Tinquilius lachte lauthals. Vivi war… so unbedarft, so unbesonnen. Ob man es als naiv bezeichnen konnte, wollte Tinquilius noch nicht ganz entscheiden. Auf den ersten Blick schien sie schlicht jemand zu sein, der fern jeder Zivilisation gelebt hatte. Zumindest wenn man ihren Worten Glauben schenken durfte, dass sie am Silbersee gelebt hatte. Denn dort, bis auf die Burg einmal abgesehen, wohnte sonst niemand.
„Tut mir Leid, werte Vivi, mein Lachen soll nicht hämisch sein. Ihr habt nur so eine fröhliche Art und es ist schlichtweg fast unmöglich jemanden kennen zu lernen, der von den Göttern scheinbar noch nie etwas gehört hat. Eure Frage, was sie denn göttlich macht, ist aber eine wirklich gute. Sie haben wohl diese Welt geschaffen, sind so mächtig, dass niemand dies auch nur begreifen kann. Wir können es nicht einmal beschreiben. Ihre göttliche Kraft steckt in uns allen, in der Natur und auch in jedem Stein. Aber es gibt ihrer drei, das wissen wir: Innos, das Feuer der Gerechtigkeit. Adanos, das Wasser des Gleichgewichts. Und Beliar, die Dunkelheit der Freiheit und des Chaos. Allesamt Brüder, die einander im Zwist liegen, so sehr, dass Adanos seine beiden Brüder aus dieser Welt verbannt hat. Nur ihre Magie und ihre Ideale sind noch hier und für uns Menschen zugänglich.“
Er nahm einen weiteren Löffel der Suppe und nahm einen Schluck des Wassers. Er hätte ja Bier bevorzugt, aber zum einen gab es dieses hier nicht und zum anderen wäre es in seinem derzeitigen Zustand auch nicht empfehlenswert. Zumindest sollte er sich dies als Heiler immer vor Augen führen.
„Ihr sagtet ja schon, dass ihr im Sumpf wart und die Menschen dort gesehen habt. Die Menschen dort müssen euch gefallen haben, denn sie glauben an die Natur wie ihr dies tut. Auch für sie ist die Natur eine eigene Gottheit, eine Göttin von unbeschreiblicher Macht und Mystik. Überall und immer gegenwärtig. Eine schöne Philosophie, eine mit der ich mich auch gut anfreunden kann, nur das sich als Diener Adanos‘ ihn als den Hüter der Natur ansehe.
Es freut mich aber auf jeden Fall, dass euch die Suppe schmeckt“, fuhr er sogleich fort und nahm den fast leeren Teller von ihr in die gesunde, rechte Hand. Er stellte ihn vor sich hin und hielt die rechte Hand über die restliche Suppe – und schloss für einen Moment die Augen. Einen Moment passierte nichts, dann schien die Flüssigkeit sich in ihrer Mitte nach oben auszubreiten. Einen Moment blieb sie noch im Teller, dann flog die Suppe in die Luft und zog sich langsam zu einer Kugel zusammen.
Er öffnete wieder die Augen und schaute mit einem Grinsen zu Vivi.
„Wir Wassermagier können alles mit der Magie machen, was das Wasser betrifft. Es erschaffen, es lenken. Dicke Regentropfen vom Himmel fallen lassen und Nebel aufbauen. Und mit ein wenig Anstrengung“, er ließ einen Schwall Magie in die Suppenkugel fließen, „können wir auch Eis erschaffen.“ Die Suppe gefror mit einem Knacken und Knarren und fiel dann laut plumpsend auf den Tisch.