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  1. Beiträge anzeigen #61
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Sein Tabak wollte er wohl nicht so schnell abgeben, wie es schien, aber auch in der Taverne machte er den Eindruck, dass er es einfach brauchte.
    So schnell würde er jedenfalls kein Tabak bekommen, es sei denn, er hatte Glück und würde auf einen fahrenden Händler stoßen, der ein wenig Tabak im Angebot hatte. Noctal glaubte dies allerdings nicht. Also musste der alte Mann erst einmal ohne seinen geliebten Tabak auskommen.
    Würde seiner Lunge auch gut tun, also tat er wenigstens etwas für seinen Körper. Mit sowas verschwendete Noctal nie seine Zeit. Er konnte auf andere Weisen entspannen. Tabak brauchte er dafür keinen. Der Verrückte schien noch zu warten. Hoffentlich war ihm der Ast nicht zu klein oder vielleicht zu groß, aber wenn er ein besseres Stück verlangte, würde der Verstossene auf seine Hilfe ganz gewiss verzichten können. Es war schon ohnehin unsinnig genug, dass er auf einen Baum wegen einem Ast klettern musste und das auch noch für einen Schreihals, dem man die ganze Schuld geben konnte.
    Nun erfuhr der Verstossene aber den Namen des alten Mannes. Lukar hieß er also und fragte direkt auch nach dem Namen des verstossenen Prinzen. Dabei hatte er ein Grinsen auf den Lippen. Er fand es wohl lustig, aber den Namen konnte er ruhig wissen. Daraus musste Noctal keine Geheimnisse machen.
    Den Familiennamen konnten die Fremden genauso wissen. Wenn er sich schon vorstellte, dann mit Vor- und Nachnamen.
    »Mein Name ist Noctal Nomak«, stellte sich der verstossene Prinz schließlich vor. Seine Stimme klang voller Stolz. Sie sollten ruhig wissen, dass er stolz darauf war und keine Scheu davor hatte, direkt seinen Nachnamen zu nennen. Er war stolz, dass er der Familie Nomak angehörte, selbst, wenn sein Vater ihn verstossen hatte. Der Name gehörte immer noch zu ihm und niemand konnte ihm diesen Namen abnehmen.

  2. Beiträge anzeigen #62
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline
    "Hmmm...", Radzinsky nahm den Ast von dem dunklen Mann entgegen und drückte ihn ein wenig.
    "Das Holz ist nicht faul und Würmer sehe ich auch keine. Aber bei dieser Jahreszeit ist das auch kein Wunder. Habt Dank... Noctal."
    Dann wandte er sich an den Alten.
    "Abgemacht, Lukar, ich nenne euch beim Namen. Und ich bin übrigens Radzinsky. Michail Radzinsky."
    Er steckte Holzstück und Tabak vorerst in eine seiner tiefen Taschen. Auch wenn das Verlangen schon groß war, würde er sich noch eine Weile gedulden müssen. Bevor er seinem Schaffensgeist freien Lauf lassen konnte, brauchte er noch ein Stück Weide. Aber davon wuchs hier keine. Da musste er sich wohl oder übel gedulden.

    "Schön, dass wir uns nun alle bekannt sind. Und nun folgt mir, immer nach Westen. Und ein bisschen nach Norden. Nicht viel, wir orientieren uns einfach an den Sternen."
    Er schaute empor und suchte den Polarstern. Zu dumm, dass der Himmel wolkenverhangen war.
    "Hm... tja, da müssen wir wohl warten."
    Doch die Wut über diese Worte war seinen beiden Begleitern deutlich anzusehen. Ja, Noctal Nomak hatte schon wieder den "Ich schlitz dich auf-Blick" aufgelegt. Radzinsky patschte sich mit einem lauten "Ach!" auf die Stirn. Fragende Blicke.
    "Wir müssen uns doch nur vom Wald entfernen. Mal sehen, das Schankhaus lag in dieser Richtung und es lag am Waldrand... dann geht es da lang", Radzinsky deutete in die entgegengesetzte Richtung, "Wir werden sicher bald schon das Meer rauschen hören. Es ist kein langer Weg, ich habe ihn schon im Bruchteil einer Stunde zurückgelegt. Aber seht euch bei den Waranen vor, die am Strand leben. Wir müssen uns ja nicht unnötig aufmerksam machen."

  3. Beiträge anzeigen #63
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Wenigstens nahm der Verrückte den Ast an und verlangte kein besseres Stück. Noctal wäre sowieso nicht noch einmal auf einen Baum gestiegen, nur, um einen Ast zu besorgen. Was wollte man auch damit? Nachdem Radzinsky angewiesen hat, den Sternen zu folgen und dabei erkannte, dass man keinerlei Sterne am Himmelsbett erkennen konnte, da der Himmel mit Wolken bedeckt war und der Schreihals meinte, dass sie warten müssten, platzte dem Verstossenen fast der Kragen. Noctal hielt es beinahe schon für einen schlechten Scherz. Er wollte nicht mehr länger warten, sondern endlich eine Unterkunft haben. Selbst, wenn es sich dabei nur um ein einfaches Fischerhaus handelte. Der Haarlose setzte seinen Blick auf. Wie immer, brauchte er keine Wörter um seinem Gegenüber mitzuteilen, dass er gar nicht zufrieden war, dass ihn die Wut packte und sein Blut so zum Kochen brachte. Noctal hatte wieder diesen Mörderblick aufgesetzt.
    Das sagte alles. Es sagte aus, dass er die Geduld verlor und am liebsten seinen Dolch gezogen hätte. So weit kam es aber nicht.
    Er konnte wieder runterkommen, da Radzinksy einen anderen Vorschlag machte. Sie mussten sich also nur vom Wald entfernen, dann würden sie bald schon an ihrem Ziel ankommen. Der Verrückte versprach auch, dass es kein langer Weg werden sollte, doch wer wusste schon, ob das auch stimmte?
    Bei dem Kerl war doch alles möglich. Nachher würden sie Tage durch die Wildnis laufen, nur, um danach wieder umzukehren, weil es der falsche Weg war.
    Noctal seufzte leise, kaum hörbar für die anderen. Hatte er denn eine andere Wahl? Wohl kaum. Er musste also diesem Verrückten folgen. Wenn sie ankommen, würde er vielleicht andere Möglichkeiten haben und könnte sich somit von der Gruppe trennen, aber zuerst musste er sich auf die Gruppe verlassen.
    Ohne zu sprechen, folgte Noctal ihnen und genoss dabei den kühlen Wind, der ihm entgegenkam. Nachdem es wieder spürbar kälter wurde, zog er seine Kapuze wieder weiter ins Gesicht. Das war angenehmer.

  4. Beiträge anzeigen #64
    Schwertmeister Avatar von Solveg
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    Solveg ist offline
    Es war an der Zeit zu gehen. Lange, viel zu lange hatte er diese Entscheidung hinausgezögert, nun jedoch stand unwiderruflich fest, dass er Stewark verlassen und nicht länger auf Lopadas' Rückkehr warten würde.
    Mindestens über Wochen hatte der Feuermagier ihn nun hier warten lassen, doch weder er selbst noch irgendeine Nachricht von ihm waren zurückgekommen. Ob er Solveg schlichtweg vergessen hatte oder ob ihm etwas dazwischen gekommen war, würde er durch längeres Warten wohl kaum noch erfahren und wenn er ehrlich war, interessierte ihn das inzwischen auch nicht mehr. Nicht, weil er wütend darüber war – ein wenig ungehalten war er natürlich schon –, sondern weil dieses Wissen nichts an der Tatsache selbst verändern würde.
    Und so allmählich hatte er Stewark dann auch satt. Zugegeben, er war weit entfernt von belastenden oder nervenden Menschen, die etwas von ihm wollten, und auch die Luft und die Aussicht waren sehr nett, beides gab es jedoch auch andernorts, wo er zudem aber auch noch produktiv oder zumindest konstruktiv sein konnte. Schwarzwasser stand schließlich noch auf der Liste seiner Reiseziele und eigentlich hatte er schon lange dort sein wollten. Eigentlich.
    Gemächlich, weil er jetzt ohnehin alle Zeit der Welt hatte, verließ Solveg die Stadt nun durch ihr einziges Tor. Die lange Felsbrücke, die die einzige Verbindung zum Festland darstellte, beeindruckte ihn einmal mehr, sodass er sich ein letztes Mal die Zeit nahm, von ihr hinab in die Tiefe zu schauen. Stalagmitenartige Felskeile zierten die Meeresoberfläche und die angrenzenden Steilwände. Wer hier herabstürzte und das Glück hatte, im Wasser zu landen, würde sich vermutlich nur kurz an dieser Tatsache erfreuen können, denn des Meer war wohl keineswegs so tief, dass es einen Sturz aus dieser Höhe unbeschadet lassen würde.
    Leise seufzend warf er nun einen letzten Blick auf die Stadt, ehe er sich der Insel zuwandte, um seine Weiterreise endlich anzutreten.

