich erneut wandelnde Gestalt an. Die Wechsel schienen sich zu beschleunigen, kein Antlitz hatte länger als einige Augenblicke Bestand, und manche prägten sich gar nicht erst vollständig aus. Dieses Ding war einmal ein Druide gewesen? Steckte etwa ein gefallener Diener der Natur hinter der dunklen Kraft, die ihn letztlich hierher geführt hatte?
    "Das liegt lange zurück. Zu lange", bekannte Schneeweiß, dessen Stimme von einem sonoren Bass zu der einer Frau und zurück zu der eines Mannes wechselte.
    "Ich habe Vieles von dem vergessen, was früher war. Wer ich früher war. Ich wanderte umher in der Endlosigkeit des Waldes, und ich überdauerte. Schließlich gelangte ich an den Rand dieser Sphäre. Das Ende des Waldes. Und was ich sah, als ich die Grenze zur Sphäre Beliars erreichte, veränderte mich."
    Langsam erhob sich Maris. Brennender Zorn kochte in ihm auf. Es war genug!
    "Ich weiß nicht, warum dein verwirrter Verstand glaubt, in mir ein offenes Ohr für deine Geschichte oder einen Verbündeten finden zu können, aber ich diene dem Leben und interessiere mich einen Scheiß für die Gaben Beliars oder..."

    "HÖR MICH AN!"
    Wie ein Hammer knallte die offene Hand des Vergessenen auf den Tisch, und Maris wurde schlagartig zurück in den Stuhl geworfen. Die Worte drückten ihn nieder wie ein Chor aus Dutzenden schreiender Kehlen. Drohend baute sich Schneeweiß vor ihm auf, und seine Gestalt wuchs zu der eines Hünen an.
    "Du wirst mir bis zum Ende zuhören, bevor du deine Wahl triffst!" Die Stimme überschlug und verzerrte sich wieder und wieder, doch die brodelnde Wut darin war deutlich herauszuhören.
    Maris rang um Atem, doch er bewahrte mit aller Kraft Haltung und richtete sich wieder auf.
    "Vor welche Wahl könntest du mich schon stellen, bei der ich mich auf deine Seite schlagen würde?"
    Immer noch ruhte die Pranke des vergessenen auf der Tischplatte. Darunter schien das Holz zu kochen und jede feste Form zu verlieren. In alle Richtungen strömte zäh und brodelnd die pechschwarze Flüssigkeit hervor, die Maris auch im Blut des Pantherfürsten gefunden hatte, und flutete den ganzen Tisch, um von da auf Boden und Wände überzugreifen.
    "Ich lasse dich wählen, ob du die Wahrheit und die Geschenke akzeptierst, die ich zu bieten habe."
    Die Schwärze kroch rasant die Wände empor und zog sich über die überwucherte Decke. Der Körper des Vergessenen schmolz in der Finsternis dahin, und alles rings um ihn wurde binnen weniger Augenblicke verschlungen, bis die Dunkelheit ihn vollkommen umschlossen hatte und sein Bewusstsein im Nichts ertränkte.

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    Mythische Sphäre - Das Geschenk der Dunkelheit

