Zitat von
BlackShial
Sayuri Henrietta Himemiya
Irgendwie wollte die Welt über der jungen Frau abermals zusammenbrechen, als sie diese Offenbarung hörte, diese sich in ihrem Kopf einbrannte und ihre Augen zum flackern brachte. Eigentlich wäre dies der perfekte Moment dafür gewesen, gab es doch nur eine Frage, die sie in ihren Gedanken zu formen vermochte: Wieso ich? Was habe ich getan, um so etwas zu verdienen?
Die wenige Farbe, die ihr Gesicht wiedergewonnen hatte, entwich mit der leichten Öffnung ihres Mundes. Sagen konnte sie nichts, atmete sie vorerst doch einfach nur aus, einem Seufzer gleich.
Wieso? Wieso? Wieso?
Langsam wanderte ihre Hand zu der des Mädchens, mit welcher sie noch immer ihre Jacke festhielt, legte sie auf diese und umschloss sie mit der ihren. Es war schwer, in solch einer Situation an einem Lächeln zu arbeiten, aber sie tat es. Das Ergebnis war ehrlich, wenn auch zögerlich, doch es war ein Lächeln, mit dem sie das Mädchen zu überzeugen versuchte.
„Kein Mensch verdient dieses Schicksal, egal wem er es auferlegen möchte.“
Mit diesen Worten drehte sich die Halbjapanerin wieder zu den drei Personen um und machte, machte jedoch noch keinen Schritt und ließ ihre Hand weiterhin auf der des Mädchens ruhen.
„Wenn es niemanden gibt, der über so etwas hinwegsehen kann, dann wird die Welt irgendwann nicht mehr existieren. Also ... Bleibst du bei mir? Bitte? Ich möchte dir ebenso helfen ... weißt du?“
Sie wusste nicht, wie sie es hatte ausdrücken sollen. Natürlich hatte sie Angst, die Angreiferin könnte ihr erneut Schaden zufügen wollen - die Wahrheit hinter den Angriff aber noch immer nicht wirklich wahrhabend wollend. Doch was war mit dem Pärchen? Die Frau schien ohnmächtig zu sein - oder gar schlimmeres? - zeigte auch sie ebenso wenig Regung wie die Angreiferin. Dem Mann dagegen konnte man seine Sorge in jeder einzelnen Bewegung ansehen, seine Freundin in den Armen wiegend.
Henriette verstärkte den Druck mit ihrer Hand etwas, versuchte Zoia klar zu machen, dass sie diese nicht noch einmal verlieren wollte. Nicht an diesem Tag. Nicht nach all dem, was passiert war. Nicht, bevor sie nicht sicher sein konnte, dass es dem Mädchen gut ging.
Aber die unschöne Realität holte die gutgläubig Halbjapanerin schneller ein, als sie es für möglich hielt. Eine Realität, die man sich hätte schön reden können, wie man wollte, aber niemals gut enden konnte. Nicht so. Nicht in dieser Situation.
Was hätte sie sagen sollen, im Angesicht dessen, was dort auf sie zukam? Davon abgesehen, dass auch Zoia das Geräusch der Sirenen garantiert hatte wahrnehmen können - egal wie weit es noch entfernt war - konnte sie die Panik nicht herunterspielen, die sie mit jedem Signalton weiter umfing.
Das Mädchen ist unschuldig, es wollte mich nur beschützen? Ich bin unschuldig, ich weiß nicht einmal weshalb all das passiert ist? Die Frau musste uns verwechselt haben?
Egal wie sehr sie gedanklich auf Hochtouren lief, sie kam auf keinen Nenner. Alles was blieb, war eine Entscheidung, die sie eigentlich nicht hatte treffen wollen. Niemals. Nicht in diesem Leben und in keinem danach.
Sie machte einen Schritt zurück, wieder auf Zoia zu, warf den drei Personen einen verzweifelten Blick zu, entschuldigend und um Vergebung bittend, wissend das ihr diese jedoch niemals zustehen würde. Nicht nach dieser Entscheidung. Henrietta‘s Herz schlug unsagbar schnell, als sie sich zu ihrer ebenso verletzten Begleiterin herumdrehte und auch ihr einen verzweifelten Blick zuwarf. Es waren keine Worte nötig, geschah in diesem Moment einfach alles so schnell, dass sie Zoia noch nicht einmal darauf hätte hinweisen müssen.
Sie mussten weg. Der Sicherheit des Mädchens wegen.