  5. Beiträge anzeigen #65
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline
    Nach einigen Hindernisse Michails, die für einen kurzen Moment wieder Noctals Mörderblick geweckt hatten, waren sie schließlich endlich unterwegs in Richtung Fischerdorf. Lukar trauerte seinem Tabak nach, lies es sich jedoch nicht anmerken und versuchte so gut es ging, ein aufmerksames Auge auf seine Umgebung zu haben. Er hatte nicht sonderlich Lust, den großen Echsen zu begegnen, die sich gerne am Strand herumtrieben. Zwar waren Warane und Lurker eher schwerfällige Tiere zu den Abenstunden, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein. Schwerfällig oder nicht, stark waren sie allemal.
    Bisher schien der Strand jedoch vergleichsweise leer und ruhig zu sein. Das monotone, beinahe hypnotisierende Geräusch der Wellen verfolgte sie auf jedem Schritt und auch der kühle Wind des Meeres pfiff der ungleichen Gruppe um die Ohren, aber ansonsten gab es nichts in der näheren Umgebung zu hören. Ab und zu hörte man es höchstens leise Knacken, wenn die edlen Stiefel Noctals eine Muschelschale zertrümmerten und die Reste in den Sand gedrückt wurden.
    Endlich war auch das Fischerdorf nach einiger Zeit in der Dunkelheit zu erkennen, wenn auch auch noch ein ganz schönes Stück entfernt war.
    "Ah sehr schön. Michail hat uns tatsächlich zu den Fischern geführt, statt uns mittels eines weiteren schwerwiegenden Falles von Gedächnissschwund in die nächste Bärenhöhle zu lotzen." Raunte Lukar dem stolzen Noctal zu und schnaubte zynisch. Er traute diesem Michail mit jeder Minute, die sie in seiner Nähe verbrachten, weniger. Den er war einer von diesen verrückten Menschen, deren Gedächnisskapriolen sie unberechenbar machten konnten.
    Dann schloss er mit einem großen Schritten zu dem Mann mit der Halbglatze auf. Eine Sache gab es nämlich noch zu klären.
    "Werden uns diese Fischer überhaupt gestatten, in ihren Hütten oder zumindest deren Nähe zu campieren? Ich will nicht von einer mit Fischen und Harpunen werfenden Meute verjagt werden, die uns für eine Bande umherziehender Banditen hält."

  6. Beiträge anzeigen #66
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    »Ich kann es auch kaum glauben, dass wir durch ihn das Fischerdorf erreicht haben«, sprach Noctal zynisch zu dem älteren Mann, der sich Lukar nannte.
    Sie hatten also endlich das Dorf erreicht. Das war ein Anfang in dieser rauen Gegend, denn irgendwo mussten sie schließlich unterkommen.
    Lukar hatte wohl Bedenken, dass die Fischer die Gruppe für plünderne Banditen halten könnten, aber sah die Gruppe wirklich so bedrohlich aus? Nicht wirklich.
    Es waren schließlich nur drei und gut bewaffnet waren sie auch nicht. Da brauchten selbst Fischer keine wirkliche Angst zu haben, auch, wenn Noctal lieber gefürchtet wurde, wenn sie aber dafür freundlich empfangen werden sollte, war es natürlich etwas Positives in ihrer Lage.
    Das Dorf war klein, überschaubar. Es war allerdings nichts los, denn es wurde dunkel oder war es, besser gesagt. Sie würden nur am Tage fischen gehen, nun war es zu dunkel und deswegen waren sie alle Daheim.
    Jetzt konnte man denken, dass man aufpassen musste. Es kamen sicherlich nicht oft Besucher an und dann auch nicht in der Dunkelheit. Hoffentlich würden sie heute noch in der Nähe gefahrlos unterkommen können und wenn nicht, dann hatten sie eben Pech gehabt. Das Leben war ja sowieso immer wieder unfair.
    Nachdem Lukar den Verrückten ansprach, konnte man weiter vorne eine Gestalt erblicken. Offensichtlich ein Fischer, wenn die Augen des Verstossenen ihn nicht täuschen wollten. Er kam ihnen entgegen und blieb schließlich vor ihnen stehen.
    »Ziemlich dunkel für einen Spaziergang, nicht wahr?«, sprach der fremde Fischer belustigend. Er hatte einen Vollbart und sein langes Haar ging ins Weisse über. Er trug eine Mütze, die typisch für einen Fischer war. Der Fremde schien aber freundlich gesinnt zu sein. Noctal hielt sich im Hintergrund, wahrscheinlich würden die anderen auf den Fischer reagieren wollen. Hoffentlich würde Michail es nicht durch seinen Wahnsinn wieder verderben, sonst würden sie wieder verscheucht werden und das wäre sicherlich nicht gut für die Nerven.

  7. Beiträge anzeigen #67
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline
    Radzinsky blieb stehen und reagierte auf Lukars letzte Bemerkung hin mit einem Silberblick und einer Stirn, die durch ihre Höhe in unfassbar viele Falten gelegt war. Fast hätte er seinen Respekt vor dem Alter vergessen und ihn angeschrien, wie er ihm so etwas zutrauen konnte, nach allem, was er für diese Landstreicher getan hatte. Und was er dachte, mit welchen Leuten sich Radzinsky abgab, als ob es Piraten waren. Um ehrlich zu sein hatte er seinen Respekt in dem Moment tatsächlich verloren, doch zum Glück für den Alten kam ihnen einer der Fischer dazwischen. Er war noch mindestens zehn Winter älter als Lukar und sein dichter, weißer Vollbart war der prächtigste, den Radzinsky kannte.
    "Michail, bist du das?", rief der Bärtige.
    "Pettersson!", Radzinsky hob erfreut die Arme und begrüßte den alten Seebären mit einer Umarmung.
    "Wie geht es euch?", fragte der Erfinder, "Das muss schon viele Monde her sein, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben."
    Der Alte legte den Kopf schief: "Du musst lauter sprechen, ich HÖRE doch nicht mehr so gut!"
    "ICH BIN FROH, EUCH ZU SEHEN!"
    "JAHA!", lärmte Pettersson zurück, "Und wen habt ihr da mitgebracht?!"
    "Oh, das sind...", Radzinsky überlegte. In welcher Beziehung stand er zu den beiden Reisenden eigentlich? Freunde waren sie sicher nicht, immerhin wollte er dem einen gerade erst den Marsch blasen und der andere zeigte immer wieder sehr deutlich, dass er mit den bösen Blicken, die er regelmäßig auf den Erfinder richtete, auch im Theater auftreten konnte.
    "Sie haben sich verlaufen, da lass ich sie doch nicht im Stich. Ich traf sie in der Taverne."
    "In welcher Kaserne?!"
    "TAVERNE! BEI MURDRA."
    "JAHA, schrei nicht so. Ich bin nur schwerhörig, nicht taub."
    Petterson führte die Gruppe zu den Hütten. Es war kein wirkliches Dorf, eher eine wilde Ansammlung von Bretterbuden. Radzinsky wusste gar nicht mehr, woher er die Gegend kannte. Das musste vor seiner Zeit in Stewark gewesen sein...

