[Lopadas]

Entgegen seiner Pläne musste der Tempelvorsteher sich den heutigen Tag mit Verwaltungsdingen beschäftigen, die immer wieder ein nötiges Übel waren. Für Papierkram dieser Art hatte er eigentlich keine Muße, wo ihm doch immer wieder seine Studien durch den Kopf gingen. Da der angebrochene Tag keine ordentliche Ergebnisse hätte mehr zu Tage führen können, hatte sich der Priester auf einen langen Rundgang begeben, um alle möglichen Bereiche des Viertels genaustens unter die Lupe zu nehmen. In den letzten Tagen hatte er durch seine Studien die Arbeit als Vorsteher wohl etwas schleifen lassen, denn einige Novizen hatten wohl nicht damit gerechnet, dass er auch noch ab und an die Ordnung überprüfte. Niederrängige dieser Art musste wohl noch viele Jahrzehnte auf eine Berufung durch Innos warten, solang bis sie die Lehren Innos' und auch eine gewisse Weisheit in ihr Handeln und Denken übernommen haben. Bisdahin gehörte es auch zu seinen Aufgaben sich um Faulpelze zu kümmern.
Im Gegensatz zu seinem sonstigen Studienalltag war dieser Rundgang auch für seinen Körper anstrengend. Seine Beine und Füße taten weh und wollten nur noch eines - sich ausruhen. Dennoch wurmte ihn, neben seinen Studien, noch eine andere Sache. Einige Stimmen wurden ab und an laut, die verkündeten, dass der Orden trotz seiner großen Präsenz durch das Tempelviertel, kaum in der Stadt unter den Leuten zu sehen war. Es wurde wohl auch mal wieder Zeit das allgemeine Stimmungsbild gegenüber den geistlichen Mitgliedern Innos in der Stadt einzufangen. Da sein Tag schon fast ausschließlich aus Kontrollgängen bestand, entschied sich Lopadas in die Marktschänke zu gehen. Eine Taverne, wie er erfahren hatte, in der sich abends wohl die meiste Kundschaft befand. So verlor er keine Zeit und brachte seine geschädeten Füße auf einen letzten langen Gang.
Die Taverne unterschied sich nicht viel von anderen. Und auch jetzt wurde ihm wieder schmerzlich bewusst, warum er normalerweise solche Orte mied. Hier waren einfach zu viele Leute. Nirgends war ein Platz frei, an dem er hätte allein sitzen können. Aber um sich ein Bild vom Orden zu verschaffen, wäre es sicherlich auch nicht hilfreich irgendwo allein zu sitzen. Er musste mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen. Da alle Augen für eine gewisse Zeit auf ihn gerichtet waren, alsob die Leute noch nie einen Mann in Robe gesehen hätte, suchte er sich schnell einen Platz. Er setzte sich neben einen jungen, gesund aussehenden Mann. Eher eine Seltenheit in einer solchen Hafenstadt wie Thorniara.
"Innos zum Gruße. Ich hoffe, dass der Platz hier für niemanden reserviert ist."

[Rodeon]

Warum kommen eigentlich alle vom Festland?, überlegte ein sichtlich überraschter Paladin. Scheinen ja alle Ulrich zu kennen und mal Rebell gespielt zu haben. Die Welt ist auch klein.
„Ich brauche nur keine Schmiede“, gab Rod zu erkennen, „sondern Kämpfer, die bereit sind für das Gute zu kämpfen und notfalls zu sterben. Was stellst du dir denn vor, worauf du dich einlässt. Rein theoretisch, wenn ich dich nehmen würde. Was für eine Rolle würde wohl dir zukommen? Du musst dir ja irgendwas zutrauen, sonst wärst du nicht bei mir.“

[Lodrick]

Und in der Tat traute der Schmied sich etwas zu.