    Maris' Verstand trieb dahin. Nur langsam kämpfte sich sein verstand aus der Bewusstlosigkeit zurück. Er war erschöpft, wäre gern einfach hier liegen geblieben, wo auch immer er war. Es war gerade zu bequem, um dagegen anzukämpfen.
    "Genieße die Dunkelheit", sprach ein Chor von Stimmen wie aus einem Munde irgendwo in der Nähe. "Sie spendet Stille, Geborgenheit und Trost."
    Vom plötzlichen Bewusstwerden des Geschehenen und dem Unwillen, auf die eingeflüsterten Worte zu hören geweckt, riss der Nomade die Augen auf. Sein Blick haftete auf der niedrigen Decke einer kleinen Erdhöhle, die von feinen, scheinbar pulsierenden, dunklen Adern durchzogen war. Er lag auf einer einfachen Bettstatt, außer der sich nichts in der Höhle zu befinden schien. Es war dunkel, doch durch das Loch, das hinauf aus der Kammer heraus führte, fiel ein wenig fahles Licht hinein.
    Ächzend erhob sich der Wüstensohn und hielt sich den brummenden Schädel. Sein Gesicht war gereinigt und all das verkrustete Blut sorgfältig entfernt worden, wie es schien. Mühevoll stieg er durch das kleine, kreisrunde Loch und stieg durch den kurzen Erdgang zum Ausgang hinauf.
    Der Anblick, der ihn erwartete, war erstaunlich. Er befand sich auf der Flanke eines Hügels, an dessen Fuß sich endlos bis zum Horizont das Grün des Waldes erstreckte. Direkt vor ihm führte eine steile Klippe hinab in die dichte Vegetation, oberhalb der Höhle ragte eine Felswand auf, die eine Schätzung der Ausmaße dieser Erhebung unmöglich machte. Es gab keinen ersichtlichen Weg hierher oder von hier fort. Am Rande der Klippe saß der Vergessene und blickte in die Ferne. Er hatte sich wieder in den Mantel gehüllt und die Kapuze über den Kopf gezogen.
    "Das war eine der Lehren, die ich daraus zog, als ich den Rand dieser Sphäre überschritt", murmelte die Gestalt. Die Stimmen rieben sich aneinander und vibrierten in einer eigentümlichen Art, die Maris' Sinn für Magie in Wallung versetzte.
    "Was meinst du? Dass alles andere heller und farbenfroher wirkt, wenn du dich in Dunkelheit hüllst?"
    Maris blieb einen Schritt hinter Schneeweiß stehen und blickte in die Ferne. Tatsächlich schien der Höhleneingang in trüber Düsternis zu liegen, während die Sonne aus wolkenfreiem Himmel auf das Meer aus Bäumen herabstrahlte.
    "Stille...", erwiderte die mehrtönige Stimme, "und was für ein Segen sie ist."
    Der Vergessene erhob sich langsam und wandte sich zu Maris um.
    "Ich bin so lange hier, dass ich vergessen habe, wer genau ich einst war", gestand er, "Doch die Lehren, die ich in dieser Ewigkeit der Vergessenheit zog, sind nur allzu präsent."
    "Welche Lehren?", fragte der Nomade misstrauisch. Er hatte nicht vergessen, was der Vergessene gesagt hatte, bevor er ihn in das Dunkel gestürzt hatte.

    "Das Leben ist unvollkommen, ungerecht, brutal - und die Diener des Lebens sind die Verkörperung dessen", sprachen die Stimmen aus dem Dunkel unter der Kapuze.
    "Bevor die Person, die ich war, zu einem dieser Diener wurde, führte sie bereits ein anderes Leben. Es blieb zurück - und die, die darin vorkamen, waren offenbar nicht gut genug für die Kräfte der Natur."
    Einen Moment lang wanderte ein Lichtreflex über sein Gesicht und zeigte seine stechenden grauen Augen.
    "Hast du nicht auch Kinder, Maris? Wie denken deine Druidenfreunde wohl darüber? Eine Schwäche, die dich angreifbar macht? Nun... die, die mein altes Ich führten, waren davon überzeugt, diese Schwäche müsse ausgemerzt werden."
    Ein heißer Schwall der Betroffenheit durchflutete Maris und schnürte ihm die Kehle zu. Er wusste, dass die Druiden Familie mitunter als Schwäche auslegten. Ja, sie machte einen Diener der Natur angreifbar, und in den hart gefochtenen Kämpfen um das Leben - und den Tod als Preis der Niederlage - konnte man sich das kaum erlauben. Es brach ihm das Herz, wenn er sich vorstellte, wie Wendel Schneeweiß gezwungen wurde, die Beseitigung seiner Familie hinzunehmen.
    "Das Leben ist eine endlose Abfolge von Kämpfen und Grausamkeiten", fuhr der vergessene schließlich fort. "Der Verlierer leidet, stirbt, wird geschändet und ausgenutzt. Und der Sieger von heute ist am Ende nur der Verlierer von morgen. Die Wächter dieses Kreislaufes sind die Schlimmsten von allen. Hat dir dein Herr nicht erst das da angetan, als du dich gegen die Unterdrückung wehrtest? Und dabei ist er noch dein Verbündeter!"
    Schneeweiß zeigte mit der behandschuhten Hand auf das Auge des Nomaden, das - so nahm er jedenfalls an - wohl verloren war.

