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Lehrling
„Mir scheint, Ihr habt noch viel zu lernen. Reicht eine gebrochene Klinge nicht? Diese Klauen hier haben weit mehr von euch schwächlichen Menschen in das Reich Beliars befördert, als das antiquierte Schwert Eures Vaters da Brot schneiden könnte ohne dabei schartig und unbrauchbarer zu werden, als es ohnehin schon ist“, belehrte Cadyra ihr Opfer spöttisch.
„Na, das wollen wir doch mal ausprobieren“, fauchte Sheyra, Entschlossenheit sprach aus ihrem Blick. Mit einem Kampfschrei ging sie wieder auf die Paktiererin los, führte nach einer Finte zum Unterleib einen Streich zum Hals aus, und wirbelte, nachdem Cadyra die Klinge abwehrte, herum, um einen Hieb nach dem anderen anzubringen. Die zunächst beiläufig Schwertstreiche abwehrende Paktiererin spielte zunächst etwas mit ihrer Gegnerin, schlug überheblich grinsend kurzerhand Klinge um Klinge bei Seite ohne sich von der Stelle zurühren, bis sie auf einmal registrierte, dass sie in einer sich ausbreitenden Blutlache stand. Rotes Blut, nicht dass der beiden Verseuchten. Irritiert musterte Cadyra flüchtig ihre Klauenbewehrten Arme, wobei sie entsetzt feststellten musste, dass der Panzer stellenweise durchbrochen war und ihr Lebenselixier ungehindert aus den Wunden strömte. Wie konnte Sheyra so etwas geschafft haben, mit einem einfachen Schwert?
Mit einem der verformten, ebenfalls mit Klauen bestückten Beine ergriff Cadyra einen halb zerstrümmerten, am Boden liegenden Stuhl und schleuderte diesen auf die Gardistin, die nur fast ausweichen konnte, am Knie getroffen wurde und kurz einknickte. Cadyra reichte das.
Mit einem gellenden, dämonischen Aufschrei warf die Paktiererin sich nun auf ihre Widersacherin und hielt mit einer Klaue und einer normalen Hand im rechten Moment den Schwertarm ihrer Gegnerin fest, während sie ihr mit der anderen Klaue langsam die Kehle zudrückte. Dass ihr ausdrücklich klar gemacht worden war, dass die Ritterin überleben musste war ihr nun egal.
„Ich muss zugeben… ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so gut seid“, zischte sie, während sie Sheyras Luftzufuhr weiter abschnürte.
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Der Alkohol, den Lina liebend gerne zum Aufsprengen der Luke verwendet hätte, ergoss sich kühl über ihr Gesicht. Schwerfällig nur konnte die Magierin ihre Lider zum Blinzeln bewegen, um die klare Flüssigkeit wenigstens aus ihren Augen fernzuhalten und dem Magier zornig funkelnd beim Treppenaufstieg hinterher zu blicken, bis seine Silhouette völlig aus ihrem eingeengten Sichtfeld verschwunden war. Sie wusste es doch gleich. Diesen Magiern Innos’ konnte man einfach nicht trauen. Endlich bestätigte einer aus ihren eigenen Reihen Linas immerwährende Einschätzung. Doch barg dies keinerlei Nutzen für die junge Frau. Bewegungsunfähig spürte sie, wie sich das Gift weiter in ihrem Körper verteilte und sich tiefer in die Muskeln sog. Sie wollte schreien, doch schienen Stimmbänder und Mund derselben unbarmherzigen Lähmung ausgeliefert zu sein. Noch nie hatte Lina eine solche Wut in sich wallen gespürt, wie in diesem Augenblick. Alle Gedanken kreisten um diesen dreisten, Beliar verlassenen Magier und ihren Kopf begannen Hassgebete und Flüche zu belagern, die ihm die ewige Verdammnis wünschten. Eine Priesterin der dunklen Mächte, Würdenträgerin des Totengottes persönlich konnte man nicht so einfach in den Tod schicken, ohne dabei selbst von Beliar heimgesucht zu werden. Oh ja - diesem verdammten Abschaum würde unendliche Qualen bevorstehen, dafür würde sie sorgen.
Ja, das werde ich, sagte sich die Magierin selbst und wurde sich langsam der Konsequenz ihres Daliegens bewusst. Die Wärme des Feuers begann bereits den Keller für sich zu beschlagnahmen und die Weile, bis sie ihrem Herrn gegenüber treten durfte, ist keine lange mehr gewesen. Lina wollte schneller atmen, aber ihre Lunge hörte nicht auf sie. Jedwede Kontrolle war dahin und die Mühe, die Lider zu verschließen, um den Schmerz der trockenen Augen hinfort zu wischen, wurde immer größer. Und mit jedem vergangenen Augenblick wandelte sich das Denken der Schwarzmagierin. Wut war schon lange zu Hass geworden, der sich bereits in Angst umzuformen begann, Todesangst, Panik. Hektischer versuchte Lina ihre Augen durch den Raum streifen zu lassen, so weit es ging. Nur ein paar Fuß von ihrem Körper lagen die Tasche und der Stab. Wenn sie sich doch nur bewegen konnte. Und auf der anderen Seite lagen die Knochen ihres zusammengebrochenen Skelettkriegers. Wieso hatte sie nur den Zauber nicht aufrechterhalten? Wer rechnete auch mit so etwas? - Eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Innos war ihr Feind, war es schon immer gewesen und sie ließ einen Vertreter dieses jähzornigen Gottes einfach so am Leben; trotz der einmaligen Gelegenheit. Wenn sie nur so zaubern könnte, wie der Hofmagier im Schloss.
Sie wollte seufzen, bemerkte jedoch viel zu schnell, dass dies genau so wenig möglich war, wie das Rumzappeln, mit dem sie gerne ihre gedankliche Unruhe auf den Körper übertragen hatte. Und das Licht begann auch zu schwinden. Gleich würde sie in völliger Dunkelheit auf das Feuer warten müssen, das sie langsam verbrennen würde. Dieses Gift… sie konnte es nicht einschätzen, auch wenn es nicht den Eindruck des Nachlassens vermittelte.
Das Licht!
Eine Innere Stimme schrie in ihr auf. Lina überstreckte ihre Augen über den oberen Augenrand und bemerkte ihre flimmernde, grünlich schimmernde, einzigartige Lichtkugel. Und, als hätte jemand plötzlich ihren nicht existenten Hilfeschrei gehört und wollte zu ihr eilen, erlangte die Kugel neue Intensität bei dem Gedanken an sie. Wie gut, dass dieser Zauber so lange anhielt. Innerlich sandte die Priesterin ein Stoßgebet des Dankes an Beliar und lenkte das Licht mit geschlossenen Augen in ihrer Vorstellung dieses Gebäudes irgendwo hin, wo es hoffentlich jemand fand. Wenigstens musste sie nun nicht untätig herumliegen, wie sie es früher oft tat, als noch die Männer ihren Willen beherrschten.
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Lehrling
„Ohhhh... Wie schade. Nur einer ist gekommen. Er heißt Taeris.“, grunzte Watzlav und der Wahnsinn wurde in seinen Augen sichtbar. Noch ehe der Krieger, der soeben in ihr Zimmer gestürzt war, etwas erwidern konnte, sprang ihm eine der Pestbestien entgegen. Gestroi hatte diese Kreaturen gut unter Kontrolle und ein fabelhaftes Schauspiel inszeniert auf das die Begleiter der gezeichneten Frau hereingefallen waren.
Doch Watzlav hatte mit seinen Worten die Identität der beiden verraten und so reagierte der Ankömmling blitzschnell. Die Waffe hatte er bereits gezogen bevor er in das Zimmer gestürzt war, welches sich allmählich mit Rauch füllte. Nun drosch er mit einer von Hass erfüllten Wildheit auf den Verseuchten ein, die Gestroi mehr als nur überraschte.
„Greif an Watzlav!“, schrie er und sein dämonisches Auge blitzte grün auf. Gleichzeitig schwächte er den Kontrollzauber ab, den er seit vielen Jahren permanent auf seinen Begleiter wirkte. In einer Situation wie dieser würde Watzlav jedes kostbare Quäntchen Macht benötigen, welches der Dämon, welcher in seinem Schädel saß, garantierte.
Als der Wahnsinnige sein Schwert gezogen hatte und sich gegen Taeris warf, war der Verseuchte bereits erledigt und nur ein bis in die Unkenntlichkeit verstümmelter Fleischhaufen zeugte noch von seiner Existenz.
„Stirb, dreckiger Paktierer!“ Der Krieger parierte den Schlag seines Gegners und stieß das Kurzschwert einiger Wucht in die Brust des Wahnsinnigen. Doch Watzlav zuckte nicht einmal mit der Wimper. Zulange waren die Organe auf Brusthöhe schon tot.
Ein schneller Fausthieb folgte, doch der Paktierer ergriff die Faust kurz bevor sie sein Nasenbein zerschmettern konnte. „Du hast Angst vor dem langsamen Tod!“ Watzlav lachte und die dämonische Magie verstärkte die Kraft der sterbenden Muskeln seiner Hand, die sich um die Faust Taeris schloss.
Gestroi war indes aus dem Fenster auf das Dach geklettert und suchte nach einer günstigen Stelle, um hinab zu springen. Keine Sekunde später hatte sein dämonisches Auge bereits einen Misthaufen erspäht, der durch einen gewagten Sprung zu erreichen war und seinen Sturz bremsen würde.
Er zögerte jedoch. Weder von Dardathír noch von Cadyra, geschweige denn der Gezeichneten war etwas zu sehen und im Notfall würde er sich nicht allein gegen die Frau stellen, die irgendwo in diesem Haus war. So verstärkte er seinen Zauber auf Watzlav wieder.
Taeris würde nun nach ihm treten, wusste der Verrückte wieder kurz bevor sein Gegner es tat und konnte so gerade noch entsprechend reagieren. Nun war seine Zeit gekommen - mit einem schnellen Hieb des Schwertes würde er Taeris enthaupten und dem Kampf ein Ende bereiten.
Da ging Watzlav plötzlich einen stechenden Schmerz durch den Schädel der ihn einen Augenblick seiner Kräfte beraubte. Dieser Moment reichte seinem Gegner, der sich und sein Schwert losriss und dem Paktierer einen kräftigen Tritt in die Leistengegend verpasst.
