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    Kialar ist offline

    myrtana Auf dem Meer #9

    Es war alles recht schnell gegangen.
    Kialar hatte gerade erst die Nachricht verdaut, mit einer Truppe von Ordensrittern in Richtung Festland zu segeln, um dort einerseits dem Pilgerzug als magische Unterstützung beiseite zu stehen und dem Innosrat in Vengard den versiegelten Brief zu übergeben, da ging es schon Schlag auf Schlag.
    Zuallererst hatte er sich nur beiläufig nach besagtem Schiff Esmeralda erkundigt und sogleich herausgefunden, dass sie seebereit war; ja tatsächlich dass sie bald auslaufen würde. Es war ihm also nichts anderes übrig geblieben, als seine wichtigsten Utensilien – was bestenfalls eine bescheidene Tasche ergab – zu packen, seinen Schüler aus der unmittelbaren Stabkampfübung zu reißen und das Schiff zu betreten.

    Eine Nacht war inzwischen ins Meer gezogen und der Feuermagier stand unschlüssiger, doch guter Dinge am Deck. Obwohl ihm der Wind das Frösteln lehrte und seine Hände immer bläulicher wurden, freute er sich über diese Reise.
    Es tat dem gebürtigen Varanter stets gut, aus den alltäglichen Gewohnheiten gerissen zu werden. Er nahm die Dinge, wie sie kamen und wenn er sich auch nicht ganz darüber im Klaren war, worin sein Auftrag bestand und die Vorstellung von Nordmar ihm auch nicht gerade das Herz erwärmte, so freute er sich doch auf das Festland, wo sein weiter Weg als Diener Innos’ begonnen hatte.
    Die Besatzung des Schiffes war ein ziemlich zusammen gewürfelter Haufen, deren Mitglieder von strengen ehemaligen Soldaten, über grobe Säbelschwinger bis zu streng Innosgläubigen reichten. Dies hatte er gestern bei einem kleinen Würfelspiel der Truppe beobachten können. Da wurde geflucht, gepriesen, gezankt, gelacht, getrunken und der übliche Seemannsgarn gesponnen.
    Kialar war fast in einen Streit geraten, als er bei einer dieser Szenen laut auflachen musste.
    „Siehst du meine Hand, Junge…siehst du sie?!“, hatte ein alter Matrose mit erhobener Hand einem Burschen gedroht. Der Wüstensohn konnte nicht an sich halten, als er den Gesichtsausdruck des Jungen gesehen hatte.
    „Was gibt’s da zu lachen, häh?“, war der Fokus des Alten sofort auf ihn gefallen. „DU siehst mir auch so aus, als hättest schon lange keine Ohrlasche mehr erhalten?“
    Glücklicherweise war die Wutspanne des Mannes so kurz gewesen, dass sie bald wieder auf jemand anderes gefallen war und sich der Magier davonstehlen konnte.

    Ansonsten waren auf dem Schiff jede Menge Ordensbrüder, Ritter, Soldaten, wobei Kialar nur ein paar Namen und Ränge aufgeschnappt hatte und der Rest ihm ohnehin unbekannt war. Lediglich Rodeon kannte er bereits ein wenig, ein paar andere hatte er bei seiner Weihe gesehen, aber nicht mit ihnen gesprochen. Demnach war er gespannt, wie sich die Reise mit ihnen entwickeln würde.
    Außerdem war da noch Iolaus, dessen Meinung er gar nicht eingeholt hatte. Was der Adlatus von der Reise hielt, ob sie ihr Stabkampftraining weiterhin fortführen wollten…das alles hatten sie nicht besprochen.
    Diesen Unklarheiten zum Trotz, blickte der Feuermagier in den weiten Ozean hinaus und freute sich über jede Welle, die das Schiff nahm.

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    Provinzheld
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    Iolaus ist offline
    „Ich habe nichts gegen diese Reise“, sprach Iolaus, während er und sein Lehrmeister in der Kombüse mit der Crew saßen. Lange Zeit beherrschte Schmatzen, Schlürfen und das Klackern von hölzernem Besteck den Raum, ehe sich der junge Adlatus eher flüsternd an den Feuermagier gewandt hatte. „Ich habe Eure Blicke gesehen, fast so als würdet Ihr erwarten, dass ich bald meinen Unmut äußere. Aber der Gedanke, bekannte Lande wieder zu sehen … behagt mir wirklich“, erklärte sich Iolaus grinsend.
    Die Crew interessierte sich nicht sehr für sie. Ab und zu wurden sie in höfliche Konversation verwickelt, aber meist ließ man sie in Ruhe. Thema bei den Seeleuten war das, was man am letzten Tage beim Auslaufen gesehen hatte. Die Masten eines Kriegsschiffes der Myrtanischen Marine ragten schief aus dem Wasser des Hafens heraus, boten ein Heim für freudig kreischende Möwen. Die Stadtwache war an der Stelle des Kais gewesen und hatte alles abgesperrt und die neugierigen Bürger und Arbeiter verscheucht. Scheinbar war eines der Schiffe unerklärlicherweise gesunken. Zumindest sagten dies die Seeleute.
    „Kialar, wie geht es nun eigentlich weiter? Üben wir hier auf dem Schiff weiter, bei dem Seegang?“, fragte er, wohl wissend, das das Meer gerade in der stürmischeren Jahreszeit wahrlich ruhelos war. „Oder werden wir erst in Vengard – wenn wir festen Boden unter den Füßen haben – weitermachen?“
    Fragend blickte der Adlatus den Magier an, während er seinen Zwieback in der wässrigen Suppe aufzuweichen versuchte.

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    Kialar ist offline
    Kialar hatte tatsächlich darauf gewartet, dass sich Iolaus zur Reise äußern würde. Froh darüber, auch in seinem Schüler ein Abenteuerherz schlagen zu sehen, schlug er ihm aus einer Laune heraus freundschaftlich auf die Schulter, was ihm im Nachhinein etwas albern vorkam, besonders beim Essen.
    Der Adlatus blickte ihn unschlüssig an, dann nahm er den nächsten Löffel Suppe und schien sich in Geduld zu üben, bis sein Stabkampflehrmeister endlich antworten würde. Kialar nahm unterdessen noch ein Stück Brot, biss genüsslich ab und meinte „Ich würde vorschlagen, wir machen hier weiter. Es ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass du irgendwann Mal gezwungen bist ausgerechnet auf einem Schiff zu kämpfen…und so ein langer Stab bietet sich da auch nicht unbedingt an, aber egal. Das Schiff wankt und das allein ist schon ein Grund, den Grund unter den Füßen als neues Hindernis in unsere Übungen einzubauen.“ Er schmatze, das Brot schmeckte ihm und während er mit diesem auf Iolaus zeigte, führte er aus. „Wir sind zwar keine Akrobaten, hmnam, aber…Geschick ist immer gut.“
    Sein Schüler nickte nur. Ob seine Ausführung doch zu wirr waren?
    Nachdem sie ihr Mahl beendet hatten und der Rest der Leute noch vertieft in ihre Suppen waren, packten die zwei Stabkämpfer ihre Waffen und verließen die warme Stube, um sich dem sicher ungemütlichen Wetter am Deck des Schiffs zu stellen. Glücklicherweise war das Meer sanft, die weitere Schiffsroute unproblematisch und so wurden sie zumindest während der klassischen Aufstellung zweier Duellanten noch nicht von herumtollenden Matrosen beirrt.