    "So", meinte der Alte zu Noctal und Lukar, "Ihr braucht also Fisch. Und was habt ihr zu verkaufen?"
    Geändert von Curt (06.02.2014 um 19:44 Uhr)

  8. Beiträge anzeigen #68
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Offensichtlich kannte der Verrückte diesen alten Fischer, wieso hätten sie sich denn sonst auch so begrüßt?
    So begrüßten sich nur enge Freunde. Noctal beobachtete das Treiben und hielt sich im Hintergrund, fast so, als wäre er hier nicht erwünscht. Das Gefühl hatte er jedenfalls. Wahrscheinlich fühlte sich auch der alte Lukar genauso, dass er hier eher unpassend war. Der Haarlose wich trotzdem keinen Schritt zurück.
    Sie waren nicht umsonst hier. Sie suchten ein Dach über dem Kopf und am besten genauso noch Lebensmittel, um wieder zu Kräften zu kommen.
    Es missfiel dem Haarlosen aber, dass Radzinsky so tat, als würde er sie nicht im Stich lassen, weil sie sich verlaufen hatten. Was für ein Unsinn, eine dreiste Lüge. Darüber konnte Noctal sich wieder aufregen, denn der Verrückte spielte sich als Helden auf, als jemand, der den Armen helfen würde.
    Dabei kamen sie nur in diese Situation, weil Michail zu sehr auf den Tisch in der Taverne gehauen hat. Metaphorisch gesprochen.
    Wäre er nicht an ihren Tisch gekommen, wäre das alles nicht passiert. Dann müssten sie auch nicht versuchen, eine Unterkunft bei armen Fischern zu bekommen. Schon jetzt trieb dem Verstossenen der Fischgeruch in die Nase, sodass er sofort versuchte, seinen Atem anzuhalten, um nicht zu erbrechen.
    Womit hatte er das alles nur verdient? Am liebsten wäre er nun in einem Gasthaus mit ordentlichem Essen, gutem Wein und feiner musikalischer Untermalung.
    Nun war er aber hier, in einem kleinen Fischerdorf. Da gab es nur stinkenden Fisch und eine ärmliche Unterkunft, wenn sie denn überhaupt hier übernachten durften. Mit Geld sollte es aber funktionieren.
    Der alte Fischer mit dem Vollbart fragte, was sie denn zu verkaufen hatten. Noctal hatte seinen Familienring. Es war ein Erbstück, sogar aus Obsidian. Dann wäre da noch sein Dolch, den er in seiner Kleidung versteckt hatte, da er es lieber hatte, wenn seine Gegenüber nicht wussten, dass er bewaffnet war.
    Ihm fiel auf, dass der alte Fischer, der Pettersson hieß, immer wieder Blicke auf den Ring des Verstossenen warf. Wenn er aber dachte, dass Noctal ihn für ein paar Fische herausgeben würde, irrte er sich da gewaltig. Niemals würde er ihn weggeben und wer auch nur mit dem Gedanken spielte, ihn Noctal wegzunehmen, so würde er seine letzten Atemzüge gemacht haben.
    Nun trat er nach vorne. Lukar schien noch zu warten, aber wenn, dann konnte auch Noctal sprechen.
    »Was ich zu verkaufen habe?«, fragte er rhetorisch. »Nichts.«
    Zwar kam es harsch und unfreundlich rüber, aber er wollte sofort verständlich machen, dass er seinen Ring nicht abgeben würde.
    »Dafür kann ich euch Gold bieten«, sagte er noch und händigte dem Fischer einen Sack voll Gold aus. Er nahm es entgegen, prüfte ihn indem er ihn mehrere Male hochhob, um zu erahnen, wie viel Goldmünzen es enthielt und nickte dann.
    »Allerdings ist das nicht nur für den Fisch, sondern auch für eine Unterkunft«, fügte Noctal hinzu.
    Auch dazu nickte der Fischer, allerdings zeigte er dann auf Lukar.
    »Und was wollt ihr bieten?«, fragte Pettersson den alten Lukar. Der Fischer hielt derweil den Sack voll Gold behutsam mit beiden Händen.

  9. Beiträge anzeigen #69
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline
    Lukars Augen weiterten sich gierig, als Noctal dem weißbärtigen Fischer einen Sack voll Gold für die unterkunft anbot. Wie viel Gold mochte dort wohl drinn sein? Für einen Fischer wie diesen musste es doch beinahe wie ein halbes Vermögen wirken! Doch der Fischer lies sich nichts anmerken und nickte nur zufrieden. Zudem wollte er nun wissen, was Lukar ihm gegen Kost und Logis anzubieten hatte. #
    Der ehenmalige Geschäftsmann seufzte unmerklich und trat nun seinerseits vor. So viel Gold wie Noctal hatte er bei weitem nicht mehr anzubieten, und selbst wenn er diese Menge bei sich gehabt hätte, so hätte er es nicht für eine Übernachtung in einem Fischerdorf abgegeben. Da würde er es lieber riskieren, in der Wildniss einen Platz zum schlafen zu finden. Doch dies war ja nun nicht der Fall. Langsam zog Lukar seinen leise Klippernden Geldbeutel vom Gürtel, öffnete die Schlaufe und lies die goldenen Scheiben auf seine Handfläche fallen.
    "Einst war ich ein fahrender Händler und hätte euch viele wertvolle Waren für euren mühevoll gefangenen Fisch angeboten."
    Versicherte er den Fischern. So ganz stimmte das natürlich nicht, wenn man wusste wie, konnte man Fischern ihren Fang für weit weniger abnehmen, als er eigentlich wert war. Das hatte auch Lukar gerne getan. Was ging es ihn an, wenn diese Menschen sich so leicht übervorteilen liesen?
    "Aber nun sind diese paar Goldmünzen alles, was wir von meinen Ersparnissen geblieben ist. Zudem führe ich noch dies mit mir mit."
    Er steckte den leeren Beutel in die Tasche und zog dafür seine alte Pfeife heraus. Sie war etwas, was er nur ungerne hergeben würde. Aber ohne Tabak war sie nichts Wert und eine Pfeife konnte man ebenso wie diesen neukaufen.... sobald das nötige Geld vorhanden war, versteht sich.
    Der Fischer zog eine Augenbraue abschätzend nach oben, diese Goldmenge schien ihn nicht sonderlich zufrieden zu stellen.
    "Dieser Ring dort!" Begann der Fischer und beäugte nun Lukars wertvolles Errinerungsstück ähnlich interesiert, wie eben den Ring Noctals.
    "Der steht nicht zur Debatte! Zudem ist er euch nicht das geringste Wert!" Erklärte Lukar nun deutlich schroff. Den noch immer gierigen Augen des Fischers zu urteilen, schien dieser das kaum glauben zu wollen. Auch huschten die Augen Pettersons immer wieder hinüber zu Noctals Ring, der wirklich viel Wert war.
    Lukar verstand durchaus, dass derart wohlhabende Gegenstände auf den Fischer wie ein Schatz wirkten. Doch das bestärkte sein Misstrauen nur noch mehr.
    "Also schön." Sagte Petterson schließlich, zu Lukars überraschung.
    "Das Gold und die Pfeife nehme ich. Und den Lederbeutel auch, bitteschön."
    Lukars untere Wange zuckte. Das hatte er eigentlich vermeiden wollen, doch nun gab es keinen Ausweg mehr, Den Fischer nicht aus den Augen lassend, zog er seinen Lederbeutel wieder heraus und reichte die Gegenstände dem Fischer.