"Ich weiß, dass ich in der Lage bin Recht von Unrecht zu unterscheiden. Ich weiß, dass das höchste Gut Innos´ Wort ist und ich bereit es mit meine Kampfkraft dafür zu geben. Ich will in der Schlacht gegen die Feinde des Reiches und unseres Herrn in der ersten Reihe stehen und meine Klinge auf sie niederfahren lassen, auf das die Welt frei von den Einflüssen der Dunkelheit werde. Meine Fertigkeiten am Schwert will ich weitergeben, auf das sie für selbiges genutzt werden. Ich bin bereit, mehr zu tun als Wache schieben und die Miliz auszurüsten. Ich bin bereit, mein Leben wahrhaftig Innos zu widmen."

[Avik]

"Er war reserviert, der Platz, doch jetzt nicht mehr! Nehmt ruhig Platz.", Avik lächelte etwas beschämt, Lodrick hatte ihn eiskalt sitzen gelassen, doch verwunderlich war es nicht, ging es doch um seine Karriere und sicher war es auch Lodrick`s sehnlichster Wunsch eines Tages ein Ordensmitglied zu sein und so verzieh er ihm dieses abrupte Ende ihres gemeinsamen Abends.

Und nun stand also ein Magier vor ihm, unverkennbar in seiner roten eindrucksvollen Robe, er setzte sich neben ihn und der junge Knappe ließ ihn dabei nicht aus den Augen: "Warum wird mir die besondere Ehre zuteil, euch Prior, an meinen Tisch setzten zu sehen?", ja er kannte diesen wichtigen Magier des Tempelviertels, er hatte die Messe gelesen, seine erste Predigt, an welcher er teilgenommen hatte und er wusste auch, dass es sich um den Aufseher dieses Viertels in Thorniara des Ordens handelte.

Er schien noch nicht allzu alt zu sein, einen Vorsteher, streng und weise, hätte er sich älter vorgestellt, und damals im großen Tempel am Tempelberg hatte er auch gedacht, dass der Prior wesentlich älter war, doch anscheinend hatten die schlauen Worte und die Entfernung ihn getäuscht, er war keinesfalls so alt.

"Verzeiht meine Unhöflichkeit, ich bin Avik, ehemaliger Milizsoldat, Edelknecht und Knappe von Sir Hiroga, Ritter des Ordens und euch zu diensten, Herr Magier", meinte er dann.

[Rodeon]

„Na, du hast auf jeden Fall ’ne hohe Meinung von dir“, musste Rod anerkennen. „Dennoch frag ich mich, was hinter den Worten wirklich steckt. Ich sag dir eins, ich such Leute mit Hirn. Leute auf die ich nachher stolz sein kann und für die ich mich nicht schämen muss. Und ich frag mich grad, was ich von dir zu erwarten hab. Ich sag dir was, ich komm demnächst mal vorbei und schau mir an, was du so als Kämpfer und Lehrer taugst. Und dann setzen wir unser Gespräch fort. Vielleicht weiß ich dann auch selber, was ich mit dir anfangen kann. Reicht dir das?“

[Lodrick]

"Mehr verlange ich gar nicht. Mein Anliegen war einzig und alleine eine Chance. Diese werde ich bekommen, dass genügt mir. Und für eben diese möchte ich euch Danken, Sir Rodeon."

Lodrick kam sich etwas komisch vor. Noch nie musste er sich selbs so lobpreisen und ebenso hoffte der junge Mann, dass er es nie wieder tun müsse.

[Rodeon]

„Ach, und hör mit den Sirs auf“, fügte er noch hinzu. „Geht mir gehörig auf den Wecker, dieses ganze Getue mit Sir hier, Sir da und sie hier, sie da. Nenn mich doch bitte Rod, das ist doch viel umgänglicher. Davon profitieren wir doch alle.“
Dass er das neuerdings jedem sagen musste. Vielleicht sollte er ein Schild mit sich rumtragen, das das für ihn erledigte.

