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Astragon war, nach dem mysteriösen Verschwinden und Wiederauftauchen Curt's, in eine Art Schockzustand verfallen. Wortlos hatte er mit Bobfried zusammen die Löcher untersucht und auch als der dicke Novize steckenblieb - was ja eigentlich ein Grund zum Lachen gewesen wäre - verzog der Taschendieb keine Miene.
Sehr erfreut über den Umstand, dass Zamek, der Novize und er jetzt mit den Fremden zusammen reisen musste, war er nicht gewesen, genauso wie seine zwei Gefährten.
Doch Curt meinte, dass es zum Wohle aller, besonders aber seines Vaters sei.
Sie erreichten Vengard gegen Abend uns suchten eine Unterkunft, was sich als schwierig erwies. Schließlich fanden sie einen leerstehenden Stall, welchen sie dann auch bezogen.
Konsens bestand darin, dass Zamek, Curt, und Astragon am nächsten Morgen nach einer Möglichkeit, auf Argaan überzusetzen suchen sollten, während der junge Mann und Freund von Curt's Vater Vorräte kaufen sollte.
Der jungen Dame wurde aufgetragen, auf Isaak Savant achtzugeben.
Da fiel Astragon auf, dass er die Namen ihrer neuen Gefährten noch nicht kannte, also fragte er:
"Verzeiht meine Frage, aber wie sind Eure Namen?"
"Esrael" und "Miriam" erhielt der Taschendieb als Antwort.
"Meiner ist Astragon"
Und so gingen die Gefährten ihrer Wege, die einen in Richtung Hafen und Esrael in Richtung des Marktplatzes.
Geändert von Astragon (04.03.2014 um 14:43 Uhr)
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Immer noch in Bakaresh...
Genervt warf die Diebin Kieselsteine ins Meer. Dieser verdammte Schuft. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit auf dem Baum gehockt hatten, hielt es Bardasch für eine Gute Idee, dass Estefanie, die eindeutig besser zu Fuß war, auskundschaften sollte ob die genannte Höhle ein mögliches Versteck für die beiden sein könnte.
Gesagt - getan.
Estefania schlich also in Richtung dieser Höhle. Bis zum Eingang brauchte sie gar nicht, denn schon bald stieg ihr der Geruch von bestem Lagoer Sumpfkraut in die Nase. Sie wusste zwar nicht von wem, die Höhle bewohnt war, aber eines war klar: Sie war besetzt.
Also nichts wie zurück zum Baum.
Gerade sah sie noch wie Bardasch samt dem Gaul abgeführt wurde...
Vielleicht war es auch ganz anders gewesen, denn als sie sich in der Taverne umhörte wollte niemand etwas von einer Verhaftung wissen. Schon gar nicht von einem einbeinigen, der sein Pferd gestohlen hatte.
Was sollte sie nun tun? Bardasch suchen? Dazu hatte sie gar keine Lust. Wenn doch bloß bald mal ein Schiff Richtung Setarrif ablegen würde. Drei Schiff nach Thorniara hatte sie schon ablegen lassen ohne an Bord zu gehen. Doch das nächste Schiff wollte sie nehmen, egal wo es als nächstes anlegen würde Hauptsache zurück nach Argaan.
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Mondlicht fiel durch das Fenster welches mit Stoff behängt war. Das Zimmer war dunkel, die Kerze schon lange erloschen. Doch das Licht des Mondes fiel auf den kleinen zierlichen Körper welcher sich wieder und wieder auf dem Stroh umherwälzte. Die Nacht war kalt und selbst im Schlaf sah man aus ihrem Mund den Atem entweichen. Sie war lange schon hier. Zu lange für Erinnerungen. Zu lange um sie bewältigen können. Ihre Träume waren immer düster, quälten sie seit Monden. In den letzten Nächten wurde es schlimmer und schlimmer. Erinnerungen kamen hoch, doch sie konnte Sie nicht zuordnen. Ihre Gedanken kreisten jeden Tag was sie doch bedeuten sollten. Sie rätselte seit langer Zeit, ob es überhaupt Ihre waren. Sie erkannte Sie nicht und doch kamen Sie immer wieder. Waren es wirklich Erinnerungen welche zur Ihr gehörten? Wieso erkannte Sie diese nicht. Wieso erkannte Sie dieses eine Gesicht nicht? Es war ihr so vertraut und doch so fremd.
Sie schreckte hoch, die Augen weit aufgerissen und leise entwich ihr dieser Name. Seit Nächten immer wieder. Wer war er? Wieso erkannte Sie ihn nicht? Sie spürte die Wärme und doch die Kälte des Unbekannten. Silvanus nur wenige kannten diesen Namen. Sie kannte ihn. Doch wer war er? Wieso lies er Sie nicht los?
Sie rieb sich das Gesicht. Ihre Hände dünn und gebrechlich. Eine schwarze Strähne fiel ihr ins Gesicht. Sie schloss die Augen, versuchte sich zu erinnern. Doch es war nichts da. Alles schwarz, ein Loch in welches Sie Nächte um Nächte fiel und mit Angst erwachte. Es machte ihr mehr und mehr Angst. Diese Ungewissheit. Succa, er nannte Sie Succa. Doch war das wirklich ihr Name? Sie versuchte sich stätig daran zu erinnern, doch es war alles schwarz. Keine Antwort und was Lark ihr alles erzählt hatte ergab keinen Sinn.
Er hatte Sie gefunden, im Schnee halb erfroren. Wochen habe Sie nicht geredet bis Sie ihn gefragt hatte wer er denn sei. Er hatte sie damals ungläubig angeschaut. Gefragt ob Sie ihn nicht erkannte. Doch sein Gesicht war ihr nicht bekannt. Sie kannte ihn nicht, so dachte Sie.
Die Stimmen waren leise, doch Sie hörte Sie. Er unterhielt sich wieder mit seiner Frau. Sie stritten, wie fast jede Nacht. Die Schwarzhaarige wusste wieso Sie sich stritten. Seit dem Sie hier war, war Sie der Grund. Mehrere Monde hatte Sie erlebt und immer stritten Sie wegen ihr. Sie hatte doch nichts getan? Sie rieb sich den Arm und blickte danach auf ihre Hände. Vernarbt und voller Zeichen einer Frau an welche Sie sich nicht erinnerte. Es quälte sie schon seit langem. Sie hatte alles versucht um sich zu erinnern, doch es hatte alles nichts gebracht.
"Sag ihr Sie muss gehen Lark. Sie kann nicht länger hier bleiben. Die Leute reden schon" Er grummelte verächtlich "Als ob es dich je gestört hat, was die Leute reden...Sie braucht uns. Sie kann nicht alleine. Schau Sie dir doch an. Jeden Tag kämpft Sie sich umher. Willst du Sie etwas sich selbst überlassen? Sie kennt sich selber nicht einmal"
Sie redeten wieder über Sie. Sie war eine Last geworden. Sie bemerkte es jeden Tag, wenn Sie Lilka helfen wollte. Verächtlich schaute Lilka Sie an. Jeden Tag. Die Schwarzhaarige wusste nicht wieso.
Wieder rieb Sie sich durchs Gesicht und schwang wenig später ihre Beine aus dem Strohbett. Eine Kriegerin soll Sie gewesen sein. Eine mutige Kriegerin, welche so vielen Gefahren gegenüber gestanden haben soll. Eine Frau mit Ansehen und eine Frau an der Seite eines Mannes welcher Sie immer beschützt hatte. Sie blickte in die Schüssel mit Wasser. Ihr Gesicht spiegelte sich wieder. Das schmale Gesicht, die tief dunkelbraunen Augen sahen leer aus. Ihre Haare waren über die letzten Monde sehr lang geworden. Sie strich die Strähne zurück und blickte sich an. Sie erkannte sich selber nicht. War Sie wirklich diese Frau von der Lark ihr immerwieder erzählte?
Die Stimmen verstummten vor der Tür. Doch den Schatten sah Sie noch. Er stand vor der Tür und bewegte sich nicht. "Was willst du?", flüserte Sie leise. Er musste sie gehört haben und öffnete die Tür.
"Succa, ich weiß nicht was ich noch machen soll", seufzte er und trat näher zu ihr. Die Schwarzhaarige stand auf und blickte Ihn an. Sie war klein, musste ihren Kopf heben um ihn anzublicken. Sie biss sich auf die Lippe und spürte zugleich den eisenhaltigen Geschmack. "Ich werde gehen. Vielleicht erlange ich an anderer Stelle meine Erinnerungen zurück. Doch hier bin ich schon zu lange. Deine Frau hat Recht", flüsterte Sie und senkte wieder den Kopf. Er seufzte und hob ihr Kinn "Du bist keine Last das sollst du wissen. Du warst mir eine Schülerin und eine Freundin weißt du" er hielt inne und räusperte sich "Man sagt, die Zeit sollt alles heilen. Doch ich weiß nicht ob sie vergessenes wieder holen kann"
Die Schwarzhaarige fuhr sich durchs Haar und schaute auf. Sie musste gehen.
Das dicke Wolfsfell hatte sie um die Schulter gelegt. Ihre Haare mit dem braunen Lederband zusammengebunden und er blickte sie an "Es ist kalt draußen. Wo willst du hin?" Sie zuckte mit den Schultern "Der Weg wird sich zeigen wenn ich ihn gehe. Es wird ungewiss, dass weiß ich. Doch diese Träume lassen mich nicht in Ruhe. Ich sehe immer wieder dieses Haus. Ich muss es finden. Es ist so vertraut und doch so fremd. Man sagte in der Taverne, dass es im anderen Clan stehen soll. Denkst du ich höre sie nicht reden. Die Leute reden jeden Tag. Es muss etwas bedeuten, dass mir dieses Haus vertraut vor kommt", sprach Sie und lächelte ihn an. Er zog den Mundwinkel nach oben und gab ihr noch eine Flasche in die Hand. "Pass auf dich auf. Der Weg sollte sicher sein. Die Krieger haben erst neulich genug Wildschweine erlegt, sodass der Nadelwald wohl nun leer ist. Es ist nur ein kleines Stück in den Wolfsclan", grinste er.
Die Schwarzhaarige atmete laut aus und schaute den Weg entlang. Ob sie Ihn treffen würde?
Ihre Schritten führten Sie den Weg entlang und nur das heulen der Wölfe in der Ferne ertönte in dieser Nacht. Es war kalt, bitterkalt, sodass sie das Fell enger um Ihren Hals zusammenzog. Die Schatten der Bäume fielen auf den Weg durch das Mondlicht. Es war kein voller Mond, doch er leuchtete heute besonderst hell. Sie wunderte sich einen kurzen Moment über die Intensivität des Lichtes und lief dann weiter. Ihre Schuhe versanken leicht im Schnee, doch es war schon seit einigen Tagen kein Schnee mehr gefallen. Der Frühling näherte sich und doch würde der Schnee nicht schmelzen. Er war schon lange nicht mehr geschmolzen.
Sie sah das Schild schon vom weitem. Den Wolfskopf eingekritzt in das Holz und unter dem Schild die Steine. Es war Vertraut, zu vertraut. Die Fackel brennte nicht unweit vom Schild und der große Krieger schaute Sie durch seine zusammen gekniffenden Augen an. Ihr Schatten trat aus dem Wald hervor und er packte den Schwertknauf fester "Wer ist da?", rief er und die Schwarzhaarige schluckte nervös "Eine Reisende", antworte Sie und trat an Ihn heran. Er blickte Sie an und schmunzelte "Um diese Zeit? Wollt ihr in die Taverne? Dann aber schnell. Die Männer brauchen sicher noch Unterhaltung", scherzte er und die Schwarzhaarige runzelte die Stirn "Ich bin nicht hier um jemanden zu unterhalten. Ich suche ein Haus" Er lachte laut und stampfte in den Boden. "Ein Haus? Hier gibt es viele Häuser" Zögerlich blickte Sie hinter ihn und suchte die Gegend ab. "Eine große Tanne steht davor, mit 3 großen Ästen auf der rechten Seite. Die linke Seite ist fast kahl" Er hob die Augenbraue. Anscheinend wusste er wovon Sie sprach. "Es ist nicht mehr bewohnt. Schon lange nicht mehr. Knapp 4 Winter müssen vergangen sein. Es gehörte einst dem Clanlord", sprach er und blickte sie durchdringend an. "Was wollt ihr dort?" Succa schnaufte "Antworten", zischte Sie und trat näher an ihn heran. "Wo ist es?", fragte Sie direkt und er grinste "Lauft an der Taverne vorbei und dann haltet euch auf den linken Weg. Ihr werdet es dann sehen", grummelte er und blickte über Sie hinweg in den Wald.
Die Schwarzhaarige schluckte und zog das Fell noch ein Stück enger. Sie ging den Weg entlang und sah die Fackeln an dem großen Gebäude. Schallendes Gelächter vernahm sie und ein oder anderen Moment dachte Sie sie hörte zerbrechende Krüge. Eine Wärme ging durch ihren Körper. Es war zu vertraut. Dieser ganze Ort war zu vertraut, doch Sie grübelte immer noch. Am Gebäude vorbei blickte Sie nach links. Dort war. Es war wirklich hier. Die Tanne, diese Tür. Das kleine Holztreppchen neben dem Baum. Und die Bank. Sie stockte. Schluckte abermals und trat langsam heran. Diese Bank, sie kannte Sie. Es war Eichenholz, aus einem Stück. Zurecht gehackt mit einer Axt. Sie sah die Furche tief an der Vorderzeite. Ihre Hände zitterten, als sie über diese fuhr. Wie ein Blitz durchfuhr es ihren Körper als ihre Finger das Holz berührten. Sie war hier oft gesessen. Auf der rechten Seite der Bank.
Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. Ihr wurde mulmig schlecht und Sie setze sich. Die Tasche mit dem Met fiel auf den Boden und die Flasche zerbrach am Boden. Der Honigmet ergoss sich im Schnee und sie schloss die Augen. Sie saß hier und hatte sich mit den Händen in die Bank gekrallt. Ihr Puls stieg und sie öffnete die Augen und fasste mit ihrer Hand an ihre Brust. Ihr Herz pochte laut und schnell. "Silvanus", flüsterte sie und blickte nach links. Sein Gesicht war vor ihrem inneren Auge. Er lächelte und blickte dann wieder nach vorne. Er war es also. Er hatte hier gewohnt. Sie wischte sich durchs Gesicht und schloss nochmals die Augen. Ihr Herz pochte immer noch wie verrückt.
"Hey, was hastn du hier zu suchen? Das ist das Haus vom damaligen Clanlord. Scher dich weg", grunzte eine tiefe Stimme und die Schwarzhaarige öffnete die Augen. Der Kerl war nicht einmal größer wie Sie geschweige denn kräftiger. Sie hob die Augenbraue und blickte ihn an. "Hast du nicht gehört? Du sollst hier verschwinden!", forderte er und die Schwarzhaarige erhob sich von der Bank "Kanntest du ihn?", fragte Sie ihn und der Kerl tapste etwas unbeholfen auf sie zu. Er hinkte mit dem rechten Bein und stand nun neben ihr "Razorwhisper? Jeder kannte ihn. Er war der Clanlord. Er war der Mächtigste hier. Damals..." er schnaufte etwas verbittert "...als hier die Leute uns noch besuchten um die wahren Krieger zu sehen. Doch dann verschwand er. Zusammen mit seiner Frau. Man hat Sie nie wieder gesehen. Man erzählt sich, dass er fort gegangen sei und die Seele seiner Frau soll hier noch wachen. Es ist fast unheimlich" Er lachte "Alle Krieger können sich Bären und Wölfen stellen, aber vor der Seele einer Frau haben se alle Schiss. Feiges Pack", grunzte er amüsiert und grinste Sie an "Eine Frau? Kanntet ihr Sie?", fragte Sie ihn und runzelte die Stirn. Er schüttelte den Kopf "Nein hab die nie gesehen. Aber Sie soll auch eine Kriegerin gewesen sein. Unscheinbar und dennoch nicht zu unterschätzen. Nur wenige kennen Sie. Der alte Olk kennt Sie sicher noch. Aber der ist mittlerweile dem Met verfallen. Hat sich wahrscheinlich des Hirn tot gesoffen weißt?" Die Schwarzhaarige grinste "Scheint eine weit verbreitete Krankheit hier zu sein" Der Kerl trat zur Tanne und drehte sich dann zu ihr um "Wundert dich das? Es gibt hier nichts mehr. Alles langweilig, die haben doch nur noch Sinn zum saufen. Deswegen ist Razor wohl auch weg. Wer will schon eine Horde Betrunkene führen?" Er rieb sich den Hinterkopf und hob dann das Kinn "Wenn ihr mehr wissen wollt, dann solltest ihr Olk fragen. Wenn er wieder nüchtern ist. So gegen Nachmittag", grunzte er und hinkte dann zurück zur Taverne.
Die Schwarzhaarige stand nun alleine vor dem Haus. Blickte auf die Bank und wusste selber nicht was Sie nun machen sollte. Wieder biss sie sich auf die Lippe und spürte den eisenhaltigen Geschmack. Die Kälte hatte ihre Lippen spröde werden lassen. Langsam stieg ihr die Kälte in die Glieder. Und nun? Wohin nun? Sie rieb sich den Arm und wagte den Schritt nach vorne.
Wenn die Kerle sich schon vor einer Seele fürchteten, dann wäre Sie sicher heute Nacht alleine in diesem Haus. Es würde wohl auch niemanden auffallen wenn Sie die Nacht heute hier verbringen würde.
Die Schwarzhaarige stieg die Treppen hinauf und blickte sich nochmal um. Es war niemand zu sehen und sie drückte langsam die Tür auf. Schwerfällig war Sie, doch sie konnte Sie so weit öffnen, dass Sie durch den Spalt ins Haus gelangen konnte.
Dann zog Sie die Tür hinter sich zu.
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Die Flamme der Kerze warf einen langen Schatten an die Wand. Die Schwarzhaarige saß an einem kleinen Tisch und hatte einen Stapel Aufzeichnungen vor sich. Sie hatte die Schränke im laufe des Tages durchsucht doch keine Antworten gefunden welche Sie in irgendeiner Weise zuordnen konnte. Es waren mehrere Aufzeichnungen von Handelsgeschäften und eine Liste mit Namen. Sie grübelte, blätterte ruhig durch das kleine Buch, welches mit einem tiefschwarzen Leder umschlagen war.
Der Winter hatte einige Opfer an den Schweinen gefordert. Sie vertragen die Kälte nicht. Es war abzusehen, doch es war eine Abwechslung zum beißenden Geschmack von den Wildschweinen. Vielleicht lag es auch nur an den grausamen Kochkünsten dieses Taugenichts von Koch in der Taverne. Er kannte ja nur das Grillen auf dem Rost über der Feuerstelle. Oft genug hatte man eher das Gefühl auf einem Stück Leder zu kauen, als dass man es als Fleisch bezeichnen konnte...
Die Schwarzhaarige hielt inne als Sie die Wörter las und grinste. Welcher Koch hier im Norden konnte schon Fleisch zubereiten. Doch es war auch die Handschrift. Sie war gekritzelt. Wohl eine klares Handschrift eines Mannes. Sie kam ihr bekannt vor. Seit langem hatte Sie etwas gefunden was ihr bekannt vor kam. Doch wusste Sie immer noch nicht woher. Sie rieb sich den Nacken und senkte den Kopf wieder über das kleine Buch. Es war voller Daten und kleinen Notizen. Vielleicht würde Sie auf einer Seite doch noch etwas finden.
Ihre Finger fuhren langsam über die Schrift und sie spürte die Farbe unter den Fingerkuppen. Plötzlich hielt Sie inne. Schluckte nervös und traute Ihren Augen nicht. Es war Ihr Name. Er hatte Ihren Namen geschrieben. Ihre Augen starrten auf den Punkt in diesem Buch und sie spürte wieder ihren Herzschlag. Er wurde schneller und das Kribbeln war in Ihren Finger zu spüren.
Succa hatte mich heute noch überredet etwas Tee zu kaufen bei diesem komischen Händler. Er hatte diese roten Blüten dabei und ich konnte ihr die Bitte nicht ausschlagen. Wer kann meiner Frau schon widerstehen. Auch wenn ich eher gerne den Tee der Brennnesseln bevorzugte. Ihr Blickte sagte in diesem Moment mehr als ihre Worte. Sie hatte Recht behalten. Der süßliche Geschmack war eine Abwechslung und erinnerte mich zugleich an Ihre Wärme wenn Sie um mich war. Es wird schwer ihr eines Tages die Wahrheit zu erzählen. Doch viel Zeit bleibt mir nicht mehr. Doch ich will Sie nicht enttäuschen. Sie wird immer meine Liebe ... ...
Es brach ab und die Schwarzhaarige blätterte hastig um. Es war die letzte Seite dieses Buches. Panik brach in Ihr aus. Ihr Atem wurde schneller und sie suchte vergebens eine Fortsetzung auf den leeren Seiten. Doch sie waren leer.
Es kochte in Ihr und sie erhob sich wütend. Wieso konnte Silvanus es ihr damals nicht sagen? Er hatte Sie geküsst und war dann auf Fee weg geritten. Sie hatte das Bild vor ihrem innerem Auge. Er hatte gewunken und hatte diesen Blick, den nur Sie kannte.
Die Kerze flackerte und sie stand wie erstarrt in dem Zimmer. Sie fasste ihren Arm an und spürte zugleich den kalten Schauer über ihren Rücken. Er war es gewesen. Er hatte sie verlassen. Hatte nicht einmal gesagt wo er eigentlich hinwollte. Sie hatte ihn gefragt, doch er hatte Sie damals geküsst, dass er nicht antworten musste.
"Du elendiger räudiger Hund", schnaufte Sie und umklammerte das Buch. Sie fiel auf die Knie und die Tränen sammelten sich in Ihren Augen. Sie hatte ihn geliebt. Monde lang hatte Sie ihn geliebt und er Sie. Er war alles für Sie gewesen. Und doch war er fort gegangen.
"BEI DEN AHNEN" sprach eine eindringliche Stimme laut und die Schwarzhaarige schaute hoch. Der Schatten im Türrahmen war nicht zu verkennen. Ein großer Mann stand in der Tür und hatte die Augen ungläubig auf Sie gerichtet. Er trat herein und blieb vor Ihr stehen. "Ich glaube es kaum, dass ich dich wieder sehe. Man sagte uns du seist verstorben. Man habe deine Leiche auf dem Berg gefunden, weit im Wald. Und nun stehst du nun doch vor mir", sprach er und die Schwarzhaarige schaute ihn fragend an "Wohl eher kniend", korrigierte Sie und hob die Augenbraue "Oh ja, du bist es wirklich. Dein loses Mundwerk lässt sich einfach nicht verstecken was?", grunzte er amüsiert und hielt ihr seine Hand hin. Sie packte diese und er zog sie auf. Sie stand vor ihm und musterte ihn. Eine tiefe Narbe erstreckte sich von seinem linken Auge bis hin zu seiner rechten Wange. Die eisig blauen Augen schauten sie freudig an und sie räusperte sich.
"Nun, dann erzähl. Wie ist es dir ergangen Succa?", forderte er und Sie trat einen Schritt zurück, rieb sich den Nacken und blickte auf den kleinen Tisch mit der Kerze. "Entschuldigt..." Sie holte tief Luft und schaute ihn direkt in die Augen "...Meine Erinnerungen sind verschwommen. Ich kenne euch, dass weiß ich. Doch mir fehlt die Erinnerung wo ich euch zuordnen kann", sprach sie leise und der Bärtige trat an Sie heran. "Dann ist es also wahr. Man erzählte mir von einer Frau, welche vor Monden bei Lark untergekommen sei. Schwarze Haare und die tief dunklen brauen Augen würden einem Angst einjagen erzählte man im Hammerclan. Sie solle nichts von sich wissen und Ihre Erinnerung würde fehlen. Das gerade du diese Frau sein solltest hatte ich nicht geglaubt. Ich hielt dich für tot" "Ich bin nicht tot", keifte Sie zurück "Doch wer bin ich?", flehte Sie und ballte Ihre Faust.
Er räusperte sich und nahm Ihre Hand "Ich weiß bei den Ahnen, dass du Succa bist. Und wenn ich eines sagen kann. Dann warst du einst eine der stärksten Kriegerinnen die ich kannte. An der Seite von Razorwhisper und an der Seite der stärksten Krieger Nordmars. Deine Klinge war in der Wolfsjagd eine der schnellsten und auf dem Pferd warst du ... oh wartet ... Was erzähle ich alles über dich und deine Taten. Ich bin Olk, Sohn des Kazraan einst Krieger des Hammerclans. Wir lernten uns damals in der Taverne kennen. Weißt du noch? Bei der Schlägerei..."
Die Schwarzhaarige verzog den Mundwinkel "Nun...Olk. Wie breits erwähnt sind meine Erinnerungen etwas wirr. Wenn nicht gar ganz verloren. Lark fand mich damals im Schnee so sagte er. Blutend am Kopf. Man hatte mir wohl eins übergezogen. Die Narbe hab ich heute noch, doch seit dem hab ich große Lücken in meiner Erinnerungen. Vorallem zu meinem früheren Leben. Es ist..." Sie schluckte und fasste das Buch enger. Ihr Blick fiel auf den Lederband "...schwer sich an etwas zu erinnern was man sich nicht vorstellen kann. Doch es kommt langsam zurück. Stückweise, nur ich weiß nicht ob ich je alles erlangen kann" Olk drehte sich um trat Richtung Tür "Wenn du schon sein Buch hältst dann hast du sicherlich daran gelesen oder?" "Natürlich", entwich es ihr leise. "Dann kommt mit. Nachdem du und dein sogenannter räudiger Hund fort war, habe ich zumindest das Wertvollste retten können" Er winkte Sie zu sich und die Schwarzhaarige trat mit ihm aus dem Haus.
Sie folgte ihm dicht und er gingen seinen Weg recht schnell. Er hatte es wohl eilig "Schnell, oder willst du sofort in die Taverne gezogen werden, sodass Sie deine Trinkfestigkeit unter Beweis stellen musst", scherzte er und schaute sie lächelnd an. "Selten, dass des wohl doch grimmige Clanler gibt die lächeln können" Er lachte laut auf und packte ihre Hand. Etwas hastig zerrte er Sie in die kleine Hütte an der rechten Seite des Weges.
