Zitat von
Glorichen
Dr. Ward beobachtete sie genau, Delia sah und spürte, dass er versuchte sie irgendwie zu lesen. Stur hielt sie seinen Blick, schaute ihm direkt in die Augen und wartete auf seine Antwort. Das Gefühl, dass das hier irgendwie unangenehm und schwierig für sie werden konnte, nahm zu. Delia biss sich von innen auf die Unterlippe, ein unbewusster Ausdruck ihrer Anspannung, die auch sein plötzliches Grinsen nicht linderte.
"Oh, gefährden würde Sie das nicht im Geringsten, ich gefährde mich hier gerade eher selbst. Nur ihre Vorgesetzten kennen den offiziellen Operationsbericht, wie sollten Sie dann also wissen, dass es irgendwelche Abweichungen gibt? Natürlich sollten Sie trotzdem tunlichst vermeiden, das die Uneingeweihten wissen zu lassen. Das gefährdete meine Stellung hier, und, da ich der einzige fähige Neurologe bin, der sich hierfür beworben hat, gefährdeten Sie damit das ganze Projekt und folglich Ihren eigenen Arbeitsplatz. Aber wenn Sie die Sache selbst herausfänden und sie dem Commander blauäugig mitteilten, träte genau das ein. Sie sehen also, es wäre in unser aller Interesse, ganz genau zu wissen, was Sie besser nicht erwähnen sollten. Sollte man Sie dennoch konfrontieren, ist es Ihnen gestattet, die Wahrheit zu sagen, um Ihre weitere Karriere nicht zu gefährden. Es wäre allein meine Verantwortung"
Delia hatte bei diesen Worten eher das Gefühl, es ginge darum, IHN nicht zu gefährden, nicht sie selbst. Vielmehr schien er ihr die Pistole auf die Brust zu setzen, um sich irgendwie selbst zu schützen. Andererseits schien er es wirklich für notwendig zu finden, dass sie diese Details erfuhr.
UND er schien es für notwendig zu empfinden, den Druck auf sie zu erhöhen, was sie mit einem leichten Zusammenkneifen der Augen quittierte:
"Und bezüglich Ms. Ascaiaths Genesung: Es ist meine und Dr. Svenssons Aufgabe, sie gesund zu halten, doch es ist Ihre Aufgabe, sie körperlich fit und kampfbereit zu machen. Sehen Sie: In diese Anlage fließen riesige Summen und ich kann Ihnen versichern, dass nach dem ersten Planquartal die Ergebnisse hervorragend sein müssen, damit diese Gelder auch weiterhin fließen. Sehr gute Ergebnisse reichen da nicht, wir brauchen beeindruckende Ergebnisse, die selbst medizinisch ungebildete Generäle den Sinn in dieser Einrichtung erkennen lassen. Sie können Ihre Trainingspläne sicher auch nach einem Standardkonzept umsetzen und gute Ergebnisse erzielen. Aber wenn Sie wirklich hinter dieser ganzen Anlage stehen und Ihnen der Durchschnitt nicht genügt, dann sollten Sie Ihre Patienten besser kennen als sich selbst"
Delia rührte sich nicht, doch in ihrem Kopf arbeitete es.
"Ein definitives 'Ja', oder dieses Gespräch hat nie stattgefunden. Ich kann keine Zögerlinge brauchen."
Was war das nur für ein merkwürdiger Kerl. Delia schwankte zwischen Sympathie, die er vor dem Gespräch bei ihr geweckt hatte, und Antipathie, die sein Ton und sein Verhalten während des Gesprächs hervorgerufen hatten. Er wirkte völlig entspannt und es schien ihm irgendwie nichts auszumachen, dass er sie dermaßen unter Druck setzte und ... ihr gewissermaßen keine Wahl ließ, und das - wie Delia vermutete - aus kalter Berechnung heraus. Immer noch hielt sie seinen Blick fest und versuchte, aus diesem Mann schlau zu werden und zu entscheiden.
Schließlich verschränkte sie die Arme vor der Brust: "Sie wissen genau wie ich, dass Sie mir gerade die Pistole auf die Brust gesetzt haben", sagte sie geradeheraus.
"Sie reden, als wenn ich eine Wahl hätte. Aber Sie setzen ebenso darauf, dass mir am Wohl meiner Patienten genug liegt, um Sie nicht zu verraten. Und vielleicht haben Sie Recht damit ..." Sie forschte im Gesicht des Doktors, kämpfte dabei innerlich mit ihren Gefühlen. Die Allianz hatte sie gefördert und aus ihr gemacht, was sie wahr. Aber ... hier ging es Menschen, um verletzte und verletzliche Menschen. Andererseits hatte sie keinen Schimmer, WAS kommen würde, wenn sie jetzt zusagte.
Dann fiel ihr Sgt. Morris ein, und die anderen Patienten, die sie gestern besucht hatte. Alle mit mehr oder weniger traumatischen Erlebnissen und Verletzungen. Dies war eine Gelegenheit, etwas zu bewirken, eine wichtigere Rolle in der Welt und der Galaxie zu spielen, als nur pubertierenden Teenies einige sportliche Übungen zu zeigen.
Sie rieb sich die Augen und hielt in der Bewegung inne, sodass ihre Hände ihre Augen verdeckten. Matt war nicht hier ... aber Matt hätte ihr den Kopf gewaschen: tu das Richtige, tu was du als richtig empfindest - wie in den Geschichten, in denen der Held sich gegen die Mächte auflehnt, um das Richtige zu tun. Okay, das war kitschig aber ... es hatte einen wahren Kern.
Zu einer Entscheidung gekommen, nahm sie die Hände von den Augen und blicke Julian mit festem Blick an.
"WENN diese Geschichte irgendwie ans Licht kommen sollte, werde ich weder Sie noch jemand anderen schützen, dann werde ich preisgeben, was ich weiß. Ich habe der Allianz viel zu verdanken und ich will nicht rausgeworfen werden. Ich werde nicht lügen. Aber ich habe auch Verantwortung meinen Patienten gegenüber, ganz egal wie überdimensional gut die Ergebnisse werden sollen. Dies sind Menschen, und sie haben die bestmöglichste Betreuung verdient."
Ein letzter prüfender Blick: "Sie bekommen mein 'Ja' - unter einer Bedingung: dass das, was sie mir gleich sagen werden, nichts mit terroristischen oder ähnlichen Angelegenheiten zu tun hat, mit nichts, was die Allianz gefährden oder unterwandern oder sonst wie negativ beeinflussen soll oder wird. Ich werde nichts tun, was die Allianz gefährdet."