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Mit einem selbstsicheren Lächeln stellte sich Grimbar mit einigen Schritten Abstand vor Avik und ließ ein paar Mal die Schultern kreisen. Sein Genick knackte merklich, als er den Kopf einmal zu jeder Schulter wandte.
"Ich muss zugeben, mein letzter Kampf ist etwas länger her, weshalb ich ja auch hier bin. Also seid etwas nachsichtig, wenn ich kein Gegner für euch bin.", sprach der Novize und ließ seine Waffe kreisend hinter und vor seinem Körper von einer Hand in die Andere gleiten. Auch wenn er sich eigentlich sicher war, dem Bruder etwas bieten zu können, so war er in der Tat eingerostet. Diesen Rost galt es abzuwerfen und seine alten Techniken auszugraben. Wenn er erstmal in Fahrt gekommen war und sich seine Muskeln aufgewärmt hätten, könnte das Tänzchen auch dann auch an Fahrt aufnehmen.
Ohne weiter zu zögern machte der Novize ein paar Schritte auf den Kämpfer zu und ließ ein paar Seitwärtshiebe auf ihn niederprasseln, um sich heranzutasten. Die Schläge waren nicht sehr kraftvoll, wollte er doch erstmal die Technik seines Gegners kennenlernen. Gerade den Einsatz seines Schildes musste erstmal erkannt werden, da er zusätzlich zur Rüstung ein Hindernis darstellen würde, um den Ordensbruder wirkungsvoll zu treffen.
Vorerst galt es also die die Künste des Mannes herauszulocken, ohne sich in die Gefahr begeben getroffen zu werden. Locker geführte Angriffe, schnell aus verschiedenen Richtungen, um sein Gegenüber mit verschiedenen, rasch wechselten Situationen zu konfrontieren.
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Avik hob sein Schild, welches an sein Handgelenk gebunden war und er spannte seine Muskeln an, während die ersten Schläge des Hünen auf ihn zukamen. Er hielt das große Schild mit dem Wappen Innos`darauf vor sich und ließ seinem Gegner so kaum eine Möglichkeit ihn zu treffen. Die seitlichen Hiebe konnte er mit einer feinen Änderung des Winkels seines Schildes ebenfalls gekonnt abwehren, doch machte er sich jetzt schon Gedanken, wie er denn selbst zum Angriff kommen konnte. Der Stab seines Gegners war um ein vielfaches länger als sein Kurzschwert und sein Schild war zwar groß und auf die jetzige Distanz auch wirklich sinnvoll, doch wenn er einen Vorstoß wagen würde, sah es vermutlich ganz anders aus.
Wenn er näher kommen würde, würde der Stab gezielter auf ihn zustoßen und er würde weniger Zeit haben zu reagieren, schnell konnte er so einen Hieb von oben oder einen Schlag in die Beine einstecken müssen und Avik wollte seine neue Rüstung nicht verbeult sehen, so ging er behutsam vor. Schlag um Schlag wehrte er ab, indem er sein Gegner genau im Visier behielt und so schnell wie möglich reagierte. Nur ganz langsam bewegte er sich auf sein Gegenüber zu. Schritt für Schritt, während er mit dem Schild blockte und sein Schwert eingefahren an seiner Seite im Griff hielt, bereit einen Stich nach vorne zu vollführen.
"Ich glaube ehrlich gesagt, dass ich mindestens so eingerostet bin, wie du. Seit dem ich in Thorniara angekommen bin, habe ich kaum trainiert und noch weniger gezielt mit einem Lehrmeister, sondern lediglich mit Kameraden", antwortete der Ordensbruder mit hörbar verschnellerten Atem.
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"Die Pest hat auch viele Opfer in der Miliz...", begann Grimbar seine Antwort, als er jäh von einem Konter Aviks überrascht wurde. Der Novize war gerade einen Schritt nach vorn gegangen, um einen Stoß gegen den Kopf seines Gegenübers zu landen, als dieser den Stab mit seinem Schild nach oben ablenkte und darunter einen schnellen Stoß gegen Grims Bauchregion ausführte, der sich perfekt in den Solar Plexus des Hünen grub.
Mit einem Stöhnen wich Grimbar rasch ein paar Schritte zurück und atmete schnappartig, wie es typisch für einen Treffer in dieser empfindlichen Region war.
"Eins zu Null für euch. Der saß...", sprach Grimbar, doch schluckte er den Schmerz rasch runter und hob seine Waffe erneut. Er musste auf das Schild seines Gegners achten, da es nicht nur eine Blockade für seine Waffe, sondern auch für den Blick des Novizen war. Er musste immer damit rechnen, dass darunter das Schwert Aviks auf eine Möglichkeit zum Angriff wartete.
Erneut führte der Innosdiener ein paar Schläge aus, doch rasch wechselte er dazu diese nur noch mit links zu führen, auf die Waffenseite seines Gegners. Dazu tänzelte er mit jedem Schlag ein wenig nach links, um sich noch weiter aus dem Parierradius des Schildes zu bringen, um die Waffe des Ordensbruders aus der Deckung zu locken. Gerade hier machte er Gebrauch von seiner höheren Wendigkeit, da er im Gegensatz zu Avik nur eine leichte Stoffrobe trug.
Gerade wenn sein Gegner sein Schwert zeigen würde, würde er einen hohen Schlag auf die rechte Seite des Nackens antäuschen, um dann mit einem raschen Stoßes des anderen Stabendes in die entblößte Achselhöhle zu treffen.
Geändert von Grimbar (08.07.2014 um 14:13 Uhr)
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Avik grinste triumphierend und zog sich wieder zurück. Er hatte es geschafft einen Vorstoß mit Hilfe seines Schildes zu vollführen. Nun hieß es aber sich etwas neues einfallen zulassen, denn der große Novize würde nicht noch einmal so einen Angriff auf sich zulassen und nun besser aufpassen. Ehe er sich jedoch etwas einfallen lassen konnte, begann Grimbar eine neue Strategie. Anstatt wie zuvor lässige Schläge von links und rechts zu vollführen, ging er jetzt nur noch auf den Schwertarm des Streiters vor und Avik hatte Mühe mit dem Schild zu parieren und zudem kostete es wesentlich mehr Kraft mit dem Schild seinen Schwertarm zu schützen. Er versuchte sich etwas zu drehen um seitlicher da zu stehen, doch Grimbar, ohne Rüstung in seiner Robe, war schneller und umkreiste ihn schneller, als Avik hinterher drehen konnte. Die Schläge des Novizen steigerten ihre Schnelligkeit und ihre Kraft und plötzlich vollführte der Stabkämpfer einen aggressiven direkten Hieb gegen die Schwertseite und der Ordensbruder hatte keine andere Wahl, als mit dem Schwert zu kontern. Er biss sich auf die Zunge und wollte vorstürmen, etwas verzweifelt wegen der verfahrenen Situation, doch Grimbar war erneut schneller und schlug nun wieder auf die rechte Seite. Avik wollte sein Schild benutzen um den Schlag zu blocken und gleichzeitig etwas an Geschwindigkeit aufzunehmen, während er auf Grimbar zu hastete, doch es traf ihn kein Schlag auf der rechten Seite, nein. Stattdessen drehte sich der Stab und ein Hieb traf den gepanzerten Schwertkämpfer an der Achsel seines Schwertarmes. Eine Stelle die sehr verwundbar war und die nach dem gezielten Hieb deutlich zu schmerzen begann.