  10. Beiträge anzeigen #70
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Es war recht viel Gold für ein wenig zu essen und eine Unterkunft, die sicherlich nur ein wenig besser war, als in der Wildnis zu campieren.
    Der alte Mann namens Lukar gab ein wenig Gold her und dazu noch seine Pfeife. Das war weitaus weniger als das, was Noctal abgegeben hatte. Dieser Radzinsky musste sicherlich gar nichts hergeben, da der Fischer und er gute Freunde zu sein schienen. Welcher Freund würde denn dann auch noch etwas für eine Unterkunft verlangen? Aus diesem Grund fragte er den Verrückten wohl auch nach nichts.
    Noctal hatte hoffentlich nicht zu viel ausgegeben, sonst würde er einfach sein Gold wieder zurücknehmen und sollte der alte Fischer ihn daran hindern wollen, so würde er den nächsten Tag nicht mehr miterleben. Das war natürlich nicht die feine Art, aber wenn Noctal sich so fühlen sollte, als wäre er betrogen worden, so würde er selbst bei einem alten armen Fischer keine Ausnahme machen und ihn mit seinem Dolch bedrohen und wenn nötig, auch töten.
    Pettersson hatte gleiches Interesse an dem Ring von Lukar, wie vorhin, als er die ganze Zeit den Ring von Noctal beäugt hatte. Wahrscheinlich wusste dieser Fischer nicht einmal, wie wertvoll Ringe sein konnten. Wie konnte er nur daran denken, dass man sie so einfach hergeben würde?
    Da es aber nur geklärt war und der alte Mann seine Bezahlung hatte, konnten sie ja nun endlich in seiner Hütte unterkommen.
    »Ihr habt eure Bezahlung. Wo werden wir unterkommen?«, fragte der Verstossene fordernd. Der alte Fischer wartete nicht lange und zeigte auf eine der Hütten. »Da ist meine Hütte. Geht nur hinein und fühlt euch wie Zuhause. Wenn ihr Hunger habt, wird meine Frau euch etwas kochen«, erzählte Pettersson.
    »Lasst euch aber nicht einfallen, etwas zu stehlen«, fügte der alte Mann mit dem Vollbart hinzu.
    Noctal ließ sich das nicht zweimal sagen und marschierte sofort auf die Hütte zu und betrat am Anschluss die kleine Hütte. Als er eintrat, ließ er seinen Blick schweifen. Es war so, wie er es sich vorgestellt hatte. Eine kleine Hütte, nichts Besonderes. Sehr ärmlich eingerichtet, aber wenigstens war es einigermaßen warm dort. Noctal war aber nicht alleine. Im Raum stand eine Frau, die schon recht alt war. Offensichtlich die Frau des Fischers.
    »Hallo«, begrüßte Noctal sie. Die alte Frau drehte sich zu ihm rüber. »Hallo. Was macht ihr hier?«, fragte sie anschließend etwas verwundert.
    »Ich habe mit Pettersson gesprochen. Er sagte mir, dass es okay sei, dass ich hier sein darf. Ich habe ihm Gold für Verpflegung und eine Unterkunft gegeben«, erwiderte er. Die Frau nickte nur stumm, sprach aber dann doch noch. »Also gut«, meinte sie nur. In ihrer Stimme lag Misstrauen.
    Wahrscheinlich hatte sie nicht oft Besuch und wenn, dann sicherlich nicht von jemanden, der vollkommen in Schwarz gekleidet war.

  11. Beiträge anzeigen #71
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Fischerdorf südlich von Stewark

    Auf einem Hügel nördlich des kleinen Fischerdorfes, von welchem man einen weiten Blick hinaus auf das schier endlose Meer genießen konnte, wuchs eine einzelne große Weide, deren lange, dürre Äste bereits erste Knospen trug. Der Frühling schien schon wieder vor der Tür zu stehen, dabei hatte der Winter das Land in diesem Jahr noch sehr verschont.

    Radzinsky erinnerte sich an diesen Ort, als wäre er erst gestern hier gewesen. Ein Gefühl der Idylle und Heimatliebe überkam ihn, während er von der Weide einige Äste abtrennte. Er lehnte sich an den Baum und ließ das Rauschen der Wellen auf sich wirken. Dabei begann er, mit seinem Universalmesser die Äste in kleinere Stücke zu schneiden und sie von ihrer Rinde zu befreien. Er konnte schon von Weitem hören, wie sich der alte Petterssen näherte. In seinem Wams klapperten viele kleine Goldstücke, die er den beiden Reisenden abgenommen hatte.
    "Fast so wie früher, was?", meinte der Alte mit einem heiseren Lachen und setzte sich dazu. Radzinsky nickte. Das verstand er am besten. Er wollte jetzt nur ungern gegen das Tosen der Wellen anschreien, damit Pettersson ihn verstand.
    Der Fischer packte das Geld aus und reichte Radzinsky die Hälfte. Das hatten sie früher schon öfter gemacht: Fremde aus der Gegend ins Dorf gelockt und sie für horrende Preise bei sich übernachten lassen. Radzinsky war immer derjenige gewesen, der die Leute "unerwartet" von ihrem eigentlichen Ziel abbrachte und ihnen anbot, bei den Fischern zu schlafen. Das war zur Zeit der großen Flüchtlingswelle ein lukratives Geschäft. Doch es hatte ihn nie gänzlich erfüllt, seinen Geist nicht genug gefördert, daher hatte er irgendwann die Fischer verlassen und sich ein Haus in Thorniara gekauft. So langsam tauchten all die Erinnerungen wieder auf und das tat ihm gut.

    "Was machst du da?", wollte der Alte wissen.
    "Basteln."
    "HÄ!?"
    Radzinsky holte das Kirschholz aus seiner Tasche und hielt den Korpus und einen der Weidenäste aneinander. Dann deutete er ein tiefes Ein- und Ausatmen an.
    "Eine Pfeife?!"
    Radzinsky nickte.
    "Du bastelst dir also eine Pfeife. Haha, stell dir vor", er zückte aus seiner Tasche die Pfeife, die eindeutig Lukar gehört hatte. Michail grinste. Dieses alte Schlitzohr. Er steckte sein Werkzeug weg und kramte stattdessen dem Tabak heraus, der auch Lukar gehört hatte. Gemeinsam wechselten sie sich ab und rauchten bis Pettersson einen schweren Hustenanfall hatte. Das Alter zehrte schon heftig an seinem Körper, das zeigte sich in solchen Augenblicken als traurige Wahrheit. Als er sich langsam wieder gefangen hatte, drückte er Radzinsky die Pfeife in die Hand.
    "Nimm du sie", wieder hustete er, "Ich vertrage das nicht mehr."
    So steckte er die Pfeife eben auch noch ein und half dem Alten hoch.
    "Wir sollten etwas ESSEN."
    "Oh ja", Pettersson klopfte sich auf den Bauch, "Emma hat Fischsuppe gemacht."

  12. Beiträge anzeigen #72
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    Noctal ist offline
    Da musste er wohl auf Fleisch verzichten. Es gab heute Fischsuppe zu essen. Widerlich, wie der Verstossene fand.
    Aber um überhaupt etwas im Magen zu haben, beschloss er, dem Essen doch eine Chance zu geben, auch, wenn ihm mulmig dabei war, da die Hütte heruntergekommen war und hygienisch auch nicht einwandfrei war. Das Geld, was er dafür abgegeben hatte, war definitiv zu viel gewesen.
    Innerlich machte sich eine Vermutung breit, dass er über das Ohr gehauen wurde, von diesem alten Mann.
    In Gedanken versunken überlegte sich Noctal schon einen Plan, wie er es ihm heimzahlen konnte, denn wenn er schon das Gefühl hatte, musste er es lindern.
    Er würde nicht akzeptieren von einem alten Mann betrogen zu werden und diese Fischsuppe schmeckte ihm auch nicht. Fisch war ja sowieso nie seine Leibspeise und dazu gab es nicht einmal einen Wein. Nur diese Suppe und etwas Wasser und selbst das schmeckte komisch.
    Wie konnten diese Menschen nur hier leben? Da war das Leben in einer Stadt viel besser. Irgendwie musste Noctal weiter und selbst, wenn es in der Dunkelheit sein sollte. Vielleicht hatte er auch eine Chance, alleine weiterzuwandern. Dann hätte er kein Anhängsel mehr und wäre so viel schneller unterwegs.
    Die Frage, wieso er überhaupt mit dem alten Mann und dem Verrückten gereist war, schoss ihm mehrere Male durch den Kopf. Wahrscheinlich fühlte er sich sicherer, mit weiteren Personen zu wandern, aber die beiden sahen nicht so aus, als könnten sie sich verteidigen. In den letzten Tagen sah er sie mehr als Ballast an, das vollkommen unnötig war. Lukar wusste nicht mal so viel über die Insel und zwar war Michail besser informiert, weil er scheinbar hier schon länger lebte, war aber verrückt und deshalb nicht jemand, dem man vertrauen konnte.
    Eines war aber sicher: Wenn er alleine weiterziehen sollte, würde er sich wieder besser fühlen. Das wusste er einfach und er wusste auch, dass er irgendwie weiterkommen würde. Das hatte er immerhin schon immer geschafft und er hatte auch keine Lust mehr, von einem Verrückten geführt zu werden.
    Stumm aß er seine Suppe weiter, auch, wenn sie ihm überhaupt nicht schmeckte. Es lag aber eher daran, dass er besseren Fisch gewohnt war. Den anderen schien es aber zu munden, wenn er ihre zufriedenen Gesichter erblickte.
    Noctal würde aber abwarten und sobald der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er verschwinden, bei Nacht und Nebel.