    „Ich habe das letzte Mal nur DICH angreifen lassen, während ich verteidigte. Du bist nicht durch meine Verteidigung durchgedrungen, das war aber auch nicht weiter überraschend…“ Er lächelte und Iolaus schien mit den Augen zu rollen.
    „Dennoch, die Schläge waren nicht schlecht ausgeführt, jetzt fehlt es aber natürlich noch an Feinschliff und einer eigenen persönlichen Note. Die Technik der Grundschläge beherrscht du aber denke ich schon Mal.“ Dies kleine Lob schien ihm gerade recht.
    Während er den Stab kreisen ließ, erzählte er „Ich habe den Stabkampf zusammen mit einem anderen Mann gelernt, der sich darauf spezialisiert hat, ausladende, kräftige Schläge anzubringen, während ich eher schnelle Attacken bevorzuge.“ Sein Schüler hatte sich auf den Stab gelehnt und hörte nur zu. Umso überraschter schien er zu sein, als nun Kialar ein paar kleine Schläge auf dessen Stab nieder regnen ließ und Iolaus damit in eine etwas unangenehme Schieflage beförderte. Fast verlor dieser den Stab, als er zur Seite kippte und erst nach einem Augenblick das Gleichgewicht zurück gewann, während sich Überraschung auf seinem Gesicht breit machte.
    „Sowas in etwa will ich damit bewirken, ja.“, grinste der Feuermagier.
    „…und genau das musst du herausfinden. Bist du ein flinker, geschickter Stabwirbler oder ein gefährlicher, kräftiger mit Wucht zuschlagender Stabkrieger.“ Er blickte seinen Schüler kurz fragend an, dann nickte er und kam zum eigentlichen Punkt. „Aber das nur als kleine Ergänzung zu unserer letzten Lektion. Heute möchte ich – und ich habe ja bereits begonnen -, dass DU verteidigst. Ich werde langsam starten und nur jene Schläge anwenden, die ich dir bereits gezeigt habe. Bereit?“
    Sein Schüler nickte und er verbeugte sich.
    Dann holte er zu einem ersten kräftigen Schlag von Links aus…

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    Provinzheld
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    Iolaus ist offline
    Der erste Schlag kam von links. Kräftig mit gutem Schwung. Der Adlatus hatte nur einen Augenblick, um zu reagieren, weswegen er flink die Hände weit auseinander an den Stab legte, den hob und den Hieb so abwehrte. Gerade da merkte er, dass selbst ein eher schlanker Mensch wie Kialar mit einem Stab hart zuschlagen konnte.
    Es folgten mehrmals Schläge von der linken Seite, ehe sich der Lehrmeister dazu entschloss, von rechts in schneller Folge Hiebe zu verteilen, die mehr oder minder erfolgreich geblockt wurden.
    Unschön für Iolaus wurde es erst, als der Stabmeister zustieß. Zwar nicht mit voller Kraft, aber ordentlich genug, dass der Schüler in die Knie ging und keuchte.
    „Verdammt“, fluchte er, während er sich versuchte aufzurichten. Gerade in dem Moment jedoch nahm das Schiff eine Welle, deren Auswirkungen den Schüler erneut wanken ließen. Zu dem Keuchen gesellte sich einen Moment ein Würgen, im zweiten Moment ein noch heftigeres Würgen und im letzten Moment jagte der Adlatus zur Reling und erbrach das spärliche Essen des Tages in die See. „Ich hasse Schiffsfahrten. Wo war mein Fehler, Kialar? Wie soll ich“ – er wischte sich kurz mit dem Ärmel über den Mund – „die Stöße aufhalten?“

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    Kialar ist offline
    Kialar lächelte gutmütig.
    „Sieht so aus, als wäre das Schiff doch nicht so optimal für unsere Übungsstunden. Komm, wir gehen besser unter Deck, in der Mitte merkt man das Schwanken nicht so…bilde ich mir zumindest ein.“
    Er half Iolaus beim Hinabstolpern in die unteren Kajüten. Gerade, als er die Treppe hinab ging, kam ihm ein Ordensritter entgegen.
    „Innos mit dir.“, sagte er beim Vorbeigehen. Dieser nickte ihm ehrerbietig zu und erwiderte den Gruß. Bisher hatten sich die Ordensbrüder kaum gezeigt, schienen untereinander zu bleiben oder waren ganz einfach nicht auf frische Luft erpicht, vermutete der Feuermagier. Spätestens am Festland, würde sich aber wohl eine Gelegenheit ergeben, mit ihnen zu reden.

    Netze, Kisten, lose Bretter, ein paar Fässer, Hängematten, enge, dunkle und stickige Räume…er bereute es bereits, hier hinab gestiegen zu sein und Iolaus ebenso, dem wohl die frische Luft besser getan hätte. Spätestens jedoch, als sich der Adlatus niedergesetzt hatte, schien es etwas besser zu gehen.
    Das Schiff ächzte und wankte, während oberhalb Schritte zu hören waren. Die meisten hatten sich aber wohl schon zur Nachtruhe zurückgezogen. Eigentlich wollte Kialar zu dieser späten Zeit ungern stören, doch die heutige Lektion musste er noch abschließen.
    „Die Sache ist die…“, begann er mit leiser Stimme zu sprechen. „…es war nur eine Frage der Zeit, bis deine Kondition streikt. Ich habe das natürlich herausgefordert, ich gebe es zu…“ Er grinste. „…aber für das erste Mal hast du dich wacker geschlagen. Was deine Frage betrifft, wie du den Stoß abwehrst. Stabkampf heißt, nicht nur mit der Waffe gut umgehen zu können. Die Beinarbeit und die körperliche Geschicklichkeit spielt genauso eine Rolle. Bei unserem nächsten Kampf möchte ich dich also tänzeln sehen…besonders bei so einem Stoß kann ein kleiner Schritt zur Seite Wunder wirken.“
    Iolaus schien sich etwas von seiner Seekrankheit erholt zu haben, sah aber etwas zerschlagen und müde aus. Dennoch nickte der Adlatus mit leicht herabhängendem Kopf.
    „Naja, aber die nächste Lektion wird wieder auf festem Boden stattfinden…wobei, vielleicht auch auf Schnee und Eis, wer weiß?“ Kialar zuckte mit den Achseln. „Ich gehe noch mal an Deck…und du solltest schlafen gehen, hehe. Innos mit dir!“
    …und mit diesen Worten begab sich der Feuermagier zurück auf das Deck der Esmeralda und blickte in Richtung Festland.
    Wo und wann würden sie wohl ankommen?

