Klatsch. Mit nur einem Satz zurück und aufzeigenden Handflächen ob der Überraschung schaffte sie es gerade so der sich seitlich schließenden Tür auszuweichen und sich nicht die Finger einzuklemmen. Das wütende Gesicht des Schweden verschwand dahinter und ein heftig rot blinkendes Panel versicherte ihr, dass er das auf ihrer Seite blockiert hatte, was sie zum zornigen Schnauben brachte. War das nun sein Ernst? So beschissen zu reagieren und ihr wortwörtlich die Türe vor der Nase zu zu werfen?
Ohne darüber nachzudenken schlug sie einmal kräftig gegen die Tür und damit einhergehend ein noch deutlich zu hörendes
"Vai a quel paese!" herausfeuerte, bevor sie sich selbst wütend genug umdrehte und frustriert und laut seufzte, während sie wieder in den Raum trat.
Ja, die Situation war eskaliert und ja, sie wusste sehr wohl darum, dass sie die Schuldige an diesem Duell gewesen war. Sie hatte es rausgefordert, in seinen Wunden herumgestochert, bis er nur mit wütenden bissen reagieren konnte. Aber noch mittendrin, als seine Wut langsam aufkeimte und regelrecht in ihm hinaufsprudeln wollte, reizte es die Halbitalienerin so sehr, dass es wie ein Drang war, dem sie nicht widerstehen konnte. Sie musste das tun. Und das nicht allein deswegen, weil 'heiß' eine komplette Untertreibung war wenn sie ihn so aus sich raustreten sah. Nein, tatsächlich war es ihr übliches Verhaltensmuster. Ihr Spaß, ihre Genugtuung an diesen Dingen, Schwächen aus anderen Personen herauszuziehen und sie ohne wirklichen Grund zu benutzen. Abgründe ans Tageslicht zu schaufeln. Wie auf Omega. Wie in den Clubs, bei langem Gegenübersitzen, als sie hin und wieder einem gönnte ihr einen Drink auszugeben. Sie wollte mit ihnen spielen, wollte wissen, wie weit sie gehen konnte. Hatte sich unlängst nach einem Stapel negativer Erfahrungen dazu entschlossen, drastischere und rücksichtslosere Wege zu gehen, weil sie ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte. Riskierte Schlägereien, riskierte, auf Omega in dunkle Gassen verschleppt zu werden und riskierte, dass tatsächlich mal jemand die Kontrolle verlor und erst schoss, bevor sie die Chance hatte, sich wieder aus der Situation herauszuwinden.
Egal wie man es nannte...es war weder gesund noch normal. Noch gut für sie beide, weil sie als Konsequenz aus dieser Situation leicht abwägen konnte, dass er ihr von nun an wohl nichts mehr anvertrauen würde. Und damit hatte er auch recht. Ganz gleich wie es ihr weh tat. Ja...weh. Dieses nichtsnutzige, harte, eiskalte Miststück als perfekte Fassade.
Zielgerichtet tappte sie zwischen die Stühle, griff nach ihrer Tasse Tee und leerte sie in einem Zug. Was als nächstes folgte war so berechenbar wie ihr unberechenbarer Ausbruch zuvor: Sie grabschte nach dem Whiskey, schraubte ihn auf und füllte ihre Tasse wieder bis zum vorherigen Pegelstand nur hiermit - verzichtete gerade dankbar auf den Tee und nippte dann daran, während sie fluchend ins Wohnzimmer verschwand und sich genervt auf das lange Sofa fallen und das rechte Bein herunter baumeln lies.
Dabei schwankte sie. Schwankte innerlich zwischen der Frage, warum sie so war wie sie war - dieser explosive Mix aus einem weinerlichen, kleinen Mädchen und dieser unberechenbaren - man konnte es nicht anders nennen - Schlampe, die kein Interesse an einer Rücksicht hatte. Und die Konsequenzen auf ihre Beziehung, die sie innerhalb weniger Tage gerade wieder ein weiteres Mal zerstörte.
"Che merda..", murmelte sie schließlich nur zu sich selbst und leerte langsam aber stetig ein weiteres Mal die Tasse. Die...stoppte wenigstens ihre langsam entstehenden Schuldgefühle.