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    Es war schon längst nach Mitternacht, ideal, um den Plan auszuführen, den Noctal sich ausgedacht hatte.
    Er wurde das Gefühl nicht los, dass er soeben betrogen wurde und das von einem alten gierigen Fischer, der so naiv war, den Haarlosen in sein Haus zu lassen.
    Das war sein fataler Fehler, den er gemacht hatte. Er hatte nur das Gold im Sinn und ließ deshalb einen kaltblütigen Mörder in sein Haus.
    Man könnte meinen, dass alte Menschen weise waren.
    Sie würden einen unbekannten zwielichtigen Fremden niemals ins Haus lassen, auch nicht für so viel Gold, aber dieser hier, war so gierig nach dem Gold, dass er darüber hinweg sah.
    Nun lag Noctal mit den anderen in einem Zimmer. Alle schliefen tief und fest und wahrscheinlich würde selbst ein Sturm sie nicht aufwecken können.
    Doch nur der Verstossene war noch wach. In der ganzen Zeit hatte er nur mit einem Auge offen geschlafen, um nicht zu verschlafen, denn dann könnte er seinen Plan nicht mehr in die Tat umsetzen.
    Ihm war vor einiger Zeit nicht entgangen, dass der alte Fischer den Goldsack, den er Noctal abgenommen hatte, in einen Schrank gelegt und abgeschlossen hatte. Das Schloss war allerdings nicht gerade sicher, denn es war offensichtlich verrostet.
    Ein weiterer Fehler vom gierigen Fischer. Hätte er ein neues Schloss gehabt, wäre er auf der sicheren Seite gewesen, doch stattdessen gierte er nach Gold oder hatte andere Gründe, sich kein neues Schloss zu kaufen.
    Noctal stand leise auf und verließ den Raum mit den ganzen Schlafenden. Er durfte dabei keinen wecken. Im Raum nebenan war der Schrank.
    Sogleich betrat er den Raum und sah sich den Schrank genauer an. Er war alt, aber noch robust. Was brachte aber das, wenn das Schloss zum Scheitern verurteilt war?
    Hätte der Alte ein ordentliches Schloss gehabt, könnte Noctal es nicht knacken, da er keinerlei Erfahrungen mit dem Knacken von Schlössern hatte, aber hier musste er nur ein wenig brachiale Gewalt ausüben.
    Der Verstossene nahm das Schloss in die Hand und setzte seine Kraft ein. Er zog mehrere Male daran und mit einem weiteren Ruck hatte er das kaputte Schloss in der Hand.
    Das ließ er auf den Boden sinken, damit es keinen Lärm machte. Es erwachte niemand, jedenfalls kam niemand herein.
    Nachdem er den Schrank geöffnet hatte, sah er hinein und stellte etwas fest. Es war nicht nur der Goldsack von ihm zu sehen, sondern auch noch ein weiterer Sack voll Gold.
    Der war aber praller gefüllt als seiner. Mit Sicherheit waren es die gesamten Ersparnisse des alten Fischers. Noctal holte seinen Goldsack heraus und erahnte an seinem Gewicht, dass viel weniger Gold enthalten war.
    Er konnte auch feststellen, dass es auf jeden Fall seiner war, denn das konnte er am Leder erkennen. Wahrscheinlich hatte Pettersson seinem Freund Michail etwas abgegeben oder der Fischer hatte den anderen Teil des Goldes irgendwo versteckt.
    Noctal steckte seinen Goldsack sofort ein, denn wenn der alte Fischer dachte, er hätte Noctal über den Tisch gezogen, so würde er nach seinem Erwachen feststellen, dass nicht er Noctal übers Ohr gehauen hatte, sondern Noctal ihn übers Ohr gehauen hatte.
    Der Verstossene nahm nun seinen Dolch behutsam in die Hand und schnitt den anderen Goldsack vorsichtig auf. Dann packte er mit einer Hand in den Beutel und holte alle Goldmünzen heraus, die im Sack waren. Er steckte sie alle in seine Taschen, aber so, dass niemand das Klimpern hören konnte. Im Schrank lag nun nur noch einzig und allein ein kaputter und leerer Lederbeutel. Er grinste breit, nachdem das erledigt war, denn eines musste man immer beachten: Man durfte niemals einem Nomak vertrauen.
    Man würde es früher oder später bereuen, es sei denn, man konnte sich wirklich als Freund dazuzählen. Dieser alte Fischer war aber kein Freund und dazu wollte er Noctal auch noch hereinlegen. Das hätte er nicht versuchen dürfen.
    Zwar war ungefähr nur noch die Hälfte im Goldsack gewesen, den er vorher dem Fischer ausgehändigt und nun wieder im Besitz hatte, hatte aber nun noch einen Goldsack, der sogar mehr Goldmünzen enthielt, als der von Noctal zu der Zeit, als der Sack noch so viele Münzen enthielt, wie vorher. Das bedeutete, dass Noctal nun mehr Gold hatte, als am Anfang seiner Reise. Im Prinzip konnte man also sagen, dass er dafür bezahlt wurde, in dieser Bruchbude zu übernachten und Fischsuppe zu essen.
    Er entfernte sich nun vom Schrank und wollte gerade gehen, da fiel ihm noch etwas auf. Eine Karte lag auf dem kleinen Tisch. Sie hatte überall Flecken, aber man konnte einigermassen etwas erkennen. Die konnte Noctal gut gebrauchen, weshalb er sie faltete und im Anschluss einsteckte. Ruhig öffnete er die Türe und trat heraus. Mit Ruhe schloss er sie wieder und verschwand dann geschwind im Schutze der Dunkelheit.
    Sie konnten versuchen, ihm zu folgen, aber das würde nichts bringen. Noctal war schnell und durch die Karte wusste er nun auch, wohin er gehen konnte.
    Dazu kam es noch, dass die anderen sowieso noch tief schliefen. Sollten sie am nächsten Tag aufwachen, wäre der Verstossene schon über alle Berge gewesen.
    Er grinste wieder breit, als er daran dachte, wie wohl der alte Fischer am Morgen reagieren würde, wenn all sein Gold nicht mehr im Schrank war, weil es gestohlen wurde. Das Grinsen wurde breiter, bis Noctal anfing, hämisch zu lachen. Sein simpler Plan hatte gut funktioniert.
    Er bezahlte für Verpflegung und Unterkunft und dabei kam er mit mehr Gold heraus, als er vorher am Anfang seiner Reise eigentlich hatte und selbst wenn der Fischer noch irgendwo Gold haben sollte, wäre es Noctal egal, denn er hatte nun immerhin mehr Gold, als vorher, dazu kam es noch, dass er den Fischer erheblich ärmer gemacht hatte und dies genügte dem Haarlosen als Rache.
    Das Gesicht des Fischers hätte er aber wirklich gerne gesehen, aber er musste weiter und er wollte keine Zeit verlieren.