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    Hiroga ist offline

    Kurz vor Vengard

    "Nicht mehr weit...", murmelte er und blickte zur langsam näher heranrückenden Küste. Müde streckte er sich und begrüßte den Tag nach einer Nacht auf hoher See. Vengard würden sie bald erreicht haben. Dann hieß es aufsitzen und rasch nach Nordmar. Dort lag sicherlich schon Schnee. Der Weg würde auch für ihre tierischen Begleiter nicht einfach werden, zumal Avik wohl noch nie auf einem Gaul gesessen hatte. Jetzt würde er genug Zeit dazu haben. Selbst wenn sie nur langsam ritten, sodass auch der junge Knappe keine Probleme bekommen würde, wären sie immer noch schneller als die andere Truppe. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sie sie einholten. Das Land war so weitläufig, dass es in jedem Fall gelingen würde. Spätestens wenn Avik sein Reittier so gut zu kontrollieren wusste, dass es schneller vorangehen konnte.
    "Guten Morgen, Avik.", begrüßte er den jungen Mann und reichte ihm die Hand. "Wie war die Nacht auf See? Ist dir übel?", fragte er grinsend und wandte seinen Blick wieder von seinem Untergebenen ab. Das kleine Schiff war schnell. Eine Kogge, wunderbar um von A nach B zu kommen, oder wie hier von Thorniara nach Vengard. Baruch war wahrlich ein Genie.
    "Komm, du sollst dir deinen neuen Gefährten anschauen. Zumindest wird er das sein, bis wir wieder zurück sind.", meinte er und führte den Soldaten zu den Pferden. Juna blickte ihn mit ihren großen Augen an. Ob sie wohl spürte, dass sie nah der Heimat waren? Ihm war fast schon schwer ums Herz, Vengard wieder so schnell verlassen zu müssen, dabei waren sie nicht einmal da.
    "Wie man aufsitzt und die Zügel hält muss ich dir wohl nicht erklären oder? Du siehst die Steigbügel am Sattel da hinten? Du sattelst dein Pferd wenn wir am Hafen sind und sitzt auf, den Fuß im Steigbügel... deswegen heißt das Ding auch so. Die Zügel fasst du schön mit beiden Händen. Achja, das Geschirr muss dementsprechend auch angelegt werden. Das kannst du dir von mir abschauen, wenn wir da sind. Und dann musst du eigentlich erst einmal nur das Gleichgewicht halten und ein wenig lenken indem du an den Zügeln ziehst. Ob das Pferd schneller wird oder langsam hast du in der Hand. Drückst du mit deinen Stiefeln in die Flanken wird es den Druck spüren und schneller werden. Ziehst du die Zügel zu dir heran und verringerst den Druck, dann wird es wieder ruhiger voranschreiten. Alles klar? Den Rest klären wir, wenn wir angelegt haben."

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    Ehrengarde Avatar von Ptah
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    Ptah ist offline
    Mit dem Rücken gegen den Mast gelehnt saß Ptah auf dem Deck und blickte ins Leere. Seit einiger Zeit musste er nun schon dort sitzen und hatte sich seitdem auch nicht mehr wirklich vom Fleck gerührt. In Gedanken vertieft lauschte er stumm den Rauschen der Wellen und dem Ächzen des Holzes, wenn wieder ein stärkerer Wind das Segel erfasste.

    Was würde ihn sie bei ihrer Ankunft in Al Shedim erwarten? Stand Al Shedim noch? Was hatte Rhobar mit den Magiern des Wassers angestellt? Was hatte er den Söhnen der Wüste angetan?

    Fragen, die jedoch nicht lange in seinem Kopf verweilten, rasch gingen sie unter im Widerhall der einzigen Frage, die von Belang war: Wo anfangen? Welchen Anhaltspunkt sollte er sich nehmen?

    Jaryvils Frage riss ihn schließlich aus seinen Gedanken, doch er schwieg noch eine geraume Weile bis er dem Magier eine Antwort gab:

    "Was wollt Ihr mit dieser Frage bezwecken? Glaubt Ihr, dass ich nicht schon genug eigene Zweifel habe? Wie soll ich denn wissen, ob ich bereit bin? Glaubt Ihr, dass ich noch eine Wahl habe? Dass ich diese Reise aus freien Stücken antrete? Ich kann gar nicht anders."

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    Schwertmeister Avatar von Jaryvil
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    Jaryvil ist offline
    "Es war nicht mein Ziel, euch noch weiter zum Zweifeln zu bringen, entschuldigt." Langsam näherte er sich ein paar Schritte, postierte sich ein paar Schritte neben ihm, während sein Blick kurz über die Planken schweifte, hinauf zum Segel, zu Betty, die ab und zu noch durch das Blickfeld streifte und wohl auf die restlichen Mitfahrer wartete, bis er wieder zurück zu Ptah gelangte, der noch immer dort vor ihm saß. "Ich wollte euch nur fragen, wie ihr euch fühlt, jetzt wo wir tatsächlich nach Varant, in die ewige Wüste aufbrechen."

    Jary hatte nicht die leiseste Ahnung, wo Ptah mit der Suche beginnen wollte, doch seine Vermutungen bezogen sich auf den Schlüssel, den er für den Adepten hatte aufbewahren sollen. Bei diesem Gedanken stockte ihm kurz der Atem. Lange hatte er nicht mehr geprüft ob der Schlüssel noch immer an der metallenen Kette hing, die er sich extra dafür besorgt hatte. Hastig suchte seine Hand den Weg zu seinem Hals, tastete nach dem Metall und zog sie dann unter der Robe hervor und erst als er den Schlüssel daran baumeln sah, beruhigte er sich wieder. Gerade den Schlüssel zu verlieren, wäre das schlimmste Gewesen, was ich ihm hätte antun können. Doch nun, da er sicher war, im Besitz dieses Gegenstandes zu sein, konnte er sich wieder an Ptah wenden. "Euer Schlüssel.. Nachdem ihr ihn mir nach meinem Sturz in den Brunnen wiedergegeben habt, habe ich ihn auch weiterhin aufbewahrt. Möchtet ihr ihn für die Reise bei euch tragen? Oder soll ich weiterhin auf ihn aufpassen, bis wir Verwendung für ihn finden? Mir ist beides recht, nicht dass ihr denkt ich möchte ihn loswerden." Im Gegenteil, er wunderte sich immer noch, einen Gegenstand der so wichtig für den Adepten war, bei sich zu tragen und er hatte keineswegs vor, das Vertrauen, das ihm entgegengebracht wurde, zu verletzen.