Das Feuer brannte und ein junger Mann blickte sie fragend an "Wo hast du denn die aufgegabelt?", grunzte er und spuckte ungewollt die hälfte seines Essen im Mund auf den Tisch "Still Junge. Du solltest dein Mundwerk zügeln vor Ihr", drohte Olk dem Mann und wischte mit seinem Oberarm die Essens Reste vom Tisch, natürlich auch die Brocken welche dem Mann soeben aus dem Mund entflohen waren. "Setz Wasser auf. Ich kenne genau das richtige für Succa" "SUCCA?", entwich es ungläubig dem jungen Mann und er schaute Sie mit großen Augen an. "Nicht so laut Junge", grummelte Olk und der junge Mann erhieb sich sofort von dem kleinen Holzhocker und ging zur Feuerstelle. "Setz dich", sprach Olk und deutete auf den kleinen Hocker auf welchem der Mann gesessen hatte "Mein Sohn. Ein Taugenichts vor den Ahnen. Er schafft es gerade einmal ein Schwert zu halten. Aber umgehen? Das kann er nicht damit", grunzte er amüsiert.
Olk verschwand im Nachbarzimmer und man hörte es poltern und krachen. Ob er nun einen Frühjahrsputz machte? Die Jahreszeit war ja nun langsam dafür bereit. Die Schwarzhaarige schaute sich um und erblickte das große Schwert an der Wand. Wahrlich ein Schwert eines Kriegers, doch hatte es anscheinend schon lange nicht mehr den roten Lebenssaft zu spüren bekommen.
Der Bärtige trat aus dem Raum wieder hervor und hatte ein großes Bündel Leder in der Hand. "Wertvoll? Wolfsleder? Dafür sind wir nun hier her gekommen?", fragte die Schwarzhaarige ungläubig und Olk warf das Bündel auf den Tisch. Ein lautes Aufstoßen von Metal auf Metal vernahm Sie. Am Ende des Bündels ragte eine Bogenspitze heraus und die Schwarzhaarige war das Leder zurück. Waffen? Welche Waffen waren dies? Sie blickte ihn fragend an und Olk grinste breit "Die besten Klingen der Clans. Einer der Besten Bogen. Du erzähltest mal, dass man dir den Bogen gegeben hatte. Damals noch...auf dem Hof" Die Schwarzhaarige spürte das Holz unter ihren Fingern und das Bild des blonden Mannes fiel ihr ein "Waylander, er hieß Waylander. Er hatte mich trainiert", schmunzelte Sie und erblickte zugleich den großen Bihänder. Sie packte den Knauf und umfasste ihn. Es war zu schwer. Sie konnte ihn nicht anheben. "Kraft musst du wohl erst wieder erlernen und den Umgang zu gleich. Ich nehme nicht an, dass du nach der Zeit ohne Training die Klinge wieder richtig führen kannst"
Die Schwarzhaarige schloss die Augen und hatte immer noch den Schwertknauf in der Hand. "Vater. Die roten Blüten?" Er unterbrach die kurze Stille und Succa blickte ihn an. "Rote Blüten? Was für Blüten? Sind es Hibiskusblüten?" Schon als ihr das Wort entwichen war erinnerte Sie sich an den Tag. Sie war damals nicht begeistert gewesen von dem Händler. Razor hatte schon lange mit ihm verhandelt, doch die Preise waren nicht in Ordnung gewesen. Succa hatte die restlichen Waren begutachtet und nach diesen Blüten gefragt. Sie rochen gut und Sie wollte sie damals unbedingt haben. Wenn Sie nichts anderes kaufen würden, doch diese Blüten wollten Sie zum Tee aufgießen. Sie hatte ihn gefragt und auf die Blüten gedeutet. Den Kopf schräg gestellt und dieses kleine Lächeln auf den Lippen, wo Sie wusste dass er nicht widerstehen konnte.
"Wo hast du den Tee her? Razor hatte ihn gekauft ich weiß es", sprach Sie und blickte Olk an. Er hatte ein Lächeln auf den Lippen "Ich habe nicht übrig für Tee. Doch Razor und du waren die einzigsten die sowas tranken in den Clans. Und wenn dann nur Reisende. Ich sagte doch, dass ich damals das Wertvollste rettete. Auch wenn ich es eher auf die Waffen bezogen hatte und deinen Dolch" Er zeigte auf den kleinen Dolch. Leder verhüllte die Klinge und Succa ergriff Ihn. Der junge Mann stellte den Krug mit dem heißen Wasser auf den Tisch und in diesem schwammen die Blüten "Tee aufgießen muss man dir wohl auch noch beibringen was Junge?", scherzte Sie und deutete auf den Krug. Er schnaufte verächtlich und setzte sich neben seinen Vater. Olk grunzte amüsiert und blickte dann Succa an. "Er war dein wertvollstes. Mich wundert, dass du ihn damals nicht mit dabei hattest als du aus den Clan gingst. Sowieso war es sehr merkwürdig, dass du ohne Waffen aus den Clans bist", grummelte er nachdenklich und Succa zuckte mit den Schultern. Der Dolch lag in Ihrer Hand. Schwer und der rote Stein funkelte Sie an.
"Es ist erstaunlich wie so vieles nun auf einmal Sinn ergibt. Monde hab ich mich gefragt wie ich meine Erinnerungen zurück erlangen könnte. Doch nun ist es fast angsteinflößend wie schnell manche Erinnerungen zurück kehren" Sie blickte nachdenklich den Dolch an und schaute dann zu Olk "Ich denke es wird noch einiges zurück kehren weißt du" Er hatte eine ruhige Stimme und sein Junge brummte leise "Doch bevor du dich wieder nach Draußen zu den anderen wagst, solltest du dir selber klar werden wo du nun hin willst?" "Was meinst du mit hin willst?" "Nun..." Er räusperte sich und beugte sich mit dem Oberkörper über den Tisch "Es ist nicht mehr viel los hier. Viele sind fort, zu anderen Ufern wie man sagt. Selbst die Röckchenträger haben sich teilweise aus dem Staub gemacht und allesamt sind sie zur einer Insel. Ich weiß nicht, ob du dort mehr Antworten finden kannst. An einem fremden Ort. Doch ich gehe fast davon aus, dass du dort weitere alte bekannte Gesichter treffen würdest" Succa hob die Augenbraue "Und sicher kennst du auch einen Weg dort hin oder?" "Nun nicht ganz. Aber man sagt, dass ein Handelsschiff im Hafen liegen würde welches den Kurs dort hin anstrebt" Succa räusperte sich. "Vorher solltest du mir aber wenigstens noch etwas Training mit dem Schwert zeigen. Sonst werd ich ja gleich überfallen", lachte Sie und setzte die Lippen an den Krug um endlich vom Tee zu kosten.
"Natürlich. Die Grundkenntnisse sollten ja noch vorhanden sein. Etwas eingerostet bist du warscheinlich", scherzte er und trug ebenfalls aus seinem Krug. Wobei Succa eher dachte, dass es Met sein würde.
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Schwer schnaufend stand sie vor Olk. Er grinste sie breit an und Succa packte den Schwertknauf fester. Sie trainierten, mal wieder. Die letzten Tage hatte Succa damit verbracht Ihre alte Kraft zurück zu erlangen. Doch es war wohl weit mehr Arbeit als Sie dachte. In der Zeit welche vergangen war hatte ihre Kraft deutlich nachgelassen. Der Muskelkater ganz zu schweigen, welcher sich in Ihren Armen seit Tagen bemerkbar machte.
Die Schwarzhaarige holte zum Schlag aus und atmete ruckartig aus als ihr Schwert das von Olk streifte. Das metallene Geräusch der Schwerter hatte in den letzten Minuten einige Schaulustige zum Platz geführt. Selbst Olks Sohn stand am Platz und war erstaunt wie schnell Succa wieder die Abläufe lernte. Doch es würde noch viel Zeit brauchen, bis Sie wieder so weit war wie Sie früher kämpfen konnte.
Succa hielt inne, als Olk sie fordernd anschaute. "Nicht schlecht Kleine. Doch deine Beinarbeit lässt noch etwas zu wünschen übrig" Er deutete mit der Schwertspitze auf ihre Füße und die Schwarzhaarige hob die Augenbraue "Wenn ich eines noch weiß. Aber unterschätz eine kleine Frau nicht in ihrer Schnelligkeit", keifte Sie zurück und suchte mit ihrem linken Bein mehr Festigkeit als sie es leicht nach hinten schob. Sie hatte bei den letzten Schlägen ihren Körpermittelpunkt gefunden und hatte somit deutlich mehr Kraft und Gleichgewicht. Ihr rechtes Bein war leicht angewinkelt und in der rechten Hand hielt sie das Schwert. Den linken Arm hielt sie hinter ihren Körper um das Gewicht des Schwertes auszugleichen.
Ein tiefer Atemzug und sie preschte nach vorn. Das Schwert immer noch tief gehalten zog Sie in der laufenden Bewegung nach oben und streifte Olks Schwert. Sie hatte Ihn überrascht. Er wich zurück und ein weiterer Hieb streifte sein Schwert. Eine kleine Drehung im Handgelenk und ein kleiner Satz nach vorne. Sie stand dicht bei ihm. Die Schwertspitze an seiner Rüstung und hiel inne. Ihr Brustkorb hob sich weit bei Ihren tiefen Atemzügen. Olks Schwert lag am Boden. Hatte sie es in der kleinen Drehung aus seiner Hand geschlagen. "Diese Technik kannst du nur von einem haben", grinste er und Succa hob abermals die Augenbraue "Wenn du denkst, dass ich Razor nur das Bett geteilt habe liegst du aber weit daneben. Wir hatten sehr oft zusammen trainiert" Olk lachte und bückte sich nach seinem Schwert. "Es macht mir den Anschein das du deine alte Kraft langsam zurückgewinnst. Doch solltest du die nächsten Tage aufbrechen. Das Schiff im Hafen wird nicht mehr lange da sein" Succa grinste "Wer redet denn von Tagen. Eigentlich wollte ich dir nur in den Arsch treten und dann aufbrechen", lachte Succa und versetze Olk einen kräftigen Tritt in seinen Allerwertesten. Er stolperte und fiel letzt endlich auf alle viere. "Ein alter Mann sollte doch nicht kriechen", gröhlte ein Nordmann von der Seite und Olk grunzte verächtlich. Succa blickte ihn an und deutete mit der Schwertspitze auf den Mann "Dir würde ein Arschtritt wohl nicht reichen. Deine Weichteile würde ich zu Brei treten", drohte Sie und hielt Olk eine helfende Hand zum Aufstehen entgegen.
Der Bihänder lehnte am großen Tisch und die Schwarzhaarige schaute auf den kleinen Lederbeutel. Sie hatte frisch gebackenes Brot von der Taverne geholt und den Lederschlauch mit frischem Wasser gefüllt. Olk lehnte am Türrahmen und blickte Sie an. "Es ist nicht weit bis in die Stadt. Je nachdem wie schnell du bist, bist du bei Morgengrauen auch schon da" "Gibt es in Vengard denn noch Rockträger?" Sie blickte ihn an und Olk atmete tief ein, zuckte aber letzendlich mit den Schultern "Wirst du dann wohl merken. Nimmst du ihn nicht mit?" , fragte er und deutete auf den Bihänder. Succa strich über den Schwertknauf und schüttelte den Kopf "Nein, er soll dir gehören. Ich denke nicht das ich eines Tages ihn wieder so führen kann wie einst. Ich werde mich wohl auf mein Schwert und Bogen konzentrieren" Sie schwang den kleinen Lederbeutel um ihre Schulter und befestigte den Waffengurt mit Ihrem Schwert an Ihrer Hüfte. Der Bogen mit dem Köcher hing lässig an ihrem Rücken und sie schmunzelte. "Was ist eigentlich aus Tomparas geworden?" Sie schaute auf den Boden und erinnerte sich an Ihren Rappen. Olk schluckte leise und rieb sich den Nacken "Nun lange Geschichte. Er wurde verkauft. Wir wussten ja nicht wo du bist und mein letzter Stand war, dass er..." er hielt inne und Succa blickte ihn an. "Dass er was?", forderte Sie und Olk biss sich auf Zunge. Er wusste wie Sie reagieren würde. "Tomparas wurde zuletzt an einen Orksöldner verkauft von Banditen" Sie erstarrte. "AN DEN FEIND? Seid ihr denn des Wahnsinns?", spuckte Sie und Olk hob schützend die Arme "Ich hatte damit nichts zu tun ehrlich. Der Schmied hatte Ihn damals an die Banditen verkauft" Succa biss sich auf die Unterlippe und versuchte Ihren Ärger etwas unter Kontrolle zu bringen "WO ist er?"
Olk deutete auf das kleine Vordach vor der Taverne und schwieg Sie an. Die Schwarzhaarige stampfte an ihm vorbei und lies die Tür hinter sich ins Schloss krachen welches sowieso schon kaputt war.
