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Gemeinsam mit der Wassermagierin Aniron stand sie nun an ihrem Übungsplatz, etwas abseits des städtischem Treiben. Die Sonne schien noch, wurde allerdings von einigen Wolken überdeckt. Der Regen hatte wieder aufgehört und ein seichter Wind strich der Magierin durch die Haare.
Sie nahm nun den Stab der Hebamme entgegen und bekam erneut die Aufgabe ihn zunächst in einem einfachen Bogen hin und her zu schwingen und wenn sie sich daran gewohnt hatte auch einmal mittig anzufassen. So packte Lucia den hölzernen Stab erneut, stellte sich vernünftig hin - die Beine auseinander und begann ihn langsam nach links und anschließend nach rechts zu schwingen. Wenn sie dies einige Stunden lang wiederholen würde, wäre das bestimmt effektiv für den Muskelaufbau in den Armen. Möglicherweise musste sie sich auch erst einmal an die Waffe gewöhnen. Als Lucia dann in einem größeren Bogen schwang, musste sie zwangsweise lächeln. Der größere Schwung erforderte mehr Kraft als die einfachen, soviel war sofort zu bemerken. Als sie schließlich den Stab mittig anfasste, um das Gleichgewicht zu überprüfen sprach sie: "Ein eindeutiger Vorteil ist wahrscheinlich die Geschwindigkeit. Mit dem Stab...kann ich schneller zuschlagen als mit einem Schwert. Der Nachteil ist vielleicht...das Material...ich könnte mir vorstellen das es mit dem Schwert leicht ist so einen Stab zu zerstören..." erzählte Lucia und pausierte kurz, wartete auf Reaktion ihrer Lehrmeisterin...
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Da war er also. Im Inneren der sagenumwobenen Akademie der Setarrifer Klingen, in der angeblich die mächtigsten Krieger dieser Insel trainiert wurden, mächtige Schwertmeister und noch vieles mehr. Zumindest nahm Marvin das an, er selbst war noch nicht lange genug auf dieser Insel um dergleichen ernsthaft verfolgen zu können.
»Hallo, mein Name ist Marvin.« stellte der Weißhaarige sich vor. »Ich beherrsche die Kunst des Schwertkampfes bereits seit etwa einem halben Jahrzehnt und habe es über längere Zeit gelehrt, unser gemeinsamer Bekannte dort selbst hat bei mir den Umgang mit der einhändigen Klinge gelernt, auch wenn er sich jetzt für eine andere Waffengattung entschieden hat.« fuhr er fort und kam sich wie ein Verkäufer vor, andererseits war das gar nicht mal so falsch.
Während er die Antwort des Mannes erwartete, der offenbar eine gewissen Entscheidungsgewalt in diesem Gebäudekomplex besaß, bewunderte Marvin den Bau dieser Akademie, der einzelnen Stockwerke mit ihren verschiedenen Funktionen und natürlich den großen Trainingsplatz, hervorragend geeignet um Krieger heranzuziehen, die man dann auf die Schlachtfelder irgendwelcher Kriege werfen konnte. Welch herrlicher Kreislauf des Lebens ... und Sterbens.
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"Die Taverne liegt auf dem Weg zur Akademie, also kann ich kurz vorbeischauen. Wobei ich mir sicher bin, dass Haris alles im Griff hat. Dennoch mag es Dinge geben, die er nicht kennt. Zudem soll mein Eintopf ja nicht in Verruf geraten nur weil ich nicht da bin, um ihn zu kochen."
Erklärte er und sein Blick wirkte irgendwie verträumt. Warum, das wusste keiner. Vielleicht war es auch einfach eine weitere seiner Masken. Viele zeigten Sympathie für Träumer.
Sie erreichten die Taverne, wo alles wie gewohnt zu sein schien. Einige Gäste starrten Anne an, doch das kümmerte Sarpedon nicht, nein er sah es vielmehr als Kompliment. Stattdessen warf er einen Blick in die Küche, hob den Deckel des Kochtopfs und kostete. Er würzte mit etwas Salz nach, kostete erneut und nickte zufrieden. Dann holte er sein Schwert.