    Ptah schien eine Weile nachzudenken, doch bevor er zu einer Antwort kommen konnte, hörte man Stimmen und das Geräusch, welches nur von Rudern stammen konnte, die immer wieder ins Wasser tauchten und es wegdrückten, um das Boot vorwärts zu bewegen. "Melaine scheint da zu sein, dann können wir ja los." Er schickte ein aufmunterndes Lächeln in Richtung Ptah, bevor er sich an die Reling begab.

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Ein einzelnes Wort brachte der Hauptmann der Schwerter nur über die Lippen, doch es sollte der Rothaarigen für den Anfang genügen. Sie ahnte, dass sie ihm damit mehr einen Gefallen tat, als ihr noch vor einigen Wochen recht gewesen war, doch selbst sie hatte erkannt, dass es kaum eine andere Möglichkeit gab, nachdem der Ahne Colodis beinahe verzehrt hatte. Wenn er seine Kraft aus dem Blutband gewann, weil er während der Bindung dabei gewesen war, konnte man nur hoffen, dass die sich einstellende Entfernung zwischen ihm und den anderen Schwertern die Kraft des Bandes mildern würde und damit auch die Macht des Ahnen. Es war eine einfache Idee, doch vielleicht besaß sie genug Potential, um sich als richtig und weise herauszustellen. Außerdem konnte sie ihm sowieso nicht im Weg stehen. Sämtliche ihrer Versuche, ihm ohne seinen Willen zu helfen, waren gescheitert. Sie konnte nur hoffen, dass er sich bei dem, was er vorhatte, nicht übernahm und mit heiler Haut zurückkehrte oder sie ihn rechtzeitig fand.

    Das kleine Boot erreichte das größere Schiff und eine Strickleiter wurde ausgeworfen, um an Bord zu gehen. Melaine trat als erstes über die Reling und ließ ihren Blick über die versammelten Männer und Frauen schweifen. Es war nur eine Frau anwesend, die etwas abseits von Ptah und Jaryvil stand.

    „Wie lange sind wir hier?“, fragte Melaine leise, als sie näher an Ptah herangetreten war. Sie wusste, wie sie die Frage meinte, aber sie wollte eine Antwort, wie Ptah die Frage verstand. Vielleicht um zu sehen, wer er noch war, was er werden konnte oder warum er überhaupt hier war. Vielleicht auch nur, weil die Wehmut in ihrem Inneren mehr der Realität entsprach, als sie sich zugestehen wollte. Etwas schien zu enden… nur wusste sie nicht, was.

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    Ehrengarde Avatar von Ptah
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    Ptah ist offline
    Der Adept hob den Blick. Nicht sehr viel, aber gerade genug um Melaine zu zeigen, dass er von ihrer Ankunft auf dem Schiff Notiz genommen hatte. Hatte er das wirklich? Die Spitzen seiner Lippen kräuselten sich zu einem vieldeutigen Lächeln.

    "Eine gute Frage, Herrin, aber dennoch ist es die falsche.", murmelte Ptah, "Die Information über die Dauer einer Zeitspanne ist nur hilfreich, wenn ihr entweder Anfang oder Ende des Intervalles kennt. Was würde es Euch also nützen die Antwort zu erfahren ohne eine der beiden erforderlichen Zusatzinformationen zu wissen?"

    Hatte er das gerade wirklich gesagt oder war es eine Stelle aus einem Buch, das er irgendwann mal gelesen hatte? Gab es einen Unterschied zwischen beidem, wenn es einen gab, vermochte ihn der Varanter nicht mehr zu erkennen, gesetzt dem Fall, dass er irgendeine Bedeutung trug.

    "Diese Reise, Meisterin Melaine, ist allerdings nicht bestimmt durch Anfang, Dauer und Ende, sondern Wieso, Warum und zu welchem Zweck."

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine hockte sich vorsichtig neben den am Mast lehnenden Adepten und schaute ihm nachdenklich in den schwankenden Blick, der den ihren nicht halten konnte. Seine Welt schien sich in einem besonderen Maße aus den Fugen bewegt zu haben, doch das Ziel, welche sie genommen hatte, war nicht klar. Seine Worte hingegen deuteten auf eine Ahnung hin. Oder waren sie nur von dieser Schärfe gewürzt, weil er zeigen wollte, wie wenig ihm danach war, darüber zu reden?

    „Meisterin?“, fragte die Rothaarige leise und schüttelte den Kopf, „Erinnert ihr euch der Antwort auf meine Frage nicht mehr, dass ihr sie so verlassen abweist, oder seid ihr der Antwort zu feige, weil sie Fehler offenbaren würde, derer ihr euch grämtet?“

    Ihre Augen drückten eine sanfte Kälte aus, nicht wissend, was der Tag bringen würde, da das, was den Adepten belastete, seinen Höhepunkt fand. Ihre Hand legte sich auf die Schulter des jungen Mannes. „Beantwortet sie mir. Und dann fügt ihr euer Warum, wieso und zu welchem Zweck an. Es sind gute Frage.“

  12. Beiträge anzeigen #12
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    Ptah ist offline
    "Solange bis wir etwas gefunden haben, oder bis ich sterbe.", hatte er ihr geantwortet und dabei irgendeinen Punkt angestarrt, der aus der Mitte ihres Schädels bis an das Ende des Horizonts zu rasen schien. "Ich weiß nicht, wie lange wir hier sein werden, noch weiß ich, ob es später noch ein wir geben wird. Ich habe keinen von euch gebeten mich zu begleiten und doch habt ihr alle darauf bestanden mitzukommen, ohne zu wissen, worauf ihr euch einlasst. Ich weiß es selbst noch nicht, doch befürchte ich, dass meine Geschichte für Euch wohl vor allem nur unsägliche Ödnis bereithalten wird. Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen; nichts, was für einen Außenstehenden von Interesse sein könnte."