Einen kleinen Aufschrei konnte sich der Braunhaarige nicht unterdrücken und sich mit dem Schild abschirmend, zog er sich erneut zurück. Dieses Mal jedoch ohne triumphierendes Lächeln im Gesicht.
"Nicht schlecht. Eins zu eins", kommentierte der Mann die Aktion des Glaubensbruders und nickte anerkennend. Am Liebsten hätte er sein Kettenhemd und seine Rüstung ausgezogen, denn er drohte zu überhitzen und Schweiß perlte seine Stirn hinab, doch er wollte vorne liegen und so attackierte er erneut.
Dieses Mal jedoch lief er schräg, mit dem Schild vorne und Schlug die Stabschläge mit seinem Schwert davon, anstatt sie direkt mit dem Schild zu blocken. Er machte wirbelnde Bewegungen mit dem Schild, schlug von rechts nach links und währenddessen hielt er sein Schwert hoch über den Kopf und schlug mit dem Holzschwert nach dem sich immer wieder nährenden Stab. So kämpfte er sich Meter für Meter nach vorne.
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Grimbar erkannte die Anstrengung in Aviks Gesicht und ließ sich ein kleines Lächeln nicht nehmen, als er die Schweißperlen sah, die über seine Stirn rollten. Er selbst war auch schon aufgewärmt, doch merkte man dies eher an seiner raschen Atmung, an der man auch die lange Abwesenheit seines körperlichen Trainings erkennen konnte. Luft zum Reden hatte der Novize keine mehr. Allerdings waren beide Männer sowieso voll konzentriert, da gab es keinen Raum für Gespräche.
Avik war mittlerweile dazu übergangen sein Schwert außerordentlich aktiv bei der Parade einzusetzen und mit dem Schild den restlichen Raum abzudecken, sodass der Novize keine Lücke mehr in der Verteidigung des Kämpfers finden könnte. Immer wieder versuchte der Innosdiener mit raschen Schlägen durchzudringen, doch ständig wurden seine Angriffe abgeblockt. Auch sein Vorteil, dass er die längere Waffe hatte wurde zusehends kleiner, da sich Ordensbruder mit jeder Parade einen Schritt näherte und den Novizen zurückdrängte.
Gerade als Grimbar mit seinem Stab auf das Schild seines Gegners donnerte, machte dieser einen Ausfallschritt und ließ sein erhobenes Schwert auf den Hünen niedersausen. Mit einem Ächzen riss dieser seinen Stab hoch und ging gleichzeitig in die Knie, um Aviks Waffe kurz vor seinem Gesicht zum Stehen zu bringen, nur um zu sehen, wie nun das Schild des Ordensbruders ansauste und ihm mit einer Ecke in die Seite fuhr.
Der schmerzhafte Impakt ließ Grimbars Brustkorb vibrieren und er ließ sich seitlich zu Boden gehen, um ein paar Schritte wegzurollen, bevor er sich wieder aufrichtete. Mit einem Murren rieb er sich die Rippen dort, wo ihn das Ordensschild getroffen hatte.
"Das gibt einen schönen blauen Fleck. Zwei zu eins...", murmelte der Novize bevor er sich wieder fasste und sich grimmig in den Gegenangriff warf. Der Schmerz entfachte seinen Kampfgeist und beflügelte seine Schläge, die nun aggressiver auf seinen Gegner kamen. Er versuchte immer wieder das Schild seines Gegners mit einem kräftigen Schlag, von links geführt, zur Seite zu donnern, um dann einen Angriff gegen den Unterleib zu führen. Wenn der Kämpfer versuchen würde mit dem Schwert parieren, würde er versuchen am Schwert vorbei auf den Schwertarm zu treffen, vorzugsweise eine von Kettenmaterial geschützte Stelle, die einen stumpfen Schlag besser weitergeben würde, als eine Stahlplatte.
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Avik konnte sich keine Sekunde auf seinem erbrachten Triumph ausruhen, denn der Novize meinte es nun wahrlich ernst. Hieb um Hieb brachte er den Ordensbruder mehr in Bedrängnis und Schlag um Schlag traf den erschöpften Mann heftiger und heftiger. Einen Bruchteil einer Sekunde, er wollte gerade einen weiteren aggressiven Schlag blocken und zum Konter ansetzten, da traf ihn der gehärtete Stab auf die Finger, die nur durch die Lederhandschuhe geschützt, sofort vor Schmerz stachen. Instinktiv zuckte er mit der Hand zurück und ließ dabei sein Holzschwert fallen.
"Du... du... du hast gewonnen", murmelte Avik und hob abwehrend die freie schmerzende Hand, nur um sie danach des Schmerzes wegen zu schütteln. "Verdammt, das darf einem Streiter Innos` doch eigentlich nicht passieren. Das Schwert fallen lassen, welch eine Schmach!", scherzte er über sich selbst und lachte erstickt, "Oh man, lange hätte ich das Tempo sowieso nicht mehr mitgehalten. Du musst wissen, ich kämpfe das erste Mal in kompletter Rüstung, zuvor habe ich immer nur den Waffenrock angehabt, nicht aber die Ketten und Panzerteile dieser Rüstung und bei Innos ist das heiß!", fügte er noch hinzu und setzte sich auf den nackten Boden der Bastion.
"Zwei zu zwei und ich habe aufgegeben, Respekt Novize, wofür gibt es uns Ordensbrüder dann überhaupt? Komm ich lad dich auf ein kühles Bier in der Marktschenke ein, es sei denn du magst lieber noch einen Ordenskämpfer brüskieren!", scherzte er weiter und befreite sich von seiner Rüstung. Lederriemen um Lederriemen löste er und nahm dabei dankend die Hilfe eines jungen Waffenknechtes an, der zusammen mit einem Kameraden den Kampf zwischen diesen zwei außergewöhnlichen Kämpfern beobachtet hatte. Nicht viele höhere Ordensmitglieder nutzten den Kampfplatz der Miliz, geschweige denn Novizen mit Kampfstäben.
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Ebenfalls schwer atmend stützte sich Grimbar auf seinen Stab und schluckte trocken, da seinem Mund jegliche Feuchtigkeit fehlte.
"Nun, dann wissen wir ja woran es lag. Zugegeben, ich hab es gern ausgenutzt, weniger gut gepanzert zu sein, doch in einem echten Kampf hätte mich bereits dein erster Treffer schwer verletzt. Ich denke wir können uns einigen, dass wir uns hier ebenbürtig sind. Trotzdem sollte ich wohl öfter herkommen, ich denke den Kampf gegen echte Soldaten sollte ich ebenso beherrschen wie die Magie, die für manche Situationen schlichtweg zu langsam ist.", sprach der Innosdiener und hob das Holzschwert vom Boden auf, um es einem Waffenknecht zu überreichen, der es wegbrachte.