    Maris schüttelte den Kopf, auch wenn ein Impuls in ihm schlichtweg zustimmen wollte. Er war müde.
    "Ja, das Leben ist ungerecht, und ja, die Sieger des ewigen Kampfes verbreiten viel Leid. Doch sie schaffen auch neues Leben und erhalten die Schöpfung. Worauf willst du hinaus?"
    "Neues Leben, das dann auf die gleiche Schlachtbank geführt wird? Nein, es gibt einen anderen Weg. Und er ist es, den ich fand - dort, am Rand dieser Welt."
    "Die leere und Finsternis Beliars? Nein, damit ergibst du dich nur direkt kampflos dem Tod."
    "Sei kein Narr, Maris! Du redest von Dingen, von denen du keine Ahnung hast. Ich war dort! Aber nein, es gibt einen Unterschied zwischen meiner Kraft und der Beliars."
    Der Löwenkrieger wurde wütend. "Hör auf zu lügen! Ich habe die Finsternis doch selbst gespürt - und spüre sie immer noch!"
    Zornig packte er seine Robe am Kragen und legte seine Schulter frei, die immer noch die kaum verheilten Bissspuren des Pantherfürsten trug und über und über von schwarzen Adern durchzogen war. Ein seltsames, vielstimmiges Lachen drang aus der Kapuze. Es war nicht bösartig, sondern erheitert.
    "Und doch hast du seine Natur nicht zur Gänze erkannt. Euch Dienern des Lebens fehlt die Erfahrung, also haltet ihr es fälschlich für die Macht Beliars. Ist dir aufgefallen, dass dein silberner Freund den Kontakt mit der Dunkelheit weit schlechter vertragen hat? Woran könnte das liegen?"
    Der Nomade schnaufte, suchte die richtigen Worte. Er wollte diesem unseligen Mistkerl so Vieles an den Kopf werfen, ihn zur Rede stellen. Doch die Situation überforderte ihn.
    "Du trägst die Saat schon in dir, Maris. Nicht die grobe, unbeholfene Kraft des Lebens, und auch nicht die zerstörerische Macht des Todes. Ein Kompromiss zwischen Adanos und Beliar, mächtig und erschreckend - wenn man es nicht versteht. Kommt dir ein Wesen in den Sinn, auf das diese Beschreibung zutraf?"
    Die Augen des Wüstensohnes weiteten sich. Er verstand.
    "Die Kraft des Drachenkristalls..."
    "Deshalb hat dein Körper sich weit weniger gegen den Einfluss der Dunkelheit gewehrt. Sie ist bereits ein Teil von dir."

    Voller Zorn brüllte Maris all seine Hilflosigkeit in die Weite hinaus. Er schüttelte mit gefletschten Zähnen den Kopf.
    "Du sagst, das Leben ist gewalttätig und ungerecht, doch inwiefern ist das besser, was du tust? Die Dunkelheit infiziert und verschlingt gegen den Willen ihrer Opfer, sie vertreibt diejenigen, die sich retten können. Der Pantherfürst tötete viele meiner Löwen!"
    "Der notwendige Preis, um sich durchzusetzen. Ein vorübergehendes Spiel nach den Regeln des Lebens. Doch weißt du, wie es im Versteck des Panthers war, bevor du seine Ruhe störtest? Weißt du, wie die Dienerkreaturen des Drachen existierten, bevor er sie zum Kampf rufen musste? Sie sind alle Eins in der Dunkelheit, verbunden in zeitloser Stille und Geborgenheit. Dort, wo diese Kraft wirkt, herrscht Frieden!"
    Die Wut des Wüstensohnes verebbte. Er konnte schlicht nicht dagegen argumentieren, denn er konnte nicht wissen, ob es stimmte, was Wendel Schneeweiß da sagte. Doch nach allem, was er über die Echsenmenschen erfahren hatte, mochte es durchaus sein, dass sie ruhten in einem Zustand, der weder lebendig, noch tot war, bis sie wieder gerufen wurden. Und nach allem, was der vergessene erlebt und durchlitten hatte, konnte er sogar zumindest im Ansatz nachvollziehen, warum er sich so nach diesem Zustand sehnte.

