Dies ist die (erste) Fortsetzung meiner Geschichte "Mitternachtswache", die ich zum Kurzgeschichtenwettbewerb hier im Forum geschrieben habe. Ich habe mir vorgenommen, sie in unregelmäßigen Abständen bis zum Release weiterzuschreiben. Ab dann werden wir Risen 3 erstens ohnehin spielen können, womit zweitens auch weniger Raum für ein fiktives Szenario auf Taranis bleibt. Vielen Dank an Leo Norice für seine Ermunterung und Anregung einer Fortsetzung.

Mitternachtswache - Fortsetzung

„Hi, ich bin neu hier.“
„Sei gegrüßt, Fremder. Ich bin Uldred, ehemals anerkannter Magier und nun Verfolgter der Inquisition“, Uldred rümpfte seine Nase. „Was führt Dich zu uns?“
„Ich werde von seltsamen Schatten verfolgt und hatte gehofft, hier bei Euch Magiern Hilfe zu finden.“
„Schatten sagst Du? Interessant...“ Uldred bedeutete Konrad mit einer herrischen Bewegung, die Hütte zu verlassen. „Erzähl mir alles.“
„Na klar“, dachte Konrad. „Immer wenn es spannend wird, muss man sich vom Acker machen.“ Immerhin blieb dann auch die Verantwortung bei den Oberen hängen. Wenn er genau darüber nachdachte, wollte Konrad sicherlich nicht mit dem Schicksal Taranis´ belastet werden. Die Geschichte des Fremden hätte er freilich trotzdem gerne gehört. „Naja, das kann ja noch kommen“, beruhigte er sich und stapfte weiter durchs Lager zum großen Feuer. Dort angekommen, blieb er im hellen Schein stehen und starrte weiter sinnierend in die Flammen.
Plötzlich fuhr ihn jemand von hinten scharf an: „Lass´ mich mal vorbei!“ Kurgan befand sich offenbar auf einem seiner üblichen Patrouillengänge. „Als ob dieser Kerl nicht einfach an mir vorbei laufen kann“, dachte Konrad. „Aber dafür sind sich die Herren Veteranen ja zu fein. Sturer Esel.“ Ohne Kurgans Geduld unnötig strapazieren zu wollen, machte Konrad beflissen Platz und erntete dafür von Kurgan ein zufriedenes „Na bitte, geht doch.“
Derart in seinen Gedanken unterbrochen, merkte Konrad, wie sehr ihn die ganze Aufregung mitgenommen hatte. Erschöpft ließ er sich neben dem Feuer nieder und schlief fast augenblicklich ein.

Der neue Tag begann für ihn recht unsanft. Kurgan packte ihn am Kragen, schüttelte ihn und gab ihm statt eines freundlichen „Guten Morgens“ sogleich die Anweisung, zu Uldred zu gehen. Ohne lange zu Zögern machte sich Konrad auf den Weg.
„Ah, Konrad, da bist Du ja“, begrüßte ihn Uldred. „Ich habe eine Aufgabe für Dich.“
„Natürlich, Meister Uldred.“
„Der Fremde befindet sich auf einer sehr wichtigen Mission und benötigt unsere Unterstützung. Du wirst ihm dabei helfen.“
„Ich?“
„Ja. Du warst doch neulich auf Wache, als uns diese schwarzen Banditen angegriffen haben, nicht wahr?“
„Ja, Meister Uldred.“
„Und du kennst den ungefähren Standort ihres Lagers?“
„Ja, so ist es. Aber...“
„Dann wirst Du den Fremden dorthin bringen. Wir müssen wissen, was sie vorhaben. Die Mission des Fremden ist auch für uns von großer Bedeutung.“
Mit diesen Worten wandte sich Uldred bereits zum Gehen. Deutlicher konnte er Konrad nicht zu verstehen geben, dass er in dieser Angelegenheit keinen Widerspruch dulden würde - auch wenn Konrad dies letztlich ohnehin nie gewagt hätte.

Mit gemischten Gefühlen begab Konrad sich zum Fremden. Dieser wartete bereits am Lagereingang auf ihn. Er schien sich von Konrads Schlag auf den Kopf überraschend schnell erholt zu haben. Konrad nutzte die Gelegenheit, ihn bei Tageslicht ein wenig eingehender zu mustern.
Der Fremde hatte eine kräftige Statur, war mittelgroß und hatte dunkle Haare. Auf eine regelmäßige Rasur schien er keinen Wert zu legen. An einigen Stellen seiner Hände waren kleinere Narben zu sehen, die auf einige Kampferfahrung schließen ließen. Das Gesicht war recht durchschnittlich und trotzdem nicht unschön. Die wirkliche Anziehungskraft aber wirkten seine Augen aus, die zwar Hoffnung und Kraft ausstrahlten, bei Konrad aber zugleich ein gewisses Unbehagen auslösten, wenn der Blick des Fremden länger auf ihm ruhte. Trotzdem fiel es Konrad immer schwer, sich aus dem Bann dieser Augen zu lösen.
Die Kleidung des Fremden war ebenfalls nicht sonderlich eindrucksvoll und wirkte seltsam improvisiert. Konrad konnte es nicht genau begründen, aber sie erinnerte ihn entfernt an einen Matrosenanzug. An seiner Seite hing ein ordentliches Schwert, das nach Konrads Einschätzung wohl etwa mit seinem eigenen vergleichbar war.

„Kann´s losgehen?“, fragte der Fremde ihn.
„Ja. Folge mir.“