"Ich denke vorerst haben wir genug trainiert. Ein kühles Bier in der Taverne klingt nach einem verdammt guten Plan.", sagte Grimbar und machte sich mit dem nun aus der Rüstung geschälten Ordensbruder auf den Weg. Sie unterhielten sich auf dem Weg noch über den Kampf, ihre Technik und was ihnen dabei durch den Kopf ging. Erst als sie in der Taverne ankamen, ließen sie den Kampf vorerst hinter sich.
Die Schänke war recht leer, allerdings begann sie sich gerade jetzt zu füllen, da die ersten Männer und Frauen ihren Arbeitstag beendeten und hier für ein Feierabendbier einkehrten. Auch der ein oder andere Soldat würde sich nach seiner Schicht ein kühles Paladiner gönnen, an Novizen oder gar Magiern würde es allerdings mangeln, wodurch Grimbar wohl immer ein wenig herausstach.
Nachdem sich die Beiden einen freien Tisch ausgesucht hatten, setzten sie sich und bestellten zwei Bier. Nach einer Weile löste der Alkohol die Zungen und sie unterhielten sich ganz ungezwungen über allerlei Dinge wie dem Wetter, dem Alltag und Gott und die Welt.
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Befreit von seiner Rüstung, atmete Avik auf und genoss den Wind, der endlich wieder an seine Haut dringen konnte und ihm die nötige Abkühlung verschaffte.
"Bei Innos bin ich durchgeschwitzt!", lachte er und machte sich daran seine Rüstung in Lodricks Schmiede zu verstauen. Dem dortigen Waffenknecht wies er an ein Auge auf seine Ausrüstung zu haben, ehe er wieder zurückkommen würde und dann machte sich der Ordensbruder zusammen mit Grimbar auf den Weg in die Marktschenke.
Sie saßen eine ganze Weile da und genossen ihr kühles Bier und die Ruhe in der bisher recht leeren Schenke, ehe Avik ein besonderes Thema anschnitt: "Grimbar, ich weiß ihr Magier redet in eurer Arbeitszeit vermutlich schon genug über Innos und seine Brüder, aber sagt, könntet ihr einem verzweifelten Ordensbruder etwas aufklären? Warum geschieht sowas wie die Pest und warum taucht ein Drache im Weißaugengebirge auf? Ich weiß ihr Magier habt die Pest, Innos möge euch schützen, besiegt, aber warum geschieht es überhaupt?", wollte er wissen und war sich bewusst, dass das vermutlich viel zu philosophisch für einen gemütlichen Abend in der Taverne war. Andererseits beschäftigte ihn zurzeit einfach nichts anderes.
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Mit einem Stirnrunzeln und einem vor Skepsis triefenden Blick starrte Grimbar sein Gegenüber an.
"Ein Drache?", fragte er ungläubig. "Sag mal, du verträgst aber nicht sehr viel, dass du jetzt schon mit dem Seemansgarn anfängst. Wo soll denn dieser Drache sein?"
Gerade setzte der Novize nach dieser halbernsten Frage zu einem Schluck an, doch das fehlende Grinsen auf Aviks Gesicht ließ ihn zögern und als dieser ihm weiterhin bierernst versicherte, dass er nicht besoffen war und die Wahrheit sprach, starrte Grimbar konsterniert in seinen Bierhumpen. Er musste die Gerüchte um diese neue Bedrohung wohl verpasst haben, denn er hörte es zum ersten Mal.
"Bei Innos, ich habe in letzter Zeit wohl zu viel Zeit in der Bibliothek verbracht. Ein Drache auf Argaan...", murmelte er und schlürfte gedankenverloren an seinem Bier.
Mit Schrecken erinnerte sich Grimbar an den Drachenangriff in Nordmar. All die Toten, all die abgebrannten Häuser und schließlich und endlich der Drache, dem man nach einem langen Kampf enthauptet hatte. Damals hatte er auch etwas Mitleid mit dem Tier gehabt, obgleich es soviel Schaden angerichtet hatte, doch rückblickend strafte er sich selbst. Er war naiv gewesen, war es doch weithin bekannt, dass Drachen allesamt von Beliar gesandt waren. Dass ein weiterer von ihnen hier auf der Insel sein sollte, war in der Tat eine finstre Nachricht.
Ein Räuspern riss den Hünen aus seinen Gedanken, denn für einen Moment war er in ein tiefes Schweigen gefallen und abgedriftet. Avik blickte ihn fragend an und erwartete wohl immer noch eine Antwort auf seine Frage.
"Tut mir Leid, ich bin gedanklich abgeglitten. Viele können sich einen Drachen kaum vorstellen und dieser wäre schon der Zweite der in mein Leben tritt, also verzeiht mir wenn mich meine Erinnerungen kurz aus der Gegenwart entrückt haben.", antwortete Grimbar schließlich.
" Warum geschieht sowas wie die Pest und warum taucht ein Drache im Weißaugengebirge auf?, wiederholte er kurz die Frage des Ordensbruders kurz und ordnete seine Gedanken für eine Antwort. Nach einem weiteren Schluck Bier setzte er zu zu einer Erklärung an.
"Ihr seid nicht der Einzige, der sich diese Frage stellt. Und oft muss ich den Kopf über die Naivität in dieser Frage schütteln. Viele vergessen, dass wir in Adanos' Sphäre leben. Ein Gott der den Ausgleich, eine Balance zwischen den Mächten von Innos und Beliar predigt. Hier in der Stadt leben diese Menschen Jahrzehnte lang ohne jemals großes Leid zu erfahren. Sie arbeiten tagtäglich, gehen in den Tempel, zahlen ihre Steuern und beten zu Innos, aber sie vergessen, dass es nicht überall so aussieht. Das nehme ich ihnen nicht übel und ich verstehe ihre Klagen und ihre Wut, denn durch ihr unbeschwertes Leben trifft sie das Leid, das durch etwas wie die Pest ausgelöst wird, umso härter. Nichtsdestotrotz sollte diese Wut nicht Innos, sondern Beliar gelten. Denn genauso wie Innos uns Magier und euch Ordenskrieger als Diener hat, so hat Beliar ebenfalls Streiter und Mächte, die in dieser Sphäre sein schändliches Werk verrichten. Diese Pest und dieser Drache stinken nach seinen verdorbenen Kräften und wenn einer daran Schuld ist, dann ist es er! Aber Innos lässt es doch zu! sagen sie, Wieso verhindert Innos es nicht? fragen sie. Er verhindert es doch! Wurde die Pest nicht besiegt? Die Magier haben das Gegenmittel entdeckt, doch wäre es nie dazu gekommen, wenn die kleine Johanna nicht den Schlüssel dazu in ihrem Blut getragen hätte. Und ist der Kreis des Feuers nicht eins der Werkzeuge Innos? Rührt seine Macht, mit der er gegen die finsteren Kräfte Beliars kämpft nicht von Innos her? Die Menschen sollten nicht fragen Wieso verhindert Innos es nicht?, sondern Wie kann ich es verhindern?, denn wir Menschen sind seine Schöpfung und wir können seine Macht nutzen, um das Böse zu bekämpfen. Es liegt an uns diesen Kampf zu schlagen und Innos gibt uns die Waffen und das Rüstzeug für die Schlacht. Ohne ihn wären die Feuermagier nur Bücherwürmer und Wissenschaftler und Paladine wären nur ordinäre Krieger in glitzernder Rüstung, aber durch das Geschenk der Magie gibt er uns die Möglichkeit zu seinen besonderen Kriegern zu werden. Die Paladine haben andere Kräfte als wir Magier, denn sie erwächst nicht zwingend aus dem Wissen, dass der Kreis des Feuers angehäuft hat, sondern eher aus ihrem unerschütterlichen Glauben an Innos und ihrem Vertrauen darauf, doch dient sie demselben Zweck. Beliar und seine Schergen aus dieser Sphäre zu verbannen. Und dies zu vollbringen liegt an uns. An jedem von uns."
