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Der fahle Schein einer geisterhaften blauen Flamme drang durch die Spalten der schweren Fensterläden, die sein Fenster verschlossen hielten, während das Geschrei aus vielerlei untoten Kehlen zu einem Mosaik des Lärmes anschwoll und sich unter die mannigfachen entsetzten Rufe immer wieder die gleichen Worte mischten, die einem Takt wie dem des Meeres heraufschallten: "Der Kopflose ist wieder hier!"
Der bleiche Schädel des Schrumpfkopfes, der auf dem kleinen Tisch seines Zimmers hockte, stimmte einen monotonen Singsang an, der sich permanent in de Worten Der Kopflose naht, der Kopflose naht und Mondlos folgt wiederholte, bis dieser im weiter anschwellenden Geschrei auch der letzten Bewohner des kleinen Dorfes verschluckt wurde.
Keine Sekunde verstrich mehr, ehe die verwesende Gestalt, die eben noch in ihrem Zimmer gestanden hatte, vor der Schwelle der Zwielichttaverne erschien, die grauen Augen, die bereits aus den weit offenen Höhlen hervorzustehen begannen, fest auf die riesige Gestalt ohne Schädel gerichtet.
Er war nicht der einzige derer, die ebenfalls aus jener anderen Sphäre hierher gekommen waren, die sie ihr Zuhause nannten.
Die Tür der Taverne sprang auf und bot manchen nur spärlichen Platz, in die Freie herauszutreten, während sich in seiner Hand eine kleines Geschoss aus Eis zu bilden begann, klein, doch übersät mit vielerlei Zacken und Kanten.
Das Eisgeschoss sprang aus der Hand, auf den Kopflosen zu und durchbohrte die düstere Gestalt auf dem Pferde dort, wo man in seiner Welt einen Magen hatte. Der Schrei aus keinem Mund war einer des Zornes, nicht des Schmerzes und das riesige Ross mit seinen brennenden Augen wandte sich dem Eingang der Taverne zu...
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Der Kopflose war mitsamt Menschenkopf im Nebel verschwunden. Doch auch wenn er diese Errungenschaft offensichtlich akzeptierte, war sich olirie nicht sicher, ob er es bei einer Trophäe belassen würde. Zielstrebig war der Kopflose die Straße hinab in Richtung Taverne geritten, von der nun das übliche und durchaus verständliche panische Geschrei herüberschallte. Irgendeiner würde wohl diese Nacht noch seinen Kopf verlieren. Würde es wohl einen einheimischen treffen oder doch eher einen der Neuankömmlinge, wie olirie einer war?
Ein kurzes Leuchten riss den Schwarzmagier aus seinen Gedanken und die Nackenhaare stellten sich im auf. In der Ferne, etwa auch höhe der Taverne hatte irgendetwas aufgefunkt. Ein kurzes und schwaches Leuchten drang durch die lichter werdende Nebelwand und wurde gefolgt von einem Schrei. Es war ein ungewöhnlicher Schrei, markerschütternd und hell wie von der Stimme eines kleinen Kindes stammend. Etwas war passiert und zwar nicht das, was alle erwartet hatten sondern etwas gänzlich Unerwartetes. olirie musste dahin, er musste es sehen das Schauspiel und sich eventuell beteiligen, seine Chance nutzen.
Es war wie er vermutet hatte, einer der Neuankömmlinge oder genauer gesagt jener Neuankömmling, mit dem er gemeinsam die Stadt erkundet hatte, wirkte Magie. Es war ein Eiszauber, der den Kopflosen malträtierte und ihn wie einen löchrigen Käse aussehen ließ. Doch Gegenwehr, auch wenn er sie nicht gewohnt war, ließ diese Kreatur nicht zu. Der zaubernde Zombie kam gar nicht mehr dazu weitere Eispfeile abzufeuern, da er viel zu sehr damit beschäftigt war sich vor den enthauptenden Schlägen des Reiters zu ducken.
olirie fackelte nicht lange, diese Chance, den Fluch des Dorfes zu brechen würden sie wohl so bald nicht mehr haben. Mit ihm selbst waren nun schonmal zwei Magiebegabte anwesend und das sollte doch wohl langen, um sonen popeligen kopflosen Reiter zu besiegen.