"Haben wir inzwischen Fleischnachschub bekommen?" Wollte er etwas später von Haris wissen. Dieser schüttelte den Kopf.
"Ich werde ihm.." Sarpedon biss sich auf die Lippen. Nein, er würde dem Wirt der Goldenen Taube nicht den Kopf umdrehen.
"Kannst du bitte Berek nochmals diesbezüglich ansprechen? Vielen Dank. Ich wollte noch eine Runde trainieren gehen, danach bin ich wieder hier, versprochen. Nur braucht diese Dame etwas mehr Aufmerksamkeit."
Sprach der Wirt und zwinkerte Haris zu.
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Anne fühlte sich geschmeichelt irgendwie.
Einerseits weil Sarpedon lieber noch etwas Zeit mit ihr verbringen wollte, auch wenn es nur etwas Einhandtraining war und zum anderen weil er es genoss das die anderen Männer der Taverne die Piratin anstarrten. Ob sie sich vielleicht doch mal eine andere Kluft zulegen sollte? Aber eigentlich sah sie das auch nicht ein, denn sie fühlte sich wohl in ihren Sachen und Kleider trug sie nur in Ausnahmefällen.
"Bist du dir denn sicher, dass in der Akademie des Königs eine Piratin herein gelassen wird? Du hast sicher gemerkt das die Männer in der Taverne mich etwas seltsam anschauten."
Diese Frage brannte ihr nun doch zu sehr auf der Zunge um sie für sich zu behalten.
"Wir könnten doch auch im Hinterhof... trainieren."
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Haris nickte.
"weisst du wo Berek gerade ist?"
Haris schenkte nebenbei noch einen Krug Bier für einen der Gäste ein
und legte das geld wieder unter die Theke
"ich habe das geld übrigens unter die Theke gelegt, du musst es dir nur nehmen"
Haris grinste, auch wenn es ihm nicht gerade passend zu sein schien
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"Moment, moment. Eins nach dem anderen. Ich habe keine Ahnung, wo sich Berek gerade befindet. Es wird wohl deine Aufgabe sein das herauszufinden, sobald ich wieder hinter der Theke stehe. Das Geld verstaust du lieber in deiner Tasche und gibst es mir morgen, denn kürzlich wurden Goldstücke unter der Theke entwendet."
Antwortete Sarpedon in Haris Richtung, während seine Hand unauffällig auf Annes Hintern platziert wurde.
"Hinterhof ist eine gute Idee."
Sprach er dann in ihre Richtung und grinste zufrieden.
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Aniron legte den Kopf nachdenklich ein wenig schief. Sie erinnerte sich an Maris, der mit seinen Schwertern sehr schnell sein konnte.
"Nein, die Schnelligkeit ist eigentlich gleich, denke ich. Vielmehr muss man gut geübt sein, um mit den Stab schnell zuzuschlagen. Aber auch das werden wir üben. Aber du hast Recht, wir müssen auf das Holz Acht geben, wenn es leicht zu zerbrechen ist, dann sollte man den direkten Aufschlag mit einer Klinge vermeiden. Aber wenn du mal mit der Hand über meinen Stab gehst, merkst du, dass er eine extrem glatte Oberfläche hat. Da bleibt keine Klinge hängen. Es ist also wichtig, dass dein Stab gut verarbeitet ist."
Aniron sah ihrem Stab durchaus an, dass er bald seine besten Tage hinter sich haben würde. Doch noch funktionierte er. Das Haselnussholz war schnell vergänglich. Ein Grund, vielleicht doch mal wieder ihren alten Lehrmeister aufzusuchen. Doch zunächst musste Maris mit ihrer gemeinsamen Tochter wieder auftauchen.
