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    Auserwählter Avatar von alibombali
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    Im Laufe der letzten Jahre gab es ja immer mal wieder (Schreib-)Wettbewerbe zu Risen, an denen ich mich beteiligt habe. Diese Textschnipsel wollte ich hier auch gerne mal posten, auch wenn sie wohl nicht mehr sonderlich interessant sein mögen.
    alibombali ist offline

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    Wettbewerb: Errate die Geschichte von Risen 2
    (2011)


    Na, mein kleiner Held? Wie geht es dir?“
    „Ich fühle mich, als hätte ich drei Wochen unter Steinen gelegen...“
    „Jetzt tu' mal nicht so! Du hast nur ein paar Tage geschlafen. Und so viele Felsbrocken lagen auch nicht auf dir drauf.“
    Langsam öffnete ich die Augen und das erste was ich sah, war Patty's wundervolles Lächeln. Aber was war nur geschehen? Es dauerte einige Sekunden, bis die Erinnerungen wieder hochkamen. „Der Tempel... der Inquisitor... der Titan des Feuers!“ Panisch versuchte ich, mich aufzurichten, doch Patty drückte mich wieder in das weiche Bett. „Keine Sorge, es ist alles vorbei! Du hast es geschafft, der Titan ist besiegt.“ Gerade wollte ich etwas erwidern, da ertönte eine wohl bekannte Männerstimme aus dem Raum neben uns: „Ist er wach?“ Es war Eldric, der Druide. „Ich muss mit ihm reden.“ „Nun lass ihn doch erst einmal zur Ruhe kommen! Hat er denn nicht schon genug geleistet?“ „Oh, seine Leistungen sind beachtlich. Noch beachtlicher sind jedoch die Gefahren, die vom Festland ausgehen. Außerdem ist der Verbleib des Inquisitors noch nicht geklärt.“ „Inquisitor Mendoza?!“, warf ich ein. „Der ist tot! Ich hab diesen bescheuerten alten Sack im Zweikampf getötet.“ „Und wo ist dann die Leiche dieses 'bescheuerten alten Sacks'?“, fragte Eldric fordernd. „Vor der Tempelhalle muss sie –“ „Nein, da ist sie nicht.“
    Beunruhigt kam ich ins Grübeln. Auch Patty war die Unbesorgtheit aus dem hübschen Gesicht gewichen. Mendoza war schon ein seltsamer Bastard gewesen, aber ich habe ihn doch tot vor mir liegen sehen. Ich habe ihm doch sogar noch... „Ich hab Mendoza das Monokel abgenommen, nachdem ich ihn tötete. Es war notwendig, um dem Titanen gegenüber zu treten.“ „Du hast das Monokel?!“, fragte Eldric überrascht. „Schnell, gib es mir! Es ist gefährlich!“ Ich kramte in meinem Gepäck nach dem magischen Auge; vergebens. „Es muss doch hier irgendwo– War es denn nicht in Ursegors Rüstung?“ Patty und Eldric schüttelten beide enttäuscht den Kopf. „Verdammt!“
    „Die Sache gefällt mir ganz und gar nicht...“, sagte Eldric bedrückt. „Wir brauchen ein Schiff, um zum Festland aufzubrechen. Dort, wo das Chaos am größten ist, findet man gemeinhin die Antworten auf die großen Fragen.“ „Stimmt! Außerdem ist unsere kleine Schatzsuche noch nicht beendet.“, warf Patty ein und zu meiner Freude lächelte sie ein wenig. Sie war so schön, wenn sie lächelte... Sowohl Eldric, als auch Patty sahen mich nun erwartungsvoll an. „Dann bleibt mir wohl keine andere Wahl.“, sagte ich schließlich. „Mein kleiner Titanenlord, Ihr habt die Lage weise erkannt.“, erwiderte Patty und gab mir einen liebevollen Kuss auf die Wange.

    Es dauerte nicht lange, bis ich wieder einschlief, denn ich war noch immer sehr erschöpft. Draußen tobte ein heftiger Sturm und übertönte die Seemannslieder der besoffenen Hafenarbeiter. Von all dem Lärm bekam ich jedoch nichts mit, denn ein beunruhigender Traum ereilte mich...

