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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    König Rhobar II ist offline

    Post [Story]Wettbewerbsbeitrag von Rhobar

    "Schreim naoch Buchstohm 2" ist schon eine Weile her, trotzdem hab ich meinen mehr als bescheidenen Beitrag dazu nicht vergessen und allmählich wird es Zeit für die Fortsetzung.
    Die beiden bereits vorhandenen Beiträge wurden massiv überarbeitet, jedoch habe ich penibel darauf geachtet mich strikt an die Regeln zu halten, auch wenn der Wettbewerb längst vorbei ist. Ich habe keine der Vorgaben gelesen, bevor ich nicht die vorherige fertig bearbeitet hatte (Nicht, dass das noch ne Rolle spielen würde, aber trotzdem).
    Fertig ist die Story noch nicht, einen Titel hat sie ebenfalls noch nicht, aber vielleicht wird sie noch pünktlich zum Wettbewerb zumindest soweit fertig, dass sie als unvollendete Story ins Rennen gehen kann.



    Dramatis Personae:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Person A: Hanna
    Person B: Sanna
    Person C: Cassia


    Dramatis Grundae:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Grund A: Ernennung zur Magierin


    Dramatis Gegenstandae:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Gegenstand A: Ein Holzpflock


    Dramatis Ortae:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Ort A: Sagittas Höhle
    Geändert von König Rhobar II (05.08.2018 um 19:15 Uhr)

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    Vorgabe 1:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Wegen Grund A kehrt Person A nach einer langen Zeit zurück. Bei seiner Rückkehr wird Person A von einem unerwarteten Ereignis überrascht, bei dem Person B eine nicht unwichtige Rolle spielt.




    Unter wachsamen Blicken durchschritt sie die Pforte, genoss den frischen Wind in ihrem Gesicht und die warmen Strahlen der Sonne auf ihrer Haut. Freiheit, dachte sie.
    Endlich, nach zehn langen Jahren war sie wieder frei. Gut, Wind und Sonne hatte sie genug bekommen, schließlich hatte Hanna die vergangenen Jahre ja nicht in einem Verlies verbringen müssen. Ihre Strafe war weitaus schlimmer gewesen.

