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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Medin zögerte kurz, genau wie Viraya. Sie dachten beide das Gleiche. Mit Flavius standen ihre Chancen, hier lebend fort zu kommen, deutlich schlechter. Und dem dunkelroten Fleck unter ihm nach zu urteilen würde er es eh nicht schaffen. Aber auf der anderen Seite waren sie auf Castor angewiesen und jetzt war nicht die Zeit für lange Debatten.

    „Einverstanden“, willigte er dahingehend ein und schlüpfte dann in eine Rolle, die er lange nicht mehr ausgefüllt hatte und die ihm doch nach so vielen Jahren immer noch wie auf den Leib geschneidert war: die des Generals, auf dessen Befehle die Soldaten nicht wegen seines Ranges gehört hatten, sondern weil er ihnen das Gefühl vermitteln konnte, dass es in dieser Situation das einzig Richtige war, dieses oder jenes zu tun.

    „Dann holt rasch eure Pferde! Viraya, hol bitte unsere her. Wir brauchen außerdem Proviant, Decken, Waffen und Verbandszeug. Nehmt, was ihr kriegen könnt, wir haben nicht viel Zeit. Los!“, fügte er hinzu, als Castor zögerte. Dann kniete er sich zu Flavius und schaute sich die Wunden genauer an. Er verstand davon nicht all zu viel, aber er hatte schon genug auf Schlachtfeldern gesehen um zu wissen, dass es nicht gut aussah. Flavius teilte diese Erfahrung augenscheinlich.

    „Ich komme wahrscheinlich nicht sehr weit“, meinte der Soldat und frisches Blut benetzte seine Lippen, als er husten musste. „Diese Bastarde haben mich übel erwischt.“

    „Sieht so aus, aber euer Herr ist noch nicht bereit, das einzugestehen“, erwiderte Medin trocken. „Also kommt ihr mit. Das wird schon gehen. Hier.“ Er reichte einen Stofffetzen, mit dem sich Flavius das Blut aus dem Gesicht wischen konnte. Dann half er dem Verletzten auf, als Castor die Pferde näher brachte.

    „Stützt euch ab, ich helfe euch hoch. Aber ihr müsst euch selbst auf dem Pferd halten.“ Flavius stöhnte vor Schmerzen auf, als sie versuchten, ihn auf das Pferd zu hieven, aber irgendwie schafften sie es. „Wir schauen uns eure Wunden an, wenn wir ein wenig Abstand gewonnen haben. In welche Richtung sollen wir reiten?“

    „Nicht in Richtung Usa“, presste der Soldat hervor. „Damit rechnen sie. Wir müssen Richtung Gebirge, dort gibt es verschlungene Pfade und viele Bäche und Flüsse.“

    „Das klingt gut. Wir müssen als erstes Wasser erreichen, um unsere Fährte zu verwischen“, meinte Medin und wandte sich dann an die anderen beiden. „Habt ihr alles?“

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    Sie waren bereit. Viraya hatte sich noch einen Dolch geschnappt und ihr Schwert zurück bekommen, auch Medin erhielt seine Waffen wieder. Sie hatten keine Wahl. Ein gemeinsamer Feind konnte Wunder bewirken. Medin lenkte sie erst auf der Route zurück, die sie her gekommen waren und als sie über einen festen Untergrund ritten, zog er die Truppe erst nach Westen und dann nach Norden in Richtung Gebirge, denn noch wichtiger als dass die Hunde sie nicht aufspüren würden war, dass nicht ein Mensch ihre Fährte von blossem Auge erkannte. Viraya verstand, doch hielt sie sich zurück. Medins natürliche Autorität in so einer Situation war unglaublich praktisch und sie wollte sich nicht weiter exponieren. Wenn es schief ging, dann würde er hängen. Aber dieses Mal würde sie dafür schauen müssen, dass sie nicht wieder in einer Situation war, wo sie gezwungen war zu ihm zu halten. Wie zum Beispiel jetzt gerade.

    Sie durchquerten einen Fluss, dann ritten sie weiter und es erwies sich von Vorteil Flavius mitgenommen zu haben, denn er hatte die Landkarte ganz genau im Kopf. Dennoch er wirkte immer matter und matter und da es langsam dunkel wurde und steiniger, stellte sich langsam aber sicher die Frage, ob es nicht doch sinnvoller wäre eine Pause einzulegen und die Wunden zu versorgen.

    "Hier."

    Tat Medin kurze Zeit später kund. Es war eine Position, wo sie geschützt waren, aber sich ein Felsvorsprung in der Nähe befand von dem sie ziemlich weit in die Ferne blicken konnten. Alle waren froh, dass sie rasten konnten, allen war aber auch anzusehen, dass sie lieber noch mehr Distanz zwischen sich und ihre Angreifer gebracht hätten.

    "Danke dir."

    Meinte Viraya dann zu Medin, nachdem sie die Pferde getränkt hatte und er sich wie zufällig neben sie setzte. Er wusste, dass er ihr das Leben gerettet hatte und wahrscheinlich wusste er auch, dass sich Viraya nicht oft ernsthaft bedankte.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    „Vielleicht sind wir ja quitt, wenn wir das alles hier überstanden haben. Vielleicht spielt das dann aber auch keine Rolle mehr“, antwortete Medin sogar etwas belustigt und kaute dabei auf einem Stück altem Brot herum. Es tat unglaublich gut nach diesen Anstrengungen mal wieder etwas zu essen, egal wie alt und schal es sein mochte. Viraya und er waren nun schon eine ganze Weile aufeinander angewiesen, da es so schien, als ob sich das Schicksal immer gleich gegen beide gleichzeitig verschwor und er wunderte sich, dass das so lange gut gegangen war. Aber er wusste auch, dass er diesem Gefühl besser nicht weiter als bis zur nächsten Wegbiegung oder zum nächsten Sonnenaufgang trauen durfte. Abermals biss er vom Brot ab. Schmeckte doch ganz gut.

    „Was ist mit Krest passiert?“, fragte nach einigen Augenblicken der Stille Flavius, der unweit in eine Decke gewickelt lag. Castor saß neben ihm und wich ihm nicht von der Seite. Wie ein Tierjunges, das nicht von seiner sterbenden Mutter weichen wollte. Aber er hielt sich gut. Bald schon, da war sich Medin sicher, würde der junge Adelsspross ganz schnell selbst Entscheidungen treffen müssen.

    Medin und gab kurz die Ereignisse wieder. Er war sich nicht sicher, ob sie ihnen glaubten, dass nicht sie Krest umgebracht hatten, aber hier war im Augenblick niemand in der Situation wählerisch sein zu können.