    „Hörst du mich?“, fragte eine körperlose Stimme in meinem Kopf. „Ja, ich höre dich.“ „Siehst du mich?“ „Nein, ich sehe dich nicht.“ Ich schien der Stimme wie von selbst zu antworten. „Weißt du, wer ich bin?“, fragte sie schließlich. „Du bist Ursegor, Herr der Titanen.“ Nun trat der Geist in mein Blickfeld.
    „Du hast deine Aufgabe im Vulkantempel großartig gemeistert, mein junger Schützling. Du bist ein würdiger Titanenlord.“ „Ich danke Euch, Meister Ursegor.“ „Bevor du nun aber vorschnell zum Festland aufbrichst, lass dir gesagt sein, dass die Gefahr nicht von dort herrührt.“ „Nicht?“, fragte ich überrascht. „Aber Eldric sagte doch–“ „Eldric ist ein weiser Mann und er wird dir weiterhin treu mit gutem Rat zur Seite stehen. In jenem Punkte irrte er aber.“ „Und wo soll ich die Gefahr dann suchen?“ „Es gibt ein Archipel auf hoher See im Osten des Reiches. Dort, auf dem größten Berge, droht der Windtitan zu erwachen und seine Fesseln zu sprengen. Diese Seestürme sind Vorbote des drohenden Unheils.“ „Ach? Und ich soll jetzt also bei schweren Seestürmen meinen Arsch auf irgendeinen Kahn schwingen und losfahren?“ fragte ich gereizt. „Wenn dir die Menschheit irgendetwas bedeutet“, erwiderte Ursegor, „dann wirst du das tun müssen.“ „Kannst du mir wenigstens verraten, was mit dem Inquisitor und seinem Monokel passiert ist?“ Ursegor schien einige Augenblicke zu überlegen. Schließlich sagte er: „Nein, das kann ich dir nicht sagen. Mach dich auf den Weg zum Archipel.“ Bevor ich weiter nachhaken konnte, verschwand Ursegor auch schon. Er verheimlichte mir etwas, das wusste ich genau.

    Als ich erwachte, schienen die Stürme noch stärker geworden zu sein. Es war zwar schon mitten in der Nacht, aber Patty und Eldric waren noch wach. Gemeinsam mit einer weiteren bekannten Person saßen sie beieinander und berieten sich. „Ich dachte, du wärst tot!“, begrüßte mich Don Esteban lachend und gab mir einen Händedruck, den ein Oger nicht kräftiger hätte vollführen können. „Das eine oder andere Mal habe ich das auch gedacht.“, antwortete ich. „Wir brauchen ein Schiff, Esteban.“ Der Don nickte. „Ich habe schon davon gehört. Und so schmerzhaft ich die 'Rachel' auch vermissen werde, du sollst sie haben. Nach all dem, was du geleistet hast, kann ich dir ja wohl kaum noch einen Wunsch ausschlagen.“
    Ein Grinsen, das ich mir kaum verkneifen konnte, trat in mein Gesicht. „Die 'Rachel'? Na, das kann ja heiter werden!“
    alibombali ist offline Geändert von alibombali (02.01.2014 um 16:59 Uhr)

  3. #3 Zitieren
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    Wettbewerb: Risen 2 - Seemannsgarn
    (2012)

    Ein Wettbewerb im Vorfeld der Risen2-Veröffentlichung.
    Folgende Worte und Ausdrücke mussten in einer Geschichte über den Gnom Jaffar untergebracht werden: Säbel, Dieb, Jip-Jip, Rucksack, Hut, Schiff, Schatz, Feder, Reise


