Portal-Zone Gothic-Zone Gothic II-Zone Gothic 3-Zone Gothic 4-Zone Modifikationen-Zone Download-Zone Foren-Zone RPG-Zone Almanach-Zone Spirit of Gothic

 

Seite 19 von 20 « Erste ... 812151617181920 Letzte »
Ergebnis 361 bis 380 von 398
  1. Beiträge anzeigen #361 Zitieren
    Lehrling Avatar von Elise
    Registriert seit
    Mar 2024
    Beiträge
    20
     
    Elise ist offline

    Zweiter Akt - Anklagebank

    „Lord Garing, bitte erhebt euch!“, verlautbarte der Richter Konstantinus, woraufhin sich der Angesprochene mit einem unhörbaren, aber dafür sichtbaren Murren erhob.
    „Euer Ehren, hiermit bitte ich um die Verlesung der Anklage!“
    „Stattgegeben! Ihr steht heute vor dem ehrenwerten Gericht Gorthars, da ihr euch folgenden Verbrechen schuldig gemacht haben sollt:
    Der Unterschlagung von Waren. Dem Nicht-Nachkommen der euch erteilten Aufgaben als Verwalter der Mine. Manipulation der Schwefelpreise. Die angeordnete Vernichtung von Beweismitteln.“

    Konstantinus machte eine kurze Pause, um die Schwere der Anklage hervorzuheben und fragte dann den Angeklagten:
    „Wie plädiert ihr Lord Garing?“
    „Nicht schuldig in allen Anklagepunkten!“
    „Das Gericht hat eure Aussage zur Kenntnis genommen. Hiermit eröffne ich, Kraft meines Amtes als Richter der Stadt Gorthar, den Prozess gegen Lord Garing in den zuvor genannten Anklagepunkten! Als Zeugin zum ersten Anklagepunkt rufe ich nun die Prokuratorin Elisabeth Remilia von Graetenbach auf!“
    „Euer Ehren!“, antwortete die Adlige sogleich dem Aufruf und erhob sich von ihrem Sitz. Nach einer kurzen Verbeugung erhob sie dann das Wort: „Ich möchte um Erlaubnis bitten dem Notaranwärter Kyrias an meiner Stelle das Wort zu erteilen. Er ist noch in seiner Ausbildung und soll in diesem Verfahren wichtige Erfahrungen für seine künftige Arbeit sammeln!“
    „Stattgegeben! Dem Notaranwärter wird hiermit das Wort erteilt! Der Prokuratorin von Graetenbach steht es allerdings jederzeit frei die gemachten Aussagen richtig zu stellen, sollten dem Anwärter Fehler unterlaufen!“ Nach diesen Worten setze sich Elisabeth wieder hin und nickte dem jungen Notar zu, woraufhin er sich sichtlich nervös in den Zeugenstand begab.

    „Kyrias. Ihr habt zusammen mit der Prokuratorin die Schwefelminen durchsucht. Seid ihr dabei auf Indizien gestoßen, die auf eine Unterschlagung von Waren hindeuten?“
    „Ehm...in der Tat, euer Ehren!“, ergriff der Notaranwärter das Wort und schaute von da an gebannt auf seine Notizen und Unterlagen, die er in seinen leicht zittrigen Händen hielt.
    „Lord Garing ist als ehm...Besitzer der Mine und des umliegenden Landes, so wie als äh...Verwalter der Minengeschäfte damit beauftragt den geförderten Schwefel zu Lagern und an die Anteilnehmer eben jener auszuliefern. Bei unseren Untersuchungen haben wir festgestellt, dass ehm...sowohl in der Mine selbst, als auch in den Lagerhäusern insgesamt einundzwanzig versteckte äh...Räume angelegt worden sind, in denen Fässer und Kisten gelagert waren.“
    „Einundzwanzig?!“, platzte es plötzlich aus Lord Garing heraus, der mit großen Augen begriff, was ihm da gerade herausgerutscht war. Gebrüllt hatte er es zweifelsfrei nicht, aber seine Stimme war zu seiner eigenen Verwunderung laut genug gewesen, dass selbst der Richter sie deutlich hatte vernehmen können.
    „Lord Garing? Wollt ihr damit die Anzahl der Räume bestätigen?“, fragte der Richter unbeeindruckt von Garings Ausrutscher.
    „Nein! Natürlich nicht! Ich habe absolut keine Kenntnis von diesen Räumen!“
    „Also gesteht ihr euch mit dieser Aussage im Anklagepunkt Zwei für Schuldig?“, fragte der Richter ohne die kleinste Spur von Genugtuung. Das konnte man Siegfried jedoch nicht zusagen, da dieser die Wahl der Anklagepunkte vortrefflich gewählt zu haben schien. In Anbetracht der Beweise, konnte sich Lord Garing zumindest aus dieser Zwickmühle nicht mehr herausreden. Dass schien er selbst in diesem Moment auch zu begreifen: bestätigte er die Anzahl der Räume, so machte er sich des ersten Anklagepunktes vollends schuldig. Gestand er hingegen, dass er nur von einem Teil der Räume wusste und die übrigen ohne sein Wissens von den gierigen Aufsehern und Lagerarbeitern angelegt worden waren, so gab er zu, dass er die Arbeiten und den Zustand seiner Mine nicht ausreichend und regelmäßig überprüfen ließ. Das hier dargebotene Schauspiel amüsierte die Prokuratorin derartig, dass sie sich ein leichtes Schmunzeln erlaubte.
    „Hiermit möchte ich meine vorherige Aussage korrigieren. Ich habe Kenntnis von acht dieser Räume, welche sich in den Minen befinden. Von den Übrigen hatte ich allerdings keine Ahnung!“, gab Garing bekannt, was tatsächlich kein schlechter Schachzug war. Damit gestand er sich in den betreffenden Punkten lediglich eine Teilschuld ein. In Anbetracht der Tatsache, dass er wirklich nicht genau zu wissen schien, wie viele Räume seine Aufseher für ihren eigenen Vorteil angelegt hatten, war dies wohl die beste Option.

    Was hierauf folgte war eine detaillierte Beschreibung der gefundenen Räume seitens Kyrias und der mutmaßlichen Nutzung dieser. Die dadurch offen gelegte Beweislage sollte es dem Richter leicht machen das genaue Maß der Schuld festzustellen.
    „Ausgezeichnete Arbeit! Wie du siehst ist eine gute Vorbereitung das Wichtigste in unserem Beruf. Bei einer solch erdrückenden Beweislast, kann selbst ein so reicher und mächtiger Adliger wie Lord Garing dem nichts entgegen setzen.“, meinte Elisabeth zum jungen Notaranwärter gewandt, als dieser wieder neben ihr Platz nahm. Ihr ermutigenden Worte an ihn waren durchaus ehrlicher Natur, auch wenn sie ihm nicht davon erzählte, dass Macht und Geld dennoch einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Urteil des Richters haben würden. Aber solche Details, würde er in seiner künftigen Laufbahn schon noch miterleben.

    Als es dann um die Schwefelpreise ging, wartete Siegfried von Chevalion mit einer ermüdenden Masse an Dokumenten auf, welche die größten Geschäfte mit der genannten Ware in und um Gorthar zu einem Großteil vermochte aufzuzeigen. Dagegen stellte er ausgefallene Warenlieferungen und ertragsschwache Monate der Mine gegenüber. Zusätzlich führte Siegfried noch einige Händler auf, die mit Garing nachweislich in Verbindung standen und zu bestimmten Zeiten eine erhöhte Nachfrage an den Märkten verursacht hatten. Im Zusammenspiel mit den zuvor bereits belegten Unterschlagungen, konnte auch in Punkt drei der Anklage die Schuld des Lords festgestellt werden. Der erdrückenden Last der Beweise klein beigebend, gestand Garing kurzerhand auch im Vierten Anklagepunkt seine Schuld ein und ersparte somit sich und den Anwesenden eine unnötige Verlängerung des Prozesses. Es stand außer Frage, dass Elisabeth bei den Untersuchungen vortreffliche Arbeit geleistet hatte, woraufhin Siegfried die Anklagepunkte bestens hatte auswählen können.

    Der Richter nahm sich einen Moment Zeit, um sich mit seinen Beratern auf ein endgültiges Urteil festzulegen und gab dieses dann dem Lord und allen Anwesenden bekannt:
    „Das Gericht Gorthars hat entschieden, dass Lord Garing Schadensersatz an die Anteilnehmer und die Stadt Gorthar auszahlen muss. Desweiteren muss er seine Aufgaben als Verwalter der Schwefelmine zu Halvung niederlegen und seine Besitzansprüche jener Mine an die Stadt Gorthar abtreten. Die Höhe der zu entrichtenden Zahlungen, so wie die zeitliche Dauer der Besitzübergabe werden aus dem endgültigem Richtspruch vorgehen, welchen das gortharer Gericht Schwarz auf Weiß nachreichen wird!“

    Auch wenn der Richtspruch sehr klar formuliert war, so wusste die Adlige, dass die wichtigsten Faktoren bewusst offen gelassen worden waren. Auch wenn sich das Gericht gern als „ehrenwert“ bezeichnen ließ, so war es nicht abgeneigt Bestechungen jedweder Höhe anzunehmen. Sowohl Lord Garing, als auch die Anteilnehmer würden also in den nächsten Tagen die Möglichkeit bekommen um den genauen Wortlaut des Richtspruchs zu verhandeln. Gorthar war nicht ohne Grund das Machtzentrum der umliegenden Ländereien!

    Die Prokuratorin war bereits im Begriff sich zu Erheben und sich zu Siegfried hinüber zu begeben, um letzte Formalitäten seines Auftrages für sie zu besprechen, als Konstantinus erneut das Wort erhob:
    „Elisabeth Remilia von Graetenbach möge sich bitte erheben!“
    Die Worte des Richters trafen die Adlige unverhofft, weshalb sie sich nur zögerlich von ihrem Platz erhob und mit fragender Stimme sich an den Rechtssprecher wandte:
    „Euer Ehren?“
    „Ihr steht heute vor dem ehrenwerten Gericht Gorthars, da ihr euch folgenden Verbrechen schuldig gemacht haben sollt:
    Der Beihilfe zur Vernichtung von Beweismitteln. So wie der Ausübung von schädlicher Magie.“
    Wie schon zuvor machte Konstantinus auch dieses Mal eine kurze Pause und stellte dann die entscheidende Frage:
    „Wie plädiert ihr Frau von Graetenbach?“
    Elisabeth konnte nicht glauben, was sie da hörte. Die Worte drangen zu ihren Ohren, doch wirklich verstehen konnte sie diese nicht. Diese Anklage traf sie wie aus heiterem Himmel. Man hätte sie doch über diesen Prozess informieren müssen. Was ging hier nur vor?

