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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Auch Medin zögerte kurz. Sie waren nicht entwaffnet worden und konnten selbst auf diesem beengten Raum noch einiges an Schaden anrichten. Allerdings sicher nicht mehr, nachdem sie etwas von diesem Gebräu getrunken haben würden.

    „Was ist das?“, fragte er sie gerade heraus.

    „Eine Versicherung“, antwortete sie und strich sich etwas strähniges Haar aus dem Gesicht. „Sie spart euch die lästige Entwaffnung und sichert mir die Antworten zu, die ich haben möchte.“

    Der Südländer schaute zu den beiden Männern. Jeder von den beiden könnte ihnen wahrscheinlich mit einer schnellen Bewegung den Hals umdrehen und das Genick wie einen Strohhalm knacken lassen. Gut, bei Medin vielleicht nicht ganz so einfach, aber Alena hatte nicht direkt etwas zu befürchten. Also war es wahrscheinlich ein Test. Ein Test der Entschlossenheit.
    Noch einmal blickte er kurz zu Viraya hinüber. Sie schien es nicht eilig zu haben den Geschmack des Getränks zu testen. Er musste den Vortritt übernehmen. Was konnte schlimmstenfalls passieren? Dass er jämmerlich in der gorthanischen Kanalisation verreckte? Nicht viel schlimmer als sein derzeitiger Zustand ohnehin schon war. Wenn es die Möglichkeit bot, Lilo und seiner Tochter irgendwie näher zu kommen – auf die eine oder andere Art und Weise – war es das doch wert? Seine Augen trafen noch einmal die von Alena. Irgendetwas in ihm bestärkte ihn darin, dass er dieser Person vertrauen musste.
    Kurz schlossen sich die Finger fest um den Becher, dann hob er ihn empor und stürzte das Getränk mit einem Zug hinunter. Es schmeckte bitter, nach einer Unmenge von Kräutern – aber nachdem sich in der letzten Zeit der Gestank der Kanalisation auf seine Zunge gelegt hatte, war das nicht unbedingt eine Verschlechterung.

    „Sehr gut“, meinte Alena, nachdem auch Viraya getrunken hatte. Ein Kribbeln begann sich in den Fingerspitzen des Paladins breit zu machen und Wärme breitete sich in seinem Bauch aus. Sein Geist fühlte sich völlig klar an. „Ihr habt nun einige Minuten Zeit mir meine Fragen so zu beantworten, dass ich euch glaube. Dann gebe ich euch das Gegenmittel. Wenn es nicht rechtzeitig verabreicht wird, seid ihr in unter einer Stunde tot – und glaubt mir, ihr werdet nicht sanft einschlafen. Also“, räusperte sie sich und fixierte die beiden mit ihrem Blick. Ihre beiden Muskelberge im Hintergrund beobachteten das Geschehen scheinbar teilnahmslos. „Vor kurzem ging das Haus von Syver Andgard in Flammen auf. Wisst ihr etwas darüber.“

    Ohne auf Viraya zu achten nahm Medin gleich das Wort an sich. „Das waren wir. Ein Zeichen für ihn, dass die Beute diesmal vielleicht zu groß für ihn ist.“ Ein dumpfes Gefühl kroch nun langsam in seinen Kopf, aber seine Gedanken funktionierten noch einwandfrei. Ob das Gift erst die Motorik angriff? Vielleicht war er bereits jetzt nicht mehr zu schnellen Bewegungen fähig.

    „Interessant. Mir scheint, dass ihn das Feuer in seinem Vorhaben nur bestärkt hat. Aber habt Dank, mich hat die Nachricht sehr erfreut, dass es jemand geschafft hat diesen pedantischen Bastard zu treffen.“ Sie zeigte kurz ein Lächeln, das aber sofort wieder erstarb. „Nächste Frage: Warum seid ihr in Gorthar?“

    Wieder antwortete Medin. „Ich bin auf der Suche nach den Dimosas.“ Plötzlich begann sein Arm zu zucken. Schnell versuchte er eine Faust zu ballen, doch die Finger reagierten unendlich langsam. Es dauerte zwei Augenblicke, bis er die Muskeln wieder unter Kontrolle hatte.

    „Eine kleine Nebenwirkung. Warum sucht ihr die Dimosas?“

    „Sie ließen mir eine Nachricht zukommen, dass sie meine Familie in ihrer Gewalt haben. Ich will wissen, was mit ihnen geschehen ist … und daraus Konsequenzen ziehen. Ich hatte gehofft, dass du mir sagen kannst, wo ich die Dimosas finde.“

    Wieder ein listiges Lächeln. Alena antwortete nicht, sondern schwieg eine Weile. Momente, die ihnen wie Stunden vorkamen. Dann wanderten ihre Augen auf einmal zu Viraya.

    „Was willst du von den Dimosas?“, fragte sie.

  2. Beiträge anzeigen #162 Zitieren
    Veteran Avatar von Viraya
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    Viraya lächelte sanft. Dennoch schüttelte sie leicht tadelnd den Kopf.

    "Aber Alena, wo bleiben deine Manieren. Wir haben dein Gift geschluckt, sind dir auf Gedeihe und Verderben ausgeliefert und du forderst noch weiter."

    Nun verschwand das Lächeln.

    "Also!"

    Forderte die Frau mit den blau schimmernden Haaren, deren Stimme nicht ganz so kräftig war, wie sie normalerweise hätte sein sollen. Aber es reichte dazu, dass Alenas Lakaien zusammen zuckten. Sie schenkte ihnen jedoch keine Beachtung, sondern fixierte Alena mit ihren dunklen Augen. Diese hiess den beiden Lakaien zu verschwinden.

    "Ihr habt euch Zeit gelassen mit der Reise hierher." Begann Alena und schaute zwischen den beiden Besuchern hin und her. "Viel ist hier seither geschehen und ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen ist euch hierher zu locken."

    Nun zauberte sie ihr hübschestes Lächeln auf ihre ebenen Gesichtszüge. Das Lächeln erreichte ihre Augen jedoch nie. Es war jedoch nicht diese Tatsache, sondern Alenas Offenheit, die Raja erschaudern liess. Diese Dame spielte immer ihre Spielchen und ihnen blieb kaum etwas anderes übrig, als sich darauf einzulassen.

    "Wie können wir dich denn davon überzeugen?"

    "Ihr könnt nichts mehr tun."

    Entgegnete Alena abschätzig. Statt etwas zu erwidern, mobilisierte Viraya ihre schwindenden Kräfte und versuchte an den Dolch zu gelangen, doch sie war viel zu langsam, viel zu träge geworden. Trotzdem hielt sie nicht in der Bewegung inne. Wenn sie auch langsam war, so waren sie immerhin zu zweit und auch Medin hatte sich in Bewegung gesetzt. Doch bevor sie die Frau erreichten, hob diese die Arme.

    "Ich könnte zwei Kämpfer wie euch gebrauchen."

    "Dann kommen wir vielleicht doch ins Geschäft. Du gibst uns das Gegengift und was verlangst du dafür?"


    Erwiderte Viraya, obwohl sie tief in ihrem Inneren wusste, dass sie sich nie wieder instrumentalisieren liess, doch das brauchte Alena nicht zu wissen.

    "Den Kopf meines Geliebten."

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Den Kopf ihres Geliebten? Was sollte denn das jetzt werden? Eine Privatfehde für eine geschmähte Affäre? Nicht unbedingt das Arbeitsumfeld, das Medin normalerweise suchte. Da hatte er sich durch Viraya in einen schönen Schlamassel hineinziehen lassen.
    Schon wollte der Südländer etwas erwidern, aber die Worte wollten ihm nicht sofort über die Zunge kommen. Ein seltsames Gift. Er fühlte sich voll aufnahmefähig, seine Sinne funktionierten perfekt. Doch sein Handlungsraum war eingeschränkt. Bewegungen und Sprechen fielen ihm schwer. Wie grausam musste sich der Tod in diesem Zustand anfühlen. Eine kurze Welle von Panik wollte in ihm aufwallen.
    Innos! schickte er als Stoßgebet in Gedanken zu seinem Gott. Gib mir Kraft vor diesem Wesen. Ihm wurde etwas wärmer und obgleich er die List dieser Alena erkannt hatte, spürte er da auch noch etwas anderes, das sie eigentlich in ihrer Stimme zu verschleiern versuchte: unbändigen, Jahre alten Zorn.

    „Scheint, als ob wir keine Wahl haben“, bekam Medin endlich die Worte, die er gesucht hatte, über die Lippen. „Aber erst die Dimosas. Für die sind wir hierher gekommen und diese Sache duldet keinen Aufschub mehr.“ Nicht noch einen.

    „Einverstanden“, entgegnete Alena nach einer kurzen Pause, in der sie so tat, als würde sie das Angebot abwägen. Aber das hatte sie sicher schon lange zuvor getan. Im Grunde hatten die beiden Vergifteten ja nicht anders reagieren können. „Ich helfe euch bei den Dimosas und wenn ihr das überlebt, seid ihr ohne Frage geeignet, mir bei meinem anderen Problem zu helfen. Und wenn nicht ...“ Sie griff in ihren Mantel. „... dann müssen wir uns wahrscheinlich alle keine Gedanken mehr um den Rest unseres zweifelsohne kurzen Lebens machen.“

    Hervor kam eine kleine Phiole mit einer absolut klaren Flüssigkeit darin.

    „Das Gegenmittel“, verkündete sie und entkorkte das Gefäß, bevor sie es beiden reichte. „Trinkt … viel länger solltet ihr nicht mehr warten.“

    Das musste sie den beiden nicht zweimal sagen. Viel war in der Phiole nicht drinnen und sie teilten gerecht, doch danach war kein einziger Tropfen der klaren Flüssigkeit mehr zu finden. Als sie die Phiole zurückreichten, hatte Alena ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen, schwieg aber. Zweifellos hatte diese Frau noch ein paar Ässer im Ärmeln und das waren sicher nicht nur die beiden Muskelprotze nebenan.

    „Wie ist denn der Name eures Geliebten?“, wollte Medin wissen, jetzt da er sich keine Gedanken mehr über sein unmittelbares Ableben machen musste. Alena antwortete wieder nicht sofort, sondern behielt ihr triumphierendes Lächeln weiter auf dem Antlitz. Die Pause zog und zog sich in die Länge und mit einem Mal fühlte sich der Paladin wie die Maus, die gerade den Käse gegessen hatte und erkannte, dass die Falle zuschnappte.