[Lopadas]

"Wie ich sehe, bist du besser informiert, als ich es erwartet hätte...Avik, richtig?", sagte Lopadas freundlich und winkte die Bedienung heran.
"Euren besten roten Wein. Wenn ihr habt, Klosterwein aus Drakia oder vom Festland.", bestellte er in der Hoffnung, dass es hier etwas vergleichbares wie den guten Klosterwein aus Khorinis gab.
"Es kennen mich wohl nur wenige in dieser Stadt.", fuhr der Priester fort, "Aber wer soll es ihnen auch verdenken, sooft bin ich nicht außerhalb der Tempelmauern. Es gibt immer viel zu tun.
Interessant finde ich aber, dass ich mich scheinbar an den richtigen Tisch gesetzt habe, um einen guten Gesprächspartner zu erwischen. Du bist also der Knappe eines Ritters und somit auch schon gewissermaßen ein Teil des Paladinordens, wenn ich eure Ordnung richtig einschätze. Nicht vielen jungen Männern wird diese große Ehre zu teil. Wenn ich fragen darf, was hat dich in den Orden geführt. Die Beweggründe der Menschen interessieren mich sehr. Auch unsere Anwärter für ein Leben im Tempelviertel frage ich immer danach."
Noch bevor Avik seine Stimme erheben konnte, stand die Bedienung wieder am Tisch und stellte eine Karaffe mit rotem Wein und einen Becher vor den Schriftgelehrten. "Wie unhöflich von mir. Bring uns bitte noch einen zweiten Becher. Er möchte vielleicht auch einen Schluck genießen."

[Rorik]

Klonk...Klonk...Klonk!

Mit einem gleichbleibendem eintönigen Klopfen, kündigte sich erneut die Kerkerwache Thorniaras an, die auf ihrer Runde abermals an Roriks Zelle vorbeikam.

Klonk...Klonk...Klonk!

Und immernoch hämmerte die Wache mit ihrem Schwertknauf, im vorbeigehen, auf die Gitterstäbe der Zellentüren.
Bei Jeder ertönte wieder dieser Laut, monoton und zermürbend.

Klonk...Klonk...Klonk!

Endlich blieben die Geräusche der Schritte aus und Rorik blickte auf. Die Wache stand direkt vor seiner Zelle und starrte ihn an.
Klonk...!

Klonk...!

Klonk...!

Sehr behutsam und nahezu feinfühlig, liess er den Knauf über das Zellengitter schlagen, ohne Rorik dabei aus den Augen zu verlieren.
,,Du bist neu hier, was ?", fragte der Innosgläubige mit seiner schräg anmutetenden Stimme, wobei das Gelbe seiner Zähne im Fackelschein durchblitzte.
Rorik wandte sich ab und richtete seinen Blick wieder der gewohnten Wand zu, ohne der Wache zu antworten.
,,Pah! Keine Sorge, Brutus wird dir schon noch Manieren beibringen.", der Wächter lachte schallend und setzte danach seinen Weg fort.

Klonk...Klonk...Klonk!

[Avik]

Avik lächelte und nickte dankend, kostete den schmackhaften Wein und antwortete dann: "Nun, ich bin ein Anwärter des Ordens, leider noch kein Mitglied und meine Beweggründe sind sehr simpel, ich möchte Innos und dem König mehr dienen, als es in der Miliz ginge. Natürlich will ich auch einfach in der Hierarchie aufsteigen und mehr lernen, doch ohne hier bescheiden wirken zu wollen, geht es mir wirklich um den Glauben, ihn zu verteidigen. Ich glaube", er lachte kurz auf: "Hiroga erzieht mich zu drastisch, ihr müsst wissen, ich besuche noch nicht lange die Predigten im Tempel und so weiter. Erst durch Hiroga habe ich begonnen in diese Richtung zu Denken und zu glauben, doch irgendwie kann ich nicht mehr ohne, es füllt mich aus. Ich habe Hiroga kennen gelernt und er hat mir genau das ermöglicht, eine Lehre als Knappe, eine Dienerschaft um an das heran zu kommen, was ich will, ein Diener und Streiter Innos werden", er machte eine Pause, er hatte viel erzäht, was er selten jemanden anvertraute, irgendwie schämte er sich ein wenig für seinen irren Eifer an Glauben für Innos, wieso, wusste er auch nicht, vielleicht weil all seine Freunde, außer Lodrick, gegen Innos waren, gegen den König und seinen Krieg, irgendwie...

