Diamonds
Tief atmete sie ein und aus. In regelmäßigen, aber doch ziemlich schnellen Abständen, hob und senkte sich der schmale Brustkorb. Und nach wie vor hörte sie jeden einzelnen Zug des in sie dringenden Sauerstoffs. Und jeder einzelne hörte sich fantastisch an. Hörte sich an wie das Leben selbst. Wie Licht und Frieden und Wohlwollen, das mit jeder Sekunde ihre Lungen füllte. Und Unmut, Unzufriedenheit, Trauer und Schmerz, den sie ausatmete. Jedes Atom in einer eigenen, schimmernden Farbe. Es war nichts mehr als das pure Leben, dass sie in rasender Geschwindigkeit durchströmte und befreite. Nichts mehr, dass sie hörte und noch nicht klang, als wäre es viel zu weit entfernt. Leicht vibrierte, während alle Worte ätherisch auf dem Wind gleiteten, der nun selbst Farben durch die gnadenlos schöne Atmosphäre zeichnete.
Ihr wässriger Blick wandte sich in die Ferne und drückte unterwürfige Begeisterung aus, als die Farben endlich wieder klarer erschienen. Vor ihrem Auge nicht länger der graue Ton in allen Nuancen, sondern endlich - selbst die nur kleinen Lichtquellen, die dort prangten - satte Farben. Wunderbare Feuerwerke hellen Glitzers. Heller Strahlen, die sich romantisch über das Wasser erstreckten und im sanften Wellengang in grenzenloser Perfektion wogen.
Der nächste Blick den sie tat wanderte zurück zu ihm. Der dort saß, während sie ein weiteres Mal tief seufzte. Und dessen eigene Perfektion sich nun noch einmal überschlug. Auch jede seiner Farben satter. Perfekter. Der Schein seiner Augen wirklich einer unberechenbaren, einer faszinierenden Schönheit gleich. Es war sein Glanz, der im Kontrast zur Starken Dunkelheit stand. Der herausbrach aus dem Trivialen. Zu dem sie sich gebeugt hatte, noch ehe ihr Hirn die Information verarbeitete.
Sie liebte diesen ersten Einstieg. Die erste Welle die sie mit einer solchen Wucht traf. Sie wollte keine Zeit verschwenden...keine Zeit, die er nicht schon längst hier, bei ihr, verbringen konnte. Ihr Körper endlich wieder auf Normalbetrieb. Scheinbar wieder wohlauf. Regeneriert. Ihr Geist perfektioniert. Die Sinne verschärft.
"Vieni da me.."*, wiederholte sie und hatte schon längst seine Lippen in Besitz genommen und dabei einhändig die noch volle Spritze mit der rechten Hand abgenommen wie einen Schatz. Selbstbewusst wie eh und jeh lockte sie den Schweden mit bloßen Küssen zurück auf die Couch zu ihr.
Sobald er saß, nahm sie wieder ihre rechtmäßige Position ein. Allerdings setzte sie sich mit dem Rücken gegen seinen Oberkörper auf ihn und nahm sich zu aller Erst genug Zeit sich an ihn zu lehnen, den Maximierten Geruch einzuatmen und jeden Partikel, jede einzelne seiner Schönheiten einzuverleiben. Sie ging unbeschreiblich in dem Gefühl auf, dass sie hatte als sie seine Haut spüren konnte und entlies etwas wie ein Wimmern in aller Wohltat.
Erst nach ein paar Sekunden nahm sie seinen rechten Arm zu sich, legte ihn liebevoll über ihre rechte Schulter. Dabei brauchte sie nicht lange um den Venenstauer um den Oberarm zu legen und mit ungewöhnlicher Präzision zuzuziehen. Weit genug um nach wenigen Augenblicken die Venen zu finden, die sie favorisierte. Abermals lächelte sie, überaus zufrieden in ihrer Welt, in der Leif bald ankommen würde. Begann sogar, nach kurzer Zeit ein beruhigendes Lied zu summen, während sie sich herüberbeugte um das Spray zu greifen und die Stelle sorgsam zu desinfizieren. Nicht, ohne dabei immer wieder über seine Haut zu streicheln.
Und schlussendlich war es dann soweit. Mit ihrer linken Hand und aller Liebe die sie aufbringen konnte, zog sie seinen Kopf an ihre Schulter, nah an den Nacken. Streichelte über seine Wange. Die Rechte hatte sie dann Zeit die Vene anzusetzen und noch einmal
"Keine Angst. Du wirst nichts davon merken. Atme tief ein." zu säuseln. Dann...seine Linke Hand an ihrem Oberschenkel platzierend, setzte sie längst überflüssig die Nadel mit perfektem Umgang in seine Vene, leicht nach oben gerichtet. Ein Atemzug blieb ihr noch...klammerte sich an den Kolbenring am hinteren Ende und zog ihn mit der freien, linken Hand dann gerade noch so von ihrer Schultergrube nach vorn um ihn wieder...wieder und wieder zu küssen. Und entließ dabei sehr langsam die Flüssigkeit in seinen Blutkreislauf.