    „Warum seid ihr uns dann zu Hilfe gekommen?“

    „Weil wir nach Usa zurückkehren und die Stadt anschließend als freie Menschen verlassen wollen“, antworte der Paladin. „Dazu brauchen wir euch und dafür ist es notwendig, dass ihr überlebt und dann ein gutes Wort für uns einlegt.“

    „Beides wird schwer genug“, meinte Flavius. „Die Wilden sind noch zahlreicher und noch dreister geworden. Ich hätte nicht erwartet, dass sie schon so nah der Stadt umher ziehen und Reisende überfallen. Wir haben sie unterschätzt.“ Er hustete wieder und in der Dunkelheit meinte Medin, wieder etwas Blut zu sehen. „Falls ich es nicht schaffe, dann sorgt dafür, dass Sir Castor es nach Usa schafft. Es wird nicht leicht, aber als kleine Gruppe sind wir weniger auffällig als ein großer Trupp.“

    „Bevor wir zurückkehren, müssen wir aber unsere Mission erfüllen“, warf Castor auf einmal ein. Dann herrschte erst einmal Stille. Medin hob die Augenbraue ein wenig und auch Flavius schien sehr versucht, seinen Herrn einen Dummkopf zu nennen. Doch der junge Adlige schien überzeugt. „Wenn wir jetzt versuchen die Stadt zu erreichen, werden wir wahrscheinlich auf dem Weg aufgepürt“, fuhr er fort. „Und selbst wenn wir es schaffen, bekommt ihr nach diesem Desaster selbst mit meinem Zureden höchstens den Galgen statt einer Vierteilung. Es erscheint mir klüger, erst einmal mehr Distanz zwischen uns und die Stadt zu bringen und zu versuchen, doch noch den Pass zu erreichen.“

    Zum Glück hatten sie kein Feuer entfacht und so konnten sie alle nur erahnen, welchen Gesichtsausdruck sie gerade hatten. Aber so ungern Medin es sich mit der Aussicht, sich weiter durch die Berge zu schlagen, auch eingestehen wollte: Der junge Adlige hatte wahrscheinlich Recht.

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    Viraya beobachtete, wie immer mit nicht sonderlich vielen Bewegungen des Gesichts, nur einmal biss sie sich etwas auf die Lippen, dann blinzelte sie und meinte.

    "Das mit der kleinen Gruppe klingt gut, oder kleine Gruppen. Da wir schon beim vergangenen Angriff als geschlossene Gruppe nicht stark genug waren, jetzt sogar noch dezimiert sind und beim nächsten Mal wahrscheinlich von einer noch grösseren Gruppe angegriffen werden, splitten wir uns besser auf. Das verwischt einerseits die Spuren, verwirrt, ..."

    Warf sie ein und führte nicht weiter aus, dass wenn dafür eine kleine Gruppe erwischt wurde, diese tief in der Tinte sass. Aber da waren sie sowieso schon. Also warum nicht eine Verzweiflungstat wagen?

    "Eine Bedingung aber. Medin und ich werden nicht getrennt. Dafür gehen wir mit Sir Castor mit."


    Zugegeben es war gewagt in ihrer Situation Forderungen zu stellen, allerdings hatten die anderen auch den Luxus nicht ihre Forderungen zurückzuweisen. Sie würden entweder zusammen überlegen oder zusammen untergehen. Zumal sie zugeben musste, dass es sie inzwischen wirklich interessierte warum Castor so versessen war zu dieser Leiche zurückzukehren.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    "Das kommt nicht in Frage! Ich lasse euch nicht allein weiter ziehen", protestierte Flavius energisch, obwohl seine Stimme schon schwach genug klang. Dennoch versuchte er noch den Eindruck aufrecht zu erhalten, ob er in der Sache eine Wahl hatte. Selbst wenn Sir Castor sich umstimmen ließe, war es doch sehr unwahrscheinlich, dass Flavius lange genug überleben würde.

    "Wir haben hier alle keine Wahl", erwiderte Medin trocken. "Ihr habt keinen Grund uns zu vertrauen und noch weniger haben wir einen Grund, euch zu trauen, aber so ist es nun einmal. Wenn wir euch hätten umbringen wollen, hätten wir inzwischen genügend Gelegenheit gehabt. Wir könnten euch auch jetzt noch töten und hätten dabei wahrscheinlich keine Schwierigkeiten. Oder euch einfach hier zurück lassen, was vermutlich auf das gleiche hinauslaufen würde. Aber wir sind auf euch angewiesen und ihr auf uns, also akzeptiert ihr entweder unsere Bedingungen, oder ihr wählt eine der anderen Varianten."

    Der Paladin regte sich nicht, aber sein Schwert lag in Griffweite. Er war recht zuversichtlich, Castor bei jeder Bewegung zuvor kommen zu können. Und von Flavius ging keine Gefahr aus.

    "In Ordnung", stimmte der junge Herr schließlich zu. "Flavius, ich sende euch morgen früh zurück in Richtung Usa. Berichtet, was passiert ist, wohin wir unterwegs sind und lasst Verstärkung aussenden. Außerdem rate ich meinem Vater, eine Strafexpedition aufzustellen. Das ist ein Befehl", fügte er hinzu.

    Flavius schwieg eine Weile. "In Ordnung, mein Herr", stimmte er schließlich zu und musste ein Husten unterdrücken.

    Die Nacht schliefen alle - wenn überhaupt - unruhig. Im ersten Morgengrauen packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und Flavius gab Castor einige letzte Hinweise zu der Karte, die er seinem Herrn gegeben hatte, damit dieser sich zurecht finden konnte. Ein kleiner Versuch, seinem Herrn noch einen Trumpf zusätzlich gegenüber Medin und Viraya an die Hand zu geben: Ortskenntnis.

    Dann halfen sie dem Verletzten alle gemeinsam auf sein Pferd. Medin überprüfte noch einmal alle Schnallen des Sattel- und Zaumzeuges. Wenn Flavius stürzen sollte, würde er alleine wohl nicht mehr weiter kommen.

    "Ihr müsst mir nicht vertrauen", sagte Medin noch einmal zu dem Soldaten. "Aber ich verstehe eure Situation. Ich war vor einigen Jahren in einer ganz ähnlichen. Wenn er sein Wort hält, hat euer Herr von uns nichts zu befürchten. Sorgt ihr euch um euch selbst: Haltet euch an dem Wasserläufen und egal wie stark eure Schmerzen werden oder wie müde ihr werdet, haltet nicht an. Ansonsten glaube ich nicht, dass ihr es bis Usa schaffen könnt."

    Flavius nickte. Was sollte er auch sonst machen? Seine Überlebenschancen waren so oder so nahe Null. Nach kurzen Worten des Abschieds an seinen Herrn trottete sein Pferd los.

    Einige Augenblicke verharrten die übrigen drei, bis das Pferd aus ihrem Blickfeld verschwunden wurde. Dann blickten sie sich an. Keiner sagte ein Wort, bevor auch sie ihre Pferde bestiegen, und weiter gen Gebirge ritten.

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Hoffentlich überlebten sie. Sonst würde ihnen wieder irgendjemand einen Strick daraus drehen, schliesslich war es am Ende Medins Befehl gewesen. Viraya überlegte, ob darum Castor, der am Anfang so stolz aufgetreten war, einfach gewähren lassen hatte oder war es Angst? Wahrscheinlich eine Kombination davon. Entschied sie und schwang sich auf ihr Pferd. Das Reiten schmerzte sie schon lange nicht mehr. Nach all den Tagen, die sie im Sattel verbracht hatte. Sie hatte auch langsam ein Gefühl für das Tier und seine Bedürfnisse entwickelt. Sie beugte sich als hinunter und tätschelte seine Nüstern bevor es los ging. Sie mochte Pferde. Sie reflektierten ihre eigene Ruhe und Abgeklärtheit so schön.

    Auch während des weiteren Ritts schwiegen die drei. Bis plötzlich Geräusche zu hören waren. Es schien eine grosse Truppe zu sein. Alle drei sprangen gleichzeitig von ihren Pferden. Wenn sie entdeckt wurden war es vorbei. Das wussten sie alle. Medin ging voran und lenkte sein Pferd in eine Senke, dann hiess er ihm sich auf den Boden zu legen. Castor und Viraya taten es ihm gleich.