Der Blonde sah wie sie wutentbrannt auf ihn zu lief und stand auf. "Oh Succa schön dich zu sehen", sprach er und lächelte sie an "SCHÖN? SCHÖN mich zu sehen? Sag mal, haben dir die Ahnen eigentlich ins Hirn geschissen. Banditen? Du hast Tomparas an lumpige Vollidioten verkauft?", brüllte Sie und schubste ihn von sich weg. "Sie haben gut gezahlt...", stotterte er und Succa atmete tief ein "Ein Pferd wie Tomparas verkauft man nicht!", keifte Sie und schubste ihn abermals "Er...Er war gesund wirklich. Ich wusste nicht was sie mit ihm anstellen wollten" "Du nutzloser Vollidot. Erschlagen sollte man dich!" Er wich zurück und hob die Hände "Ich ... ich konnte es doch nicht wissen" Succa griff ihr Schwert und der Blond wich zurück. "Es reicht! Ich will es nicht hören. Hast du denn Fee auch verkauft? Ich schwöre bei Razor ich schlag dir den Kopf ab" Er schluckte und wich vor der kleinen Frau zurück. "Nein Nein Nein", flehte er und stolperte auf den Boden. Er lag vor Ihr auf dem Rücken und schaute sie ängstlich an. Succa fuchtelte wütend mit dem Schwert vor sich herum und grummelte "Verkauft...einfach verkauft. Wie dumm kann man eigentlich sein?" , moserte Sie und drückte ihm die Schwertspitze auf den Bauch. "Aufschlitzen sollte man dich", grunzte sie verächtlich und warf den Arm fluchend nach oben. Sie wirbelte herum und lies den Schwertknauf los. Mit dem Rücken zu dem Blonden gewandt streckte Sie beide Arme gen Himmel. "Ein top ausgebildetes Pferd mit viel Kraft und allem...", fluchte sie abermals und merkte gar nicht, dass Ihr Schwert der Schwerkraft gefolgt war. Die scharfe Klinge streifte den Arm von dem Blonden und er schrie auf. Erstaunt drehte sie sich zu ihm herum und hob ihr Schwert auf. "Verblute daran du Schwein" Er hatte eine tiefe Wunde im Oberarm aber würde es wohl überleben.
Olk stand fassungslos neben der ganzen Szenerie und schmunzelte. Man hätte es ja wissen müssen, dass Succa in Tomparas einen sehr treuen Weggefährten gesehen hatte. Er hatte den Blonden damals gewarnt. Doch am Tag des Verkaufs war selbst er nicht in den Clans gewesen.
Die Schwarzhaarige lief auf Olk zu und riss ihm den Lederschlauch aus der Hand. "Es wird Zeit zu gehen. Sonst gibts hier heute Nacht noch Futter für die Wölfe", grunzte Sie und schaute ihn an. "Pass auf dich auf Kleine. Und lass dich nicht ärgern", grinste er vorsichtig und Succa hob die Augenbraue "Sagt der Mann der erst vor Kurzem vor mir im Dreck kniete"
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Den Tag über hatte Sie Nordmar durchquert und stand nun in der Abenddämmerung vor den Toren Vengards.
Lange war es her, dass sie hier gewesen war. Sehr lange und vielleicht war es auch zu Ihrem Besten, dass Sie sich nicht an alles erinnerte. Die Stadtwachen musterten Sie deutlich, liesen Sie jedoch ohne große Fragen passieren. Warscheinlich machte die zarte kleine Frau doch keinen all zu großen Eindruck auf die Wachen. Sowieso hatte Sie die schwere Kriegerrüstung in Nordmar gelassen.
Ihr Weg führte Sie in Richtung Hafen. Die Anlegestelle lag ruhig in der Abenddämmung vor Ihr und Sie erblickte das Handelsschiff. "Groß hatte er gesagt, ich glaube ich muss mich mit Olk mal über Größenverhältnisse unterhalten", schmunzelte Sie als sie das kleine Schiffchen erblickte. Es war zwar ein Schiff und kein Bott, aber es war schon fast winzig. Da hatte Sie damals größere gesehen.
Ein Helfer kreuzte Ihren Weg und Succa hielt ihm am Arm "Wisst ihr wann das Schiff ablegt?", fragte Sie ihn und er blickte sie leicht erschrocken an. "In der Taverne warscheinlich. Ihr solltest da suchen" Succa nickte und schritt weiter.
Die Schwarzhaarige bahnte sich Ihren Weg zur Taverne um an Informationen zu gelangen. Als Sie die Tür aufstoß und eintrat schluckte sie verwirrt. Der Wirt schaute Sie an und reinigte mit einem dreckigen Tuch gerade einen Krug. Ein weiterer Mann saß an einem Tisch und vertilgte gerade etwas undefinierbares und als ihr Blick weiter durch den Raum schweifte nahm sie keinen weiteren Gast wahr. War sie etwa in der falschen Taverne? Hier war ja überhaupt nichts los.
Succa schritt zum Wirt und blieb am Tresen stehen. "Ich bräuchte Informationen dem Kapitän von dem Schiff im Hafen", sprach Sie und der Wirt lachte leise "Schiffchen wohl bemerkt. Er sitzt dort drüben", sagte er und nickte mit dem Kopf in die Richtung des anderen Mannes.
Succa drehte sich um und schaute zu dem Mann. Schließlich ging Sie auf ihn zu und setzte sich ihm gegenüber. Sie verschränkte die Arme und sah dem Kerl zu wie er sein Fleisch vertilgte. Nach einigen Schmatzern und lauten Schluckens schaute er sie schließlich an und kniff die Augen zusammen. "Eine Frau? Hier? Was willst du?", schmatze er und Succa schaute etwas genervt drein. Das die Kerle hier immer ihr bestes Benehmen an den Tag legen mussten. "Nun, das Schiff im Hafen gehört wohl zu euch. Man erzählte mir, dass ihr auf eine Insel segeln wollt" Er schluckte seinen letzten Bissen herunter und nickte "Argaan. Was zahlt ihr?", fragte er und Succa hob die Augenbraue.
"Ich habe fünf sehr gute weiße Wolfsfelle. Perfekt abgezogen von den besten Jägern dieses Landes", sprach sie und beugte sich nach vorne zu dem Mann. Er biss wieder von dem Fleischstück ab und Succa betrachtete dieses. Was war das eigentlich? Das was weder Schwein noch Kuh. Und es stank widerlich. Wie konnte man sowas nur essen? "Nun, wir wollen morgen aufbrechen. Rechne mit einigen Tagen bis wir auf Argaan sind. Der Zielhafen wird wohl Thorniara sein. Ihr solltet also eure Waffen nicht unbedingt zeigen, wenn ihr dort das Land betretet. Die sind doch recht unentspannt was das angeht", sprach er und deutete auf Ihr Schwert.
Als sie wieder aufgestanden war rieb Sie sich den Kopf. Einige Tage, welch genaue Zeitangabe für einen Segeltripp. Doch so ganz war ihr das nicht geheuer. Konnte Sie sich noch genau an das letzte mal Erinnern als Sie auf einem Boot gewesen war. Ihr ganzer Mageninhalt hatte sich entleert. Sie hoffte das es nicht wieder so passieren würde. Und wenn, dann hoffte Sie dass diese Reise so schnell wie möglich vorbei sein würde.
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Es war schon Nachmittag geworden bis Sie endlich Ihren Fuß auf das Schiff setze. Der Wind war heute sehr stark, vielleicht ein gutes Zeichen das Sie schnell voran kamen. Der Kapitän welcher sich als - Käpt'n Jack Spickow - betitelte machte einen sehr merkwürdigen Eindruck auf die Schwarzhaarige. Den ganzen Tag schon war er auf seinem Schiff hin und her geeilt und hatte merkwürdige Befehle an seinen Helfer befohlen. Ein wenig verwirrt wirkten Beide auf Succa. Hoffte Sie doch schon seit den Morgengrauen, dass die Kerle auch wussten was sie taten. Bis jetzt hatte sie eher ein ungutes Bauchgefühl.
Die Schwarzhaarige saß schon seit Stunden auf dem Fass und beobachtete das Treiben der Männer. Es war wirklich kein großes Schiff. Der große Mast mit dem Hauptsegel ragte weit über die Schwarzhaarige und auf diesem turnte gerade der Helfer von Mr. Spickow herum. Was er dort auch immer machte. Im Grunde war es Succa egal. Sie hatte ihre Fahrt mit den Wolfsfellen bezahlt und hoffte nun nur noch das Sie irgendwie heil ankommen würde.
Der Käpt'n stiefelte grummeln an ihr vorbei und murmelte mürrisch "Alles muss man hier selber machen. Es ist zum Mäuse melken...Diese Kerle haben echt immernoch keine Ahnung", grummelte er vor sich hin und Succa hob die Augenbraue. Na das konnte ja was werden. Sie atmete tief ein und rieb sich den Nacken. Ob Sie heute überhaupt noch ablegen würden? Das geschwanke von dem Schiff im Hafen schon war ja alles andere als angenehm. Wie sollte das wohl erst auf dem Meer werden. Sie seufzte auf und schaute wieder zum Käpt'n. "Herr Flurner wird das denn heute noch was? Wie wärs wenn sie endlich mal das abentern würden", fluchte er mit der Faust nach oben und der junge Mann spuckte nach unten "Käpt'n alled klor hier. Können los" Succa schaute sich den brauen Spuckfleck neben sich an und hob die Augenbraue. Der Bursche sprang neben Sie vom Mast herunter und kratze sich am Hinterteil. Widerliches Pack von Segelmännern. Der junge Mann blickte Sie an und grinste Sie breit an mit seinen brauen Zähnen. Ein Ausdruck von Ekel machte sich breit in Ihrem Gesicht "Wenn ihr mich mal treffen solltet, dann schwöre ich dass ihr den Tag nicht mehr erlebt", zischte Sie durch die Zähne und blickte ihn drohend an. "Würde ich doch niemals wagen", sprach er mit herzallerliebster Stimme und zwinkerte Sie an. Würge Reiz...Bei den Ahnen war der Kerl widerlich. Succa wendete sich ab und schaute Richtung Meer.
"Mr. Flurner. Leinen LOS! Und ... und was nun eigentlich?!" Etwas verwirrt blickte der Käpt'n in seine leere Flasche und Succa schaute ihn ungläubig an. Hatte der Kerl denn überhaupt Plan was er da so vollbrachte? "Und bringt mir eine neue Flasche RUM", jubelte er und schmiss die leere Flasche auf das Hafendeck, verfehlte nur knapp den Wachposten. Succa schüttelte den Kopf. Was hatte Sie hier nur zu suchen? "Los Los Los", schrie Mr. Spickow und sein Gehilfe sprang aufgeschreckt über das Deck. "Leeeinen Los Käpt'n", anwortete er und Mr. Spickow stellte sich an die Vorderseite des Schiffes. Sein rechtes Bein stützte er auf die Kiste und sein linker Arm stützte er an seine Hüfte. Sein Lederhut saß schräg auf seinem Kopf und drohte nur beim kleinsten Windstoß von seinem Kopf zu fallen. Sie grinste innerlich. Er würde sicherlich ohne Hut auf Argaan ankommen. "Segel setzen!", schrie er und bemerkte gar nicht, dass sein Helfer neben ihm stand. Der Kerl zuckte zusammen und sprang wieder in die Mitte des Schiffes. Er nahm ein paar Leinen in die Hand und wuselte damit herum. Nach wenigen Augenblicken erstrahlte das Segel über den großen Mast und der Wind füllte es. Es ging also endlich los. Das Schiff setzte sich in Bewegung und Käpt'n Spickow eilte zu seinem kleinen Steuerrad. Er drehte es und die Spitze des Schiffes beugte sich nach rechts. Sie verließen also endlich den Hafen.
Langsam setzte sich das Schiff in Bewegung und Succa schaute zum Horizont. Die Sonne verabschiedete sich bereits und die Schwarzhaarige blickte Richtung Vengard. Das war es also. Sie würde Myrtana hinter sich lassen. Ihre Gedanken kreisten über die letzten Tage und Freude machte sich breit. Es würde nun ein neuer Teil ihres Lebens beginnen. Sie lächelte und beobachte die Männer auf dem kleinen Schiff. Einer fing bereits jetzt schon an, dass Deck zu schrubben und Mr. Flurner eilte von einem Ende zum anderen Ende des Schiffes und kontrollierte sonstige Dinge. Sie hatte sowieso keinen Plan von einem Schiff, geschweige denn vom Segeln. Gerade als sie anfing sich etwas zu entspannen erschütterte etwas das Schiff.Ein lautes RUUUMMMSS. Sie fiel von ihrem Fass und landete auf allen vieren. Der Holzeimer mit dem Wasser vom Deckschrubber verteilte sich auf dem Deck und Jüngling hielt sich an einem Seil fest. Das Schiff stoppte ruckartig. Laut knarrte das Holz des Schiffes und einige Fässer flogen um. Unter Deck hörte sie Flüche von anderen Schiffsarbeitern. Das knarren des Holzes war sehr laut und man hatte das Gefühl es würde sogleich brechen. Sie lag auf dem Boden und dann rollte die Flasche Rum vom Käpt'n an ihr vorbei "HALTET SIE! HALTET SIE! Die jute Flasche", schrie er und Succa packte die Flasche ruckartig. Der Rum hatte sich ebenfalls über das komplette Deck ergossen und der Schock saß tief in Succas Knochen. "MR. FLURNER! Sind Sie denn des Wahnsinns?!", brüllte Käpt'n Spickow über das Schiff und Succa setzte sich auf ihren Allerwertesten. Vielleicht war es besser erstmal auf dem Deck zu sitzen anstatt sich wieder auf ein Fass zu setzen.
"AYE Käpt'n! Der Anker der ANKER", brüllte der junge Mann zurück. Er sprintete an ihr vorbei und packte den Deckschrubber am Genick "Mitkommen", keifte er und die Beiden verschwanden zum Ende des Schiffes. "DER ANKER?", fragte Käpt'n Spickow und Flurner nickte hastig. "Ney nich der Anker. Dat kann ja wohl nit wahr sein", motze der Käpt'n. Succa blick fiel auf den Helfer und den Schrubber. Schnell zogen Sie gemeinsam an einem dicken Seil und Käpt'n Spickow stand neben Succa. "Gib her den Rum", murrte er Sie an und sie reichte ihm die halbleere Flasche. Er blickte die Flasche an und wurde panisch "Ney NEY meine Flasche. Der gude RUM. Es kann ja nit wahr sein. Des geht so nit", zickte er und die Schwarzhaarige hob die Augenbraue. Als ob die halbe Flasche Rum schlimmer war, als dass sie vergessen hatten den Anker einzuholen. Das wusste selbst Succa. Einen Anker einholen, damit man überhaupt los konnte. Wo war Sie hier nur gelandet? Würde Sie das ganze hier überhaupt überleben?