    „Frost“, sagte sie schließlich und jagte Medin unwillkürlich einen Schauer über den Rücken.

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    Alenas weiches, freundliches Gesicht hätte es niemals verraten, aber sie war durchtrieben. Das wusste Viraya schon immer, aber sie hatte das Ausmass unterschätzt. Frost. Dieser alte, verbrauchte Berserker. Oder dieser unglaubliche Mensch, der schon alles, was ihm in den Weg gelegt wurde irgendwie überwunden hat. Beide und wohl noch viel mehr Beschreibungen passten, je nachdem von welcher Seite man es sehen wollte. Für Viraya war aber eines klar, mit Frost wollte sie sich nicht anlegen und sie bezweifelte auch, dass Alena jemals eine Affäre mit ihm hatte, aber das spielte keine Rolle und ihr war anscheinend wirklich alles zuzutrauen.

    "Also?" Forderte Viraya, statt weiter auf Frost einzugehen. "Wo ist Andreja?"

    "Es gibt eine kleine Burg südöstlich der Stadt. Sie hatte mal einen Namen. Ornes. Aber er ist längst vergessen, denn keiner weiss, dass sich unter dieser verwachsenen Ruine ein Nest von Verbrechern befindet. Stattdessen gibt es dort alljährlich ein Ritual. Es wird ein grosser Scheiterhaufen errichtet, um die bösen Geister zu vertreiben und abhängig davon wer gerade an der Macht ist hier, landet da auch noch jemand drauf. Auf jeden Fall meiden die Stadtbewohner diesen Ort. Ornes gilt als seit jeher verflucht. Also passt auf ihr zwei Täubchen und vergesst euren Auftrag nicht. Es würde euch nicht gut bekommen."

    Viraya brauchte die Phiole mit dem Gegengift gar nicht anzuschauen, um zu wissen, dass da wahrscheinlich mehr als Gegengift drin gewesen war. Sie akzeptierte die Tatsche und beobachtete, wie Alena die leere Phiole in ihrer Umhangstasche verschwinden liess. Sie lächelte dabei allerliebst.

    "Ach bevor ich es vergesse. Hier noch ein Schlüssel. Er passt wahrscheinlich in irgendeine Tür dort. Ich habe es jedoch nie ausprobiert und nun geht. Hier."


    Sie öffnete die Tür in Richtung Kanal wieder.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Ebenen waren hügelig, weit und von jenem verblassenden Grün, dass man den aufziehenden Herbst auch gesehen hätte, ohne dass graue Wolken den Himmel von Horizont zu Horizont verdeckt hätten. Das Hügelland südöstlich von Gorthar war eine für die Nähe zu so einer bedeutenden Handelsstadt recht einsame Gegend. Hier draußen, nicht einmal einen ganzen Tagesmarsch von der Stadt entfernt, gab es eine alte Straße, die aber schon seit vielen Generationen kaum noch genutzt wurde und beständig verfiel. Früher musste sie sogar einmal gepflastert gewesen sein – zumindest stellenweise. Heute war sie kaum mehr als eine kleine Furche im Gras, die sich durch die Hügel schlängelte.

    In der Nähe dieser Straße stand die Burgruine auf einem flachen Hügel. Einst wehrhaft und mächtig zeugte nicht mehr fiel von ihrem einstigen Abschreckungspotential. Von den ursprünglich sechs Türmen existierte nur von zweien noch mehr als die Grundmauern. Der Burghof war halb geöffnet und nur noch die Südmauer brachte es auf mehr als Mannshöhe. An ihrem einen Ende schloss sie der am besten erhaltene Turm, der noch bis zum zweiten Geschoss zu stehen schien und erst darüber eingestürzt war. Das andere Ende der Mauer wurde immer niedriger und verschwand schließlich in einem Erdwall, der hinter einem Graben die Westseite der Burg mehr oder weniger gut abschloss. Der zweite noch halbwegs erhaltene Turm stand frei auf der Nordseite des kleinen Hügels, einige Mauerreste wie schlaffe Arme vergebens in Richtung der anderen Burgteile streckend, ohne sie jedoch zu erreichen. Auch er stand noch bis zum zweiten Geschoss hin und war irgendwann einmal darüber zugemauert worden, damit es durch die beschädigte Wand nicht hereinregnete. Wie alt diese Ausbesserung war ließ sich nicht sagen.

    Medin und Viraya lagen in vielen hundert Schritt Entfernung auf einer Anhöhe hinter hohem Gras und Büschen, die ihnen einigermaßen Schutz vor Blicken oder dem kalten Wind boten. Sie hatten sich ihre Decken untergelegt, da dieser Beobachtungsplatz für längere Zeit gewählt war. Seit Stunden nun beobachteten sie die Burgruine nun schon, doch bis auf den verkohlten Scheiterhaufen in der Mitte zeugte nichts davon, dass dieser Ort öfter aufgesucht wurde. Dennoch waren sich beide sehr sicher, dass unter diesen Trümmern ein Geheimnis verborgen lag. Das Versteck war gut und wieso sonst sollte Alena sie an so einen verlassenen Ort führen.

    Langsam und damit auch sehr leise zog der Paladin abermals den Schleifstein über die Klinge seines Schwertes. Schon seit einiger Zeit schärfte er seine Waffen, während sie den Hügel beobachteten. Bald war er fertig. Bald war es an der Zeit das Werk zu vollenden, das die Dimosas begonnen hatten. Diese Suche musste ein Ende finden.

    „Als ich dich um Hilfe gebeten habe, hast du mir eine Bedingung gestellt“, sagte er zu Viraya, nachdem sie sehr lange geschwiegen hatten. Das leise Wetzen begleitete seine Worte. „Du hast gesagt wir machen es auf deine Art und Weise. Dass ich dir vertrauen müsse, komme was da wolle. Nun, hier sind wir.“

    Zwei Jäger allein in der Weite – bereit das Wolfsrudel in seinem Revier anzugreifen.

    „Wie willst du also vorgehen? Die geheimen Zugänge bleiben uns wahrscheinlich verborgen und wenn wir vorne reingehen, werden wir sicher gesehen. Irgendeine Idee, wie wir dennoch das Überraschungsmoment nutzen können?“

    Denn das war nach wie vor ihre mächtigste Verbündeter. Aber mit oder ohne: Medin würde diese Ruine betreten. Denn irgendwo dort drinnen war seine Familie – oder zumindest Antworten auf die Fragen über ihren Verbleib.

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    Viraya antwortete nicht sogleich. Es bestand keine Eile. Es hatte leicht genieselt, wodurch eine gewisse Kälte in ihre Knochen gekrochen war. Auch die Steine der Ruine wirkten durch die Nässe dunkler und bedrohlicher. Blätter klebten im Hof. Gelb und Rot setzten sie einen Kontrast zur hereinbrechenden Nacht. Sie beobachtete das Ganze ohne irgendeinen festen Gedanken zu halten, liess alles an sich vorbei ziehen und schärfte ihre Sinne. Sie blickte nicht zu Medin hinüber, beobachtete ihn nicht, denn wenn er ihr vertrauen sollte, dann musste sie auch ihm vertrauen. Das war besonders schwierig, als sie schlussendlich wisperte:

    "Du gehst alleine. Ganz offen. Sie werden dich hoffentlich erkennen. Vielleicht bringen sie dich hinein, vielleicht nicht. Auf alle Fälle darfst du dich nie von deinen Waffen trennen und musst darauf beharren nur mit Andreja zu verhandeln. Wenn du bei ihr bist, dann kannst du reden. Du erfährst dafür hoffentlich, ob deine Familie noch lebt. Verlange die Familie zu sehen. Gib mich als Tauschwert gegen deine Familie an. Sie werden die Lunte riechen. Wenn du auf all dem fest beharrst und dich nicht einschüchtern lässt, dann wissen sie, dass wir zusammen arbeiten. Wenn sie dumm sind, dann werden sie versuchen mich direkt mit dir zu erpressen. Aber ich denke nicht. So gut kennen sie mich und vielleicht wirst du auch unter den einen oder anderen Zaubereinfluss gesetzt. Wisse aber eins. Egal was dir passiert. Ich werde erst hervortreten, wenn ich Andreja den Todesstoss verpassen kann. Bis dorthin werde ich lauern. Irgendwo. Das ist nicht weil ich dich nicht mag. Nimms nicht persönlich, aber so wurde ich nicht erzogen."


    Sie versuchte ein entschuldigendes Lächeln und blickte kurz zu Medin hinüber.

    "Alles, was ich dir bis dahin gesagt habe, darfst du auch verraten. Nun kommt aber das Wichtigste: Danach müssen wir improvisieren. Denn jeder Plan, den wir hier irgendwie aushecken, können sie irgendwie aus dir heraus pressen. Also sei dir eins bewusst. Du bist auf dich ganz alleine gestellt."

    Es war ein bisschen gelogen. Aber nur ein bisschen, um Andreja nicht gleich alles zu verraten. Nun konnten sie beide nur noch darauf vertrauen, dass sie sich in den letzten Wochen gut genug kennen gelernt hatten, um sich im entscheidenden Moment in die Hände zu spielen.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Der Südländer schwieg und blickte weiter auf die Ruine. So sah also der Plan aus? Nun gut, das sollte ihm recht sein. Allein arbeitete er sowieso immer am effektivsten, gerade wenn er die Bedingungen bestimmten konnte. Das würde hier zwar nicht ganz der Fall sein, aber auf besseres konnte er nicht hoffen.

    Schließlich packte er seine Decke zusammen, verstaute sein Schwert auf dem Rücken, prüfte den Sitz jeder Klinge noch einmal genau, zurrte die Gurte straffer und machte sich dann auf dem Weg. Behutsam stieg er die kleine Böschung hinab und betrat das offene Feld, während Viraya anscheinend keine Anstalten machte, sich vom Fleck zu rühren. Schon nach wenigen Schritten wusste er, dass er von nun an von zwei Seiten aus beobachtet wurde. Da war er also nun, der Tag der Entscheidung. Der Moment, in dem sich entscheiden würde ob er weiterleben sollte oder sterben durfte, war nah.