"Wenn du den Stab schwingst, dann sollte dir auffallen, dass er eine große Reichweite hat, je nachdem, wo du ihn greifst. Das muss man als Vorteil nutzen. Du kannst deine Gegner durch den langen Stab entfernt von dir halten. Ein Schwertkämpfer hat einen kürzeren Arm als du mit deinem Stab. Das Problem ist vielmehr, dass man eben schnell sein muss. Also, achte auf deinen Stab und auf deine Bewegungen. Aber keine Angst, es gibt noch viel zu lernen, ich werde dich nicht ohne weiteres in die Welt hinaus schicken."
Aniron trat nun zu Lucia ran und streckte den Arm aus, um ihren Stab zu nehmen.
"Ich zeige dir nun eine Kombination aus Schlägen, die du schon einmal üben kannst."
Aniron packte den Stab und nahm die Grundstellung ein. Den Stab hielt sie eher waagerecht dabei. Zuerst schlug sie mit dem linken Ende in die Mitte und zog dann das rechte Stabende kräftig nach, um mit ihm ebenfalls zuzuschlagen. Dann machte sie einen Satz nach vorn und zog das linke Stabende wieder nach vorn, um schließlich wie mit einem Speer zuzustechen.
"Noch einmal langsam", sagte sie. Zunächst der Schlag mit dem linken, dann der kräftige Schlag mit dem rechten Stabende. Anschließend der Stich nach vorn.
"Übe dies. Es wird nicht sofort reibungslos klappen, das ist auch nicht der Sinn dabei. Du bestimmst das Tempo, beginne langsam und ruhig. Das ist die erste Schlagkombination."
Die Wehmutter gab ihrer Schülerin den Stab zurück und zog sich wieder zum Baum zurück.
"Solltest du Fragen haben, scheue dich nicht, sie zu stellen."
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"in ordnung" dachte sich Haris.
Er ging hinter die Theke und schnappte sich das geld, dann steckte er es in seinen Beutel, schnürte ihn zu und packte ihn in seine Tasche.
dann ging er wieder hinter die Theke und kümmerte sich um einen schon ziemlich betrunkenen Mann mit vollbart der einfach nicht aufhörte zu trinken.
"hey kleiner, kipp mir noch was ein!" stammelte der Mann.
"ok, aber ich glaube du solltest nicht so viel trinken, sonst findest du den weg nach hause nicht mehr" sagte Haris während er noch ein Bier fertig machte.
"so lange ich Trinken kann ist es nicht wichtig wo ich bin" sagte der Mann und trank sein Bier.
Haris zuckte mit den schultern und drehte sich wieder um.
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Ein gut verarbeiteter Stab sorgte also dafür, dass das Schwert nicht daran hängen bleibt und somit jenen zerstören konnte. Also ist die Verarbeitung alleine schon wichtig. Der wohl größte Vorteil, den Aniron ihr erzählte war allerdings die Länge der Waffe. Mit einer gewissen Schnelligkeit konnte dies der entscheidende Vorteil in einem Kampf werden.
Nun zeigte die Lehrmeisterin der Blondhaarigen die erste Schlagkombination. Zunächst nahm die Grafentochter den Stab in ihre Hand, hielt ihn ähnlich waagerecht wie Aniron kurz zuvor, nahm die Grundstellung ein und versuchte sich an dem ersten Schlag. Mit dem linken Ende schlug sie geradewegs in die Mitte, erstmal ganz langsam und ruhig um es auszuprobieren. Anschließend zog sie das rechte Stabende mit etwas mehr Kraft nach um damit zuzuschlagen. Diesen Teil übte sie gleich noch einmal. Linke Stabende in die Mitte und mit dem rechten kräftig hinterher. Anschließend fügte sie den Abschlussschlag zur Kombination hinzu, indem sie etwas vor lief und mit dem linken Stabende nach vorne schlug um einen direkten Angriff zu trainieren und mit der Waffe, ähnlich wie bei einem spitzen Gegenstand, zuzustechen. Einige Male wiederholte sie ihre Übungen und fragte ihre Lehrmeisterin schließlich nach einigen Hinweisen, bezüglich Haltung und Tempo..
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"Ein guter Anfang", sagte Aniron und nickte.