„Gestroi ruft mich...“, keuchte er und wich einem mit Sicherheit tödlichen Hieb des Kriegers aus. Dann sprang er durch das Fenster ins Freie.
Mittlerweile hatten große Teile des Daches Feuer gefangen. Es blieb keine Zeit mehr, um mit dem Mann zu kämpfen. Mit etwas Glück wird er in den Flammen umkommen., dachte Watzlav und wischte den Speichel von seinem Kinn. Dann stieß er sich von der Dachkante ab und fiel in die Tiefe.
Seine morschen Knochen knackten beim Aufprall, aber er würde die Reise fortsetzen können. Ebenso wie sein Meister Gestroi den er eben zur anderen Seite des Hauses hatte rennen sehen.
Geändert von Gestroi Balenkow (13.08.2006 um 19:44 Uhr)
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„Könnt Ihr das mit Eurer Arroganz vereinbaren?“, keuchte Sheyra, „Von einem „gewöhnlichen Menschen“ abgestochen zu werden wie ein Schwein?“
Sie hörte ihre Knöchel knacken, als sich ihre Hand um den Schwertgriff verkrampfte. Der Griff der Dämonenklaue war brutal – die Schmerzen in ihrem Unterarm kaum zu ertragen. Jeden Moment würden ihre Knochen unter dem Druck wie Äste splittern. Wobei fraglich war, ob sie diesen Moment überhaupt noch erleben würde. Sie spürte bereits ihre Kräfte schwinden. Entweder ersticken oder – ja, was eigentlich? Kaum vorstellbar, dass die Paktiererin ihr irgendeine Wahl lassen würde.
Sie gab es auf, mit der freien Hand zu versuchen, den Griff der Paktiererklaue zu sprengen. Stattdessen zückte sie ihren Langdolch und rammte ihn in die Klaue, die ihren Schwertarm festhielt. Die Dolchspitze fand eine Lücke in der geborstenen Panzerung. Der Griff lockerte sich, als die Paktiererin vor Schmerzen aufschrie und mit ihrer normalen Hand nach dem Dolch griff.
Sie hatte nicht viel Platz um dem Stoß die nötige Kraft mitzugeben. Dennoch drang der Eisbrecher durch den Leib der Paktiererin wie die Nadel eines Sammlers durch einen Schmetterling. Die Überheblichkeit im Blick der Frau schlug in Verblüffung und Entsetzen um. Doch obwohl die Spitze des Eisbrechers wie ein blutiges Horn aus ihrem Rücken ragte, schien sie noch nicht aufzugeben.
„Das wirst du bereuen“, zischte sie und riss Sheyra kurzerhand vom Boden hoch, während sich ihre Klaue um ihre Kehle schloss.
Sheyra drehte das Schwert in der Wunde herum. Ein Knacken wie von Knorpeln war zu hören und ein dunkler Schwall Blut plätscherte zu Boden. Das Gesicht der Paktiererin verzerrte sich vor Schmerzen. Sie fiel auf die Knie, hielt Sheyras Kehle jedoch noch immer fest umklammert.
Es war ein Gefühl, als hätte sie endlich das richtige Schloss für einen Schlüssel gefunden, den sie schon lange in den Händen gehalten hatte. Das Schwert in ihrer Hand war auf einmal nicht mehr bloßer Stahl, sondern ein Gefäß, das sie frei nach Gutdünken füllen konnte. Und sein Fassungsvermögen schien unbegrenzt. Sheyra ließ all den Schmerz hineinfließen, die Verzweiflung, den Hass, ja, vor allem den Hass. Sie fühlte tief im Körper der Paktiererin das alte, verpestete Dämonenherz schlagen, das der Paktiererin ihre Kraft gab. Sie griff danach, glaubte das kalte, harte und korrumpierte Ding in ihrer Hand pulsieren zu spüren. Gerade eben war es noch voller Zorn gewesen, hatte wie wild gepocht, um das dunkle Blut schneller durch die Adern zu treiben. Jetzt setzte es für einen Moment angsterfüllt aus.
Doch Sheyra war noch nicht fertig. Das Feuer in ihr fand neue Nahrung in der tiefen Verachtung und der Abscheu, den sie den Paktierern aufgrund ihrer Morde an den Dorfbewohnern entgegenbrachte. Noch einmal schlugen die Flammen höher, griffen nach dem Herzen, ließen es vor Furcht erzittern.
Für einen Moment verzerrten sich Sheyras Gesichtszüge so extrem, dass sie eher wie eine Todesfee als ein Paladin des Königs wirkte. Ihre linke Hand lag auf der Brust der Paktiererin, in deren Augen nun Todesangst flackerte. Noch einmal erzitterte der Brustkorb unter einem letzten, schweren Herzschlag. Dann gab es ein matschiges Geräusch – wie das Zerplatzen einer überreifen Frucht an einer Hauswand. Eine Blutfontäne spritzte aus dem Rücken der Paktiererin und strich die Wand schwarz.
Ohne einen weiteren Laut erschlaffte ihr Griff und sie klappte zusammen. Sheyra blieb einige Sekunden lang in völliger Ruhe über ihr stehen, das blutige Schwert noch immer in der Hand. Verdammte Schlampe, sie hatte bekommen, was sie verdiente. Sie wollte sich bereits abwenden, als sie plötzlich ebenfalls auf die Knie fiel. Zu schwach, ihre Beine verweigerten den Dienst. Die Schwäche schlug über ihr zusammen wie ein Wolkenbruch. Sie fühlte sich ausgelaugt, als hätte sie tagelang weder geschlafen noch gegessen. Zitternd fand sie Halt am Griff des Eisbrechers und beobachtete mit offenem Mund, wie das Blut auf der Klinge langsam verdampfte.
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Sly irrte ziellos durch das abbrennende Haus auf der Suche nach irgendwelchen Opfern die er noch retten könnte. Taeris hatte er schon lange verloren , als dieser unter einem herabfallenden brennenden Balken hindurchhuschte und der Gildenlose nicht hinterher kam. Win’Dar …. Nun Win’Dar war eben Win’Dar und war genauso schnell verschwunden , wie er damals in Rynthal aufgetaucht ist und würde diese Angewohnheit wohl nicht so schnell verlieren. Nach dem Feuer würde er wohl spätestens wieder auftauchen.
In dem Haus konnte man inzwischen kaum noch etwas erkennen , seitdem der schwarze Rauch es fest im Würgegriff hielt und auch keinerlei Absicht zeigte diesen Zustand bald zu ändern. Sly indes hatte Maßnahmen gegen dieses Feuer getroffen, um nicht auf der Stelle zu ersticken. Er hatte einen seiner Wasserschläuche hervorgenommen und damit ein Leinentuch getränkt, welches er sich sofort um den Mund band. Das würde ihn wohl kaum vor akuter Atemnot schützen, aber immerhin den gröbsten Dreck aus der Luft herausfiltern.
Der Gildenlose entschied sich seine Suche abzubrechen und wollte bereits in ein Zimmer rennen um aus dem dortigen Fenster zu springen, Er trat die Tür ein und wollte gerade hineinstürmen, als er aus dem Augenwinkel eine merkwürdige, surreale Lichtquelle entdeckte. Auf dem Absatz blieb er stehen und blickte zum Licht. Irgendwo hatte er das schon einmal gesehen, wenn er sich nur erinnern könnte. Diese grüne Lichtkugel kannte er doch und dann half ihm sein Gedächtnis auf die Sprünge. Diese Kugel war so typisch für Lina. Die Magierin war mit ins Haus gestürmt, hatte es aber wohl noch nicht verlassen. Vielleicht schwebte sie in Not und braucht Hilfe? Sein Blick ging zwischen der Kugel und dem Fenster, das ihm so freundlich den Ausweg aus dieser Hölle wies hin und her, bevor er letztendlich seinen übrigen Rest an Selbsterhaltungstrieb herunterschluckte und auf das Licht zustürmte.
Der Korridor teilte sich beim Licht in zwei Richtungen und verlief nach links und rechts. Die Kugel indes schwebte dort in der Mitte und der ehemalige Söldner wusste nicht welche Richtung er einschlagen sollte. „Verdammt.“ rief er wobei, sein Schrei von dem Tuch gedämpft und das Knacken des Feuers um ihn herum den Rest tat um den Laut ganz zu übertönen. Welche Richtung sollte er nehmen? Wenn er falsch lief würde Lina vermutlich nicht überleben und in dieser Flammenhölle elendig verrecken. Doch dann fiel ihm die Kugel deutlicher auf. An einer Seite wurde sie deutlich schmäler und wich von der sonstigen runden Form, die für Kugeln normalerweise üblich war, deutlich ab. Erst jetzt beim genaueren betrachten konnte man sie als eine Art Pfeil erkennen, der nach rechts zeigte und in diese Richtung lief auch der Gildenlose.