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Nach der letzten Erfahrung, vor allem dem unsanften Aufprall, wartete Viraya lieber wieder auf Wenda. Inzwischen gab sie sich damit zufrieden die Stute mit Äpfeln zu verwöhnen und es zeichnete sich ab, dass sie wohl tatsächlich ihre Freundschaft damit erkaufen konnte. Wie die ehemalige Schwarzmagierin zufrieden feststelle. Wobei es nicht nur damit war. Sie tätschelte oft das Fell des Tieres, es gewöhnte sich an ihren Geruch, ihre Bewegungen, ihren Anblick. So glaubte Viraya zumindest. Ganz genau wusste sie es nicht und sie konnte Wenda auch nicht immer mit Fragen belagern.
An diesem Abend kümmerte sie sich allderings nicht um das Pferd, sondern übte versteckt mit dem Schwert, das ihr olirie einst gegeben hatte. Gleichzeitig fragte sie sich, wie es ihm wohl ging. Und sie musste unwillkürlich lächeln. Zu gerne hätte sie ihn wieder gesehen. Diesen ganz besonderen Menschen.
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Gotha
Avik ließ den guten roten Wein seine Kehle hinab laufen und schloss dabei genussvoll die Augen. Er setzte nicht ab ehe er das Glas komplett geleert hatte und auch erst dann setzte er sich wieder mit seiner Umwelt auseinander.
Der gemütlich eingerichtete Schankraum war gut gefüllt, es war heiß und laut und die Leute kamen nach getaner Arbeit zusammen. Die lange Theke aus dunkler Eiche und auch die meisten Tische waren belegt. Avik erkannte einige Jäger und Bauern der Umgebung, ein paar der Milizen und sogar den Waffenschmied der Stadt. Ihre Blicke trafen sich und Avik nickte dem Bekannten freundlich zu.
Alle tranken sie, tauschten ihre Geschichten aus und lachten dabei ausgelassen, wild gestikulierend und die Krüge schwingend. Ein Blick aus dem Fenster zeigte Avik, dass ein ziemlicher Wind durch die Straßen ging und es einem hier in der Taverne noch gemütlicher werden ließ.
Die Taverne war voll besetzt, aber nicht so überfüllt, wie er es von der Marktschänke in Thorniara gewöhnt war. Denn der junge Streiter war nicht in der Marktschänke in Thorniara und trank dort seinen Wein, er war nicht einmal mehr auf Argaan. Argaan hatte er hinter sich gelassen, ebenso wie seine Zeit bei der Stadtwache dieser Hafenstadt.
Er war in Gotha, jener Stadt, die eine lange und auch brutale Geschichte ihr Eigen nannte und in der nun auch der talentierte Ordensbruder seine Geschichte in den letzten Jahren um einige Kapitel erweitert hatte. Avik war nun ein Mitglied des Ordens der Paladine, einer der Streiter Innos, eingetreten vor knapp zwei Jahren und kommandiert in die Paladinhochburg Gotha. Hier arbeitete und lebte er nun. Wie die Zeit doch verging. Er streichelte liebevoll und gedankenversunken den silbernen Ring, der seinen rechten Zeigefinger schmückte und lächelte in sich hinein. Vor zwei Jahren noch, seine Jungend genießend, in der Stadtwache von Thorniara, hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als die Welt zu sehen und jetzt saß er hier, wie so oft, und freute sich auf sein Heim, seine Familie.
"Darf es noch etwas sein, Avik?", sprach ihn die Kellnerin vertraut an.
"Nein danke, ich verschwinde gleich nach Hause. Der neue Wein ist aber wirklich schmackhaft", antwortete Avik und nickte der jungen Frau anerkennend zu.
"Werde ich meinem Vater weitergeben, danke! Und noch einen schönen Abend, grüß' Amelie von mir!", die Kellnerin nahm sein leeres Glas und eilte weiter.
So aus seinen Gedanken gerissen, stand der Braunhaarige auf und ging Richtung Tür. "Schönen Abend noch, Herr", es war einer der Jäger, Avik kannte seinen Namen nicht. Er nickte dankend und zum Abschied und verließ das Gebäude. Die Straßen der Stadt waren leer. So ungefähr musste es ausgesehen haben, als nur der Dämon sein Unwesen in der Burg getrieben hatte. Ausgestorben. Zum Glück jedoch war es einfach nur spät und auch etwas frisch. Die meisten Bürger waren bereits in ihren Häusern, oder in der Taverne.
Auf dem Weg Richtung Ordensburg sah er noch einige Milizen patrouillieren, die ihn auch ordnungsgemäß grüßten, war er doch mit dem Waffenrock, den schweren Lederstiefeln und dem Schwert am Gürtel unschwer als Ordensbruder zu erkennen, bevor er sein Haus neben dem Burgtor betrat und erleichtert feststellte, dass der Kamin bereits angefacht worden war.
Ein wohliges Gefühl durchstieg ihn und Freude erfasste ihn, als er das Summen seiner Frau hörte, das aus der Küche kam.
"Ich bin zuhause", meldete er sich noch an der Tür stehend, seine Schuhe rasch ausziehend und ging in die Küche. Das Haus war klein, mit seinen drei Zimmern, aber es reichte für ihn, seine Frau und seit neustem, ihren gemeinsamen Sohn.
"Wie geht es dem kleinen Mann?", seine Frau drehte sich zu ihm um. Sie hatte den Jungen auf ihrem Arm und wiegte ihn. Sie gab Avik zu verstehen, dass der Kleine schlief und dass er leise zu sein habe. Er lächelte und küsste sie. Zog sein doppeltes Glück an sich und genoss den Moment.
Geändert von Avik (12.04.2014 um 11:43 Uhr)
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Avik atmete die kalte Morgenluft tief ein und langsam wieder aus. Es war wieder Kälter geworden, stellte der junge Mann fest, während er die letzten Nägel in den großen Bücherschrank zimmerte und dann sein Werk begutachtete. Er nickte zufrieden und legte seinen Hämmer nieder.
Als Ordensbruder war er neben seiner Haupttätigkeit auch Verpflichtet auszuhelfen, wo Not am Mann war. Das Leben als Ordensbruder, unterstes Glied des Ordens, erinnerte ihn in vielerlei Hinsicht an das Leben als Waffenknecht in der Stadtwache von Thorniara, ehe er zum Milizsoldaten befördert worden war. Auch dort war man der "Depp vom Dienst" gewesen. Der Unterschied war nur, dass der Werdegang im Orden wesentlich steiler, dafür aber auch anspruchsvoller und zeitintensiver war, als in der Stadtwache.
Der Streiter hatte wirklich Glück gehabt bei der Einteilung der Nebentätigkeiten. Als Zimmermanns Gehilfe und Assistent des Rüstungsbauers hatte er gleich zwei Hauptgewinne gezogen. Der Braunhaarige hatte hiermit zwei Handwerksberufe erwischt, die recht abwechslungsreich waren. Zudem hatte er mit seinen Meistern viel Glück gehabt. Der Rüstungsmacher der Ordensburg war ein junger lockerer, aber auch motivierter und fähiger Schmied. Er hatte Avik schon viel wissenswertes über den Rüstungsbau lehren können. Der Zimmermann hingegen war ein alter Novize des Feuermagierordens, der schon seit Jahrzehnten dem Paladinorden als Zimmermann diente und dementsprechend gemütlich war. Er ließ Avik immer genug Zeit für seine Arbeit, so dass dieser in Ruhe arbeiten konnte. So hatte er die nötige Ruhe gehabt, um als Gehilfe sehr gute Arbeit zu leisten und nicht pfuschen zu müssen.
Viele seiner Kameraden hingegen mussten als Träger arbeiten, oder als Stallknechte und hatten dementsprechend zermürbendere Arbeit zu leisten.
Der frisch gewordene Vater schaute sich auf dem Innenhof der Burg um, betrachtete das so vertraute Bild für einen Moment. Die große Schmiede, die Zimmermanns-Werkstatt, die Ställe und der Bergfried, sowie mehrere weitere kleine Gebäude, umrahmten den großen Innenhof.
Avik wand sich ab und betrat dann die kleine Werkstatt, vor welcher er gearbeitet hatte. "Der Schrank ist fertig gestellt, Meister", machte Avik eifrig und selbstbewusst Meldung.
"Avik, ich habe dir doch den Vormittag Zeit gegeben für den Schrank. Hast du denn in all der Zeit nichts gelernt?", der alte Novize lachte angestrengt und mit kratziger Stimme.
Er setzte sich auf seinen Hocker vor dem großen Schreibtisch, vorsichtig, als wäre hinsetzten etwas, das viel Anstrengung und Konzentration erforderte. Der alte Zimmermann wirkte wirklich gebrechlich, strahlte aber dennoch eine gewisse Zähe aus, die man nicht oft an alten Menschen sah.
"Mhhh Avik, was mach ich jetzt nur mit dir. Eigentlich steht heute nichts weiter an. Mhhh", grübelte der Alte vor sich hin, ließ sich wie immer Zeit mit seinen Antworten.
Avik unterdrückte seinen innerlichen stolz und musterte das rege Leben im Innenhof erneut. Eine Gruppe Reiter war gerade in der Burg angekommen und einige Knechte eilten herbei um den Streitern beim Absteigen zu helfen und ihnen die Pferde abzunehmen.
"Dann gehe zu dem Herrn Schatzmeister und melde dich frühzeitig zum Dienst", kann dann der neue Befehl seines Meisters.
Der Ordensbruder nickte, deutete einen soldatischen Gruß an und drehte sich um. Er seufze als er die Werkstadt verließ. Er hätte sich mehr über eine kurze Dienstunterbrechung oder die Möglichkeit etwas Sport zu treiben, gefreut. Die Arbeit als Schreiber, Assistent und Schnellvertreter des Schatzmeisters der Burg, war seine Hauptaufgabe, welche er auch die meiste Zeit widmen musste. Leider hatte Avik auch festgestellt, dass früher zum Dienst melden in diesem Amt nicht hieß, dass er auch früher fertig war, nein. Als Schatzmeister gab es immer etwas zu tun.
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„Links, Links, Rechts, Rechts, Links, Rechts, Parade, Ausfallschritt, Links, Links!“, hallte es mit der bekannt monotonen Stimme des Ausbilders über die weitflächige Wiese. Der Ordensbruder schmetterte die Schläge mit höchster Konzentration gegen den imaginären Gegner zum Takt ihres Aufsehers. Neben ihm taten es sechs weitere Ordensbrüder ihm gleich. Erste Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und sie alle waren froh darüber, dass es ein bewölkter Tag war, denn es war während des Trainings im einhändigen Kampf nach längerem Wiederholen schon warm genug unter den Waffenröcken auch ohne, dass die Sonne auf sie hinab schien.
Unter den Ordensbrüdern, die an Aviks Seite ihre wöchentliche Übung im Schwertkampf durchführten, waren auch seine engsten Freunde, die er hier in Gotha hatte. Bolter, der gleichaltrige, hagere Mann, der den Spitznamen, „Der Jäger“, trug und dies auch zu Recht. Marc, der dem Bild eines Kämpfers Innos wohl am ehesten entsprach mit seinen breiten Schultern und seiner eindrucksvollen Statur und Estepho, der Adelige, der eigentlich keiner war, aber wegen seinem Auftreten von seinen Kameraden so genannt wurde.
„Avik, Innos noch eins, halten sie ihr Schild höher!“, schallte es nun lautstark über die Ausbildungswiese. Der braunhaarige Übende folgte sofort dem Befehl, wurde dabei aber rot vor Scharm. Ihr Ausbilder, ein Ritter, mit imposanter militärischer Stimme und Augen, die wirkliche jede Nachlässigkeit seiner Schüler sahen, war unter ihnen mehr als verhasst. Natürlich erfüllte dieser nur seine Aufgabe, aber für die jungen Ordensbrüder war er eine Nummer zu penibel, denn er heizte ihnen Woche um Woche ein und ließ sie nicht ruhen, ehe die Übungszeit zu ende war.
Auch dieses Mal warfen sie sich alle auf den Boden, nachdem der lange erwartete Befehl, „Halt! Schluss!“, ertönte. Schwer atmend, rollte sich Avik auf den Bauch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Neben ihm lag Bolter, der noch mitgenommener aussah. „Kommt steht auf!“, raunte Marc von der Seite: „Sonst bekommen wir gleich noch mal Anschiss!“, Marc schaute unruhig Richtung Gotha. Ihr Ausbilder war schon auf dem Weg zurück, doch Marc hatte Recht, würde dieser zurück blicken und die Streiter Innos auf der Wiese liegen sehen. Der Gedanke brachte Avik dazu trotz der Müdigkeit und inneren Hitze aufzustehen. Gemeinsam halfen sie dann noch Bolter auf die Beine und standen so schweigend, zu Ruhe kommend, noch eine Weile nebeneinander.
„Innos, er macht mich wirklich jedes Mal fertig!“, keuchte der Jäger nach einer Weile und versuchte wieder Haltung einzunehmen. Sie alle wussten, dass er den Bogen, dem Schwert vorzog, und dass er, als Späher des Ordens auch einer der wenigen Kameraden war, der im Fall der Fälle wirklich die Waffen wählen durfte, die er wollte, aber dennoch gehörte die Übung auch für ihn zum Programm und das wollte er nicht einsehen.