"Es ist viel, an das man am Anfang denken muss. Aber trotzdem, vergiss bei deiner Konzentration auf die Schläge, deine Beine nicht. Als erstes aber, immer schön locker bleiben. Lockere deine Muskeln zwischendurch ab und zu mal bewusst, sonst hast du schnell Schmerzen. Beweg deine Beine mit deinem Oberkörper in Einklang."
Aniron wog sich nach vorn und dann zurück.
"Aber zunächst kannst du die Übung fortsetzen, versuch ein klein wenig schneller zu werden, aber immer den Rhythmus beibehalten. Wenn du das Gefühl hast, dich zu verhaspeln, dann mach lieber wieder etwas langsamer. Der Stabkampf ist ein Tanz, dessen Musik man lernen muss."
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Rasche Schritte halten durch die Kaserne, einzig die dann und wann zuschlagenden Türen unterbrachen sie. Drakk hatte bereits durch eines der Fenstern den Späher im Schein der Fackeln über den Hof der Kaserne zum Eingang rennen sehen. Gespannt wartete er ab ehe schließlich die Tür hinter ihm aufgestoßen wurde und der Krieger den Raum betrat.
„Die Garde...“ brachte der Späher hervor ehe er einige Kräftige Atemzüge nahm. „Die Garde ist die Garde. Soweit richtig erkannt.“ entgegnete der Rotschopf und verschränkte seine Arme vor seinem Torso. „Sie...sie haben eine Gruppe Krieger in Richtung Silbersee entsandt. Nicht allzu viele Krieger, aber genug um die Burg einnehmen zu können.“ keuchte der Späher weiter.
Einen Moment lang überlegte der Hüne. Er selbst war noch nie beim Silbersee gewesen. Er wusste allerdings von der Burg die von einem Getreuen Ethorns gehalten wird. „Gut. Ruf einen Teil der Männer zusammen, nur leichtes Gepäck. Wir müssen uns beeilen, der Rest muss nachkommen. Und Informiert den König. Los!“ sprach der Veteran.
Langsam nahm er seinen Helm vom Tisch und stapfte von dannen. Er würde das erste mal auf die Garde treffen seitdem sie auf dieser Insel gelandet waren. Ein kurzes Grinsen huschte über Gesicht des Nordmannes, erinnert ihn die Situation an das Leben auf Khorinis...
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Hinterhof der Sturzkampfmöve
Langsam wanderte Sarpedons Hand zu ihrer Hüfte und so verließen sie die Taverne durch ein Hinterzimmer. Anne stand der Sinn nach allem möglichen aber nicht nach einem Trainingskampf.
Ein Spiel in dem es darum ging ihn heraus zu fordern und dann doch der Verlockung zu widerstehen... Sie schmunzelte.
Der Hinterhof war schlecht beleuchtet. Das war gut und hellhörig, das war schlecht. Da die Taverne Fenster, die ohne Glas und nur mit Holzläden zu schließen waren hörten sie das Kichern einer Frau von links und das Schnarchen eines Mannes aus einem anderen Zimmer. Das bedeutete aber auch jeder der Gäste das Paar belauschen könnte, wenn sie es denn wollten.
Sarpedon zog sein Schwert. Er wollte es so galant wie möglich ausssehen lassen und Anne schüttelte nur mit dem Kopf. "Du willst doch nicht wirklich mit mir kämpfen. Ich wüsste da etwas was viel aufregender ist."
Sie ging einen Schritt auf ihn zu, drückte der Schwertarm zur Seite und ihn gegen die Mauer, so dass er gar nicht anders konnte als ihren Atem auf seiner Haut zu spüren. Er widersetzte sich ihr nicht und gerade in dem Moment als er sich leicht zu ihr herunter beugte, seinen freien Arm um ihre Hüfte legte und sie küssen wollte, befreite sie sich aus der halben Umarmung, machte einen Schritt zurück und zog ihren Säbel.
"So! Den musst du dir heute Abend erst noch verdienen." Sie lachte und seine Augen funkelten. Scheinbar hatte sie den Ehrgeiz in ihm geweckt.
