Zitat von
Mal vas Idenna
Newgate... dieser Name stand für eines der sichersten Gefängnisse des vereinigten Königreiches und der Europäischen Union.
Ende des 21. Jahrhunderts errichtet, war es wie sein namentlicher Vorgänger in der britischen Unterwelt gefürchtet. Schließlich hatte in der mittlerweile hundertjährigen Geschichte dieser Anstalt noch niemand die Flucht geschafft.
Eine 15 Meter hohe und mehrere Meter dicke Mauer umgab den Gefängniskomplex, welche wiederum mit einem mit Natodraht versehenen Zaun umzäunt war. Die Mauer selbst war ebenfalls mit mehreren Rollen Natodraht abgesichert. Kameras und Wachtürme ermöglichten eine lückenlose Überwachung der Eingrenzung. Innerhalb dieser Mauer standen mehrere große Gebäude, die die Gefängnisverwaltung, Werkstätten und die Häftlingsunterkünfte beherbergten. Jeder Quadratmillimeter des Geländes war Videoüberwacht, zusätzlich noch von Scannern und verschiedensten Sensoren abgetastet. Als ob dies noch nicht ausreichen würde, verfügte diese Anstalt über die höchste Anzahl an Wärtern je Insasse im ganzen vereinigten Königreich. Unter den Gefangenen ging auch der Mythos um, dass die Hunde, die die Wärter begleiteten, die schärfsten im ganzen britischen Strafvollzug seien. Ein Mythos, den William Terrence nicht glaube, wusste er doch, dass alle Polizei- und Justizhunde äußerst scharf waren und nur auf ihre Herrchen hörten.
Doch hatte er sowieso nicht vor, herauszufinden, wie es war, von einem Wachhund in die Wade gebissen zu werden oder einen Schuss aus einer nicht-tödlichen Waffe zu provozieren. Dies war dem Commissoner a. D. die letzten Monate auch gut gelungen. Dafür hatte er sich einige Anfeindungen der übrigen Insassen gefallen lassen müssen. War er doch als ehemaliger Chef der Londoner Polizei bei seinen Mitinsassen nicht gerade beliebt. Doch nach einigen "intensiven" Unterhaltungen mit besonders vorlauten Häftlingen hatte sich die Situation deutlich beruhigt und er konnte die letzten Tage für sich verbringen. Was jedoch bei gerade mal einer Stunde Freigang am Tag auch nicht besonders schwer war.
Bis auf die anfänglichen Besuche seines Anwalts hatte William noch keinen Besuch erhalten. Zwar hatte er bei seiner Einlieferung auch Zora als Angehörige angegeben, doch wurde ihm nie mitgeteilt, ob sie für Besuche zugelassen war. Mittlerweile hatte er sich jedoch damit abgefunden, dass der für ihn Bestimmte Besuch nur aus seinem Anwalt bestehen würde.
William lag auf dem Bett seiner Zelle und las einen Roman (ganz klassisch auf Papier, da Pads jeglicher Art für Gefangene verboten waren), "Tom Sawyer". Zwar hatte er diesen schon hunderte Mal gelesen, doch war der Gefängnisbibliothek sonst nichts besseres zu entlocken. Plötzlich durchbrach ein Knacken in den Lautsprechern seiner Zelle die Stille, gefolgt von einer monotonen Durchsage: "Gefangener WT-2124-05, aufstehen und das Gesicht zur Wand."
William tat wie befohlen, legte das Buch zur Seite, stand auf und stellte sich vor die, der Tür abgewandten Seite seiner Zelle mit dem Gesicht zur Wand.
"Die Hände an die Wand und vom Körper weg strecken. Keine hastigen Bewegungen!"
Dann öffnete sich die dicke Metalltür und zwei Wärter - in Vollschutzanzügen- betraten die Zelle. Die Schritte ihrer schweren Schnürstiefel hallten auf dem Betonboden wider. William spürte, wie seine beiden Handgelenke unsanft gepackt und die Arme auf seinen Rücken gedrückt wurden. Dann klickten die Handfesseln. Danach wurde er umgedreht und von den beiden Männern aus seiner Zelle den Gang hinunter geführt. Links und Rechts waren Türen wie die zu seiner Zelle in die weiße Wand eingelassen. Der ehemalige Commissioner viel mit seiner orangen Sträflingskleidung in dem komplett in weiß gehaltenen Gebäude und zwischen den dunkelblau eingekleideten Wärtern sofort auf.
Das Trio durchquerte mehrere Sicherheitsschleusen, in denen die Insassen von verschiedensten Scannern auf die verschiedensten Substanzen und Gegenstände untersucht wurden und betrat schließlich einen länglichen Raum, der längsseits in der Mitte durch eine Glaswand in zwei Hälften unterteilt wurde. Diesseits und jenseits dieser Wand waren Sitzgelegenheiten angebracht und voneinander durch simple Kunststoffwände getrennt. Dies war der Besprechungsraum mit der niedrigsten Sicherheitsstufe. Er war heutzutage nur noch für Insassen in der Untersuchungshaft gedacht. Alle anderen Gefangenen konnten nur über Videodienste mit ihren Angehörigen kommunizieren.
Die beiden Wärter brachten William zur vorletzten Sitzgelegenheit, nahmen ihm die Handfesseln ab und wuchteten ihn unsanft auf den Stuhl, wo sie sein rechtes Handgelenk mit einer Handfessel an die Wand ketteten. Die Scheibe vor ihm war verspiegelt, so dass er nicht sehen konnte, wer ihn da besucht hatte. Stattdessen wurden die Verhaltensregeln für Gefangenen während einer Unterhaltung mit Besuchern vor ihm projiziert:
1. Gefangene dürfen nicht über gefängnisinterne Angelegenheiten sprechen.
2. Gefangene dürfen über ihre Unterbringung nur im Allgemeinen sprechen.
3. Gefangene dürfen keine Drohungen aussprechen.
4. Gefangene dürfen über keine politischen Themen sprechen.
5. Gefangene sollen sich auf private und persönliche Inhalte beschränken.
6. Gefangene dürfen nicht zu Straftaten auffordern.
7. Bei Zuwiderhandlung wird dem Gefangenen das Besuchsrecht entzogen.
Das Gespräch wird elektronisch überwacht und aufgezeichnet. Beim geringsten Verstoß wird der Audiokontakt sofort unterbrochen.
Das Gespräch wird 10 Jahre gespeichert.
Neugierig, wer ihn da besucht hatte, lehnte sich William in seinem Stuhl zurück und wartete, bis sein Besucher die Verspiegelung deaktivierte.