    In der Ruine regte sich nichts, als er näher trat. Sie lag verlassen da, als ob sie das schon seit hunderten Jahren war und noch weitere sein würde. Die Steine ruhten in sich, doch sie waren nicht alleine. Als er den verfallenen Burghof betreten hatte, blieb er stehen und blickte sich um. In der Mitte waren die eingefallenen verkohlten Reste eines Sonnenwendfeuers zu sehen. Spuren gab der Boden nicht preis, doch dafür war das Wetter auch zu schlecht.

    Medins Hand ging zu seinem Kragen und lockerte das Leder der Tunika etwas, während er sich langsam einmal um die eigene Achse drehte. Hier gab es mindestens ein dutzend Möglichkeiten, sich zu verstecken, ohne erkannt zu werden. Dunkle Winkel in dem Gemäuer, Büsche in den Ecken. Ein leichtes wäre es nun einen sicheren Armbrustschuss zu setzen, der das Kettenhemd und die darunterliegenden Organe zerfetzte.

    Sicher einige Minuten stand er so da und wartete darauf, dass etwas passierte, doch nichts regte sich. Kein lebensbeendender Schuss. Keine Warnung. Nicht einmal eine Ratte, die aus ihrem Loch hervor lugte, ob er seine Essensvorräte unbeaufsichtigt ließ.

    „Andreja!“, rief er schließlich, um die eigene Anspannung und das Schweigen zu brechen.

    „Andreja, hier bin ich!“, antwortete er seinem eigenen Echo, das von den verbliebenen Türmen und der Mauer widerhallte.

    Nichts. Wieder keine Regung und nun begannen Zweifel in ihm aufzusteigen. Was, wenn sie sich doch geirrt hatten? Wenn Alenas Informationen falsch waren und die einzige Spur, an der sie sich so krampfhaft festgehalten hatten, ergebnislos im Nichts verlief – versickerte wie die wenigen Regentropfen, die von Zeit zu Zeit vom Himmel fielen? Der Gedanke war unerträglich.

    Innos, hielf mir! Lass mich nicht allein.

    Gerade erhob Medin seinen Fuß, um einen Schritt nach vorne zu machen, als ein Ruf von vorne zu ihm gellte: „Stehen bleiben!“

    Sofort blickte er nach oben, in das zweite Geschoss des noch am besten erhaltenen Turmes. Etwas regte sich in dem Schatten der Öffnung dort oben. Undeutlich konnte er die Umrisse einer Gestalt erkennen, die näher an die Brüstung trat. Schließlich schälte sich zuerst die Spitze eines Armbrustbolzens aus dem Dunkel, gefolgt von der Waffe und zwei Armen, die diese direkt auf Medin zielten. Fünfzehn Schritt, schätzte er sofort. Wenn der Schütze nur halbwegs etwas von dem Gerät in seiner Hand verstand, befand sich Medin gerade einen leichten Daumendruck von seinem Tod entfernt. Ruhig, mahnte er sich selbst und hob beide Hände um zu zeigen, dass er sich fügte.

    „Ich will mit Andreja sprechen“, rief er dem Mann hinauf zu.

    „Sie spricht aber nicht mit den Toten“, rief dieser ihm entgegen.

    „Mit diesem schon. Sagt ihr, dass Medin ihre Nachricht erhalten hat und gekommen ist.“

    Irgendwo wurden auf einmal leisere Worte gewechselt, doch ob sie von dem Turm oder von woanders her kamen, konnte er nicht ausmachen. Konzentration! Zum umblicken war keine Zeit, denn er Schütze hatte ihm nach wie vor im Visier.

    Einige Augenblicke des schweigenden Wartens vergingen, als vom Fuß des Turmes plötzlich ein Geräusch zu hören war. Schweres Holz kratzte aufeinander. Kurz darauf öffnete sich eine kleine aber massiv wirkende Holztür und zwei Bewaffnete traten heraus. Beide trugen Schwerter, der eine sogar ein Kettenhemd.

    „Legt eure Waffen dort ab, wo ihr seid“, forderte der eine ihn auf.

    „Die behalte ich“, entgegnete Medin und senkte die Hände. „Ich will nur mit Andreja reden.“

    „Dann legt die Waffen ab“, beharrte sein Gegenüber.

    „Sie hat nichts von mir zu befürchten und das weiß sie auch. Tot nützt sie mir nichts, da sie Informationen hat, die ich benötige.“

    Die beiden schauten einander an, dann nickte der eine. Anscheinend hatten sie ihre Anweisungen ohnehin schon erhalten.

    „Folgt uns.“

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Viraya ist offline
    Viraya beobachtete aus "sicherer" Distanz und amüsierte sich insgeheim über die Bedeutung des Wortes sicher. Dann schüttelte sie den Kopf. Er war ebenso verrückt wie Redsonja. Kein vernünftiger Mensch begab sich einfach so zu Andreja. Diese Frau war so liebenswürdig, wirkte so vernünftig und überlegt, dennoch war sie bereit einen durch die grössten Qualen gehen zu lassen. Es war nicht, dass sie kein Gewissen hatte. Sie kümmerte sich sehr um jene, die ihr nahe standen. Alle waren ihr loyal ergeben. Sie war die Mutter, die ihre schützende Hand über jede einzelne Person hielt. Sie kannte jeden Namen.

    "Viraya."


    Pflegte sie zu sagen. Die Diebin erinnerte sich und bemerkte eben in diesem Moment, dass Tränen aus ihren eben noch trockenen Augen kullerten. Sie wusste nicht warum genau, doch irgendein Teil von ihr trauerte zutiefst. Ohne die Augen trocken zu reiben suchte sie langsam nach einem neuen Standort.

  9. Beiträge anzeigen #169 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Medin ist offline
    Der Gang, durch den Medin von den beiden Bewaffneten geführt wurde, war ziemlich eng und führte relativ rasch steil in die Tiefe. Dieser Tunnel war definitiv nicht aus der Zeit der Erbauung des Turmes darüber oder er war über die Jahre vorzüglich in Schuss gehalten worden. Hier und da gingen einige Verzweigungen ab, die aber jeweils nur wenige Schritte weit einsehbar waren, bevor eine Biegung die Sicht versperrte. Licht spendeten Fackeln und Kohlefeuer und einmal war Medin so, als ob er einen Luftschacht in die Höhe sah. Dieses Versteck war tatsächlich äußerst gut organisiert und anscheinend noch nicht entdeckt worden. Ein Umstand, der die Wahrscheinlichkeit auf sein Überleben empfindlich senkte, denn so ein Ort sollte geheim gehalten werden – und der Paladin war nun ein unliebsamer Mitwisser. Er musste also wohl selbst dafür Sorge tragen aus diesem Bienenstock wieder zu entwischen.

    Direkt vor ihm lief der Mann mit dem Kettenhemd. Er war von stämmiger Statur, sogar ein wenig größer als Medin, hatte kurze, blonde Haare und trug sowohl ein Bastardschwert als auch ein Kurzschwert an dem Gürtel. Die Waffen und sein Rüstzeug schienen gut in Schuss zu sein. Der Mann hinter Medin trug nur ein Bastardschwert und einen Gambeson, was auf diesem engen Raum aber ausreichend sein konnte.

    An einer weiteren Abzweigung blieb der Vordermann plötzlich stehen und drehte sich um. Neben ihnen befand sich eine Tür.

    „Achtet auf eure Manieren und haltet eure Hände dort, wo wir sie sehen können“, warnte er Medin. Die hellblauen Augen hatten etwas bedrohliches und ein leichter Akzent verriet die Herkunft dieses Mannes: Ein Nordmarer.

    Dann klopfte er zweimal an die Tür. Es dauerte einen Moment, dann wurde ein Riegel zurückgeschoben und das Holz schwang zur Seite. Ein dritter Bewaffneter musterte sie, trat dann zur Seite und ließ sie hereinkommen.

    Der Raum war relativ groß – fast ein kleiner Saal – und mit Teppichen sowohl auf dem Boden als auch an den Wänden ausgelegt. Mehrere Fackeln, Kohlefeuer und Öllampen tauchten ihn in vergleichsweise helles Licht und betonten die Farbe mehrerer Tische, Sessel und Schränke, die das Inventar bildeten. Anscheinend handelte es sich hier um einen Aufenthalts- und Empfangsraum für diese Bande oder Organisation.

    „Medin!“ Die Frauenstimme kam von der anderen Seite des Saales und obwohl der Angesprochene die Person, zu der sie gehörte, noch nie getroffen hatte, wusste er sogleich, um wen es sich handelte.

    „Andreja“, gab er betont unbeeindruckt zurück. Seine beiden Begleiter hatten sich von ihm gelöst und hielten sich im Hintergrund, während er weiter in den Raum trat und die Frau musterte, die auf der anderen Seite des Raumes aufgestanden war und auf ihn zukam. Sie trug ein einfaches, grünes Kleid – relativ eng anliegend und ohne ausschweifende Wallungen, die behindern konnten. Ihre Haare hatte sie straff zusammengebunden und ihr Gang war von gleicher Festigkeit. Die Augen hatten Medin fest im Blick.

    „Welch eine Überraschung, euch hier empfangen zu dürfen“, fuhr sie fort, während sie vor ein paar Sesseln stehen blieb. „Ich hätte nicht erwartet, dass ein Mann so hoher Schlachten wie euch persönlich die beschwerliche Anreise hierher unternimmt.“

    „Und doch stehe ich hier“, erwiderte der Angesprochene und streifte ihren Blick nur flüchtig. Stattdessen taxierte er weiter den Raum. Seine beiden Begleiter standen noch bei der Tür, die auch der einzige Zugang zu sein schien. Allerdings barg der Raum noch einige Vorhänge, Wandteppiche und dunkle Ecken, die so ziemlich alles verbergen konnten. „Wir leben in einer Welt voller Wunder. Wollt ihr nicht eure beiden Kameraden dort von ihrer lästigen Pflicht entlassen, damit wir uns in Ruhe über dieses Wunder unterhalten können?“

    Ihr Lächeln war sanft und anmutig, fast warm. „Natürlich. Syver, Trevor, lasst uns bitte allein.“ Medin drehte sich abermals kurz um. Der Nordmarer war Syver Andgard? Die blauen Augen starrten ihn unverhohlen an, bis Trevor schließlich die Tür geöffnet hatte und sich entfernte. Syver wartete noch einen Augenblick und verschwand dann ebenfalls. Ohne Frage würde er direkt auf der anderen Seite warten – und sobald seine Herrin pfeifen würde, dürfte Medin seine Klinge zu schmecken bekommen. Immerhin hatte er sein Haus niedergebrannt.