„Du wirst mit dieser Einstellung niemals ein Ritter werden“, brachte sich nun Estepho in das Gespräch ein. Auch er hatte er deutlich getötetes Gesicht, welches er sich gerade elegant mit einem Taschentuch abtrocknete. Bei dieser Bemerkung musste Avik unwillkürlich schlucken. Ob ihr Ausbilder wohl an seine Vorgesetzten weiter geben würde, dass er nachlässig gekämpft hatte, oder machte er sich gerade einen Kopf um eine Kleinigkeit? „Kommt, lasst uns zurück gehen, ich hab` hunger!“, unterbrach Marc ihre kleine Diskussion und sie folgten seiner Aufforderung und schlenderten langsam zurück Richtung Ordensburg. Unterwegs, auf dem Weg durch die Stadt, schaute sich Avik energisch um, hoffte er doch, Amelie, seine Frau, vielleicht durch einen Zufall ausmachen zu können, die vielleicht ja gerade außer Haus war. Leider sah er sie nicht und er war in Gedanken schon bei ihrem Zuhause, ihrem Sohn, als sie die Ordensburg erreichten, wo ihnen nun noch einige Stunden Dienst bevor standen.
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Avik schielte unauffällig prüfend zu Estepho hinüber. Sein Kamerad schrieb mit ordentlicher Schrift einen Brief nach dem Nächsten und legte sie dann sorgsam nebeneinander, wie sie es beigebracht bekommen hatten. Dabei tropfte er weder mit der Tinte auf das Pergament, noch verwischte er aus versehen die Schrift.
Avik war neidisch auf seinen Freund. Obwohl auch er in seiner Jugend von seinem Vater umfangreich unterrichtet worden war, viel ihm das Anfertigen von formalen Briefen und Texten doch wesentlich schwerer als Estepho . Dieser arbeitete beinahe mit der Präzision einer Maschine und zauberte mit der Feder die Schrift gerade und künstlerisch auf das Pergament des Ordens.
Der charismatische Ordensbruder Estepho entstammte aus einer reichen Handelsfamilie aus Vengard und genau so trat er auch auf. Ein wenig gönnerhaft, aber charismatisch und mit Taktgefühl. Das war auch der Grund wieso er unter seinen Kameraden den Spitznamen, der Adelige, trug, da er sich vor den Frauen genau so gab. Seiner Herkunft aus einer Handelsfamilie verdankte er auch seinen Kenntnissen, wie man förmlich einen Soldnachweiß, oder eine Anforderung für neue Hufeisen schrieb.
Avik war leicht eifersüchtig auf den gut aussehenden Estepho, dem diese bürokratischen Aufgaben so leicht zu fallen schienen. Ihm selber machte die Arbeit beim Schatzmeister von Gotha zwar nur bedingt Spaß, dennoch hatte er das Verlangen eine gute Arbeit zu leisten. Zurzeit jedoch war er nicht der Beste unter den Helfern und das wusste vermutlich auch der Schatzmeister, der auf seine Schüler immer ein wachsames Auge hatte.
Just in diesem Moment betrat der alte Ritter und Schatzmeister den Raum in welchen Avik und sein Kamerad die Briefe anfertigten. Auch zwei weitere Ordensbrüder arbeiteten an einem überfüllten Bücherregal in dem Büro des Schatzmeisters. Sie alle ließen ihre Tätigkeiten sofort ruhen und richteten ihre Aufmerksamkeit auf ihren Meister. Normalerweise fragte er seine Helfer nun einzeln über ihr Vorankommen ab, doch dieses Mal wirkte er beinahe ernst und etwas beunruhigt. Er schaute Estepho an und dann Avik und dem jungen Ordensbruder fuhr ein Schauer über den Rücken, als er merkte, dass der Blick Mitleid ausdrückte. "Avik, Estepho", er reichte den Beiden je einen versiegelten Brief des Ordens mit dem Siegel des Ordens und fügte hinzu: "Geht nach Hause. Lest den Befehl in Ruhe, ich erwarte euch erst Morgen zurück".
Der junge Myrtaner schluckte nervös. Sein erster Gedanke war, dass er noch nie wegen eines Briefes Dienstschluss erhalten hatte, dann war er in Gedanken bei seiner Frau, ihrem gemeinsamen Sohn. Er war unendlich nervös und eilte so schnell er konnte aus dem Raum, aus der Burg und öffnete die Tür zu seinem Haus. Er zitterte während er sich die Stiefel auszog, achtlos warf er sie vor sich und richtete sich auf, horchend. Niemand meldete sich, anscheinend war Amelie spazieren gegangen. Beklommen setzte er sich auf den Rand ihres Bettes und brach das Siegel.
"Kommandierung", las er und ihm kamen die Tränen.
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"An: Herrn Avik aus Kap Dun, Ordensbruder des Ordens", der Braunhaarige konnte es immer noch nicht glauben, Amelie, sein Sohn, alleine, Kommandierung, er zwang sich zur Ruhe, damit er die Konzentration fand weiter zu lesen:
"Mit Wirkung zum 16. diesen Monats werden Sie, Ordensbruder Avik, kommandiert nach Thorniara, Provinzstadt des Ordens auf Argaan.
Wenden sie sich vor Sonnenaufgang mit all ihrem Hab und Gut und diesem Dokument marschbereit bei Sir Quentin im Innenhof der Ordensburg Gotha".
Er lies das Blatt sinken, schaute auf und konnte es einfach nicht fassen. Diese paar Zeilen, vermutlich aus Willkür verfasst, per Zufall ihn treffend, würden sein Leben zerstören. Er konnte nicht mit. Er würde... Fahnenflucht begehen? Er ließ seinen Kopf sinken. Noch vor einigen Jahren war er seiner Sache so sicher gewesen. Er dachte an seine Flucht aus Kap Dun, seine Gefangenschaft, seine Zeit als Söldner unter Carras und Xorag, seine Sucht nach Sumpfkraut und er dachte daran, wie das geordnete Leben ihn aus der Sucht gerettet hatte. Wie Innos ihn erhört hatte und wie motiviert er als Waffenknecht und Milizsoldat gearbeitet und auch gekämpft hatte. Bei der Schlacht gegen die Orks und dem Kampf um die Burg Silbersee. Er dachte daran, wie stolz er gewesen war, dass Hiroga ihn zu seinem Knappen machen wollte. Am Ende hatte dieser ihn zwar nicht als Knappe genommen, aber immerhin seine Aufnahme in den Orden bewerkstelligt. Wegen diesem Ritter war er nach Gotha gekommen. Seine Freunde bei der Miliz vermisste er zwar auch heute noch, aber er war voller Ehrgeiz gewesen und hatte Freude an der Zukunft gehabt.g g Dann kam Amelie und hatte ihn noch schlimmer als der Alkohol oder Sumpfkraut es je vermocht hätten, aus der Bahn geworfen.
Er hatte sich wahrhaft verliebt und es hatte nicht lange gedauert, da hatte er die junge Dame für sich gewinnen können. Seit diesem Moment war ihn der Dienstschluss plötzlich wichtiger geworden, als der Dienst. Er hatte sein Haus eingerichtet, hatte seine Abende zusammen mit seiner Liebe genossen und war Früh nur widerwillig aufgestanden. Amelie hatte ihn verändert, nicht zu letzt durch ihre Schwangerschaft. Er war nun Vater. Er dachte in anderen Maßstäben und eine Kommandierung war kein Abenteuer mehr, sondern ein Albtraum und eine Kommandierung für bereits Übermorgen würde ihre Beziehung vermutlich zerstören. Avik zitterte und schluchzte. Das konnte alles nicht wahr sein.
Es klopfte an der Tür. Er reagierte nicht. Das Klopfen wurde intensiver. Er stand auf, entriegelte und öffnete einen Spalt. "Wer da?", fragte Avik ungehalten. "Bruder, lass uns eintreten", die Stimme klang ruhig, traurig und einfühlsam. Avik folgte der Aufforderung und erkannte Marc, Bolter und Estephano. Sie blickten ihn an und warteten auf eine Reaktion. "Wir haben von Estepho erfahren, dass ihr nach Argaan kommandiert werdet", begann Marc und kam auf ihn zu. "Wir wissen, dass das für dich am Schwersten wird, aber wir haben uns überlegt, wie wir dich unterstützen können, dürfen wir eintreten?"
Zuerst wusste Avik nicht, wie ihn seine Freunde helfen konnten, dann hörte sich ihr Plan wirklich gut an und zuletzt hatte der Ordensbruder wirklich die Hoffnung gefasst, dass sie die Zeit überstehen konnten.
"Marc und Bolter kümmern sich um Amelie und euren Kleinen, bis sie selber Ende das Monats nach Argaan versetzten und dann nehmen sie Amelie zu dir mit. Der einzige Nachteil an dem Plan. Amelie muss überredet werden ihre Heimat aufzugeben", fasst Estepho den Plan noch einmal zusammen.
Genau in diesem Moment betrat Amelie das Haus, schaute verblüfft in die Runde und fragte dann verstört: "Avik? Alles in Ordnung?"
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Bakaresh
Still kniete er im Sand zwischen den Lehmbarracken am Rande der Stadt, die ihnen ein alter Mann, der den Eindruck eines Kriegsveteranen hinterließ, gegen eine kleine Gebühr als Übernachtungsmöglichkeit angeboten hatte. Der Blick war gen Boden gerichtet, auf die kleine hölzerne Wasserschale, deren Inhalt wie ein Spiegel den fahlen Schein des abnehmenden Mondes zurückwarf. Lautlos rannen die Gebetsverse über seine Lippen, die Hand griff erst in den Sand, warf ihn über die linke, danach über die rechte Schulter, dann tauchten die Finger in das kühle Nass, berührten die Stirn, die zumindest für diesen Moment frei von Sorgenfalten war, benetzten Wangen und Hals des Nomaden. In die linke Hand nahm er erneut ein Häufchen Sand, mit der rechten schöpfte er einen Schluck Wasser. Den Kopf in den Nacken werfend und keine Sekunde mit der Rezitation der Suren innehaltend streute er die beiden Elemente seiner Götter in einem weiten Halbkreis vor sich aus. Schließlich faltete er die Hände vor der Brust und beugte sich zu Boden. Die Wasserschale schützend mit seinem Oberkörper überragend und die Stirn in den Sand gedrückt, sprach er die letzten Verse seines Gebets.
Mit der Mittagssonne war die Barqashiyyah in ihren Heimathafen eingelaufen, und schnell hatten sich die Wege der drei Diener der Natur von denen der Besatzung getrennt, die sich einer haarkleinen Aufnahme aller eingeführter Waren durch die hiesige Hafenkommandantur gegenüber sah. Zum Glück aller wusste man hier noch nichts von der grassierenden Krankheit in Thorniara, sodass sie beinahe unbehelligt in den Straßen von Bakaresh untertauchen konnten. Nur ein übereifriges Mitglied der Stadtwache hatte sie noch am Kai abgefangen, um sie nach dem Grund ihrer Überfahrt zu fragen. So erfuhr die Geschichte, dass Suzuran und Cécilia die willigen Frauen des Wüstensohnes waren, noch die Erweiterung, dass er sie seinen Eltern in Mora Sul vorstellen wollte, da seine Lieblingsfrau Suzuran doch im Verdacht stand, die Leibesfrucht in sich zu tragen. Der Myrtaner hatte sie angewidert ziehen lassen - der alte Lebensstil der reichen Assassinen entsprach nicht der Ordnung ihres Herrn, nach der ein Mann zu einer Frau gehörte, doch da sie es ihnen nicht mit Gewalt austreiben konnten, wollten sie schlicht nichts davon wissen.
Den Rest des Tages hatten die Drei genutzt, um sich vorzubereiten für die Reise nach Al Shedim. Am liebsten hätte Maris ein Kamel organisiert, doch dafür hätten sie eine gewaltige Summe aufbieten müssen, sodass sich der Nomade schlussendlich doch darauf besann, die Last auf den drei Rücken aufzuteilen. Das wenige Gold, das der Nomade mit auf Reisen genommen hatte, floss zu großen Teilen in eine Zeltausrüstung, Nahrung, Wasser und einige Decken und Seile. Das würde vorerst genügen müssen, doch in Al Shedim angekommen, würden sie sich sicher neu ausrüsten können.
Sein Geist war endlich zur Ruhe gekommen, als Maris sich vom Gebet erhob. Das erste seit so vielen Jahren, das ihm tatsächlich wieder die Berührung mit der Mutter gestattete, die erste wirkliche Verbindung seit so langer Zeit...
Entschlossen griff er nach dem Ritenmesser, das Silmacil in Nordmar für ihn aus reinem, magischem Erz angefertigt und Ravenne in Thorniara mit Verzierungen und Gebetsversen zu Ehren der beiden Gottheiten versehen hatte. Sein verklärter Blick streifte über die feinen Linien auf dem magisch schillernden Erz, seine Finger strichen über die vereinigten Zeichen Adanos' und der Mutter Erde am Knauf. In den nächsten Wochen würde er dieses Erinnerungsstück nicht mehr brauchen, um sich der Mutter nahe zu fühlen, doch sollte die Klinge den Sand in allen Ecken Varants und das Wasser der heiligsten Orte Adanos' kosten, bevor er nach Argaan zurückkehrte.