Letztlich kam Sly in einem Raum an, der ihn eine Sackgasse war. Der Raum war bereits am brennen und es würde nur eine Sache von Minuten sein bis er vollständig flackern würde. Nirgendwo auf dem Weg hatte er Lina entdecken können. War sie vielleicht in einem der Zimmer an denen er vorbeigelaufen war? Oder hatte er die Kugel doch falsch verstanden? Er musste sich geirrt haben. Ein letztes Mal ließ der ehemalige Söldner den Blick durch das Zimmer schweifen um die Magierin zu finden, doch er konnte sie nicht entdecken und so wollte er wieder zurücklaufen. Die Bezeichnung wollte ist von daher sehr zutreffen, da in dem Moment als er sich umdrehte und loslief der Boden ihm nicht den nötigen Halt gab , sondern auch so gänzlich abwesend war und so fiel der Gildenlose in die Tiefe , wobei er zuerst glaubte, die Erde selbst hätte sich aufgetan um ihn zu verschlucken. Was natürlich falsch war, nachdem seine Knochen Bekanntschaft mit der Treppe gemacht hatten, die er herunterpurzelte. Der Gildenlose kam ächzend in die Höhe und blickte sich im Raum um. Er musste in einer Art Keller gefallen sein. Als er sich umsah entdeckte er eine Gestalt, die inmitten von einigen leeren Schnapsflaschen lag und bei näherem Hinsehen , merkte Sly dass es sich um Lina handelte. Hatte sie ein spontanes Besäufnis zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt angestimmt? Doch sie schien sich nicht mehr zu regen. Der Gildenlose stürmte auf sie zu und kniete neben ihr nieder. „Lina. Wir müssen hier raus, das verdammte Haus brennt.“ rief Sly und rüttelte an ihr. Lina blickte den Gildenlosen an , öffnete den Mund, doch anstatt Worte kam nur ein schreckliches Krächzen aus ihrer Kehle und der ehemalige Söldner erkannte erst jetzt die Bisswunde an ihrem Arm und dass sie über und über mit Alkohol vergossen war. Sie war vermutlich vergiftet und konnte sich deshalb nicht bewegen. Verdammt, er musste sie heraustragen, aber vermutlich würde sie oben sofort anfangen zu brennen und er könnte sie so genauso gut in einen brennenden Kamin werfen. Hastig blickte er sich in dem Keller um und entdeckte eine Art Plane mit der einige Kisten abgedeckt waren. Schnell riss er sie herunter und wickelte Lina darin ein. Er hob sie in die Höhe und war für ihr leichtes gewicht sichtbar dankbar, als er sie über seine Schulter legte. Dann sprintete er aus dem Keller heraus und in den Korridor hinein. Doch dieser war nach wenigen Metern bereits durch einen brennenden Balken vorzeitig zu Ende. Auch die Balken über Sly schienen bedrohlich zu knacken und würden jede Sekunde einbrechen. Schnell trat der Gildenlose eine der Türen ein um so aus dem drohenden Ende zu entgehen und keine Sekunde zu früh: Hinter dem Vagabund stürzte der Trägerbalken ein und versperrte die Tür damit. Jetzt waren beide in diesem Zimmer eingesperrt. Hier hatten vorher wohl die Bediensteten gelebt, denn es standen einige Betten herum , aber ansonsten war das Zimmer sehr spartanisch eingerichtet. Nur ein Fenster wies den Weg nach draußen. Wenn sie hier länger bleiben würden, würde auch dieses Zimmer abbrennen und sie würden das wohl nicht überleben. „Das hier kann jetzt etwas wehtun. “ meinte der Gildenlose und sprang daraufhin aus dem Fenster. Glas zersplitterte und dem Krieger wurde erst jetzt bewusst, dass sie sich etwa zwei Meter über dem Boden befanden. Sein arm protestierte mit schmerzen , als er sich an dem angrenzenden Baum festhielt um nicht hinunter zu fallen, aber auch dem Ast schien das ganz und gar nicht zu gefallen und er brach durch. Sly stürzte in die Tiefe und hob nur noch vor dem Fall Lina von ihren Schultern, damit sie sich nicht verletzen würde. Dies sollte sich als Fehler herausstellen, denn auch wenn, somit Lina halbwegs außer Gefahr war. Der Gildenlose knallte mit ihrem zusätzlichen Gewicht auf den Boden, was seine Knochen auf eine außerordentliche Probe stellten. Ächzend zog er sich unter Lina hervor und schrie um Hilfe. „Kennt sich hier wer mit Giften aus? Ich brauche Hilfe. “ schrie Sly, doch niemand konnte oder wollte helfen.
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Lehrling
Flammen züngelten sich an den maroden Holzwänden empor, die Hitze schlug dem Paktierer entgegen als er das Obergeschoss erreichte. Kampfeslärm und gedämpfte Schreie wiesen ihm die Richtung, in welcher er Cadyra und Sheyra finden musste. Ob Cadyra, die bei ihm gelernt hatte, es mit der Ritterin aufnehmen konnte? Eigentlich zweifelte Dardathír nicht an ihren Fähigkeiten, doch hatte er die Entschlossenheit, die Furchtlosigkeit der Gezeichneten gespürt. Sicher, wahrscheinlich lag es einfach daran, dass Sheyra eher ungestüm handelte, bevor sich andere Gefühle einmischen konnten, doch die Angst war als Verbündeter dummerweise nicht zu verachten.
Von dem Treppensteigen und dem beißenden Rauch, der allmählich zunahm und dem Magier die Tränen in die Augen trieb ging sein Atem bereits schwer rasselnd, als er endlich an einer geschlossenen, massiven Tür anlangte hinter der die Kampfesgeräusche hervordrangen. Er musste nicht am Griff rütteln um festzustellen, dass Cadyra es war, die die Tür versiegelt hatte und es zwecklos war, etwas dagegen zu unternehmen. Die einzigen Wege die Tür zu öffnen gingen über seine Schülerin selbst – entweder indem sie das magische Siegel selbst aufhob oder ihren…ein unwillkürliches Frösteln überkam den Magier, der bisher geglaubt hatte, solche Empfindungen schon lange hinter sich gelassen zu haben. Die Tür hatte sich einen Spalt breit geöffnet und ein Keuchen drang heraus, wie es nur von einem normalen Menschen kommen konnte. Auch die Kampfesgeräusche waren verstummt. Seinen Stab fest mit der rechten umfassend machte der Paktierer sich bereit, die Tür ganz aufzustoßen, während er auf die eingetretene Option lieber keinen Gedanken verwenden wollte. Cadyras Tod.
Ein heilloses Chaos erwartete Dardathír, als er die Tür ganz öffnete. Obwohl er es erwartet hatte schockte der Anblick seines Schülerins Leiche ihn, oder erregte zumindest eine Emotion die dem Schock nahe kam. Hasserfülltt richtete er seinen Blick nun auf die auf ihr Schwert gestützte Gestalt Sheyras, die ihm entgegenblickte, ohne die Waffe zu heben. Wie naiv war das Miststück, dass es gewagt hatte eine der angehend fähigsten Paktiererinnen einfach zu töten? Wähnte sie ihn tatsächlich noch auf seiner Seite?
„Es war eine Falle“, keuchte sie, während er auf sie zuging. Ihr Atem ging hörbar stoßweise. Eine Antwort gab Dardathír nicht, bevor er unwahrscheinlich behände mit seinem Stab zuschlug, vorwiegend die Arme der vollkommen unvorbereiteten Kriegerin mit Hieben traktierte, Hass und Zorn freien Lauf lassend. Das Schwert schien sich regelrecht zu widersetzen, bis es dann schließlich doch klirrend auf den Boden schlug - der gemarterten Ritterin waren indes sowohl die Kraft als nun auch die letzten Mittel genommen sich zu wehren, mit einer Mischung aus Röcheln und Stöhnen brach sie vollends auf der Stelle zusammen. Noch nicht zufrieden gestellt hievte Dardathír sie mühsam halb hoch und hielt ihr seinen zahnbesetzten, regelrecht vor Gift triefende linken Arm dicht vor das Gesicht.
„Ja, eine Falle. Weißt du, was jetzt mit dir passiert? Du wirst in unsere Zuflucht gebracht, keiner von deinen Freunden wird dir dort helfen können. Aber du uns, zumindest dein Körper. Deine Seele…tja, da darfst du dir ruhig Gedanken machen, doch mit dir tauschen würde ich nicht um des Lebens willen. Und nun mach’s gut, das Gift wird dir jedoch leider keine angenehmen Träume bescheren“, raunte der Magier, ein wahnsinniges Grinsen auf den Lippen. Langsam brachte er die Giftzähne näher an den Hals der Gardistin, bevor er sie mit einem Ruck hinein hieb, während er zufrieden zusah wie ihre Muskeln sich reflexartig anspannten um gleich wieder zu erschlaffen, und die Pupillen sich stark weiteten. Keine Silbe verließ ihren Mund mehr.
Zeit, das Anwesen mit der Last der Gezeichneten zu verlassen.
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Lehrling
Dichte Rauchwolken stiegen über den Obstbäumen auf, die links und rechts des Weges angepflanzt waren. Von weitem drangen Geräusche von splitterndem Holz und klirrendem Eisen an das Ohr Istvans. Zügig beschleunigte er seinen Schritt, um zur Quelle des Kampflärms zu gelangen.
Die Kapuze der dunklen knöchellangen Kutte tief über das Gesicht gezogen, erreichte er die letzte Wegbiegung und dann eröffnete sich ihm das ganze Schreckenspanorama. Ein Haus, angezündet und halb zerstört. Einige Kämpfer retteten sich gerade daraus. Jemand sprang aus einem Fenster im Obergeschoss und versuchte, in einem Baum zu landen, vergeblich. Dunkle Rauchschwaden quollen unheilvoll aus dem Loch, das er hinterließ und schwärzten die Balken der Dachtraufe. Ein Ast splitterte und der Mann fiel samt irgendeiner Last, die er um sich gewickelt hatte, auf die Wiese unter dem Baum.
Schnell eilte Istvan herbei und sah nun, daß es sich um einen Mann und eine bewußtlose, in einen Stoffballen eingewickelte Frau handelte.
„Ja doch, ich eile ja schon“, brummte er, als er die Hilferufe des Mannes vernahm.
„Gift sagt Ihr? Was für Gift? Es gibt unzählige mit ebenso vielen verschiedenen Wirkungen.“
Doch der Mann, selbst verletzt, zuckte mit den Schultern und meinte aufgebracht „Woher soll ich das denn wissen, ich habs ihr ja nicht eingeflößt.“
„Jaha, schon gut, laßt Istvan mal machen“, versuchte er, den Fremden zu beruhigen.
„Ah, die Pupillen sind klein, ganz verengt. Ihre Augenlider flattern“, murmelte er, während er sich über die wieder ausgewickelte Frau beugte.
„Das sieht nicht gut aus. Ich kann versuchen, sie zu retten, aber sie wird Ruhe brauchen, mindestens einen Tag.“
Er wühlte in den Tiefen seiner Robe und dabei rutschte ihm plötzlich die eben noch so tief über das Gesicht gezogene Kapuze vom Kopf.
Augenblicklich sprang der Verletzte zurück.
„Was... Was ist das?!“
Die linke Gesichtshälfte des plötzlichen Helfers war vollkommen entstellt. Die Haut trocken und schwarz, das Auge schief und blind, nur noch ein milchigweißer Augapfel, die augenbraue halb darüber gewachsen. Das Haar auf dieser Gesichtseite grau, strähnig, borstig, ja in Büscheln wachsend, die nach allen möglichen Seiten abstanden. Der Mann war ein Scheusal.
Istvan zog schnell die Kapuze wieder hoch.