    „Nun, wollt ihr nicht eure Schwerter ablegen und euch setzen?“

    Der Paladin blickte sie noch einmal forschend an. Dann griff er auf die Brust zur Schnalle der beiden Waffengurte und öffnete sie. Seine beiden treuen Wegbegleiter fanden ihren Platz neben einem der Sessel, den Andreja ihm anbot.

    „Wollt ihr etwas trinken?“, fragte sie ihn und nahm ebenfalls Platz. „Ich hätte da einen ...“

    „Genug“, fiel ihr Medin entschieden ins Wort. „Nur weil ich eine lange Reise auf mich genommen habe heißt das nicht, dass ich noch weitere Zeit verstreichen lassen will. Ihr wisst, warum ich hier bin. Die Nachricht, die ihr Redsonja habt zukommen lassen und natürlich auch für mich bestimmt war. Wo ist meine Familie?“

    Andreja Blick wurde ein wenig ernster. Er spielte ihr Spiel nicht mit, aber das brachte sie nicht aus der Fassung. Sie hatte alles geplant und alles unter Kontrolle. Er spürte ihre Sicherheit.

    „Also gleich zur Sache: Eure Familie ist nicht hier.“ Der Satz traf Medin ins Mark. Obwohl er mit so etwas gerechnet hatte, rückte ein Großteil seiner Hoffnungen auf einmal in weite Ferne und verschwand hinter dem Horizont.

    „Was habt ihr mit ihnen gemacht?“ Seine Stimme war dünn und hohl – etwas, das nur selten geschah. Das Reden fiel ihm schwer.

    „Was habt ihr denn geglaubt, was nach unserer Auseinandersetzung in Quasar und eurer Allianz mit Redsonja passieren würde? Dass wir das einfach so auf uns sitzen lassen?“ Nun drang die wahre, scharfe Kälte aus ihrer Stimme hervor. Ihre Worte schnitten wie Klingen und waren nur eine ihrer unendlichen Waffen. „Eure Taten sind uns wohlbekannt, Medin von Khorinis, Retter Tyriens, Paladin aller Sonnen und Held des Orkkrieges seiner Majestät. Ihr stellt eine Gefahr dar und das nicht nur für uns, sondern für viele Menschen. Ihr wisst doch am besten, dass Opfer nun einmal erbracht werden müssen – zum größeren Wohl aller. Wie viele Opfer habt ihr erbringen lassen? In Trelis, im Minental, in Ardea, vor Vengard? Dachtet ihr, dass ihr euch aus der Verantwortung stehlen könnt und nie Opfer bringen müsst? Ihr seid zu lange schon als strahlen...“

    „Genug!“, schrie Medin in den Raum hinein und ließ Andrejas Monolog verstummen. Seine Finger hatten sich tief in die Lehne des alten Sessels gegraben, aber die Festigkeit war in seine Stimme zurückgekehrt. Mit jedem Atemzug, den er machte, spürte er das Feuer in sich aufwallen. Er spürte die nebulöse Verschlagenheit, die seine Kontrahentin da in Worte kleidete, um ihn zu verwirren und nachlässig zu machen. Es ging um ihn. Er sollte hier sterben, das hatte er inzwischen verstanden. Aber nicht bevor er nicht das hatte wofür er hierher gekommen war.

    „Wo sind sie?“, rief er und sein Echo hallte aus den verschlungenen Winkeln des Saales wieder.

    Andreja schwieg und lehnte sich in ihrem Sessel zurück, den Blick auf Medin fixiert. Kein Blinzeln, kein Zucken auf der versteinerten Miene.

    „Tot“, antwortete sie dann ruhig und ließ Stille die wenigen Worte begleiten.

    Es ergab alles einen Sinn. Medin wusste nicht, woher er diese Sicherheit zog, aber in diesem Moment war er sich sicher, dass er das ehrlichste gehört hatte, zu dem Andreja ihm gegenüber im Stande war. Sie hatte ihm die hohle Wahrheit geöffnet, die so grenzenlos war, dass er haltlos hineinfiel – umgeben von nichts, an dem er sich festhalten konnte. Eine schlimmere Nachricht hätte sie ihm nicht geben können.

    „Wie?“, flüsterte er in die Ruhe.

    „Arugius“, hob Andreja etwas ihre Stimme und mit einem Mal schälte sich eine hochgewachsene, schmale Gestalt aus einem der dunklen Winkel im hinteren Teil des Raumes heraus und trat langsam zu ihnen herüber. Der unwesentlich ältere Mann trug eine braune Robe, die bis zu seinen Sandalen hinunter fiel, aber am auffälligsten war die entstellende Brandnarbe, die seine komplette linke Gesichtshälfte einnahm. Medin nahm alles nur durch einen dumpfen Schleier wahr. Das Feuer brannte.

    „Wir haben sie von Anfang an beobachtet“, begann Andreja ihre Erklärung mit einem weiteren Geständnis, während sich der Mann wortlos zu ihnen setzte. „Dein Plan, sie in Gorthar zu verstecken, war gut und die Obrigkeiten hast du getäuscht. Auch wir haben sie nicht verraten und lange ging alles für sie gut. Aber dann gingst du das Bündnis mit Redsonja ein und wir beschlossen, die Verhältnisse zu verändern – zumal deine Familie auch anderweitig von Interesse war. Arugius hier war fasziniert.“

    „Wir leben in einer Gesellschaft, in der der fortschrittlichsten Forschung oft mit Argwohn und Aberglauben begegnet wird“, begann der Mönch mit schnarrender Stimme zu sprechen. „Den Göttern sei dank bietet mir Andreja ein progressiveres Umfeld und erzählte mir eines Tages von eurer Tochter. Sich manifestierende Magie im Neugeborenenalter, Levitationskräfte und Elementenbeherrschung mit spielender Leichtigkeit … ich war fasziniert! Sie schien von ihrer Anlage her ihre ohne Frage schon hochbegabte Mutter noch zu überflügeln und – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – scheint ihr dieser Anlage auch nicht im Geringsten einen Abbruch getan zu haben.“

    „Schweift nicht ab!“, unterbrach ihn Andreja forsch. „Wir planten daher einen Ortswechsel, um sie aus Gorthar herauszuholen, wo sie ja jederzeit entdeckt werden oder verloren gehen konnten. Ich schickte einige meiner besten Männer und Frauen mit Arugius, Syver führte sie an. Das war eine Woche nachdem ich die Nachricht zu Redsonja schickte. Allerdings lief der Einsatz schief. Der einzige, den wir lebend bekamen, war Kortis. Schon das kostete zwei gute Leben.“

    „Dennoch lief die übrige Operation nach Plan“, setzte Arugius ein und seine Herrin ließ ihn gewähren. „Doch als wir in den Dachstuhl vordrangen, brach auf einmal die Hölle los. Das ganze Gebäude verwandelte sich in einen einzigen, großen Feuerball. Keine Explosion … mehr eine Verpuffung, die nur einen großen Aschehaufen zurückließ“, beschrieb er präzise und seine Hand fuhr dabei verträumt über die Entstellung in seinem Gesicht. „Ich und Syver schafften es gerade so raus. Als die Flammen erloschen waren, fanden wir nichts mehr. Keine Spur von den anderen Männern und auch keine von deiner Familie. Alles hinfort.“ Er wirkte traurig, doch sein Bedauern hatte keinen Funken Menschlichkeit in sich.

    „Das heißt, ihr habt keine Leichen gefunden?“, fragte Medin trocken in die Kellerluft hinein. Keine Hoffnung schwang in seiner Stimme, denn nach der Schilderung, die er glaubte, fühlte er keine. In ihm war nur Leere. Grenzenlose Leere kurz vor dem Implodieren.

    Andreja schüttelte den Kopf und blickte ihn dann wieder mit kalten, bedrohlich funkelnden Augen an.

    „Ihr wisst doch, wie es ist“, sagte sie mit tödlicher Gelassenheit. „Niemand entkommt mir, wenn ich es nicht will.“

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    Viraya war Medin nicht gefolgt. Wer einen Todeswunsch hegte, den sollte man nicht aufhalten dachte sie leicht respektvoll. Sie hatte nur Darla so sehr geliebt, dass sie fast alles für sie riskiert hätte, sonst niemanden... Dachte sie und sah plötzlich das Bild einer rothaarigen Kriegerin vor dem inneren Auge. Sie hatte sich ihretwegen mit Andreja angelegt. Das war auch nicht besser. Stellte sie nüchtern fest und verliess dann diesen Ort.

    Sie ging jedoch nicht, wie anfänglich gedacht in die Sicherheit zurück, um dort von der freien Bahn zu profitieren, sondern suchte die Umgebung vorsichtig ab. Der Eingang, den Medin genommen hatte, kam nicht in Frage. Der war sicher zu gut beobachtet, aber früher oder später würde sie jemanden erwischen, der ihr eine andere Möglichkeit verriet.

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    Tiefe Nacht hatte sich über die Ruine der Burg gelegt. Irgendwo draussen irrte eine junge Frau herum, deren Haar verräterisch blau funkelte und dennoch hatte sie niemand entdeckt, denn die Menschen um Andreja waren mit anderen Dingen beschäftigt. Alena hatte begonnen ihren eigenen Plan walten zu lassen. Sie war sich allerdings noch nicht einig, ob Medin und Viraya davon provitieren sollten oder nicht, denn es war nie gut Zeugen zu haben. Aber momentan hing sie noch von ihnen ab. Vor allem von Medin, der gerade herrlich mitspielte. Eine tragische Rolle. Trotzdem schauderte sie gerade, denn es erschien ihr als hätte Andreja den letzten Satz nicht nur für Medin gesprochen, sondern auch für sie. Dann hörte sie ein Geräusch und schmiss sich auf den Boden. Ein Dolch borte sich in ihre Schulter, statt in ihr Herz. Als Wellen des Schmerzes ihren Körper erzittern liessen, war sie sich ihres Sieges plötzlich nicht mehr so sicher. Aber sie hatte vorgesorgt. Der Schmerz hielt nicht lange an. Stattdessen wirbelte sie herum, selber einen Dolch in der Hand und bestrafte die Person, die verfehlt hatte. Danach tauchte sie wieder in den Schatten ab.
    Andreja war davon nichts anzusehen. Dennoch trauerte sie einen Moment um Eranor, den sie gerade verloren hatte. Aber es gab keinen Zweifel daran. Dennoch verspürte sie keine Angst. Der nächste würde an seinen Platz treten und wenn dieser versagte der nächste. Es gab immer jemanden, der einsprang.
    Sie fixierte Medin.