    Virayas Ruhe wurden wahrlich auf die Probe gestellt. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals, während sie wieder das Pferd tätschelte. Nun einfach ruhig bleiben dachte sie und spähte aus dem Versteck hervor. Eine Staubwolke war bereits zu sehen.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Situation zeigte einmal mehr, wie gefährlich ihr Unterfangen war. Es war ein schmaler Grat, der sie von einem sehr schnellen, wahrscheinlich sehr brutalen Tod trennte. Eine Gefahr, die für Medin inzwischen fast allgegenwärtig geworden war und an die er sich dennoch nicht zu gewöhnen vermochte. Wenn er dies tun würde, bedeutete das wohl auch sein baldiges Ende.

    Instinktiv hatte er seine Erfahrungen aus den Orkkriegen angewandt und ein schnelles Versteck gefunden. Er hoffte, dass die Stammeskrieger noch keine Fährte aufgenommen hatten, sonst würde auch das Versteck nichts nützen. Wenigstens waren ihre Nasen schlechter als die von Orks und ihren Wargen.

    Zum Glück schienen ihre Pferde eine gute Ausbildung genossen zu haben, denn sie folgten ihren Reitern sofort in das Versteck und verhielten sich ruhig. Sie kauerten neben den am Boden liegenden Menschen, während ein gutes Dutzend Stiefelpaare wenige Schritt entfernt von ihnen vorbei zog. Medin hatte sich auf den Rücken gelegt, das Schwert an einer Seite, die andere Hand leicht über den Hals seines Pferdes streichend, und blickte zu Viraya. Sie tat es ihm gleich und blickte zurück. Stumm nickte er leicht, dann schloss er die Augen. Er atmete tief durch die Nase ein und wieder aus, wiederholte das ganze und strich dabei langsam und sachte über das Fell seines Pferdes. Ein und aus, ein und aus. Er hörte das Knacken von Zweigen unter den Stiefeln, gedämpfte Stimmen, schweres Keuchen, als der Trupp an ihnen vorbei zog. Ein und aus, ein und aus, ein und aus ...

    Als sich die Geräusche entfernten, öffnete er seine Augen, blieb aber noch liegen und blickte wieder zu Viraya. Sie wirkte noch etwas ruhiger und ihr Pferd tat es ihr gleich. Wieder nickte er, dann ging sein Blick weiter hinter Viraya. Auch Castor blickte zu ihm und schien verstanden zu haben, was sie taten: Auch der Adelsspross und sein Pferd waren vollkommen ruhig.

    Sie blieben noch eine ganze Weile so liegen, noch etwas länger als nötig. Es war ein unverhoffter und lang vermisster Moment der Ruhe. Eine Pause zum Verschnaufen. Zum Nachdenken. Zum innerlichen neu orientieren. Es war Wahnsinn, was sie hier versuchten, aber gleichzeitig wusste Medin auch keinen anderen Weg. Sie mussten es schaffen und dafür mussten sie drei nun zusammen halten. Innos, gib mir Kraft, bat Medin in Gedanken und schüttelte dann das Gefühl der Überforderung und Müdigkeit, der Perspektivlosigkeit, die ihn wieder zu überkommen drohte ab. Dann erhob er sich wieder.

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Noch immer stumm, stiegen sie vorsichtig auf die Pferde auf. Viraya bemerkte, wie trotz allem ihr Herz noch etwas schneller schlug, jetzt wo alles vorbei war zitterte sie plötzlich. Es war die Anspannung, die abfiel. Das Pferd schüttelte sich nun auch ein bisschen. Ruhig Blut. Erinnerte sich Viraya und stellte sich vor wie sie in einer Ecke kauerte, bevor sie jemanden mit ihrem Dolch attackierte. Das halft, um die Kaltblütigkeit zurückzuerlangen. Es wurde dunkel. Nun übernahm Castor. Flavius hatte ihm wohl auch einen Ort zum Übernachten geraten. Der Mann war fähig. Sie wäre viel lieber ihm gefolgt als Castor. Castor war unberechenbar und hatte eine Tendenz sich selber zu wichtig zu nehmen und zu überschätzen. Das Unberechenbare kam von einer Unsicherheit in seinem Kern. Das machte ihn aber zum Glück auch rezeptiv für Medins autoritäre Art.

    Der Lagerplatz war nicht optimal, der Wind pfiff ihnen kräftig um die Ohre und Viraya fröstelte. Gerade weil sie auch schon etwas in den Bergen waren. Aber sie hatten eine wunderbare Aussicht auf die Ebene und die Sterne. Nur waren sternenklare Nächte auch immer etwas kalt.

    Sie kauten auf ihren Vorräten herum und schwiegen noch immer. So war es wohl, wenn Menschen zusammen kamen, die sich nicht trauten. Lieber nichts sagen, als etwas Falsches. Irgendwann brach Viraya allerdings das Schweigen.

    "So Castor, jetzt ist es aber an der Zeit, dass du uns sagst warum wir all das auf uns nehmen. Was steckt hinter der ganzen Sache und vor allem haben diese Stämme zufällig angegriffen oder wollen sie verhindern, dass wir das Geheimnis lüften?"

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Sir Castor wich ihrem Blick aus, als wollte er sich keine Blöße geben. Aber auch er erkannte wohl, dass er auf seine beiden Begleitenden angewiesen war und seine Hand langsam öffnen musste, wenn er je heil nach Usa zurückkehren wollte.

    "Dieser Mann, den ihr am Pass gefunden habt, war ein Diener der Speichellecker an unserem Königshof", begann er dann. "Ein Bote. Der Brief, den ihr gefunden habt, war verschlüsselt. Der erste Teil einer zweiteiligen Nachricht, mit Hinweisen auf den zweiten Teil. Ich glaube, Marlo und die anderen sind sich auch nicht ganz sicher, nach welcher Information sie suchen, und deshalb müssen wir den zweiten Teil der Nachricht finden. Und das können wir nur, wenn wir seinen Leichnahm exhumieren. Denn entweder trägt er den zweiten Teil noch bei sich, oder es gibt einen Hinweis, wo er ihn deponiert hat."

    Medin lauschte aufmerksam und blickte Castor dabei direkt in die Augen. Der wich abermals seinem Blick aus. Und trotzdem hatte der Paladin nicht das Gefühl, belogen zu werden. Es war eher, dass sein Gegenüber wohl etwas ausließ. Eine Kleinigkeit, ein Detail. Aber Medin wusste auch nicht, wonach er fragen konnte.

    "Wenn Beno ein Lakai der Lakaien war, warum nehmt ihr dann dieses Risiko auf euch?", fragte er nach einer kurzen Pause stattdessen. "Warum nicht einfach nach Usa zurückkehren, das Scheitern eurer kleinen Expedition melden und euch wieder bequem in eurem Palast niederlassen? Oder vielleicht auch mit Verstärkung erneut ausrücken?"

    Castors hob seinen Blick. "Einen zweiten Versuch bekomme ich nicht", antwortete er und wich diesmal nicht mehr aus. "Wenn ich scheitere, schicken sie jemand anderen."