"Und gut informiert fühle ich mich eigentlich nicht. Ich kenne euch lediglich aus dem Tempel, der Freitagspredigt vor ein paar Wochen oder einem Monat", fügte er noch hinzu und lächelte, dann schon er noch eine Frage hinter her die ihm sehr spontan kam: "Ich hörte, dass ihr eine große Bibliothek in eurem Tempelviertel euer eigen nennt, mit vielen Schriften über Innos und den Glauben... dürfen dort nur angehörige des Ordens der Magier hinein?"

[Lopadas]

"Deine Beweggründe mögen dir simpel erscheinen, aber ich denke nicht, dass sie es sind. Jemanden gegenüber zu sagen, dass alle Taten im Namen Innos' und des Königs geschehen, ist eine Sache. Wichtig ist, dass du nicht nur davon sprichst, sondern auch so handelst, so fühlst und so glaubst. Schwätzer gibt es viele auf dieser Welt, aber nur ein kleiner Teil geht über das allgemeine Gerede hinaus und sucht nach der wahren Ordnung der Welt. Auch dass der Ritter Hiroga dich an die Hand nimmt und geleitet, ist wichtig, aber erkenne, dass am Ende dein Glaube zählt. Als Knappe hast du selbstverständlich Gehorsam gegenüber deinem Herren geschworen, aber das heißt noch lange nicht, dass du ihm alles nachreden musst. Dein Herz und dein Geist müssen vom Licht und der Wärme Innos' erfüllt sein, dann bist du sicher auf dem rechten Weg dir deinen Platz im Orden zu sichern."
Vorsichtig nahm der Schriftgelehrte einen Schluck des Weines und ließ diesen über seine Zunge rollen und rutschen. Er war definitiv kein Klosterwein, aber sicher hatten sie ihm nicht den schlechtesten gebracht, den sie auf Lager hatten. Am Ende war dies auch nur die Marktschänke.
"Als angehendes Mitglied des Ordens kannst du gern in unserer Bibliothek vorbeischauen.", sagte Lopadas, "Dort findest du eine Fülle an Glaubensschriften. Soviele, wie es verschiedene Meinungen geben kann. Genau wie dein Herr können sie dich an die Hand nehmen, aber keineswegs dein Denken und Fühlen übernehmen. Die wahren Botschaften Innos' entstehen nicht in einem staubigen Kämmerchen, sondern zwischen den Menschen und in deren Herzen. Du musst dafür gar nicht in die Bibliothek kommen. Gehe einfach durch die Straßen des Tempelviertels und öffne deinen Geist für die Spiritualität dieses Ortes. Überall kannst du die Präsenz unseres Gottes spüren. Ein solches Gefühl können keine Texte der Welt ersetzen."

[Avik]

Warum nur alle versuchten ihm Hiroga auszureden, gestern schon Rodeon machte so manch Andeutung, dass es nicht nur seinen Ritter ankam und nun der Prior, war es einfach ein Zufall, meinten sie es nur gut mit ihm, meinten er sollte sich nicht unterkriegen lassen, als Knappe, oder kannten sie Hiroga vielleicht besser, beziehungsweise hatten sie etwas gegen ihn und seine Auffassungen? Er getraute sich nicht zu fragen und schloss für sich insgeheim, dass es wohl ein Zufall war, nicht mehr. Hiroga war sein Mentor und er konnte nicht glauben, dass ihn jemand nicht mochte, ausgeschlossen die Milizen, welche er zu Disziplin beordert hatte und sie angeschnauzt hatte, weil sie sich nicht wie Milizen aufgeführt hatten...

"Gut, ich werde sicher einmal vorbei schauen und auch eure anderen Ratschläge wahrzunehmen!", antwortete Avik lächelnd und verkniff sich ein Gähnen, er schaute unauffällig aus dem Fenster. Es schien nicht mehr zu regnen, vielleicht seine Chance trocken in der Bastion anzukommen...

"Ehrenwürdiger Prior, würden sie mich entschuldigen, es ist spät und ich will Morgen früh aufstehen und mich um meine Angelegenheiten kümmern. Ich hoffe ich lasse sie hier nicht einfach so sitzen, mit ihrem Wein. Übrigens, vielen Dank für die Kostprobe...", er stand auf und nickte ein: "Für Innos, für den König. Ich wünsche noch einen schönen Aufenthalt in der besten Taverne von Argaan!"