    „Gibt es noch irgendetwas oder soll euch Syver wegbringen?“

    Arugius mit ihm zu schicken wäre keine gute Idee gewesen. Medin schien dazu zu impulsiv gerade.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Sie musste sich wiederholen, um zu ihm durchzudringen, denn immer noch fühlte er sich wie unter dem dumpfen Schleier einer Betäubung. Es half ihm, denn so spürte er den Schmerz in seinem Inneren nicht so sehr, wie er eigentlich sollte. Stattdessen war da vor allem eine immer stärkere Hitze … als ob er sich wieder unter dem gleißenden Feuer des Drachen befand. Nur galt das Feuer dieses Mal Andreja und dieser dunklen Kreatur, die sie Arugius nannte.

    „Warum wegbringen?“, fragte er und seine Augen wechselten von ihr zu Arugius und wieder zurück. Der Mann in der Mönchskluft hatte sich gestrafft und auch Medins Sinne kehrten langsam zurück. Ohne hinzuschauen war ihm bewusst, wo sich seine geweihte Klinge befand. Direkt neben ihm. Ein blinder Griff würde genügen.

    „Habt ihr Angst, euch den guten Teppich schmutzig zu machen?“, fragte er weiter. „Wir wissen doch beide, wie das hier enden soll.“

    „Glaubt nicht, dass ihr mit mir spielen könnt!“ Andrejas Lippen wurden schmaler. Sah sie so aus, wenn sie zornig war? Sie war immer noch die Selbstbeherrschung in Person, aber irgendetwas hatte sich verändert. „Nicht hier.“

    „Dann hättet ihr mich nicht hereinlassen dürfen“, rief er in den Raum hinein, sodass es auch die Männer vor der Tür hören mussten. Die Hände ballten sich auf den Armlehnen zu Fäusten, als er sich weiter aufrichtete. „Dann hättet ihr mir meinen Frieden lassen sollen. Keine Nachrichten, keine Ränke! Ihr hättet einfach die Finger von mir und meiner Familie lassen sollen.“

    „Genug“, sprach diesmal Andreja diesen Ausdruck vollkommener Geduldslosigkeit aus und machte einen Schritt zurück, bevor ihre Stimme lautet wurde. „Syver!“

    Die Worte hatten noch nicht ihre Lippen verlassen, als Medin aufsprang und mit einer schnellen Drehung nach seinem Einhänder griff. Spielend leicht umfassten seine Finger die Scheide und gerade wollte er die andere Hand um den Griff legen, als er im Augenwinkel eine ungewöhnliche Bewegung wahrnahm und …

    „K'ra luch ma!“

    … die Zeit stehen blieb. Wenige Zentimeter vor dem silbrig schimmernden Knauf verharrte seine Hand auf einmal. Doch nicht nur sie, auch der Rest seines Körpers erstarrte mitten in der Bewegung, den Mund halb geöffnet, die Beine gerade zum Schritt ansetzend. Und noch während sich sein Kopf darüber wunderte, warum nichts mehr geschah, bemerkte er, dass um ihn herum keinesfalls Stillstand eingekehrt war. Die Tür öffnete sich und ohne besondere Eile kam Syver in Begleitung herein.

    „Dies ist mein Reich“, hörte der erstarrte Paladin Andrejas Stimme, während sich eine unsichtbare Hand immer fester um seine Kehle schloss und zu drücken begann. „Arugius, dreht ihn!“

    Er spürte, wie wieder Bewegung in seinen Körper kam, doch nicht er war es, der ihn befehligte. In seinen eigenen Kopf gesperrt und zum Zuschauer verdammt entspannte sich seine Haltung langsam und seine Gliedmaßen vollführten eine hölzerne, steife Drehung zurück zum Zentrum des Saales. Dort stand Andreja nach wie vor und schaute ihn mit einem kalten Lächeln ohne Triumph an. Überraschender war Arugius. Der vermeintliche Mönch hatte beide Arme auf Medin gerichtet erhoben, die Finger in einer komplizierten Figur zueinander gekrümmt. Blut tropfte aus seiner rechten Handfläche und benetzte den inzwischen am Boden liegenden Ritualdolch. Das vernarbte Gewebe in seinem Gesicht war zu einer glatten Grimasse verzerrt.

    „So viele Schlachten geschlagen und Kämpfe überlebt“, meinte Andreja mit kalter, unverhohlener Verachtung. „Kein Wunder, dass ihr euch da irgendwann überschätzt. Im Gegensatz zu mir habt ihr nie gelernt, dass die vollkommene und totale Niederlage hinter jeder Wegbiegung und jeder Häuserecke lauert, um euch erbarmungslos den Rest zu geben. Sie ist für jeden irgendwann unausweichlich. Ihr seid nur ein Mann, Medin. Ein Mann mit einem Schwert, der Großartiges vollbracht hat … aber immer noch aus Fleisch und Blut. Ihr sterbt auf genau die gleiche Art und Weise wie jeder, den ihr habt fallen sehen. Was habt ihr euch nur dabei gedacht hierher zu kommen?“

    Sie taxierte ihn noch einmal von oben nach unten, während Arugius in unveränderter Haltung da stand und ab und zu leise, unverständliche Worte murmelte. Medin versuchte sich zu wehren, ja wenigstens genug Kontrolle zurück zu erlangen, um die Zähne zusammen zu beißen, doch je stärker er an seine Muskeln appellierte, desto fester zog sich der unsichtbare Griff um seine Kehle. Ohne es zu merken schloss er seine Augenlider.

    „Syver, es war eure Heim, das er niedergebrannt hat“, hörte er aus einer immer unendlicher werdenden Entfernung die Stimme der Frau. „Bringt es zu Ende.“

    Dumpf vernahm er leichte Schritte, die sich in der Dunkelheit vor ihm nährten. Schwer und majestätisch … ein großes, stolzes Wesen. Er glaubte die vagen Umrisse Weißauges ausmachen zu können, dieses mächtigen Drachens aus Setariff. Wieder spürte er die unsicheren Wallungen des Feuers tief in sich. Er spürte die Wärme, die gemeinsam mit jedem seiner Herzschläge durch seine Adern strömte, durch all die tauben, gefühllosen Gliedmaßen. Der Hals des majestätischen Drachen reckte sich ganz langsam nach oben, der Kiefer öffnete sich leicht, in der Kehle begann es zu vibrieren. Wie damals in Setarrif, kurz bevor der Feuersturm über Medin hinweg gebraust war. Die Wärme schwoll zur beinahe unerträglichen Hitze an und langsam begann aus der Dunkelheit ein feuerroter Schein hervor zu brechen.

    Plötzlich öffneten sich seine Augen.

    Ein nicht hörbarer Knall schlug durch den Raum, dicht gefolgt von einem langen, schmerzerfüllten Schrei. Arugius' Haltung zerbrach. Ein heftiger Krampf schüttelte den inzwischen bleichen Körper des Blutmagiers durch, bevor er zuckend zu Boden sank, wo die Bluttropfen eine viel zu große Lache gebildet hatten, und wimmernd liegen blieb. Syver, der vor Medin getreten war, hatte sich nur einen Augenblick zu lange von diesem Anfall ablenken lassen. Gerade als er seinen Fehler erkannte, spürte er auch schon den Tritt des wieder zum Leben erwachten Paladins, der ihn einige Schritte nach hinten taumeln und stürzen ließ. Der nutzte die Chance und vollendete den überfälligen Griff zu seinem Schwert, das er mit einer vertrauten, flüssigen Bewegung aus der Scheide befreite.

    Wohltuendes Feuer durchströmte seine Adern und kitzelte endgültige die Starre aus einen Gliedern, als sich die Finger um den Schwertgriff schlossen und die geweihte Klinge im Schein der Fackeln durch den Raum blitzte. Innos' Feuer, wusste er. Nur so hatte er einen Schild gegen den unheilvollen Zugriff dieses Lakaien aufbauen können und daher dankte er Innos, als er auch noch die zweite Hand um den Griff schloss und zur Drehung ansetzte. Mit einer flüssigen Bewegung vollführte er sie zur Hälfte, dabei bereits zwei Schritte zu Syvers Begleiter, der ihn mit herein eskortiert hatte, zurücklegend. Dieser hatte gerade einmal verblüfft seine Waffe ziehen können, als der Streich sein Ziel traf. Dieser Schrei war nicht so laut, sondern erstickte in etwas feuchtem, als die Waffe bereits zu Boden fiel und sich beide Hände verzweifelt um die wertvollen Lebenssaft preisgebende Kehle schlossen.

    „Erledige ihn!“

    Medin fuhr wieder herum. Andreja hatte einen Dolch gezogen und verharrte neben dem am Boden liegenden Arugius, während sich Syver wieder aufrichtete und vor seine Herrin schob, das Schwert fest umklammert.

    „Ihr hättet mich in Ruhe lassen sollen“, wiederholte Medin und machte einige Schritte auf die drei zu. Die Initiative lag bei ihm, er musste sie nur nutzen. „Und vor allem hättet ihr meine Familie in Ruhe lassen sollen, aber die habt ihr mir genommen. Also nehme ich euch nun eure!“ Oder das, was so etwas wie einer Familie am nächsten kam.

    Mit einem wutentbrannten Ausruf stürmte er auf Andreja zu, wohl wissend, dass Syver sie verteidigen würde. So kam es auch. Der Nordmarer hob sein Bastardschwert zur Parade, Metall traf auf Metall und die Parierstangen verkanteten sich. Einen Augenblick rangen die beiden gegeneinander, bis es Syver gelang, Medin ein Stück nach hinten zu drängen.

