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Ich hatte mir vorgenommen für die heutige Kolumne einen Text zu schreiben, in dem ich die Vor- und Nachteile des virtuellen Lebens aus meiner Sicht aufarbeiten wollte. LiloeFeuerschwinge hatte mal in unserer DSA-Taverne geschrieben, dass das doch eigentlich ein ganz lustiger Gedanke sei. Und ich fand das auch ganz schön, dachte mir: Warum nicht?! Außerdem dachte ich, dass ich in den nunmehr über drei Jahren, die ich mich hier in diesem Forum rumtreibe, genügend Stoff gesammelt hätte, um mal ein paar Sätze zu diesem Thema zu verlieren.
Vor kurzem erst hatte ich mich über den Stress und den Nervenverschleiß im realen Leben ausgelassen. Allein der Vollständigkeit halber habe ich nun auch das Virtuelle am Wickel. Schließlich gibt es auch hierzu immer ein paar mahnende und/oder aufmunternde Worte zu verlieren. Da der nun folgende Text sich aber in eine andere Richtung entwickeln wird, als ich ursprünglich dachte, ich aber zumindest einen Teil meiner aufrichtig gemeinten Mahnungen wichtig finde, schreibe ich gleich vorweg: Bei allem, was ihr in diesem Forum, im Internet allgemein veranstaltet, vergesst nie, dass ihr es immer mit realen Menschen und Gefühlen zu tun habt! So … Das war mir wichtig. Ich bin lange genug Moderatorin in der World of Players und ich weiß, warum mir das jetzt hier und an dieser Stelle erwähne. Aber nun packe ich den erhobenen Zeigefinger wieder ein. Wie langweilig! Stattdessen fange ich mal an, einfach in den leeren virtuellen Raum rein zu denken.
Das reale Leben, das virtuelle Leben … das Leben!
Um ehrlich zu sein, finde ich diese künstlichen Trennungen unterschiedlicher Lebensbereiche reichlich sinnentleert. Klar funktioniert Arbeitsleben anders als Liebesleben, realer Stress ist anders als virtuelle Nervereien - alles folgt irgendwie unterschiedlichen Logiken, es ist wichtig andere Prioritäten zu setzen und so weiter. Das ist mir bewusst. Und dennoch ist alles ein Teil von mir, wie ich Teil von einem größeren Ganzen bin. Und das meine ich in einem nicht-spirituellen Sinn.
Ich lebe nicht im luftleeren Raum. Ich lebe immer in einem Zusammenhang, in einem größeren Zusammenhang mit anderen Menschen. Das gilt real und virtuell. Die Ausprägungen sind vielleicht unterschiedlich, vielleicht funktioniert es auch anders, aber tatsächlich macht das Ganze hier doch nur Spaß, weil es zusammen mit anderen Menschen geschieht. Wenn wir uns in der Taverne treffen, wenn wir über Spielerlebnisse diskutieren, die jeder für sich gemacht hat, die aber uns trotzdem miteinander verbinden, weil wir an ähnlichen Stellen mit unseren Helden standen. Oder auch, wenn wir an unserem RPG weiter schreiben … hier findet ein echter Austausch statt. Er lebt davon, dass sich viele unterschiedliche Menschen zusammenfinden, Interessenteilen und sich gerne mitteilen. Und ich erlebe es hier, in diesem Forum, gerne!
Mein virtuelles Leben ist Teil von mir wie mein Arbeitsleben und meine Freundschaften – und was auch immer. Ich achte darauf, dass keines davon die Überhand gewinnt. Balance ist das Stichwort. Es ist nicht gut, sich nur virtuell auszuleben, weil einem vielleicht der reale Kontakt zu Menschen schwer fällt. Genauso wäre es aber ungesund, wenn die Arbeit das gesamte Sein bestimmt. So als Beispiel.
