F1 klingt so, als würde man von einem 3000m Berg springen und dabei durch zigtausend Mückenschwärme fallen.
Fassen wir mal kurz zusammen:
- Wieder einmal beschnittene Aerodynamik (schmalerer Frontflügel, kein Beamwing mehr, kein Blown Diffuser)
- Änderung des Motorformats V8 Sauger --> V6 Turbo
- Massive verstärkung der Energierückgewinnung KERS --> ERS (Nicht mehr nur Bremsenergie, sondern auch Verlustenergie vom Motor)
- Spritbegrenzung für Rennen als auch momentan Verbrauch
- Härtere Reifenmischungen
- Doppelte Punkte fürs letzte Rennen
- Neuer Strafenkatalog (ähnlich den Punkten in Flensburg)
Mehr fällt mir jetzt nicht ein, dazu gabs aber mittlerweile auch schon einige recht übersichtliche Artikel.
Wobei ich mich dann immer wieder Frage, warum man diesen Schritt nicht konsequent weitergeht und jegliche aerodynamische Hilfen verbietet. Ja, dann müsste man wohl die Form des Monocoques vorgeben, aber die Teams könnten sich somit viele teure Stunden im Windkanal sparen.
Und die Kosten sollen ja gesenkt werden.
Das finde ich durchaus interessant, zumal die Turbotechnologie immer bedeutender (Stichwort Downsizing) im Serienbau wird. Auch begrüße ich die Drehzahlbegrenzung, dieses hochfrequente Kreischen der Sauger habe ich seit jeher für eher unangenehm empfunden. Auch wenn es den Techniker in mir begeisterte.
Das begrüße ich. Eine kurze zusätzliche Leistung, die mehr Überholmanöver ermöglicht, ist der Spannung keineswegs abträglich.
Da nun wieder Turbo eingesetzt werden, dürfen diese auch am "Dampfrad" drehen?
Das wird im Endeffekt vollkommen egal sein wo und wieviel man beschränkt. Ein Team welches 300Mio Euro zur Verfügung hat wird auch weiterhin 300 Mio ausgeben wenn es dadurch einen Vorteil erhält.
Gerade im Bereich Motorsport ist denke ich weniger gleich mehr.
Weniger Regeln und Vorgaben --> mehr verschiedene Möglichkeit sein Geld zu investieren.
Einer Gibt 200Mio Euro für Aerodynamik aus, wogegen jemand anders 20Mio für eine neue technische Lösung im Bereich Aufhängung oder Fahrwerksgeometrie und beide haben am Ende eventuell das gleiche Ergebnis.
So besteht zumindest Zeitweise die Möglichkeit durch Innovationen auch für kleinere Teams Erfolg zu haben. (Zumindest in der Theorie)
Das ist die einfach-zu-schlucken-"Wahrheit" für das deutsch-österreichische Publikum, wonach es immer die Schuld der Zulieferer ist, aber niemals die von Red Bull, geschweige denn Vettel.
Vettels Teamkollege Ricciardo hat das vergangene Rennen, ganz nebenbei, auf Rang 2 beendet. Wenn das schon "verbockt" ist seitens Renault, dann weiß ich auch nicht mehr. Dass er danach disqualifiziert wurde, ist die Schuld seines Teams, das sich geweigert hat, gewisse Leistungseinstellungen regelgemäß anzuwenden, obwohl es mehrmals von der Rennleitung gewarnt wurde. Fehler: nicht bei Renault.
Vettel ist in Qualifying und Rennen baden gegangen, weil das Team - ganz entgegen seiner ständigen Behauptung, beide Piloten gleich zu behandeln - an Vettels Auto ein Software-Update vorgenommen hat (entwickelt von den teameigenen Programmierern), das die Nutzung der Motorleistung noch weiter verbessern sollte. Stattdessen ging der Schuss nach hinten los, irgendein Denkfehler in der Software sorgte dafür, dass ein Motorsensor Alarm auslöste und zur Vermeidung eines Schadens die Leistung auf ein Minimum drosselte. Fehler: nicht bei Renault.
Das zweite Red-Bull-Team, Toro Rosso, ist trotz eines kleinen Budgets, zweier sehr unerfahrener junger Fahrer (Kvyat ist gerade mal 19 und fährt seine erste Saison) und eben einem Renault-Motor im Heck im Qualifying zu einem der besten Ergebnisse in der Team-Geschichte gefahren, auf die Plätze 6 und 8. Im Rennen lief es dann zwar nicht überragend, aber beide Fahrer konnten in die Punkte fahren, was in der Team-Geschichte bisher ganze 8 Mal in fast 150 Rennen vorgekommen war. Kvyat wurde nebenbei im Rennen mit der dritthöchsten Geschwindigkeit aller Teilnehmer gemessen. Verbockt? Kann ich nicht erkennen.
Das dritte Renault-Team, Caterham, fiel zwar im Rennen nur mit einem Startunfall und einem technischen Defekt auf, konnte aber im Qualifying mit Rang 15 den zweitbesten Startplatz seit der Teamgründung einfahren und sich den erst 6. Einzug in den zweiten Qualifying-Abschnitt in den bisher rund 80 Rennen der Teamgeschichte sichern. Verbockt? Wenn ja, dann weniger schlimm als je zuvor.
Ich will damit nicht sagen, dass bei Renault alles perfekt läuft. Natürlich gibt es Probleme an allen Ecken und Enden. Aber: So schlimm, wie es in der Presse zu lesen war, ist es bei Weitem nicht. Der Red Bull von Ricciardo war mit einem Renault-Motor im Heck im Qualifying und im Rennen von Anfang bis Ende im Rennen um die Top 3, und die anderen Teams - mit Ausnahme von Lotus, das aus Geldmangel/Verzögerungen bei der Fahrzeugentwicklung beinahe die kompletten Testfahrten verpasst hat und mit einem Auto an den Start geht, das einfach noch nicht einsatzbereit ist - haben im ersten Saisonrennen eher besser als bisher abgeschnitten.
tl;dr:
Zu sagen, Renault habe gründlich verwachst und trage Schuld am schlechten Start von Red Bull, ist schlicht und ergreifend Gewäsch. Und typisch für die Pressearbeit eines Rennstalls, der im Misserfolgsfall sehr schnell auf irgendeinen teamexternen Sündenbock zeigt und dabei unterschlägt, dass man mit demselben Zulieferer davor eine sensationelle Erfolgsbilanz hatte.
Zur Formula Student: Coole Sache.