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Kaum, dass der Jüngling die kühlen Hallen der Akademie von der Zeit nach Trilo zu durchschreiten geladen worden war, und gerade, als er aus dem Innenhof in eine der Arkaden verschwinden wollte, erscholl eine tiefe, bebende Stimme durch den Innenhof. Der Sand in jenem schien sich zu erheben und vom Wind jenes Ausrufs hinfort geschleudert zu werden. Die gesamte Akademie schien zu erzittern, drohend, auf den Kopf des Schwarzhaarigen zu fallen.
Raad schüttelte den Kopf, vertrieb das phantastische Bild und blickte hinter der Säule hervor, die Stimme längst erkannt, doch nun auch den Menschen sehend, aus dessen Mund sie gekommen war. Es war der Bärtige, welcher mit einem Weißhaarigen… „Bei Beliar…“, entfuhr es den Aufseher der Akademie, leise genug, dass die anderen beiden Männer ihn nicht hören konnten. Für einen Augenblick schien er nur die weißen Haare jenes fremden Mannes zu sehen und die Erinnerungen an den Kopfgeldjäger stiegen so geschwind wieder in ihm auf, dass er beinahe gestolpert wäre.
Doch jener alte Mann schien ihm an diesem Tage gnädig zu sein und der Mann, der sich ihm dort näherte, war lediglich ein alter Bekannter des Nordmannes aus seiner Heimat. Ein Kämpfer mit dem einhändigen Schwert, ein großer gar, so wie Colodis von ihm zu sprechen wusste, gar für ihn bürgen wollte.
Mit gerunzelter Stirn – ihm schien, als sei er an diesem Tag zu oft zu derlei nachdenklichen Ausbrüchen geneigt – trat der Aufseher hinter der Säule hervor und zurück in den Innenhof, wollte gerade die Stimme erheben, da kam ihm der Fremde zuvor. Marvin. So war sein Name. Und jetzt, wo Raad ihn im besseren Licht sehen konnte, glaubte er gar, ihn wiederzuerkennen. Auf dem Weißaugengebirge war ein guter Hinweis des Bärtigen, dass ihm das Bild eines am Baumstamm gelehnten Mannes in den Sinn kam.
„Hee, dich kenne ich doch. Zumindest habe ich dich gesehen. Hast ein wenig verloren an einem Baumstamm gesessen. Schienst auch allein sein zu wollen.“, rief der Aufseher der Akademie mit einem Grinsen aus, als wäre er stolz darauf, ihn wirklich auf dem Weißaugengebirge gesehen zu haben. Derweil drehte sich der Nordmann wortlos um, hob die Hand zum Abschied und ging seiner Wege, nicht ohne sie wissen zu lassen, dass noch irgendwo Arbeit für ihn lag.
Raad zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Scheint ein wenig sehr beschäftigt, seit er zum Hauptmann ernannt worden ist.“, grollte der Schwarzhaarige, als Colodis den Innenhof bereits wieder verlassen hatte. „Aber gut, kommen wir zu dir. Ich schätze, Colodis kann gut kämpfen. Wenn er das von dir hat, musst du ebenso gut kämpfen können. Das zeichnet dich also sicherlich aus. Aber was noch? Kannst du Lesen und Schreiben? Wie steht es mit Nähen, Sticken oder Kochen?“, legte der Jüngling mit einem breiter werdenden Grinsen nach.
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Marvin war sich nicht ganz sicher, was er von dem Mann halten sollte. Er war jung, zumindest ein Stück jünger als Marvin und grinste ihn auf eine Art und Weise an, die dem Weißhaarigen irgendwie nicht so richtig gefallen wollte. Dass er ihn jedoch an jenem Tag, als er im Weißaugengebirge an einem Baumstamm lehnte, alleine ließ, sprach schon einmal für ihn, Marvin hatte an diesem Tag wirklich kein Verlangen nach Gesellschaft verspürt.