„Ja, sobald mich die Menschen sehen, verabscheuen sie mich. Ich kann es Euch nicht einmal übel nehmen“, meinte Istvan gleichmütig. „Die Äußerlichkeiten sind den Menschen nunmal wichtiger, als das was innen ist. Auch ich war früher nicht anders.“
Ohne noch auf den ihn weiterhin entsetzt anstarrenden Mann zu achten, machte er sich wieder an der Bewußtlosen zu schaffen.
„Aber laßt mich Eurer Gefährtin bitte helfen“, fuhr er dann fort.
„Ich habe einige Heilmittel bei mir. Diese Gegend ist von den Verseuchten befallen und auch sie wurde sicher mit dem Gift, das die Pest auslöst, infiziert. Ich habe für meine Reise, die mich zusammen mit meinem Sohn nach Rynthal führen sollte, zur Sicherheit einige Fläschchen mit Gegengiften mitgeführt. Nur für den Fall. Beinahe hätte ich sie selbt gebraucht, da ich vor einigen Stunden auch von ihnen angegriffen wurde.“
Scheinbar widerstrebend ließ der Mann Istvan gewähren, der der Frau aus einer kleinen entkorkten Flasche eine dunkle Flüssigkeit einträufelte.
Die Verletzte stöhnte leise, jedoch schien sie immerhin für einige Momente das Bewußtsein wieder zu erlangen, ehe sie in eine Art Schlaf fiel. Jedenfalls nahmen ihre Züge, die vorher die Mimik eines schmerzverzerrten Gesichts aufwiesen nun einen sanften, fast schon zufriedenen Ausdruck an.
„Sie wird für einige Zeit schlafen. Währenddessen wird das Mittel, das ich ihr eingeflößt habe, das Gift in ihrem Körper abbauen.“
Istvan erhob sich, denn er hatte die ganze Zeit am Kopf der Verletzten gekniet.
„Mein Name ist Istvan, ehemaliger Magier, der nach leidvollen Erfahrungen seinen Künsten abgeschoren hat und nun Edelsteinhändler“, stellte er sich vor. „Und wen hatte ich das Glück, in dieser von Pestzombies befallenen Gegend zu treffen?“
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Lehrling
Langsam, aber sicher wurde Gestroi hektisch, ja fast panisch. Das Feuer verschlang mehr und mehr von dem Haus, aber nirgends war etwas von dieser Sheyra und dem Rest seiner Leute zu sehen. Lediglich Watzlav war irgendwo hinter ihm und lief ihm nach wie ein gut dressierter Hund.
„Verdammter Mist.“ Die Worte fluchten, aber die Stimme war geprägt von Verzweiflung. Ihre Mission durfte nicht scheitern, dafür stand zu viel auf dem Spiel. Er entschied sich noch einmal in das Haus zu gehen. Brandwunden konnte man heilen, aber die Niederlage gegen Arjak würde ihnen das Genick brechen.
Andererseits war es Gestroi schon fast egal, was mit ihm passieren würde. Sein Leben war schon vor geraumer Zeit beendet worden, als sein Dämon ihm das Gehör genommen hatte, welches einst mit der Musik als Schlüssel, die Pforte zur Erfüllung dargestellt hatte. Nein, in dieser Welt war alles hässlich geworden. Er zögerte.
„Dardathír! Da oben am Fenster. Sieh doch wen er hat!“ Watzlav schrie wie von Sinnen. Offenbar war ihm bewusst, dass die heutigen Ereignisse in etwas Wichtiges münden würden. Etwas, das auch sein tristes Leben bereichern konnte und sei es nur durch die schöne Frau, die der alte hochgewuchtet hatte.
„Fangt sie!“ drang die schrille Stimme des Greises durch das laute Knacken und Prasseln des Feuers, aber Gestroi verstand diesmal alles klar und deutlich. Sofort eilte er zum Fenster, um dort die Frau in Empfang zu nehmen, die Dardathír herunter zu werfen beabsichtigte.
Dann fiel sie, klatschte wenige Zentimeter später auf die Dachschräge und rutschte noch einmal einen halben Meter herunter, ehe sie über die Kante stürzte und in Gestrois Armen landete.
Es waren eine gehörige Portion Glück und allerlei Erfahrungen aus Gestrois Schürzenjägertagen, die ihm dabei halfen das Weib so zu fangen, dass sie sich das Genick nicht brach. Im Grunde hatte er es noch immer drauf. Leider wirkten Frauen nicht mehr auf ihn. Sie waren ihm schlichtweg zu hässlich geworden. Zwar noch weniger hässlich als die Männerwelt in diesen Landen, aber alles andere als erregend.
Watzlav, der da ganz andere Ansichten vertrat, durfte nun den Greis auffangen. Auch er hatte noch vor einigen Jahren viele Erfahrungen beim Auffangen von Frauen machen können, die lieber aus dem Fenster sprangen, als ihren Männern unten an der Türe eine Ausrede aufzutischen.
„Wo ist Cadyra?“ Der schwarzhaarige Balenkow ahnte es schon und ein ernsthaft trauriges Kopfschütteln des Greises bestätigte ihn. „Dann nichts wie weg hier!“, meinte er und rannte schon voraus.
Watzlav überholte ihn nur wenig später. Er wollte die Pferde losmachen, die nur etwa 100 Meter vom Bauernhaus entfernt angeleint worden waren.
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Mit dem Speer schob Troan einige Zweige weg, die ihm die Sicht versperrten. Doch was er dahinter sah, gefiel ihm gar nicht. Der Baum trug eine tiefe Kerbe am Stamm.
„Verdammt…da waren wir vorher schon“, fluchte der Lee und blickte sich nach seinen Begleitern um. Sie waren zwar alle in etwas verschiedene Richtungen ausgeschwärmt, doch verloren sich niemals aus den Augen. Lieber verirrten sie sich zu dritt in dem Wald, als dass sie sich einander noch verloren.
Troan trat zu dem Baum und blickte sich noch einmal um. Er versuchte einige Spuren zu erkennen um so herauszufinden aus welcher Richtung sie gekommen waren. Doch diese Spuren waren unterdessen verwischt und zeigten in alle vier Himmelsrichtungen von der Lichtung weg. Verdammt…Bald würde es Dämmern und er hatte nicht die Absicht, in diesem Wald zu übernachten.
Plötzlich sah er es. Wie ein dunkles Mal zog es sich durch den Himmel. Grau und wabernd, wie eine Schwertwunde am Himmel, die nun schwarz blutete.
„Sonja! Sentinel!“, rief er laut in den Wald. Es dauerte nicht lange, bis sie angestürmt waren.
„Seht!“, meinte Troan nervös und zeigte auf die Rauchfahne, die sich über den Himmel zog.
„Dort müssen die anderen sein…oder sonst etwas das uns weiter bringt. Das bin ich mir sicher. Das muss so sein“, meinte er mit einer überzeugten Stimme. Er wollte hier endlich verschwinden. Dann rannte er los, den aufsteigenden Rauch vor Augen.
Wieder den ganzen Weg zurück. Da hätten sie gleich bei der Hütte bleiben können und den anderen helfen können. Hier hatten sie nur Zeit vertrödelt. Das war alles die Schuld des Jungen…warum konnte er nicht auf uns warten, schob Troan die Verantwortung über sein Handeln ab.
Durch das dichte Blätterdach war es schwer, den dunklen Rauch immer im Sichtfeld zu behalten, doch wusste er nun die Richtung und hatte ein Ziel vor Augen. Der Rauch schien sie tatsächlich zurück zu führen. Einige Stellen kamen dem Lee bekannt vor. Vielleicht auch nur eine Einbildung, die ihm seine Hoffnung vor die Augen legte.
Doch die Gewissheit kam, als sie den steilen Abhang erreichten. Da war dieser Junge hoch gekraxelt. Dann musste doch auch die Leiche des Verseuchten hier irgendwo liegen…Troans Augen suchten, fanden jedoch nichts. Die Leiche war verschwunden. Doch es blieb keine Zeit um sich darüber Gedanken zu machen. Sie begannen mit dem Abstieg. Sie umfassten Wurzeln und Äste um nicht herunter zu purzeln. Eine schwierige Angelegenheit, wenn einem die Zeit im Nacken hockte. Der Rest ihrer Gruppe konnte in grosser Gefahr schweben.
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Qualm, Feuer und zersplittertes Holz – dieses Haus war dem Untergang geweiht. Um das zu erkennen, brauchte man keine Brille. Um hier lebend wieder rauszukommen, jedoch eine gewaltige Portion Glück. Glück hatte Win'Dar genug. Hoffentlich blieb es auch dabei.
Ächzend stemmte er sich in die Höhe. Ein Stechen in seinem Rücken erinnerte ihn an die Scheißidee von vorhin. Was zum Henker hatte ihn denn da geritten? Diese Balken hatten eine gute Tonne gewogen. Mindestens. Wenigstens konnte er jetzt, da Taeris weg war, endlich den Schmerz in einem Stöhnen nach draußen lassen. Nie wieder, dachte er sich. Wofür hatten sie denn eigentlich diese ganzen Muskelprotze dabei? Sollten die sich doch nen Bruch heben.
Genug des Selbstmitleids, ermahnte er sich, auf die Beine, hier gibt’s nichts mehr zu holen. Missmutig warf er seinen Mantel über. Teurer Ausflug – das gute Stück hatte seine besten Tage hinter sich. Jetzt sah er noch mehr nach Landstreicher aus als Sly. Naja, wen stört's, außer der Lina vielleicht, aber die ist eh mit dem Beliar im Bunde und von sowas hält man sich fern.
Schwelend und flach atmend tastete er sich an der Wand entlang in Richtung Treppe. Als er das Gemach des Gutsherren passierte, erstarrte er. Was zum...?
Schnell sank er neben der Frau nieder, die Sheyra zu beschützen versucht hatte. Tot, keine Frage. In ihrem Rücken klaffte ein mehr als handgroßes Loch. Um den gesamten Körper hatte sich eine gewaltige Blutlache gebildet. Sieht ganz so aus als ob... ja, genau das. Er schluckte, als sein Blick der Blutspur bis zur Wand folgte. Die Wand war ursprünglich weiß gewesen. Nun war sie schwarz. Vom Fenster bis zur Ecke, in der die Frau gestanden hatte. Noch ein Blick auf das Loch im Rücken der Frau. Die Wundränder waren nach außen geweitet und bildeten einen hässlichen, ausgefransten Krater. Die an der Wirbelsäule anliegenden Rippen waren auseinandergebrochen. Und das Herz klebte nun an der Wand. Zumindest fleckenweise.