Kraftvoll rammte Maris das Messer tief in den Sand, bis das Heft den Boden küsste. Der magische Strom, den er in die Klinge fließen ließ, war erfüllt vom Gefühl, heimgekehrt zu sein. Erst als er das Messer wieder aus dem Sande zog und sich vom Gebet erhob, gestattete er sich wieder, sich von den Sorgen um seine Tochter vereinnahmen zu lassen.
Bald schon würde er sie wieder in seine Arme schließen.
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Hohlweg im Sande
Er konnte es fühlen: der Sand durchfloss seine Adern. Hier, in seiner Heimat, spürte er die abertausend winzig kleinen Körnchen der Magie, die das Land wie ein unsteter Strom durchzogen, in aller Deutlichkeit. Das Land des Löwen, der ihm die Kraft gab, das Land seines Volkes und der Wüste.
Maris wusste sofort, als er sich erneut Cécilias Übung stellte, dass es sich hier anders verhielt als in den tristen Sümpfen um Schwarzwasser oder seinem friedlichen Heim in Setarrif, das so weit entfernt war. Hier in diesem Land lag die Quelle der Kraft, aus der Maris zu schöpfen wusste.
Mit erstaunlicher Leichtigkeit gelang es dem Nomaden, die Magie zu fokussieren und in das Zeichen zu leiten, das er mit dem Messer in den Sand gezeichnet hatte. Die Fähigkeit der alten Symbole, als eine Art natürlicher Fokus zu dienen und die Magie der Natur in sich aufzunehmen, um damit eine Verbindung zu den Geistern der Tiere zu schaffen, faszinierte Maris immer noch über alle Maßen, doch waren seine Gedanken in diesem Moment ganz und gar auf die Sammlung gerichtet.
Mit dem Sonnenaufgang waren die drei Reisenden, die in der letzten Nacht endlich einmal getrennt, jeder in seiner eigenen Bettstatt, schlafen konnten, aufgebrochen und hatten sich auf der alten Karawanenstraße nach Mora Sul in den Sand hinaus gewagt. Es war befreiend für Maris, endlich wieder die uneingeschränkte Weite der Wüste vor sich erblicken zu können, den dezenten Reichtum der Natur, der sich vor dem ungeübten Auge verschloss, die unendliche Ruhe und Friedlichkeit. Der leicht nachgebende, locker gekörnte Sand, der von den nahen Sandwüstengebieten herangeweht worden war, fühlte sich gut an unter den Stiefeln des Wüstensohnes, die viel zu lang nur schlammige Erde berührt hatten. Unter der prallen Sonne, die ihnen erbarmungslos den Schweiß aus den Poren trieb, um ihn direkt zu verdampfen, und dabei ein wundervoll grausames Gefühl auf der Haut des Nomaden hinterließ, hatten sie sich auf ihrem ersten Teilstück hin zur auf dem Weg liegenden Oase, die dereinst von Ateras' Sippe gehalten wurde, ein gutes Stück voran gearbeitet und schließlich inmitten eines kurzen Hohlweges im Schutze der nachmittäglichen Schatten eine Rast eingelegt. Maris hatte die Pause zunächst für sein drittes Gebet am Tage genutzt und war dann dazu übergegangen, der magischen Übung eine weitere Einheit zu gestatten, bevor er Cécilia wieder konsultierte.
Während er seine letzten Kräfte in das alte Zeichen kanalisierte, musste Maris feststellen, dass dieser Zauber einer gewaltigen Vorbereitungszeit bedurfte - nicht, dass er dies jetzt erst bemerkte, doch die Nachteile dieses Umstands wurden ihm deutlich offenbar. Schließlich ging er dazu über, das Antlitz der Katze, die er zu rufen beabsichtigte, in seinem Geiste zu formen und seine Aufgabe zu definieren, bevor er schließlich mit einer völligen Klarheit seiner Gedanken den Ruf in die Welt der Geister sandte.
Beinahe augenblicklich bildete sich ein unnatürlich wirkender Nebel um das Symbol im Sand, der sich scheinbar zu regen begann, und mit einem Schlag erschien aus dem Nichts ein stolzer Löwe, der ein tiefes, markerschütterndes Brüllen in die Weite der Wüste ausstieß.
Beeindruckt und begeistert vom Ergebnis zugleich trottete Maris zu den beiden Frauen zurück und stellte mit einem schelmischen Grinsen fest:
"Ihr habt ihn gehört, Mädels. Zeit, wieder aufzubrechen! Die Oase erwartet uns!"
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Immer noch in Bakaresh
Nach einer gefühlten Ewigkeit schien der Traum von Tageslicht und frischer Luft erneut wahr zu werden. Jetzt, wo die Herren der Wüste nach dem Ergrauten riefen, um ihn erneuter Verhöre zu unterziehen.
So einer wie Bardasch taugte zu nichts. Man konnte ihn weder auf dem Sklavenmarkt verkaufen, noch in zu schweißtreibenden Arbeiten heran ziehen und dennoch besaß das Humpelbein einen gewissen Wert, der es dem Ergrauten erlaubte am Leben zu bleiben. Er sollte der Schlüssel sein, der Schlüssel zu weiteren Verbrechern, die in Varant immer noch ihr Unwesen trieben.
Seltsamerweise erfüllte dies den Einbeinigen mit wohligen Empfindungen, denn es bedeutete für ihn eine Reise in die Vergangenheit, die ihn zu Menschen führen konnte, die ihm einst mal wichtig waren.
Das Estefania ihn verraten hatte, spielte mittlerweile weniger eine Rolle, als damals, doch da war immer noch der Gedanke, ihr langsam mit den kräftigen Händen die Kehle zuzudrücken und darauf zu warten, das sie ihren letzten Hauch heraus presste.
Dabei bestand sein Gedanke nur aus Mutmaßungen, denn nirgendwo und zu keiner Zeit fielen Aussagen, die Estefania in einer derartigen Art und Weise belastet hätten, doch das war letztendlich unwichtig, da es trotz alledem eine Sache gab, die er ihr anlasten konnte und das auch tat. Sie unternahm nichts, um an seiner Lage etwas zu ändern.
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Al Shedim - Rückkehr
Immer schneller hatten den Nomaden seine Schritte durch die östlichen Ruinenfelder getragen - ein gefährlicher Weg, zumal die früheren Patrouillen zur Sicherung der Ruinen schon vor Jahren aufgegeben wurden, doch war es der direktere und auch der schnellere Weg nach Al Shedim, dem ersten Ziel seiner Reise, und insbesondere zu seiner Tochter. Suzuran und Cécilia hatten keine Mühe gehabt, ihm zu folgen, immerhin war das Waldvolk dem Wüstenvolk in vielen Belangen sehr ähnlich und der Fußmarsch auch die bevorzugte Fortbewegungsart über weite Strecken hinweg. Dennoch hatte Maris das ein oder andere Murren ob der mühseligen Streckenwahl ihres Führers hören lassen. Glücklicherweise waren sie vor Auseinandersetzungen mit den Tieren der Ruinenfelder verschont geblieben, da sich viele von ihnen am Tage in die Schatten flüchteten. In der Nacht hatten die Drei mit Hilfe von Snapperdung, den sie zuvor aufgelesen hatten, ein Feuer entzündet und Nachtwachen eingeteilt, doch selbst in der Dunkelheit waren sie unbehelligt geblieben.
Und nun sahen sie den groben, dunkel aufragenden Klotz aus festem Stein unmittelbar vor sich: den Tempel von Al Shedim. Wie lange er diesen Anblick nicht mehr hatte genießen können!
"Kommt, lasst uns auf die andere Seite zum Eingang gehen!"
Nicht mehr darauf achtend, ob die beiden Frauen ihm überhaupt noch folgten, umrundete der Nomade den gewaltigen Bau im Eiltempo, doch als er das ehemals bewohnte Gebiet erreichte, verlangsamte er seinen Schritt und ließ den traurigen Blick schweifen. Keine Zelte mehr, die eine ganze Stadt bildeten, keine Menschen mehr, die Leben in den Sand brachten. Der Kanal war noch ärger verschlammt als nach der großen Flut, ehemals gepflegte Gassen zwischen den steinernen Überresten, die hier und da mit bunten Planen überspannt gewesen waren, wurden nun vom Sand verschluckt. Für jemanden, der Al Shedim nie gesehen hatte, waren es nur weitere Ruinen, wie sie zuhauf an der Südküste gefunden werden konnten, doch Maris' Augen sahen mehr. Sie sahen im Kanal spielende Kinder, eifrige Handwerker, fromme Magier, die Geschichten erzählenden Alten; eine lebendige Taverne, die so manches Abenteuer miterlebt hatte, die bekannten Gesichter der Nomaden verschiedenster Sippen, die von der Sonne, der Härte und Wildheit des Landes gezeichnet jede Regung mit scharfem Auge beobachteten, zurückhaltend und freundlich zu Brüdern und Schwestern wie Fremden, doch mit harter Hand durchgreifend, wenn Ungemach drohte. All das... war fort.
Al Shedim, die Stadt in den Ruinen, für die so lange gekämpft hatte, für die sie alle so sehr zusammen gehalten hatten, war nicht mehr. Die Menschen, die bei ihnen Zuflucht gesucht hatten, mussten nicht mehr flüchten vor der Sklaverei und waren zu großen Teilen mit Sicherheit in die Städte zurückgekehrt, immerhin das konnte ihm ein Trost sein. Die Nomaden zogen wieder, auch das musste nichts Schlechtes bedeuten. Doch die Gemeinschaft von früher, sie war dahin. Es gab keinen Rat der Sippenführer mehr, der in der Stadt zusammengerufen werden konnte, und so, wie Maris die Sturköpfe kannte, waren die meisten der Sippen isoliert, irgendwo da draußen in den Weiten des Sandes.
War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, damals mit den Wassermagiern mitzusegeln? Was wäre gewesen, wäre er bei seinem Volk geblieben? Hätte Maris die Sippen als oberster Nomade einen und sich der Invasion durch die Myrtaner erwehren können? Oder hätte all das nicht das Geringste geändert?
"Gehen wir zum Tempel. Zumindest die Wassermagier sollten noch hier sein."
In diesem Moment ertönte ein Geräusch wie das Zischen eines Crawlers. Hatten die Biester nun auch dieses Gebiet für sich vereinnahmt? Oder bedeutete es vielleicht etwas gänzlich anderes?
"Ich denke, man hat uns bereits entdeckt."
Die Spur eines Lächelns glitt über seine Züge.
Es waren noch Nomaden hier!
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Al Shedim - Wiedersehen
Die Augen des Nomaden begannen zu leuchten, als er das einsame Zelt auf dem Tempelvorplatz erblickte, und als er sah, dass Thamar bereits mit Runa an ihrer Seite auf ihn wartete, ließ er alle Last achtlos fallen und begann zu rennen. Dann sah auch Runa ihren Vater und rannte ebenfalls mit weit geöffneten Armen auf ihn zu.
"Papaaaa!"
In vollem Lauf schloss Maris seine Tochter fest in die Arme und wirbelte sie kräftig herum, und lachend sanken die beiden Arm in Arm zu Boden und drückten sich mit geschlossenen Augen aneinander.
"Ich bin so froh, dass es dir gut geht, meine Süße... ich bin so froh..."
"Papa, ich hab dich vermisst!"
"Geht es dir gut? Hat Tante Thamar sich gut um dich gekümmert?"
"Ja, wir haben viel gespielt! Ich bin die Prinzessin und sie meine Zofe!"
"Ja, Schatz, du bist die Prinzessin. Du bist auch meine Prinzessin, mein Schatz."
Zutiefst erfüllt vom Glück, seine Tochter wieder gefunden zu haben, drückte er ihr einen dicken Schmatzer auf Mund und Stirn, dann noch einen und noch einen. Es war nicht zu bemessen, wie viele Steine ihm vom Herzen fielen, von welcher Last er befreit war.
Nach langen, wunderschönen Momenten des Glücks ließ Maris Runa wieder frei und beugte sich zu ihr hinab.
"Süße, kannst du dir bitte kurz die Ohren zuhalten und die Augen schließen? Das ist gerade ganz wichtig, weißt du?"
Runa tat wie ihr geheißen, sodass sich der Nomade seiner Sippenschwester Thamar zuwandte. Die klein gewachsene, für einen Fremden zerbrechlich wirkende Frau wirkte gerührt und schien sich ein Tränchen verdrückt zu haben. Sie tat einen Schritt auf Maris zu und öffnete gerade den Mund, um ihn zu begrüßen, als er ihr völlig unvermittelt mit der Faust mitten ins Gesicht schlug. Thamar stöhnte überrascht auf und ging zu Boden, wo sie sich das Gesicht mit den Händen bedeckend im Sand wälzte. Ungerührt hielt Maris ihr die seinige Hand hin, um ihr aufzuhelfen - doch Thamar stand keine Sekunde wieder auf eigenen Beinen, als er ihr noch ein zweites Mal direkt ins Gesicht schlug. Mit blutigem Gesicht blieb sie liegen und stöhnte leise und schmerzvoll vor sich hin. Er hatte ihr wohl die Nase gebrochen.
"Niemand entführt meine Tochter! NIEMAND!"
Diesmal half er ihr nicht wieder auf, sondern ließ sie im Sand liegen. Sie war zwar immer noch seine Sippenschwester, aber auch sie hatte nicht das Recht, Runa in eine solche Gefahr zu bringen. Dass sie die Schläge ohne jedes Wort hingenommen hatte, sagte ihm, dass sie wusste, etwas Falsches getan zu haben. Und die Schmerzen würden es sie hoffentlich auch nicht vergessen lassen.