    Damals war viel passiert. Der Krieg gegen die Orks, Gerüchte über Drachen und andere Bestien, diese unheimlichen Kapuzenmänner... und mitten drin in alldem dieser seltsame Kerl, um den sich irgendwie alles zu drehen schien. Er hatte sowieso schon mit fast allem irgendwie zu tun, aber natürlich musste er seine Nase ja auch noch in alles Übrige stecken, was ihn nichts anging. So auch in die Aktivitäten einer gewissen Gruppierung, einer, man könnte sagen, inoffiziellen Gilde der Stadt Khorinis, der auch Hanna angehört hat.
    Nachdem er die Diebesgilde verraten und zerschlagen hatte, war auch Hanna festgenommen worden. Aufgrund der Situation hatte sich ihre Verurteilung ziemlich hingezogen, was ihr damals nur Recht gewesen war. Immerhin hatte sie schon halb mit dem Galgen gerechnet. Rückblickend jedoch wäre es wohl besser gewesen, noch vor Kriegsende verurteilt worden zu sein.
    Sie erinnerte sich noch gut an jenen Tag. Von ihrer Zelle aus, in der Kaserne der Miliz von Khorinis, hatte sie einen guten Blick auf den Galgenplatz gehabt. Ein Anblick, den sie nach Möglichkeit vermieden hatte. Als jedoch der königliche Herold zu sprechen begann, konnte sie nicht anders, als sich die Angelegenheit genauer anzusehen.
    „Hört ihr Bewohner von Khorinis!“, hatte er die immer gleiche Leier begonnen. „Im Namen seiner Majestät König Rhobars des Zweiten, Trägers des Zepters von Varant und Vereinigers der vier Reiche am myrtanischen Meer, ergeht folgender Erlass: Um die Diskriminierung der weiblichen Bevölkerung zu beenden und die Gleichberechtigung voranzutreiben, haben sämtliche Betriebe, Vereinigungen, Zünfte und Gilden von nun an eine Frauenquote zu erfüllen!“
    Es folgten ausführliche Erklärungen dieser Reglung und der Strafen, die bei Zuwiderhandlung drohten.
    Zweifellos eine Idee der neuen Königin, hatte Hanna gedacht, nachdem die Ankündigung vorbei war. Sie ahnte damals jedoch noch nicht, was für Folgen das haben würde.
    Jeder Betrieb, jede Gilde, jede Vereinigung, von den Schmieden bis zu den Jägern, von der Miliz bis zum Club der Bartträger musste zumindest eine Frau beschäftigen, und das zu den gleichen Bedingungen, die auch für Männer galten. Ob das in irgendeiner Form sinnvoll war oder von den Frauen überhaupt so gewollt wurde, war nebensächlich.
    Tatsächlich hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Manche Zünfte machten das Beste aus der Sache: Mit der Anerkennung der „Kräuterhexe“ Sagitta als vollwertige Alchemistin oder der Aufnahme Sarahs in die Händlergilde war die Angelegenheit für die Alchemisten und Händler erledigt. Die meisten anderen Betriebe hatten jedoch weniger Glück damit Frauen zu finden, die ihnen bereitwillig beitreten wollten. Manche Frauen hatten keine Wahl, da sie große Schulden hatten, andere, wie zum Beispiel die stadtbekannte Nadja, nutzen die Situation aus und ließen sich großzügig dafür bezahlen Mitglied in diversen Clubs und Vereinigungen zu sein, zumindest auf dem Papier.
    Überraschenderweise war jedoch der Andrang an Frauen, die ihr Leben in der Stadt zugunsten des harten, arbeitsreichen Alltags im Kloster aufgeben wollten, geringer als erwartet; tatsächlich gab es im gesamten Königreich nicht eine Frau, die die einmalige Chance auf ein zölibatäres Leben als Magierin ergreifen wollte – weniger überraschend war hingegen, dass Nadja sich dafür nicht bezahlen lassen wollte.
    Dem König blieb keine Wahl: Und so wurde jede Frau, die sich eines noch so geringen Verbrechens schuldig gemacht hatte, zum Beitritt ins nächstgelegene Kloster verurteilt. Um jede Flucht unmöglich zu machen, entsandte der König diesmal nicht die zwölf mächtigsten Magier des Reiches. Es genügte den Klostervorstehern mitzuteilen, die neuen Novizinnen besser nicht auf Botengänge zu schicken.
    Es kam, wie es kommen musste. Anstatt einfach ein paar Jahre im Kerker abzusitzen, war Hanna in das nahegelegene Innoskloster geschickt worden, wo sie die folgenden Jahre damit verbracht hat Schafe zu hüten, Unkraut zu jäten, Schafswurst zu verteilen und Kammern zu fegen.
    Schließlich war der lang ersehnte Tag gekommen, an dem sie zum Hohen Rat gerufen worden war. Die Hohen Magier Karras, Talamon und Ulthar - noch immer fiel es den meisten schwer zu glauben, dass ausgerechnet er als einziger vom letzten Hohen Rat sich noch bester Gesundheit erfreute – hatten ihr verkündet, dass sie auserwählt war die Prüfungen abzulegen und eine Magierin des Feuers zu werden. Und damit endlich berechtigt war das Kloster zu verlassen.