    Ich erwachte, als eine überraschend hohe und vor allem kalte Welle auf mich herniederschlug, in Sekundenbruchteilen zuerst meine Füße bedeckte, dann meinen Rücken flutete, und schließlich mein Gesicht erreichte. Sofort war ich wieder hellwach und mit einem gurgelnden Geräusch spie ich reflexartig das salzige Meerwasser, das mir durch Mund und Nase in den Rachen zu laufen drohte, in den ohnehin schon nassen Sand des Strandes.
    Dann merkte ich, wie es in meinem Schädel hämmerte. Schreckliche Schmerzen breiteten sich über die rechte Seite meines Kopfes aus; über die Seite, an der ich das Okular zu tragen pflegte. Ich fühlte mit meiner Hand danach, um zu überprüfen, ob es noch an Ort und Stelle war, doch unter meiner ledernen Augenklappe, die das Artefakt vor neugierigen Blicken schützen sollte, war nichts.
    Ich fuhr hoch, vergaß augenblicklich jeglichen Schmerz, der noch wenige Augenblicke zuvor mein gesamtes verwirrtes Bewusstsein ausgefüllt hatte. Hastig blickte ich um mich, konnte aber nichts erkennen außer dem Meer, dem feinen Strandsand und einigen Palmen, die sich im Winde bewegten. Was war das für eine Insel? Und wie war ich hier überhaupt hergekommen? Die Erinnerung daran wollte gerade wieder den Weg in mein Bewusstsein finden, da hörte ich plötzlich ein merkwürdiges Geräusch.
    Ich fuhr herum – dachte ich doch, irgendwo hinter mir wäre jemand, der gerade extrem laut gerülpst hatte. Ich sah nichts, außer einer verdächtig hohen Düne, der ich mich langsam und vorsichtig näherte. Ich stieg der Aufhäufung nassen Sandes hoch und auf der anderen Seite sah ich eine dickliche, kleine Kreatur, die panisch versuchte, sich in den Sand einzubuddeln. Mit ihren großen Händen schaufelte sie unermüdlich und streckte mir ihren Hintern entgegen, der im Rhythmus der Arbeit wackelte.
    Leise zog ich meinen Säbel und als dessen Spitze das dicke Hinterteil berührte, hielt die Kreatur augenblicklich inne. „Ganz ruhig, Freundchen. Ich will zurück, was du mir gerade gestohlen hast.“ Der Gnom drehte langsam seinen Kopf in meine Richtung und als er mich sah, schrie er panisch und schrill auf, sprang in die Höhe und versuchte, zu entkommen; meine freie Hand war jedoch schneller und ehe er sich versah, hatte ich ihn am Kragen seiner dreckigen und unförmigen Jacke gepackt. Mit einiger Mühe hob ich das Dickerchen hoch.
    „Nein! Nein! Nicht wehtun Jaffar! Jaffar nichts getan!“ Der Gnom fuchtelte mit seinen im Verhältnis zum Rest des Körpers dürren Armen und seine großen, schwarzen Glubschaugen waren vor Panik weit aufgerissen. „Du kleiner Dieb kannst sprechen?“, fragte ich überrascht und lockerte meinen Griff ein wenig. „Jip Jip, ich kann! Aber bin nicht Dieb! Nicht sagen böses Wort zu Jaffar! Und bitte nichts tun!“ Die ohnehin schon schrille und laute Stimme des Gnomen tat mir in den Ohren weh, als sie in ein Kreischen überging. So verärgert und ungehalten ich auch war, bekam ich aber trotzdem Mitleid mit diesem kleinen Geschöpf, das sich selbst Jaffar nannte. Ich stellte es zurück auf den Boden, „Ist ja schon gut, ich tue dir nichts. Aber gib mir das Okular wieder. Es ist ein sehr gefährlicher magischer Gegenstand.“
    Jaffar schien sehr erleichtert über meine Reaktion, wahrscheinlich hatte er sich schon mit einem Fuß im Gnomengrab gesehen. „Jip Jip, natürlich bekommen Mensch wieder, was sein ist. Nicht alle Menschen sind so freundlich wie Mensch.“ Der Gnom öffnete nun eine seiner vielen Westentaschen nach der anderen und durchwühlte sie. „Wo haben denn?“, frage er gedankenversunken sich selbst, schließlich schnürte er sich ungelenk seinen Rucksack vom Rücken, an den ebenfalls viele Extrataschen angenäht waren. „Ah, haben!“, rief er schließlich und holte das Okular aus dem Beutel hervor. Ich riss es ihm mehr oder weniger aus den knochigen Händen. „Besten Dank“, sagte ich bitter und band es mir wieder um den Kopf.
    Als das Okular meine Haut berührte, schoss mir plötzlich die Erinnerung an die vergangenen Stunden, jene, bevor ich hier am Strand erwacht war, durch den Kopf.

    Wir sind zufällig auf diese kleine Insel gestoßen; Patty, ich und der Rest dieser schäbigen Crew. Niemals hatten wir vorgehabt, einen Fuß auf dieses Eiland zu setzen. Warum hätte man einen solchen Ort, den die Menschen „Insel der Diebe“ nannten, und der fast ausschließlich von Gnomen bevölkert war, auch betreten sollen?
    Ganz plötzlich hatte sich dann der Himmel verdunkelt, die Wellen waren immer höher geworden. „Sie sind in Zorn, sie sind in Zorn!“, hatte die verrückte Alte gerufen, „Wir müssen an Land!“
    So verrückt diese Frau auch war, damit hatte sie Recht behalten: Aus dem Unwetter ward ein Sturm, und daraus ein Orkan. Nur haarscharf war unsere Flucht auf die „Insel der Diebe“ geglückt. Knackende Äste und raschelndes Laub musste uns verraten haben, als wir uns auf der Suche nach Deckung vor der Wut der Wasser- und Windtitanen durch den mit Palmen bewachsenen Urwald der kleinen Insel geschlagen hatten.
    Ein Schlag auf den Kopf, an mehr konnte ich mich nicht mehr erinnern.