  2. Beiträge anzeigen #362 Zitieren
    Lehrling Avatar von Elise
    Registriert seit
    Mar 2024
    Beiträge
    20
     
    Elise ist offline

    Zweiter Akt - Beweislage

    Die Anklage des Richters stand noch immer drohend im Raum während Elisabeth krampfhaft versuchte sich einen Reim darauf zu machen. Warum hatte man sie nicht informiert?
    Nicht lange und ihr wurde schmerzlichst bewusst, dass man sie sehr wahrscheinlich in Form der gerichtlichen Einladung tatsächlich versucht hatte zu informieren. Sie hatte lediglich versäumt den Brief auch zu öffnen und durchzulesen. Durch ihre guten Kontakte und ihrer Tätigkeit in den Gerichtsgebäuden, war sie zu jeder Zeit gut über die anstehenden Verhandlungen informiert. Nicht selten ließ sie die Einladungen ungeöffnet in den lodernden Kamin wandern, waren sie doch nur reine Formsache für die Prokuratorin. Zumindest bis auf dieses eine Mal, was ihr jetzt zum Verhängnis werden könnte!

    Ohne genaue Kenntnisse um den genauen Tatbestand und die Umstände ihrer Anklage, stellte sich die nicht unwichtige Frage, warum man die Zeugen aus dem ersten Verfahren gegen Lord Garing nicht hatte gehen lassen. Diese dürften doch nun nicht mehr gebraucht werden und wären nun gezwungen für ein weiteres Verfahren hier auszuharren. Für die Adlige gab es bei dieser Angelegenheit nur eine logische Schlussfolgerung: die beiden Prozesse mussten etwas miteinander zu tun haben, weshalb auch die Zeugen dieselben sein mussten.
    Vernichtung von Beweismitteln und Ausüben schädlicher Magie. Bei diesen Anklagepunkten und dem Zusammenhang mit der Schwefelmine lag die Vermutung nahe, dass man sie Beschuldigen wollte die Knochenhexe zu sein, die für das Chaos in der Mine angeblich verantwortlich gewesen war. Doch warum "Beihilfe"? Wäre die Knochenhexe nicht direkt für die Beweisvernichtung verantwortlich? Und würde ihr dann nicht auch der Tot all der Minenarbeiter zur Last gelegt werden?

    "Frau von Graefenbach! Wie plädieren sie?", riss die mitleidlose Stimme des Richters die Prokuratorin aus ihren Gedanken. Diese hob ihren Blick und schaute zu Siegfried hinüber, der sie mit gespielter Gleichgültigkeit anschaute.
    "Nicht Schuldig im Sinne der Anklagepunkte!", verlautbarte Elisabeth schließlich und richtete ihren Blick dabei wieder auf Konstantinus aus.
    Was auch immer hier vor sich ging, ihr Ankläger hatte sie in etwas hineingezogen mit dem sie nichts zu tun gehabt hatte. Auch wenn sie nicht gänzlich korruptionsfrei war, so hatte sie sich wissentlich keiner Straftat in den genannten Anklagepunkten schuldig gemacht. Es mussten also gefälschte Beweise vorliegen, die sie nur schwer, oder gar nicht widerlegen konnte. Somit machte es keinen Sinn für Unschuldig zu plädieren, dann würde sie nur tiefer in die Machenschaften ihres Peinigers hinein laufen. Dieser hatte den Prozess sicherlich gut durchdacht. Einen Prokurator klagte man schließlich nicht ohne stichfeste Beweislage an! Wenn sie hingegen mitspielte und zumindest die Auslegung der Anklagepunkte selbst anfechten konnte, hatte sie vielleicht sogar eine Chance!

    „Das Gericht hat eure Aussage zur Kenntnis genommen. Hiermit eröffne ich, Kraft meines Amtes als Richter der Stadt Gorthar, den Prozess gegen Frau von Graetenbach in den zuvor genannten Anklagepunkten! Als Zeuge zum ersten Anklagepunkt rufe ich nun Siegfried von Chevalion auf!“, verkündete der Richter, woraufhin sich der Blonde Adlige von seinem Sitz erhob und die Prokuratorin mit einem verschmitzten Lächeln versah. Ihn in ihrem Prozess zu sehen, gab Grund zur Besorgnis. Wer auch immer ihr Ankläger war, hatte gut daran getan ihn als Zeugen zu laden, hatte er doch gegen Lord Garing bereits vortreffliche Arbeit geleistet.
    „Herr von Chevalion, die Angeklagte steht im Verdacht mit Lord Garing zusammengearbeitet zu haben. Bei der Durchsuchung seines Kontors konnten entsprechende Dokumente gesichert werden. Würden sie diese dem Gericht bitte vorzeigen?“
    „Natürlich!“, antwortete Siegfried dem Richter knapp und reichte einem Notar die geforderten Papiere. Dann fügte er hinzu:
    „Wie auf den Dokumenten unschwer zu erkennen ist, hat Frau von Graetenbach eine Übereinkunft mit dem Lord getroffen. Durch die im vorherigen Prozess besprochenen Manipulationen des Schwefelhandels sollten Anteilnehmer der Mine in ein Verlustgeschäft geführt werden. Anschließend sollte die Angeklagte dadurch die im besten Fall wertlos gemachten Anteile der Mine aufkaufen. Auch ohne hier weiter in die Details zu gehen, sollte dem ehrenwerten Gericht klar sein welchen Vorteil sich die beiden dadurch schaffen würden, wenn der Kreis der Anteilnehmer auf ein Minimum schrumpft.“

    Bei den Ausführungen Siegfrieds wurde Elisabeth äußerst hellhörig, erklärten diese doch sehr genau unter welchen Umständen man sie hier Anklagte. Der Verdacht, dass Lord Garing den Vorfall selbst verursacht hatte, lag nahe, doch hatte sie damit in keiner Weise etwas zu tun.
    „Frau von Graetenbach, geben sie zu, dass die vorliegenden Dokumente echt sind und es sich hierbei um ihre Unterschrift handelt?“
    „Wenn euer Ehren mir erlauben einen Blick auf die entsprechenden Dokumente zu werfen?“, erfragte die Adlige und war dabei in der Tat sehr interessiert daran zu sehen wie gut man ihre Unterschrift hatte fälschen können. Da sie durch ihre Arbeit unzählige Male offizielle Dokumente für das Gericht beglaubigt hatte, wäre es ein leichtes in kurzer Zeit die Echtheit der Unterschrift durch einen direkten Vergleich festzustellen. Der Notar schritt zu ihr hinüber und überreichte das angeforderte Papier. Fasziniert las sie das Angebliche Abkommen mit Lord Garing und warf dann einen Blick auf die Unterschrift. Diese war in der Tat und zu ihrem Erschrecken ihre eigene. Entweder das, oder eine perfekte Fälschung! Wie war das möglich?

    „Ehrenwerter Richter, hiermit bezeuge ich, dass es sich hier um meine Unterschrift handelt. Bitte fahren sie fort!“, gab sie ohne mit der Wimper zu zucken, aber innerlich nur widerwillig zu. Auch wenn der Vorliegende Beweis eine Zusammenarbeit mit Lord Garing bekundete, so konnte er allein nicht zu ihrer Verurteilung führen. Die in dem Dokument aufgeführte Vereinbarung über die Aneignung der Anteile war schließlich nie vollzogen worden. Doch wenn sie richtig lag, sollte dieses Beweisstück auch nur die Grundlage bilden.

    „Stattgegeben!“, verlautbarte Konstantinus und rückte kurz sein Monokel zurecht bevor er einen Blick auf seine Unterlagen nahm.
    „Frau von Graetenbach, sie sollen vor einigen Tagen in Halvung genächtigt und die in deren Nähe liegende Schwefelmine besucht haben. Dem Gericht liegen die Aussagen zweier Wächter vor, die sie zum Schutz angeheuert und die gesehen haben wollen, wie sie Dokumente vernichteten. Die betreffenden Männer Garvik und Norbert können heute leider nicht anwesend sein. Möchten sie die gemachten Aussagen in Frage stellen und den Prozess vertagen, damit das Gericht die beiden Wächter anhören kann?“

    Bei dieser Aussage konnte sie nur ungläubig mit den Augen rollen, ob auch gleich ihrer eigenen Dummheit wegen. Freilich könnte sie den Notaranwärter Kyrias und ihren Diener Reginalds als Gegenzeugen aufrufen, doch durch das Aufteilen der Gruppe war es unmöglich ein Lückenloses Alibi aufzubauen. Tatsächlich hatte sie sich für längere Zeit allein ihren Nachforschungen hingegeben. Die beiden Männer die sie für den Auftrag angeheuert hatte, schienen sich durch ihre gekauften Aussagen noch etwas dazu verdient zu haben. Ärgerlich, aber nicht überraschend für gortharer Söldner.
    Zum Glück hatte sie an jenem Tag mit Siegfried alles nötige besprochen und auf Papier verschriftlichen lassen, um sich bei ihren Untersuchungen der Mine rechtlich abzusichern! Die Genehmigung, die der blonde Adlige ihr ausgestellt hatte, war bisher von keinem Nutzen für Elisabeth gewesen, da niemand sie am Tag der Untersuchung der Schwefelmine behelligt hatte. Keiner hatte sich für die Mine nach der Katastrophe interessiert, außer Plünderern, Siegfried und sie selbst. Jetzt, als sie aber auf der Anklagebank stand, sollte das Dokument als ihr wichtigstes Beweismittel herhalten, und bezeugen, dass sie nur im Auftrage und Sinne eben jenes Großhändlers gehandelt hatte!

    Elisabeth durchsuchte die Taschen ihres Mantels. Es war derselbe den sie immer trug und so auch an jenem Tag, als sie Halvung und die Mine besucht hatte. Sie war sich ganz sicher! Doch...die Genehmigung war nirgends zu finden! Mit schneller schlagendem Herzen durchsuchte sie noch einmal ihren Mantel und zog alle möglichen Gegenstände und Schreiben hervor. Keine Genehmigung! Nur ein leeres Blatt Papier fand sie, an welches sie keine Erinnerung hatte es je in ihre Tasche gesteckt zu haben. So wie die vermaledeite Krallenhand der Knochenhexe! Schnell ließ sie ihre Finger zurück zucken und aus der Tasche gleiten. Selbst unter normalen Umständen war der Besitz einer solchen Obskurität höchst fragwürdig, doch in ihrer derzeitigen Situation durfte niemand davon erfahren!
    Zu ihrem Glück befand sich Siegfried, der Herausgeber der Genehmigung für die Untersuchung der Mine, hier in diesem Raum. Auch wenn er für die Gegenseite angeheuert war, um gegen sie auszusagen, so würde er doch bestätigen können, dass er sie für die Beweisfindung beauftragt hatte. Ein Umstand, um den ihr Ankläger nicht wissen konnte und der sie jetzt vor schlimmeren bewahren sollte...