„Götter...“, murmelte Win'Dar.
Ein Stück tiefer fand er eine weitere Wunde. Diese war deutlich kleiner und wie ein Mund geformt. Schwertstich, der Form und Größe nach der Eisbrecher. Er blickte sich auf dem Schlachtfeld um und sah die gesplitterte Klinge von Sheyras Rapier. Wie er es sich gedacht hatte. Es war eine Falle gewesen. Sobald Sheyra sie erkannt hatte, war es zum Kampf gekommen. Die Klauen der Paktiererin hatten vermutlich ihre Waffe zerbrochen, woraufhin sie das Schwert ihres Vaters gezogen hatte. Letztlich hatte Sheyra die Frau wohl einfach aufgespießt. Doch woher der Krater? So etwas hatte er noch nie gesehen. Sah aus, als wäre das Herz einfach nach hinten herausgeplatzt.
Das konnte doch nicht etwa? Nein, noch nicht jetzt. Und auf diese Art? Nein. Und wenn doch?
Win'Dar wurde übel. Der Gedanke schmeckte ihm ganz und gar nicht. Reiß dich zusammen und sieh zu, dass du hier raus kommst, blaffte ihn sein Überlebenstrieb an. Recht hatte er: Das Dach drohte zusammenzubrechen und das Kratzen in seiner Lunge verhieß nichts Gutes.
„Taeris!“, rief er, musste husten, fing sich wieder. „Mach, dass du hier rauskommst!“
Er selbst stürzte zum offenstehenden Fenster.
„Oh, Scheißendreck“, fluchte er, denn da ging's ganz schön runter.
Direkt unter dem Fenster gab es eine kurze Dachschräge und dahinter gut dreieinhalb Meter freien Fall. Hinter ihm gab es Flammen und ein einstürzendes Dach. Alternativen? Keine. Er war bereits dabei aus dem Fenster zu klettern, als ein Glänzen in seinen Augenwinkel stach. Das war doch...
Der Eisbrecher lag von seiner derzeitigen Herrin verlassen achtlos auf dem Boden. Das bedeutete noch weniger Gutes als geplatzte Herzen. Die Dachbalken über ihm knackten. Win'Dar hörte Ziegel in der Hitze des Feuers splittern und spürte den Boden unter sich beben, als Teile des Giebels einstürzten. Gleich würde es hier nichts mehr als Funken und aufgewirbelte Asche geben.
Dennoch traute er sich nicht, das Schwert anzufassen. Geschichten über die Klinge füllten sein Denken aus. Ja, verdammte Scheiße, er hatte Angst. Das Ding sollte Seelen fressen. Und Leute, die es nicht leiden konnte, auf der Stelle verbrennen. Oder schwer wie Blei sein, wenn man nicht Frost hieß. Scheiße, wahrscheinlich stahl sich das Schwert jeden Abend, wenn Frost schlief, heimlich davon um kleine Kinder zu frühstücken, so ein Blödsinn aber auch, dachte sich Win'Dar und packte das Schwert. Und als seine Finger den Griff berührten, passierte... nichts.
Weibergeschwätz, dachte sich Win'Dar und sprang in einer Wolke aus Qualm aus dem Fenster. Seine Stiefel berührten das abschüssige Dach, er geriet in Rutschen, schlitterte auf die Dachkante zu und fühlte im nächsten Moment den Sog der Schwerkraft. Irgendwie schaffte er es, das Schwert in die Mauer zu rammen und brach sich somit keinen Knochen, sondern kugelte sich nur fast die Schulter aus.
Toller Plan, dachte er sich, als sich die Klinge löste und schmerzhaft auf dem Arsch landete. Dämlich, absolut dämlich. Wer kam auch auf die bescheuerte Idee, aus einem Dachfenster zu springen? Scheiße nochmal!
Fluchend rappelte er sich auf, fiel fast wieder hin, taumelte weiter in Richtung der drei Gestalten, die er im Gras knien sah. In einiger Entfernung sah er drei weitere Gestalten zwischen den Bäumen davonrennen. Nein, vier. Einer der Kerle hatte eine reglose Frau mit roten Haaren über der Schulter liegen. Dieser Tag war eine Katastrophe.
Er erreichte seine Gefährten gerade rechtzeitig, um die Worte des Alten mitzubekommen.
„Keine Zeit für Höflichkeiten, Großvater, sie haben Shey-“
Der Husten kam zurück und Win'Dar brach wie von der Axt gefällt zusammen. Nein, nicht jetzt, fluchte er. Seine Hände verkrampften sich, krallten sich in das Gras und in seine Brust. Warum jetzt, fragte er sich überflüssigerweise, da er die Antwort längst kannte. Der letzte Anfall lag Wochen zurück und mit all dem Rauch in der Lunge hätte es ihm klar sein müssen. Diesmal war er sich sicher, dass er den Hustenanfall nicht überleben würde. Er lag am Boden; unfähig, die krampfhaften Zuckungen seines erstickenden Körpers zu kontrollieren. Seine Linke riss ganze Büschel Gras aus, während sich die Finger seiner Rechten so fest in seine Brust krallten, dass sie den Brustkorb jede Sekunde durchstoßen mussten.
Warum tut niemand was, warum verfolgt niemand diese Bastarde, fragte er sich, während er sich vor Qualen am Boden wand. Götter, macht, dass es aufhört! Seine Pupillen weiteten sich, Äderchen zerplatzten zu roten Nebelwölkchen. Langsam begann das Blau aus der Iris zu weichen um purer Schwärze Platz zu machen. Win'Dar zuckte – ein, zweimal. Er sah den Alten neben sich knien und dünnen, schwarzen Rauch, der sich aus seinen eigenen Mundwinkeln kräuseln.
„Trinkt das“, sagte der Alte mit ruhiger Stimme und wollte ein Fläschchen an Win'Dars Lippen setzen, als es auf einmal vorbei war.
Keuchend rang er nach Luft und schlug die Hand des Mannes beiseite.
„Nimm deine Hände weg“, schnaufte er, „Wir haben keine Zeit für sowas!“
Er atmete tief durch und ignorierte die Tränen, die ihm wie schwarze Tintenperlen übers Gesicht liefen.
„Sie haben Sheyra und wenn wir länger zögern werden sie entkommen.“
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Sie liefen schnell, doch nicht schnell genug befürchtete Sentinel. Solange die Dämmerung noch nicht vollends herein gebrochen war, konnte man sehen wie die Rauchschwaden, oder besser gesagt Rauchwolken immer dichter wurden. Was war dort bloß zu Hölle vorgefallen? In der relativ kurzen Zeit, in der sie dem kleinen Jungen folgten, wurde die Situation noch komplizierter – ob sie noch schlechter wurde konnten der Rekrut und seine zwei Gefährten zu dem Zeitpunkt nicht erahnen.
Die Sonne versank unangenehm schnell hinter dem Horizont und verkürzte mit jeder Minute die Sichtweite des Trios. Nachdem sie gut die Hälfte der Strecke wieder zurückgelegt hatten, war es nur noch ein blindes Vorantasten. Nur alle paar Sekunden ermöglichte es ihnen der Mond etwas zu sehen, dann verschwand er wieder hinter dem Wolkenteppich. Die drei Gefährten hatten ständig das Gefühl gegen eine unsichtbare Mauer ankämpfen zu müssen – wie Blinde kämpften sie sich Stück für Stück durch die Schattenwand. Das Vorankommen war ungleich schwerer, nicht selten stolperte einer der Dreien, rollte ein paar Meter die kleinen Täler hinunter und kam wieder zum Stillstand. „Es müsste schon ein Wunder geschehen wenn ich hier ohne einen kaputten Knöchel wegkomme“, dachte sich Sentinel als er wieder mal gestürzt war.
Redsonja, Troan und der Gardist wussten nicht wie lange sie sich so vorangetastet hatten aber nach einer endlos langen Zeit – so kam es ihnen jedenfalls vor – erklommen sie die Anhöhe, welche auf der anderen Seite hinunter zu dem Haus führte. Mit jedem Zentimeter den sie über die Kuppe ragten, wurde es heller. Ihr Verdacht hatte sich bestätigt: Das Haus musste lichterloh gebrannt haben - brennen tat es immer noch doch die Feuersbrunst musste schon etwas nachgelassen haben denn um das Haus herum lagen verkohlte aber noch glühende Stützbalken des Daches. Und auch Teile des Anwesens selbst schienen nur noch schwarze Schatten zu sein, die durch regelmäßiges Aufglühen zum Leben erwacht wurden.
Was war hier nur vorgefallen? Alles was sich vor ihren Augen auftat glich einem kleinen Schlachtfeld. Und außen herum - die Ruhe nach dem Sturm. Außer dem Knacken und zischen des Feuers und gelegentlichen Vogellauten konnten sie keine Geräusche Ausmachen.
„Lasst uns rasch nachsehen was dort unten los ist“, es war Troan der sprach.
„Aber seit Wachsam und Kampfbereit, wir wissen nicht wer oder was uns dort unten erwarten könnte“, mit diesen Worten schritten sie den Abhang hinunter.
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Der Gildenlose saß atemlos auf dem Boden. Wie lange hatte er jetzt Ruhe gehabt? Zwei, vielleicht drei Minuten und schon sollte er erneut Aufbrechen. Verdammte Scheiße. Die Dinge, die man im Zusammenhang mit Frost erledigte waren grundsätzlich gefährlich, tödlich, nervenaufreibend, tödlich, verrückt und auch tödlich. Er riss sich das Tuch vom Mund, welches er immer noch zum Schutz vor dem Rauch getragen hatte. So schwarz, wie es von dem Ruß war, ließ er es einfach zu Boden fallen und beachtete es nicht weiter. Er genoss noch ein paar Sekunden in denen er sich zwei tiefe Atemzüge der frischen Luft genoss und dann erhob er sich. „Könnt ihr euch bitte um Lina kümmern? Die Jagd nach diesen Bastarden ist sehr wichtig. In der Nähe sollten auch Freunde von uns sein, die sicher bald zurückkommen und euch helfen werden. Bitte , ich wäre euch ewig zu dank verpflichtet.“ meinte der Gildenlose und drehte sich dann abrupt um und lief zu Win’Dar. „komm schon. Wir müssen Sheyra retten.“ meinte Sly und half dem Landstreicher beim Aufstehen. Win’Dar schien sich einigermaßen beruhigt zu haben, auch wenn sein Atem noch schwer ging und seine Augen ganz rot von den unterplatzen Äderchen war. „Nun komm schon. Notfalls müssen wir es zu Zweit machen. “ sagte Sly und beide liefen los.