    Als meine Gedanken zurück in die Gegenwart gefunden hatten, bemerkte ich erst, dass dieser kleine Gnom noch immer vor mir stand und schon wieder in seinem Gepäck wühlte. „Wo ist Patty?“, fragte ich, ohne darüber nachzudenken. „Pettiwas?“, fragte der Gnom geistesabwesend, griff nach etwas in seinem verhältnismäßig riesigen Rucksack und zog es mit einiger Anstrengung schließlich hinaus. Es war ein großer Fetzen dicken Stoffes, welcher sich, nachdem der Gnom ihn sich auf den Kopf gesetzt hatte, als Hut herausstellte. Er sah mit diesem für ihn übergroßen Kleidungsstück, welches ständig drohte, ihm komplett über den Kopf zu rutschen, äußerst ulkig aus, doch mir stand zur Zeit nicht der Sinn nach Lachen. „Patty!“, wiederholte ich stattdessen energisch. „Sie ist...“, ich zögerte, „eine Freundin von mir. Ich muss sie finden!“
    „Finden müssen wir alle irgendwelche Dingi. Bloß oft nicht leicht, sie zu bekommen...“, erwiderte Jaffar und starrte dabei mit seinen Glubschaugen unverhohlen auf das Okular in meinem Gesicht. Ich nahm die Augenklappe wieder zur Hand und band sie über das gefährliche Artefakt.
    „Hast du wenigstens ein Schiff irgendwo vor der Küste dieser Insel liegen sehen?“, fragte ich ungeduldig. „Schiffi?“, wiederholte Jaffar meine Worte erneut, „Ja, Schiffi auf anderer Seite von hier.“ „Auf der anderen Seite...“, wiederholte ich nachdenklich und sah hinüber zu dem an den Strand angrenzenden Urwald, der so undurchdringlich schien. Ich hätte einfach dem Strand in eine Richtung folgen müssen, um dem Wald auszuweichen, doch die Umquerung der halben Insel hätte mich auch sicherlich das Doppelte der Zeit gekostet.
    „Jaffar ist dein Name, richtig?“ „In Menschensprache, das ist so“, nickte der Gnom und seine schwarzen Augen über der grünen, knolligen Nase sahen mich neugierig an. „Kannst du mich zu meinem Schiff führen?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Dein Schiff das ist?“ Der Gnom schien das nicht so recht glauben zu wollen, er wägte kurz ab und fragte schließlich: „Hast du Schatz an Bord?“
    Beinahe hätte ich erwidert, dass ich doch nicht wüsste, ob sie an Bord sei und deswegen so dringend zum Schiff müsste, doch dann begriff ich, was der Gnom wirklich meinte. „Ach, Gold meinst du. Ein Schatz ist es nicht, aber wenn du mich zu meinem Schiff führst, wirst du das sicher nicht umsonst getan haben.“
    Jaffars Augen weiteten sich jetzt vor Freude noch weiter, „Jaffar werden Inselführer für Mensch!“ Der Gnom sprang in die Luft, wobei ihm sein Hut vom Kopf fiel. Als er den alten Stofflappen wieder von der nassen Erde heben wollte, fand er zudem eine große Feder, die einst ein Seegeier gelassen haben musste. Er betrachtete den Federschmuck kurz und steckte ihn sich schließlich an seinen Hut. Mit der hoch aufragenden Feder an dem völlig unpassenden Hut sah Jaffar noch ulkiger aus als zuvor, doch mir war noch immer nicht nach Lachen zumute.
    „Lass uns gehen. Ich will keine Zeit verlieren.“