Nach diesen Worten befeuchtete Grimbar erst einmal seine trockene Kehle mit einem Schluck Bier und ließ alles was er gesagt bei seinem Gegenüber ein wenig sacken. In seinen Worten war auch ein kleiner Vorwurf versteckt, den manche sich nicht gefallen lassen würden, doch er war sich seiner sicher. Jetzt musste sich zeigen wie Avik darauf reagieren würde.
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"Vorsicht!" rief einer der Arbeiter, als er beim Entladen des Marktkarren eine Kiste fallen ließ. Viele kleinere Bauern und Kaufleute sind des Grafens Aufforderung gefolgt und wollten ihre Waren anbieten. Maximuss hatte vor einigen Tagen mit Steckbriefen auf sich aufmerksam gemacht und sich als Großabnehmer für Nahrung und Alltagsgegenständen bezeichnet.
Nun kam jeden Tag ein neuer Geschäftspartner und schwärmte von der Qualität seiner Waren. Es folgten diverse Verhandlungen über den Verkaufspreis und die zu liefernde Menge. Doch nach und nach füllte sich der kleine Laden. Der Dachboden war bereits mit unzähligen Kisten und Fässern vollgestellt. Maximuss ärgerte sich aber, dass sein Haus keinen Keller hatte. Denn so war die Lagerfläche erheblich reduziert und die Lagerhäuser am Marktplatz standen nicht im direkten Zugriff des Großhändlers.
Durch das geschäftige Treiben im Händler- und Handwerkerviertel wurden auch die ersten Kunden auf Maximuss aufmerksam. Dennoch war der Marktplatz noch immer die beste Möglichkeit, seine Waren zu verkaufen. Der Großhändler erinnerte sich, dass sich Gildenmeister Trevor einige Markstände reservieren ließ. Möglicherweise könnte Maximuss den ehrenwerten Gildenmeister davon überzeugen, ihm ein Stand zur Verfügung zu stellen.
Zunächst galt es jedoch, auf die restlichen Händler zu warten, die noch allerlei Waren verkaufen wollten. "Ein Schnäppchen..." murmelte der Graf, als er seine Angebotslisten durchging. Einen Tag zuvor hatte er mehrere Kisten Fackeln gekauft, die eigentlich für eine Expedition in Weißaugengebirge bestimmt waren. Der ursprüngliche Besteller hatte sich jedoch nie wieder gemeldet.
Geändert von Maximus (08.07.2014 um 19:56 Uhr)
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"Weise gesprochen, weise gesprochen", grummelte der Ordensritter und stierte auf sein Bier, als könnte er in den Schaumkronen etwas sehen, dass Grimbar verborgen blieb und in der Tat, er sah Amelie, seine Liebe, seine Liebe, die er für den Orden hatte in Gotha zurücklassen müssen, er sah sie in der Ferne und er konnte sie nicht erreichen, sie hatte seine Briefe bisher nicht beantwortet und ihr Sohn, ihr kleiner Sohn. Avik schluckte den Schmerz hinunter und schaute wieder zu dem Novizen hinüber.
"Für einen Novizen bist du nicht nur besonders schlagfertig, sondern auch noch äußerst Weise", lobte er den Hünen und nickte ihm betonend zu, während er für sich ein Resümee aus der kleinen privaten Predigt zog. Innos war der Gott der Ordnung und des Feuers und die Ordnung herrschte unter den Menschen und ein jeder musste versuchen in ihr zurecht zu kommen, denn genauso hielt man die Ordnung aufrecht und das Feuer half einem jeden dabei an Innos zu glauben und Mut in der Dunkelheit zu schöpfen und letzteres war besonders richtig für den verzweifelten Avik. Doch er schöpfte Hoffnung. Es lag in seiner Hand, er konnte aus der Situation machen, was er wollte. Er konnte die Dinge selbst in die Hand nehmen, oder eben vor sich hintreiben und schauen was passierte und weiterhin Trübsal blasen.
"Die Pest haben wir besiegt, ja", stimmte er dem Novizen zu und fragte dann nach: "Aber wie kann es sein, dass du den Schrei aus dem Weißaugengebirge nicht gehört hast? Selbst im Tempelviertel herrschte viel Aufregung. Viele Leute suchten eben dort nach Rat und viele Leute lauschten den beruhigenden Predigten eurer Priester?".
Jetzt nahm auch er einen tiefen Schluck aus seinem Krug, schaute dem Novizen tief in die Augen, erhob den Krug über den Kopf und meinte: "Für Innos! Auf den König und für Myrtana!"
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„Halt!“
Im Regen stoppte Ferox auf der Schwelle zum östlichen Tor der Hafenstadt. Das Wasser perlte von der verzauberten Kapuze über die gesamte Fläche des blauen Umhangs und verschmolz mit den Pfützen auf dem unebenen Kopfsteinpflaster. Er hatte Hunger. Ein selten gewordenes Gefühl, seit er sich auch magisch im Bunde mit Innos befand. Er schluckte es hinunter und suchte den Schutz des Torbogens, bevor er Kapuze und Mantel zurückschlug und mit seinem Gesicht auch das Wappen des Großmeisters auf seiner Brust freilegte.
Die Wache stockte. Sein Wappen war gewöhnlich nicht überall sichtbar wie das des Königs oder der Stadt, sondern nur auf der Flagge über der Ordensresidenz. Ferox sah dem Kopf des Mannes an, wie er sich wand und regte. Er sah zu ihm auf. Ein junger, hochgewachsener Mensch. Größer als Ferox und sicher noch kein Jahr in der Stadtwache. Eine etwas ältere Frau, vielleicht so alt wie der Paladin selbst, trat an die Seite ihres Kameraden, flüsterte ihm etwas ins Ohr und sagte dann lauter „Wegtreten, Soldat!“, woraufhin sich dieser schnellen Schrittes dem Wachgebäude näherte.