In diesem Moment kam auch Taeris aus dem Haus gestürzt und hustete gewaltig, auch seine Lunge war durch seinen ständigen Sumpfkrautkonsum bereits vorbelastet und würde sich wohl ebenso langsam von dem Rauch erholen wie es bei dem Wanderer der Fall war. „Taeris! Schnell! Sie haben Sheyra entführt. “ rief der ehemalige Söldner wild auf die Paktierer gestikulierend während er weiter zu diesen lief. Der Veteran schien irgendetwas zu brummen, machte sich aber letztendlich doch auch auf um Sheyra zu retten. Sly gab sich mühe so schnell zu laufen, wie er nur konnte, aber auch ihm hatte der Rauch schwer zugesetzt. Für die Distanz , die er vorher innerhalb weniger Sekunden gelaufen wäre, brauchte er jetzt fast eine Minute. Wie schwer musste es erst für Win’Dar sein, der ihm aber dennoch tapfer, wenn auch etwas abgeschlagen folgte. Die Paktierer hingegen waren gerade damit beschäftigt ihre Pferde loszubinden und wollten gerade Sheyra fesseln, doch als sie Sly und die anderen beiden entdeckten stießen sie laut Flüche aus und warfen die Frau über eines der Pferde. Es würde knapp werden, aber der Gildenlose konnte es noch packen rechtzeitig zu schaffen. Die Distanz wurde immer geringer. 50 Schritt, 40 Schritt. Er sammelte seine letzten Kraftreserven, doch die Paktierer stiegen bereits auf, als er bis auf 20 Schritt ran war und galoppierten mit den Pferden davon. „Verdammt“ schrie der Gildenlose und lief hinterher. Zuletzt war die Distanz auf wenige Meter zusammengeschrumpft, doch jetzt begann sie größer und größer zu werden.
Eher als ein Akt der Verzweiflung, denn richtig gezielt, warf er einen seiner Dolche nach den Paktieren und zu seinem Glück traf er das letzte Pferd auf dem einer der Kerle mit Sheyra ritt in den Hinterlauf. Das Heft blieb dort im hinteren, linken Bein des Pferdes schwingend stecken. Zuerst drohte das Pferd einzuknicken, fand dann aber, dennoch halt und lief hinkend hinter den anderen her. Es war ein Wunder, dass der Reiter mit Sheyra nicht vom Pferd gefallen war, aber soviel Glück konnte sich der Vagabund wohl nicht erhoffen. Win’Dar hatte soeben mit Taeris aufgeschlossen und jetzt machten sich das Trio gemeinsam auf die Gruppe zu verfolgen. „Ich hab das Pferd mit Sheyra verletzt. Das kostet sie wertvolle Zeit. “ meinte Sly zu den Beiden. „Sehr gut. Der Einzige Weg hier raus führt durch die Klamm, da können wir sie einholen, wenn wir uns beeilen.“ antwortete Win’Dar.
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Lehrling
Die bergige Landschaft flog an den Reitern vorbei und der Abstand zu den Verfolgern wuchs langsam aber sicher. Leider war in den letzten Stunden nicht alles so verlaufen wie die Paktierer es geplant hatten. Sie hatten Cadyra verloren und eines der Pferde war verletzt worden und lahmte.
„Halt!“ Es war die Stimme Dardathírs, die nun eine kurze Rast gebot. „Wir sollten Sheyra auf einem anderen Pferd festmachen. Dieses wird uns auf der ganzen Reise ein Klotz am Bein sein.“ Die Zeit drängte, doch der Mann hatte recht und durch das Ableben ihrer Gefährtin war auch ein Pferd für die Gefangene frei geworden.
Gestroi zögerte keinen Augenblick und sprang von seinem Pferd. Er war der kräftigste der verbliebenen Paktierer und so war es mehr oder minder seine Aufgabe die Frau zu verladen. Normalerweise hätte er Watzlav damit beauftragt, aber der war beim Kampf gegen Taeris verletzt worden und auch, wenn er keinen Schmerz verspürte, so war er doch geschwächt und der Leichensaft, der aus der Wunde tropfte würde auf die Gezeichnete keinen guten Effekt haben.
„Nimm du sie auf deinen Schimmel, Dardathír. Du bist noch der leichteste von uns und sollte sie erwachen, wird dein Gift sie wieder betäuben können.“, meinte er, aber im Grunde war ihm klar, dass die Frau nicht viel mehr von dem Gift vertragen würde ohne bleibende Schäden davon zu tragen oder gar zu sterben. Letzteres durfte auf keinen Fall riskiert werden.
Mit einem Schwung warf er Sheyra auf den Rücken von Dardathírs Pferd, das darauf ein beschwerend wieherte und beinahe davon getrabt währe.
Der Alte zügelte es jedoch und machte sich nun daran den lebendigen Ballast notdürftig an sich und den Sattel zu fesseln. „Reitet weiter und wartet nicht auf mich. Ich komme nach und entledige uns dieses verdammten Gauls.“ Die Anweisung war kam kalt und berechnend aus dem Mund des ehemaligen Musikers.
Er wartete noch etwas bis die anderen hinter einigen Felsen verschwunden waren und zog dann sein Schwert. Das Tier selbst begriff nicht, dass seine letzte Stunde geschlagen hatte und machte keine Anstalten zu fliehen.
Dann grub sich die Klinge in die Kehle des schönen Tieres und ein Schwall von Blut ergoss sich über dem Oberkörper Gestrois. Die schönen Kleider, fluchte er innerlich und sprang zurück ehe ihm das Pferd in seinen Todeskrämpfen gefährlich werden konnte.
Nun konnte es weiter gehen und mit etwas Glück würde er seine Gefährten bald wieder eingeholt haben. Doch ihm war ein Fehler unterlaufen: Das Pferd vor den Augen seines eigenen Gauls zu erledigen war alles andere als klug und sich danach mit dem Schwert in der Hand zu seinem Reittier zu wenden noch weniger.
Panisch schlug das Tier aus, traf ihn seitlich des Schienbeins und galoppierte davon. Gestroi selbst schrie vor Schmerzen und verlor das Gleichgewicht. Der Tritt hatte ein recht großes Stück Haut von seinem Bein gerissen und nun da sich der Dreck in der Wunde verteilte brannte es wie Feuer.
Es vergingen weitere kostbare Minuten, die den knappen Vorsprung vor den Verfolgern ausmachten, bis Gestroi sich wieder aufrichtete und eine Idee hatte, um von hier weg zu kommen. Was bei Watzlav und den Verseuchten funktioniert, muss auch auf ein totes Pferd anzuwenden sein., schoss es ihm durch den Kopf und instinktiv schwächte er jenen Zauber, der seinen Gefährten in Zaum hielt, um sich voll auf das Pferd konzentrieren zu können...
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Als Win'Dar Sly einholte, waren die Paktierer bereits außerhalb seiner Wurfreichweite. Verdammt – er war sich sicher, dass er einen von ihnen vom Pferd geholt hätte.
„Guter Wurf“, sagte er und klopfte Sly auf die Schulter.
Das verletzte Pferd würde die Paktierer auf jeden Fall bremsen. Sie würden ihre Flucht unterbrechen müssen, um abzusteigen und Sheyra auf das andere Pferd zu laden. Vermutlich würden sie das verletzte Pferd anschließend töten, um sich von der Last zu befreien. Schlecht für das Pferd, gut für ihre Verfolger. Zeit war die wichtigste Ressource in diesem Spiel und durch seinen Wurf hatte Sly den Paktierern etwas von ihrem Vorrat gestohlen.
„Los, hinterher! Wenn sie uns in der Klamm entwischen, holen wir sie nie mehr ein.“
Sie waren keine zehn Schritt vorangekommen, als sich Win'Dar an die Brust griff und in die Knie brach. Zuviel Rauch, dachte er sich und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Er hustete keuchend. Auf den Grashalmen glitzerte dunkles Blut. Auf einmal war er sich sicher, dass er diesen Tag nicht überleben würde.
„Wartet nicht auf mich“, stieß er hervor, als er etwas Atem geschöpft hatte. Wieder musste er husten. „Ich warte bei Lina auf die anderen. Jagt sie bis zur Klamm und versucht ihr Vorankommen zu behindern. Dort werden wir zu euch stoßen. Los! Worauf wartet ihr noch?!“
Neue Krämpfe schüttelten seinen Körper. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. An seinen Schläfen pochten Adern, sein Gesicht war dunkelrot vom vielen Husten. Dennoch quälte er sich wieder auf die Beine.
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Jetzt, da WIn'Dar nicht mehr bei ihnen war, konnten Taeris und Sly wieder ein schnelleres Tempo anschlagen. Bald würden sie über der Bergkuppe sein und dann hinab in die Klamm sprinten. Dort hätten sie gute Chancen die anderen Einzuholen.
Auf halbem Weg hörten die beiden ein lautes Wiehern und Hufgetrappel, das immer näher kam. Wollten die Paktierer zurückkommen um sie abzuschlachten? Unwahrscheinlich. Die Gefahr war zu groß, dass sie selbst Opfer wurden. Was hatten sie aber dann vor? Die Geräusche wurden immer lauter und Taeris rief „Hey da rennt ein Pferd von ihnen auf uns zu. “ Der Veteran hatte recht gehabt. Eines der Pferde war in panischer Angst vor ihnen weggelaufen und stürmte jetzt auf sie zu. „ Taeris! Wenn wir dieses Tier fangen können wir sie vielleicht einholen oder zumindest den Abstand bedeutend verringern. “
Der Gildenlose lief dem Tier in den Weg und versuchte es durch zurufe zu beruhigen, aber das Pferd schien so sehr in Panik geraten zu sein, dass es den Krieger vollkommen ignorierte. Stattdessen stürmte es weiter auf Sly zu und würde ihn jeden Moment niedertrampeln, wenn er nicht aus dem Weg gehen würde. In letzter Sekunde wich Sly zur Seite aus, packte den Sattel und versuchte sich hochzuziehen. Der Gildenlose hing an der Seite des Tieres und krallte sich in die Riemen des Sattels. Nur langsam gelang es ihm sich daran hochzuziehen.
