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Es war einmal ein Rollenspiel…
Im Jahre 1992 sah die Welt noch anders aus. Die Computerspielewelt war im Allgemeinen pixeliger, dafür lagen die Stärken alter Spiele vor allem in den Ideen und nicht in einer super Grafik. Langhaarige Teenies trieben sich in Holzfällerhemden rum und tanzten zu Nirvanas „Nevermind“ auf Parties ab. Star Trek lief erfolgreich mit der Next Generation über die heimischen Bildschirme und die Mystery-Serie Twin Peaks sorgte für die surrealen Momente, die im Leben nicht fehlen sollten. Und dann kam die „Schicksalsklinge“, das erste Computerspiel aus der Welt des DSA von der Firma Attic und Fantasy Productions. Es erschien damals für Amiga und PC-Dos-System, später auch auf dem Atari. Das Setup war denkbar simpel, aber nicht minder spannend. In der Region Thorwal, an der Westküste Aventuriens, wo Piraten und andere wackere Seeleute herstammen haben sich ein Haufen Orks zusammengerottet. Die Zeichen stehen auf Eroberung. Der Spieler bekommt den Auftrag zusammen mit einer Gruppe von Helden das legendäre Schwert „Grimring“ zu finden und damit die Pläne der Orks zunichte zu machen. Im Laufe der Geschichte kannst Du die Region Thorwal frei erkunden, Dungeons… ähem… Kerker unter die Lupe nehmen und natürlich nach der Vorlage der damaligen Pen-&-Paper-Regeledition Deine Helden steigern. Das besondere war, dass es eine feste maximale Spielzeit gab und war die abgelaufen und Du mit Deiner Heldengruppe nicht schnell genug, sind die Orks dann tatsächlich in Thorwal eingefallen und haben mit ihrem Sieg dafür gesorgt, dass Du verloren hattest.
…und die Geschichte geht weiter…
1994 war es dann, dass Kurt Cobain sich die Kugel gegeben hatte, Star Trek in der neuen Generation auslief und die digitale Revolution durch das Internet erste Formen annahm. Guido Henkel unternahm in diesem Jahr wieder mit Attic und Fantasy Productions den zweiten Streich in Sachen DSA-Computerspiel und erweiterte die Geschichte der „Schicksalsklinge“ um den von der Spielmechanik sehr ähnlichen Nachfolgetitel „Sternenschweif“. Dieses mal sollte Dein Held und seine mit umherziehende Gruppe im nördlichen Svelttal ein Bündnis zwischen Elfen und Zwergen schmieden, in dem der Salamanderstein gefunden wird. Jedoch ist man nicht die einzige Partei, die hinter dem Kleinod her ist. Außerdem gilt es noch die legendäre und titelgebende Axt „Sternenschweif“ zu finden. Das technisch besondere an dem Spiel war, das im gleichen Jahr noch eine Sprachausgabe zu dem Spiel veröffentlicht wurde, was auch noch Mitte der 90er bei den Freunden des Computerspielens für ein Raunen sorgen konnte.
…eine Trilogie zu beenden Du hast
Zwei Jahre Später, also 1996, war etwas passiert. Gerade auf dem Computerspielemarkt. Der Aufbauhit „Command & Conquer“ sorgte genau wie „Warcraft“ für schlaflose Nächte. Im Fernsehen führten Mulder und Scully mit der Akte-X der Mystery-Fackel von Twin Peaks weiter. Es entstanden digitale Ikonen wie Lara Croft oder Duke Nukem und Spiele wie Diablo, Jedi Knight oder GTA sorgten für Furore. In diesem Jahr erschienen aber auch zwei RPG-Titel die es in sich hatten. Zum einen gab es da Bethesdas „The Elder Scrolls II: Daggerfall“, wo eine bisher allein von der Größe und Komplexität her nicht mehr erreichte Spielwelt zu bereisen und zu bestaunen war. Zur Verdeutlichung lässt sich sagen, dass der Titel „Skyrim“ schon nicht klein angelegt ist und der Vorgänger „Oblivion“ ebenfalls nicht. In „Daggerfall“ sprengt die Größe jedoch noch mal alles Bekannte. 750.000 Nicht-Spieler-Charaktere besiedeln die Welt, sorgten ob ihrer schieren Masse aber auch natürlich für programmiertechnische Proble, weswegen das Spiel heute immer noch von einer treuen Fanbase gepatcht wird und die ironische Bezeichnung „Buggerfall“ nicht von ungefährt kam. Im gleichen Jahr kam aber auch der letzte Teil der Nordlandtrilogie heraus, der die Heldengruppe dieses mal, wie der Titel „Schatten über Riva“ schon sagt, in die nördliche Stadt Riva verschlägt. Auch hier gibt es wieder Orks vor der Stadt, doch dieses mal scheint es die Bewohner mehr zu beunruhigen, dass die Schwarzpelze so zögerlich sind. Mehrere Ungereimtheiten in der Stadt müssen untersucht werden, bevor die ganze Wahrheit ans Tageslicht tritt. Besonders beeindruckend war die für damalige Verhältnisse doch recht eindrucksvolle 3D-Grafik. Aventurien konnte endlich aus der Ego-Perspektive begangen werden. Die VGA-Grafik lockt vielleicht heute niemanden hinter dem Lagerfeuer vor, im zeitlichen Kontext jedoch betrachtet, war es schon ein schönes Ding, das Gamer-Äuglein aufleuchten ließ.