    „Ihr verlasst diesen Ort nicht lebend!“, rief der Attentäter nun ebenso wutentbrannt. Währenddessen half Andreja dem vom Blutverlust geschwächten Arugius auf und zog sich in den hinteren Teil des Saales zurück, um hinter einem der zahlreichen Wandteppiche zu verschwinden.

    „Ihr ebenso wenig“, gab Medin zurück und löste die Verkantung. Syver nutzte die Gelegenheit zu einem schnellen Stich, den der Südländer nur mit Mühe blocken konnte. Doch die Klinge seines Kontrahenten rutschte zur Seite weg und bohrte sich zu tief in das Polster des Sessels, in dem Medin gerade noch gesessen hatte. Kurzes Kettenhemd, erinnerte sich der Paladin glücklicherweise und hieb blitzschnell in Richtung der Arme seines Gegners. Ein Schrei ertönte, als er den rechten direkt oberhalb der Armschienen traf. Syver taumelte zurück, ohne dass er sein Schwert hatte befreien können. Mit der Linken zog er einen Dolch vom Gürtel, aber Medin erkannte einen Rechtshänder im Kampf. Ohne die Distanz zu weit zu verringern richtete er seine Schwertspitze auf die Kehle des Nordmarers.

    „Wo ist Kortis?“, fragte er. „Sagt mir, wo er festgehalten wird und euer Tod wird schnell sein.“

    „Vergesst es!“, spuckte Syver aus und griff mit dem verletzten Arm in die Klinge, um sie zur Seite zu schieben und mit dem Dolch voran auf Medin zuzustürzen. Der Überraschungsangriff gelang, doch war zu ungenau und so glitt die Schneide an den Ringen des Kettenhemdes ab. Dem Streiter gelang es zur Seite zu springen und einen zweiten Hieb auf den anderen Arm Syvers zu führen. Klirrend fiel der Dolch zu Boden und noch bevor er einen Fluchtversuch unternehmen konnte, trafen zwei weitere Streiche den Nordmarer in Bein und Schulter. Der Kämpfer sank auf die Knie und kippte dann vorne über, wo sich sein Blut mit dem von Arugius mischte. Ein leises Röcheln ertönte. Medin, die Klinge noch immer auf ihn gerichtet, stieß ihn mit dem Stiefel in die Seite und schob den stämmigen Nordmarer auf den Rücken. Ein schmerzerfülltes Stöhnen durchdrang den Raum.

    „Euch kann wahrscheinlich nicht einmal mehr euer Arugius helfen, wenn er denn hier wäre. Sagt mir, wo ich Kortis finde und ich mache dem ein Ende.“

    Die blauen Augen Syvers waren noch geöffnet und starrten auf irgendeinen Punkt über Medin. Einige Augenblicke überlegte der Attentäter Andrejas anscheinend, bevor er mit Mühe ein paar Worte hervor brachte.

    „Kerker … eine Ebene tiefer ...“ Ein Husten erstickte den Versuch zu Reden. Blut spritzte aus dem blonden Bart des Nordmanns hervor.

    „Wo ist der Schlüssel?“, fragte Medin.

    Die blutverschmierte Hand des tödlich Verwundeten versuchte an den Gürtel zu greifen und Medin verstand. Er sah den Metallring, an dem sich einige Schlüssel befanden, neben der leeren Dolchscheide befestigt. Ohne zu zögern senkte er die Spitze seines Schwertes in die Kehle des Sterbenden und beendete sein Leiden. Dann hielt er einen Augenblick inne.

    Der innere Bereich des Saales sah aus wie ein Schlachtfeld. Der Teppich, die Sessel und ein Beistelltisch waren blutbesudelt, einige von dem kurzen Kampf auch beschädigt oder umgestoßen. Von Arugius oder Andreja fehlte jede Spur, aber sie hatten den Raum nicht durch die Tür verlassen. Wahrscheinlich trommelte sie gerade weitere Schergen zusammen, um Jagd auf Medin zu machen. Er konnte sich kaum vorstellen, dass sie einfach fliehen würde.

    Als erstes löste er den Schlüssel von der Leiche vor ihm, eilte zur Tür, verschloss sie und schob einen Sessel vor den Eingang. Dann wischte er sein Schwert an einem der Polster ab und schnallte sich beide Waffen wieder auf den Rücken. Er brauchte eine Fackel und dann würde er sich den Geheimgängen hier zuwenden. Gerade überlegte er, ob er vorher noch Feuer legen sollte, als er hinter einem der Wandbehänge eine Bewegung wahrnahm.

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    Nie würde sie komplett verstehen, warum sie sich auf diese Reise begeben hatte und noch weniger warum sie sich mit ungenügender Vorbereitung in die Höhle der Löwin wagte. Es war keine Rache, mehr ein Gerechtigkeitsbedürfnis. Aber da war sie und flüsterte nur ein Wort.

    "Ich."

    Dann nahm sie Medins Hand und zog ihn hinter sich her.

    "Syver weiss gar nicht was für ein Geschenk er dir mit diesem Schlüssel gemacht hat. Obwohl ich mir sicher bin, dass Kortis nicht in diesem Keller ist."

    Hauchte sie in einem ruhigen Moment. Syver war auf deutlich schlimmere Folter borbereitet worden als Medin jemals dazu fähig gewesen wäre. Darum war sie wohl auch zu ihm zurück gekehrt. Sie hielt gar nichts von seinem Glauben, aber von seinem Pragmatismus.

    "Denkst du Kortis ist wirklich hier?"

    Fragte sie dann und er bejate. Also beschlossen sie sich gemeinsam auf die Such nach ihm zu begeben. Als er jedoch wenige MinuTen später von alleine zu ihnen stiess, gefrohr beiden das Blut in den Adern. Das war kein Zufall.

  14. Beiträge anzeigen #174 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Kortis sah schlimm aus. Der fremdländische Krieger war deutlich schmaler geworden. Die eingefallenen Wangen passten zum mageren Gesamtbild, das er abgab und im Schein des Fackellichtes wirkte seine Haut unwahrscheinlich blass. Die Haare fielen ihm in kurzen Strähnen ins Gesicht und ein Rasiermesser hatte sein Bart auch schon lange nicht mehr gesehen. Dennoch riss er die Augen ungläubig auf, als er ausgerechnet Medin über den Weg lief. Wenn vorher noch so etwas wie Farbe in seinem Gesicht existiert hatte, dann war sie spätestens in diesem Augenblick gewichen.

    „Kortis!“ Medin teilte sich seine Überraschung vermutlich mit Viraya. Doch auf den ungeduldigen Ausruf des Paladins folgte ein schmerzhafter Stich in seinem Herzen. Eben noch hatte er funktioniert, kompromisslos und effizient, wie es die Bedingungen erforderten. Doch nun stand er dem Mann gegenüber, dem er vor Jahren seine Familie anvertraut hatte und der sein letzter Strohhalm in der Hoffnung, doch noch eine Lebensspur von ihnen zu finden, war. Es war eine Sache von Andreja geschildert zu bekommen, dass seine Familie nicht mehr am Leben war. Eine andere wäre es, wenn ihm Kortis diese Gewissheit geben würde.

    „Das ist unmöglich!“, stieß der Kämpfer aus. „Wie seid ihr hier rein gekommen?“

    „Durch die Vordertür“, kämpfte Medin den Drang, eine Flut von Fragen loszulassen, nieder. „Zu lange Geschichte. Ich dachte, Ihr werdet hier festgehalten.“

    Kortis hustete rau, bevor er antwortete. Seine Augen wirkten leer und es schien so, als ob er den direkten Augenkontakt mit Medin meiden würde.

    „Das wurde ich auch. Wochen, Monate … ich weiß es gar nicht genau.“ Er war um eine feste Stimme bemüht, doch hier und da versagtem ihm die Stimmbänder ihre Gefolgschaft und ein keuchendes Schnarren mischte sich unter die Wörter. „In letzter Zeit war ich oft ohne Bewusstsein. Hab jedes Zeitgefühl verloren. Vorhin bin ich aufgewacht und die Zellentür stand offen. Einer von Andrejas Leuten lehnte tot an der Wand gegenüber … vollkommen ausgeblutet. Ich habe Rufe und Schritte gehört, eine Ebene über mir … glaube ich. Als mich meine Füße tragen wollten, bin ich aus der Zelle raus und habe versucht den Ausgang zu finden, aber irgendwie bin ich hier gelandet …“

    Der Südländer überlegte. War hier noch eine dritte Partei zugange oder waren sie schon wieder Teil in Andrejas Ränken? Vielleicht nutzte sie das Chaos auch, um sich Aufrührern in den eigenen Reihen zu entledigen und die Organisation etwas zu straffen. Irgendjemand schien auf alle Fälle gewollt zu haben, dass sie hier auf Kortis treffen. Nun gut, damit ließ sich arbeiten.

    Er übergab die Fackel kurz an Viraya, um auch das Bastardschwert vom Rücken zu nehmen und Kortis zu reichen.

    „Ich hoffe, du bist dafür noch kräftig genug.“

    Kortis nickte und nahm die Waffe mit beiden Händen. Er mochte sehr geschwächt sein, doch auch nach wie vor ein ausgezeichneter Kämpfer, wie Medin aus eigener Erfahrung wusste.

    „Das wichtigste ist, dass wir hier heraus kommen“, wandte er sich dann an beide. „Fragen können wir später immer noch klären. Allerdings bietet sich jetzt, da wir in dieses Versteck eingedrungen sind, eine einmalige Gelegenheit.“ Er blickte Viraya direkt in die Augen. Bis hierher war er ihr gefolgt. Oder sie ihm? Die Grenzen verschwammen.

    „Du weißt, wie weit der Arm von Andreja Dimosa reicht“, appellierte er an sie mit fester Stimme. „Wir sollten dieser Schlange ein für alle Mal den Kopf abschlagen, denn eine zweite Chance bekommen wir vielleicht nicht. Wenn wir das nicht tun, wird sie uns nur noch mehr jagen … bis nach Argaan und auch über die Grenzen des Reiches hinaus.“ Medin war lauter geworden. Man hörte ein leichtes Zittern. Noch nie hatte er einer Person so sehr den Tod gewünscht wie Andreja.