Als er im Sattel saß packte er die Zügel und zog dran. Das Pferd kam widerwillig zum stehen und wieherte nervös. Sly klopfte ihm sanft an den Hals und beruhigte das Pferd etwas. Dann wendete er es und galoppierte zu Taeris zurück. Der stand immer noch wie eine Kuh, die vor einem Berg steht, ratlos da, grinste aber, als er Sly entdeckte. Sly reichte ihm die Hand und er schwang sich hinter dem Gildenlosen auf den Sattel „So haben wir immerhin eine Chance. “ meinte Sly und preschte los.
Die Landschaft flog regelrecht an den beiden vorbei, auch wenn das Tier jetzt doppelt soviel zu tragen hatte und mit Sicherheit langsamer war, als die anderen Tiere. Es erstaunte Sly, dass sie nicht das verletzte Tier weggejagt hatten sondern ein Gesundes. Irgendetwas musste schief gegangen sein. Das würde sie sicherlich erneut Zeit kosten.
Ein Stück voraus entdeckte Sly einen der Paktierer der gerade auf ein Pferd aufstieg und davon ritt. „Den schnappen wir uns. “ sagte er mehr zu sich selbst, denn zu Taeris und spornte das Pferd erneut an. Sie kamen immer näher an den Paktierer ran, dessen Pferd offensichtlich lahmte. So würden sie es bald geschafft haben ranzukommen und den elenden Bastard endgültig zur strecke bringen. Jedoch weiter vor ihnen stieg der Berg erneut ein steiles Stück an, gerade so als wollte er unbedingt verhindern dass Wanderer ihn überwinden könnten und Sly sah dort bereits die anderen Paktierer reiten. Die Entführer mussten langsam machen, denn beim zweiten Hinsehen fiel auf, dass sie über ein Geröllfeld ritten und die Pferde langsam halten mussten, damit sie sich nicht verletzten. Sie waren vielleicht noch zwei Kilometer entfernt und kamen sehr langsam voran. „Taeris zieh deinen Bogen. Vielleicht können wir sie zu unüberlegten Handlungen zwingen.“ rief er über die Schulter hinweg und der Wind schien geradezu ihm jedes Wort von den Lippen reißen zu wollen. Als die beiden Krieger am Geröllfeld ankamen hatte der dritte Paktierer seine Gruppe bereits fast eingeholt und sie waren vielleicht noch 300 Schritt entfernt, hatten aber fast die Hälfte des Feldes bereits hinter sich gelassen. Jetzt mussten jedoch die beiden Krieger das Tempo drosseln. Sly wagte nicht schneller als mit einem langsamen Trab über die Steine zu reiten aus Angst das Pferd könnte ausrutschen und sich und die beiden Reiter ernsthaft verletzen. „Los ziel auf die Paktierer. “ rief Sly und zog selbst seinen Bogen. Zusammen schossen sie Salve um Salve auf die Feinde. Sie trafen zwar nicht, vor allem weil sie nicht auf das Pferd in der Mitte zielten und es im Reiten sowieso schwer fällt zu schießen, aber sie erzielten doch eine nicht geringe Wirkung. Die Paktierer begannen nervös zu werden. Wer würde das nicht, mit Leuten im Rücken die auf einen schossen? Vielleicht hatten sie Glück und würden Fehler machen….
Geändert von Sly (14.08.2006 um 15:58 Uhr)
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Lehrling
Der schneidende Wind ließ die weißen Haare des Magiers in der Luft wehen, während der Gewaltritt diesem stark zuzusetzen begann – seine spröden Knochen waren eindeutig nicht auf starke Beanspruchung ausgelegt. Jeder Muskel, jede Sehne schien zu protestieren, doch war es hier eine der wenigen Situationen, in denen von Vorteil war, dass er kaum noch etwas spüren konnte. Soeben hatten sie die Mündung der Schlucht passierten und waren nun gezwungen, hintereinander auf dem schmalen Pfad vorzupreschen, während das Bergmassiv, dessen Spitze sich drohend hoch über ihren Köpfen abzeichnete, zudem fast zur Gänze das Licht abschirmte – nur undeutlich war der Schlund des Finsterbaches zu ihrer Linken und der etwas hellere Pfad vor den Hufen ihrer Pferde auszumachen. Theoretisch jedenfalls. Praktisch hingegen sah Dardathír rein gar nichts, die Anstrengung der letzten Stunde hatte seiner mit dem Pakt einhergehenden, abnehmenden Sinneswahrnehmung einen schweren Schlag verpasst, alles schien hinter einer Art dunklem Schleier zu liegen, seltsam in die Ferne gerückt. Die einzigen Mittel sich zu orientieren waren also das Schnaufen und die Staub aufwirbelnden Huftritte der Pferde, die dummerweise von den steilen Klippen widerhallten und den Paktierer so mehr oder minder zwangen, sich auf sein pures Glück zu verlassen. Immerhin musste er sich nicht mehr darauf konzentrieren, irgendwelchen verirrten Pfeilen auszuweichen – die vorherrschende Dunkelheit machte es den Verfolgern so gut wie unmöglich, ihnen weitere Salven nachzuschicken und wenn dies doch der Fall sein sollte würde Watzlav sie schon rechtzeitig warnen. Zumindest hoffte der Magier das. Zu allem Überfluss begann die Gezeichnete auch noch ab und an sich zu rühren, als ob sie spüren würde, dass ihre Gefährten stetig aufholten, was natürlich eigentlich nicht sein konnte. Prüfend fuhr Dardathír mit einer freien Hand über die Kehle der an ihm Festgezurrten, um zu ergründen ob das Gift vielleicht frühzeitig an Wirkung verlor und zog seine Hand augenblicklich erstaunt wieder zurück um erneut die Zügel fester zu ergreifen. Ein Magiestoß hatte ihn durchzuckt, als er die Haut Sheyras berührt hatte – angesichts der Tatsache, dass er zuvor nichts dergleichen gespürt hatte eine stark verwunderliche, beunruhigende Tatsache.
„Watzlav meint, dass sie uns gleich eingeholt haben!“, hallte der Ruf Gestrois von hinten her, während dieser hektisch sein magisch am Leben erhaltendes Pferd weiter zur Eile antrieb. Sie durften jetzt nicht wegen einem simplen Missgeschick mit den Gäulen scheitern - es wurde Zeit, etwas zu unternehmen-
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“Weist du, was echt beschissen ist?“
fragte Taeris, während sie vorsichtig aber dennoch recht zügig mit dem Pferd im Schlepptau den schmalen Holzsteg entlang gingen, der an einer der klaffenden Abgründe an der Felswand entlang führte.
“…Wenn dein Pferd hier in Panik gerät und durchdreht.“
stellte der Veteran fest und ging vorsichtig weiter. Man konnte die Hand vor Augen beinahe nicht mehr sehen. Nur ab und zu an wenigen Stellen drang ein wenig fahles Licht in den Abgrund in dem sie hier
diesen schmalen Pfad entlang gingen. Wären sie nicht so angespannt und außer Atem, man hätte ihnen nicht einmal angemerkt, dass es sich hier um eine Verfolgungsjagd handelte.
“Naja, es scheint ganz ruhig zu sein…“
meinte Sly und schien dem Geräusch und der Reaktion des Pferdes zu urteilen, dessen Hals zu tätscheln.
“Das meinte ich nicht… ich rede von den Paktierern.,.. Ich wette, dass sie ihre Pferde nicht unter Kontrolle haben, wenn die ein Mal Angst haben… sonst hätten wir jetzt keins…blieb die Frage….wie wir das anstellen.“
“Brandpfeile?“
Taeris grübelte eine wenig, versuchte in der Ferne die Paktierer aus zu machen.
“Brandpfeile sind gut….“
murmelte Taeris in seinen stoppeligen 5-Tage Bart,
"Brandpfeile sind gut, aber nicht hier….oder willst du Sheyra mitsamt Pferden und Paktierern in den Abgrund befördern? Oder willst du, dass die Pferde umkehren und Sheyra und uns beide in den Tod reißen, während die Paktierer sich ´nen Ast ablachen?“
fuhr Sly fort und führte das Pferd weiter an den Zügel den schmalen Weg entlang, der nun in eine schmale steinerne Trasse überging.
“Gut….vergessen wir das Thema… hat denn der schlaue Herr Waldläufer ´ne Idee?“
entgegnete Taeris relativ schnippisch, Bevor jedoch Sly etwas entgegnen konnte, ertönte ein lautes Krachen in der Ferne und hallte durch die gesamte Schlucht.
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Die Ereignisse drifteten an Sheyra vorbei, als würde ihr jemand ein Bilderbuch vor die Nase halten und die Seiten flattern lassen. Das Gift hatte ihren Körper vollständig gelähmt. Anfangs hatte sie das Geschehen nur verschwommen wie durch ein stark beschlagenes Fenster mitbekommen. Erst seit die Paktierer angehalten hatten, weil mit dem Pferd irgendetwas nicht stimmte, spürte sie allmählich das Leben in ihre Glieder zurückkehren.
Nun saß sie hinter dem Alten mit dem albtraumhaften Giftarm auf dem Pferd und musste zusehen, wie die kleine Gruppe in die Klamm einritt, von der der Holzfäller berichtet hatte. Ihre Hände waren vor der Brust des Alten zusammengebunden und auch zwischen ihren Füßen spannte sich ein Strick, der wohl verhindern sollte, dass sie einfach rücklings vom Pferd rutschte.
Dunkelheit umfing sie, als das Pferd in den Schatten der Klamm eintauchte. Sheyra musste an die Erzählung des Fällers zurückdenken. Irgendwo in dieser Finsternis hatte der Graf ein kaltes Grab gefunden. In dieser Sekunde schien es eher, als ritten sie geradewegs in ihr eigenes Grab. Sie wusste nicht, was die Paktierer mit ihr vorhatten. Aber sie brauchten sie lebend. Obwohl dieser Gedanke vielleicht beruhigend sein sollte, bewirkte er eher das Gegenteil. Angesichts ihrer bisherigen Erfahrungen mit den Paktierern wäre es vielleicht gnädiger, einen schnellen Tod zu finden.