    Medin verstand. Hofintrigen und Machtkabale. Die vermeintlichen Informationen, die sich Castor von dem Toten erhoffte, waren anscheinend ein wertvoller Pfand für seinen Lord Vater oder mit wem auch immer dieser Allianzen am Königshof von Usa unterhielt. Eine tolle Spielwiese, auf der sie da unterwegs waren. Eine tödliche. Und Castor war dumm genug, dafür sein Leben aufs Spiel zu setzen. Und Viraya und Medin waren dumm genug ihm zu folgen. Zumindest vorerst.

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    Viraya tauschte einen Blick mit Medin aus. Sie brauchten keine Worte. Dennoch etwas stimmte nicht. Warum riskierte Castors Vater das Leben seines mittelmässig fähigen Sohnes. Wollte er ihn vielleicht elegant loswerden? Falls dies der Fall war, musste sie ihren imaginären Hut vor dem Vater ziehen. Sie würde Medin dazu befragen sobald Castor seine Notdurft verrichten ging. Das tat er immer um die gleiche Zeit abends und morgens und er brauchte immer relativ lange.

    Etwas später war es tatsächlich so weit. Viraya raute Medin ihre Überlegungen zu.

    "Das oder Vielleicht eine Liebschaft."
    Mutmasste sie. "Ich habe aufgeschnappt, dass Castor einen jüngeren Bruder hat." Fügte sie zum Schluss ihrer wie immer kurz gehaltenen Ausführungen noch an.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    "Vielleicht vertraut sein Vater ihm auch einfach nur? Es scheint eine wichtige Mission zu sein", brachte Medin eine andere Möglichkeit ins Spiel. Er verstand, warum Viraya in diese Richtung gedacht hatte, und es war auch bezeichnend, dass sie erst einmal einen hinter- oder arglistigen Grund annahm. "Wie dem auch sei, für uns ist es kein Unterschied. Einen anderen Pfand außer Castor haben wir nicht, um Usa als freie Menschen zu verlassen. Vielleicht ändert sich das ja, wenn wir Beno und diese zweite Nachricht finden."

    Ihr Begleiter kehrte von seiner Notdurft zurück und das Gespräch war vorbei. In so viele Kleidungsschichten wie möglich gewickelt und nah bei den Pferden verbrachten sie eine unruhige und bitterkalte Nacht. Sie waren schon relativ weit oben im Gebirge und hatten auch schon länger keine frischen Spuren mehr gesehen. Das war gut, denn hier war die Wahrscheinlichkeit, auf Bergstämme zu treffen, geringer. Dennoch trauten sie sich kein wärmendes Feuer zu entfachen. Vielleicht fanden sie demnächst ja mal eine richtige Höhle zum Übernachten.

    Am nächsten Morgen brachen sie wieder auf. Keiner von ihnen wirkte ausgeruht, aber das Wetter war ihnen gnädig. Sie blieben von einem allzu starken Wind, der oft in diesen Höhen wehte, verschont und hier und da schob sich auch mal die Sonne durch die Wolken, um willkommene Wärme zu spenden. Die Vegetation war karger geworden und das Hauptaugenmerk lag darauf, einen halbwegs sicheren Pfad durch das immer unwegsamer werdende Gelände zu finden. Ihre Pferde waren Hochgebirgsterrain nicht gewohnt und nicht so trittsicher, dass Medin ihnen blind vertraut hätte. Also bildeten sie wieder eine enge Reihe, in der er voran ritt, dicht gefolgt von Viraya und dann Castor, sodass ihre Pferde seinem folgen konnten. Hier kam es vor allem darauf an, mit kleinen Bewegungen bei ruhigem Tempo dem Reittier den nächsten Schritt ein paar Zentimeter weiter links oder rechts zu empfehlen und immer vorauszuschauen, wo die nächste Stufe oder der nächste größere Stein lauerten. Es erforderte viel und lang anhaltende Konzentration von Pferd und Reitenden gleichermaßen.

    Es dauerte bis zum Nachmittag und mehrere Passagen, während derer sie ihre Pferde führen mussten, bis sie eine relativ steile Höhenstufe überwunden hatten und sich vor ihnen das Hochtal öffnete. In der Ferne waren nun schneebedeckte Gipfel und auch der Pass zu sehen, auf dem sie Beno damals gefunden hatten. Den Pass würden sie heute nicht mehr erreichen, aber dort hatten sie ihn auch nicht begraben. Seine letzte Ruhestätte befand sich hier in diesem Hochtal und die Herausforderung war nun, wieder die richtige Wiese, den richtigen Hang und die richtige Stelle mit lockerem Boden nahe eines Schmelzwasserflussbetts zu finden.

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    Der Wind heulte unbarmherzig durch die lockere Steinmauer des alten, halb in sich zusammen gesackten Heuschobers, in den sie sich geflüchtet hatten. Die schneidende Kälte drang durch alle Ritzen und das Heulen klang so, als hätten sich alle Berggeister gegen sie verschworen und würden sie nun dafür bestrafen, dass sie sich so weit nach oben begeben hatten. Kein Wunder, dass die Bergstämme dieses Hochtal mieden.

    Den ganzen gestrigen Tag waren sie das Tal immer wieder in Richtung Pass abgeritten, auf der Suche nach dem Pfad, den Viraya und Medin damals in umgekehrter Richtung genommen hatten. Das Hochtal war relativ breit und bot im Frühling zahlreichen Schmelzwasserflüssen und Rinnsalen Platz, deren Überbleibsel wie ein geschwungenes Netz unzähliger Wurmpfade durch die gesamte Sole zogen. Das machte die Suche nach dem Grab so zeitraubend. Am Abend hatten sie dann diesen alten Heuschober oder Schafstall gefunden, der bestimmt schon seit einigen Jahren nicht mehr benutzt worden war. Einer der tragenden Dachbalken war eingebrochen und das übrige Dach löchrig. Dennoch war es der beste Lagerplatz gewesen, doch in den frühen Morgenstunden war ein unerbittlicher Sturm aufgezogen, der eine weitere Suche unmöglich machte. Sie saßen fest, zum warten verdammt.

    Medin zog seinen Umhang noch einmal fester und schaute durch eine Lücke im Mauerwerk auf der windabgewandten Seite der Hütte. Dahinter konnte er die drei Pferde sehen, die dort dicht zusammen gedrängt in einer Mulde ausharrten. Sie wirkten schon ausgezehrt und die Kälte machte Ihnen zu schaffen. Doch in der kleinen Ruine war kaum genug Platz für die drei Menschen gewesen, also hatten sie ihre Decken über die Pferde gelegt und sie draußen angeleint. Wenigstens regnete oder schneite es nicht, sodass momentan nur der Wind das Problem war. Aber lange würden sie nicht mehr durchalten.

    "Wenn der Sturm nicht bald nachlässt, müssen wir aufbrechen", sprach er in ihre kleine Runde. "Die Pferde halten das nicht mehr lange aus und wir haben auch nicht genug Vorräte, um hier noch ein paar Tage zuzubringen."

    "Wo sollen wir denn hin?", fragte Castor müde und auch etwas gereizt. Er war sichtlich mit der sich immer weiter verschlechternden Situation überfordert.