    Jaffar ging voran, so schnell, dass ich zuerst beinahe nicht hinterher kam. Zielstrebig ging er nicht den Stand in irgendeine Richtung entlang, sondern hielt direkt auf den Urwald zu.
    „Wir gehen durch den Wald?“, fragte ich leicht verunsichert. „Ja, ist küzesten Weg“, antwortete Jaffar mit seiner glucksenden Stimme, „Ist nicht gefährlich. Nur andere Gnomens und wenige böse Tiere wohnen dort.“ Ich fragte mich, wovor ich mehr Angst hatte: Vor den paar bösen Tieren, oder den 'anderen Gnomens'. Dann sah ich den kleinen Säbel an Jaffars Seite; vorher war mir gar nicht bewusst gewesen, dass er ebenfalls mit einem solchen bewaffnet gewesen war.
    „Du versuchst aber doch nicht, mich reinzulegen, oder?“, fragte ich misstrauisch. Augenblicklich drehte Jaffar sich um und schien ernsthaft verärgert: „Wie können Mensch denken sowas? Gucken hier!“, Jaffar deutete mit einem Zeigefinger, der in einen langen Nagel mündete, auf sein Gesicht und fragte: „Können Gnomen Augen lügen?“
    „Na, immerhin wolltest du mich bestehlen!“, erwiderte ich und hatte alle Mühe, mein Grinsen zu unterdrücken, „Warst du es eigentlich auch, der mich niedergeschlagen hat?“ „Nicht sagen böses Wort! Jaffar jedenfalls ist nicht böse. Und er schlägt auch nicht nieder“, sagte der Gnom in flehendem Tonfall, „Jaffar müssen sammeln Dingi. Du kannst Gnom nicht verbieten, zu sammeln. Ist, als würdest du fordern, dass er aufhört zu atmen.“ Ich seufzte, „Schon gut, schon gut, „Du hattest anscheinend keine Ahnung was du da steh-... sammeln wolltest.“ „Doch, Ahnung hatte Jaffar“, antwortete der Gnom bitter, „Jaffar denken, was du an Auge hast, ist sein Auri Culci.“ „Dein was?!“, fragte ich verdattert. „Auri Culci. Gegenstand, den Gnom müssen finden, weil Schamane so sagt. Ohne seinen Auri Culci wird Jaffar nie ein richtiger Gnom werden.“ Der Kopf des jungen Gnomen senkte sich und er schaute beim Gehen traurig nach unten.
    „Ich bin mir sicher“, begann ich mit zögerlich tröstender Stimme zu sprechen, „dass dieses Okular nicht dein Auri-Auri ist.“ Ich muss ziemlich unsicher geklungen haben, schließlich hatte ich zuvor noch nie einen Gnom getröstet; eher im Gegenteil. Jaffar machte den Anschein, als hätte er mich gar nicht gehört.
    Nun erreichten wir auf unserem Weg durch den Farn den Rand des Waldes, der einen Großteil der südlich gelegenen Insel zu bedecken schien. Ich hörte einige Papageien kreischen und Insekten im Unterholz summen. Der Wald war nicht sonderlich düster, aber dennoch wirkte er bedrohlich. Meine Kopfschmerzen meldeten sich zurück und bei dem Gedanken an Riesenschlangen oder Rottwürmer, die aus unscheinbaren Gewässern hochschießen konnten, zog ich vorsichtshalber meinen Säbel. Jaffar tat es mir gleich.
    Wir wanderten zwei Stunden gemeinsam, mussten uns ab und zu den Weg mit unseren Säbeln freischlagen, wenn dieser zu sehr bewachsen war und machten an einer kleinen Quelle eine kurze Rast, um uns auszuruhen, etwas Süßwasser und den Saft heruntergefallener Kokosnüsse zu trinken. Die ganze Zeit über blieb ich wachsam und lauschte den Geräuschen des Urwalds, während mein gnomiger Gefährte zunehmend unvorsichtig und nachlässig wurde.
    Irgendwann bekam ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich sah mich genauestens um, konnte aber nichts entdecken. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn, ich wurde nervös. „Gleich wir erreichen unser Dorf“, sagte Jaffar, „Keine Angst, Schamane gut zu dir, wenn ich sage du bist Freund.“ „Wir gehen in euer Dorf?“, fragte ich ungläubig und wurde nur noch nervöser, „Das hast du gar nicht erwähnt.“ „Ist kürzester und sicherster Weg!“
    Dann fühlte ich mich wieder angestarrt und konnte noch so gerade ein Paar großer schwarzer Kulleraugen in einem Busch erkennen, bevor diese wieder verschwanden. Es folgte ein Rascheln in einem Busch genau hinter mir. „Ganz ruhig“, sagte Jaffar, „sind nur neugierig!“
    Die Gnomen hausten in Erdlöchern und winzigen Hütten. In ihrem Dorf herrschte große Aufregung, als man mich zusammen mit Jaffar eintreffen sah. Die kleinen Kerle und einige Frauen eilten hin und her, holten alle ihre Bekannten auf den Dorfplatz und reichten mir zu meiner großen Überraschung einen Teller voller tropischer Früchte.
    „Jaffar sagt, du Freund“, ertönte plötzlich eine sehr glucksende, aber auch alt und streng wirkende Stimme in der allgemeinen Sprache, woraufhin alle anderen Bewohner des Dorfes verstummten. Der Gnom, der diese Worte gesprochen hatte, war dicker als alle anderen, dazu faltig und trug mit vielen Federn und Farben verzierte Kleidung. Es war der Dorfälteste, der Schamane.
    „Und Jaffar sagt, er vermutet seinen Auri Culci bei dir.“ Trotz seines Körperumfangs hüpfte der Schamane recht flink auf mich zu, „Bitte zeig den Gegenstand, ich verspreche, ich werde ihn dir nicht sammeln.“ Widerwillig klappte ich nach einigem Zögern die Augenklappe hinunter und offenbarte das Okular. Dann kniete ich mich hin, damit der Schamane es betrachten konnte. Seine Augen schweiften mehrmals zwischen Jaffar und dem Artefakt hin und her, schließlich sagte er: „Ich bin mir nicht sicher. Es ist wirklich schwer mit dir, Jaffar. Ich werde darüber meditieren. Halte du aber dein Versprechen ein, den Fremden zu seinem Schiff zu bringen.“