    "Und so hast du entschieden, diese Macht auf die Sphäre Adanos' loszulassen, unabhängig von den Drachen", entgegnete er, nun wieder völlig ruhig, "Warum gerade der Pantherfürst?"
    "Hast du dir deine majestätischen Katzen einmal angeschaut? Sie haben einen natürlichen Hang zum Chaos und zur Dunkelheit. Deine Löwen vielleicht nicht ganz so sehr, doch die Panther? Ein williger erster Verbündeter, den Macht und Bedeutung lockten."
    "Die Macht, zu zerstören - nicht anders als die Naturgeister. Nur dass sie auch erschaffen."
    "Oh, die Dunkelheit kann auch erschaffen und heilen. Ich werde es dir zeigen - das ist mein Geschenk", entgegnete Schneeweiß mehrstimmig und trat auf Maris zu. Noch bevor der Wüstensohn reagieren konnte, packte die Pranke des Vergessenen ihn an seinem zerstörten Auge und hielt seinen Kopf fest im Griff.
    "Was der Große Löwe dir nahm, kann ich nicht zurückbringen, aber ich kann dafür sorgen, dass dein Opfer nicht ganz vergeben war."
    Gleißender Schmerz durchfuhr seine Schulter; sie fühlte sich an, als würde sie kochen. Wie flüssiges Teer floss die Schwärze aus seiner Wunde durch seine Adern und ließ ihm keine Luft zum Atmen. Die Gluthitze rann seine Kehle hinauf und kroch durch seinen Schädel hinein in das linke, verlorene Auge, das unter der Hand des Vergessenen zu einem glühenden Ball aus reinem Schmerz wurde. Es fühlte sich an, als würde es jeden Moment platzen und seinen ganzen Kopf zerreißen. Die Pein raubte ihm vollkommen den Verstand.

    Als der Schmerz nachließ und er wieder zu denken begann, fand sich Maris auf dem Boden wieder. Hastig sah er sich um, doch sie waren immer noch am gleichen Ort, Schneeweiß direkt vor ihm stehend.
    "Steh auf!", sprachen die Stimmen, und Maris gehorchte.
    "Und nun schau dich um. Was siehst du?"

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    Dr. Spirituum Naturalium  Avatar von Maris
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    Mythische Sphäre - Das Angebot

    "Also Maris, was siehst du?"

    Staunend blickte er sich um. Es war, als betrachtete er die Welt aus einem völlig neuen Blickwinkel - eine Flut magischer Ströme durchzog die weite Landschaft, sammelte sich in Knoten und stob wieder auseinander. Dabei formte die Magie die tatsächlich sichtbare Landschaft nach und offenbarte doch so viel mehr. Der Blick des Löwenkriegers erreichte schließlich den Felsvorsprung, auf dem sie sich befanden, und damit auch die Gestalt Wendels. Nichts um ihn herum wirkte mehr so düster wie zuvor - es war schlichtweg in ein anderes Licht getaucht. Ja, das war vermutlich das treffendste Gleichnis. Denn was er tatsächlich wahrnahm, war nicht in Worte zu fassen.
    "Was ist das?"
    "Das ist die Gabe, durch den Vorhang der Dunkelheit blicken und ihre wahre Schönheit erkennen zu können. Dein Auge sieht nicht wirklich, es eröffnet dir lediglich ein Fenster, welches dir eine neue Sicht auf das verleiht, was du ohnehin beherrschst. Du siehst die Ströme der Magie, nicht wahr? Du wirst auch deine Visionen sehen können, wenn sie dich ereilen, und da die Saat aus der Wunde an deiner Schulter nun kanalisiert ist, wird die Finsternis nicht länger völlige Blindheit für dich bedeuten - wenn du siehst akzeptierst, jedenfalls."
    "Es ist also reine Illusion?"
    Die Stimmen lachten.
    "Nenn es Illusion, nenn es Besinnung auf deine Fähigkeiten oder Öffnung für die dich umgebende Wahrheit. Und gleichsam ist es das Gegenteil von Illusion, wenn du den schweren Vorhang der Dunkelheit einreißt, der sie vor dem Ungeschulten so wunderbar zu verbergen weiß. Die Grenzen unserer Sprache und unserer Erfahrungen verschwimmen hier."