    Sie freute sich darauf endlich in die Stadt zurückkehren zu können. Aus ihrem kleinen Mädchen musste mittlerweile eine erwachsene Frau geworden sein. Die wenigsten wussten, dass sie überhaupt eine Tochter hatte, aber das war kein Wunder. In Myrtana war es seit jeher üblich Kinder bis zu einem gewissen Alter zu verstecken, sodass Reisende oft den Eindruck hatten, es gäbe überhaupt keine. Die kleine Sanna hatte in einem Geheimraum der Herberge gelebt, die Hanna in Khorinis geführt hatte. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Hatte überhaupt jemand gewusst, dass sie da war? Wer hatte sich um sie gekümmert, nachdem Hanna ins Kloster ging?
    So schnell sie in der unförmigen, viel zu weiten Magierrobe laufen konnte, legte sie den Weg in die Stadt zurück. Die Milizsoldaten am Tor – eine mürrisch aussehende Gritta und ein ständig verstohlen zu ihr rüber blickender Pablo – ließen sie ohne ein Wort passieren. Die neue Robe hatte offenbar ihre Vorteile.
    Und da war es, ihr altes Hotel. Erleichtert und mit einem Anflug von Stolz las sie das Schild, „Zum schlafenden Geldsack - Sannas Herberge am Markt“. Einen Moment lang hielt sie inne, atmete tief durch und bereitete sich darauf vor nach zehn langen Jahren endlich ihr kleines Mädchen wiederzusehen, auch wenn sie mittlerweile neunzehn war.
    Langsam betrat sie das Hotel, zu ihrer Überraschung war jedoch niemand am Empfang. Sie beschloss zu warten und begann eine Weile auf und ab zu gehen.
    Der Mittag kam und ging, die Sonne wanderte unaufhaltsam gen Westen, doch von ihrer Tochter war noch immer keine Spur. So leicht wollte sie jedoch nicht aufgeben. Entschlossen stürmte sie nach oben, zu den Schlafräumen. Möglicherweise verbrachte Sanna ihre Zeit ja in ihrem alten Geheimzimmer.
    Oben angelangt, brauchte Hanna einen Moment um sich zu orientieren – Sanna hatte gründlich umgeräumt, das Zimmer war kaum wiederzuerkennen – doch dann fand sie den versteckten Schalter, der den Geheimraum öffnete.
    „Hallo, Sanna? Bist du hier drin? Ich bin wieder...“
    Weiter kam sie nicht. Als sie ihre Tochter erblickte, stockte ihr der Atem. Ungläubig starrte sie auf das, was sie da sah. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet...
    Geändert von König Rhobar II (05.08.2018 um 19:17 Uhr)

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    Drachentöter Avatar von König Rhobar II
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    König Rhobar II ist offline
    Vorgabe 2:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Wegen dem unerwarteten Ereignis versucht Person C nun Person A zu finden. Bei sich führt Person C Gegenstand A.




    Hanna. Kein Zweifel, sie war es wirklich. Cassia traute ihren Augen kaum, als sie ihre beste Freundin wieder hinunter stürmen sah, schockiert über das, was sie in Sannas Zimmer gesehen hatte. Verdammt, Hanna. Wenn ich nur gewusst hätte, dass du heute zurückkehrst, hätte ich dir diesen Anblick ersparen können!
    Es lag nicht in ihrer Macht, rückgängig zu machen, was hier geschehen war. Doch zumindest konnte sie versuchen es Hanna zu erklären. Sie musste es versuchen, das war sie ihr schuldig. Zunächst einmal musste Cassia sie allerdings finden...
    Sie eilte die Treppe herunter und verließ die Herberge. Hektisch blickte sie sich auf dem Marktplatz um, konnte jedoch keine Spur von Hanna entdecken. Wo war sie hin? Nach all den Jahren dort würde sie wohl kaum zum Kloster zurückwollen und sonst gab es nicht viel auf der Insel. Orlans Taverne? Einer der Bauernhöfe? Nein, sie musste noch in der Stadt sein.
    Systematisch suchte Cassia die Stadt ab, jede Straße, jede Gasse, besuchte jeden, der Hanna gut gekannt hatte. Sie schlich sich sogar in die Kaserne um mit dem noch immer gefangenen Halvor zu reden, doch niemand schien sie gesehen zu haben.
    Cassia neigte nicht dazu emotional zu handeln, diesmal jedoch fiel es ihr schwer ruhig und methodisch vorzugehen, während sie gleichzeitig noch versuchte all das zu verarbeiten.
    Nachdem sie jetzt nun schon zum dritten Mal die Gassen des Hafenviertels durchstreift hatte, gab sie es auf. Niedergeschlagen sank sie an den morschen Planken der Rückwand einer der baufälligen Hütten herab.
    Schon immer war Cassia aus härterem Holz geschnitzt, als andere Frauen. Tatsächlich konnte sie sich nicht erinnern jemals geweint zu haben, nicht als kleines Mädchen in dem kleinen Verschlag im Haus ihrer Eltern, nicht als junge Frau, die auf sich allein gestellt im Hafenviertel der Stadt ums überleben kämpfen musste und erst recht nicht als gewitzte Diebin, die nach und nach in der Diebesgilde Karriere gemacht hatte. Doch nun saß sie da, in einer Gasse an die Wand gelehnt, und war den Tränen so nah wie noch nie zuvor. Traurig betrachtete sie den blutigen Holzpflock, den sie kurz zuvor aus Sannas Körper gezogen hatte. Wenn es ihre Tochter gewesen wäre, und sie sie so vorgefunden hätte - gefesselt und regelrecht aufgespießt, noch dazu von ihrer besten Freundin - wäre sie vermutlich auch davon gerannt. Und dabei hatte ich mir doch geschworen auf Sanna aufzupassen. Wie konnte es nur soweit kommen?
    Vor zehn Jahren hätte sie sich nicht mal im Traum vorstellen können, dass es so kommen würde.