[Lopadas]

Nachdem sich der Knappe verabschiedet hatte, saß der Schriftgelehrte nun allein am Tisch. Ein richtiges Meinungsbild über den Orden hatte er sich nicht einholen können, da Avik als angehender Teil des Ordens selbstverständlich freiwillig bereit war für die Gemeinschaft und Innos' zu stehen. Während er am Rest des Weines trank, schaute er sich in der Taverne um. Hier versammelten sich scheinbar nicht die, denen es in der Stadt am schlechtesten ging. Wahrscheinlich hielten die Preise die arme Bevölkerung draußen. Aber trotz dieser Kundschaft hatte er keinen Ehrgeiz mehr sich an einen anderen Tisch zu setzen, um dort ein weiteres Gespräch zu führen. Die Abweichungen zu seinem sonstigen Alltag hatten ihn heute stark zu gesetzt. Er wunderte sich über sich selbst, dass er es überhaupt noch in die Taverne gewagt hatte.
Mit einem letzten Schluck leerte Lopadas den Becher und legte ein paar Goldmünzen neben den Wein. Er bezahlte, was ihm dieses Tropfen wert war. Mit Geld hatte er noch nie um sich geworfen und wollte auch als Priester nicht damit anfangen. Wenn dem Wirt die Bezahlung nicht zu sagte, dann sollte jener ins Tempelviertel kommen. Jeder dort kannte den Schriftgelehrten. Aber Lopadas war sich sicher, dass es keine Probleme geben würde.
Der Weg durch die nächtlichen Straßen Thorniaras gefiel ihm allerdings weniger. Er wusste aus Erfahrung, dass Hafenstädte immer wieder ein Ort der Taschendiebe oder anderer dunkler Gesellen waren. Bisher hatte er aber auch keine anderen Erfahrungen machen können, da er sich größtenteils immer in Hafenstädten aufgehalten hatte. Deswegen beschleunigte er seine Schritte und versuchte seine Füße ein letztes Mal für heute zu motivieren, sich zu bewegen. Sie ächzten unter dem Schritt, doch der Geist siegte über den Körper, sodass Lopadas wohlbehalten im Tempelviertel ankam. Tief durchatmend ging er in Richtung Tempelgebäude, um seinem Körper eine gesunde Dosis Schlaf zu kommen zu lassen.

[Kerdric]

Hier war also die Waffenschmiede der Bastion. Bisher hatte Kerdric sie noch nie aufgesucht, sondern sich direkt in der Waffenkammer versorgt, aber man musste ja auch seine guten Kontakte zum Schmied der Stadtwache nutzen. Ohne zu klopfen – wenn dort drin gearbeitet wurde, wäre das sowieso nicht zu hören – trat der Milizsoldat ein und machte rasch Lodrick ausfindig, der auf irgendetwas herumhämmerte.
Dauert hoffentlich nicht zu lange, dachte Kerdric, dem natürlich klar war, dass man beim Schmieden nicht Pause machen konnte, wann es einem beliebte, wenn zum Beispiel das Metall sonst zu kalt wurde. Schließlich jedoch wandte sich sein Ausbilder zu ihm um und grüßte ihn.
»Für den König«, erwiderte der Milizsoldat und kam gleich zur Sache. »Du hast dann nicht zufällig Zeit für etwas Training, oder? Und wenn nicht, hätte ich trotzdem eine Sache … Wir haben ja schon über ein neues Schwert gesprochen, und ich denke, ich würde mir wirklich eins von dir machen lassen, wenn es irgendwie geht. Ein einfaches Breitschwert oder so, das eben länger ist als das Kurzschwert, das sie mir damals als Waffenknecht gegeben haben. Das ist zwar ganz gut, aber eben kurz. Geht das? Mein altes Schwert kann dann natürlich zurück an die Waffenkammer, und ich habe wohl auch genug Gold übrig, um das Ding zu bezahlen … soll ja nicht aus magischem Erz sein, das überlassen wir lieber den Paladinen.«
Er grinste. »Wo ich schon bei dem Erz bin, kannst du daraus eigentlich auch Waffen machen? Nur aus Interesse.«