    „Frau von Graetenbach! Falls sie gedenken eine Pause einzuberufen, um über ihre Antwort nachzudenken, möchte ich sie hiermit darauf hinweisen, dass sie dies unter den ihnen sicher wohl bekannten Vorgaben dieses Mal nicht anfordern können.“ ertönte die monotone Stimme des Richters.
    Nicht anfordern können? Keine Möglichkeit zur üblichen Bestechung von Richter und Kläger? Bei diesem Gedanken wurde Elisabeth zum einen gewahr dass es sich bei ihrer Anklage definitiv nicht um bloße Schadensersatzforderungen handeln konnte. Und zum anderen wurde ihr schmerzlichst bewusst, wer ihr Ankläger sein musste und dass er sie genau da hatte, wo er sie haben wollte! Siegfried!
    Als die Prokuratorin zum blonden Adligen hinüber sah, konnte sie sein verschmitztes Lächeln erkennen. Bisher hatte sie angenommen, dass er in ihrem Fall lediglich ein bloßer Zeuge war und so wie sie selbst, nur seinen Aufgaben nachging. Dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit aber auch ihr Ankläger war, ließ seinen Auftrag an sie in ein völlig neues Licht rücken: er hatte ihr in Halvung eine Falle gestellt, um sie so in diese Angelegenheit mit hinein zu ziehen. Ihn jetzt als Zeugen für sich selbst aufzurufen, um zu bekunden, dass er sie für die Durchsuchung der Mine angeheuert hatte, wäre demnach vergebens. Wer wusste mit welcher dreisten Aussage er jedwede Zusammenarbeit mit ihr abstreiten würde?

    „In Anbetracht der erdrückenden Beweislast...“, begann die Adlige das Wort zu erheben und ließ dabei Lord Garing einen Blick zukommen, der ihm signalisieren sollte, dass sie nun beide im selben Boot saßen. Dieser schien über die Entwicklung der Ereignisse ebenso überrascht wie sie selbst, nickte ihr dann aber wohlwollend zu.
    „...revidiere ich meine Aussage und erkenne mich zum Anklagepunkt eins in vollem Umfang schuldig. Während meines Aufenthaltes in der Schwefelmine habe ich versucht belastendes Material für Lord Garing aus dem Weg zu räumen. In Anbetracht seiner kürzlichen Verurteilung, habe ich dabei wohl keine besonders gute Arbeit geleistet.“, gab Elisabeth an. Es war in ihrer Situation wohl das Einzige, was sie für eine milde Strafe aufbringen konnte.

    „Das ehrenwerte Gericht nimmt ihre Aussage zur Kenntnis und bekennt Frau von Greatenbach in Anklagepunkt eins für schuldig.“, verkündete Konstantinus, woraufhin seine Berater die gemachten Aussagen schriftlich festhielten. Der Richter selbst nahm sich hingegen einen Moment Zeit um in seinen Dokumenten zu blättern, während Siegfried sichtlich enttäuscht einen kleinen Stapel an Papieren niederlegte. Es war eindeutig, dass er die Prokuratorin ähnlich wie Lord Garing hatte demütigen wollen und weitere gefälschte Beweise parat gehabt hatte. Diese Genugtuung würde sie ihm allerdings nicht zukommen lassen. Stattdessen genoss sie die Ruhe bevor der zweite Teil ihrer Verhandlung beginnen würde.

  3. Beiträge anzeigen #363 Zitieren
    Lehrling Avatar von Elise
    Registriert seit
    Mar 2024
    Beiträge
    20
     
    Elise ist offline

    Zweiter Akt - Der Talisman

    Der Umstand dieses Prozesses war für Elisabeth sowohl überraschend, als auch ärgerlich. Aber wiederum auch nicht viel mehr. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden sich aus einer Verurteilung Schadensersatzforderungen ergeben, welche zweifelsfrei ihre Karriere als aufstrebende Händlerin sabotieren würden. So frustrierend ihre Situation aber auch war, es zeigte auch deutlich, dass sie im Begriff war eine wichtige Rolle in Gorthar einzunehmen und dadurch in das Ränkespiel der Mächtigen und Wohlhabenden geraten war. Auf diese Weise von Siegfried ausgenutzt und hintergangen zu werden, war also auch ein Zeichen ihres Aufstiegs. Mit Sicherheit würde es einen herben Rückschlag bedeuten, doch das Ende ihrer Karriere keinesfalls. Allerdings machte es den Anschein, als ob es nicht ausschließlich um Geldmittel ging, sondern noch etwas anderes hinter alledem steckte. Auch wenn sie gut auf diesen Prozess verzichten konnte, war sie dennoch sehr daran interessiert, was Siegfried hier im Schild führte.

    „Das ehrenwerte Gericht wird nun die Verhandlungen fortsetzen und zu Anklagepunkt zwei übergehen.“, erhob Richter Konstantinus wieder das Wort und zog damit die volle Aufmerksamkeit des Saals auf sich. „Frau von Graetenbach wird in diesem Beschuldigt schädliche Magie ausgeübt und dadurch die Anwohner und Händler des Roten Marktes geschädigt zu haben. Als erster Zeuge wird dazu Reginald der Diener Frau von Graetenbachs selbst aufgerufen!“
    Die Adlige wurde äußerst hellhörig, als ihr eigener Diener aufgerufen wurde, um gegen sie auszusagen. Als sie zu ihn hinüber sah, konnte sie auf seinem Gesicht jedoch eine ähnliche Verblüffung erkennen. Wie die meisten Gortharer war auch er käuflich, doch Elisabeth konnte sich nicht vorstellen, dass er je ein falsches Zeugnis gegen sie ablegen würde!
    „Vor einigen Tagen wurden zwei Personen beobachtet, wie sie sich unbefugt in das seit drei Monaten ungenutzte Haus von Gwedlyn dem Kürschner Zutritt verschafften. Bei einer Durchsuchung des Gebäudes wurde ein Ritualplatz im Keller ausfindig gemacht. Frau von Graetenbach steht im Verdacht hier dem Gott Beliar gehuldigt und ihre niederträchtige Magie gewirkt zu haben.“, stellte der Richter klar und wandte sich dann Reginald zu, der bereits seinen Platz im Zeugenstand eingenommen hatte.

    „Dem Gericht wurde zuteil, dass sie ein Innosgläubiger Mensch sind und fordert sie hiermit auf im Namen jenes Gottes zu bekennen nichts als die Wahrheit kund zu geben! Wenn sie dies tun, wird das Gericht ihre Aussagen für diesen Prozess als wertvoll anerkennen und sie zugleich von jeglicher Schuld befreien sich unerlaubt Zutritt in das derzeit leer stehende, aber nicht Herrenlose Gebäude verschafft zu haben.“
    Reginald zögerte für einen Moment, sprach dann aber mit gefasster Stimme: „So wahr Innos mein Zeuge ist, werde ich die mir auferlegten Fragen mit nichts als der Wahrheit beantworten!“
    „Das ehrenwerte Gericht vermerkt ihr Bekenntnis und wird ihnen im Folgenden einige Fragen stellen: Geben sie zu, dass sie sich zu dem genannten Haus begeben haben?
    „Ja, das tue ich!“
    „Wie oft haben sie sich unerlaubt zu dem Haus des Kürschners Zutritt verschafft?“
    „Ein Mal!“
    „Haben sie bei diesem einen Besuch Frau von Graetenbach im Keller angetroffen?“
    „Nein, euer Ehren!“, gab Reginald kund, was Elisabeth verblüffte, aber aufatmen ließ. Anscheinend war ihr Diener doch treuer als...
    „Aber ich habe meine Herrin auf der Kellertreppe angetroffen. Hier kam sie mir aus Richtung des Kellers entgegen, doch kann ich, so war Innos mein Zeuge ist, nicht aussagen, dass ich sie im Keller angetroffen hätte!“

    Der Adligen stockte der Atem. In Anbetracht der Umstände, war dies wohl das wohlwollendste, was er ihr gegenüber aussagen konnte. Sie hatte Reginald damals in ihr Haus als Diener aufgenommen, nachdem er mittellos nach seiner Verurteilung aus Quasar geflüchtet war. Wegen eines Vergehens, hatte man ihm die rechte Hand abgeschlagen, nur dass der damalige Herrscher in seiner Unfähigkeit ihm gleich den halben Unterarm mit abgetrennt hatte. Das Ereignis hatte den Alten in vielerlei Hinsicht geprägt. Und all die Jahre hatte er ihr treu gedient, auch wenn seine Gottesfurcht ein Makel war, der die Adlige immer wieder hat verzweifeln lassen. Niemals hätte sie jedoch geahnt, dass eben jener Makel ihr in diesem Maße zum Verhängnis werden könnte. Niemals hatte sie gedacht, dass er sie auf diese Weise hintergehen würde!
    Zumindest wusste sie jetzt warum sie an jenem Tag in diesem Keller aufgewacht war, auch wenn es noch immer ein Rätsel war, wie Siegfried sie in das Haus gelockt hatte.

    „Die Aussage genügt dem Gericht, um den Verdacht zu bestätigen.“ gab Konstantinus bekannt, was Elisabeth so allerdings nicht stehen lassen konnte. Zweifelsfrei konnte sie ihren Aufenthalt an jenem Tag im Haus Gwedlyns nicht mehr abstreiten, doch so einfach würde sie es dem Richter und Siegfried nicht machen!
    „Euer Ehren meinen damit sicherlich nur den Verdacht um den Aufenthalt, habe ich Recht? Ich nehme an, dass mein Diener der einzige Zeuge ist, der mich im Haus des Kürschners gesehen hat. Was ich dort im Detail tat, wird man mir demnach also nicht nachweisen können!“, ergriff Elisabeth das Wort, um die Aussage des Richters für das Protokoll richtig zu stellen und spezifizieren zu lassen.