    Eine Welle der Euphorie erfasste den Wüstensohn, und doch mäßigte er seine Begeisterung, so gut es ging. Schneeweiß wollte ihn auf seine Seite ziehen, darum zeigte er sich als Erlöser und Heiler, ohne das eine oder das andere zu sein. Dennoch schien es ihm, als hätte er eine neue Art von Augenlicht gewonnen, nachdem al-Hamza ihm das alte zumindest zur Hälfte genommen hatte.
    "Du bist sehr freigiebig dafür, dass dein Gast dich töten will", murmelte er ernst.
    "Aber aber, ich dachte, wir hätten diesen Punkt bereits hinter uns gelassen."
    Die Stimme des Vergessenen hatte sich zu einem bestimmten Klang gefestigt. Sein Verstand schien eine feste Identität anzunehmen, da er seine Ansichten und Erinnerungen mit jemandem teilen konnte.
    "Du bist nicht dumm, also weißt du schon längst, was mein Begehr ist. Was mein Angebot ist."
    Maris schwieg und starrte das unter der Kapuze versteckte Antlitz eindringlich an.
    "Als du in die Höhle des Pantherfürsten eindrangst, sah ich ein gewaltiges Ärgernis und eine Gefahr für meine Pläne, doch je mehr ich dich studierte - was du bist, wie du denkst - desto mehr sah ich die Gemeinsamkeiten zwischen uns. Doch es gibt einen großen Unterschied: du bist der Diener eines wahrhaft mächtigen Naturgeistes, auch wenn er noch einige Generationen benötigen wird, bis er wieder vollends bei Kräften ist. Schließ dich mir an, Maris! Gemeinsam können wir zumindest einem Teil der Welt den Frieden und die Geborgenheit schenken, die in der Dunkelheit liegen! Kein Leben im herkömmlichen Sinne, aber auch kein Tod liegt auf diesem Weg. Der ewige Kampf um Macht und Kontrolle hätte ein Ende, und weder du, noch deine Lieben müssten fürchten, je leiden oder durch den Tod auseinander gerissen zu werden."

    Wendel Schneeweiß öffnete seinen Überwurf, striff die Kapuze ab und enthüllte, als was sein Geist sich sah. Ein stolzer Mann mit rabenschwarzem Haar und vollem Bart thronte vor ihm, die geschwellte Brust in schwarzen Samt gewandet, der von Silber durchzogen war. Auf seinem Haupt prangte eine feine, silberne Krone, in deren Mitte ein taubeneigroßer schwarzer Stein ruhte. Maris erkannte die Ähnlichkeit zu Suzurans Diadem.
    "Kämpfe an meiner Seite, und niemand wird dir mehr seinen Willen aufzwingen. Wir können gemeinsam eine gerechtere Welt erschaffen - du in deiner und ich in meiner Sphäre!"
    Gnädig reichte der Vergessene ihm die beringte Hand und lächelte.
    "Geh an meiner Seite. Das ist mein Wunsch, das ist mein Angebot."

    Der Drang war so groß. Er fühlte, wie seine Hand dem Willen nachgeben wollte. Es war so verlockend: all die Gefahren, die er wieder und wieder unternahm, all das Risiko, dem er nicht nur sich, sondern auch Aniron und die Kinder aussetzte... wenn es stimmte, was er versprach, war es dann nicht wirklich wert, dafür einzustehen? Wendel war nach einer Ewigkeit an diesem Ort von Einsamkeit verbittert, und dennoch hatte er diese Vision einer besseren Welt nicht aus den Augen verloren. Er war in Beliars Reich gegangen und daraus zurückgekehrt! Doch seine Hand schlug nicht in die des Vergessenen ein. Das Lächeln Wendels erstarb.
    "Was du sagst, hat durchaus seinen Reiz, das streite ich nicht ab", sagte Maris, und mit jedem Wort festigte sich sein Entschluss, der doch so knapp gefallen war.
    "Ich verstehe auch deine Beweggründe. Dir wurde Grausames angetan, du hast hier durchlitten, was kein Mensch je durchleiden sollte. Du sehnst dich nach Kameradschaft, nach Frieden, und deshalb willst du sie auch anderen aufzwingen, selbst wenn die all das gar nicht wollen. Doch dein Wunsch nach Zusammenarbeit zeigt nur, dass die Dunkelheit nicht das hält, was du versprichst. Wo ist dein Frieden, deine Geborgenheit? Auch die Wesen, die du bereits auf deine Seite gezogen hast, können sie dir nicht geben. Und du übersiehst etwas Entscheidendes: ohne das Leid zu kennen, könnten wir die Freude im Leben nicht schätzen. Was ist es wert, eine Ewigkeit im wohligen Dämmerschlaf zu verbringen, wenn wir diesen Frieden nicht wertschätzen können?"
    Die Lehren seines alten Mentors Fu Jin Lee kamen ihm wieder in den Sinn. Sie hatten sich auch mit diesem Aspekt des Lebens beschäftigt, und Maris dankte dem Alten im Stillen für all die Weisheit, die er ihm in seinen letzten Lebensjahren vermittelt hatte.
    "Nein, wir dürfen nicht davor fliehen, dürfen nicht wegschauen und uns davor fürchten. Das Elend und der Tod gehören zum Leben dazu, das ist richtig. Das müssen wir akzeptieren, und jeden anderen Aspekt des Lebens ebenso. Denn der Lohn der Lebensfreude, so kurz sie auch sein mag während unserer begrenzten Zeit, ist viel zu groß, um ihn zu riskieren. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht überzeugen können werde, denn du hast diese Freude schon so lange nicht mehr erlebt, dass du sie wie dein wirkliches Ich schlicht vergessen hast. Du willst nicht allein sein? In Ordnung, lass mich auch in Zukunft dein Gast sein und ich werde dich daran erinnern, was es bedeutet, zu leben. Doch mit dir für etwas kämpfen, das gegen meine Überzeugungen geht, nur weil es der leichte Weg wäre... nein, das kann ich nicht."