    Danach hatte er einfach nicht mehr reagiert. Melaine schien sich damit zufrieden gegeben zu haben. Zumindest konnte er sich nicht an weitere Gesprächsteile danach erinnern, als er eben die Augen geöffnet hatte. Er musste einfach eingeschlafen sein oder war er einfach nur weggetreten? Wann hatte er zuletzt geschlafen?

    Der Wind blähte die Segel, schien sein ganzes Gewicht in das Tuch zu legen. Sie waren weit auf dem Meer, denn in keine Richtung war Land in Sicht, was vielleicht auch der Tatsache geschuldet war, dass es stockfinster war. Das Meer schien fast noch schwärzer als die Nacht selbst zu sein, als es mit leichtem Bewegungen das Schiff hob und senkte. Schliefen die anderen? Wie spät war es überhaupt?

  13. Beiträge anzeigen #13
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Melaine starrte in die Flamme einer kleinen Kerzen, die flackernd von dem ihr inhärenten Leben sprach, und dachte darüber nach, was es sein könnte, was sie fanden, wenn sie sich auf die Suche nach der Vergangenheit des jungen Adepten machten. Er war Varanter, soviel wusste sie. Doch was zu finden er hoffte, was er finden wollte oder warum dies gerade jetzt eine unsägliche Dringlichkeit bekommen hatte, wusste sie nicht zu sagen.
    Colodis hatte sich auf dem Schiff die Füße vertreten wollen und wirkte dabei wie ein hinter Gittern gesperrtes Tier, welches nicht wusste, was es mit seiner ihm von der Natur aus gegebenen Kraft anfangen sollte. Sie war in dem Raum zurückgeblieben, hatte das kleine schwarze Buch gezückt, welches sie immer mit sich herumtrug, und wahllos darin geblättert. Die Seiten waren leer. So leer wie sie immer gewesen waren. Nur manchmal eröffneten sie ihr einen Blick, doch das letzte Mal war schon zu lange her, um noch von einer Regelmäßigkeit sprechen zu können. Es war vor ihrem Aufbruch nach Argaan gewesen. Vielleicht war sie endlich dort angekommen, wo das Buch ihr nichts mehr zu erzählen hatte. Oder es harrte der Zeit, bis es wieder nötig war.

    Melaine seufzte leise und versuchte das Schwanken des Schiffes zu ignorieren. Ihr war nie wohl dabei, auf einem dieser aus Holz gebauten Dinger zu sitzen und konnte es kaum noch abwarten, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, bei dem sie sich nicht darüber sorgen musste, dass er nachgab, wenn das Feuer oder ein anderes, menschliches Missgeschick es verzehrte.

    Ptah war am gestrigen Abend eingeschlafen. Einfach so, als hätte das Leben oder die Kraft ihn verlassen. Sie hatte seinen Puls gefühlt, doch das schwache Pumpen seiner Venen hatte ihr gezeigt, dass ihre letzte Idee der Wahrheit am nächsten kam. Wer wusste schon, was in seinem Kopf vor sich ging, wenn nicht einmal er fähig war, dies zu erklären. Sie hätte nur allzu gerne einen Blick hinein geworfen. Doch nicht nur sein Zustand hielt sie davon ab. Sie schien davon in letzter Zeit nur allzu leichtfertig Gebrauch zu machen und allzu oft erschien es ihr, als hätte sie keine andere Wahl mehr. Vielleicht sollte sie darüber nachdenken, was dies wiederum bedeuten mochte, anstatt ständig in Gedanken zu den Menschen abzuschweifen, die problembehaftet wie Motten dem Licht zu ihr zu schwirren schienen. Natürlich hatte Ptah nicht darum gebeten, dass sie mitkam. Er hatte sich dem jedoch auch nicht verweigert, selbst unter dem Aspekt nicht, dass sie ihm keine andere Wahl gelassen hatte. Darüber musste sie nachdenken, bevor sie nicht mehr war…

  14. Beiträge anzeigen #14
    Ehrengarde Avatar von Ptah
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    Ptah ist offline

    Land in Sicht

    Das Gefühl war unbeschreiblich gewesen, als am Horizont ein dünne, dunkle Linie auszumachen war. 'Das Festland.', schoss Ptah durch den Kopf und die Erkenntnis schien der erste klare Gedanke zu sein, den er in den letzten Stunden gefasst hatte. Beflügelt durch das Etappenende in Sichtweite schien sich auch sein Geist wieder zu klären. Denkmuster wurden allmählich deutlicher und der Adept begann von Neuem so etwas wie Struktur in sein weiteres Vorgehen zu bringen. Binnen kurzer Zeit hatte er bewerkstelligt, wozu er während der Schiffsreise bisher unfähig gewesen war. Eine rudimentäre Planung der Abläufe sobald die dicke Kuh in Al Shedim vor Anker lag.

    Je nachdem wie groß Rhobars Einfluss auf die ehemalige Heimstatt der Nomaden nun war, würden sich Dinge wohl schwieriger oder leichter gestalten, müsste auf Tarnung geachtet werden. Fest stand, dass er sich nicht lange mit dem Suchen einer Unterkunft aufhalten würde. Nein, oberste Priorität hatten die Nachforschungen und wenn irgendwo Aufzeichnungen über seine Familie überdauert hatten, dann wohl in der Bibliothek des Wüstenjuwels. Dort würde er beginnen. Würde alles durchwälzen, von dem er annehmen konnte, dass eine unscheinbare Familie dort aufgelistet würde oder vielleicht nur die Oase, wo sie gelebt hatten. Der Sand konnte sie vielleicht verborgen haben, aber es musste doch Karten geben. Womöglich war es auch keine schlechte Idee einen Nomaden zu Rate zu ziehen. Einen Alten vielleicht, jemand der noch Wasserstellen kannte, die vielleicht bereits versiegt waren.

    Er würde dieser Recherche maximal drei Tage geben. Es würde - nein, es musste reichen. Wer wusste schon wie lange er sich den rauschhaften Schub durch die nahende Rückkehr in die alte Heimat bewahren konnte. Jeder Augenblick war kostbar. Nach drei Tagen musste er aufgebrochen sein, irgendeine Spur verfolgen, die sich bis dahin ergeben hatte, selbst wenn sie noch so schwach war. Er würde die anderen nicht bitten ihn zu begleiten. Gut möglich, dass sie bis dorthin auch schon seiner überdrüssig waren.

    "Varant..."

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    Veteran Avatar von Viraya
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    Viraya ist offline
    Sie hatten es geschafft, waren auf einem Schiff. Wenn sie von Piraten, Stürmen und Seeungeheuern verschont blieben, segelten sie direkt auf Argaan zu. Aber sie hatten dafür bezahlt, nicht nur mit Gold sondern mit dem Blut ihrer Freunde. Ein teurer Lohn und Viraya fragte sich noch immer, ob sie bei Troan hätte bleiben sollen. Natürlich wollte sie zurück ins Kastell, um sich weiter in Magie unterrichten zu lassen, was sie jedoch im Endeffekt davon abgehalten hatte zu bleiben war nicht ihre Aufgabe dort, sondern Redsonja. Immer dieselbe rothaarige Kriegerin.