    „Tante Cassie!“, rief die kleine Sanna freudig, als Cassia den geheimen Raum betrat. Hastig sprang das Mädchen auf und umarmte ihre Patentante, die beste Freundin ihrer Mutter.
    „Wo warst du denn so lange? Ich dachte schon, du hättest mich vergessen!“
    Cassia musste lächeln. „Ich würde dich doch nie vergessen! Es ist nur einiges passiert in den letzten Tagen.“
    Sanna löste sich von Cassia und hob einen alten Zweig auf, der in einer Ecke lag.
    „Bringst du mir heute bei wie man mit einem Degen kämpft?“, fragte sie und fuchtelte mit dem Zweig herum, als wäre es eine Waffe.
    „Du weißt, deine Mutter sähe das gar nicht gern“, begann Cassia, und ihr Lächeln verblasste. „Und was deine Mutter betrifft...“

    Etwas unbeholfen hielt Cassia das weinende Mädchen im Arm. Sie wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Dieser ganze Gefühlskram hatte ihr nie sonderlich gelegen, das war eher Hannas Spezialität. Sachte strich sie über Sannas Rücken, als sie jemanden die Treppe hinaufpoltern hörte.
    „Hallo?“, rief eine tiefe Stimme. „Ist hier jemand? Hallo?“
    Vorsichtig schob Cassia das Mädchen von sich weg. „Ist schon gut Sanna, ich gehe nicht weg! Ich muss mich nur kurz verstecken, ja? Niemand darf sehen, dass ich hier bin!“
    Kaum hatte Cassia sich in einer dunklen Ecke verkrochen, da tauchte auch schon ein kahler Mann in der Rüstung der khorinischen Miliz in der Tür auf.
    „Da bist du ja! Du bist Hannas Tochter?“, fragte der Mann mit einem unangemessen geschäftsmäßigen Tonfall.
    Das Mädchen sah mit einer Mischung aus Verwirrung und Angst zu dem Milizsoldaten auf und nickte stumm.
    „Gut. Lord Andre hat mich geschickt um dich zu holen. Deine Mutter...“
    „Das weiß sie schon, Peck, danke“, unterbrach Cassia den Mann. „Und so feinfühlig wie du hier reinstolperst, ist es wohl besser, dass sie es von mir erfahren hat.“
    Peck wich zurück, als er die junge Frau in der Ecke sah, fasste sich aber schnell wieder und griff nach seinem Schwert.
    „Das muss wohl mein Glückstag sein. Da werd' ich losgeschickt um so ein Gör abzuholen, und stattdessen fange ich die meistgesuchte Frau der Insel.“
    „Weißt du Peck, irgendwie wirkst du ein bisschen aufgeregt. Freust dich schon auf deinen nächsten Besuch bei Bromor?“
    Das Grinsen auf Pecks Gesicht erstarb.
    „Andre würde das sicher interessieren“, fuhr Cassia fort. „Und Belohnungen oder gar Beförderungen bringen einem nicht viel, wenn man selber in der Zelle sitzt, nicht wahr, Peck?“
    Sie sah deutlich die Muskeln an Pecks Wangen zucken, während er mit grimmiger Miene über die Konsequenzen nachdachte. Der Kerl, der Hanna in den Knast gebracht hatte, hatte auch Peck verpfiffen. Zweifellos war das der Grund, weshalb man ihm nun die Drecksarbeit auflastete. Cassia wusste jedoch, dass er noch immer einen Teil seiner Dienstzeit in Bromors Etablissement verbrachte. Sollte Andre ihn nochmal erwischen...
    „Was willst du?“, fragte er gereizt.
    „Nur, dass du deine Pflicht tust“, sagte Cassia gelassen. „Du wirst Andre berichten, dass du das arme Mädchen zu einer Familie gebracht hast, die sich um es kümmert, genau wie er es dir aufgetragen hat. Mehr braucht dich nicht zu interessieren. Und jetzt, hau ab!“