2013, ey!
Nun ist es 17 Jahre her, dass die NLT das erst mal vollendet wurde. 2011 sorgte CrazyIvan für einen Relaunch mit einer Heldenedition, die das Spiel noch mal etwas aufpolierte, das manuelle Dos-Box-Gefummel unnötig machte und mit komplettem Soundtrack und Expertenmodus aufwartete. Drakensang sorgte für Begeisterung, Satinavs Ketten verzückte und mit Herokon lief auch der erste Online-Ableger an. Es tat sich also einiges in der digital-aventurischen Welt und jetzt das. Wir haben 2013 und ein 21 Jahre altes Spiel soll grafisch nochmal extrem aufgehübscht werden und zwar in High Definition (HD). Dafür zeichnet sich jetzt Altmeister und Veteran erster Stunde, Guido Henkel, in Kooperation mit UIG-Entertainment verantwortlich. Doch werfen wir mal einen Blick genauer auf das Projekt. Braucht es wirklich eine Nordlandtrilogie in „zeitgemäßer“ Grafik oder ist das Spiel nicht für sich selbst und die Zeit in der es seine 15 Minuten hatte Denkmal genug? Vor allem wie zeitgemäß wird die Grafik sein? Der bisher einzige Screenshot erinnert ein wenig an Gothic 1-2 und hinkt damit auch gut 10 Jahre der aktuellen Entwicklung hinterer. Aber im Endeffekt ist das auch nur ein Screenshot, wer weiß, wie das Spiel letzen Endes aussehen wird.
Fragen über Sagen über Fragen
Es ist keine Frage, die Spiele waren gut, besitzen einen unglaublichen Nostalgie-Bonus und verschrecken leider wohl gerade wegen der veralteten Technik neuere Spieler, die nicht mehr bereit sind sich mit VGA-Grafik zufriedenzustellen. Da ist es doch logisch, einen grafischen Reboot zu starten und auch die nachfolgenden Generationen an einer der großartigsten RPG-Trilogien aus deutschen Landen teilhaben zu lassen. Doch für wen ist dieses Projekt am Ende wirklich eine Bereichung. Spielen junge Kids, die mit Playstation 3, WII und Konsorten aufgewachsen sind noch ernsthaft ein RPG, dass noch mal gut ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat, als sie selbst? Oder wird hier auf die Mitt-30er bis -40er gesetzt, die sich an ihrem alten Schatz im neuen Gewand laben wollen? Und überhaupt, inwieweit wird das im Hinter- und Vordergrund laufende Regelwerk an heutige P&P-Editionen angepasst? Kann ich steigern, wann ich will oder muss ich bis zum nächsten Levelaufstieg warten? Wird das Management von Rasten, Nahrung einteilen und Wache halten etwas vereinfacht? Oder wird es gar optional angeboten? Wie werden die Kämpfe ablaufen, haben wir hier auch wieder ein Raster aus Feldern in denen wir rundenweise strategisch planen können? Oder ist es gar besser an der Spielmechanik wenig bis gar nichts zu drehen? Nach persönlicher Ansicht des Kolumnisten ist die Wiederauflage der NLT in HD erst mal eine erfreuliche Sache. Aber sollte man nicht vielleicht die alten Leichen ruhen lassen und sich die Frischzellenkur plus neues Makeup sparen können? Guido Henkel hat erst jüngst sein neues Projekt „Thorvalla“ wieder von der Kickstarter-Plattform genommen, weil die finanzielle Unterstützung der Fans nicht ansatzweise den Erwartungen entsprach. Ist die NLT jetzt ein Notnagel und hätte man nicht doch eher eine neue Trilogie starten sollen? Die Antwort wird nur die Zukunft bringen, Fakt ist, dass die NLT immer noch eine verdammt geile RPG-Reihe ist, die sich lohnt von jung und alt entdeckt zu werden. Ich bleibe gespannt.
Euer hangingtree
Last edited by hangingtree; 10.02.2013 at 18:47.
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