Dann begann er allerdings ohne Umschweife sofort zur Sache zu kommen und nahm sich nicht einmal die Zeit, sich vorzustellen. Da auch Colodis nicht den Namen des Jünglings nicht genannt hatte, brachte das Marvin in die ihm etwas unangenehme Situation, dass er den Namen seines Gegenübers nicht kannte, während dieser wusste wie Marvin hieß. Auch seine Worte brachten ihn ein wenig durcheinander. Nähen, Sticken und Kochen? Die Berufsbeschreibung verliert langsam aber sicher an Attraktivität.
»Ich weiß zwar nicht, inwiefern dies die Tätigkeit eines Lehrmeisters beeinflußen würde, jedoch muss ich gestehen, dass ich meine Kenntnisse in Sachen Nähen und Sticken gerade mal ausreichen um die beiden Nadeln zu unterscheiden. Kochen nur ansatzweise, jedenfalls bin und war ich auch nie ein Koch. Jedoch habe ich lange Zeit das Handwerk des Schmieds ausgeübt, auch längere Zeit als Waffenschmied, eine vielleicht auch nicht ganz unbrauchbare Zusatzqualifikation.« begann Marvin, als ihm einfiel, dass er einen Punkt vollkommen übergangen hatte. »Achja, Lesen und Schreiben kann ich, beides auch in ordentlichem Tempo, zweiteres jedoch ein wenig langsamer, wenn es für alle Menschen problemlos lesbar sein soll, diese Hände sind wohl nicht zum Zeichnen feiner Linien gemacht.«
Sein Gegenüber, dessen Namen er immer noch nicht wusste, wollte bereits antworten, als eine Art Bote ihnen im Vorbeilaufen zurief, man solle sich bereit machen, da man marschiere um die Burg Silbersee gegen die Garde zu verteidigen.
»Das klingt, als hättet ... hättest Du gleich einmal Gelegenheit mich im Kampfe zu erleben. Einen Kampf gegen die Garde habe ich, glaube ich, schon seit Khorinis nicht mehr erlebt.«
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Wombel keuchte vor Anstrengung als er den letzten Balken zu Lex hinaufhob.
Die letzten Tage in der Bibliothek hatten dem Zimmermann etwas Ruhe beschert und es war ihm gelungen einige interessante Bücher zu lesen. Heute jedoch war wieder Handarbeit angesagt. Lex, der Zimmermannsgeselle hatte in der Abwesenheit seines Meisters das komplette kleine Anwesen tip top auf Vordermann gebracht. Nachdem er die Gebäude mit Holzbalken und Brettern generalüberholt hatte, war er daran gegangen den Lagerschuppen und die Werkstatt aufzuräumen und zu säubern, so wie Wombel es ihm aufgetragen hatte.
Ein wahrer Glücksgriff war der Geselle. Fleißig, strebsam, freundlich und darüber hinaus auch handwerklich tüchtig und begabt.
So war es dem jungen Gesellen nach seinen Aufräumarbeiten am Anwesen auch gelungen, einen weiteren Auftrag zur Reparatur eines Giebels an einem Fachwerkhaus in Setarrif zu beschaffen. Der Preis, den Lex mit dem Kunden ausgehandelt hatte war mehr als fair, jedoch war es Lex nicht möglich die schweren Balken alleine zu montieren.
Aus diesem Grunde standen die beiden nun schon seit den frühen Morgenstunden in schwerer Arbeit, die just im Moment aber fertiggestellt sein würde.
Lex trieb den Balken, der mittels Flaschenzug von Wombel hinaufgehievt wurde mit seinem Holzhammer in die Zapfung. Eine kleine Ecke musste noch nachgearbeitet werden, dann saß der letzte Balken passend in der Fassade. Der Geselle hämmerte die letzten Nägel zur Fixierung noch ins Holz, dann war die Holzarbeit erledigt.
Der Geselle kletterte zu seinem Meister hinunter zum Vorplatz und beide schauten zufrieden auf die gelungene Arbeit.
Für Wombel war es immer wieder ein seltsamer, obgleich schöner Anblick, wenn die neuen, frisch und hell leuchtenden Balken aus der alten, wettergegerbten Fassade herausstrahlten. Die beiden Männer beluden eben wieder den Karren, als sich der Hausbesitzer meldete.