    „Einspruch euer Ehren!“, schmetterte Siegfried in den Raum, noch ehe Konstantinus in irgendeiner Form auf ihre Aussage eingehen konnte.
    „Mag sein, dass es keine weiteren Zeugen gibt, die den genauen Umstand von Frau von Gratenbachs Aufenthalt bezeugen können, doch werden sich die Auswirkungen ihres Handelns sicherlich nachvollziehen lassen! Euer Ehren ist sicherlich nicht entgangen, dass in den vorliegenden Dokumenten Zahlreiche Berichte zu finden sind, die sich auf das Wirken von schwarzer Magie zurückführen lassen!“
    „Werter Siegfried! Was gibt euch eigentlich Grund zur Annahme, dass ich überhaupt Beliar anbete und nicht irgendeinen Naturgott der...Blutfliegen?“, hakte Elisabeth selbstsicher nach. Auch wenn sie tatsächlich sehr wenig Ahnung von Magie oder Gotteshuldigungen im Detail hatte, so könnte man den unbestreitbar vorhandenen Ritualplatz im Keller sicherlich auch irgendeinem Naturgott zuordnen. In Anbetracht der Blutfliegen, die sie dort selbst vorgefunden hatte...warum nicht einem Blutfliegengott, oder etwas in der Art? Falls Siegfrieds folgende Beweise also allein auf schwarzer Magie beruhten, konnte sie sich sehr wahrscheinlich aus seiner Schlinge ziehen!
    „Tatsächlich ist mir bei einer früheren Begegnung mit Frau von Graetenbach ein Indiz aufgefallen, das meine Argumentation bestätigen sollte!“, entgegnete der blonde Adlige mit einem verschmitzten Lächeln. Elisabeth schluckte. War sie ihm etwa gerade in die Falle gesprungen?
    „Damals war mir ein sonderbarer Talisman aufgefallen. Als treue Dienerin Beliars wird sie ihn sicherlich als Glücksbringer mit zu ihrem Prozess gebracht haben. Möglicherweise...in ihrer Manteltasche?“

    Als Siegfried mit diesen Worten seine Anschuldigung beendete, fuhr sie mit ihrer Hand reflexartig von außen über ihren Mantel. Genau an der Stelle, wo sich die Krallenhand der Hexe befand. Eigentlich sollte niemand mitbekommen haben, dass sie diese aus Halvung mitgenommen hatte. Und wieso war sich Siegfried so sicher, dass sie es noch immer bei sich trug? Nichtsdestotrotz...es wäre tatsächlich ein besonders makaberer Beweis der Huldigung des Gottes der Toten und der Dunkelheit!
    Nur sehr zögerlich ließ sie ihre Hand in die Manteltasche gleiten. Würde sie sich weigern und die Hand nicht herausziehen, würde Siegfried mit Sicherheit eine Durchsuchung veranlassen. Es schien wohl das beste zu sein dem Aufruf einfach nachzukommen.
    Als die Adlige angewidert die Klauenhand umfasste, spürte sie etwas metallenes zwischen ihren Fingern. Eine Art...Kette? Sichtlich verwirrt zog sie an jener und befreite sie aus ihrer Tasche. Für alle sichtbar hob sie so eine Halskette mit Runen und dem unverkennbaren Symbol Beliars vor ihr Gesicht. Wie und vor allem wann war diese Kette in ihre Tasche geraten?
    „Euer Ehren! Der besagte Talisman! Nur scheint es, als ob er seiner Besitzerin heute kein Glück bringen wird!“, fügte Siegfried höhnisch an. Elisabeth konnte aufgrund der Absurdität ihrer Situation nur Schmunzeln. Zugleich kam ihr auch ein Gedanke, wie sie Siegfried doch noch eine Niederlage bescheren konnte.

    „Zweifelsfrei kann ich den Besitz dieser Kette nicht leugnen und auch wenn das ehrenwerte Gericht mich der Anbetung Beliars im Keller des Kürschners Gwedlyns für schuldig bekennen sollte, so muss ich an dieser Stelle doch anmerken, dass die Anbetung jedweden Gottes in Gorthar nicht unter Strafe steht. Allein das Ausüben schädlicher Magie jedweden Glaubens steht unter Strafe! Bisher stehen Beweise, die mich eben jener Tatsache überführen könnten noch aus!“, merkte Elisabeth zu ihrer Verteidigung an und versah Siegfried mit einem herausfordernden Blick.

    „Das Gericht stimmt mit der Aussage Frau von Graetenbachs im ganzen Maße überein und übergibt hiermit das Wort wieder an Herrn von Chevalion. Bitte spezifizieren sie die Verdächtigung und führen entsprechende Beweise auf!“ Mit den Worten Konstantinus lag die Aufmerksamkeit des Saales in seiner Gänze auf Siegfried.

    „Natürlich euer Ehren! In den letzten Tagen häuften sich Berichte der Anwohner des Roten Marktes über sonderbare Vorkommnisse. Unter anderem soll ein übelriechender und zu tiefst Ekelerregender Gestank vom Hause des Kürschners ausgegangen sein, der den Leuten oft den Schlaf raubte. Zudem wurde von Heimsuchungen berichtet, bei denen die Betroffenen die Stimmen und Abbilder längst Verstorbener wahrgenommen haben und die sie zu verstörende Taten überreden wollten. Als einige Anwohner dem auf den Grund gehen wollten, war es ihnen unmöglich sich dem Eingang des Hauses zu nähern, da sie sogleich von panischen Ängsten geplagt, die Flucht ergriffen. Bei der Untersuchung des Ortes wurden im Keller Pergamentstücke sichergestellt, die auf die Nutzung von Spruchrollen hindeuten. Zudem konnten mehrere Gelehrte bestätigen, dass die Magie, die Beliar seinen Dienern verleiht, tatsächlich derartig schädliche Auswirkungen hervorrufen kann! Auch wenn Frau von Graetenbach sich nicht den tieferen Studien der Magie hingegeben und eine magische Ausbildung genossen haben sollte, so wäre sie mithilfe solcher Spruchrollen ohne Frage in der Lage diese zu wirken!“, beschuldigte Siegfried die Adlige und schien sich innerlich selbst auf die Schulter zu klopfen. Tatsächlich befanden sich die Anschuldigungen im Bereich des Möglichen, doch...
    „Und wann sind diese Vorfälle genau aufgetreten? Ihr solltet dabei bedenken, dass ich vor nicht all zu langer Zeit der Schwefelmine einen Besuch abgestattet habe und in dieser Zeit unmöglich die beschriebenen Zauber gewirkt haben kann“
    „Laut meinen Zeugen...nach ihrer Rückkehr aus Halvung. Besonders viele Berichte gab es am Tag, als auch ihr Diener Reginald sie in besagtem Haus aufgesucht hat!“, gab Siegfried mit sicherer Stimme kund und legte damit den Hauptteil seiner Anschuldigung in eine Zeit, zu der Elisabeth selbst kaum Erinnerungen hatte. Was allerdings nicht sonderlich von Bedeutung war.

    „In diesem Fall rufe ich einen Gerichtsmagier zu meiner Verteidigung auf!“, verlautbarte die Prokuratorin mit einem Grinsen und schaute mit Genugtuung in das überraschte Gesicht des blonden Adligen.
    „Frau von Graetenbach! Würden sie dem Gericht den Nutzen dieser Aufforderung näher erläutern? Falls sie eine spezifische Zeugenaussage benötigen, ist es erforderlich dem Gericht den Namen der betreffenden Person zu nennen.“, forderte Richter Konstantinus, was Elisabeth nur noch mehr amüsierte.
    „Ich benötige nicht die Dienste eines bestimmten Gerichtsmagiers. Lediglich die von einem, der in der Fähigkeit unterrichtet ist, den zuletzt gewirkten Zauber einer Person zu imitieren! Und wir sollten uns dafür auf dem Gerichtshof einfinden...aus Sicherheitsgründen!“, fügte sie an und freute sich schon auf die Reaktionen!

  4. Beiträge anzeigen #364 Zitieren
    Lehrling Avatar von Elise
    Registriert seit
    Mar 2024
    Beiträge
    20
     
    Elise ist offline

    Zweiter Akt - Prozessende

    Es war eindeutig, dass es den Anwesenden und allen voran dem Richter selbst lieber gewesen wäre, wenn Elisabeth einen normalen Zeugen zu ihrer Verteidigung aufgerufen hätte. Doch die Angeklagte hatte darauf bestanden und das nicht zuletzt, weil sie dadurch einen unanfechtbaren Beweis anbringen konnte, der dem Prozess gegen sie doch noch die gerechte Wendung bringen sollte. Nur sehr widerwillig hatten sich alle in Bewegung gesetzt, das Gerichtsgebäude verlassen und sich schließlich auf dem großen Hinterhof eingefunden. Neben dem Gerichtsmagier hatte man auch eine Sitzbänke herbei tragen lassen, um zumindest dem Richter und seinen Beratern das Mindestmaß an Bequemlichkeit bereiten zu können.

    „Luzianor! Ich hätte nicht gedacht, dass man ausgerechnet euch herbei holen würde.“, merkte die Prokuratorin verwundert an, als der in weißen und blauen Roben gekleidete Gerichtsmagier sich ihr näherte. Der junge hagere Mann mit den kurzen gelockten Haaren schien nicht minder überrascht:
    „Elisabeth? Sagt, steht ihr wirklich auf der Anklagebank? Oder hat der Bote nur mal wieder einen Teil der Nachricht durcheinander gebracht, als er mich holte?“
    „Nein, es ist war und man beschuldigt mich tatsächlich zweier Verbrechen. Eines davon sogar magischer Natur, weshalb ich eure Dienste benötige!“
    „Normalerweise wendet ihr euch nur an mich, wenn ihr mich für eine simple Aussage zur Magie in den Verhandlungen benötigt. Der Bote meinte aber, dass ich für euch einen Zauber ausführen soll?“
    „In der Tat, aber auch nicht irgendeinen! Wisst ihr noch, als ihr mir vor einem halben Jahr berichtet hattet, dass ihr nun in der Lage wärt Zauber eines anderen Magiers nachzuahmen? Ihr müsst für mich den letzten Zauber vorführen, den ich benutzt habe!“
    „Ah, ich verstehe! Aber...seit wann seid ihr in den Künsten der Magie bewandert?“
    „Das bin ich nicht, doch habe ich vor einiger Zeit einst eine Spruchrolle benutzt!“, stellte Elisabeth richtig und wirkte fast schon empört, dass Luzianor sie für eine angehende Magierin hielt! Als ob sie jemals mit dem überaus öden und langwierigen Studium der Magie ihre kostbare Zeit verschwenden würde! Wozu hatte man denn diese Spruchrollen erfunden?
    „Ein Spruchrollenzauber? Nun, ich habe diese Fähigkeit bisher nur an richtigen Zaubern getestet. Ich bin mir nicht sicher, ob es funktionieren wird.“
    „Wie meint ihr das? Zauber ist Zauber! Es muss funktionieren!“
    „Wir werden sehen! Ich werde auf jeden Fall tun was ich kann!“, gab der Gerichtsmagier zu verstehen und schaute dann zu den Anwesenden und allen voran dem Richter Konstantinus hinüber, um zu signalisieren, dass er bereit wäre.