  14. Beiträge anzeigen #74
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Endlich hatte der dunkle Wanderer wieder ein gutes Gefühl.
    Er war wieder alleine unterwegs und das machte ihn zufrieden. Kein Verrückter mehr und auch nicht der alte Mann, der neugierig war.
    Nun so schlimm war er nicht einmal. Auf der Reise war er dann doch nicht mehr so neugierig, aber der Verrückte strapazierte die Nerven des Haarlosen zu tiefst.
    Da war es gut, dass er nun alleine war. Nun hatte er sogar eine Karte, die zwar überall stark befleckt war, aber dafür den Weg weisen konnte.
    Leider konnte man vieles nicht erkennen, aber dafür wenigstens das Wichtigste, denn wie es aussah, gab es weiter im Westen eine große Stadt und dies sollte das Ziel des Wandernden werden. Dazu musste er allerdings durch einen Wald, aber das machte ihm nichts aus. Bald würde er wieder in einer Zivilisation sein und müsste sich nicht mehr von widerlicher Fischsuppe ernähren.
    Dann würde er auch endlich die Antworten auf seine Fragen erhalten, nach denen er die ganze Zeit suchte. Doch der Weg war lang und er konnte nicht die ganze Nacht reisen, obwohl, doch das konnte er. Bei den Fischern fand er ein wenig Schlaf und diese Erholung sollte ihm zu Gute bei dieser Reise kommen.
    Durch die Fischsuppe war er auch gesättigt. Es machte ihm also nichts aus, bei Nacht zu reisen und wenn er mit seiner Geschwindigkeit so weiter machte, würde er bald in dieser besagten Stadt ankommen. Probleme könnten sich allerdings noch einschleichen. Das war ihm bewusst, aber die würde er überwinden.
    Noctal hatte die Karte mittlerweile wieder eingepackt. In der Stadt könnte er sich eine Richtige kaufen. Das Geld hatte er immerhin.
    Sein Grinsen war wieder zu sehen. Der alte närrische Fischer hätte ihm nun mal nicht vertrauen dürfen. Vielleicht würde er ja aus seinen Fehlern lernen.

  15. Beiträge anzeigen #75
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Am Tag davor wurde Noctal dann doch noch müde und legte sich für eine Weile schlafen. Es war nicht einmal so schlimm, wie er gedacht hatte, da seine Kleidung Schutz vor der Kälte bot und der Baum, unter dem er geschlafen hatte, auch den Wind von einer Seite abwehrte.
    In der Früh stand er dann wieder auf und machte sich bereit, um weiterzureisen. Er hatte schon eine recht große Strecke zurückgelegt. Unterwegs nahm er dann die ganzen Goldmünzen, die er gestohlen hatte und legte sie alle in seinen Geldbeutel, denn es war alles andere als gemütlich, überall in den Taschen Goldmünzen zu haben, zudem klimperte es manchmal, was ihn störte. Es war am vorigen Tag immerhin nur Improvisation, dass er all die Goldmünzen in seine Taschen gesteckt hatte. Er musste nun mal schnell sein und da war keine Zeit dafür, dass er alles ordentlich in den Geldbeutel stopfte.
    Nun hatte er aber all das Gold in den Geldbeutel gelegt. Jetzt gab es keine klimpernden Geräusche mehr und das war auch gut so. Mittlerweile hatte er sogar einen recht großen Wald erreicht. Es schien alles still zu sein. Zwar sah er öfters mal einige Scavenger, die auf dem Boden herumpickten und sich ansonsten weit von ihm entfernt befanden, sodass es keine Bedrohung war und auch konnte er einmal einen Rudel Wölfe erspähen, denen er am besten nicht zu nahe kam, sonst würde er sterben, denn mit einem Dolch gegen mehrere Wölfe anzukämpfen, war sicherlich nicht einfach.
    Noctal stand stand still, als er in der Ferne etwas entdeckte. Eine kleine Siedlung war es, sogar mit einer Palisade. Dort könnte er vielleicht ein wenig Proviant kaufen, weshalb er sofort darauf zu marschierte. Er war sich jetzt schon sicher, dass er dort mehr bekommen würde, als nur Fischsuppe.
    Dann hätte er endlich wieder etwas Ordentliches im Magen, aber selbst wenn ihm niemand etwas verkaufen würde, wäre es nicht so schlimm, denn einzig und allein die Tatsache, dass er eine kleine Siedlung entdeckt hatte, bedeutete, dass er dort Informationen bekommen könnte.

  16. Beiträge anzeigen #76
    Waldläufer Avatar von Noctal
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    Noctal ist offline
    Immer näher kam er der kleinen Siedlung, die von einer Palisade geschützt war.
    Als er auch ein paar Menschen zu Gesicht bekam, sah er auch bewaffnete Soldaten, die offensichtlich für den Schutz verantwortlich war, allerdings fiel Noctal sofort etwas auf: Die Soldaten trugen die Farben Rhobars. Es war der König von Myrtana und man sagte auch, dass er von Innos erwählt wurde.
    Das hieß, dass diese Soldaten auf seiner Seite standen und damit Anhänger von Innos waren und selbst wenn sie den Glauben Innos nicht teilten, waren sie immer noch Soldaten von Rhobar und damit Feinde von Noctal, denn wer mit dem Feind im Bunde war, war ein Feind.
    Im Königreich, in dem Noctal lebte, war Rhobar eher unbekannt, aber er las von ihm. Doch zum Glück war Argaan ganz anders als seine Heimat. Dort kannte man ihn nicht und deshalb würde er auch nicht erkannt werden. Er stand also auf der sicheren Seite und musste sich nicht vor den Truppen Innos verstecken.
    Sein Hass blühte aber wieder auf. Der Gesichtsausdruck sprach tausende Wörter, wie sehr er sie verabscheute, wie sehr er sie hasste. Er musste sich aber zusammenreißen und das konnte er auch. Chancen im Kampf hatte er keine, nicht mal einen Hauch einer Chance. Als die Soldaten ihn entdecken, sprachen sie seltsamerweise keine Wörter. Höchstwahrscheinlich sahen sie in Noctal keine Bedrohung, weshalb er passieren durfte und obwohl sie Feinde waren, würde er sich hier für eine Weile sicher fühlen.
    Er nahm einen Holzfäller in Augenschein. Ihn würde er seine Fragen stellen können, um hoffentlich Antworten zu bekommen.
    »Ich grüße euch«, grüßte der Verstossene. »Hallo. Seid ihr neu hier?«, erwiderte freundlich der Holzfäller.
    »Ja, woher wisst ihr das?«, fragte dann Noctal etwas verwundert. Der Holzfäller lächelte. »Ich sehe sofort, wer nicht von hierher kommt. Was führt euch zu dieser Siedlung, Fremder?«
    Noctal brauchte keinerlei Lügen zu verbreiten. Was brachte das auch hier? Er würde einfach sagen, wieso er hergekommen war.
    »Ich suche eine Stadt, die hier in der Nähe sein sollte. Wisst ihr etwas darüber?«
    Der fremde Mann ließ kurz ab von seiner Arbeit. Nun konnte Noctal auch sein Gesicht sehen. Ein buschiger Vollbart hatte der Holzfäller. Er war etwas dicklich im Gesicht, aber dennoch kräftig. Ein echter Muskelberg.
    »Dann meint ihr Thorniara?«, fragte der Holzfäller kurz. »Geht einfach diesen Weg dort entlang. Irgendwann werdet ihr auf die Stadt schon stoßen.«
    Der kräftige Mann zeigte dabei in eine Richtung, in der die Stadt liegen sollte. Noctal nickte daraufhin.
    »Habt Dank«, bedankte er sich. Der Holzfäller lächelte nur. »Kein Problem und viel Glück noch«, sprach der Muskelberg.
    Noctal verließ sogleich die kleine Siedlung und brach in die Richtung auf, in der die Stadt namens Thorniara liegen sollte. Bald würde er wieder eine richtige Stadt zu Gesicht bekommen. Es war bald soweit.