In aller Ruhe lud olirie eine Schattenflamme in seiner Rechten auf. Er brauchte nur noch den richtigen Moment, einen Fehlschuss wollte der Schwarzmagier vermeiden. Als der Reiter sich für einen Moment kaum von der Stelle bewegte, da er sich wild schwertschwingend umherdrehte, war der richtige Zeitpunkt gekommen. olirie warf seine Schattenflamme, jedoch nicht auf den Reiter selbst, sondern erstmal auf das Pferd unter ihm. Das Geschoss traf den linken Hinterlauf des untoten Tieres auf Höhe des Beckens, explodierte und riss eine tiefe Wunde in das vertrocknete Fleisch. Doch auch das darunterliegende Gelenk wurde in Mitleidenschaft gezogen und wurde teils zerrissen. So verwundet war der Halt des vierten Beines nicht mehr gegeben und das Pferd hatte größte Mühen sich überhaupt noch aufrecht zu halten, geschweige denn irgendwelche Manöver auszuführen.
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Gerade noch war die Sperrstunde ausgerufen worden, dann hörte er schon die ersten Schreie: Der kopflose Reiter war da. Ein kopfloser Reiter? Er hatte von ihm gehört, doch als dieser das letzte Mal hier war, waren Maris und er noch nicht in der Taverne und diesem Dorf angekommen. Deshalb wusste er auch nicht so recht, was er nun tun sollte: Stehen bleiben und das Spektakel betrachten oder aber fliehen?
Pah, was kann mir schon ein kopfloser Reiter? Ich bin bereits tot und wandele als Untoter herum. Selbst wenn ich meinen Kopf verliere, was sollte mir passieren?
So lief der verfaulende, ehemalige Priester schnell die Treppe hinunter, quetschte sich zwischen den fliehenden Untoten hindurch, die Schutz in der Taverne suchten und trat dann hinaus, um gerade noch den Einsatz eines Zaubers zu sehen, der das Pferd des Untoten zu treffen schien. Es war eine Flamme, doch sie schien nicht von Innos zu stammen.
War hier die Magie etwa anders? Oder war dies kein Feuerzauber eines untoten Feuermagiers? Wer oder was konnte dieser Untote ansonsten sein?
Doch ihm blieb wenig Zeit, sich Gedanken darüber zu machen. Zwar schien das Pferd des kopflosen Reiters verwundet und schwerfälliger auf den Beinen, dies schien aber den Reiter nicht zu stören, der sich nur kurz schüttelte und dann erneut die Sporen in die Flanken des Tieres stieß, welches sogleich losstürmte - und dabei mehr als unbeholfen wirkte.
Tinquilius hielt die blau erstrahlten Hände hoch, welche mit seiner in weiser Voraussicht heraufgerufenen Magie durchströmt wurden. Für einen Moment schloss er die Augen und konzentrierte sich auf den matschigen Boden zwischen ihnen und dem Reiter. Ein feiner, silberner Strahl schoss aus seiner Hand, flog durch die trübe Nacht und traf auf den feuchten Boden. Nebelschwaden waberten um den nun bläulich schimmernden Boden. Langsam wurde er näher gesogen und verteilte sich dichter über den Boden, während sich erste Eiskristalle bildeten. Ihre Sicht wurde schlechter und schlechter, doch auch der Boden wurde kälter und glatter.
Nun ja, das war nicht ganz wie geplant, aber es sollte klappen.
Für einen Moment glaubte er, sie alle wären Geschichte, doch der Eiszauber zeigte seine Wirkung: Das Pferd, bereits langsamer und wackeliger auf den Beinen, schien keine Kontrolle mehr zu besitzen auf dem gefrorenen, glatten Boden, stolperte und krachte mit einem lauten, dumpfen Geräusch zu Boden. Der Reiter hielt sich mit schier unmenschlicher Kraft an seinem Ross fest und rollte erst von diesem, als es bereits auf dem Boden lag. Erleichtert atmete der Untote auf, wenn auch sein Aufatmen in seinem Zustand keineswegs mehr nötig war - genauso wenig wie ein Luftanhalten während des Schauspiels.