    „Das ehrenwerte Gericht hat sich vollständig eingefunden und ist bereit Frau von Graetenbach die Möglichkeit zu geben einen Prozess relevanten Beweis zu erbringen. Der Gerichtsmagier Luzianor möge nun den zuletzt gewirkten Zauber der Angeklagten vorführen!“, gab Konstantinus bekannt woraufhin alle Augen auf Elisabeth und dem Magier lagen. Die beiden stellten sich gegenüber und ohne weiter kostbare Zeit zu verschwenden, machte sich Luzianor daran seine Magie zu wirken. Auch wenn die Adlige nur sehr wenig mit Magie am Hut hatte, so konnte selbst sie spüren, dass ihr Gegenüber ihren Körper und Geist nach Spuren durchsuchte, die es ihm ermöglichen würden, der ihm aufgetragenen Aufgabe nachzukommen.
    Einen Moment später und der Gerichtsmagier schaute sie mit großen Augen an. Eine Reaktion, die ein amüsiertes Grinsen auf die Lippen der Prokuratorin zu zaubern vermochte. Mit Sicherheit hatte er gerade erkannt, um welchen Zauber es sich genau handelte!
    „Euer Ehren!“, ergriff der Magier das Wort und schaute zu Konstantinus hinüber. „Zum Schutze der Anwesenden werden wir uns nun noch etwas weiter entfernen. Dennoch möchte ich alle darum bitten, sich gut fest zu halten...oder zumindest einen sicheren Stand einzunehmen!“

    Nachdem Elisabeth und Luzianor neue Positionen eingenommen hatten, machte er sich abermals daran die magischen Spuren aufzugreifen und zusammen zusetzen. Seine Arme streckten sich in ihre Richtung aus, als er seine Magie sammelte, geschickt formte und schließlich in einer schnellen und flüssigen Bewegung zuerst in die Höhe und dann nach unten zum Boden hin ihre Wirkung entfalten ließ. Kurz darauf begann der Boden unter ihrer beider Füße heftig zu wackeln und deutlich spürbar zu erbeben. Die Intensität des kleinen Erdbebens steigerte sich und breitete sich weiter aus bis sich schließlich Risse und Spalten im Hof des Gerichtes auftaten. Selbst die in einiger Entfernung stehenden Prozessteilnehmer konnten die Auswirkungen des Zaubers zweifelsfrei spüren. Einen Moment später ließ der Gerichtsmagier den Zauber wieder abklingen. Elisabeth hatte in die Hocke gehen müssen, um nicht umgeworfen zu werden und musste sich erst wieder aufrichten bevor sie das Wort ergreifen konnte.

    „Euer Ehren! Wie hierbei eindeutig vorgeführt wurde, habe ich zuletzt den Erdbeben-Zauber gewirkt. Laut der Aussage des Klägers soll ich vor einigen Tagen jedoch mehrere andere Zauber gewirkt haben. Zwischen jenem Tag und der Gerichtsverhandlung habe ich Gorthar nicht verlassen. Hätte ich den Erdbeben-Zauber also in dieser Zeitspanne gewirkt, so wäre ein solches Erdbeben sicherlich einigen Bewohnern der Stadt aufgefallen. Ja wahrscheinlich hätte ich damit sogar erheblichen Schaden an nahen Gebäuden verursacht. Mein Aufenthalt in Gorthar nach meiner Rückkehr aus Halvung sollte unter anderem durch meinen Diener Reginald nachgewiesen werden können. Wie ihr seht, sind die Vorwürfe des zweiten Anklagepunktes gegen mich absolut haltlos!“, endete Elisabeth ihre Beweisführung und gab sich damit äußerst selbstsicher vor dem Gericht. Konstantinus beriet sich daraufhin kurz mit seinen Beratern bevor er sich zu Siegfried hinüber wandte:
    „Dem ehrenwerten Gericht Gorthars liegen keine weiteren Beweise vor, die die Aussage Frau von Graetenbachs widerlegen können. Ihre Verteidigung erscheint stichhaltig. Unter den gegebenen Umständen steht somit ein Freispruch vom angebrachten Anklagepunkt aus, insofern der Kläger nicht im Stande ist entsprechende Gegenbeweise vorzulegen.“

    „Hiermit bitte ich das ehrenwerte Gericht die Verhandlungen wieder in den Gerichtssaal zu verlegen. Ich muss für eine endgültige Aussage meine Unterlagen noch einmal überprüfen und diese befinden sich noch im Saal.“, antwortete Siegfried nach einer kurzen Bedenkzeit. Für Elisabeth war klar, dass er nun nichts mehr gegen sie in der Hand haben konnte, aber nur nicht aufgeben und sich bloß stellen wollte. Sicherlich wollte er die gestohlene Zeit nutzen, um sich eine passende Antwort zurecht zu legen.

    Der Richter gab der Bitte Siegfrieds nach, woraufhin Luzianor fort geschickt und die restlichen Anwesenden wieder ihren Platz im Gerichtssaal einnahmen. Hier durchblätterte der blonde Adlige hastig seine Dokumente, kam aber dann zu der ernüchternden Erkenntnis:
    „Euer Ehren! Auch wenn Frau von Graetenbach eindeutig äußerst fragwürdige Rituale im Keller des Kürschners vollzogen hat, so scheint es, als ob die Leiden der Anwohner des Roten Marktes damit nicht in Verbindung stehen.“
    „Das ehrenwerte Gericht hat die Aussage zur Kenntnis genommen und stellt damit fest, dass die Angeklagte nicht Schuldig im Sinne des zweiten Anklagepunktes ist! Wir werden uns nun für den abschließenden Richtspruch zurückziehen und dann das Urteil verkünden!“, gab der Richter bekannt, was Elisabeth große Genugtuung bereitete Siegfried zumindest diesen Teil des Prozesses verlieren zu sehen.

    „Das Gericht Gorthars hat entschieden, dass Frau von Graetenbach Schadensersatz an die Anteilnehmer und die Stadt Gorthar auszahlen muss. Desweiteren muss sie ihre Anteile an der Schwefelmine zu Halvung abtreten. Obwohl keine Schuld im Sinne der Anklage zur Ausübung zerstörerischer Magie festgestellt werden konnte, so stellt das Gericht die Angeklagte aufgrund fragwürdiger Gotteshuldigung unter Beobachtung. Die Höhe der zu entrichtenden Zahlungen, so wie die zeitliche Dauer der Überwachung werden aus dem endgültigem Richtspruch vorgehen, welchen das gortharer Gericht Schwarz auf Weiß nachreichen wird!“, stellte Konstantinus mit endgültiger Stimme fest und beendete damit den Gerichtsprozess.

    Auch wenn Elisabeth den zweiten Anklagepunkt hatte widerlegen können, so fühlte sich der abschließende Richtspruch dennoch wie eine komplette Niederlage an. Nicht zuletzt weil Siegfried es irgendwie geschafft hatte sie mit komplett gefälschten Beweisen überhaupt vor das Gericht zu ziehen. Zu allem Überfluss schien er auch noch genau das bekommen zu haben, was er wollte: weitere Anteile der Schwefelmine und Schadenszahlungen. Diese würden sicherlich hart genug ausfallen, um ihre Geschäfte erheblich zu schädigen, während es für den Großhändler selbst nur ein nettes zusätzliches Monatsgehalt entspräche.
    Wenn die Prokuratorin die Geschäfte um die Mine richtig im Blick hatte, so dürfte Siegfried zusammen mit ihren abgetretenen Anteilen nun die Mehrheit in den Geschäftsverhandlungen besitzen. Lord Garing wird sich in den nächsten Tagen als Verwalter zurückziehen müssen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit dem blonden Adligen das Zepter um die Minengeschäfte in die Hände legen würde. Ihr eigener Rauswurf aus den Schwefelgeschäften, so wie die verhängte Überwachung, waren ein herber Rückschlag für ihre eigenen Handelsgeschäfte.

    Als Siegfried schließlich zum Gehen aufstand, seinen Mantel anzog und zuletzt einen großen Hut aufsetzte, hatte sie nur Verachtung für ihn im Sinn. Erst als der Adlige sich mit einem selbst zufriedenem Grinsen im Gesicht zu ihr umdrehte und sich höhnisch vor ihr leicht verbeugte, fiel ihre Aufmerksamkeit auf seinen Hut und den daran befestigten Federn. Dieses blaue Schimmern... Ja sie erinnerte sich genau an die Federn die sie damals in der Schwefelmine gefunden hatte. Bisher waren sie von keinem Nutzen gewesen, da sie einfach nicht ins Bild gepasst hatten, doch jetzt machte alles Sinn! Siegfried selbst musste in der Mine gewesen sein und alles so präpariert haben, dass er sie hat anklagen können. Die Federn könnten sich zwischen Tür und Rahmen verklemmt haben, als er eines der Lagerhäuser verlassen hatte, so dass Elisabeth sie dort auf dem Boden hat finden können. Doch das nützte ihr jetzt nichts mehr. Hätte sie es eher bemerkt, hätte sie sich aus den Untersuchungen zurückziehen und all dem entgehen können. Als Beweis waren sie allein leider von keinem Wert. Für einen Gegenprozess würde sie etwas Besseres benötigen.
    Ihre Anstellung als Prokuratorin und Ermittlerin in seinem Dienste war am Ende nur eine Farce gewesen, um sie überhaupt erst in diese Angelegenheiten hinein ziehen und anklagen zu können. Ihre Abscheu vor diesem Mann wurde immer größer, ebenso wie das Gefühl der Hilflosigkeit. Sie hatte in wenigen Augenblicken so viel verloren und war nicht imstande gewesen dem auch nur irgendetwas entgegen zu setzen! Auch wenn sie sich gegen den zweiten Anklagepunkt hatte verteidigen können, so hatte dies ihr am Ende nicht die erhoffte Wendung beschert. Siegfried hatte alles so sorgsam geplant, dass ihr nichts übrig geblieben war, als lediglich eine weitere Zuschauerin in ihrem eigenen Untergang zu sein. Der genaue Richtspruch stand zwar noch aus, doch war der Ruin ihrer Handelskarriere fast schon gewiss und das so kurz vor ihrer Vermählung!

  5. Beiträge anzeigen #365 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Redsonja legte sich zu Bett, doch fand sie keinen Schlaf. Immer wieder wälzte sie sich von rechts nach links und zurück. Vor ihrem inneren Auge tanzten Erinnerungen. Warum sie jetzt wohl zurückkehrten?
    Irgendwann entschlummerte sie dennoch, nur um von einem seltsamen Traum angelockt zu werden. Freunde, die winkten und dann einfach verschwanden. Jede Person nahm einen Teil von ihr mit. Ragnar. Ceyx. Anaya. Taeris. Frost. Rafik. Edon. Ragnar. Sly. Tuan. Madlen. Uncle Bin. Drakk. Und schon wieder Ragnar. Warum tauchte der Bengel immer und immer wieder auf? Beim letzten Mal grinste er breit über das Gesicht und streckte ihr die Zunge raus. Dann rannte er davon.
    Sie fühlte sich alleine und kraftloser und kraftloser mit jeder Person, die verschwand. Als der Strom endlich verebbte, war nichts mehr von ihr selber übrig. Wie befreiend. Ganz leicht und frei dachte sie und lächelte. Sie ging im Strom auf. War es endlich vorbei?