    Von dem Moment an war Cassia für Hannas Tochter verantwortlich gewesen. Natürlich hatte sie Hilfe gehabt, Halvors Frau, Fenia, hatte sich oft um Sanna gekümmert. Schließlich war es für eine gesuchte Frau nicht leicht, ein Kind großzuziehen. Eine vollkommen andere Art der Verantwortung, als sie sie vorher gehabt hat, als sie noch Kopf der Diebesgilde war.
    Sehnsüchtig dachte sie an die gute alte Zeit zurück, bevor die Gilde zerschlagen worden war und fast sämtliche Mitglieder entweder den Tod oder einen Platz im Kerker gefunden hatten. Oder schlimmeres. Ein Schauder überfuhr sie, als sie an Hannas Schicksal dachte.
    Ruckartig hob sie den Kopf. Sie wird doch nicht etwa...
    Es gab einen Ort, an dem sie noch nicht gesucht hatte: Die Herberge. Was, wenn Hanna das Gebäude nie verlassen hat?
    Es war nicht weiter verwunderlich, dass Cassia erst jetzt auf diese Idee kam, schließlich war der Ort, an den sie nun dachte, schon seit fast zehn Jahren gesperrt. Allerdings konnte Hanna das unmöglich wissen. Hastig rannte Cassia zum Hotel zurück, riss die verborgene Tür auf und begann den vertrauten Abstieg in die feuchten, modrigen Gewölbe der khorinischen Kanalisation - dem ehemaligen Versteck der Diebesgilde.
    Geändert von König Rhobar II (05.08.2018 um 19:19 Uhr)

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    Vorgabe 3:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Rückblende: Person A stattet Ort A einen Besuch ab, mit dem Vorhaben sich Gegenstand A zu bemächtigen.




    Zitternd saß Hanna auf einer morschen Holzkiste. Viel mehr war vom alten Versteck der Diebesgilde, tief in den labyrinthartigen Gängen der Kanalisation von Khorinis, nicht geblieben. Nach der Zerschlagung der Gilde, hatte die Miliz alles beschlagnahmt, was nicht niet- und nagelfest war.
    Das Bild ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, das Bild ihrer Tochter, wie sie da in der Kammer lag. Und das Bild ihrer besten Freundin, angeblich besten Freundin, Cassia, wie sie da stand, den Holzpflock noch in der Hand.
    Für einen kurzen Augenblick hatte sie sich geweigert zu akzeptieren, was sie da sah. Es musste jemand anders gewesen sein, eine Reisende, die in der Herberge bloß übernachtet hatte. Aber genauso schnell kam auch die Gewissheit. Auch wenn es zehn Jahre her war, sie hatte sie sofort erkannt. Die hellen Augen, das dunkle Haar, das Muttermal auf der rechten Wange... es gab keinen Zweifel: diese junge Frau war ihre kleine Tochter Sanna gewesen.
    Doch das war noch nicht alles. Den geschnitzten Holzpflock erkannte sie ebenfalls.

    Hanna konnte nicht schlafen. Seit Stunden wälzte sie sich hin und her, wurde jedoch die Gedanken nicht los, die sie beschäftigten. Seufzend stand sie auf und ging zu der Schüssel mit Wasser, die auf der Kommode stand. Hastig wusch sie sich die Müdigkeit aus dem Gesicht, bevor sie innehielt um zu lauschen. Leise hörte sie den regelmäßigen Atem ihrer kleinen Sanna, die seelenruhig in dem kleinen Geheimraum schlief. Zu wissen, dass es ihr gut ging, beruhigte Hanna ein wenig, konnte ihre Sorgen jedoch nicht vollends vertreiben. Schon seit jeher erzählte man sich diese Geschichten. Geschichten von Frauen, die auf Besen ritten, und von Menschen, die des Nachts andere in die Hälse bissen und sich an ihnen labten. Geschichten, auf die Hanna nie was gegeben hatte. Bisher. Seit einiger Zeit jedoch drängten sich diese alten Geschichten wieder in ihr Bewusstsein. Gerüchte kursierten, Anschuldigungen wurden laut, Unruhe verbreitete sich in der Stadt. Und auch Hanna kam nicht umher, ins grübeln zu geraten. Vielleicht hätte sie sich bei alldem nichts gedacht, wenn sich nicht ausgerechnet Cassia, ihre beste Freundin, in letzter Zeit so seltsam verhalten hätte. Dass sie Nachts umherschlich war ja nichts ungewöhnliches, angesichts ihrer Tätigkeit, aber andererseits wäre es auch die perfekte Tarnung.
    Das war eine der Fragen, die Hanna so quälten: Konnte es wahr sein? Konnte es sein, dass Cassia...
    Hanna wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu bringen. Das war absurd. Und doch kam ihr nun der zweite Gedanke wieder in den Sinn, der sie quälte: Und wenn es wahr sein sollte... wäre das wirklich so schlimm?

