Delia schwieg, nickte dann. Das war eine Geschichte, bei der sie höllisch aufpassen musste. Sie hatte null Erfahrung mit Drogen oder Junkies, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass es übersehbar wäre, wenn die Patientin - Ms. Asca...wie-auch-immer - etwas genommen hätte. Sie nahm sich daher die Beschreibung des Doktors sehr zu Herzen, merkte sich alles und nahm sich vor, das noch einmal genauer zu recherchieren. Sie wollte nicht riskieren, an ihrer Biotik zu drehen während ihr Hirn von Drogen überreizt war.
"In Ordnung, das sind zumindest schonmal einige Anhaltspunkte. Dann hoffe ich, dass ich das in solchen Fällen richtig einzuschätzen weiß. Dann müssten wir noch über die Reha generell sprechen, oder wollen wir dafür in Ihr Büro gehen? Das ist viell..."
Ein lautes Piepen unterbrach sie. Der Doktor griff sofort an seinen Hosenbund, an dem sein Pieper hing, der jetzt lautstark nach ihm verlangte. Ein entschuldigendes Nicken hatte er noch übrig, dann eilte er dienstbeflissen aus der Sporthalle.
Delia blieb eine Weile sitzen, noch etwas überfordert von dem Input, den sie gerade bekommen hatte. Mit aller Macht verdrängte sie das Gefühl, dem Ganzen nicht gewachsen zu sein. Wer es nicht versuchte, konnte es nicht wissen und sie war wild entschlossen, herauszufinden, WAS sie konnte. Nur hatte sie nicht mit drogensüchtigen Patienten gerechnet, die völlig ungeübt mit der Biotik waren. Gut, mit letzterem hatte sie genug Erfahrung, mit Drogen dagegen gar nicht. Aber vielleicht hatte sie auch Glück, und die Patientin würde sich vorerst zurückhalten. Sie musste es letztendlich nehmen, wie es kam.
Sie erlaubte sich einen tiefen Seufzer. Dann stand sie wieder auf und nahm ihre Session Morgensport wieder auf. Es war zwar schon fortgeschrittener Morgen, aber da sie sowieso bisher keine Termine hatte, konnte sie auch ihr Sportprogramm weiter ausüben.
***
Es war fast Mittag, als sie schließlich auf dem Rückweg zu ihrem Apartment war. Da sie mit ihren freien Stunden nicht viel anzufangen wusste - und der Doktor auch nicht mehr aufgetaucht war - hatte sie ihr Sportprogramm ausgedehnt. Jetzt schlenderte sie zurück, spürte die wohlige Erschöpfung ihrer Muskeln, während sie die Gänge entlang Richtung Apartment ging. Dort suchte sie Alltagskleidung heraus und gönnte sich in den Gemeinschaftsduschen eine entspannende Dusche. Die gemütliche Erschöpfung und die Konzentration ließen sie etwas entspannter werden und sie dachte erst einmal möglichst wenig an den Morgen.
Als sie schließlich ihre Haare föhnte, meldete sich das erste Mal ihr Magen, und ihr fiel auf, dass sie außer zwei Scheiben Toast bisher noch gar nichts gegessen hatte. Ein Blick auf die Uhr meldete: Zeit für's Mittagessen.
"Perfektes Timing, Miss Hall", stellte sie fest und machte sich auf den Weg in die Kantine, nachdem sie ihr Zeug weggebracht hatte.
Ihr Magen rumorte und protestierte jetzt so lautstark, dass es ihr fast schon peinlich war. Also beschleunigte sie ihre Schritte, trat in die Kantine an und versuchte sich zu orientieren. Tabletts, Theke, Tische ... ihre Hand langte nach einem Tablett und mit knurrendem Magen stellte sie sich eine ordentlich große Portion zusammen. Dann setzte sie sich an den nächsten freien Tisch. Sie hatte keine Lust auf Gesellschaft, musste ihre Gedanken ordnen und grübelte über ihre Aufgabe, ihre Patienten und die Informationen von heute morgen. Hoffentlich hatte sie die richtige Entscheidung getroffen, hoffentlich ging das Ganze nicht nach hinten los ...