Dann wandte sie sich Ferox zu: „Wer erbittet Einlass in die Stadt?“
„Lord Ferox Severus von Khorinis, Großmeister des Paladinordens.“, stellte er sich vor.
Die Wachhabende salutierte.
„Eure Abwesenheit war langwierig, mein Lord.“
„Nun ist sie ja vorbei.“
„Euer Eintritt bleibt selbstverständlich nicht verwehrt. Braucht ihr eine Eskorte?“
Ferox überlegte einen Moment und erinnerte sich daran, dass er sich so gut wie gar nicht in Thorniara auskannte.
„Ja. Schick bitte nach jemandem mit guter Ortskenntnis, der Zeit hat, mich durch die Stadt zu führen. Um mich zu orientieren. Ich möchte den Wachdienst nicht stören.“
„Sehr wohl, mein Lord. Wollt ihr mit ins Wachhaus folgen, bis eure Eskorte angekommen ist? Der Regen ist stark.“
„Nicht nötig. Wegtreten.“, beendete er das Gespräch, trat durch die Pforte und ließ sich auf einer Bank im inneren Torbogen nieder.
Er sah die nahen Häuser und Straßen an. Sie fühlten sich fremd an. Selbst der Regen erschien ihm bekannter. Er ließ nach. Über dem Meer bemerkte der Streiter einen Riss in den Wolken, der sein Ende ankündigte. Wind pfiff ihm um die Ohren. Er lehnte sich an die Wand, um seinen Schicksalsführer abzuwarten und sich mit der Umgebung ein wenig zu vertrauen.
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Pitschnass stapfte Braoin durch die unzähligen Pfützen, die sich auf der Straße gesammelt hatten. Seine Hutkrempe hing ihm bereits ins Gesicht und das Wasser tropfte nicht mehr, sondern floss aus dem groben Stoff heraus. Seit zwei Tagen wollte der Regen nun schon nicht versiegen und alsbald würde die ganze Stadt ertrinken, so fürchtete der Bauer.
Innos wusste, warum gerade heute sein freier Tag war, denn bei diesem Wetter war es kaum möglich den Schmutz zu entfernen. Man mochte annehmen, dass gerade der Regen dabei behilflich sein konnte, wo Wasser doch zum Waschen genutzt wurde. Doch hatte sich einmal Wasser mit Schmutz vermischt, entstand eine hartnäckige, schleimige Masse, die um alles in der Welt an Ort und Stelle verharrte.
Wäre der Grund seines Ausflugs nicht wichtig gewesen und würde ihn sein Pflichtgefühl nicht antreiben, hätte ihm die wohlig warme Stube in der Taverne besser gefallen. Ein dunkles Bier und ein ordentliches Stück Fleisch waren das beste Rezept gegen Kummer an Regentagen.
Seine Zunftsbrüder hatten sein Mitleid, denn wie eine alte Weisheit sagte: „Alltäglicher Regen ist ungelegen; zuweilen ein Regen ist ein Segen.“
Natürlich war das Wasser wichtig für die Ernte, doch zu viel des Guten brachte oftmals Schlechtes mit sich und so konnte der Bauer nur hoffen, dass es alsbald enden mochte.
Das Handwerksviertel wirkte verlassen, wo sich doch kaum einer vor die Tür traute, wenn einem der Himmel auf den Kopf zu fallen drohte. Hie und da huschten vermummte Gestalten umher, die eilig ihre Geschäfte zu erledigen hofften. Der Witwer hingegen war nicht wegen eines Geschäfts hier, viel mehr brachte ihn eine Angelegenheit persönlicher Wichtigkeit her. Er erinnerte sich lebhaft an die beiden Straßenkinder, die ihm während seiner Aufräumarbeiten begegnet waren. Ihre Armut war ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen und nun, da er mehr Gold zur Verfügung hatte, als er selbst zum Leben brauchte, wollte er etwas sinnvolles damit machen. Zwar hallten die Worte Grimbars in seinen Ohren nach – eintausend Goldstücke als Tribut an den Kreis des Feuers für die Aufnahme – doch spielte die Zeit keine Rolle, in der er das Geld beschaffen konnte.
Der Straßenkehrer erreichte schließlich die Gasse, wo er die Kinder angetroffen hatte und spähte hinein. Sie war nach wie vor sauber und kein Vagabund war zu sehen. Ihm blieb kaum etwas anderes übrig, als nun jede weiter Gasse abzusuchen, bis er sie gefunden hatte. Vielleicht hatten sie aber auch Schutz vor dem Regen gesucht und waren in einem überdachten Verschlag untergekommen. Es gab dutzende Möglichkeiten, wo sie sich versteckt halten konnten und doch wollte Braoin nicht gleich wieder aufgeben. Der Regen hatte ihn ohnehin bereits bis auf die Knochen aufgeweicht, da machten ihm die weiteren Tropfen nichts aus. Er sorgte sich nur um das Bündel in seinen Armen, welches Gaben für die Straßenkinder enthielt. Sollten sie nass werden, wären sie nutzlos.
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Genervt wischte sich Grimbar ein weiteres Mal eine nasse Haarsträhne aus seinem Gesicht. Immer wieder glitt sie ihm aufgrund des Regens in sein Sichtfeld und auch der Rest seines Kopfes war klitschnass. Seine Novizenrobe hielt den Regen noch von seinem Körper fern, aber wer weiß wie lange es noch dauern würde, bis ihm die Kleidung wie eine zweite Haut am Körper kleben würde.
„Ich brauche ein paar Verzauberungen auf diesen Lumpen…“, murmelte der hochgewachsene Mann und beschleunigte ein weiteres Mal seine Schritte. Vielleicht könnte Françoise ja etwas gegen die Nässe tun, wenn er bei ihr ankäme.
Er passierte gerade die Brücke zum Vorhof zur Zitadelle und freute sich bereits auf ein trockenes Dach über dem Kopf, als eine Soldatin im Laufschritt auf ihn zukam und ein lautes „Halt!“ plärrte.
„Du, Novize! Ich brauche dich. Kennst du dich in der Stadt aus?“, kam es aus der Frau im Befehlston herausgeschossen, aber Grimbar antwortete vorerst nur mit einem skeptischen Blick. Ihn befiel das Gefühl, dass es besser sein sollte nun mit „Nein“ zu antworten, allerdings wäre das schlichtweg gelogen.
„Ja, schon, aber ich habe keine Zeit. Viel Glück bei der Suche nach jemand, aber ich muss…“
„Kein aber, er hat ausdrücklich befohlen den Wachdienst nicht zu stören. Du kommst wie gerufen. Komm mit.“, sprach die Soldatin und machte eine Kehrtwende ohne eine Antwort abzuwarten. Mit einem genervten Augenrollen und einem Murren folgte er ihr im Laufschritt.
Gerade näherten sie sich dem Osttor, als den Innosdiener die Frage überkam, wer denn überhaupt etwas befohlen hatte.