    Am nächsten Morgen hatte Hanna einen Entschluss gefasst. Es gab zwei Möglichkeiten, entweder, Cassia war einfach nur Cassia, oder sie war nicht, was sie vorgab zu sein. In dem Fall gab es wiederum nur zwei Möglichkeiten: Entweder war das ganze in Wahrheit gar nicht so schlimm oder sie musste etwas dagegen Unternehmen – so oder so, es wäre besser, auf beide Möglichkeiten vorbereitet zu sein, deshalb hatte Hanna sich vorgenommen, sobald wie möglich eine Expertin aufzusuchen: die ihrerseits als „Hexe“ verschriene Sagitta, die zurückgezogen in einer Höhle in den Wäldern lebte.
    Sie hatte lange mit sich gerungen. Schon einmal hatte sie erwogen Sagitta aufzusuchen. Das war fast sechs Jahre zuvor gewesen, als sie noch eine junge Frau war. Allein, verängstigt und verzweifelt wegen dem, was ihr bevorstand. Beinahe wäre sie zu Sagitta gegangen, beinahe hätte sie sie um einen ganz speziellen Trank gebeten, den schon so manche junge Frau von ihr bekommen hatte. Heute dankte sie Innos jeden Tag aufs neue, dass sie es nicht getan hat. Sie konnte sich ein Leben ohne ihr kleines Mädchen einfach nicht vorstellen.
    Damals wäre es ein schrecklicher Fehler gewesen, deshalb zögerte sie auch diesmal. Schließlich hatte sie sich dennoch dazu durchgerungen, immerhin wollte sie nur Sagittas Rat.

    Noch vor dem Mittag machte Hanna sich auf den Weg. Sie wusste, die Kräuterhexe lebte irgendwo in den Wäldern östlich der Stadt, also verließ sie Khorinis durch das Osttor und folgte dem Weg zur Taverne „Zur toten Harpie“ im Zentrum der Insel. Natürlich war ihr klar, dass es gefährlich war alleine in den Wald zu gehen. Wölfe, Goblins und weitaus schlimmeres konnten hinter jedem Baum lauern. Gerüchten zufolge hatte ein Jäger dort sogar Skelette gesehen, Überreste von Menschen und Goblins, die von dunkler Magie getrieben jeden angriffen, der sich ihnen näherte. Aber auch das waren vermutlich nur Geschichten. Sollten sie wahr sein, wären sie natürlich schlimmer, als alles, dessen sie Cassia verdächtigte, aber trotzdem stand Hannas Entschluss fest. An ihrer Seite trug sie den Degen, den ihre beste Freundin ihr einst geschenkt hatte. Sie war längst nicht so geschickt damit, wie die Königin der Diebe, aber sie konnte sich zu Wehr setzen, falls es nötig werden sollte.