    "Wir haben nur zwei Optionen", erwiderte Medin nüchtern. "Entweder zurück Richtung Usa. Da geraten wir höchst wahrscheinlich wieder an die Bergstämme, die immer noch nach uns suchen. Oder in die andere Richtung über den Pass, wenn nicht schon zu viel Schnee da oben liegt." Er blickte zu Viraya. Auf der anderen Seite gab es wesentlich mildere Täler mit weniger feindseligen Einwohnern. Aber es bedeutete auch wieder näher in Richtung Gorthar und allem, was sie dort hinter sich gelassen hatten, zu kommen. Der Gedanke gefiel ihm auch nicht. Aber wenn sich der Sturm in ein paar Stunden nicht legen würde, müssten sie eine Entscheidung fällen.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Innos sei Dank nahm ihnen das Wetter die Entscheidung doch noch ab. Nach ungefähr zwei Stunden ließ der Sturm nach und sie konnten ihren Weg bei besseren, wenn auch immer noch sehr kalten Witterungsbedingungen fortsetzen. Die Pferde hatten den Sturm geschwächt, aber trotzdem verhältnismäßig gut überstanden. Es war klar, dass sie hier oben nicht ewig durchhalten würden, aber für den Moment vermochten sie ihre Reiter noch zu tragen. Also suchte das ungleiche Trio weiter und mäanderte das Hochtal weiter hinauf in Richtung Pass.

    Der Weg dauerte länger, als Medin in Erinnerung hatte, aber irgendwann kamen sie dann an eine Stelle, an der sie auf dem umgekehrten Weg gelagert hatten. Und unweit davon fanden sie ein Stück umgegrabene Erde, auf die Steine gelegt worden waren. Benos Grab.

    Die drei saßen ab und nährten sich schweigend der letzten Ruhestätte. Sie hatten diese Etappe also geschafft, aber das, was sie gleich tun mussten, fühlte sich falsch an. Viraya und Medin hatten ihn nicht umsonst von der Schutzhütte am Pass bis hier runter getragen, um ihn beerdigen zu können.

    „Wartet“, sagte der Paladin zu Castor, der sich bereits an Werk machen wollte, und kniete sich auf den beinahe gefrorenen Boden vor das Grab. Er schloss die Augen und murmelte ein kurzes Gebet zu dem Gott, an den er damals auch das Totengebet gerichtet hatte.

    „Innos, bitte vergib uns, dass wir den Frieden dieser Ruhestätte stören. Auf dass du seine Seele schon zu dir geholt hast, wenn du sie als würdig erachtet hast. Du hast weise über ihn gerichtet, wie du auch über uns einst richten wirst.“

    Er blieb noch einen Moment so knien, die Augen geschlossen, die Gedanken auf Sinn und Bedeutung dessen, was sie hier taten, fokussiert. Die anderen beiden schwiegen und mochten ihre eigenen Gedanken dazu haben.

    Schließlich erhob er sich wieder und trat ein wenig zur Seite.

    „Hier liegt er“, versicherte er noch einmal Castor. „Ihr könnt beginnen.“

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    Ranger-General  Avatar von Kiyan
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Schwefelmine 'Beliars Hauch', nordöstliches Herzogtum Gorthar

    „Beliars Hauch“
    Der blondhaarige Gefangene blickte müde auf, als die dünne Stimme des Jugendlichen die Stille in dem Stollen durchdrang, der den beiden hier Arbeitsplatz und Schlafstatt zugleich war. Das dunkle Haar des Burschen war länger als noch vor ein, zwei Monden, hing ihm nun ins Gesicht und ließ ihn mitsamt der Segelohren wie eine ungepflegte Feldmaus wirken. Die braunen Augen, die einen scharfen Verstand offenbarten, hefteten sich an das ausdruckslose Blau des älteren Häftlings.
    „Was, Heric?“, fragte er langsam, „Was meinst du?“
    „Na, Herr Kiyan, der Name dieser Mine. Beliars Hauch. Theatralisch, nicht wahr?“
    Der Blonde lehnte den Rücken an die Felswand, blinzelte ein paar Mal im Licht der Kerzen, die auf den Resten einer Planke vor sich hin flackerten. Beliars Tor wäre treffender, Junge, wollte er gerne sagen, denn das hier wird unser Grab werden. Nichts weniger als das. Aber er würde es nicht sagen. Heric war nun einmal ein hoffnungsfroher Bengel, ein Bursche, der selbst in der dunkelsten Nacht noch einen Schimmer Licht zu finden vermochte. Also nickte Kiyan nur schwermütig, ehe er wieder seinen Gedanken nachhing. Die drehten sich in erster Linie um das Warum. Warum hatte man ihn nach Drakia gelockt und gefangen genommen? Warum hat ihn ein Edelmann in feinen Zwirn im Kerker aufgesucht und ihm die aussichtslose Situation erklärt, in der er sich aus dem einfachen Grund befand, weil er der Sohn seines Vaters und Verwandter seines Bruders war. Dann war hatte man ihn über den Seeweg in diese abgelegene Mine irgendwo im Nordosten von Gorthar verlegt. Ja, das Warum war der große Knackpunkt in dieser Geschichte.
    Und dann, natürlich, war da das schlechte Gewissen, welches er sich machte. Denn Heric war natürlich mit ihm gekommen, Heric hatte ihn nach Drakia begleitet, war ebenso gefangen genommen und mit ihm zusammen verlegt worden. Wohl als andauernden Hinweis für seine unglaublich miserable Eigenschaft als Hüter eines Lehrlings. Würde Heric hier letztlich sterben, würde sein Blut an Kiyans Händen kleben. Er würde alles dafür geben, den Burschen in Freiheit zu sehen, aber die Götter schienen an keinerlei Opfer interessiert, stellten sich taub und ignorierten Kiyans stummes und lautes Flehen.
    „Also einer von den anderen Gefangenen, so ein Dschungelmensch hat mir erzählt, dass es hier mal vor Jahren einen Aufstand gab.“, plapperte Heric weiter, von Kiyans trübseliger Stimmung nichts bemerkend. Rasch hatte der Bursche Freunde unter den anderen Insassen gefunden, gerade den Jüngeren. Viele entstammten einem Dschungelvolk aus dem fernen Osten des Kontinents, sie nannten sich Jünger des Slaassik, nach irgendeinem Götzen ihrer Geisterwelt. Allzu fromm schienen sie jedoch nicht zu sein, wie Kiyan über die Wochen festgestellt hatte, denn bei jeder Erwähnung vereinzelter Angehöriger dieses Volkes, ihr Schutzpatron werde sie schon befreien, erwähnten zumeist die jungen Gefangenen, dass dieser seine Kinder längst verlassen habe. Dass die Freiheit, die ihnen durch den Verbrannten - irgendeine Mythengestalt - versprochen worden war, nicht gekommen war.
    „Nun aber … viele wurden dabei getötet.“, Heric blickte bedrückt zu Boden, brach ein Stück von dem nicht mehr allzu frischen Brot ab. Kiyan hatte ihm einen größeren Teil seiner Ration zukommen lassen. Der Bursche würde sonst dünn wie ein Papierhalm werden.
    „Das ist die Natur von Aufständen in Gefangenenlagern“, antwortete der Wächter bitter, „Sie pflegen an absoluter Unfairness zu scheitern.“
    Nun blickte ihn der Bursche wieder an, das Gesicht plötzlich wütend verzogen. „Und trotzdem ist es einen Versuch wert!“, zischte er, „Lieber für die Freiheit sterben als ewig in Ketten schuften zu müssen.“
    Kiyan schüttelte nur den Kopf, seufzte tadelnd. „Dein jugendlicher Ehrgeiz in Ehren, Heric, aber das ist hier ist keine verdammte Heldengeschichte. Das hier ist die bittere Realität. An die müssen wir uns anpassen, ganz einfach. Akzeptiere es … und mit der Zeit wird es einfacher.“
    Heric sprang auf, warf das Stück Brot zur Seite und ragte über dem sitzenden Kiyan auf. „Ihr sprecht, als hättet Ihr aufgegeben, Meister. Ihr … enttäuscht mich!“ Und mit diesen Worten verschwand Heric in dem Hauptgang des Stollens. Wahrscheinlich wieder zu den anderen, jüngeren Insassen. Die waren es auch, die ihm wohl diese Flausen in den Kopf setzten.
    „Ach Bursche“, murmelte der Wächter leise, „Ich versuche doch nur, dich am Leben zu halten. In der Hoffnung …, dass du hier herauskommst. Irgendwie. Dafür würde ich mit Freuden mein Leben geben.“