    Die Magierin blickte aufs Meer hinaus. Es lag dunkel zu ihren Füssen und liess sie über sanfte Wellenberge tanzen. Dann blickte sie sich in andere Richtungen um. Waren sie wirklich die einzigen Passagiere, wie ausgemacht?
    "Sohn eines Königs also? Du darfst mir gerne noch mehr erzählen?"
    Hörte sie Redsonja gerade sagen und obwohl sie die Antwort interessiert hätte, ging sie unter Deck, um jeden einzelnen Winkel zu durchsuchen. Sollten die anderen plaudern, es war sowieso besser, wenn sie sich für einmal von Gefahren fern hielten.

    Da stand ein verdächtiges Fass, dort eine Kiste und anderswo hätte man sich unter Säcken verbergen können. Doch nirgendwo war ein Mensch zu finden, bis der Koch mit seinem Fleischermesser, das er wie zufällig in den Händen hielt hinter ihr stand.
    "Was machst du denn hier meine Süsse. Du sollst doch nicht herumschnüffeln."
    Warnte er sie liebenswürdig.
    "Bis Setarrif gehört das Schiff uns, ich kann also machen, was mir beliebt."
    Wies ihn die Magierin zu Recht, wobei ihr mehr als unwohl war. Allerdings konnte und wollte sie das nicht zeigen. Sie überlegte, ob sie ihm eine Schattenflamme um die Ohren hauen sollte, doch war sie sich nicht ganz sicher, wie sinnvoll das sein würde.

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    Die raue, ruhige See. Das Meer nahe der Küste des Landes, in dem es einst Asche regnete, war um diese Jahreszeit für seine raschen, unvorhersehbaren Wetterumschwünge bekannt. Heftige Herbststürme wechselten sich mit vermeintlich sicherer Wetterlage ab. Die Heimwind hatte die Gunst der Götter und günstige Winde auf ihrer Seite. Sie machte schnelle Fahrt auf offener See, als ob sie dieses Land und seine Gewässer möglichst schnell hinter sich lassen wollte. Als ob sie die Wünsche der drei Passagiere, die sie an Bord genommen hatte, teilen würde.
    Die beiden Frauen an Bord waren Flüchtlinge. Auf der Flucht vor widrigen Umständen und der Sorge, anderen Unheil zu bringen. Der junge Hauptmann Kortis, der sie begleitete, war ebenso auf der Flucht. Auf der Flucht vor einer Schicksalskreuzung, an der ihm in diesem Land kein Weg vorbei führen würde. Vor einer Bestimmung, die er nie gewählt hatte. Nicht als Gefangener der Rothaarigen, sondern als freier Mann war er an Bord gegangen.
    Gefasst hatte er den Entschluss vor drei Tagen, nicht lange nach der geglückten Flucht aus Mandalei. Einige Landstreicher hatten den Weg des Trios gekreuzt, Glückritter in Zeiten des Unglücks. Sie hatten Dinge gewusst, die man in Mandalei noch nicht gewusst hatte. Von einer neuen Schlacht weiter nördlich. Von Blut und Verwüstung, von Leid und Kummer. Von einem Sieg der Anhänger Innos’. Aber vor allem von einer für viele unglaublichen Nachricht. Der König war gefallen. Jorvik hatte sein Leben auf dem Schlachtfeld gegen die Inquisition gelassen. Wie er zu Tode gekommen war, malten sich abenteuerlichste Geschichten aus, um sich gegenseitig zu überbieten. Doch in einem waren sie alle einig: Der König war tot und der Verbleib seiner beiden legitimen Söhne unklar. Einige meinten, sie seien mit ihm gefallen. Andere wollten es besser wissen. Doch Kortis wollte es überhaupt nicht wissen. Das einzig wichtige für ihn war die Erkenntnis gewesen, dass er nun keine Nacht mehr ohne eine blanke Klinge unter dem Kissen würde schlafen können. Dass viele für ihn nun etwas Neues im Sinn haben würden und dass ebenso viele ihn auf direktem Weg zu seinem Vater würden schicken wollen. Und dass er keinen Augenblick länger in diesem Land bleiben wollte.
    Nun stand dieser Königssohn am Deck der Heimwind an der Seite der Kriegerin, die ihm selbst für eine Frau schon eine ganze Menge Ärger eingebracht hatte. Ärger, ohne den er jetzt vielleicht schon tot wäre, auch wenn das keiner hatte vorher ahnen können.
    „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Könige bekommen Kinder auf dieselbe Art und Weise wie jeder“, sprach er zu der schwangeren Frau. Beim Blick auf ihren Bauch kam ihm für einen Moment der abwegige Gedanke, dass sie seinen Vater getroffen haben könnte. Aber so etwas war Unsinn, den er getrost auf Übermüdung und den Stress der letzten Tage schieben konnte.
    „König Jorvik hat … oder hatte zwei legitime Söhne aus der Ehe mit seiner Frau Leonore. Æthelred und Æthelstan. Er gab ihnen die Namen alter, legendärer Könige, um ihren künftigen Anspruch zu unterstreichen. Die Treue zu seiner Frau konnte er damit allerdings nicht unterstreichen, denn mit der war es nicht weit her. Wie viele Halbbrüder ich habe weiß ich nicht genau. Man munkelt von einem halben Dutzend. Vor den Großen seines Reiches hat er allerdings nur zwei anerkannt. Mich und Godwin, der schon vor vielen Jahren das Land verlassen hat. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist, aber seit seinem Weggang sahen Adlige, die Probleme mit Jorviks Regiment hatten, in mir eine potentielle Galionsfigur für eine Rebellion. Mein Vater hat versucht mich da herauszuhalten, indem ich zum einen in seine Truppen eingespannt wurde, zum anderen aber nie einen Rang erreichte, der mir genug Einfluss gegeben hätte, um ihm gefährlich zu werden. Vielleicht hätte er mich auch umbringen lassen, wenn er gekonnt hätte, aber es gab anscheinend Männer, die dagegen standen.“
    Der Passagier blickte auf die dunkle See hinaus. Irgendwo hinter ihnen lag seine Heimat. Ein Land, in das er nicht würde zurückkehren können, sofern er nicht den Tod suchte.
    „Nun ist er zu Innos gegangen und ob ich will oder nicht, in meiner Heimat würde ich zum Führer in einem Bürgerkrieg. Als ob wir davon nicht schon genug hätten. Aber ich habe nicht vor für irgendwelche Lords einen Thron zu erstreiten oder mich auf dem Weg dorthin von Meuchelmördern töten zu lassen. Also bin ich nun hier bei euch.“ Auf dem Weg in ein unbekanntes Land in der Ferne. Hoffentlich ging die Fahrt weit genug.
    „Aber wenn ich das richtig in Erinnerung habe, sind Meuchelmörder euch nicht fremd, nicht wahr?“