„Nun, das sollte…“, begann er die beiden anderen Beteiligten an diesem kleinen Kampf zu adressieren, als er jäh von einem wutentbrannten Schrei unterbrochen wurde. Sein Blick schweifte erneut zum kopflosen Reiter, der sich erholt zu haben schien und nun vor ihnen stand, sein Schwert erhoben. Es war mehr ein Schatten, den er dort sah, so dicht war der Nebel bereits aufgezogen.
„Könnt ihr noch so eine Flamme auf ihn werfen?“, fragte er den anderen, sein Blick weiter auf den untoten Reiter gerichtet. „Ich weiß nicht, inwieweit ihn Einfrieren ansonsten aufhalten wird mit einem solch vertrockneten Leib.“
Außer natürlich er könnte den Nebel dazu nutzen. Nur dazu reichte seine Kraft nicht, geschweige denn war er sich sicher, dass sein Zauber so wirken könnte hier in dieser untoten Welt.
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Der Kopf des jungen Magiers - zumindest war er in seiner Welt, in der die Zeit alles zu Staub zermahlte, jung gewesen - schien von den zehntausend möglichen Gedanken leer gefegt, die in diesem Moment hätten vorherrschen sollen. Zum ersten Mal sah er sich gezwungen, seine Magie aktiv in einem Kampf zu nutzen, gleichwenn ihm das gegen eine solche Höllengestalt viel leichter fiel, als hätte er einen Menschen attackieren müssen.
Die Gestalt in ihrem schwarzen Mantel verschränkte ihre Hände umeinander, ein kleiner Teil des Nebels glitt in diese hinein, ehe durch die Öffnungen seiner Finger ein mattblaues Licht drang, während im Innern der Nebel zu Eis gefror.
Die drei Magier hätten sich kaum darüber verständigen müssen, dass es den Kopflosen und sein Pferd restlos zu vernichten galt, wenn sie ihn und seine Gräuel aus dieser Welt tilgen wollten, doch kamen dem Untoten Zweifel darüber, ob sie die Macht dazu hatten. Der Fremde in schwarz bediente sich dieses schwarzen Feuers, dass er einmal im Weißaugengebirge von einem Schwarzmagier gesehen hatte. Einen Moment stutzte die Gestalt innerlich - dieser Mann, olirie mit Namen, war seinem Begleiter nicht ganz unähnlich - mochte es sich vielleicht um dieselbe Person handeln? Den Gedanken doch musste er nach hinten drängen, die Gestalt des Reiters mit seiner Klinge schritt mit drohenden Schritten auf sie zu, die dünnen Schleier des Nebels zerissen langsam vor seiner finsteren Gestalt.
Ein letztes Mal horchte er noch in sich hinein, suchte die Quell seiner Magie. Er glaubte, noch genug Kraft für eine Attacke zu haben, mit der er seinen Freunden vielleicht einen entscheidenden Vorteil verschaffen konnte.
Seine Hände zuckten in ihrer Verschränkung, ein leises Knacken hätte man aus dem Hohlraum im Innern hören können, als die Eiskugel in zwei Teile brach.
Die Gestalt des Reiters brach endgültig durch die Nebelschwaden, nur wenige Schritte von ihnen entfernt.
Die Rechte des Magiers schleuderte mit einer fegenden Bewegung die erste Hälfte auf den Reiter zu.
Ein dröhnendes Lachen aus keiner kehle erklang, als das Schwert des Kopflosen das kleine Geschoss beiseite fegte und den kleinen Eispfeil in tausend Splitter zerschmetterte.
Die Linke des Magiers nun schleuderte die zweite Hälfte auf den hervorgezogenen Schwertarm des Reiters, der einen Moment lang aus seiner Deckung hervorgekommen war.
Ein kehliger Schrei und sein Schwert entglitt dem Reiter, doch noch ehe es auf dem Boden aufschlagen konnte, vollführte der junge Untote mit beiden Armen und letzter Kraft eine fließende Geste, die die Waffe mit dem Griff voran in seine Hände fliegen ließ.
Mit beiden musste die Gestalt danach greifen, sie klammerten sich an den Griff und bohrten die Spitze tief ins Erdreich als der Buchbinder in die Knie ging. Seine Kraft war erschöpft...