„Sagt mal“, setzte er an, als sie sich unter dem Torbogen ins Trockene retteten, doch weiter kam er nicht, da die Kämpferin prompt vor einem auf einer Bank sitzenden Mann stehen blieb und in Haltung ging.
„Ein ortskundiger Führer und Mitglied des Ordens, Großmeister. Zu ihren Diensten.“, sagte sie und Grimbar verschlug es die Sprache. Dort unter dem Torbogen saß ganz unscheinbar ein Mann mit einem Umhang, als wäre er ein gewöhnlicher Reisender, doch scheinbar war dies der Anführer der Paladine. Mehr als ein ungläubiges und sehr erstauntes Gaffen brachte der Novize in dem Moment nicht zu Stande.
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Gemächlich erhob sich der Streiter. „Vielen Dank...“ er hob die Brauen im Angesicht der Namenlosigkeit der Wachhabenden, die sich als „Dandris“ vorstellte.
„Vielen Dank, Soldatin Dandris. Du kannst deinen Dienst jetzt fortsetzen. Eine ruhige Wache, wünsche ich.“
Ferox sah ihr noch einen Moment hinterher, nachdem sie salutiert hatte und in der Wachstube verschwunden war. Nun war es schon so lange her und er vermisste noch immer den Wachdienst.
Lächelnd wandte er sich dem etwa einem Kopf größeren Mann zu. Kein Jungspund. Das lange Haar klebte ihm strähnig im Gesicht. Ferox nahm den Handschuh ab und streckte seine Hand aus.
„Innos zum Gruße. Mein Name ist Ferox. - Ich war lange nicht in der Stadt und brauche eine Führung. Ich hoffe, du wurdest nicht bei etwas wichtigem gestört...?“
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Einen Moment zögerte Grimbar noch, doch dann wischte er sich, vergeblich, seine Rechte an der Robe trocken und ergriff er die Hand des Großmeisters.
„Nein, äh, es ist mir eine Ehre. Ich bin Grimbar, Novize des Feuers, wie man unschwer erkennen kann. Entschuldigt mein Erstaunen, ich habe nur nicht den Großmeister erwartet… Es kommt mir wie eine halbe Ewigkeit vor, dass ich euch gesehen habe. Gerne führe ich euch durch die Stadt.“, sprach der Novize. Irgendwie hatte er ihn größer in Erinnerung, doch den Versuch sich zu erinnern, wann er den Mann das letzte Mal gesehen hatte, brach er schnell ab.
„Nun, dann beginnen wir mal mit der Führung.“, sprach Grimbar und gemeinsam traten sie aus dem Torbogen in die Stadt ein.
„Wie unschwer zu erkennen ist, habt ihr die Stadt durch das Osttor betreten. Zusammen mit dem Westtor auf der anderen Seite der Zitadelle ist es mit dem Hafen eine der drei Möglichkeiten in die Stadt zu kommen. Der Steinklotz direkt neben dem Osttor ist die Bastion, in der die Miliz und der Kerker untergebracht sind. Auf der anderen Seite stehen die Ställe und das große runde Gebäude dort ist die Arena zu Ehren des großen Lord Dominique.“, erklärte der Innosdiener während sie in Richtung Norden das nächste Viertel betraten.
„Das hier ist das Händler- und Handwerkerviertel. Vor kurzem hat die Pest in der Stadt Einzug gehalten und viele Menschen dahingerafft, egal welchen Standes sie waren. Ergo stehen viele Häuser leer, aber der Glaube an Innos und das Vertrauen auf den König schenken den Menschen Hoffnung. Wenn ihr etwas besorgen müsst, dann wärt ihr wohl in jedem Laden ein gern gesehener Kunde.“
Als sie das Handwerkerviertel duchschritten hatten, begaben sie sich ins Tempelviertel.
„Hier steht der Innostempel und alle Magier, Novizen und Adlati sind hier untergebracht. Die Freitagabendpredigt wird hier abgehalten und in der Kapelle kann man stets die Nähe zu Innos suchen. Wenn ihr den Pfad am Ende des Viertels entlang geht kommt ihr zum Friedhof, allerdings würde ich mir den Weg gern ersparen, dort sieht man nicht viel. Er führt schließlich ins Hafenviertel.“, sprach der Novize und sah kurz zu Ferox herüber, um sich zu versichern, dass dieser noch zuhörte. Gerade verließen sie das Tempelviertel und begaben sich zum Hafen.
„Ich hoffe es ist nicht unangemessen von mir, allerdings muss ich diese Frage loswerden. Ihr kamt durch das Osttor. Dahinter liegt nur eine weite Flur und dann kommt Setarrif. Wo kamt ihr denn her? Ich kann mir schwer vorstellen, dass der Großmeister der Paladine in der Stadt Ethorns unbehelligt herumlaufen kann. Darüber hinaus führt die Straße am Gebirge vorbei und ich hörte letztens, dass dort ein Drache gesichtet wurde. Könnt ihr euch das vorstellen? Ein Drache auf Argaan…“
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Ihm gefiel es sehr gut, durch die Straßen mitgenommen zu werden. Grimbar führte ihn gut. Mit der gelehrigen Ausdauer eines Novizen, der schon vielen Magiern hatte zuhören müssen. Insgeheim freute es ihn, dass Dandris nicht zuerst auf einen Soldaten getroffen war, neigten diese doch zu derselben Wortkärge, die das Wesen des Streiters ausmache; oder einst ausgemacht hat. Schließlich konnte er nicht wissen, wie er jetzt mit Leuten umgehen würde, nach der großteils kontaktlosen Zeit in der Wildnis. Drakk war auch nicht gerade jemand, den er ‚gesprächig‘ nennen würde.
Ferox blickte der Straße entgang bis zu einer Biegung. Das Meer konnte er von hier nicht sehen. Sie waren stehengeblieben.
„Der Drache ist ein Grund gewesen, schneller zurückzukehren. Er flog über mir, als ich den Gebirgskamm erklomm. Andere bedrohliche Wesen sind mir auf der Reise begegnet. – Es ist keine unangenehme Frage, aber gleichsam schwierig wie leicht zu beantworten. Ich bin mit einem alten Weggefährten in der Wildnis gewesen, um Orks zu jagen und in der Einsamkeit Innos‘ näher zu rücken.“
Ein Lächeln besänftigte sein ernstes Gesicht. Nicht nur, weil er an der diese Zeit dachte; auch fühlte sich der Krieger an andere solche Zeit andernort erinnert.
„Beantwortet das deine Frage ausreichend?
Es ist nicht nötig, das Hafenviertel aufzusuchen.“, fuhr nach einem wartenden Atemzug fort, „Ich werde selbst meinen Weg dorthin finden. Sag, ist noch immer Francoise die Oberste Magierin? Und hat sich neben der Pest, die hoffentlich besiegt ist – ?“, Ferox erkannte vertrocknete Beulen am Körper des Mannes, „weiteres in der Stadt und den beiden Orden zugetragen, das ich von dir erfahren kann? Ansonsten werde ich mich an höhere Stellen wenden.“
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„Das beantwortet meine Frage mehr als genug. Ich hoffe ihr habt gefunden, was ihr suchtet.“, antwortete Grimbar.