    Es dauerte weitere zwei Stunden, bis Jaffar und ich schließlich den Strand erreichten. Vor der Küste lag die Rachel, und ich sah schon von weitem, dass meine Crew hier in der Gegend ihr Lager aufgeschlagen hatte. Sie schien mich zu suchen. Dann hörte ich Patty, wie sie einige faule Säcke herumkommandierte, sie sollten sich gefälligst beeilen. Ich wollte direkt auf sie zustürmen, aber da war noch der Gnom.
    „Ich danke dir, dass du mich hierher gebracht hast.“ „Nicht zu danken“, erwiderte Jaffar traurig und guckte nachdenklich aus der Wäsche. „Was ist?“, fragte ich. „Ich muss weg von diesen Insel. Hier finden ich meinen wahren Auri Culci nie. Jaffar muss woanders suchen.“ Sehnsüchtig sah der drollig aussehende Gnom mit seinem Piratenhut hinüber zu meinem Schiff. Ich überlegte einen Augenblick, dann fasste ich mir ein Herz: „Dann mach dich fertig für eine lange Reise.“
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    Risen3-Kurzgeschichtenwettbewerb zum Thema "Auf Patrouille auf der Donnerinsel"
    (2014)

    Gewonnen hab ich nicht, aber hier soll meine Geschichte trotzdem vorgestellt werden:




    Zwischen laublosen Bäumen

    „Serge, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist“, flüsterte Del Ray seinem Kollegen zu, während er sich umdrehte und die Fackel weit von sich hielt. Er kniff die Augen zusammen, um in der nur durch das bisschen Feuer erhellten Dunkelheit ausmachen zu können, ob sie jemand verfolgte. Aber da war nichts. Kein Rascheln, keine Bewegung.
    „Hab ich dich um deine Meinung gebeten?“, schnauzte Serge zurück, so laut es ihm sein Flüsterton erlaubte, „Ich bin der ranghöhere Wächter und hab hier das Kommando. Wenn dir das nicht passt, klären wir das morgen beim Armdrücken in der Schänke.“
    Aber Del war Serges Einschüchterungsversuche bereits gewohnt. Hektisch erwiderte er: „Wir sollten hier nur auf Patrouille gehen. Mehr nicht! Lass uns dem Boss von der scheiß Höhle berichten und dann kommen wir morgen wieder her. Mit mehr Männern und bei Tageslicht.“
    Serge gab ein kaltes und humorloses Lachen von sich, das Del ein wenig verblüffte. Wie hatte sein damals bester Freund sich nur verändert...
    „Ja, und mit dem alten Magnus höchstpersönlich, der sich dann alles unter seine dreckigen Nägel reißt, was es darin zu finden gibt, du Schlaumeier. Deshalb sollen wir nur auskundschaften!“ Serge wandte sich wieder dem Höhleneingang zu, der sich in seiner absoluten Schwärze sogar noch von der Dunkelheit der Nacht abhob. „Und ich hab die Nase voll davon...“
    Ein Blitz erhellte den bewölkten Himmel für den Bruchteil einer Sekunde, in welcher die zahlreichen Bäume um sie herum den Eindruck erweckten, als würden sie ihre knorrigen Äste wie gierige aber ebenso listige Finger langsam auf die beiden Männer zubewegen. Dann war wieder alles dunkel.
    Del Ray erschauderte, Serge hatte von all dem gar nichts bemerkt und versuchte, mit seiner Fackel den Höhleneingang auszuleuchten. Er versengte dabei ein paar Spinnenweben, deren Bewohner empört das Weite suchten.
    „Spinnen...“, knurrte Serge, „Beim Gyrger, ich hasse die Viecher!“
    „Das heißt, wir führen unsere Patrouille jetzt einfach fort und kehren ins Dorf zurück?“, fragte Del Ray mit einem Anflug leiser Hoffnung.
    „Pah!“, Serge wischte sich einen der hastigen Achtbeiner von der Schulter, „Sind ja nur Kleine. Und im Gegensatz zu dir weiß ich meine Angst zu beherrschen, du Pisser.“
    Del Ray sah ein, dass es zwecklos war Serge zu widersprechen, und spannte den Hahn seiner Pistole. Serge dagegen, der von Schusswaffen nie viel gehalten hatte, zerschnitt mit seinem Schwert bereits weitere große Lagen der Spinnennetze, um sie schließlich zu verbrennen. Überall auf dem Boden krabbelte es.
    Dann zappelte etwas in der Höhle. Serge stieß reflexartig mit seinem Schwert vor und verfehlte das Wesen nur um eine Elle.
    „Nicht spießen, nicht spießen!“, brüllte es mit quiekender Stimme und als die großen schwarzen Kulleraugen Del Rays Pistole sahen, fügte es hinzu: „Und auch nicht schießen!“
    Serge warf sein Schwert zurück in die Scheide, packte die kleine Gestalt grob an ihren Kleidern und riss sie aus der schützenden Dunkelheit, „Verdammtes Gnomenpack!“, schimpfte er, „Weißt du eigentlich, wie sehr ich mich wegen dir verjagt hab? Hast sicher dein dreckiges kleines Diebesversteck da drin, was?“ Er ließ den kleinen Pummel zu Boden fallen, wo dieser sich jedoch blitzschnell wieder aufrichtete.
    „Zakir nicht stehlen! Granne Popo sollen froh sein, dass er zuerst Zakir gefunden, und nicht die Riesenspinnis, die weit unten hausen. Sonst wüsste er jetzt nichts von denen und würde gehen in Todesfalle!“ Die Selbstsicherheit, mit der das kleine grüne Kerlchen sprach, verunsicherte Serge. Del Ray, der einige Schimpfworte der Gnomensprache kannte, verkniff sich ein Schmunzeln. War wohl besser, dass Serge sie nicht verstand.
    „Was machst du soweit außerhalb?“, fragte er Zakir stattdessen.
    „Zakir sammeln Planta, als bekommen ganz ungutes Gefühl. Sehen Gestalt zwischen Bäume, da war es noch hell. Böse leuchtende Augis. Dann Zakir verstecken in Höhleneingang, wo kommen die großen Spinnis selten hoch.“ Der Gnom warf Serge einen erbosten Blick zu, „Wollten verstecken noch mindestens ein Tag, aber dann fast durchbohrt worden von dem da.“
    Ein weiterer Blitz unterbrach den Zwist und schlug gefährlich nahe in einen Baum ein, der sofort Feuer fing. Laub hatte er schon vorher keines mehr getragen. Die Flammen erhellten die Umgebung nun beständig und Del Ray fiel auf, dass auch die Bäume rings um den brennenden völlig frei von Laub waren und irgendwie tot wirkten.