  17. Beiträge anzeigen #77
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline
    Unsanft wurde Lukar aus dem Schlaf gerissen. Noch schlaftrunken und mit verschwommener Sicht fuhr er aus dem schäbigen Bett auf und starre die Person an, die ihn so grob und unverschähmt geweckt hatte. Es war dem dichten, schneeweißem Bart nachzuurteilen der Fischer Petterson, der seinen Schlaf gestört hatte. Sofort war der ehemalige Geschäftsmann hellwach, die blanke Wut kroch in ihm auf. Zwar hatte er verglichen mit diesem Noctal weitaus weniger Gold für diese erbärmliche Unterkunft und das gewöhnungsbedürftige Essen hergegeben, doch für einen Fischer wie Petterson war es beinahe ein Vermögen gewessen.
    Die Pfeife und seinen Lederbeutel nicht zu vergessen. Und nun lies ihn dieser Mann, den er so unverdient teuer bezahlt hatte, nicht einmal ausschlafen! Lukar fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, erhob sich gänzlich und wollte sich schon beschweren, doch Petterson kam ihm deutlich zuvor. Die Falten im Gesicht des Fischers waren zu wahren Schluchten geworden und sein Gesicht glich einer überreifen Tomate.
    "DU...... DU BASTART!" Schrie Petterson aus ganzer Kehle und sein Gesicht verfärbte sich für einen Augenblick beinahe violett.
    Er schwänkte einen leeren Geldbeutel herum, den jemand zerschnitten hatte. Etwas dämmerte Lukar. Suchend er sich in der Hütte des Fischers um, tatsächlich, Noctal Nomak hatte sich aus dem Staub gemacht und scheinbar das Gold des Fischers mitgehen lassen. Nur Petterson und seine Frau waren anwesend, wo der Verrückte sich grade herumtrieb wusste er nicht zu sagen.
    "DAS WAR EIN ABGEKARTETES SPIEL! ERST FÜR DIE UNTERKUNFT BEZAHLEN, ABER DANACH MIT DEM GOLD DES GASTGEBERS ABHAUEN, NICHT WAHR? DAS WAR EUER PLAN!" Damit war Lukars Vermutung bestättigt und eine gewisse Genugtuung stieg in ihm auf. Zwar war auch nun sein Gold in den Händen dieses Noctal, aber das war ihm deutlich lieber, als das es dieser Fischer behielt. Doch nun musste er sich wohl zuerst aus der Affäre winden...
    "Wie ihr sehe könnt, bin ich noch hier! Wie könnt ihr da vermuten, dass dieser Mann mein Komplize war?" Erwiederte Lukar so gelassen wie es ihm möglich war.
    "RED KEINEN UNSINN! ZWEI FREMDE, BEIDE NICHT AUS DER GEGEND UND DENNOCH ZIEHEN SIE ZUSAMMEN DURCH DIE GEGEND! SO LEICHT KANNST DU MIR NICHTS VORMACHEN!" Der kaputte Beutel landete, vor Wut und Zorn geworfen, in der Ecke der Hütte.
    "Ich kann es mir schon denken!" Sagte Petterson nun etwas leiser. "Er war euer Freund, Partner, Komplize oder was auch immer, aber die Menge an Gold, die er fand lies ihn wohl alle freundschaftlichen Bande brechen und er hat euch zurückgelassen." Der Fischer spuckte aus. "Ganz nach Langfingerart eben! Aber ob euch euer Freund nun verraten hat und ihr den ganzen Schaden habt, tut nichts zu Sache, so leicht lasse ich euch so oder so nicht hier weg, damit das klar ist."
    Der Glatzkopf fuhr sich zuerst mit der rechten Hand über den Schnauzbart und legte die Hand dann langsam hinunter auf den Griff des Dolches, den er versteckt unter seinem Wams trug. Doch er bekam Skrupel. Der Fischer war zwar alt, aber nicht unbedingt schwach und rechnete bestimmt mit Widerstand. Allerdings gab es auch noch einen anderen Weg...
    "Was wollt ihr? Meinen Ring?"
    Der Fischer nickte. "Gebt ihn mir, und ich lasse euch vielleicht laufen!"
    Lukar schnaubte bitter. "Ich sagte bereits, er ist nichts wert."
    "Das besteht nicht zur Debatte." Erwiederte Petterson nachäffend. "Gebt ihn mir."
    Der Händler nahm die Hand vom Dolchgriff, zog den Ring mit der linken Hand vom Ringfinger und warf dem Fischer das Schmuckstück zu. Petterson fing den Ring auf, doch als er seine Aufmerksamkeit wieder auf Lukar richtete, weiterten sich seine Augen vor Schreck. Der ehemalige händer stand hinter seiner Frau, den Dolch an deren Kehle gelegt.
    Die Wut und das Selbstbewusstsein in seinem Gesicht schwanden. "Emma!" Flüsterte Petterson angsterfüllt.
    Lukar sah den Fischer kaltblütig an. "Schön! Und nun zu dem was ihr für mich tun könnt, damit ich SIE laufen lasse!"
    Er forderte die alte Frau mit einem Rempler dzau auf, einen Schritt nach vorne zu machen.
    "Leg den Ring da hin wo du grade stehst! Und meine Pfeife ebenfalls!" Verlangte Lukar barsch. Als Petterson zögerte, griff er mit der freien Hand nach dem Haupthaar der alten Frau und zog ihren Kopf etwas nach hinten. Diese schrie erschrocken auf. "Wirds bald?!" Verlangte Lukar.
    Petterson hob beschwichtigend die Arme. "Ist ja gut! Ist ja gut! Aber eure Pfeife habe ich nicht mehr, die hat Michail." Sagte er mit sorgenvoller Stimme und legte den Ring auf dem Bretterboden ab.
    "Fein. Und nun gehst du aus der Hütte, bis zu eurem Steg. Sobald du uns Wasser gesprungen bist, lasse ich deine Frau frei. Und wage es nicht, um Hilfe zu rufen!"
    Petterson sah verzweifelt in die Augen seiner Frau, er schien nicht wirklich zu glauben, dass Lukar sie am Leben lassen würde.
    "Ich habe kein Verlangen danach, jemanden zu schaden. Tu was ich dir sage und niemanden hier geschieht etwas." Erklärte Lukar ehrlich.
    Kopfschüttelnd machte Petterson zwei Schritte zur Tür hinaus, dann drehte er sich um und rannte so schnell wie ihn seine alten Beine trugen über den Steg. Das reichte Lukar. Er nahm den Dolch von der Kehle der alten Frau, stieß sie beiseite und rannte in Richtung Tür. Eilig griff er nach seinem Eigentum, verstaubte den Ring vorerst in seiner Jackentasche und rannte dann weiter. Petterson, der noch auf dem Steg stand, hastete sofort wieder zurück in Richtung Haus: Lies Lukar jedoch ziehen und machte isch nur noch Gedanken um seine Frau. Dennoch behielt Lukar sein Lauftempo bei. Wohlmöglich würde der Fischer diese Erpessung nicht auf sich sitzen lassen und Lukar verfolgen, sobald er sah, dass es seiner Frau soweit gut ging. Erst als seine Beine vor Erschöpfung zu Schmerzen begannen, blieb Lukar keuchend stehen, steckte seinen Dolch weg und stütze seine Hände auf die Knie. Ein Blick zurück verriet ihm, dass ihm niemand folgte. Noch nicht.
    Geändert von Lukar (08.02.2014 um 21:12 Uhr)

  18. Beiträge anzeigen #78
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Fischerdorf südlich von Stewark

    Beim Abendessen herrschte eine bedrückende Stimmung. Die Geschehnisse des letzten Tages lagen wie ein Schleier der Ohnmacht über dem alten Ehepaar. Radzinsky hatte von dem ganzen Trubel nichts mitbekommen gehabt. Er war früh aufgestanden und mit dem Kahn zum Angeln raus gefahren, denn er wollte sich mit einem guten Fang bei seinen alten Bekannten für ihre Gastfreundschaft bedanken. Da hatte er sich auch nichts gedacht, als er Noctal vor Sonnenaufgang nicht mehr im Zimmer gesehen hatte.
    'Der Bursche scheint ein Freund der Nacht zu sein', hatte er gedacht, 'vermutlich ist er auf einem Spaziergang.'
    Doch als Radzinsky - wenig erfolgreich - von seinem Ausflug zurückgekehrt war, waren die beiden Alten am Boden zerstört. Nicht nur Noctal war weg, auch Lukar hatte sie verlassen. Sie waren verschwunden und hatten die gesamten Ersparnisse des alten Ehepaars mitgehen lassen. Lukar soll sie sogar mit einem Messer bedroht haben. Das hätte Radzinsky dem alten Geschäftsmann gar nicht zugetraut aber da zeigte sich auch wieder, dass er keine Menschenkenntnis besaß. Früher waren die Ersparnisse aber auch besser behütet.