Denke ich also, dass ich für mich reales und virtuelles Leben wirklich trennscharf auseinanderhalten kann? Nein. Ich bin mir der unterschiedlichen Mechanismen bewusst. Ich weiß, dass sich Kontakte zu anderen Menschen im virtuellen Rahmen anders gestalten, als wenn ich gezwungen bin, sie tagtäglich real zu sehen. Kommunikation läuft natürlich anders, allein schon deswegen, weil sie auf die Schriftform beschränkt ist, in der ein großer Teil der menschlichen Kommunikationsbreite verloren geht. Ja, das ist mir bewusst. Und dennoch fließen meine virtuellen Erfahrungen in mein reales Leben ein, genauso wie es andersherum auch der Fall ist. Für mich gibt es da keine trennscharfe Linie, beides ist Teil eines Lebens – meines Lebens. In beiden Bereichen sehe ich mich mit diversen Herausforderungen konfrontiert, beide Bereiche schenken mir viel und kosten mich gleichzeitig Nerven. Um ehrlich zu sein: Wenn die Balance stimmt, dann ist doch alles im grünen Bereich.
Ich persönlich finde es auch einfach nicht gut, virtuelles und reales Leben irgendwie strikt voneinander zu trennen, zu hierarchisieren, was auch immer. Ganz einfach, weil meiner Meinung nach dann etwas verloren geht. Etwas, was mir immerhin so wichtig war, das ich es in mahnenden Worten verpackt gleich in den ersten Abschnitt dieses Textes geschrieben habe. Es sind reale Menschen, die sich hier treffen. Ich mag sie zwar im Forum treffen, dort mit ihnen etwas schnacken. Manchmal verläuft die Kommunikation auch durchgedrehter, weil im virtuellen Leben die strikten Regeln der Realität gelockert sind. Da gibt es Feen und Hexen und so was. Aber es sind immer reale Menschen, die dahinter stecken. Würde ich nun dem virtuellen Bereich grundlegend andere Regeln zubilligen, würde ich mich vielleicht auch von den Regeln der Freundlichkeit entfernen, die ich ich in meinem ganz normalen Leben an den Tag lege. Oder wie ein Freund von mir sagen würde: Mensch bleiben!
Ich erfahre die Freundschaften, die ich virtuell geschlossen habe, nicht grundlegend anders. Ganz ehrlich nicht. Mir scheint es so zu sein, dass bestimmte Komplikationen in bestimmten Mustern eine Grundkonstante menschlichen Zusammenlebens sind, gleichgültig, wo sie stattfinden … virtuell, in der Kneipe … egal. Klar, es ist einfachen im Netz, ein bestimmtes Image länger aufrecht zu erhalten. Vieles ist halt unproblematischer und die Macken und Fehler des Anderen treten häufig zunächst subtiler an die Oberfläche. Das bringt das Schreiben so mit sich. Niemand kann mir ansehen, mit welchem Bein ich aus dem Bett gestiegen bin. Meine Misserfolge im Leben, meine Fehler können unsichtbar bleiben, wenn ich sie verbergen will. Alles das ist im realen Leben schwerer, weil mich dort viel mehr Sachen verraten – gerade dann, wenn ich gekannt werde. Aber ansonsten sehe ich da keinen großen Unterschied und freue mich, dass es mittlerweile viel mehr Möglichkeiten gibt, die unterschiedlichsten Arten von Menschen kennenzulernen.
Ich erfahre auch die diversen Streitigkeiten nicht als grundlegend anders. Ich bin schon lange Moderatorin in der WoP (bei Dragon Age und bei DSA) und wenn ich mit die verschiedenen Diskussionen so anschaue, dann bin ich mir relativ sicher, dass die Themen in einer Runde in einer realen Kneipe ähnlich diskutiert werden würden. Für viele ist es nur virtuell leichter ihren Mund aufzumachen, dass liegt meiner Meinung nach an der Anonymität, die das Internet bietet. Manchen würde ich eindeutig auch raten, sich in der Anonymität nicht zu sicher zu fühlen und sich einfach mal zu überlegen, wie sie sich in ihrem realen Leben verhalten würden (mit dem Rat, sollten sie sich im realen Leben ähnlich verhalten, das mal zu überdenken). Aber alles hat seine Vor- und Nachteile. Auch die Freiheiten im Internet.
Es ist schön mal nicht den Regeln der Realität zu folgen, mal ein wenig aus den realen Zwängen und dem alltäglichen Stress zu entfliehen. Solange ich immer noch den Weg zurück finde, mache ich mir da auch keine Gedanken. Und ansonsten freue ich mich, dass ich mich in diesem Leben auf alle möglichen Arten real und virtuell ausleben darf.
Bis dann,
die Fee.
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