[Calan]

Die letzten Wochen schien sich die Zeit wirklich zu einem eigentümlichen Wesen zu entwickeln. Mal rannte es, stürmte voraus, sodass man sich wundern musste, wohin all die Tage verschwunden waren; mal blieb sie fast stehen, verging gähnend langsam, als ob sie zu schlafen schien. Und ein anderes Mal, glücklicherweise, verlief sie fast in geordneten Bahnen, rieselte langsam wie es die Sanduhr vorsieht. Eine Zeit zum Durchatmen, zum Nachdenken. Nachgedacht hatte er viel, über Rodeons Vorschlag. Er hatte keine Familie oder enge Vertraute, mit denen er sich hätte beraten können. Er hatte nur sich und sein eigenes Bewusstsein. Mal war er sich sicher, dass es das richtige für ihn wäre, mal hielt er es für Anmaßung nur daran zu denken. Warum sollte ausgerechnet er, ein armer Karawanserjunge aus Varant, für eine solch ehrenvolle Aufgabe auserwählt werden? Dennoch – es war eine Chance, die man nicht einfach verschleudern konnte.

So war er auch nicht ganz bei der Sache, als er Ravenne ihre – hoffentlich – letzte Lektion mitgab. Das zielgenaue Werfen eines Speeres. Im Grunde unterschied es sich nicht weiter von dem, was sie schon gelernt hatte – bis auf die Präzision. Wer einen Speer auf drei Schritt genau werfen konnte, musste nicht unbedingt auch einen auf zehn Schritt werfen können. Die Entfernung einzuschätzen, die eigene Kraft, den Stand, den Wind – all das gehörte dazu und war essentiell für das Speerwerfen. Wer das alles nicht in sein Blut übergehen ließ, der konnte bestenfalls auf Glückstreffer hoffen. Aus diesem Grund hatte Calan gleich mehrere Zielscheiben angeordnet. Alle in eine andere Richtung, alle in verschiedenen Entfernungen. Es war eine Heidenarbeit gewesen, sie so anzuordnen, doch es hatte sich – so hoffte er – gelohnt. Abwechselnd sollte sie auf die verschiedenen Zielscheiben werfen, wofür er gleich einige Wurfspeere organisiert hatte. Immer Fünf mal konnte Ravenne werfen, ehe sie die Speere wieder einsammeln musste.

Doch ehe Ravenne ankam, wollte Calan noch eine andere Sache erledigen. Er hatte seinen Entschluss gefasst. Er war bereit für den Weg, den ihm Rodeon angeboten hatte. Mit eiligen Schritten und pochendem Herz betrat der Varanter das innere der Bastion, durchschritt die steinernen Gänge und blieb schließlich vor einer Tür stehen. Eben jene, hinter der der Paladin ihn schon das letzte Mal empfangen hatte. Er hob die Hand, klopfte und drückte vorsichtig die Klinke nach unten.
„Sir Rodeon?“ fragte er, nachdem die Türe geöffnet war. „Ich wollte nur Bescheid sagen – ich habe meinen Entschluss gefasst. Ich – bin bereit, wenn du es erlaubst. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es richtig ist, diesen Weg zu beschreiten.“

[Lodrick]

Es war seltsam für den jungen Mann, dass ein Paladin ihm das das Du anbot. Seit jeher hatte er jedes der Ordensmitglieder mit Sir angesprochen. Meistens war fühlten sie sich dann noch besser und sahen von noch weiter oben auf einen selbst herab.

Die Hämmer waren schon so gut wie fertig. Lodrick verpasste einem von ihnen noch den letzten Schliff bevor er ihn härtete und wollte sich dann aufmachen um seinen Schüler zu suchen.
Doch dieser kam ihm zuvor und trat in die Schmiede ein.

