Zitat von
Luceija
"James...", knurrte Gil zwischen zusammengebissenen Zähnen, die seine Nervosität verraten würden. Er hatte immer wieder ein seltsames Gefühl nach Hause zu kommen. Selbstverständlich fühlte er sich wohl, hier verbrachte er so viel Zeit während seiner Kindheit, aber trotz allem schien es nun - auch im Hinblick auf die Tatsache, dass er das Gefühl nicht los wurde, etwas entscheidendes in seinem Leben verloren zu haben - irgendwie befremdlich. Gewohnt schritt er ein, lies sich von dem älteren, mit einer Augenklappe bedeckten, Butler den Mantel und die dazugehörigen Handschuhe abnehmen und widmete sich dann seiner Sonnenbrille, die er lässig von den grellgrünen Smaragdaugen abnahm und zusammenklappte, ehe er sie ebenfalls James in die ausgestreckte Hand legte.
Er nahm die pinible Ordnung, die der Diener hinterlassen hatte kaum zur Kenntnis: Er war es gewohnt. Immer schon hätte man hier drinnen vom Boden essen können und schon seit seiner Kindheit war es James, der dafür gesorgt hatte. Wahrscheinlich mangelte es ihm deshalb auch am nötigen Respekt und fragte ihn weder nach seinem Wohlbefinden, noch danach, was seit seinem letzten Besuch - der von der Schlacht um die Citadel unterbrochen doch ganz schön lange dauerte - geschehen war. Er nahm seine Anwesenheit einfach hin. Ruhigen Schrittes lief der Halbitaliener durch das geräumige, lichtdurchflutete Wohnzimmer welches sich vor ihm erstreckte und stellte erst nach einiger Zeit der Ruhe die brennende Frage in seinem Magen: "...sind meine Eltern noch hier oder habe ich sie verpasst?"
Doch wie auf Kommando hin konnte Vigilio das leise, bedächtige Klackern von Absätzen auf dem polierten Grund der freien, gläsernen Treppe hören, welches langsam in die Richtung der drei Männer drang. Nur Sekunden wurde der Klang unterbrochen, ehe er schneller zu hören war und sich die Person offensichtlich rascher die Treppe nach unten bewegte.
"Vigilio ragazzo mio, vieni troppo tardi! Perché ci hai messo così tanto tempo che si può attendere fino a quando la tua famiglia e, inoltre, ad un mulino rottami sono auto nel nostro vialetto?"*, schallerte es rasch aus der Ecke, aus der die Schritte gekommen waren und nur zu schnell entpuppte sich der Multikultihaushalt der Familie Ascaiath: Obwohl Hayden - selbst gebürtige Britin mit weit zurückreichenden, britischen Vorfahren - mit keinem Wort Italienisch aufgewachsen war, war es nach dem Eingehen der Beziehung zu ihrem italienischen Ehemann keine Frage, dass sie selbst die Sprache lernte ohne auf Universalübersetzer zurück zu greifen. Entsprechend gut beherrschte sie diese nun mit ihren Einundfünfzig Jahren. Und entsprechend jung sah sie dafür ebenfalls noch aus: Der Körper sass bis auf wenige Falten nahezu perfekt, die Frisur wurde in akribischster Kleinarbeit zu einem strengen Bun zusammengerollt aus welchem kein einziges Härchen heraus stand und auch das Make-Up hätte nicht besser sitzen können. Doch in ihrer Position und als ehemaliges Model schien sie nun an jedem Fältchen regelrecht zu verzweifeln.
Gil kam ein leichtes Lächeln über die Lippen als er seine Mutter erkannte, die wild fuchtelnd in seine Richtung kam und antwortete in einem britischen Englisch, dass ihm die Verspätung leid tat.
Das Gefühl in seinem Magen allerdings...wurde und wurde nicht besser.
*Vigilio mein Junge, du kommst viel zu spät! Was hat dich so lange aufgehalten, dass du deine Familie so lange warten lässt und noch dazu eine solche Schrottmühle in unserer Einfahrt parkst?