    Medin

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    Schmetterling  Avatar von Redsonja
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    "Mehr als genug. Dennoch habe ich jeden einzelnen gezählt."
    Antwortete Redsonja, deren Zunge durch Kortis' Offenheit ebenfalls gelockert worden war. Er hatte einiges von sich erzählt in den vergangenen Tagen, die sie zusammen unterwegs waren. Dennoch wusste die rothaarige Kriegerin nicht, ob sie ihn mochte oder nicht. Nur eines war sie sich sicher. Wenn er ihren Rücken frei hielt, dann war darauf Verlass.

    "Weisst du was? Ich habe keinen blassen Schimmer warum es schon derart viele versuche gab mich zu ermorden. Ich wurde einfach eines Tages entführt und nach Khorinis gebracht. Damals war ich noch beinahe ein Kind. Obwohl ich es selber nicht mehr so sah. Ein anderer Teil der Geschichte begann, als ich in einer kalten Winternacht einen Mann namens Frost aus einem See gerettet habe. Jäger waren hinter ihm her. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie mich als wichtig genug erachtet haben, um Meuchelmörder auf mich zu hetzen. Später tauchte Viraya auf und mit ihr wieder Gefahren. Ich weiss bis heute nicht, ob sie mich beschützt oder irgendwann meine Kehle durchschneiden wird. Dennoch würde ich sie als Freundin bezeichnen. Seltsam, nicht?"

    Sie legte ihre Hände auf den Bauch und spürte, wie das Leben in ihr strampelte. Ein feines Lächeln legte sich auf ihre Lippen und gleichzeitig fragte sie sich, ob es nicht zu grausam war ein Kind in diese Welt zu setzen. Ein Kind, dem bereits vor der Geburt nachgesagt wurde, dass es den Untergang der Welt bedeuten würde.

    "Glaubst du an Vorherbestimmung? Können Träume die Zukunft weisen?"


    Fragte sie, als sie am Horizont bereits die Küste Argaans auszumachen glaubte. Waren sie wirklich bald da? Bedeutete Setarrif Sicherheit? So viele Fragen und kaum Antworten darauf.

  18. Beiträge anzeigen #18
    Veteran Avatar von Viraya
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    Viraya ist offline
    Der Koch hatte Einsicht gezeigt, dennoch behielt ihn die Schwarzmagierin von jenem Zwischenfall weg in den Augen. Er war ihr nicht geheuer. Aber vielleicht hatte sie einfach zu viel gesehen in den vergangenen neun Monaten. Zu viel Schrecken, zu viel Leid. Sie war gescheitert. Die Erkenntnis war allgegenwärtig, doch langsam wendete sie sich. Es war nicht alles ihre Schuld. Im Gegenteil sie hatte es ihr Leben lang nicht besser gewusst und jetzt ging es darum einigen Menschen einige unangenehme Fragen zu stellen, doch erst musste Redsonjas Kind überleben.

    Mit diesen und einigen anderen Gedanken stand sie an den Mast gelehnt und blickte dem nahenden Ufer entgegen. Steile Klippen, wilde See direkt vor Setarrif.
    Geändert von Viraya (04.11.2011 um 18:59 Uhr)

  19. Beiträge anzeigen #19
    General Avatar von Yared
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    Nördlicher Dunkelwald, Feshyr

    Immer dann, wenn man gerade dabei war, etwas zu tun, - aufgehört hatte nur darüber nachzudenken oder darüber zu sprechen, es zu tun - kam das Schicksal und warf einem Steine in den Weg. Das glaubte Yared zumindest allmählich. Arvideon hätte natürlich gesagt, dass das alles System hatte, aber der Kapitän hatte das bislang nicht bestätigen können. Manchmal waren diese Steine auch mehr wie ein Wind, wie die heftige Brise, die vom Meer her kam und gen Südwesten durch den Dunkelwald fegte. Die Kälte biss ihn in die laufende Nase.
    Es hatte in der vergangenen Nacht das erste Mal in diesem Jahr Bodenfrost auf der Insel gegeben, wie Yared von einem der Bauern aus dem Dorf im Vorbeigehen erfahren hatte. Über Nacht war der Herbst auf Feshyr angekommen. Blätter färbten sich gelb, rot und braun. Bei jedem Schritt wurde der Kapitän vom Rascheln zertretenen Laubs und dem schmatzen von Matsch unter seinen Sohlen begleitet, während der Wind kahle Baumkronen ächzend schwanken ließ und am Boden die herunter gewehten Blätter gen Dorf durch die Baumreihen jagte. Einzig die Sonne schien hin und wieder fahl aber warm durch das lichter werdende Blätterdach und die von Tag zu Tag unmerklich dichter werdende graue Wolkenschicht und vermochte den stürmischen vergänglichen Eindruck des Dunkelwaldes und dessen normale Düsternis zu durchbrechen.
    Doch es war nur eine Frage der Zeit bis der Wolkenteppich Tage- und Wochenlang nicht mehr aufreißen würde, bereit den Forst nachts mit gänzlicher sternenloser Finsternis zu überziehen. Und wie Niesel- und Platzregen waren auch Krankheiten jederzeit bereit über das eigene Haupt hereinzubrechen.

    Endlich hatte Yared die Grippe überwunden, die ihn seit einem guten Dutzend Tagen an seine Koje gefesselt hatte und er konnte die Verfolgung seines ursprünglichen Ziels, einem Besuch bei Lyrca, wieder aufnehmen, auch wenn er nicht wirklich wusste, ob er das wollte, ob er herausfinden wollte, was er insgeheim schon zu wissen glaubte. Der Kapitän hatte es lange herausgezögert, nun konnte er nicht mehr anders.
    Ihre Hütte lag weit im Norden der Insel, dort wo der Dunkelwald an das bergige Rückgrat des Eilandes stieß, vom Dorf an der Bucht gut eine viertel Tagesreise entfernt und auch wenn der Kapitän ein strammes Tempo an den Tag legte, war doch mindestens eine halbe Wache vergangen, bis er schließlich die Hütte unter dem alten Baum am Rande einer schmalen Schlucht, durch die ein kleiner Bach rauschte, fand. Auf einer Lichtung vor dem hölzernen Hexenhäuschen hatte die alte blinde Seherin einen Gemüsegarten angelegt, auf dem zur Zeit große orange Kürbisse der letzten Ernte vor dem Winter harrten.
    In der Tristesse des hereinbrechenden Winters mit seinem nasskalten Wetter und den üblichen lebensgefährlichen Unannehmlichkeiten schien dieser Ort am Randes des Gebirgsrückens mehr von Vergänglichkeit berührt, als der Rest des scheinbar stoisch ausharrenden Waldes. Hier ging etwas zu Ende, auch wenn Yared nicht wusste, ob es nur der jährliche Naturkreislauf war oder ob sich hinter der nächsten Weggabelung vielleicht ein grausames, auf jeden Fall endgültiges Schicksal bereit hielt, sich auf ihn zu stürzen.