    Das Gesicht des Vergessenen war zur steinernen Maske geworden. Seine Haut, sein Haar, seine Kleidung nahmen ein aschfahles Grau an, das an verbranntes Leben erinnerte, und im Innern dieses Körpers kochte es vor aufwallender Wut. Er hatte sich siegreich gewähnt, hatte alles getan, um ihn zu überzeugen. Und doch hatte der Löwenkrieger sein Angebot ausgeschlagen. Er war nicht besser als die anderen, er war ein Feind. Alles war umsonst.
    Die grauen Augen starrten ihn stechend an, und bebend öffnete sich der zur Grimasse verzogene Mund.
    "DU BIST EIN NARR! DU VERSTEHST ES EINFACH NICHT!"
    Seine Arme breiteten sich bedrohlich aus, und majestätische Schwingen verbanden die aschenen Hände mit dem aschenen Körper.
    "DOCH DU WIRST VERSTEHEN! DAFÜR SORGE ICH!"
    Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen, das die gesamte Sphäre einzunehmen schien stürzte sich die Gestalt auf Maris zu, dem nichts einfiel, außer im Reflex die Hände hoch zu reißen und sie gegen die Brust Wendels zu schlagen. Und ohne jeden Widerstand zerplatzte der verbrannte Leib des Vergessenen zu einer alles einhüllenden Wolke aus Staub.

    Keuchend war der Nomade in seiner Haltung erstarrt, bis sich der Staub langsam legte. Eine drückende Stille umgab ihn. Er stand allein auf dem Felsvorsprung, der nun wieder in ein warmes Licht getaucht war. Nur der alles um ihn herum bedeckende Staub erinnerte an das, was geschehen war.
    "Es tut mir Leid, Wendel", murmelte Maris in die Stille hinein, als er seine Worte wiedergefunden hatte, "Doch das, was dir zugestoßen ist, hat dich auf einen Pfad geführt, auf den dir kein wahrer Diener des Lebens folgen kann."
    Nachdenklich ließ sich der Wüstensohn am Rand der Klippe nieder und starrte in die Ferne. Er war sich sicher, dass er Wendel Schneeweiß nicht zum letzten Mal gesehen hatte. Schließlich trug der silberne Löwenfürst seine Saat immer noch in sich - und auch darum würde Maris sich früher oder später kümmern müssen.
    "Du tust mir wirklich Leid."

  20. Beiträge anzeigen #360
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Redsonja ist offline
    Sie hatten lange trainiert. Nächtelang, tagelang. Wann immer Madlen abwesend war in ihr eigenen kleinen Welt verstrickt, dann lächelte Redsonja sanft, streifte mit den Händen über die beiden dunklen Klingen und forderte Adson auf es ihr gleich zu tun. Inzwischen hatte er Vertrauen in seine zweite Hand gewonnen.

    An jenem Tag wollte sie jedoch nicht trainieren, denn Madlen wirkte anders als sonst.
    "Du willst aufbrechen oder?"
    Fragte sie die Freundin und ihr Herz fühlte sich schwer dabei an. Sie hatte in ihrem Leben nie jemanden so ins Herz geschlossen, wie Madlen. Nicht einmal ihren Sohne. Wahrscheinlich weil sie ähnliches durchmachte wie Redsonja selber und die rothaarige Kriegerin nicht mehr wirklich dazu fähig war zu lieben. Die Klingenmystik war weg, aber eine tiefe Wunde war geblieben und Madlen war wahrscheinlich die einzige Person, die das einfach so verstand, ohne dass Redsonja jemals ein Wort darüber verloren hätte.

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