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Viraya ist offline
    Viraya hustete leicht. Das war der Tribut, den die Kälte forderte. So lange es nicht schlimmer wurde, konnte sie damit leben. Sie hielt sich den Ellbogen vor den Mund, während Castor hastig und unkoordiniert mit einem Stein versuchte die Erde weg zu schaufeln. Dumm war die Idee von Medin nicht. Blitzte es ihr durch den Kopf. Gorthar war gefährlich, ein Schlangennest, aber sie kannte die Intrigen und würden irgendwie auf ein Schiff gelangen können. Der Nacken von Castor schimmerte einladend und die Toten würden ruhen. Ihre Hand glitt zum Dolch. Sie blickte auf. Stumm schüttelte Medin den Kopf. Sie hätte sich am liebsten verflucht. Warum hatte sie zu ihm geschaut? Sie wusste genau, dass er ein viel zu aufrichtiger Mensch war. Nun schaufelte er sein eigenes Grab und ihres mit. Sie liess die Hand wieder fallen, ging ebenfalls neben Castor auf die Knie und half ihm ausgraben. Wenn dann wollte sie wenigstens nicht hier erfrieren. So konnten sie vielleicht so lange überleben, dass sie eines Tages Medin vorhalten konnte, wohin das führte, wenn man zu aufrichtig war. Sie warf ihm einen Blick zwischen zusammen gekniffenen Augen zu. Auch dieser Blick entging ihm nicht.

    Sie kamen langsam voran. Der Boden war hart und vorsichtig mussten sie auch sein, wenn sie das Dokument nicht gleich zerstören wollten. Sie wussten ja nicht einmal wo es sich befand. Das einzige Glück war, dass Medin und Viraya damals ebenfalls nicht ewig gegraben hatten, um ihn unter die Erde zu legen. Er befand sich also durchaus nahe der Oberfläche und die Füsse mussten sie wohl nicht freischaufeln. Wer würde schon einen Brief in den Schuhen verstecken...

    Die schwarzhaarige hielt inne. Natürlich, dort musste er sein. Alles andere hatten sie durchsucht. Sie änderte die Position, wo sie gruben und hielt kurze Zeit später vom Frost beinahe intakt gehaltene Schuhe in der Hand. Schnell, legte sie die Dolchspitze zwischen Sohle und Schuh an. Auch Castor hatte sich aufgerappelt und klopfte seine Rüstung sauber. Da bemerkte sie dass ihr Herz tatsächlich höher schlug um zu erfahren für welche Worte so viel Aufwand betrieben wurde.

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    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Redsonja war missmutig. So wurde sie also einfach ihres lang ersehnten Kampfes beraubt. Und wer wars gewesen? Natürlich Gorr. Allerdings brachten missmutige Blicke nichts, denn dieser war bereits mit ein paar Damen beschäftigt. Ragnar kam wirklich nach ihm. Sie kümmerte sich allerdings nicht lange um den Schmied, sondern schaute sich weiter um. Wo um alles in der Welt waren sie gelandet. Im "Flotten Freier", ja aber wo auf der Welt befand sich dieser?

    Eine Wache eilte auf sie zu. Bevor diese allerdings Luft holen konnte, stellte ihn die rothaarige Kriegerin zur Rede.
    "Wo sind wir hier."
    Schmetterte sie ihm zornig entgegen.
    "Usa."
    Entgegnete er überrascht und schien komplett vergessen zu haben, dass er eigentlich sie befragen wollte. Bevor er die Fassung wieder fand, hakte sie gleich nach.
    "Und wo liegt Usa?"
    Nun blickte er überrascht.
    "Ihr wisst nicht wo Usa liegt." Sie schüttelte den Kopf. "Kennt ihr Gorthar?" Sie nickte. "Das ist im Nordosten von hier. Es liebt eine grosse Gebirgskette dazwischen. Aber nun genug der Fragen. Was soll das hier?"
    Die Wache hatte die Fassung zurück erlangt und blickte Redsonja nun herausfordernd an.
    "Nun das ist eine sehr lange Geschichte." Begann Redsonja und blickte sich hilfesuchend nach ihren Gefährten um. "Ich habe Zeit." Sprach der Wachmann mit einem leicht herablassenden Grinsen. Also begann Redsonja zu erzählen. Dabei übersprang sie ein paar Details zu beginn der Reise, liess aber nicht das klitzekleinste Detail der Haifischattacke aus und ging noch tiefer ins Detail beim Angriff der Piraten. Nur Anne im Fass liess sie aus. Die Piratin war nämlich verschwunden und wer wusste, ob sie hier gesucht war. "Und dann knallten unsere beiden Schiffe zusammen in den Hafen."

    Schloss sie zum Schluss und war nicht unzufrieden mit ihrer Erzählung. Wäre da nicht plötzlich Iglo gewesen, der auf Gorr, Bloody und Schmok deutete und meinte.
    "Die haben unser Schiff gekapert und meinen Rum verbrannt." Zu guter Letzt zeigte die Fingerspitze auch auf Redsonja. Das wäre nun nicht notwendig gewesen. Zum Glück war die Wache zu dem Zeitpunkt aber bereits auf dem Weg zu einer der erstgenannten Personen.

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    Ranger-General  Avatar von Kiyan
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Kiyan ist offline

    Schwefelmine 'Beliars Hauch', nordöstliches Herzogtum Gorthar - in Gedanken in Drakia

    Völlige Dunkelheit gab es in dieser Mine nie. Zum einen – so seltsam es auch im Bezug auf eine Mine, in der nur Gefangene arbeiteten, klingen mochte – aus Gründen der Sicherheit, zum anderen, um den Insassen nicht die Möglichkeit zu geben, unter Vorwänden Wärter in weniger beleuchtete Ecken zu locken, um sie dort zu überwältigen. Vor allem die Hauptstollen waren entsprechend erhellt, sodass diese selbst in Nebenstollen, die davon abzweigten, ein Halbdunkel erzeugten, in welchem man zumindest die Hand vor Augen sehen konnte.
    In diesem saß Kiyan nach Herics wutentbranntem Verschwinden. Die Kerze hatte er gelöscht, das Brot wieder so verstaut, dass keine dieser elendigen Nager darankommen konnte. Düster brütete er vor sich hin, der Kopf ein einziges, wirbelndes Chaos aus Gedanken. Eine See voll tosender Stürme, in der für einen Moment Pläne Wellen bildeten, die sich weiter und weiter auftürmten, nur um dann wieder im wütenden Mahlstrom zu vergehen.