    „Wir müssen sie aufspüren, und zwar schnell!“

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Dafür war Viraya entgegen jeder Vernunft natürlich zu haben. Für diese Rache war sie bereit zu sterben. Nur musste sie sicher gehen, dass Andreja diese Welt zusammen mir ihr verliess. Aber das würde sie sicher schaffen. Dass nun Kortis auf wundersame Weise zu ihnen gestossen war, hätte bei ihr normalerweise alle Alarmglocken ausgelöst, doch hier wollte sie einfach glauben, dass der Moment diese Frau zu vernichten gekommen war.

    Sie hatte ihren Dolch gezückt und folgte Medin und Kortis. Dabei hallten ihre Schritte durch die alten Gänge, die nie in den Genuss von Tageslicht gekommen waren. Sonst schien alles absolut still. Noch drei Schritte lang zumindest, dann durchbrach plötzlich die Stimme einer Frau die Stille. Sie schrie aus voller Kehle.

    "Alena?"

    Schoss es Viraya noch durch den Kopf, dann war es wieder ruhig. Eine angespannte Ruhe, die dadurch verstärkt wurde, dass sie alle wie festgefroren stehen geblieben waren. Dann ein dumpfer Aufprall, ein Gurgeln, Metall, das auf Metall schlug. Woher die Geräusche kamen war nicht auszumachen, doch hier ging etwas vor, was die Dimosas noch lange in Erinnerung behalten würden, wenn sie den Tag überlebten. Doch irgendein nagender Gedanke sagte Raya, dass es nicht so einfach sein würde diese Brut auszurotten. Sie überlegte einen Augenblick lang ruhig und eine Erkenntnis ergriff sie.

    "Wir können entweder Rache nehmen oder diesen Ort lebend verlassen. Was wollt ihr?"


    Für sie war es relativ klar. Sie würde Rache nehmen.
    Geändert von Viraya (07.02.2016 um 22:37 Uhr)

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    Normalerweise wäre Medins erster Impuls gewesen, beides zu versuchen. Bisher hatte das auch meistens funktioniert. Aber hier setzte sein auf Vernunft wie auch primitive Instinkten basierender Überlebenswille aus. Zu schwer wog der Schlag, dem ihm diese Frau verpasst hatte und wenn ihm noch etwas vor dem endlos schwarzen Abgrund der Selbstaufgabe hielt, dann war es Fatalismus. Wenn er hier sterben sollte, dann war es so. Er würde versuchen, dabei so viel schlechtes aus dieser Welt mitzunehmen, wie er konnte. Weiter in die nächste Welt, in Beliars Reich. Dort, wo es hingehörte. Innos, steh mir bei, rief er das Feuer in sich an. Noch dieses eine Mal.

    „Auf mich kannst du zählen“, erwiderte er zu Viraya, in deren Augen er das gleiche Feuer der Entschlossenheit erkannt hatte, ohne dass sie ihm das mitteilen musste. Sie nickte.

    „Zu dritt haben wir eine Chance“, meinte Kortis leiser, ohne seine Entscheidung mitgeteilt zu haben. Aber was blieb ihm schon anderes übrig. „Hier entlang.“

    Er führte sie den Gang weiter und meinte, dass er irgendwo auf einer Ebene weiter oben herauskommen musste. Dort, von wo der Lärm zu hören war. Dort, wo sie hoffen konnten wieder auf Andreja zu treffen. Ein letztes Mal.

    Plötzlich war ein weiterer Schrei zu hören. Er war lang gezogen und begann wie der wütende Kampfschrei eines Soldaten in der Schlacht, bevor er sich nach einigen Augenblicken brach und zu einem Schrei der Verzweiflung und des Schmerzes wurde und schließlich wieder erstarb. Die drei Gefährten hielten kurz inne.

    „Wir sind nah dran“, meinte Medin dann nur und drängte zum weitergehen. Diesmal aber vorsichtiger und leiser. Jeden Schritt setzte er bewusst, sofern das in dem nur spärlich von der Fackel erhellten Gang möglich war.

    Nach einigen Minuten, in denen immer wieder vereinzelte Rufe und Kampfgeräusche zu hören gewesen waren, hob er die Hand, um die nachfolgenden Anhalten zu lassen. Vor ihm befand sich eine hölzerne Tür. Den Einhänder keine Sekunde senkend legte er die noch brennende Fackel in eine Nische, in der sie nicht sofort ausgehen würde, aber auch nicht sofort zu sehen war. Dann trat er an die Tür heran und betätigte vorsichtig die Klinke. Unverschlossen. Kurz blickte er noch einmal zu den anderen, die sich bereit hielten und zog sie dann langsam auf.

    Er danke Innos, dass keines der Scharniere quietschte. Stattdessen schwang die Tür auf und gab den Blick direkt auf einen Wandteppich frei, hinter dem sie sich zu befinden schienen. Der Paladin ergriff vorsichtig mit der freien Hand eine Seite und zog ihn einen Spalt weit zurück.

    Auf der anderen Seite eröffnete sich seinem hindurch spähenden Auge eine niedrige Halle. Fackeln erleuchteten auch hier die steinernen Wände und alles, was sich zwischen diesen befand. Und das war ein Schlachtfeld. Medin zählte mindestens fünf tote Körper am Boden, dazwischen mehrere Blutlachen, umgestürzte Bänke, Tische und Kohlepfannen. Einer der Kerzenhalter von der Decke war hinab gestürzt und schien einen Kämpfer unter sich begraben zu haben und in der Ecke waren mehrere große Tonkrüge zu Bruch gegangen und hatten dort den Boden mit irgendeiner Flüssigkeit übergossen.

    Viel interessanter waren aber die beiden Parteien, zwischen denen sich dieses Blutbad abgespielt haben musste. In der einen Hälfte, näher an dem Wandteppich und zum Glück mit ihren Rücken zu ihm, stand Andreja umgeben von gut einem halben dutzend Getreuen. Einige von ihnen schienen schon Verletzungen davon getragen zu haben, einer lag sogar zusammengekauert am Boden. Medin erkannte auch Arugius, der hinter Andreja dem Wandteppich am nächsten stand. Sorgen bereitete ihm auch ein Armbrustschütze, der mit einer geladenen Waffe durch den Raum zielte. Dort auf der anderen Seite des Raumes stand bedrohlich nah an eine Wand gedrängt Alena mit ihrer Entourage. Die beiden Muskelprotze aus Gorthar waren zu erkennen, sowie ein unbekannter Kämpfer mit einem großen Reiterschild, der sich schützend vor die drei gestellt hatte. Alena schien ebenfalls schon verletzt zu sein.

    „Seid ihr nicht des Blutvergießens müde?“, fragte Andreja ihre Kontrahentin, während ihre Männer langsam einen angedeuteten Halbkreis aufzufächern schienen, um sie besser bedrohen zu können. Anscheinend hatten sich die beiden Gruppen gerade erst neu formiert.

    „Eures ist noch nicht geflossen“, erwiderte die Ränkeschmiederin verbissen, während Medin den anderen beiden etwas Platz machte, damit sie sich auch ein Bild von der Lage machen konnten.

    „Ihr habt keine Aussicht auf Erfolg, Alena“, verkündete die Matriarchin dieser Bande ihrer Gegnerin. „Bis zur Tür schafft ihr es nie und auch wenn euer wackerer Schildträger die Armbrust nie aus den Augen lässt, seid ihr doch in der Unterzahl. Verkürzt eurer Leiden. Ihr ward nie eine Frau offener Kämpfe. Wo ist das Messer in meinem Rücken, das ich von euch viel eher erwartet hätte?“

    Ob Alena die Neuankömmlinge hinter dem Wandteppich bemerkt hatte? Medin war sich nicht sicher, aber er wusste, dass sie nur ein kleines Zeitfenster hatten, um diese Situation zu ihrem Vorteil zu nutzen.

    „Das ist unsere Chance“, flüsterte er zu den anderen, während in der Halle Andrejas laute Stimme weiter versuchte, die Gegenseite vom Aufgeben zu überzeugen und ihren Männern genug Zeit zum Ausschwärmen zu verschaffen. „Wir schlagen los, sobald Andrejas Leute versuchen über Alenas Männer herzufallen. Wir konzentrieren uns nur auf die Leute hinten: Andreja, Arugius, vielleicht der Schütze. Wenn wir schnell zuschlagen, reicht das Überraschungsmoment vielleicht, um das Blatt zu wenden.“

    „Was, wenn uns der Schütze bemerkt?“, fragte Kortis.

    „Wir müssen und schnell bewegen. Arugius verdeckt ihm etwas das Schussfeld … er darf keine Zeit zum Zielen haben“, erklärte der Südländer. „Arugius ist ohnehin das größere Problem.“ Vor allem bei all dem Blut dort drinnen, fügte er in Gedanken noch hinzu, und blickte wieder hinter dem Spalt durch den Wandteppich.

    Da war er, der kurze Moment vor einer Schlacht, in dem sich alles fokussierte. Vielleicht würde es sein letzter Moment dieser Art sein. Es spielte in diesem Augenblick keine Rolle mehr.

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    Der für die anderen Fremde hob urplötzlich und ohne spezielle Veranlassung den Schild. Und ein Wurfdolch prallte davon ab. In diesem Moment erstarrte Viraya komplett. Sie versuchte ihren Gliedern Befehle zu erteilen, ihre Stimme, zu erheben, doch trennten sich nur trockene, spröde, aber noch immer blutrote Lippen. Mit Mühe und Not schaffte sie es ihren Arm leicht zu heben, sodass Kortis in ihn hinein lief. Er blickte sie fragend an. Auch Medin schien das zögern bemerkt zu haben. Die beiden kämpften nicht zum ersten Mal zusammen. Sie mussten vermuten, dass sie entdeckt worden waren und Arugius dieses mal seinen Zauber auf Viraya wirkte, so still stand sie. Sie blinzelte nicht einmal, blickte nur auf das Geschehen. Aber es war nicht der Fall. Sie war in dem Moment erstarrt, als sie den Kämpfer mit dem grossen Reiterschild den Dolch abgewehrt hatten. Sie kannte ihn. Ein scheinbar liebenswürdiger, einvernehmender Mensch. Nur, dass es keine liebenswürdigen Menschen in dieser Branche gab. Er war an jenem Tag anwesend gewesen, als Redsonjas ihre Klingenmystik verloren hatte. War es möglich, dass Sessa Delores D'Aseri - ja sie mochte sich noch an seinen ganzen Namen erinnern - diese übertragen bekommen oder sogar einfach an sich gerissen hatte?