  6. Beiträge anzeigen #366 Zitieren
    Veteran Avatar von Viraya
    Registriert seit
    Jul 2010
    Beiträge
    656
     
    Viraya ist offline
    Es war dunkel und sie wurde langsam in eine Richtung gesogen. In ein dunkles Nichts. Sie liess es zu. Als ihre Fingerspitzen das Dunkle erreichten, schmerzte es zwar ein bisschen, aber Schmerzen war sie sich gewohnt, also liess sie es zu. Nach ihren Fingerspitzen folgten die Köchel, der Daumen begann nun auch in dem dunkeln Nichts zu verschwinden. Je tiefer sie hineingezogen wurde, desto brennender wurder der Schmerz. So brennend, dass sie irgendwann gar nichts mehr fühlte.
    Bis zum Ellbogen war sie inzwischen drin, nun nahm das ganze langsam Fahrt auf, ihr Oberarm verschwand schnell, bis die Schulter erreicht wurde. Es schmerzte unglaublich, doch konnte sie nicht schreien.
    Plötzlich gefrohr alles. Ihre Hand wurde nicht mehr weiter eingesogen und es war als würde sie in weiter Ferne ihren Namen hören oder zumindest ein Echo davon. Sie wollte die Augen öffnen, doch die Augen liessen sich nicht öffnen.
    Dann erklang ihr Name erneut, dieses Mal aus dem dunklen Nichts heraus. Eine Stimme, die ihr das Mark in den Knochen gefrieren liess.
    Und dann war da eine dritte Stimme. Sie sprach nicht, sie schrie ihren Schmerz in Form von Gefühlen in die Welt hinaus. Eine andere Träumerin, die ihre Freunde vermisste. Eine Träumerin, die drauf und dran war sich einer dunklen Macht ohne Gegenwehr zu ergeben. Genau wie sie.
    «Redsonja.»
    Flüsterte Viraya und begann gegen den Sog anzukämpfen. Aber sie wurde zwar nicht weiter hinein gezogen, doch gab es kein Entrinnen.

  7. Beiträge anzeigen #367 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
    Registriert seit
    Mar 2005
    Ort
    Jena
    Beiträge
    8.404
     
    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Kurz zuckten ihre Augenlider zusammen, aber sie öffneten nicht. Noch einmal packte er sie an den Schultern, diesmal etwas fester, und rüttelte. “Viraya!”, raunte er, augenscheinlich ohne Wirkung. “Viraya!”

    Seine Stimme war unruhiger und lautet geworden und wurde vom ängstlichen Schnauben der Pferde begleitet. Während Castor sich ebenfalls nicht regte, schienen sie Medins Unruhe wahrzunehmen. Was war hier los? Prüfend führte er seine Hände zu ihrem Gesicht, versuchte vorsichtig eines ihrer Augenlider zu öffnen. Es ließ sich nur einen kleinen Spalt öffnen - gerade genug, dass er darunter das Weiße sehen konnte. Sie atmete immer flacher und schneller, die Lippen zusammengepresst. “Viraya, wach auf!”, rief er. Von hinten erfasste ihn ein auf einmal aufkommender Windstoss, der die Glut in der Feuerstelle weiter anfachte. Die Pferde wieherten.

    Langsam ergriff ihn Panik. Starben seine beiden Gefährten gerade im Schlaf, ohne dass er etwas tun konnte? Der Südländer griff zum Wasserschlauch, der unweit lag, und goss ihr etwas von dem eiskalten Bergwasser über das Gesicht. Dann kroch er schnell zu Castor hinüber. Auch dieser atmete schwer, wenn auch nicht ganz so hektisch wie Viraya, und ließ sich nicht wecken.

    “Innos, was ist hier los?”, murmelte Medin ratlos. Im selben Moment wurde ihm wieder klar, dass er ähnlich erwacht war und er erinnerte sich auch wieder daran, was geholfen hatte. Er erinnerte sich an Quasar, an die theologischen Debatten mit Jun, an das Buch aus der Abtei der ersten Sonne. Es war voller alter Litaneien gewesen und ...

    Virayas Atem pfeifte bedrohlich zwischen ihren Lippen hervor. Sie sah aus, als ob eine schwere Steinplatte auf ihrem Brustkorb lag und sie am Atmen hinderte. Er musste handeln. Ohne lange weiter zu überlegen, sprang der Paladin auf und kramte aus den zusammengesammelten Vorräten eine Dose Salz hervor. Er war kein Priester und es war eine Weile her, dass er die Zeichen in dem Buch gesehen hatte, also musste Improvisation her. So schnell es seine frierenden Hände zuließen, strich er ein kleines, dünn gezeichnetes Innossymbol mit Salz auf den Boden zwischen den beiden. Eine stilisierte Figur, die Arme zum Himmel gereckt, darüber die Sonne des Lichtgottes. Von der Sonne zog er zwei dünne Linien, eine bis zum Nachtlager von Viraya und eine bis an das von Castor. Dann erhob er sich, trat zwei Schritt zurück, bis er zwischen den Köpfen der beiden stand, kniete sich wieder hin und faltete die Hände mit den Handflächen nach oben ineinander. Seine Augen schlossen sich.

    “Innos, Herr des Feuers, höre meine Stimme in der Dunkelheit”, murmelte er und der Wind wurde noch einmal stärker. Böen rissen an den Decken, die um sie geschlungen waren. “Hier stehe ich, in der Dunkelheit, mit deinem Licht in meinem Herzen. Innos, höre und finde mich, und sende mir dein Licht, auf dass es uns in der Dunkelheit schützen möge. Lass das Feuer in unseren Herzen nicht erlischen. Innos, schütze uns vor der Dunkelheit, damit wir ihr entgegentreten können!”

    Bei seinen letzten Worten waren die Böen für einen Moment zu einem Orkan angeschwollen und durch seine geschlossenen Augen nahm Medin einen blassblauen Schimmer wahr. Wie eine hauchdünne, kaum zu erkennende Kuppel aus blau schimmernden Sandkörnern, die sich über die drei gelegt hatte.

    Im nächsten Augenblick war das Leuchten wieder verschwunden und der Wind war abgeebbt. Schweiß stand auf Medins Stirn, aber sein Inneres war mit Wärme erfüllt. Er öffnete die Augen und blickte zu Viraya hinüber. Auch sie öffnete die Augen.
    Geändert von Medin (10.09.2024 um 13:17 Uhr)

  8. Beiträge anzeigen #368 Zitieren
    Veteran Avatar von Viraya
    Registriert seit
    Jul 2010
    Beiträge
    656
     
    Viraya ist offline
    Ein Licht, ein helles Licht mit einem bläulichen Kranz, das war das letzte was Viraya sah, bevor sie die Augen aufriss und direkt Medins Blick traf. Der Kälte wich Wärme, sie schloss die Augen wieder. Ganz langsam, öffnete sie aber gleich wieder, denn sie wollte nicht, dass dieses etwas sie noch einmal Berührte. Der Schmerz hallte noch immer nach. Der Kontrollverlust war noch immer präsent und würde es wohl auch noch eine Weile bleiben. Sie stand in seiner Schuld. Nicht etwas, was sie genoss.
    Langsam stützte sie sich auf. Sie zitterte am ganzen Körper. Erst nur ein kleines Bisschen, dann mehr und mehr. Tränen flossen ihre Wangen hinunter. Medin liess sie nur aus den Augen um zu Castor hinüber zu blicken, der mit Ähnlichem kämpfte. Nur noch heftiger. Es war auch Viraya, die als erste wieder Herrin ihrer Gliedmassen wurde.

    "Ist das das Böse gegen das du Kämpft?"

    Fragte sie Medin.

  9. Beiträge anzeigen #369 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Was war das? Warum konnte sie sich nicht einfach ihrem Schicksal hingeben? Was war da für ein Störenfried, der sie ihrer wohl verdienten Ruhe beraubte? Ihre Schläfen pochten, ihre Lider flackerten und dann war da plötzlich ein Licht und Gorr neben ihr. War es Gorr oder Ragnar oder Bloodflowers oder... Sie wagte es nicht zu Ende zu denken. Denn es konnte nicht sein. Nicht Medin oder doch. Wenn er dafür verantwortlich war, dann würde er büssen. So etwas Übergriffiges hatte sie noch selten erlebt. Auch wenn es nur ein Traum war. Aber er war so real. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie hier wahrscheinlich dem Tod entronnen war. Nur wie kam es dazu? Irgendetwas hier war unendlich faul.

  10. Beiträge anzeigen #370 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
    Registriert seit
    Mar 2005
    Ort
    Jena
    Beiträge
    8.404
     
    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Medin war erleichtert und dankbar gewesen, als Viraya endlich die Augen wieder aufgeschlagen und sich geregt hatte. Die Vorstellung, sie auf diese Art zu verlieren, gegen etwas unsichtbares, ungreifbares, ohne jede Vorwarnung, hatte in ihm echte Angst ausgelöst - in einer Intensität, wie er es nicht erwartet hatte.

    “Es gehört, denke ich, dazu”, erwiderte er und etwas Erleichterung schwang in seiner Stimme mit. “Ich weiß noch nicht genau, was hier vor sich geht, aber gut ist es mit Sicherheit nicht.” Sie sah mitgenommen aus, als ob sie Beliar direkt ins Angesicht geblickt hätte. Die Ereignisse hatten sich in den letzten Minuten so beschleunigt, dass er erst jetzt dazu kam, das Beobachtete zu verarbeiten. Angefangen mit seinen Träumen, den unruhigen Pferde, dann der scheinbare Todeskampf seiner Begleiter – und dabei der Wind.

    Medin wandte den Kopf zum Eingang des Stollens, der nach wie vor fest verschlossen war. Die Sturmböen waren genau aus dieser Richtung gekommen.

    “Ich hatte das Gefühl eines ruhelosen Schlafs, aus dem mich irgendetwas geweckt hat – ich kann nur noch nicht begreifen, was es war.” Er blickte ihr wieder in die Augen. “Hast du in den Träumen etwas gesehen oder wahrgenommen?”, fragte er sie dann.

  11. Beiträge anzeigen #371 Zitieren
    Veteran Avatar von Viraya
    Registriert seit
    Jul 2010
    Beiträge
    656
     
    Viraya ist offline
    Viraya versuchte ihren Traum in Worte zu fassen. Sie schilderte diese tiefe Dunkelheit, die alles aufsog, den unglaublichen Schmerz und wie sie trotz der Schmerzen nicht dagegen ankämpfen wollte. Zumindest bis verschiedene Stimmen ihren Namen riefen. Nur ein Detail liess sie aus. Redsonja.

    Als sie abgeschlossen hatte, meldete sich auch Castor zu Wort.
    "Bei mir war es sehr ähnlich, nur dass ich noch eine rothaarige Frau sah."

    Entgegnete er. Viraja zuckte mit keiner Wimper und beobachtete nur.
    Geändert von Redsonja (21.08.2024 um 23:10 Uhr)

  12. Beiträge anzeigen #372 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Redsonja drehte sich noch einmal. Ihre Lider flackerten, dann war sie hellwach. Etwas war wirklich faul. Oder war es nur ihr Kopf? Nein, es war zu leise, zu dunkel. Wirklich? Sie tastete nach ihren beiden Waffen. Sie waren noch da die beiden dunklen Klingen. Aber sie waren zu auffällig. Sie hatte sich nicht abgeschminkt, als würde sie diesen Ort als Dame verlassen. Sie zog den Überrock an, schnürte die Schwerter mit ihrer Rüstung zusammen und schulterte das Bündel. Den nachtschwarzen Dolch behielt sie allerdings in der Hand.