    „Wir sollten hier lieber verschwinden“, wiederholte Del Ray den Vorschlag, den er Serge schon mehrmals zuvor unterbreitet hatte. Doch dieser ignorierte ihn abermals. Stattdessen wandte er sich wieder Zakir zu.
    „Was hast du da gesagt von böse leuchtenden Augen?“
    „Habe sie gesehen zwischen den Bäumen! Haben doch schon gesagt!“
    „Das ist doch ein Trick, um von deinen diebischen Machenschaften abzulenken!“
    Serge wollte Zakir erneut packen, aber der kleine Gnom war zu flink für ihn.
    „Serge, hast du den Verstand verloren?“, fuhr Del Ray seinen Vorgesetzten an, packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn, „Dafür haben wir doch jetzt keine Zeit, verdammt!“
    Trotzig schlug Serge die Hände seines einst besten Freundes von sich. Verstärkt durch die Flammen sah sein zur Hälfte von dem Helm verdecktes Gesicht puterrot und hasserfüllt aus.
    „Was ist los mit dir? Wieso hast du dich so verän-“
    Aber noch bevor Del Ray seine Frage gestellt hatte, sah er das strahlend blaue Leuchten zwischen den toten Bäumen, das sich vom Orange des Feuers abhob. Es waren zwei dreieckige Augen in einem animalischen, durch ein unförmiges Geweih gekrönten Totenschädel, der auf einem mindestens zwei Meter großen Körper saß. Bösen Runen prangten auf der schwarzen Rüstung.
    „Scheiße“, entfuhr es Serge und für einige Augenblicke starrte er der Bestie nur in die gleißenden Augen, anstatt sich gegen sie zu bewaffnen.
    „Das Risiko der Nachtwache“, erwiderte Del Ray, der ein wenig gefasster war, und formte mit seinen beiden kristallbehandschuhten Händen magische Feuerbälle, „Aber dafür sind wir schließlich ausgebildet worden...“
    Ohne der dämonischen Fratze noch mehr Zeit zur Überlegung zu geben, schleuderte Del ihr sein magisches Feuer entgegen. Noch in der Luft verschmolzen die beiden Bälle zu einem großen, der sein Ziel schließlich in einer gewaltigen Explosion mitten auf dem schwarzen Brustpanzer traf. Das Unterholz rings um den Unhold stand sofort in Flammen. Er selbst stierte sie weiter völlig unbeeindruckt aus seinen hellblau leuchtenden Augenhöhlen an und wartete ab. Del Ray lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
    Dann stürmte Serge mit einem Kampfschrei los, sein Schwert mit beiden Händen waagerecht von sich gestreckt. Del folgte ihm sofort und formte diesmal einen Blitzzauber. Als Serge zustieß, dem Dämon die Klinge mitten ins Herz zu rammen, verschwand jener jedoch und der Wächter stieß ins Leere, was ihn taumeln ließ. Die knöcherne Fratze erschien einige Meter weiter wieder wie aus dem Nichts. Del warf ihr seinen Blitz entgegen, doch auch der verschwand in der Leere.
    Dann sah Serge den Umriss des Unholds erneut, diesmal genau vor seinem Freund Del Ray! Aber warum griff er ihn nicht an? Und dann dämmerte es ihm. Serge hob die Klinge und richtete sie mit wahnsinnigem Blick auf Del.
    „Serge, was soll das?“, fragte jener beunruhigt, doch es war zu spät. Serge stieß ihm sein Schwert mitten durch die Brust.
    „Du wusstest von dem Ding! Hast mich in eine Falle gelockt!“, brüllte Serge.
    Blut spuckend und mit weit aufgerissenen Augen langte Del Ray ein letztes Mal nach seiner Pistole. Ein lauter Knall, dann war alles still.

    Großmeister Zacharias legte Zakir eine Hand auf die kleine Schulter, als dieser seinen Bericht beendet hatte, „Du hast dieser Gemeinschaft einen großen Dienst erwiesen. Du hättest die beiden nicht retten können, also gräme dich nicht. Geh zu den Deinen, um dich zu erholen.“
    Zakir senkte müde das Haupt vor dem Schirmherrn des Dorfes und schlenderte bedrückt in das Lager der Gnome, aus dem die anderen das Geschehen auf dem Dorfplatz neugierig beobachtet hatten.
    General Magnus, der oberste der Wächter, näherte sich Zacharias, welcher gedankenversunken in den taghellen Himmel starrte.
    „Wenn das wahr ist, was der Kleine erzählt hat“, setzte der bereits ergrauende Magnus an, „dann haben wir einen der Schatten hier auf Taranis.“
    „Den Schatten des Verrats...“, murmelte Zacharias mehr zu sich selbst, als zu seinem Wächter. Ein Blitz entlud sich direkt aus einem der Sturmaugen am leicht bewölkten Himmel, „Wir müssen uns beeilen, wenn unser Plan Erfolg haben soll.“
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