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Ein weiterer Wassermagier unter ihnen. War es einer aus Varant? oder ein Setarrifer? Vielleicht gar ein Hofmagier Ethorns? Tinquilius wusste es nicht und erkannte den untoten Mann nicht, der sich nun an das Schwert des kopflosen Reiters klammerte, welches vor ihm im Boden steckte. Der Oberste Wassermagier behielt seinen Blick nur kurz bei seinen beiden Verbündeten, dann fiel er wieder auf den nun entwaffneten Reiter, dessen wutentbrannten Schreie Tinquilius nicht vorhandenen Trommelfelle malträtierten.
Wie konnten sie ihn aber komplett vernichten? Er war sich nicht sicher, inwieweit einer seiner Zauber helfen könnte. Er war ein Magier des Wassers, sein Element eben dieses. Es mochte destruktiv sein, vor allem in Form des Eises. Doch Eis war nur dann wirksam, wenn es auch Wasser gab und der ausgetrocknete Leib des untoten Reiters war, ganz genau, ausgetrocknet. Nur das bisschen Nebel um ihn herum würde zu Eis gefrieren, und selbst dies war kein einfacher Zauber. Selbst unter besten Umständen.
„Ich denke, ich kann ihn zu Eis gefrieren, zumindest oberflächlich, doch ich weiß nicht, ob dies ausreicht. Leider beherrsche ich kein Feuer, dies wäre weitaus effektiver bei solch verdorrtem Fleisch.“
Dabei klang verdorrtes Fleisch nicht einmal schlecht. Nein, es klang echt gut. Lecker, altes Fleisch.
Konzentriert dich, schalt so gleich eine andere Stimme in ihm. Du kannst später essen.
Nur wenig begeistert folgte Tinquilius diesem Tadel und konzentrierte sich vollends auf den untoten Reiter.
„Aber vielleicht können wir ihn gefrieren und dann zerhacken? Das sollte doch funktionieren?“
Seine Arme waren bereits oben, seine Finger erstrahlten tiefblau und ein Knistern lag in der Luft. Ein einziger, eisiger Windstoß fegte an ihnen vorbei, verursacht durch den Magiesog um ihn herum. Der Nebel um sie herum war in einem Durchmesser von 3 Metern verschwunden, der Reiter hingegen war weiterhin tief im dichten Nebel gefangen, der unnatürlich schimmerte.
Ob der Reiter dadurch gefangen würde?
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Der Nebel würde ihnen vielleicht die Zeit verschaffen können, die sie brauchten, um den Kopflosen endgültig zu vernichten. Müde schlurfte der Untote in schwarz zum Eingang der Taverne herüber, in deren Inneren nur noch wenige der Zombies geblieben waren, ängstlich in die Ecken gedrängt oder hinter Tischen und der Theke verschanzt. Auch der Wirt hatte seinen Laden nicht verlassen wollen, hatte aber hinter seiner Schenke ein wenig Schutz gefunden. Er blickte den untoten Magier aus angstweiten Augen an, als könne er es nicht fassen, dass er noch in einem Stück war, obwohl er draußen den Untoten getroffen hatte. Der junge Magus schnitt dem Zombie mit einer kurzen Geste das Wort ab, ehe er ihn mit Fragen überhäufen konnte.
"Hör mir gut zu: such in deinem Laden so viel leicht Entzündliches zusammen, wie du auf die Schnelle kriegen kannst und bring es nach draußen. Wir werden auch Fackeln brauchen, also such welche. Mit ein wenig Glück, sind heute die Tage des Reiters gezählt."
Er wartete keine Antwort ab, sondern eilte zu den anderen Verbliebenen, um ihnen ähnliches zu sagen und so vielleicht genug Brennbares zusammen tragen zu können, um den Reiter restlos auszulöschen...
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Während Tinquilius weiterhin mit erhobenen Händen vor der Taverne stand und dem Nebel durch Magie zu andauernder, eisiger Kälte verhalf, liefen die Zombies durch die Aussagen des anderen Magiers schnell in die Schenke oder zu ihren Häusern, um etwas zum Anzünden zu finden. Tinquilius ahnte bereits, zu was es führen würde – und fand die Idee brauchbar. Zumindest, wenn er den eisigen Effekt des Nebels so lange aufrecht erhalten konnte.