    "Wenigstens haben sie dich nicht ausgenommen", sagte Pettersson säuerlich und stach lustlos in seinem Essen herum. Zwei winzige Fische und etwas Sauerkraut mussten sich die drei teilen, keine sonderlich gehaltvolle, geschweige denn sättigende Mahlzeit.
    "Ich bin untröstlich", antwortete der Erfinder mit einem Seufzen und kramte in seiner Tasche nach dem Geldbeutel. Bei ihm war noch alles da, das lag nicht zuletzt daran, dass er auf sein weniges Hab und Gut mit Argusaugen achtete. Er zählte sich eine Hand voll Münzen ab, die wieder in seine Tasche glitten, den Rest schob er über den Tisch.
    "Das ist das Mindeste...", sprach er.
    "Oh ja, das ist es", antwortete Emma und schnappte sich den Beutel, ehe ihr Mann reagieren konnte, "Ich habe euch schon vor Monaten gesagt, dass wir dieses üble Spiel nicht mehr mitspielen. Doch ihr beiden Dickköpfe habt es nicht anders verdient, als auf die harte Tour zu lernen. Diesmal ist es zu weit gegangen!"
    Sie stand so energisch auf, dass ihr Stuhl umfiel und der Tisch dabei fast mit.
    "Emmchen?!", der alte Pettersson hatte sie sicher kaum verstanden. Doch man sah ihr auch ohne Worte an, dass sie tief erschüttert war. Darüber, dass sie als Geisel genommen wurde bestimmt. Wutentbrannt verschwand sie im Schlafzimmer und donnerte die Tür hinter sich zu. Radzinsky wechselte fragende Blicke mit seinem alten Freund. Dieser atmete tief aus.
    "Es wäre besser, wenn du auch gehst."
    "Jetzt!?", es war schon viel zu spät, um noch durch die Wildnis zu streifen.
    "Morgen früh", grummelte Pettersson, "Aber bitte... schlaf drüben im Bootshaus. Ich gebe dir ein paar Decken."

  19. Beiträge anzeigen #79
    Waldläufer Avatar von Radzinsky
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    Radzinsky ist offline

    Fischerdorf südlich von Stewark

    Radzinsky war gerade dabei, seine sieben Sachen zu packen und sich auf eine Reise ins Ungewisse zu begeben, da fing ihn sein alter Freund Pettersson noch einmal am Bootshaus ab. Völlig atemlos mühte sich der Alte durch den Sand und hechelte dabei wie ein übergewichtiger Köter.
    "Michail... so warte doch...", Pettersson winkte mit beiden Armen und verlor fast das Gleichgewicht. Radzinsky kam ihm mit einem schwachen Lächeln entgegen.
    "Kommst du, um dich bei mir zu verabschieden?"
    "HÄ!?"
    Radzinsky seufzte und rief lauter: "ICH WOLLTE GERADE ABREISEN!"
    "Jaha!", erwiderte der Alte, "Ich will dir noch etwas schenken."
    Der Erfinder hob ablehnend die Hände. Er hatte seinem alten Freund diesen Ärger eingebrockt und ihm dafür sein Gold gegeben. Aus seiner Sicht waren sie quitt. Aber Pettersson packte ihn am Oberarm und zerrte den dürren Michail in Richtung Bootshaus. Radzinsky hatte die Nacht hier zwischen zwei alten Ruderbooten verbracht, die über Winter nicht im Einsatz waren. Aber dem Winter ging unlängst die Puste aus.
    Pettersson legte die Hand auf einen der Kähne: "Nimm die Viking, sie gehört dir."
    "Ein BOOT!?", Radzinsky war baff, "Wie stellst du dir das vor? Ich kann damit doch gar nicht ins Landesinnere."
    Der Fischer schüttelte den Kopf: "Sollst du auch gar nicht. Damit fährst du direkt nach Thorniara. Immer an der Küste entlang. Das ist viel sicherer als der Landweg. Du musst nur bei den Steilküsten rings um Stewark auf der Hut sein. Aber du bist ja früher schon mitgefahren, ich traue dir das zu."
    Radzinsky betrachtete ehrfürchtig seine neue, kleine Nussschale. Die Viking maß vielleicht drei Schritt und ließ sich wirklich von einem Einzelnen steuern. Zwei Ruder lagen auch darin, genau wie eine Angel und Netze.
    "Ich weiß nicht, was ich sagen soll... DANKE!"
    "Hilf mir, es ins Wasser zu tragen."

    Gesagt, getan. Die See war heute relativ ruhig und Radzinsky saß schon nach wenigen Augenblicken in seinem eigenen Boot und ruderte die Küste entlang, immer in Richtung Norden. Am Strand stand der alte Pettersson und winkte ihm nach. Jetzt wusste Radzinsky auch, wohin es ihn als nächstes verschlagen sollte. Thorniara, Hauptstadt König Rhobars auf Argaan. Es war viele Monde her, seit er zuletzt in der Stadt war. Er ruderte ihr mit gemischten Gefühlen entgegen...

  20. Beiträge anzeigen #80
    Veteran Avatar von Lukar
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    Lukar ist offline
    Leichte Erschöpfung machte sich in Lukars Beinen breit. Der Alte war nun bereits seit Stunden unterwegs, doch stehenbleiben wollte er nicht. Er wusste genau das ihn seine Beine noch viel weiter tragen würden und das er diese Anzeichen von Erschöpfung getrost ignorieren konnte. Vielmehr machte er sich darüber sorgen, wohin ihn seine Beine trugen.
    Seit seiner Ankunft auf dieser Insel war einfach nur alles aus den Fugen geraten. Er hatte nun nichts mehr. Kein Geld, keinen Tabak und auch seine gebliebte Pfeife hatte er eingebüßt. Anfangs war er noch froh darüber gewessen, dass er mit seinem Ring hatte davon kommen können und das dieser Noctal nun all das Geld, das der Fischer sich eingeheimst hatte, besaß. Doch nun begann der letzte Ereigniss an ihm zu nagen.
    Nicht das er Schuldgefühle hatte. Vielmehr war es imer noch ein Gefühl der Genugtuung. Aber er fragte sich nun, ob er nicht noch mehr von dem Fischer hätte verlangen können. Das Leben seiner Frau war ihm immerhin verständlicherweise einiges Wert gewessen und irgendetwas von Wert hätte der Fischer sicherlich noch gehabt, dass Lukar hätte gebrauchen können. So allerdings hatte er nichts wirklich gewonnen.
    Lukar griff in seine Tasche und drehte seinen Ring zwischen den Fingern hin und her. Dieses alte, wertlose Schmuckstück war alles, was ihm nun vom Festland geblieben war. Doch seine Zeit auf dieser Insel hatte erst begonnen. So leicht würde er sich nicht den Bettelstab aufdrücken lassen.
    Er steckte sich den Ring an den Finger und stapfte weiter durch die Landschaft, für die er kaum ein Auge hatte. Fast alles sah so aus wie damals in Myrtana, seitdem er an der Klippenburg Stewark vorbeigekommen war und deren Machtbereich verlassen hatte. Beinahe hatte er sich dazu überwunden, dieser Burg einen Besuch abzustatten um sich ein wenig über die nähere Umgebung zu informieren, doch letzendlich hatte er die Burg einfach ignoriert und war weitergezogen. Mittlerweile fragte er sich, ob das wirklich so klug gewessen war.
    Der Weg hatte ihn mitten in einen dichten, unüberschaubaren Wald geführt und es lies sich nicht sagen, wohin dieser ihn führen würde. Zumindest wirkte der Weg stark ausgetreten, es schienen öfter Menschen hier vorbei zu kommen, was zumindest dafür sprach das er nicht an einer dunklen, unbesuchten Waldhöhle herauskommen würde.

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