Maris schmierte das Blut an den Fingern im Sande ab und trat wieder an Runa heran, die - mittlerweile von den beiden Druidinnen flankiert - immer noch wie befohlen dastand.
"Du kannst die Augen wieder aufmachen, mein Schatz."
"Papa, wieso hast du Tante Thamar geschlagen?"
"Hast du etwa gemogelt? Du solltest du nicht gucken!"
Sein Blick streifte einen Moment lang den Cécilias, der sicher nicht wohl dabei war, mit ansehen zu müssen, wie Maris Gewalt gegen eine Frau ausübte, nachdem er sie unter dem Einfluss des unheilvollen Belshazzar damals fast erwürgt hätte.
"Sie kann das ab, glaub mir. Und sie hatte es verdient. Niemand rührt Runa an."
Er hoffte, sie würde den Unterschied zwischen einem Vater, der seine Tochter beschützte, und einem mordlüsternen Besessenen erkennen. Schließlich nahm er Runa auf die Schulter und spazierte mit ihr an der mittlerweile still da sitzenden und sich die Nase haltenden Thamar vorbei in Richtung des Tempels.
"So, erzähl mal, Runi: hast du denn schon einen Wassermagier gesehen?"
"Ja, die sind ganz alt!"
"Echt? Wie alt denn?"
"Tausend Jahre! Mindestens!"
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Al Shedim - Nomadenklatsch, Nomadentratsch
Die Wassermagier waren tatsächlich alt, ganz wie Runa es gesagt hatte, aber ihr Einschätzungsvermögen hinsichtlich des genauen Alters war höchstens aus dem Blickwinkel eines Kindes korrekt. Maris' kannte die Gesichter der meisten Männer in Blau freilich recht gut: da war Warus der Heiler, ein kauziger alter Mann, der jedoch ein guter Gefährte sein konnte, wenn man mit seiner Art umzugehen wusste; Kuron der Heiler war ein noch größerer Kauz, der keine Liebe außer die zu seinen Büchern kannte und deren Erhalt mit Händen und Füßen zu verteidigen wusste, egal was kam; und schließlich Riordian, dereinst vor Tinquilius' Zeit oberster Wassermagier von Al Shedim und nun wieder in dieser Position, ein Mann voller Herzensgüte und Weisheit. Maris war am Vorabend kurz vorstellig bei den Dreien geworden und hatte sich ein Bild vom Zustand im Inneren des Tempels gemacht. Hier waren die Dinge fast noch wie früher, die Kammern und Gänge jedoch waren bei weitem nicht mehr so gefüllt wie früher. Nur noch wenige Novizen und Adepten weilten in den Hallen ihres Gottes, viele waren damals mit nach Setarrif gezogen, in die Städte gegangen, um dort Verbindung für die ebenfalls fort gezogenen Einwohner Al Shedims zu sein oder hatten sich ganz ihren Wurzeln gemäß den Nomaden angeschlossen, um zu lehren und zu lernen. Im Tempel indes waren genug Kammern frei geworden, um die wenigen Gäste, die den Tempel besuchten, direkt in den heiligen Hallen aufzunehmen und übernachten zu lassen. Dies waren zumeist Pilger, die früher hier in der Stadt gelebt hatten, denn die Nomaden zogen es vor, in Zelten direkt vor dem Tempel zu kampieren.
Maris, der schließlich einer von ihnen war, hatte sich ebenso entschlossen, die Nacht mit dem Teil seiner Sippe, der sich in Al Shedim befand, im Zelt zu verbringen, während Suzuran und Cécilia die ruhigen Hallen gewählt hatten. Er war froh darum gewesen, denn wenn er ehrlich war, wollte er seine Rückkehr zu den Wurzeln nicht durch Störungen seitens der Druidinnen trüben lassen. Die Pflicht konnte später noch kommen, zuerst sollte das herzliche Beisammensein der Brüder und Schwestern im Mittelpunkt stehen.
Sie waren zu fünft gewesen, wenn man Runa nicht mitzählte. Thamar, deren Nase von Warus behandelt worden war, sodass wohl keine Folgeschäden bleiben würden, Djamal der dunkle Hüne, dem Maris dereinst das Leben geschenkt und den Azad in die Sippe aufgenommen hatte, sowie Aaliyah, die Wassermagierin mit dem schwierigen Temperament, die mittlerweile aber längst aufgetaut war, und sein Freund Djafar, der junge Ruinenwächter mit dem scharfen Verstand und der noch schärferen Zunge. Die anderen - Azad, Jubair, Omar, Wassar, Hussain und Ali - hatten sich in der Wildnis um Mora Sul und in der Stadt selbst aufgeteilt, um die Lage zu sondieren.
Alles stand im Zeichen einer Befreiung Shakyors, der nach der Eskalation der Spannungen zwischen dem Wüstenvolk und den myrtanischen Besatzern gefangen genommen worden war und nun im Kerker Mora Suls verweilen musste. Und so klärte ihn Djafar über den derzeitigen stand der Dinge auf, während Aaliyah sich in einem anderen Teil des Zeltes mit anderen Dingen beschäftigte und Thamar ihre Nase im Tempel bei Warus noch einmal nachuntersuchen ließ.
"Shakyor wurde vor drei Monden gefangen. Er wollte einen blutigen Konflikt vermeiden, so konnten sie ihn übermannen, heißt es. Sein Löwe umkreist rastlos die Stadt, Azad und Hussain verfolgen ihn. Er achtet wohl stets darauf, dass sie ihn nicht verlieren, bleibt ihnen aber immer fern, sagt Aaliyah. Sie hat sich einen Tag vor deiner Ankunft hierher teleportiert."
Apropos Teleport... Maris hatte es bereits gespürt, wie an den verschiedenen Orten Argaans schienen die pulsierenden Adern der dieser Welt inhärenten magische Kraft auch hier Knotenpunkte zu bilden, die er vielleicht nutzen konnte, um sich wie die Wassermagier per Teleportation fortzubewegen. Auch in Bakaresh hatte der Blondschopf das Gefühl gehabt, eine solche Kraft zu spüren, doch für solche Dinge hatte er zu dem Punkt keine Zeit gehabt. Hier jedoch würde er sich diese nehmen, um genau zu erkunden, wie das magische Geflecht vor Ort aufgebaut war. Ob man sich von hier aus bis nach Setarrif teleportieren konnte? Tinquilius hatte ihm diesen so sehr gewünschten Gedanken damals leider zerstört, als er ihm das Geheimnis der Teleportation gezeigt hatte, doch Maris wollte es selbst ergründen, insofern das möglich war, ohne sich im Blindversuch in Gefahr zu bringen.
"Gut gut, aufgeteilt in kleine Spähtrupps. Wer ist in Mora Sul?", fragte der Hüter, der sich nur langsam auch wieder als solcher fühlte.
"Jubair, seine beiden Frauen und seine unzähligen Kinder", entgegnete Djafar mit einem Grinsen. "Er konnte es nicht lassen und hat noch einen Nachzügler gezeugt, weshalb sie sich in der Stadt eine Bleibe gesucht haben und uns als Informanten dienen."
"Noch eines! Der Mann wird noch das ganze Land mit Kindern versorgen!"
"Sag das seinem Schwanz, mein Freund! Aber es soll ja auch noch andere geben, die an Nachwuchs arbeiten, nicht wahr?", spöttelte der Ruinenwächter und linste zu Aaliyah hinüber, die ein Stück entfernt von ihnen angestrengt damit beschäftigt war, so zu tun, als hätte sie ihn nicht gehört. Maris war fast schon auf empörte Weise verblüfft darüber.
"Echt jetzt? Aaliyah?"
"Ja, wenn ich's dir sage!"
"Ich dachte immer, das einzige, was ein Mann erwartet, der in ihr Höschen schaut, ist eine Eislanze durch das Auge!"
Ein entrüstetes Räuspern brachte Maris zum Lachen.
"Da musste wohl nur der Richtige kommen."
"Und der wäre?"
"Irgendein Kerl aus Mora Sul. Frag mich nicht, hab ihn nie gesehen. Sie macht ein großes Geheimnis daraus."
Maris war verwundert.
"Und woher wisst ihr dann..?"
"Weil gewisse Tratschweiber mit gebrochener Nase ihre Klappe nicht halten können, wenn ihnen etwas im Vertrauen mitgeteilt wird!", fauchte Aaliyah aus der Ecke. Die beiden Männer lachten beherzt auf, während das säuerliche Gesicht der Wassermagierin sich bald in ein mildes Lächeln verwandelte. Mittlerweile hatte sie offenbar gelernt, die nicht ganz ernst gemeinten Sticheleien leicht zu nehmen.
"Jedenfalls hat die Zeit mit deiner Tochter zusammen wohl auch bei Thamar die Milch einschießen lassen, obwohl Runa es ihr gewiss nicht leicht gemacht hat", merkte Djafar an. Maris blickte zu seiner auf einer Matte liegenden Tochter hinüber, die trotz des Lärms, den die beiden Männer veranstalteten, friedlich schlief.
"Dass man so etwas noch erleben darf... aber hat sie denn jemanden, mit dem sie..? Naja, du weißt schon."
"Es heißt, dass da wohl etwas mit Wassar geht."
"Oh! Nein! Was? Sag bloß!"
"Das hast du aber nicht von mir. Die beiden fremdeln noch miteinander, obwohl sie sich ja schon ewig kennen. Zum Glück gibt es Wassermagierinnen, die im Vertrauen verratene Geheimnisse nicht für sich behalten. Nicht wahr, Aaliyah?"
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Al Shedim - Löwenblut
Tatsächlich, es war ganz so, wie er vermutet hatte. Der Tempel selbst schien ein Knotenpunkt der Magie dieser Welt zu sein, ein wahres Leuchtfeuer magischer Energie, das in diesem heiligen Stein gebunden war. Maris war geradezu fasziniert von dem Gefühl, das diese Kraft in ihm auslöste, die er früher nie zu spüren vermocht hatte. Nun aber waren seine Sinne für die Feinheiten der Magie geschärft und der Nomade verstand, warum der Tempel im Sande das Zentrum ihres Volkes war.
Lange hatte er sich damit befasst, die strukturellen Feinheiten des hiesigen Knotenpunktes zu betrachten, um im magischen Strudel, den er sich bei der Teleportation zunutze zu machen wusste, diesen Ort zweifelsfrei wiedererkennen zu können. Aller Vernunft zum Trotz hatte Maris sich auch dazu hinreißen lassen, den Versuch eines Teleports über das Meer bis nach Setarrif zu starten, doch er hatte schnell feststellen müssen, dass der Ozean die magischen Ströme so stark dämpfte, dass eine Reise auf den pulsierenden Adern wohl unmöglich war. Es war zum verrückt werden: da beherrschte er die Fähigkeit, sich mit Hilfe seiner Kräfte durch den Raum zu bewegen, und dann nutzte es ihm nicht im Geringsten!
Maris seufzte bei dem Gedanken daran, während er durch das spätnachmittägliche Wechselspiel aus Licht und Schatten inmitten der Ruinen schlenderte, die quietschvergnügte Runa auf seinen Schultern. Er spielte für sie das Wüstenschiff, lief schwankend hin und her und brach ab und zu im Spiel aus, um die Widerborstigkeit eines dickköpfigen Kamels möglichst eindrücklich wiederzugeben.
"Schneller, Papa!"
Das Kind war unersättlich. Am Ende würde er wieder keuchend auf dem Boden liegen, während sie immer noch nicht genug hatte. Lachend bogen die beiden um eine Ecke, als ein in einiger Entfernung reglos daliegender Körper seine Aufmerksamkeit erregte. Es war ein Tier, ohne Zweifel, doch seine Augen mussten ihn täuschen, denn das, was er zu sehen vermutete, gab es in Al Shedim nicht.
"Siehst du das da, Süße? Wir sehen uns das mal an, ja?"
Mit jedem Schritt, den sie näher kamen, wurde die Gewissheit größer: dort lag ein Löwe! Es wollte dem Nomaden nicht einleuchten. Wie in Adanos' Namen konnte ein Löwe bis hierher gelangen? War es möglich, dass es sich dabei um Shakyors Löwen handelte? Nein, Azad und Hussain folgten dem Tier. Wenn es sich um den Löwen des Hüters gehandelt hätte, wären die beiden sicherlich bereits zur Stelle gewesen. Es blieb also die Frage, wie sich eines der Tiere bis hierher verirren konnte. Die üblichen Verbreitungsgebiete der Löwen lagen vor allem im Westen und Nordwesten, zum Teil im Osten um Bakaresh herum und in geringem Maße im Zentrum Varants um die Karawanserei herum. Doch hier im Süden? Niemals war hier ein Löwe gesichtet worden!
Der Nomade trat an das Tier heran. Es lebte noch, sein Atem jedoch war sehr flach. In der Mähne des Löwen klebte Blut, Hals und Flanken waren von tiefen Kratzspuren gezeichnet. Das konnte doch nicht wahr sein!
"Siehst du die Spuren, Runa? So sieht es aus, wenn Löwen gegeneinander kämpfen. Der hier scheint verloren zu haben."
Maris verspürte den Drang, das Tier zu fragen, was hier geschehen war und wie all das sein konnte, doch er wusste, dass der Löwe zu schwach war. Doch wie sollte er ihm nur helfen?
"Komm, wir gehen zu den alten Männern im Tempel. Vielleicht können die dem armen Löwen noch helfen."
Warus würde ihn verfluchen, wenn er ihn bat, einen Löwen zu heilen, doch Maris musste erfahren, was hier geschehen war.
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