    Allein stieg er die wenigen morsch anmutenden, hölzernen Stufen hinauf, allein klopfte er an die Tür der Hütte und allein trat er ein, nachdem von drinnen keine Einladung dazu erklungen war.
    Der schmale Bau aus mehr schlecht als recht und recht schief zusammengezimmerten und mit eine großen Baum verwachsenen Wänden hatte nur zwei Zimmer, die durch eine Türöffnung mit Vorhang abgetrennt waren. Die Luft war angefüllt mit Wasserdampf, der geschwängert war vom Geruch nach Großmutters Hühnersuppe und einen Kessel auf einer gemauerten Feuerstelle seine Quelle nennen konnte. Die blinde Frau stand darüber gebeugt und rührte irgendeine Kräutermischung unter den Sud, dessen Anreicherung um einige ätherische Öle mehr dem Kapitän kräftig Wasser in die Augen schießen ließ.
    Der Schiffsbauer kniff die tränenden Augen zusammen und schloss die Tür hinter sich. Immerhin die Luft befreite seine in den letzten Tagen arg strapazierten Atemwege.
    "Das hat aber lange gedauert mein Junge, hä?"

    "Bewahret, Lyrca. Ihr habt vorhergesehen, dass ich euch aufsuchen würde?"
    Diese Frau schien mächtiger zu sein als er es bei ihrer letzten Begegnung gedacht hatte.
    Sie lachte krächzend und etwas heißer.
    "Nicht so, wie du denkst, Círdan, auch wenn das durchaus im Rahmen des Möglichen ist. Ich war vor Wochen im Dorf und habe deinen Kahn in der Bucht gesehen."
    Yared musst über seine eigene Naivität breit grinsen. Jeder der ihn und die seinen etwas kannte und bemerkte, dass das Schliff Wochenlang vor der Küste lag, ohne dass sie großartig Geschäfte und Verhandlungen mit den ansässigen Händlern, Bauern oder vereinzelten Handwerkern vorantrieben oder mit Reparaturen beschäftigt waren, konnte darauf schließen, dass sie wegen anderer Angelegenheiten hier hergekommen waren, wie beispielsweise die alte Hexe im Dunkelwald zu besuchen.
    "Was führt dich zu mir, Käpt'n, hä?"
    Besagte Hexe wandte sich zum Tisch und goss sich heißes Gebräu aus der dort stehenden Teekanne in einen irdenen Becher, der am Rand nicht wenige Sprünge aufwies.
    "Nun, es geht um Angelegenheiten der Ratte ..."
    Aufgebracht fuhr sie herum und starrte ihn mit ihren milchig weißen leeren Augen an.
    "Wie kannst er es wagen!? Ich habe es ihm doch schon beim letzte Mal gesagt, dass ein für allemal ..."
    Der Kapitän war unmerklich etwas zusammengefahren, aber er hielt ihrem Zorn stand.
    "Ich bin nicht hier, um Euch in seinem Namen etwas aufzutragen, Lyrca. Ich bin in eigener Sache unterwegs und ich erbitte Euren Rat."

  20. Beiträge anzeigen #20
    General Avatar von Yared
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Lyrcas Hütte, Dunkelwald, Feshyr

    "... Ich hatte gehofft Ihr könntet mir sagen, wie viel davon wahr ist.", endete Yared, nachdem er Lyrca vom Inhalt der Abschrift aus Setarrif berichtet hatte.
    Die blinde Frau hatte aufmerksam zugehört und nur wenige Nachfragen gestellt. Jetzt nickte sie bedächtig.
    "Wahrscheinlich mehr oder weniger alles, junger Círdan, auch wenn ich mir sicher bin, dass die Geschichte übertrieben geschwollen verfasst war, mit einer Pathosschicht, die so dick war wie eure schwieligen Schiffsbauerhände. Wer, sagtest du, hat sie dir ausgehändigt?"
    "Ein Freund."
    Der Kapitän hielt das absichtlich knapp, Arvideon hätte es bestimmt nicht anders gemacht.
    "So so. Und du willst jetzt wissen, was du dagegen tun kannst, dass die Ratte deine Lebenskraft für sich entwendet, hä?"
    Der Schiffbauer nickte.
    "Ich sehe keinen Ausweg, ohne dass ich dem schaden muss, dem ich die Treue geschworen ..."
    "Es gibt keinen.", unterbrach in Lyrca. Die Hexe lächelte süffisant. "Es gibt keinen, Círdan. Du bist schlau genug, um jede Möglichkeit zu kennen, die sich dir bietet, dennoch bist du zu feige, dich zu entscheiden. Du betrügst dich selbst mit der Hoffnung es gäbe einen Ausweg."
    Yared wurde rot im Gesicht, rot vor Zorn, vor Scham. Es war, wie ein kräftiger Schlag ins Gesicht - die Wahrheit in den Worten der Seherin.
    Ohne ein weiteres Wort verließ er die Hütte der Hexe, die Augen starr, die Gedanken nach innen gekehrt. Dort aber sah er nichts als gähnende schwarze Leere.

    Als Yared Lyrcas Hütte verließ empfingen in dicke Nebelschwaden, die sich zwischen den Stämmen und Ästen der Bäume verfangen zu haben schienen. Nur unmerklich schimmerte das Mondlicht vom verschleierten Nachthimmel herab durch das dichte Grau, als sich der Kapitän auf den Weg zu seinem Schiff machte.
    Es gab keinen Ausweg und das war verdammt nochmal nicht seine Schuld. Die Ratte hatte diesen Weg gewählt, der ihn vor die Wahl stellte. Entweder ging er drauf oder die Ratte. Entweder ließ er sich aussaugen, wie eine Schildkröte vom Strandglibber oder er setzte dem allen ein für alle Mal ein Ende.

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