Der Nebel war kein einfacher Zauber und der untote Priester spürte dies bereits nach kurzer Zeit. Während der Nebel an sich erhalten bleiben würde, sollte er seine Magie abebben lassen, so würde die Kälte verschwinden und der kopflose Reiter wieder freikommen. Deshalb musste er sich darauf konzentrieren, weiterhin seinen – in dieser Welt unberechenbare – Magiefluss aufrechtzuerhalten. Zugleich war dies ein angenehmes, wohl bekanntes Gefühl. Eisige Kälte. Kribbelnde Finger. Pulsierendes Pochen in seinen Ohren. Altbekannt und lange vermisst.
Und es ließ ihn für einen Moment wieder lebendig erscheinen.
Kurz darauf kamen die ersten Untoten mit Brennbarem an.
„Ich kann die gefrierende Kälte erst abbrechen, wenn wir genug da haben. Ohne Magie wird der Reiter nicht lange starr gefroren sein“, meinte er in Richtung der anderen. „Also, seid euch sicher, dass wir genug haben, um ihm den Garaus zu machen. Eine zweite Chance werden wir nicht kriegen.“
Er sah solche mit morschen Brettern ankommen, andere mit kaputten Stühlen oder Teilen anderer Möbel. Wieder dritte hatten Eimer mit eigenartigen Flüssigkeiten bei sich. Hoffentlich etwas hochentzündliches, damit das Feuer direkt lodern losgehen konnte. Sie würden nur kurz zeit haben. Wie lange, das konnte selbst er nicht sagen. Doch wenn es Minuten waren, dann wären sie bereits mit äußerstem Glück gesegnet.
„Wir sind soweit“, hörte er von einer Seite – und stoppte sofort seinen Magiefluss. Seine Hände sanken langsam nach unten und er schaute zu den anderen. „Noch nicht, wartet noch“, meinte er, während er das letzte Mal das typische Knistern der Magie in der Luft hörte. „Wartet - Jetzt!“
und schon stürmte man hinein in den Nebel zum kopflosen Reiter. Tinquilius verfolgte es nicht, seine Kräfte waren am Ende. Langsam sank er auf seine Knie, während seine Hände ihn zu stabilisieren versuchten. Das Aufrechterhalten hatte ihm mehr abverlangt als er gedacht hatte – ein Nebeneffekt seines Zustandes, da war er sich sicher.
Doch im Hintergrund vernahm man leise das erste Knacken und Zischen eines Feuers.
Ob dies wirken würde?
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Ob die Untoten ihren schlafenden Mut entdeckt hatten, oder ob sie von der kraft der Verzweiflung vorangetrieben wurden, der junge Magier wusste es nicht zu sagen. Doch schon nach kurzer Zeit tränkte sich das dunkle Zwielicht vor der Taverne in ein blutiges Rot, als viele von ihnen Fackeln entzündeten, trockenes Holz schichteten und Eimer mit diversen Flüssigkeiten bereit stellten, um das Leben des Reiters zu nehmen, von dem niemand zu wissen schien, ob er Mensch oder Dämon war.
Aus dem Nebel seines magischen Mitstreiters begann sich langsam die Silhouette der Kreatur zu lesen, unbewaffnet und kopflos, doch noch immer ehrfurchtgebietend. Vielerlei Flüche wurden beim verhassten Anblick laut, während die Leute einen Ring aus Menschen um die unwirkliche Szenerie zogen, die Fackeln einer aufgebrachten Meute erhoben, während manche Stofffetzen in den Eimern tränkten und die triefenden Lumpen nach dem Reiter warfen.
Gleichwenn nicht alle am Kopflosen kleben blieben, musste doch bald auch der Reiter durchnässt von dem Zeug sein, das zu erraten dem Magier noch immer widerstrebte - Hauptsache, dass es brannte.
Ihre Überzahl schien die Untoten endlich so zu beflügeln, dass sie es wagten, sich dem Reiter zu stellen. endlich wurden auch die ersten Fackeln in den Ring der Zombies geworfen, in dessen Mitte der Kopflose scheußliche Schreie ausstieß, als die Flammen ihn ergriffen, ein lebender Ball aus Feuer.