Ihre Augen waren durch das Gift nicht in der Lage, in dieser Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. Doch sie spürte, wie ihr Körper gegen die Lähmung rebellierte. Das Gift saß in ihren Venen wie eine dünne Eisschicht, doch sie begann bereits zu brechen. Etwas in ihr hatte den Kampf noch nicht aufgegeben. Im Gegenteil: Es schien danach zu suchen, wie es aus dem fremden Wirkstoff in ihrem Kreislauf neue Kraft schöpfen konnte. Sie wusste nicht, was es war. Vermutlich dieselbe Macht, der die Paktiererin zum Opfer gefallen war. Der Drang in ihrem Inneren, das Herz ihrer Peinigerin zerplatzen zu lassen. Es war derselbe Drang, der sie danach dürsten ließ, den dürren Hals des Alten, an den sie gefesselt war, einfach wie einen dürren Ast zu zerbrechen. Sheyra wünschte sich, sie hätte Wolfszähne. Dann hätte sie ihm die Kehle zerfetzen und sich an dem warmen Blut laben können. Das Blut der Schlange, dass sie in die Falle gelockt hatte. Das Verlangen lauerte tief in ihr. Immer wieder ließ es ihren Herzschlag in die Höhe schnellen und gab ihren Muskeln für einen Moment die Kraft, die Lähmung abzuschütteln. Sheyra war sich nicht sicher, woher dieser Drang auf einmal kam. Vielleicht war er schon immer da gewesen, doch in dem Kampf gegen die Paktiererin hatte sie die Tür aufgestoßen, hinter der er eingeschlossen gewesen war. Nun war er frei und er übte auf seine eigene Weise dieselbe Kontrolle auf ihren Körper aus, wie das Gift, das sie nach wie vor gefangen hielt.
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Die lautlose Schwärze begann einem Hoffnungsschimmer zu weichen, der nebelig ihre Sinne freilegte. Die Atmung der Schwarzmagierin ruhte noch vom Schlaf, aus dem sie erwachen wollte. Ein Schlaf, der keinem natürlichen glich, sondern viel mehr dem Tod. War sie etwas tot? Nein, so konnte der Tod nicht aussehen. Erinnerungen kehrten zurück, wuschen die Nebelwand vor ihrem Geiste langsam aber sicher fort. Die Lippen der Frau taten schwache Bewegungen, als wollten Worte ihrem Mund entrinnen, doch entrann ihm bloß ein gequält seicht klingendes Stöhnen. Ihre Züge verkrampften sich, ein erstes Zeichen für die abklingende Wirkung des Giftes. Das Gift! Lina wurde sich der Realität gewahr. Irgendetwas war um sie herum, Stimmen, ein Röcheln auf der anderen Seite. Nur Millimeter schien sich der Kopf der Priesterin zu bewegen. „Nicht bewegen.“, drang eine dumpfe Stimme in ihr Bewusstsein, noch bevor sie die instinktive Bewegung ihrer linken Hand bemerkte. „Stab!“, flehte sie lang gezogen, als ihre Hand den Runenbeutel an ihrer Hüfte erreichte. Irgendwer sprach etwas Unverständliches. Lina presste die Augen zusammen, als ob Irgendetwas das nunmehr wenig sanft wirkende Gesicht bespritzte, sie brannten. Die Hand zog einen der schwarzen Runensteine aus dem Beutel, bettete ihn sanft in sich und umschloss ihn mit mütterlicher Anmut. Sahen die Umstehen genau hin, würden sie sogar den Anflug eines Lächelns auf Linas Lippen bemerken.
Doch nun hieß es Konzentration.
Die Situation war wenigstens soweit zu der Schwarzmagierin zurückgekommen, dass sie wusste, was zu tun war. Der Stab der Irrlichter durfte nicht samt der Schattenläuferrune im Keller des brennenden Hauses zurückbleiben. Linas gesamte Gedankenwelt fixierte sich auf eines: Die bevorstehenden Beschwörung. Sie spürte die Magie in sich lodern, warm und umgänglich. Kraft kehrte in den vergifteten Körper zurück. Zwar waren die Muskeln weiterhin regungslos, doch das bedeutete keine geistige Einbuße. Um sie herum schienen weitere Menschen aufgetaucht zu sein. Irgendwer fragte irgendetwas, dessen Bedeutung Lina nicht zu entschlüsseln versuchte. In ihrem Kopf bildete sich ein Wesen aus Stein, ein Golem, etwas größer als halb so groß, wie gewöhnliche Beschwörungen dieser Art und mit weitaus mehr Steinen. Hände gedachte sie dem Monstrum zu, immerhin musste es den Stab tragen können, ohne ihn zu zerbrechen. Und als das Bild in Gedanken fertig gemalt war, lenkte die Priesterin all ihre magische Energie in den linken Arm. Die Menschen um sie herum würden nichts von der Beschwörung mitbekommen, solange sie nicht existierte. Doch eben dies geschah im nächsten Augenblick. Ein kurzes Beben erzürnte den Boden, ein Licht trat auf, in dem das Steinwesen entstand und, bevor jemand der Umstehenden reagieren konnte, in Richtung des Hauses lief. Der Golem wusste, was zu tun war. Jede Erinnerung Linas vermischte sich mit dem Befehl an das magische Wesen und gleich würde es zurückkommen und ihr den Stab der Irrlichter bringen.
Ein mächtiger Atemzug hob ihren Brustkorb an, in dessen Inneren sich eine normale Atmung einstellte. Die Lider schoben sich hinauf und gaben den Blick auf ihre schimmernden, grünen Augen frei, die in der Runde der Umstehenden umherblickten. „Stab.“ Diesmal klang das Wort eher freudig, denn gequält. Nur einen Finger breit öffnete sich ihr Mund, der sich zu einem beruhigten Lächeln verzog, das mit Allem abgeschlossen zu haben schien. Was sollte man auch erwarten nach einer solchen Erfahrung. Lina konnte die Münder ihrer Gefährten sich bewegen sehen, doch drangen nur wenige, abgestumpfte Laute zu ihr hindurch, die kaum als Worte bezeichnet werden konnten. Noch immer lag zu viel Konzentration auf der Beschwörung, die in der Ferne wohl auch die letzten Überreste des Hauses bei ihrer Suche zerstörte.
Dann sah sie, wie ein Mann - Troan! - seine Arme unter ihren Körper schob und diesen langsam vom Boden aufhob. Hey! Sie wollte etwas sagen, sich wehren, doch geschah nichts. Na, hoffentlich fanden seine Hände keine Stellen, die sie nicht finden sollten.
Gedankenlos bemerkte sie das Getrampel des zurückkehrenden Golems und ihre übrigen Sinne gewannen ein Stück weit die Oberhand über ihre Wahrnehmung. „Stab! Nehmen!“ Mehr brachte Lina nicht hervor. Sie fühlte sich wie ein Kind, das seiner wenigen Worte beraubt worden war. Männer verstanden sie ohnehin schon nie und da wurde es ihr auch noch so schwer gemacht. - Allerdings war dies ein anderer Fall: Einer der Umstehenden, der offenbar keine Waffe gezogen hatte, nahm den Stab an sich und zeigte ihn der Priesterin. Sofort entspannte sich die Situation für sie und, als hätte ein Stoß ihren Kopf durchfahren, waren ihre Ohren wieder freier. Auch das Sprechen fiel ihr leichter.
„Verzeih bitte.“
Geändert von Lina Suavis (14.08.2006 um 18:46 Uhr)
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Lehrling
„Wenn das so weitergeht, dann holen sie uns bald ein, Gestroi!“, schimpfte Watzlav, der plötzlich einen unverschämt dreisten Tonfall am Leibe hatte. So hatte der Gefährte Balenkows seit vielen Jahren nicht mehr geredet und fing an sich Sorgen darüber zu machen wie es mit Watzlav weitergehen sollte.
Derzeit war fast sein gesamtes magisches Potenzial darauf bedacht das Pferd künstlich am Leben zu halten. An eine Weiterreise ohne den Gaul war nicht zu denken. So steckte der Schwarzhaarige in einer schwierigen Lage zwischen seinem Todfeind, der seinen Verstand zurückgewann und zwei Verfolgern, deren Wagemut ihm zum Verhängnis werden konnte.
„Wir haben das Weib gefangen und wir werden es auch bis nach Shen’Deah bringen.“, meinte Gestroi schließlich und zuckte zusammen, als er ein lautes Krachen hinter ihnen vernahm. Die Klamm war eine Todesfalle und selbst kleine Steinbrocken könnten ausreichen, um die Gruppe in den Tod zu reißen. Damit war die Anzahl der Gefahren auf mindestens 2 gestiegen.
Wenig später rumpelten wieder einige Steine den Berg herunter. Diesmal war der Steinschlag sogar noch nähr bei ihnen herunter gekommen und mit etwas Glück hatte er die Verfolger mit sich gerissen. Wirklich daran glauben konnte der Paktierer nicht.
„Ich spüre etwas.“, meldete sich Watzlav zu Wort. Dann war wieder eine Zeit nur das Klacken der Pferdehufe zu hören. Er hatte wohl nur laut gedacht., hoffte Gestroi, dem es mehr und mehr Sorgen bereitete wie Watzlav sich ohne seinen Einfluss entwickelte. Wie lange würde es dauern bis sein Gefährte seine Gedanken zu lesen versuchte? Gedanken, die Watzlavs Erinnerungen an alte Zeiten wecken würden.
„Ja, ich spüre die Anwesenheit der Krähen. Sie sind gekommen um uns zu helfen.“ Gestroi atmete auf: Verbündete Kreaturen durfte Watzlav in beliebiger Anzahl spüren. „Wir sollten uns dennoch beeilen!“, meldete sich nun Dardathír zu Wort. „Die Krähen werden sie nicht ewig aufhalten und danach rücken sie uns wieder auf die Pelle“
Gestroi befand, dass der Greis recht hatte und beschleunigte seine Schritte etwas. Gleich darauf wurde er wieder langsamer. Ein Fehltritt und sein Leben war vorbei und mit etwas Pech würde er die anderen gleich mitreißen. Nein, in die Klamm war der Sturz in die Tiefe ein größeres Problem als die Verfolger.
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