    Der Schlag des Soldaten war vergleichbar mit einem Schmiedehammer, der glühendes Eisen auf einem Amboss in Form brachte. Zumindest was die Geschwindigkeit und die gnadenlose Härte anging. Der Gedanke dahinter – Kiyan war selber überrascht darüber, was sein Geist in diesem Augenblick aufbrachte – war ja sogar ähnlich. Etwas nach dem eigenen Willen zu verändern. Der Schmied macht aus dem glühenden Metall Werkzeug oder eine Waffe, und der Kerkerwärter aus dem renitenten Insassen einen fügsamen Häftling.
    Kiyan, dessen Hände mit einem ordentlichen Seil aneinandergebunden waren, beugte sich vor, klappte fast wie ein Messer zusammen, keuchte kurz und erbrach dann das wenige an Nahrung, welches er vor dem Anlegen am Hafen von Drakia zu sich genommen hatte. Zwieback und etwas Trockenfleisch. Angewidert fuhr der Soldat zurück, da der Gortharer ihm diese Delikatessen in einigermaßen verdautem Zustand auf die Stiefel gespuckt hatte. Gerade wollte er mit dem schweren, beschlagenen Schuhwerk zutreten, als eine befehlsgewohnte Stimme schallte.
    „Gaston!“, brüllte der Leutnant des Soldaten. Schwere Schritte näherten sich. „Ich habe es hundertmal gesagt: Die Gefangenen werden nicht aus Jux und Tollerei verprügelt, ist das klar?“
    Ächzend rappelte sich Kiyan wieder auf, grinste überaus spöttisch Gaston an, der sich seinerseits umwandte und dem jungen Offizier gegenübertrat. „Herr Leutnant, die Rat- … der Gefangene hat mir widersprochen.“
    Der Blick des Offiziers blieb kurz an Kiyan hängen, während er seufzte. „Verdammte Scheiße, würde ich von einem Boot steigen und direkt – ohne viel Federlesen oder Erklärung – festgenommen werden, wäre ich auch reichlich angepisst.“ Ein Kopfschütteln. „Aber der Kommandant hat mir bestätigt, dass es seine Richtigkeit hat. Irgendwas von der Wache aus Gorthar drüben, irgendeine Amtshilfe oder so.“
    Schulterzucken, ehe der Blick sich wieder an den Soldaten heftete. „Aber ich hab’s dir schon mehrmals gesagt, Gaston. Insassen sind nicht deine beschissenen Sandsäcke. Und jetzt geh, hier kommt gleich jemand von den hohen Herren aus Gorthar, um den Kerl hier zu übernehmen.“
    „Aber …“, versuchte es der grobschlächtige Soldat nochmal, ehe der Leutnant ihn abwürgte.
    „Ich habe dein Getue satt, Gaston. Glückwunsch, du hast Putzdienst in den Scheißhäusern. Eine angemessene Aufgabe, um mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen.“
    Als der leise vor sich hin fluchende Soldat verschwunden war, atmete der Leutnant aus, bemüht die Wut abzukühlen, die augenscheinlich in ihm tobte. Dann wandte er sich wieder Kiyan zu. „Mitkommen, der Vertreter der Stadtwache von Gorthar kümmert sich jetzt um dich. Dann hab ich mit der ganzen Sache hier zum Glück nichts mehr am Hut …“
    In einem kleinen Raum, wohl für Verhöre gedacht, saß ein Mann in der Uniform der Gortharischen Stadtwache, geradezu herausgeputzt. Der Kopf war nassrasiert, das Gesichtsprofil scharf, einem Falken gleich. Die Augen – an die würde sich Kiyan später noch erinnern – eiskalt und von dunkler Farbe, Obsidian gleich.
    „Ah, Herr Calveit.“, grüßte er Kiyan, als der Leutnant die Tür hinter sich schloss und die beiden Männer alleine waren. „Ich bin Salvaro Barenzia“, stellte er sich vor, „Wir werden uns in der nächsten Zeit ausführlicher unterhalten. Mh, alter Bekannter wegen, würde ich sagen.“

    Die Boshaftigkeit, die dabei in den kalten Augen des Mannes geblitzt hatte, sollte sich noch in ihrem vollen Ausmaß offenbaren. Nun – viele Tage später – kauerte der blonde, ungepflegte Häftling im Halbdunkel und atmete mehrmals ein und aus, bemühte sich darum, nicht zu hyperventilieren, als er an die ‚Befragungen‘ durch Barenzia dachte. Die ‚Unterhaltungen‘ und ‚Plaudereien‘.
    Heftig schüttelte er den Kopf, blickte zum Hauptstollen. Er sollte wohl Heric aufsuchen und sich erklären. Die Götter sollten den Burschen davor bewahren, aufgrund dieser Jünglinge irgendetwas Dummes zu tun, was ihn am Ende das Leben kosten würde.
    Denn dann, bei allem, was mir heilig ist, kann ich mir auch einen verdammten Strick schnappen und dieses Jammertal augenblicklich verlassen.

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    Ehrengarde Avatar von Gorr
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    Gorr ist offline
    Gorr war gerade im Gespräch mit ein paar der beleibteren Damen, die den Zusammenprall der Siebenarmigen Jungfrau mit ihrer Wirkungsstätte nur von einem milden Schock irritiert, aber auch belustigt, unbeschadet überstanden hatten.
    "Normalerweise sind nur die Jungen so vorschnell, nicht solch alte Männer wie ihr", witzelte die Eine und alle lachten. Gorr und Bloody inklusive. Es wurden noch weitere Witzchen auf Kosten der Schiffbrüchigen gerissen und alle amüsierten sich köstlich. Es wurde gelacht und bald schon wurden Lieblingsrezepte ausgetauscht. Seit seiner Zeit als Smutje an Bord der Siebenarmigen Jungfrau hatte der Schmied auch seine Liebe für das Handwerk des leiblichen Wohls entdeckt. Die geheimsten aller geheimen Rezepte wurden natürlich nur hinter vorgehaltener Hand in's Ohr geflüstert und heimlich auf Spickzetteln notiert, die unauffällig von Hand zu Hand wechselten. Dabei wurde gekichert und g'schamig abgewunken was das Zeug hielt.

    Gorr erhaschte einen kurzen, aber beißenden Blick von dieser Redsonja Frau. Die dachte vermutlich gerade schon wieder sonstwas von ihm, was er hier mit den Frauen schäkerte. Sie kannte ihn nicht. Dass er sich für sein Hummelchen einfach nur das weltbeste Rezept für Seraphis-Herings-Salat zuflüstern ließ, konnte sie ja nicht wissen.
    Ihre Arroganz stand ihr in's Gesicht geschrieben.
    Sollte sie doch denken, was sie mochte. Solange Sie ihre Frau stand, wenn es darum ging, Ragnar zu finden.

    Gefunden hatte sie aber vor allem erstmal eines, nämlich Ärger. Und den Wachmann, den sie derart verärgert hatte, dass ihm bald der blutrot-unterlaufene Kopf platzen wollte, schickte sie jetzt erstmal schnurstraks zu den unbescholtenen Männern und Frauen, die hier in illustrer Runde ganz harmlos Rezepte ausstauschten.
    Stets die Aufwieglerin, dachte Gorr.