„Was Françoise anbelangt, ja sie ist immer noch oberste Feuermagierin. Sie residiert wie Lord Hagen und der Paladinorden in der Zitadelle, die ihr von überall in der Stadt sehen könnt.“, sprach der Novize und deutete mit dem Finger auf das große graue Steingebäude, dass sich an die Ausläufer des Weißaugengebirges schmiegte.
„Zur Pest kann man sagen, dass sie besiegt ist. Mittels des Blutes eines jungen Mädchens namens Johanna konnten Françoise und Neoras ein Gegenmittel herstellen, das die Erkrankung heilt. Allerdings war die Seuche schon so weit fortgeschritten, dass sie einen großen Teil der Bevölkerung dahingerafft hat. Am schlimmsten traf es das Hafen- und Armenviertel, doch schwappte sie nach einiger Zeit trotz Quarantäne auch in die restliche Stadt und viele starben. Das alles hat die Stärke der Miliz derart dezimiert, dass sie Schwierigkeiten hat, die Stadt unter Kontrolle zu halten. Ich bezweifle, dass es jemand wagen würde den Großmeister anzugreifen, doch solltet ihr im Hafen- und im Armenviertel immer die Augen offenhalten.“, erzählte der Novize und nickte unterstützend. Für einen Moment driftete sein Geist ab und er sah die schwelenden Leichenberge wieder vor seinem inneren Auge, die er und Vicktar zusammengetragen hatten. Mit einem kurzen Kopfschütteln vertrieb er die dunklen Erinnerungen und konzentrierte sich auf sein Gespräch mit Ferox.
„Ansonsten ist in der Stadt nicht viel geschehen, wenn mir nichts entfallen ist. Was den Krieg mit Setarrif angeht, hat sich wenig getan. Vor einigen Monaten wurde ein Gefangenenaustausch durchgeführt. Die Wassermagier lieferten mich aus, während die Feuermagier ihrerseits eine Wassermagierin freiließen. Und ich hörte, dass Ethorn einen offiziellen Boten des Königs enthaupten ließ, doch zu beiden Ereignissen kann ich euch leider wenig sagen. Zu dieser Zeit saß ich im Kerker der Feinde und die haben mir nichts erzählt.“
Einen kurzen Moment lang herrschte wieder Stille, doch erneut setzte Grimbar nach.
„Ach, und vor Kurzem gab es eine Expedition zu einem Steinbruch, allerdings kann ich dazu auch nichts sagen. Am besten ihr konsultiert Lord Hagen oder die oberste Feuermagerin. Sie dürften über alles Bescheid wissen. Wenn ihr wollt begleite ich euch zur Zitadelle und zeige euch auf dem Weg den Rest der Stadt.“, schlug er vor und als der Großmeister das Angebot annahm, bogen sie vor dem Hafenviertel gen Süden ab.
„Hier ist das Reichenviertel und, nun, hier wohnen…die Reichen. Man möchte meinen der Ort an dem die Reichsten wohnen sollte der Sehenswerteste sein, doch ist das Einzige womit dieses Viertel meiner Meinung nach protzen kann herausragende Geistlosigkeit. Es bildet allerdings den Kern der Stadt und wird damit neben dem Handwerkerviertel am Häufigsten passiert.“, meinte Grimbar, während sie sich bereits dem Ende näherten und am Marktviertel und dem Tor zum Plaza der Zitadelle ankamen.
„Wenn ihr hier rechts abbiegt kommt ihr zu der Treppe die ins Armenviertel hinunterführt. Dort gelten ähnliche Regeln wie im Hafenviertel. Vor uns liegt das Marktviertel und dahinter käme dann das Westtor. Außer dem Markt ist noch die Marktschänke erwähnenswert, die vom Wirt Coragon verwaltet wird. Wenn ihr ein gutes Paladiner wollt, dann ist das definitiv die erste Anlaufstelle. Hier links geht’s zum Plaza vor der Zitadelle. Nicht alle haben dort Zutritt, aber ich denke das dürfte für euch kein Problem sein. Die Zitadelle selbst beherbergt, wie gesagt, die Streiter des Paladinordens, die Gemächer von Lord Hagen und Françoise, als auch den großen Thronsaal. Wenn ihr jemand mit Autorität in der Stadt braucht, solltet ihr wohl am besten dorthin. Ich denke das war alles, was wichtig ist. Die Führung wäre somit abgeschlossen. Wenn ihr meine Dienste nicht mehr benötigt, würde ich wieder zum Tempel zurückkehren. Ich befürchte in meinem momentanen Zustand kann ich Françoise nicht mehr unter die Augen treten.“, sprach Grimbar und blickte an sich herunter. Seine Robe war gänzlich durchnässt und langsam drang die Kälte auch in seine Knochen. Im Tempel müsste er sich erst einmal am Feuer trocknen, bevor er irgendetwas anderes erledigen könnte.
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Vorsichtig schritt Braoin die Treppen ins Armenviertel herunter. Die Stufen waren glitschig, weshalb er nur langsam hinabstieg. Bereits von hier machte das Viertel einen düsteren Eindruck, gerade so, als beherbergte es tatsächlich das Schlimmste, was die Stadt zu bieten hatte. In den Augen des Bauern war es nicht gerecht, dass eine Spaltung der Schichten derart offensichtlich vollzogen wurde, waren sie alle doch nur Menschen. Er war nicht so dumm zu glauben, dass die Bewohner des Armenviertels alle tüchtig und gottesfürchtig waren, doch schienen ihm die Schicksalergebenen allzu leicht das Leben aufgegeben zu haben. Den Fuß der Treppe erreicht, fühlte es sich so an, als sei der schwierigste Teil des Unterfangens geschafft. Allerdings würde die Suche auch hier nicht einfacher werden und so blieb dem älteren Mann nichts anderes übrig, als einfach, wie zuvor im Handwerksviertel, in jede Gasse zu spähen, ob sich dort nicht einige Kinder versteckt hielten.
Sich selbst Mut machend, indem er ein freudiges Lied pfiff, wich der Straßenkehrer so gut es eben ging den Pfützen aus. Hier jedoch schienen sie noch tiefer und großflächiger zu sein, als in den anderen Vierteln und alsbald war es nicht mehr möglich, dem Wasser auszuweichen. Glücklicherweise waren seine Stiefel wasserdicht, wobei seine Füße dennoch nass geworden waren. Zwar konnte die Feuchtigkeit nicht durch das dicke Leder dringen, wohl aber von oben in den Stiefel kriechen. Allmählich fror der ehemalige Feldarbeiter, auch wenn er Wind und Wetter gewohnt war. Es kam ihm vor, als sei er schon Stunden unterwegs und noch immer war er keinem der Straßenkinder begegnet. Sein Bündel war mittlerweile feucht geworden und er konnte es zum Schutz auch nicht an sich pressen, war er doch selbst so nass, wie eine der Pfützen auf der Straße.