"Ich denke es wird sich einrichten lassen die eine Klinge zu schmieden, die etwas hochwertiger ist als jene, die in der Waffenkammer liegen. Und Nein. Ich bin nicht in die Geheimnisse des Schmieden von magischem Erz eingeweiht worden. Doch ich kenne einen wahren Meister der Schmiedekunst, der sich damit auskennt. Ich wollte mich dann eh auf den Weg machen um dich zu Suchen. Ich schätze du wirst noch etwas mit dem Speerkämper geübt haben?"

[Rodeon]

„Na dann ist ja alles klar“, bemerkte Rod und klopfte dem Milizsoldaten auf die Schulter. „Wir werden uns nach Nordmar begeben, dort wird die Aufnahme in den Orden der Paladine stattfinden. Wann wir aufbrechen kann ich dir jetzt nicht sagen, es wird innerhalb der nächsten Wochen passieren. Also, ich geb dir den Rat die Stadt erstmal nicht zu verlassen, wenn es soweit ist wird alles ganz schnell gehen und wir wollen ja nicht, dass wir ohne dich aufbrechen müssen.“
Beim letzten Teil zwinkerte er Calan zu. Hoffentlich hatte er das auch als Zuzwinkern verstanden, irgendwie war der Versuch ziemlich verunglückt, wie Rod im Nachhinein beurteilte. Aber letztendlich war es ihm auch egal.
„Hast du sonst noch Fragen?“, wollte er von Calan wissen. „Jetzt ist die Gelegenheit.“

[Calan]

Fragen? O ja, die hatte er, aber wie immer in solchen Gelegenheiten fiel es ihm schwer, diese in Worte zu fassen und ihrer habhaft zu werden. „Tja…“ machte Calan, während es in seinem Kopf rotierte. Das war es also – so einfach war es schlussendlich gewesen, er war dabei – zumindest fast, wie er es verstanden hatte.
„Naja, was sind meine Aufgaben? Ich weiß schon, Innos dienen, rechtschaffen handeln und so – aber das ist nun ja nicht sehr präzise. Werde ich den Paladinen dienen müssen? Wie hab ich mir das vorzustellen? Muss ich weiterhin patrouillieren, mit der Stadtwache, oder habe ich neue Aufgaben? Es ist mir fast peinlich, dass alles zu fragen…“
Schließlich wusste er kaum, was ihn erwartete. Wo genau würde er sich wiederfinden? Über all das wusste er nichts genaues, nur Schemen, denen die Konturen der Wahrheit völlig fehlten.

[Rodeon]

„Über deine Aufgaben wird zu gegebener Zeit geredet“, konnte er nur als Antwort geben. „Ich kann dir jetzt noch gar nicht sagen, was du nachher tun wirst um Innos, Reich und dem König zu dienen. Da gibt es genug Möglichkeiten. Zum Beispiel steht es dir frei, dir einen Ritter oder Paladin zu suchen, dem du als Knappe dienen kannst. Dieser wird dich auf deinem Weg als Ordensmann begleiten, wenn du es so wünscht. Der Rest wird sich früh genug klären, mehr kann ich dir im Moment nicht versprechen. Lange wird es nicht mehr dauern.“

[Kerdric]

Kerdric nickte zu all dem. Nun gut, die wenigsten Schmiede waren in der Lage, magisches Erz zu bearbeiten, aber das hieß noch lange nicht, dass sie schlechte Arbeit leisteten. So würde er auch auf das vertrauen, was Lodrick herstellen würde, schließlich war der sicher auch nicht durch Zufall in dieser Schmiede gelandet.
»Ja, ich habe weiter geübt«, sagte er dann, während er mit seinem Ausbilder hinausging, um den Übungsplatz aufzusuchen. »Ich komme inzwischen auch besser zurecht, sowohl mit dem Schild als auch mit dem Schwert, aber nun ja. Länger ist seine Waffe trotzdem. Und allein ist er wahrscheinlich sogar verwundbarer als in einer Formation, so eine Gruppe Schwertkämpfer hätte also wohl einige Probleme, wenn sie einen Speerwall durchbrechen soll. Aber wenn man eng zusammengedrängt auf irgendeiner Mauer kämpft, behindert einen ein so langer Spieß nur … kommt also immer auf die Situation an, wie gut man kämpfen kann. Was machen wir jetzt?«