    Dass in Wahrheit Iglo sie verpfiffen hatte, merkte er jedoch nicht.
    Geändert von Gorr (09.01.2024 um 00:41 Uhr)

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    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Redsonja ist offline
    Redsonja hätte also die Zeit gehabt sich aus dem Staub zu machen. Aber sie tat es nicht. Denn erstens musste sie wieder aus Gorthar wegkommen, zweitens lag ihr Ragnar am Herzen und drittens hätte sie niemals Bloody alleine lassen können. Wobei wenn sie jemand aus der misslichen Lage retten konnte, dann wahrscheinlich der Bandit mit seinem Schalk und Charm. Wobei sie zugeben musste, dass Gorr mit seinem Einfallsreichtum tatsächlich gar nicht so schlecht war. Etwa so gut wie Schmok mit der Navigation. Witzelte ein böses Stimmlein in ihrem Kopf und sie hätte beinahe gekichert, wurde sich aber noch rechtzeitig ihrer misslichen Lage bewusst und riss sich zusammen.

    Und machte einen raschen Satz in Richtung Iglo, der gerade das Weite suchen wollte, aber statt davon schlüpfen zu können in Schmok hinein prallte. Sie nickte dem Steuermann anerkennend zu und nahm Iglos Kinn zwischen ihre Finger, um ihn zu zwingen sie anzuschauen.

    "Ich versehe, dass du nicht erfreut bist, dass euer Schiff zerstört ist und der Rum, aber ohne den Rum, Gorr und Bloody wärst du in einem Haibauch gelandet." Sie liess eine kurze Pause, aber nicht lange genug, dass er auf die Idee kam etwas zu erwidern. "Und weisst du eigentlich was für ein Schlangennest Usa ist? Willst du hier lebend heraus kommen, ist es sinnvoll die Piraten - also jene auf dem anderen Schiff dafür verantwortlich zu machen. Denn jemand muss hier bestimmt für den Schaden aufkommen und wenn wir das nicht mit Gold können - was wir nicht können, dann werden es unsere Köpfe sein und das wäre dann wirklich gnädig."

    Sprach sie und liess die Stille wirken, versuchte aber gleichzeitig nicht sich auszumalen, dass diese Drohung auch für sie selber galt. Was ihr natürlich nicht gelang. Sie war zwar noch nie in Usa gewesen, aber der Ruf war Usa voraus geeilt. Die kleine Hafenstadt mit den dicken Mauern war in ganz Gorthar dafür bekannt, dass hier nicht zimperlich mit Menschen umgegangen wurde, die meist unwissentlich in irgendwelche Intrigen involviert wurden.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Eines musste man Beno lassen, er war wohl ein passabler Ränkespieler gewesen. Nicht gut genug, um zu überleben, aber immerhin gut genug, um eine Geheimbotschaft gut zu verstecken. Viraya und Medin hatten ihn beim letzten Mal nur nach nützlichen Dingen durchsucht und gar nicht in Erwägung gezogen, dass ein einsamer Toter fernab der Zivilsation Geheimverstecke am Körper trug. Als Viraya nun die Sohle vom durch die Kälte spröde gewordenen Schuhleder trennte, hielt auch Medin kurz inne. Was auch immer zum Vorschein kommen mochte, bestimmte vermutlich über ihr weiteres Schicksal.

    Und tatsächlich! Unter der Sohle kam ein kleines, zusammengefaltetes Stück Papier zum Vorschein, das herauspurzelte und zu Boden glitt.

    "Da ist es!", rief Castor aus, doch noch bevor er danach greifen konnte, bückte sich Viraya und hob das Stück auf. Kurz wirkte es so, als ob der junge Adelige danach greifen wollte, doch dann hielt er sich zurück. Viraya hielt immer noch ihren Dolch in der Hand. Einen Augenblick wechselten sie Blicke, bevor sie das Papier entfaltete. Ihre dunklen Augen wanderten kurz von einer Seite zur anderen, dann wieder, dann wieder, dann wieder. Zeilen, riet Medin in Gedanken. Dann blickte sie auf und gab ihm den Zettel. Der Paladin griff nach dem Papier drehte es und ... atmete tief aus. Nebel bildete sich vor seinem Mund in der kalten Luft.

    "Chiffriert", sagte er. Auf dem Zettel war eine kleines, nichtsagende Skizze, die wie der Grundriss eines Tunnel oder einer Höhle aussah, umgeben von einer Wolke aus wahllos zusammen gewürfelten Buchstaben und Zeichen. Einige erkannte Medin, andere nicht - und auch wenn seine Lesekenntnisse nicht die besten waren, war er sich ziemlich sicher, dass das nicht einfach eine unbekannte Sprache, sondern eine Verschlüsselung war. Wofür waren sie also auf diesen Berg gestiegen?

    "Dürfte ich nun?", fragte Castor schließlich in die kalte Bergluft und streckte die Hand aus. Nach kurzem Zögern reichte Medin ihm den Zettel. "Könnt ihr lesen, was da steht?"

    Der Adelsspross zog die Brauen zusammen, drehte das Papier ein paar Mal, und leckte sich dann mit der Zunge über die Lippen.

    "Unternehmung fast ...", begann er dann zu Medins Überraschung auf einmal zu übersetzen. "... fast vollständig unterlegen - nein, zum erliegen gekommen. Durchbruch auf unterer Ebene, zwei Verletzte, haben uns um sie gekümmert. Kleiner Kamm- " Wieder hielt er inne. "Nein, das ergibt keinen Sinn. Hier sind die Worte nur noch unzusammenhängend. Kammer, Glüh- ... Glühf-... Glyphen! Sichern alle Fundstücke für nächsten Transport. Erbitten Anweisungen."

    Dann blickte Castor wieder zu den beiden auf. Sein Mund stand offen und der von Medin hätte auch offen gestanden, hätte er sich nicht darauf konzentriert, den Blick auf Castors Mimik zu halten. Der Junge wirkte vollkommen erschöpft, gleichzeitig aufgeregt und überrascht. Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet und Medin glaubte ihm die Überraschung.

    "Gehört Geheimschrift zur Standardausbildung des Stadtadels aus Usa?", fragte der Südländer nach einigen Momenten des Schweigens.

    "Glaubt mir, die Privatlehrer sind aus gutem Grund so teuer", antwortete Castor schlagfertig und nun ergab auch Sinn, warum er auf dieser Mission war. Warum sein Vater nicht irgendwelche Bediensteten geschickt hatte oder warum Castor nach dem verlorenen Gefecht nicht umgekehrt war. Er war der wichtigste Mann auf der Mission, was auch immer ihr Inhalt war. Nachdem sie den zweiten Brief nun gelesen hatten, war zumindest Medin nicht wirklich schlauer. Aber noch interessierte ihn das auch gar nicht.

    "Gut angelegtes Geld anscheinend. Aber ihr habt nun was ihr wollt. Versteckt das Papier lieber wieder gut oder schluckt es gleich runter und dann machen wir uns auf den Rückweg. Ihr habt, was ihr wolltet und wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt."

    Castor schwieg. Er starrte immer noch auf das Pergament. Wieder zogen ein paar Augenblicke ins Land und Medin ahnte bereits, was jetzt kommen musste.

    "Wir können noch nicht zurückkehren", verkündete Castor dann auch sogleich.

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