Zitat von
End of the World
Ich habe eine deutsche Mutter und einen türkischen Vater. Ich würde mich zwar nicht als wirklich als Deutschtürkin bezeichnen, weil ich hundertprozentig "deutsch" aufgewachsen bin - in genau so einem rein deutschen Viertel der oberen Mittelschicht, indem du keine Wohnung finden konntest - und nicht einmal türkisch kann. Dennoch kann ich deine Probleme ansatzweise nachvollziehen, da ein türkischer Nachname ausreicht, um sie eben ansatzweise zu verstehen. So bin ich zb in der Schule von einem Lehrer einmal als Beispiel für gute Integration erwähnt worden, was alllein schon zeigt wie wenig Biodeutsche Deutschtürken als normale Bürger dieses Landes sehen können. Hat mich sehr verletzt damals! Vielleicht war sogar das der Grundbaustein dafür, dass ich heute gar keine Deutsche mehr sein will ( ich plane nach Australien auszuwandern) obwohl es spätestens seit 2015 für mich mich auch viele andere Gründe dafür gibt, keine Deutsche mehr sein zu wollen.
Was du schreibst ist mMn also richtig und falsch zugleich. Richtig ist, dass es leider noch immer viele Deutschtürken gibt, die sich diesem Land verweigern. Falsch ist, wenn du andeutest die überwiegende Mehrheit würde im Alltag der Deutschen große Probleme machen. Auch die vielen Deutschtürken, die in einer Parallelwelt leben, machen dies nicht. Die wollen meistens nämlich nur ihre Ruhe! Und falsch ist, wenn du die Schuld daran, dass viele Deutschtürken in einer Parallelwelt leben, ausschließlich den Deutschtürken gibt. Die Deutschen selbst haben sehr viel dazu beigetragen!
Und diese Gründe sind nicht nur in der tatsächlichen Diskriminierung zu finden, die viele Deutschtürken (wenigstens subtil) leider wirklich täglich erleben, sondern auch sehr stark in dem 68er Drift der deutschen Gesellschaft, denn sie vertritt nun (sogenannte) progressive Werte, die eben nicht nur die konservative Deutsche ablehnen, sondern ganze besonders die große Mehrheit der Deutschtürken ablehnen. Für sehr viele Deutschtürken wäre es wesentlich einfacher sich in das christlich/konservative Deutschland der frühen 1960er zu integrieren - natürlich ohne Aufgabe der eigenen Religion - als in das postmoderne, weitgehend wertelose Deutschland 2017.
Und außerdem: Salopp formuliert, niemand möchte Mitglied in einem Verein werden, der sich für sich selbst schämt. Eine Kultur, sich selbst abschaffen will, ja sogar bereits eine völlig absurde Debatte darüber führt, ob sie überhaupt eine echte, eigenständige Kultur ist, sowas ist in der Türkei, wie in fast allen anderen Ländern der Erde auch, doch völlig unvorstellbar. Die Deutschen selbst sind die Geisterfahrer, die jede Integration unmöglich machen, weil sie beinahe alles, wohin man sich integrieren könnte, abgeschafft haben. Kaum jemand (außer Deutsche ) will doch Teil einer solchen Nicht-Kultur sein. Schon gar nicht Türken, die Stolz und Stärke respektieren, nicht aber Selbstzweifel und Schwäche.
Edit: Beschäftigt man sich mit der Geschichte der deutschtürkischen Einwanderer fällt auf, dass die große Mehrheit immer sehr bemüht war Teil dieses Landes zu werden ( was bei den Deutschen leider nur selten ankam) bis die Deutschen ihre eigene Kultur durch den postmodernen Werte-Relativismus des Anything Goes ersetzt haben!