Die nächste Gasse in die er spähte hielt eine Überraschung für ihn bereit. Ein knisterndes Feuer trotzte dem kalten Regen und spendete Licht und Wärme. Mehrere Menschen kauerten sich um die Flammen, sogen das Leben auf, welches der Schein mit sich brachte. Sehnsüchtig schaute Braoin zu ihnen. Würden sie ihr Feuer wohl mit ihm teilen? Warum sollten sie nicht? Wer in Innos‘ Namen verschmähte bei einem solchen Wetter anderen die Wärme?
„He da!“, rief er munter zu den Gestalten am Feuer, „Habt ihr wohl noch einen Platz für einen alten Mann, dem die Nässe in den Knochen sitzt?“
Die Vagabunden wandten sich zu ihm um. Müde Gesichter starrten ihn an, aus Augen, die sich in tiefe Höhlen zurückgezogen hatten. Die Lippen waren aufgesprungen die Nasen wirkten ungewöhnlich krumm. Es waren Gesichter von Männern und Frauen, die am unteren Ende der Gesellschaft ihr Dasein fristeten, teils, weil ihnen Motivation fehlte, teils, weil das Schicksal ihnen keine andere Wahl gelassen hatte.
Sie schauten ihn nur an, reagierten nicht auf seine Frage. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die sie den Witwer im Regen hatten stehen lassen, rückte eine Frau unmerklich zur Seite. Es war nicht viel Platz, den sie ihm bot, doch war es eine große Geste.
Lächelnd nahm er zwischen ihnen Platz und wärmte sich die Hände am Feuer. Die Hitze war wohltuend und er unterdrückte einen animalischen Seufzer. Erst jetzt bemerkte er, dass auch der Platz um die Flammen trocken war und ein Blick nach oben offenbarte ihm den Grund dafür. Die Dachstühle der runtergekommenen Häuser bogen sich zueinander, ob durch schlechte Baukunst oder andere Einflüsse, war dem Bauern nicht ersichtlich. So jedenfalls bildete sich eine Art Dach über der Gasse und versprach Schutz vor dem Regen.
„Ein schönes Plätzchen“, meinte der Straßenkehrer fröhlich und schaute der Reihe nach die Menschen an, die ihr Feuer mit ihm teilten. Wie schon auf den ersten Blick wirkten sie müde und ausgemergelt. Nun jedoch sah er noch etwas anderes in ihren Gesichtern. Gier.
Geändert von Braoin (09.07.2014 um 20:05 Uhr)
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Unbehagen kroch Braoin den Rücken hoch, ließ ihn kalte Schauer durchfahren. Ureigene Instinkte meldeten Gefahr und ironischerweise kam diese Warnung zu spät. Er saß bereits inmitten eines Rudels hungriger Wölfe, die eine Schafherde gemimt haben. Unruhig rutschte er auf seinem Hintern hin und her, war zwiegespalten, ob er aufstehen, und um sein Leben rennen oder sitzen blieben und hoffen sollte, hoffen, dass sich die Angelegenheit irgendwie klären ließe.
„Was hast'n da in deinem Sack?“, fragte eine der Gestalten mit krächzender Stimme.
Seine Augen schielten zu dem Bündel, welches der Witwer zwischen seine Beine geklemmt hatte. Die anderen lachten, ob der Zweideutigkeit dieser Frage, die dem Straßenkehrer wohl entgangen war.
„Ein paar Dinge“, erwiderte er wage im Bewusstsein, dass eine falsche Antwort schnell negative Folgen haben konnte.
„Dinge also“, schaltete sich die Frau, die ihm platz gemacht hatte, ein und griff nach dem Säckchen.
Der Bauer wollte dies verhindern, fing sich jedoch einen groben Schlag gegen die linke Schläfe ein.
„Bischt uns wat schuldisch“, nuschelte der Mann neben ihm, der, wie dem ehemaligen Feldarbeiter erst jetzt auffiel, erstaunlich groß und kräftig war. Seine Nase war scheinbar mehrfach gebrochen und der scheele Blick lieferte einen Hinweis über die vorhandene Intelligenz. Es mochte klischeehaft wirken, dass sich ein großer, dummer Kraftprotz bei einer Gruppe finsterer Gestalten aus dem Armenviertel aufhielt, geradeso, als sei es nur eine Geschichte, die erzählt wurde. Dennoch saß eben so ein Hüne direkt neben dem vermeintlichen Protagonisten, der in einer ernstzunehmenden Klemme steckte.
„Ahahaha“, schallte eine schrille, irre Lache durch die enge Gasse, als die Frau das Bündel aufgeschnürt und die Decken aus Schafwolle, sowie das Brot und die Trockenfrüchte hervorgeholt hatte.
„Was wolltest du damit?“, fragte eine neue Stimme, die tief und bestimmt klang.
Braoin suchte den Blick des Sprechers und fand schließlich hellblaue, stechende Augen, die die seinen zu durchbohren schienen. Sein Gesicht war weniger ausgemergelt, wie das der andere und seine Nase schien unversehrt. Er strahlte eine Art Autorität aus, die ihn in Braois Augen zum Anführer dieser Gruppe machte.
„Ich wollte es den Straßenkindern schenken“, antwortete er wahrheitsgemäß, während er sich die linke Schläfe massierte, von der ein stetes, schmerzhaftes Pochen in seinen Kopf strömte.
Hämisches Gelächter brandete auf und es schien, als würden die Leute ihn für verrückt halten.
„Niemand kommt her, um uns was zu schenken, nicht mal den Kindern“, erwiderte der Anführer, als er sich genug amüsiert hatte.
„Aber ich schon!“, protestierte der Bauer, bekam jedoch sogleich einen weiteren Schlag des bärenhaften Kerls, wobei seine Finger an der Schläfe gequetscht wurden.
Schmerzerfüllt biss der Witwer die Zähne zusammen, kniff die Augen zusammen und wartete, bis die Welt aufhörte, sich zu drehen. Am Randes seines Bewusstseins bekam er mit, wie ein Streit zwischen den Ganoven entstand.
„Das ist meine Decke!“, keifte eine weibliche Stimme, welche von ebenfalls femininen Abwehrlauten begleitete wurde.
„Beruhigt euch!“, fuhr die dunkle Stimme dazwischen, die dem Wortführer gehörte.
Ein Aufschrei von eben jenem und ein röhrendes Gefasel störten schließlich vollends die Sinne des Gebeutelten, sodass er die aufkeimende Keilerei kaum mehr mitbekam. Viel mehr suchte er hilflos nach einem Ausgang aus der Gasse und so kroch er orientierungslos über den nassen Boden.
Seine Sinne kehrten zurück, genau in dem Moment, in dem er auch das Ende der Gasse erreichte. Irgendwie war er wieder auf die Beine gekommen, seine Knie schmerzten und hinter ihm waren Geräusche eines Gerangels zu hören. Er blickte nicht zurück, lief, so schnell ihn seine Beine trugen auf die Treppe zu, und bemerkte dabei nicht mal, dass es aufgehört hatte zu regnen.
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