    Es war bereits Nachmittag, als sie nervös die Höhle betrat, in der die Kräuterhexe lebte. Fackeln an den Wänden zeigten ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war. Nach einer Biegung erblickte sie schließlich etwas, was wie ein gemütlicher Wohnraum aussah. Bequeme Sessel, ein weiches Bett und ein behagliches Feuer. Die Luft war erfüllt vom Geruch der verschiedensten Kräuter, die Regale voll mit Fläschchen und Gläsern, Büchern und Schriftrollen. In einer Ecke stand ein Tisch übersät mit den eigenartigsten Glasgeräten und im Kessel über dem Feuer blubberte eine unidentifizierbare Substanz träge vor sich hin.
    „Komm näher, mein Kind, nur keine Angst“, sagte die Frau, die vor dem Kessel stand.
    Sie warf einen prüfenden Blick auf Hanna.
    „Ich nehme an, du kommst wegen eines Trankes. Willst du vermeiden, dass etwas passiert, oder ist es dafür schon zu spät?“
    Hanna war verwirrt. „Was?“
    Sagitta setzte sich in ihren Sessel und blickte lächelnd auf Hannas Bauch.
    „Oh! Nein, darum geht es nicht!“, sagte Hanna abwehrend. „Ich komme, weil ich deinen Rat brauche. Und vielleicht deine Hilfe.“
    Die Kräuterhexe schnaubte verächtlich.
    „Lass mich raten, deine Nachbarin benimmt sich verdächtig. Nachts kommen unheimliche Geräusche aus dem Haus des Tischlers. Die Frau, die am Markt das Obst verkauft, hat gehört, wie die Schwester der Freundin der Mutter des Schmieds gesagt hat, die Frau des Fischhändlers sei mit Beliar im Bunde.“
    Sie stand wieder auf und begann im Kessel zu rühren. „Verschone mich bitte mit abergläubischem Gewäsch! Alle Nachbarinnen verhalten sich verdächtig, Geräusche aus dem Haus eines Tischlers sind nichts Ungewöhnliches und die Schwester der Freundin der Mutter des Schmieds, würde Beliar nicht einmal dann erkennen, wenn sie selbst mit ihm im Bunde wäre.“
    Hanna wurde ärgerlich. Es ging hier nicht um die Schwester der Freundin von Harads Mutter – die rein zufällig Fenia war, die Frau des Fischhändlers – es ging um ihre beste Freundin Cassia!
    „Hör mir zu!“, rief sie etwas lauter als beabsichtigt. „Ich mache mir wirklich sorgen um meine Freundin Cassia. Ich habe Angst dass mit ihr was nicht stimmt.“
    Bei der Erwähnung des Namens schien Sagitta aufzumerken.
    „Und was“, begann sie, „wäre, wenn du Recht hast? Was würdest du tun, wenn sich deine beste Freundin Nachts in den Hälsen unschuldiger Jungfrauen verbeißt? Oder auf einem Besen durch die Nacht reitet? Oder schlimmeres?“
    „Ich... ich weiß nicht“, gab sie kleinlaut zu. „Deshalb bin ich ja hier, ich weiß einfach nicht... was ich tun soll.“
    Eine Weile war nichts zu hören, außer dem Blubbern im Kessel über dem Feuer. Schließlich begann Sagitta zu lächeln.
    „Setz dich, mein Kind. Möchtest du etwas Eintopf?“
    Sie deutete auf den Inhalt des Kessels.
    „Habe das Rezept von Thekla. Ich gebe immer gern etwas Sonnenaloe hinzu, nur leider ist die so schwer zu bekommen.“
    Verwirrt nahm Hanna Platz und Sagitta reichte ihr eine dampfende Schüssel Eintopf.
    „Du hast dunkle Gedanken“, sagte Sagitta schließlich, als sie sich ebenfalls gesetzt hatte.
    „Du hörst all diese unsinnigen Geschichten, die sich alte Waschweiber erzählen, und fragst dich, was wäre daran denn so schlimm? Die Geschichten werden doch immer übertrieben und aufgebauscht. In Wahrheit kann es doch ganz harmlos sein, es
    muss ja niemand zu Schaden kommen. Und du fragst dich, wie es wohl wäre...“
    Hanna wurde wieder nervös, als Sagitta sich näher an sie heran beugte.
    „Falls es wahr ist, falls deine Freundin ist, was du befürchtest... oder hoffst“, fügte sie mit einem unheilvollen Grinsen hinzu, “hast du zwei Möglichkeiten: Es akzeptieren oder es bekämpfen. Die Wahl liegt bei dir, ich kann sie dir nicht abnehmen. Aber wenn du wirklich auf alles vorbereitet sein willst, kann ich dir das hier mitgeben.“
    Die ältere Frau erhob sich und ging zu einem der Regale. Kurz darauf kehrte sie mit einem geschnitzten Holzpflock zurück.
    „Aus den Geschichten weißt du vermutlich, wozu er da ist. Sollte dies deine Wahl sein...“
    Zögernd griff Hanna nach dem Pflock. Jetzt wusste sie zumindest, was für Möglichkeiten sie hatte.

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