Die Untoten begannen zu johlen und wagten sich näher an die brennende Gestalt heran, waren bald nah genug, dass sie den Inhalt ihrer Eimer auf die Gestalt kippen konnten, die begonnen hatte, sich am Boden zu winden, eine Meute über ihr aufragend, die sie unter einem Berg von Holz und Flüssigkeiten zu begraben begann, ein wahrhaft schauriger Anblick. Die Gestalt in schwarz wandte den Kopf ab - er wusste vielleicht um die Notwendigkeit, mit der solche Dinge getan wurden, doch er konnte die Freude, mit der die Gepeinigten so etwas vollführten, nur schwer ertragen.
Langsam ging er zu seinen Mitstreitern zurück, die sich als erste dem Kopflosen gestellt hatten. Sein Kopf dröhnte, die Magie um sie herum schien sich zu verändern, als der Reiter sein leben aushauchte, sie schien in seinem Kopf zu pulsieren, das ihm das Denken schwer wurde, etwas veränderte sich...
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Der kopflose Reiter brannte und während die Zombiemeute vergnügt darum hüpfte und sich fröhlich in die Arme fiel, stand der Priester langsam auf. Seine Kraft war schlagartig zurückgekehrt. Es war nicht so als wäre er komplett ausgeruht. Doch es fühlte sich mehr so an wie er es aus früheren Zeiten kannte, als er noch ein Sterblicher war.
Etwas veränderte sich, ganz klar. Es war etwas Kribbelndes, etwas in seinem Innern. Als würde etwas in ihm wieder zu Leben erwachen. Währenddessen verbrannte der Körper des sich weiterhin rührenden kopflosen Reiters weiter vor sich hin.
Sein Blick schweifte zu den anderen, die sich gegen ihn, den kopflosen Reiter, gestellt hatten. Auch sie schienen etwas zu spüren – und man sah es ihnen an. Als würden ihre Herzen wieder schlagen. Blut schien ihre Wangen zu erfüllen, die sich nun zartrosa und nicht mehr aschfahl gaben. Tinquilius huschte ein Lächeln über die Lippen, als er sich wieder dem Reiter zuwandte. Der Tod des Ungeheuers schien eine Verwandlung auszulösen. Dabei war dies nicht einmal ihr Plan gewesen. Sie hatten ihn nur beseitigen wollen.
Manchmal lösen sich Probleme ohne, dass man viel dafür tun muss.
Wie von Geisterhand zogen trübe Nebelschwaden auf, die sich zwischen ihnen und den feiernden Zombies zu einer undurchsichtigen Wand aufbauten. Gleichzeitig lag ein Knistern in der Luft, wie man es nur von der Magie kannte. Für einen kurzen Moment schien es, als würden die Nebelmassen beginnen durcheinander zu wirbeln. Doch alles blieb wie zuvor. Die Nebelwand war undurchdringlich und zugleich statisch. Nichts rührte sich, nichts passierte.
Bis auf einmal Vogelgezwitscher zu hören war. Vogelgezwitscher? In all der Zeit im Dorf der Untoten hatte er keinen Vogel mehr singen hören. Eine kühle Brise wehte sogleich an ihnen vorbei und gesellte sich zu den weiteren Waldgeräuschen, die auftauchten. Auch er fühlte sich anders an. Als er auf seinen Körper hinunter schaute, sah er, wie sich dieser in einer rückwärtigen Bewegung wieder zu einem lebendigen Körper verwandelte – und mit einem Mal spürte er einen Herzschlag in seiner Brust. Dann einen zweiten und einen dritten. Danach verging dieses bewusste Gefühl und wich seinem Erstaunen darüber, dass all seine Wunden wieder verschlossen waren. Zumindest diejenigen, die er sehen konnte. Er schaute wieder um sich und musste feststellen, dass der Nebel sich allmählich lichtete und den Ort preisgab, an dem sie sich nun befanden: Nicht mehr das verrottende Dorf der Untoten. Nein. Sie standen inmitten eines dichten Waldes. Eine einzelne Brise brachte zudem einen torfigen, grasigen Geruch, der nur aus einem Sumpf stammen konnte.
Waren sie tatsächlich zurück? tatsächlich wieder zwischen Sumpf und Orkwald?
„Das hat aber wirklich gut geklappt“, meinte er lachend in die Runde, während er sein wieder aufgefülltes Gesicht mit seinen Fingern abtastete.
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