    So schlich sie aus dem Zimmer ohne dass die Dielen knarrten. Die Tür gegenüber war offen. Sie schielte hinein. Zwei der Matronen lagen in dem Bett zusammen. Das Licht flackerte leicht. Sie wollte schon weiter gehen, als sie bemerkte, dass die beiden nicht zu atmen schienen. Sie schuldete den beiden etwas. Also huschte sie hinein, blickte sich hastig um. Niemand war da. Vielleicht hatten sie einen ähnlichen Traum, dachte sie, steckte den Dolch weg und begann den Arm der einen zu Rütteln. Sie hatte wunderbare dunkle Lochen, die ihr über die ebene Haut fielen. Sie lächelte sanft. Redsonja rüttelte heftiger, strich ihr dann über die Wange. Da produzierte das Auge eine Träne. Etwas war allerdings seltsam. Es war als wäre Redsonjas Hand in etwas eingedrungen und irgendwie durchbrach ihre Hand dieses Etwas, aber es blieb wie an ihr kleben. Sie konnte es nicht mehr abschütteln und es war so vertraut. Gefährlich vertraut. Dann schlug sie endlich die Augen auf, blickte sich verwirrt um.

    "Was ist los?" Fragte die Dame Redsonja.
    "Weck alle auf. So leise wie möglich etwas stimmt hier nicht." Antwortete Redsonja eindringlich.
    "Ist es dieser Mann, der dir nachgestellt hatte?" Fragte die Damen besorgt.
    Redsonja schüttelte den Kopf. "Ich weiss nicht was es ist, aber es kann sein, dass einige hier nicht wieder aufwachen werden. Darum schnell. Je länger wir warten, desto grösser die Chancen, dass etwas passiert."

    Sprach sie sehr überzeugt, ohne genau zu wissen wovon sie sprach.

  13. Beiträge anzeigen #373 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
    Registriert seit
    Mar 2005
    Ort
    Jena
    Beiträge
    8.404
     
    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Eine rothaarige Frau? Medin schwirrten noch zu viele Gedanken und die Erleichterung über das Erwachen der beiden im Kopf, als dass er der Bemerkung Castors irgendeine besondere Bedeutung beimaß. Wer wusste schon, welchen Fantasien der junge Adelige im Schlaf nachhing und wie sich diese mit dem ungewöhnlich schweren Schlaf zu einem Traum verbunden hatten? Über seinen Frauengeschmack wollte Medin jetzt jedenfalls nicht streiten – vielleicht gehörte Usa ja zu den Ländereien, in denen Rothaarigen Hexenkräfte nachgesagt wurden.

    “Nun, ich denke nach diesem Erlebnis müsst ihr eine Entscheidung treffen”, meinte Medin dann zu Castor. “Wir sind euch an den Ort gefolgt, zu dem uns die Brotkrumen eures Toten geführt haben. Ich bezweifle, dass unsere gerade gemachten Erfahrungen in keinem Zusammenhang zu diesem Ort, zu dieser Mine stehen. Hier ist etwas Böses, dem wir gerade vielleicht um Haaresbreite entkommen sind. Nachdem ihr fast alle eure Männer verloren und diese Macht am eigenen Leib gespürt habt: Seid ihr immer noch bereit herauszufinden, was sich hinter dieser Tür befindet?” Er wies auf die nach wie vor fest verschlossene Stollentür.

    Man sah die Zweifel in Castors bleiches Gesicht geschrieben stehen. In diesem Moment wurde Medin erst so richtig klar, dass er den Adelsspross von Anfang an völlig unterschätzt hatte. Wie auch immer die Geschichte dieses Mannes aussah, er war nicht der verhätschelte Erbe, der schlotternd ins väterliche Anwesen flüchten wollte, sobald die sicheren Stadtmauern aus seinem Blickfeld verschwunden waren. Er hatte eine Schlacht geschlagen. Eine dumme Schlacht, wohlgemerkt, aber er hatte sie überlebt. Als niemand mehr am Leben war, dem er Verantwortung übertragen konnte, hatte er sie selbst übernommen. Sich ins lebensfeindliche Gebirge geschlagen, um einen Toten zu suchen. Dabei zwei Fremden zumindest ein stückweit vertraut, obwohl sie ihm genauso gut den Hals hätten umdrehen können - Virayas Dolch war kurz davor gewesen. Und als der Tote sich nur als Zwischenetappe erwies, hatte er entschieden der Spur weiter zu folgen, tiefer ins Gebirge, bis zu einem Ort, an dem sie vielleicht sogar Schlimmeres erwartete als die Äxte und Speere der Gebirgsstämme. Dabei fest den Auftrag – wie auch immer der genau aussehen mochte – und seine Pflicht im Blick. An vielen Stellen waren all diese Entscheidungen dumm, leichtsinnig und fahrlässig gewesen und Medin wurmte es richtig, dass ihn das alles an ihn selbst erinnerte. Aber daher wusste er auch, wie sich Castor entscheiden würde.

    Der holte tief Luft. “Wir gehen da rein”, antwortete er schließlich mit zitternder Stimme, aber dennoch entschlossen. “Wenn ihr den Schwanz einziehen wollt, nur zu. Aber ihr werdet nichts erhalten, weder Bezahlung noch freies Geleit, wenn ihr nicht mit mir zusammen nach Usa zurückkehrt.”

    Medin nickte. Ein Teil von ihm hatte gehofft, dass sie direkt wieder verschwinden konnten, aber ein anderer Teil in ihm hielt es für das Richtige, der Sache hier auf den Grund zu gehen. Hier war etwas Mächtiges, etwas Böses am Werk, und wenn ein Paladin schon hier war, konnte er sich auch gleich an die Arbeit machen. Seine geweihte Klinge fehlte ihm, aber er hatte gelernt, sich ebenso sehr auf seine Instinkte und seine Magie, die er immer besser beherrschte, zu verlassen.

    “Dann sollten wir uns vorbereiten.” Es war noch dunkel, aber inzwischen hatten sie das Feuer wieder entfacht, um Wärme in die steifen, müden Glieder zu bekommen und ein bisschen den Schweiß der Albträume zu trocknen. Außerdem gab es ein Gefühl von Sicherheit. Schlafen wollte ohnehin niemand mehr. Bald würde sich die Dämmerung über die Berggipfel schieben und hoffentlich mit etwas Sonnenlicht ein wenig nachhelfen.

    “Wir brauchen mehr Fackeln”, begann Medin das Vorhaben zu organisieren, während er sich daran machte, ihre verbliebene Ausrüstung nach möglicherweise nützlichen Dingen zu durchsuchen. “Alles, was brennbar ist, kann nützlich sein. Nehmt außerdem alles, was irgendwie als Waffe zu gebrauchen ist, mit. Keine Nahrung, nur Wasser. Falls ihr Gegenstände oder Schmuck aus Silber oder anderen seltenen Erzen bei euch tragt, haltet sie griffbereit – man weiß nie.”

    Er blickte auf die Sachen, die er vor sich ausgebreitet hatte. Zwei Schläuche mit Wasser, leider nicht geweiht. Ein paar Krümel Salz, getrocknete Blätter, die nach Thymian rochen. Eine fast runtergebrannte Kerze, Feuerzeug, eine kleine Dose mit ranzigem Speisefett, sowie etwas Waffenöl. Das war eher die Ausrüstung, um in einer Taverne einen gemütlichen Abend zu verbringen, als in eine finstere Mine zu steigen.

    “Wisst ihr, was uns da drinnen erwartet?”, fragte Castor nach einigen Augenblicken des Herumkramens. Medin hielt kurz inne. “Sie hat vorhin gemeint, dass ihr gegen Böses kämpft. Ihr seht aber nicht aus wie ein Priester.”

    Da musste er kurz Schmunzeln.

    “Nein, ein Priester bin ich nun wirklich nicht”, erwiderte er. “Ich habe ein bisschen Erfahrung mit dunklen Orten. Aber für jetzt müsst ihr euch mit dem Begnügen, was euch eure Informanten in Usa berichtet haben. Ihr habt uns ja schließlich auch nicht gesagt, was uns hier erwartet und warum wir das alles tun.”

    Castor schwieg wieder und widmete sich seiner Ausrüstung. Medin wandte sich hingegen an Viraya, die noch immer etwas mitgenommen aussah.

    “Wir warten bis zum Sonnenaufgang, dann ist der beste Zeitpunkt gekommen. Kommst du mit?” Er blickte sie an. Oder willst du lieber das Weite suchen? Er würde es ihr nicht verübeln. Die ganze Angelegenheit wurde immer verstrickter und gefährlicher und allen Abmachungen zum Trotz war es inzwischen vielleicht doch keine so unattraktive Perspektive mehr zu versuchen, sich irgendwie alleine über das Gebirge und möglichst weit weg von Usa durchzuschlagen.

  14. Beiträge anzeigen #374 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Alle Bewohner des Hauses wurden aufgeweckt. Jene, die sich noch wecken liessen. Als genug wach waren, machte sich Redsonja auf die Suche nach Gorr. Doch dieser war nirgendwo zu finden. Die rothaarige Kriegerin fluchte innerlich. Nur Ärger mit dem Kerl!

    Allerdings wusste sie tief in sich drin, dass sie den Ärger hier gebracht hatte. Sie schnürte also ihr Bündel, streifte sich ihre Rüstung über, kritzelte noch ein paar Worte des Danks, ohne eine Unterschrift auf eine der Schiefertafeln, dann war es Zeit zu verschwinden.

    Sie kam allerdings nicht weit.
    "Hierlang." Raunte ihr eine Gestalt aus der Dunkelheit zu. Sie war nicht überrascht. Es war dieselbe Person, die sie aus dem Hafen gerettet hatte. "Du wirst noch gebraucht." Raunte die Person und gebot ihr zu folgen. Redsonja wusste, dass ihr nicht viel anderes übrig blieb. Sie eilten durch die nächtlichen Gassen und erreichten schlussendlich das Stadttor. Dort händigte ihr die Person eine silberne Kette aus, eine Pergamentrolle, einen grossen Trinkschlauch und ein Bündel mit Proviant aus.

    "Die Kette wird dich vor den Träume schützen." Sprach sie. "Die Karte weist dich zu einem Ort. Er ist allerdings nicht sehr genau definiert. Aber du wirst ihn finden. Wenn du dort ankommst, geh nicht hinein, doch schau, dass niemand lebend heraus kommt. Dort sind Dinge versteckt, die kein Mensch sehen sollte und nun geh."

    Redsonja wollte etwas fragen, aber die Person stiess nur eine kleine, sehr massive Tür auf, die aus der Stadt hineaus führte und befahl.

    "Geh."

    Es gab kein Wiedersprechen.