    Wenn er ...

    Viraya lief es bereits vom nicht fertig gedachten Gedanken eiskalt den Rücken hinunter. Dann schaffte sie endlich zu flüstern.

    "Falsche Seite." Stammelte sie. "Vielleicht."

    Zwei Augenpaare wirkten verwirrt. Es bedurfte einer Erklärung, aber einer kurzen und sehr bald.

    "Was ist, wenn jene Person, die in die Lücke, die Andreja hinterlässt treten wird viel schlimmer ist als sie?"

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    „Was, wenn nicht?“, entgegnete Medin etwas genervt in die Anspannung hinein. Solches Zögern durften sie sich nicht leisten. Hatte Viraya auf Argaan nicht befürchtet, dass Medin im entscheidenden Moment zögern könnte?

    „Wir wissen es nicht. Wir wissen aber, dass Andreja verschwinden muss … dass sie für das, was sie getan hat, bezahlen wird. Und wer auch immer ihr nachfolgt, wird eine ganze Weile brauchen, um sich ihren Einfluss zu erarbeiten“, fügte er das vielleicht vernünftigste Argument noch hinzu. Dennoch war es nicht viel mehr als ein rasches Raunen, mit dem seine Worte den Mund verließen. Sie hatten keine Zeit mehr, denn sie jetzt zögerten, würden sie keinen Vorteil mehr gegenüber der verbleibenden Fraktion im nächsten Raum haben – ganz gleich, wer dort die Oberhand erlangen würde.

    „Was ist jetzt?“, drängte er Viraya und konnte sich kaum noch zurückhalten. Das Feuer brannte …

    Von der anderen Seite des Wandteppichs ertönte ein lauter Ruf, dann ein zweiter. Benagelte Stiefel setzten sich in Bewegung und irgendwo traf Metall auf Holz. Die Zeit war abgelaufen.

    „Töte, wen du willst“, sprach er schließlich aus. „Ob du bei mir bist oder nicht … ich kann da draußen auch alleine sterben.“

    Mit diesen Worten zog er den Wandteppich noch ein Stück weiter zurück und trat in das Licht des Kampfes hinaus.

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    Kortis folgte Medin, während Viraya zögerte. Sie konnte nicht entscheiden welche Seite das geringere Übel war. Also zog sie sich sang und klanglos zurück oder wollte dies zumindest, denn bevor sie sich weg drehen konnte, kreuzten sich ihre Blicke mit Andrejas. Die Frau, die lange fast wie eine Mutter für sie gewesen war, schien keinerlei Angst zu haben. In ihren Augen war weder Liebe, noch Hass, noch Kälte zu erkennen. Sie blickte einfach mit einer unglaublichen Entschlossenheit in diese Welt hinein, dass es Viraya erschütterte. Ob es ein Zauber war, der ihr gebot sich auf ihre Seite zu schlagen oder der Respekt, den sie dieser konsequenten Frau zollte, wusste sie selber nicht. Aber in einem hatte dieser Hitzkopf - Medin - recht, sie hatte keine Zeit zu zögern. Also zog sie ohne zu schauen, was die anderen beiden taten, oliries Schwert. Sie stürzte sich auf die erste Angreiferin, deren Gesicht sie noch nie gesehen hatte. Sessa hatte also seine eigenen Leute rekrutiert. Sie war gewandt und schnell und ihr Rapier glitzerte gefährlich nach Gift. Viraya wollte es nicht darauf ankommen lassen. Sie machte daher einen Schritt zurück. Einen weiteren konnte sie nicht tun, denn sonst blieben ihr keine Ausweichmöglichkeiten mehr. Einen kurzen, aber lang wirkenden Moment, standen sie sich gegenüber und keine wagte den ersten Angriff. Schlussendlich wagte es Viraya. Sie täuschte einen Angriff an, drängte aber nur den Rapier der Gegnerin zur Seite, liess ihr Schwert aber zurückfedern und traf die andere Hand der Kämpferin auf welche die Frau nicht gut genug geachtet hatte. Sie schrie auf. Dadurch war die Fremde einen tödlichen Moment lang abgelenkt. Zeit genug, dass Viraya statt zu triumphieren die Situation ausschlachten konnte.

    Dann war der Weg frei und sie griff Sessa von der Flanke aus an. Dazu machte sie einen kleinen Haken, unbemerkt tänzelte sie in Position und lächelte ganz fein. Etwas, was sie selten tat. Aber die Gewissheit, dass in diesem Raum mehr als eine Person das Leben lassen würde, erfüllte sie mit süsser Genugtuung. Sessa war mit einem der besten Schwertkämpfer in Andrejas Reihen beschäftigt, als Viraya dazu stiess. Dennoch wusste sie, dass dies eine harte Probe werden würde und sie war nicht überrascht, als wie aus dem Nichts ein Schwert auf das ihre prallte. Trotzdem wurde sie durch die Wucht einfach von den Beinen gefegt. Sie stürzte nach hinten in den Staub, unverletzt, aber leicht benommen, denn ohne, dass sie es bemerkt hätte, küsste ihr Hinterkopf den Stein.

    Augenblicklich schaute sie sich im Raum um und erkannte Medin und Kortis, während sie sich leicht taumelnd wieder aufrappelte. Es allerdings nur auf Knie schaffte, bevor sie von einem anderen bekannten Gesicht angegriffen wurde. Zeit zu beweisen, dass du den Umgang mit dem Schwert wirklich gelernt hast. Dachte sie grimmig und stürzte sich auf den sicherlich kampferprobteren Gegner.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Medin hatte sein Ziel von Anfang an mit den Augen fixiert. Ohne die Klinge in der Hand war er hinter dem Wandteppich hinaus in das Licht der Fackeln getreten und los gerannt. Kortis war hinter ihm. Was Viraya machte, wusste er nicht. Später. Jetzt waren andere Sachen wichtiger.

    Die Distanz war nicht sehr groß. Vielleicht zehn Schritte. Doch Arugius bemerkte ihn schon nach den ersten zwei. Er hatte sich am weitesten hinten gehalten, während Andreja mit ihren Männern in den Kampf eingriff.

    „Noch nicht geflohen?“, fragte der Magier und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Einen Augenblick schien er zu überlegen, ob er zu Andreja zurückweichen sollte, aber Medin war schon in den Laufschritt übergegangen, mit der Hand über die Schulter langend.

    „Ein Fehler!“, rief Arugius und streckte beide Hände nach vorne. Trocknendes Blut klebte an ihnen.

    Es war nicht wie eine Wand, sondern als ob Medin in eine zähe Masse … einen großen Bottich mit frischem Hefeteig oder dergleichen hinein gelaufen wäre. Augenblicklich verlangsamten sich seine Bewegungen, seine Hand erreichte nie den Schwertgriff und wieder versuchte dieselbe Panik wie in der anderen Kammer, als er die Kontrolle über seine Gliedmaßen verloren hatte, in ihm aufzusteigen. Aber diesmal wusste er, was ihm bevorstand. Diesmal spürte er bereits das Feuer in sich, konzentrierte sich auf die Flamme, auf diese brennende Sehnsucht, die durch die Verzweiflung des zur Gewissheit gewordenen Verlustes nur noch angefacht worden war und nun in hell gleißendem Zorn brannte. Kurz schlossen sich seine Augen und das Blut rauschte durch seine Ohren. Für einen Wimpernschlag erhellte ein hell bläuliches Leuchten die Luft um ihn herum und ein tiefes, dumpfes Brummen jagte als kaum hörbare Schallwelle durch den Raum.

    Dann öffneten sich seine Augen wieder, Arugius fest im Blick.

    „Du bist erschöpft“, sprach er zu dem Mann, dem er den Verlust seiner Familie zu verdanken hatte und setzte sich wieder in Bewegung. Es waren nicht mehr viele Schritte, die er zu der ungläubig zitternden Gestalt zu überbrücken hatte. Doch statt sein Schwert zu ziehen, holte er einfach mit der Faust aus und schlug sie aus dem Lauf heraus in das eingefallene, graue, von einer großen Brandnarbe entstellte Gesicht. Der Blutmagier schrie auf und fiel hinten über. Sein Kopf schlug mit einem dumpfe Knall auf den Boden auf, aber er blieb bei Bewusstsein. Gut, dachte der Südländer und beugte sich über die Gestalt. Mit der Linken packte er den Kragen und die Rechte drückte er flach geöffnet auf das Gesicht dieses Scheusals. Und dann erinnerte er sich an die Worte, die er einst in einem Buch von Jun gelesen hatte, als sie in Quasar gewesen waren. In einer besseren Zeit, als die seinen noch bei ihm gewesen waren. Er murmelte die kurze Litanei so leise, dass auch Arugius sie nicht verstehen konnte. Wenige Verse, die wie aus einer anderen Zeit schienen und ihren langen Arm nach diesem Geschöpf ausstreckten, um es ein für alle Mal aus dieser Welt zu verbannen.

    „Geh“, flüsterte Medin zum Schluss. „Geh und brenne!“ Er spürte das Feuer in seiner Brust zu einer gleißenden Hitze anschwellen, die seinen Arm hinab jagte und mit einem Mal schrie Arugius, als wäre er auf einem Scheiterhaufen. Sein Körper wand sich mit aller verbliebenen Kraft, doch der Paladin presste sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn und drückte die Hand noch fester auf das Gesicht. Wieder war für einen kurzen Augenblick ein bläuliches Leuchten zu sehen, das direkt unter seinen rechten Handfläche seinen Ursprung zu haben und aus den weit geöffneten Rachen und Augen Arugius' wieder hervorzubrechen schien. Nach einem kurzen Moment verschwand es jedoch wieder. Der Schrei erstarb und die Gliedmaßen des Magiers stellten ihren Widerstand ein. Die Luft roch wie nach einem Blitzeinschlag. Medin kniete auf einer toten, leeren, verzehrten Hülle.

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