  15. Beiträge anzeigen #375 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Inzwischen setzte Redsonja nur noch einen Fuss vor den anderen, aber sie wollte nicht schlafen. Zu sehr sassen ihr die vergangenen Ereignisse noch in den Knochen. was wenn die Kette ihre Wirkung nicht zeigte und sie nie mehr erwachte? Aber irgendwann gewann die Müdigkeit Überhand, sie rollte ihre Decke aus und legte sich etwas abseits des Weges hin. Der Mond schien auf sie hinunter und wachte über sie. Eine kurze Nacht begann.

  16. Beiträge anzeigen #376 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Auch den kommenden Tag war sie durchgewandert. Doch als die Nacht herein brach, legte sie dieses Mal eine Pause ein, denn der Weg war steiniger geworden und sie wollte sich nicht in der Dunkelheit den Fuss brechen. Allerdings waren die Nächte gar nicht mehr so warm. Für ein Feuer war es ihr jedoch viel zu gefährlich, denn sie hatte seltsame Spuren gesehen und so kalt war es dann doch wieder nicht. Irgendwann entschlummerte sie auch diese Nacht in einen traumlosen Schlaf.

  17. Beiträge anzeigen #377 Zitieren
    Veteran Avatar von Viraya
    Registriert seit
    Jul 2010
    Beiträge
    656
     
    Viraya ist offline
    Viraya atmete ruhig ein und aus. Blickte von Medin zu Castor und zurück. Die nächtliche Erfahrung kürzlich sass ihr noch tief in den Knochen, viel tiefer als sie jemals zugegeben hätte. Zum Schluss schüttelte sie langsam den Kopf.

    "Nein."


    Sprach sie dann entschlossen.

    "Wenn da drin das ist, was ich vermute, dann brauchen wir danach weder Bezahlung noch freies Geleit mehr."


    Irgendetwas daran schien Castor nicht zu behagen. Er blitzte sie an und sie hielt seinem Blick stand ohne mit der Wimper zu zucken. Das schien er sich nicht gewohnt zu sein. Er erinnerte sich nochmals an ihren Vertrag.

    "Ich bin es nicht, die ihn bricht. Erinnerst du dich an Punkt sechs? - Informationen! - Klingelt da etwas?"


    Sie blickte ihn sehr herausfordernd an, dann sprach sie ganz ganz leise, sodass er es mehr erahnen als hören konnte.

    "Verkauf mich nie wieder für blöd."
    Geändert von Viraya (22.09.2024 um 22:35 Uhr)

  18. Beiträge anzeigen #378 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
    Registriert seit
    Mar 2005
    Ort
    Jena
    Beiträge
    8.404
     
    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Einen Augenblick herrschte Stille in den Bergen.

    “Ich habe euch gesagt, was ich weiß”, entgegnete Castor. “Eine Mine mit Münzpräge. Ich brauche nur die Prägestempel, dann können wir wegen mir wieder verschwinden.”

    “Ganz so einfach wird es wahrscheinlich nicht.” Medin war sich nicht sicher, ob ihn Virayas Entschluss, nicht mit in die Mine zu gehen, beruhigte oder nicht. Es war schwierig zu sagen, wo es weniger gefährlich war.

    Inzwischen war am Horizont bereits die erste Dämmerung zu erahnen. Wenn sie bei Sonnenaufgang hineinwollten, mussten sie schon einmal das Schloss beseitigen. Medin lief zum Eingang hinüber. Die Tür hatte sich nicht verändert, auch wenn er Gänsehaut bekam, je weiter er sich ihr nährte.

    Zögerlich streckte er die Hand nach der Klinke und drückte sie herunter. Verschlossen. Einer Eingebung folgend zog er etwas kräftiger daran und mit einem Mal, als hätte sie nur etwas geklemmt, ächzte das Holz und die Tür sprang auf – einen dunklen, sofort in Finsternis mündenden Schacht freigebend.

    Wieder herrschte einen Augenblick Stille und ein leichter Schauer fuhr ihm über den Nacken.

    “Sieht aus, als ob wir schon jetzt gehen”, meinte er zu Castor und entzündete die erste Fackel.

  19. Beiträge anzeigen #379 Zitieren
    Schmetterling  Avatar von Redsonja
    Registriert seit
    Nov 2002
    Ort
    überall und nirgendwo
    Beiträge
    7.216
     
    Redsonja ist offline
    Sie war mehrere Tage durchgewandert, ohne sich jedoch zu sehr zu erschöpfen. Diese Gebiete waren unglaublich gefährlich und es war nie ratsam am Ende seiner Kräfte zu sein. Dann war man leichtes Futter für die wilden Stämme oder die Intrigen von Usa oder schlicht und ergreifend für wilde Tiere. Sie konnten die Müdigkeit eines Menschen wahrlich riechen. Also machte sie meist Nachmittags, wenn die Sonne noch immer auf ihre Rüstung brannte, eine ausgedehnte Pause. Sie ass kaum von ihrem getrockneten Proviant. Viel mehr versuchte sie unterwegs ein kleines Tier zu erlegen und Kräuter zu sammeln. Zum Glück waren die Wasserstellen auf der Karte eingetragen, denn dies war der heikelste Punkt. Ohne Wasser würde sie wie eine abgeschnittene Blume verdorren.

    So kam sie ihrem Ziel langsam näher. Es gab keine grossen Zwischenfälle bis zu jenem bestimmten Zeitpunkt. Sie näherte sich gerade einer Wasserstelle, ihr Schlauch war leer und sie war durstig, als sie Hufen aufschlagen hörte. Sie fluchte innerlich und gefror noch mitten in der Bewegung. Ihre Hände wanderten zu den Waffen. Sogleich blickte sie sich nach einer möglichen Deckung um. Es gab ein paar Büsche in der Nähe, die aber eher trocken und schon teilweise am Laub verlieren waren. Sie ging langsam rückwärts, setzte ihre Füsse ganz leise auf. Die Hufschläge kamen allerdings näher. Ein Mann und eine Frau sprachen und lachten in einer für Redsonja nicht verständlichen Sprache. Es blieb nicht viel Zeit. Ihr Herz pochte laut. Dann sprintete sie einfach nur zu den Büschen und warf sich dahinter. Sie schaute nicht auf und hoffte, dass es nicht zu laut und schnell genug gewesen war.

  20. Beiträge anzeigen #380 Zitieren
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
    Registriert seit
    Mar 2005
    Ort
    Jena
    Beiträge
    8.404
     
    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Die Fackel neben seinem Kopf erhoben überschritt Medin die Türschwelle und betrat den dunklen Schlund. Die Luft hier drin war überraschenderweise nicht so kalt wie draußen, auch wenn er die Temnperatur immer noch nicht als warm bezeichnen würde. Meistens herrschte in solchen Gängen das ganze Jahr über eine gleichbleibend kühle Luft, während sie draußen gerade aus der bitterkalten Bergnacht kamen.

    Kurz blickte er sich noch einmal um. Castor folgte ihm, während Viraya sie argwöhnisch beobachtete. Wahrscheinlich behagte es ihr gar nicht, dort draußen alleine zu bleiben und ihm behagte es nicht, sie dort alleine zu lassen. Aber vermutlich war es sicherer so. Dann schritt er voran.

    Er bevorzugte es, in Höhlen, Kellern oder Schächten an erster Stelle zu gehen. So konnte ihn die Fackel nicht blenden. Nach wenigen Metern hatten sie eine Art Vorraum betreten. Einige Kisten, Tische und Truhen standen herum und einige Strohlager waren auf dem Boden eingerichtet. In der Mitte des Raumes stand eine kleine Schmelze und daneben begannen schmale Lorenschienen, die weiter in das innere des Berges führten. Ein kleiner Abluftschacht führte durch einen Spalt in der Decke. Zweifellos hatten sie hier bereits die Zentrale der Münzprägeoperation erreicht.

    "Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, müssten die Stempel irgendwo hier sein", meinte Castor und begann auf den Tischen und in den Kisten nachzusehen. Er schien es eilig zu haben, wahrscheinlich behagte ihm die ganze Sache auch nicht. "Kommt, helft mir suchen."

    "Ich bezweifle, dass es hier mit rechten Dingen zugeht", erwiderte Medin. "Schaut die Tische an."

    Auf den Tischen standen Becher, Schüsseln, aufgeschlagene Bücher, auf einer Werkbank sogar eine abgebrochene Spitzhacke. Der Paladin nahm einen der Becher. Er war noch zur Hälfte mit einer Flüssigkeit gefüllt, wahrscheinlich dünnes Bier. Sein Blick ging weiter auf den sandigen Boden. Im Fackelschein waren viele unterschiedliche Fußspuren zu sehen. Aber sonst nichts ungewöhnliches.

    "Was glaubt ihr eigentlich, wo die Leute von hier hin verschwunden sind?", fragte er dann Castor. "Sie haben alles stehen und liegen gelassen, als ob sie es gerade noch benutzt haben. Ich sehe keine Spuren eines Kampfes."

    "Vielleicht sind sie geflohen", mutmaßte der Adelige. "Haben sich aus dem Staub gemacht - wahrscheinlich mit den Prägestempeln, denn hier kann ich sie nirgends entdecken."

    "Dann hätten sie wahrscheinlich Vorräte mitgenommen." Er prüfte eine Vorratskiste. Pökelfleisch, Weinschläuche, Käse, sogar etwas Dörrobst. "Oder zumindest ausgetrunken."

    "Wo meint ihr denn, dass sie hin sind?"

    Der Südländer schritt an der Schmelze vorbei und blickte die Schienen entlang. Nach einigen Metern verjüngte sich der Raum zu einem schmalen, aber gut ausgebauten Schacht, der schräg hinab in das Innere des Berges führte. Der Fackelschein reichte nur wenige Meter weit, als ob sich selbst das Licht dagegen sträubte, weiter den Weg zu erhellen.

    "Castor, glaubt ihr eigentlich an die Götter?"

    "Was soll die Frage?" Der Adelsspross war nervös und ungehalten. Medin ließ sich davon nicht beirren. Natürlich hätte er jetzt umkehren und einfach wieder hinaus zu Viraya gehen können, aber etwas in ihm fühlte sich auch hierhin gezogen. Als ob es richtig war, dass er diesen Ort erreicht und nun betreten hatte. Vielleicht gab es auch für ihn etwas hier zu finden.

    "An welche Götter auch immer ihr glaubt, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für ein Gebet."

    Mit diesen Worten kniete er sich neben die erloschene Schmelze, faltete die Hände in seinem Schoß und schloss die Augen. Tief und langsam wurde sein Atem und er fokussierte sich ganz auf das wohlig warme Gefühl - auf die kleine Flamme, die er in sich lodern spürte.

Seite 19 von 20 « Erste ... 812151617181920 Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
Impressum | Link Us | intern
World of Gothic © by World of Gothic Team
Gothic, Gothic 2 & Gothic 3 are © by Piranha Bytes & Egmont Interactive & JoWooD Productions AG, all rights reserved worldwide