"Sieht gut aus." Bemerkte dieser anerkennend.
"Danke." Brummte Wombel zufrieden.
"Bevor ihr wieder aufbrecht, sagt, ist es möglich den Giebel mit Holz zu verkleiden, oder muss ich hier wirklich Stein nehmen?" Fragte der Mann neugierig.
Wombel überlegte einen kleinen Augenblick und antwortete:
"Zum Gesamtbild hier passend wäre Stein eindeutig schöner. Allerdings kann man die Fassade auch mit Brettern verkleiden, diese kann man in eine schöne, gehobelte Form bringen und würden dann beidseitig aufgebracht." Sagte er ruhig.
Der Mann schien zu überlegen, als Lex sich einmischte.
"Verzeiht, aber ich möchte noch hinzufügen, dass eine Holzfassade natürlich wesentlich pflegeleichter ist, als eine aus Stein, da man die Bretter, sollten sie Witterungsschaden nehmen, wesentlich einfacher austauschen kann als Steine. Außerdem sieht so ein schönes, helles Holz an der Fassade natürlich auch edler aus als Stein."
Wombel musste ein leichtes Grinsen unterdrücken, Lex war in der Tat ein geschäftstüchtiger junger Mann.
Der Kunde schien einen Moment zu überlegen.
"Was würde mich diese Arbeit zusätzlich kosten?" Fragte der Kunde.
Wombel nickte Lex zu, der mit dem Mann zusammen sofort die Fassade von unten begutachtete und grob ausmaß. Er rechnete die benötigte Menge Holz aus und kalkulierte im Kopf einen Preis, kehrte darauf zu Wombel zurück, nannte ihm den Preis und fragte:
"Was meint ihr Meister Wombel?"
Wombel nickte zufrieden und Lex wickelte den Folgeauftrag gleich mit dem Kunden ab. Es war ein erfolgreicher Tag gewesen und ein weiterer würde kommen, wenn die beiden die Fassade fertig stellen würden. Die beiden Männer beluden den Karren und begaben sich zurück zur Werkstatt, wo Lex sofort damit begann den Wagen abzuladen, und anschließend die erforderlichen Bretter zu hobeln. Wombel indessen erfrischte sich am Holzfass, kleidete seine Novizen Robe an und schulterte seinen Stab.
"Ich geh nochmal zur Bibliothek. Übertreib es nicht mit dem hobeln, für heute haben wir genug geschuftet."
Lex grinste nur und arbeitete unbeirrt weiter.
Leicht müde, aber zufrieden ob der guten geleisteten Arbeit und des Folgeauftrags schritt der Zimmermann wieder nach Setarrif hinunter um in der Bibliothek einen Ausgleich für die körperliche Arbeit zu finden. Insgeheim freute er sich auf die Ruhe der Bibliothek und seinen mittlerweile lieb gewonnenen Studienplatz am Eichentisch.
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Katan lag auf dem Rücken. Er breitete die Arme aus, spürte das weiche Gras über seine Haut streichen. Wie in Trance starrte er zum Himmel hinauf, der kein gutes Wetter versprach, aber immerhin auch keinen Regen verhieß. Jedenfalls noch nicht jetzt. Die Sonne, hinter den Wolken verschwunden, tauchte die Welt in ein farbloses Grau, bedachte sie mit blassem, weißem Licht. Über dem Grauhäutigen kreiste ein Rabe, ganz so, als wartete er nur darauf, dass der Mann dort unten auf dem Boden starb und er sich an ihm gütlich tun konnte. Dieses Glück würde ihm nicht vergönnt sein. Katan wusste, er hatte noch ein langes Leben vor sich. Oder mindestens eines, das für das ein oder andere Abenteuer ausreichte.
Der Söldner legte sich auf die Seite, beobachtete die Menschen, von denen ab und an einer ihn merkwürdig anstarrte, der er da im Gras lag und auf etwas zu warten schien. Ein Junge kam an ihn heran.
„Was machst du da?“, fragte er und bohrte sich in der Nase.
„Ich liege“, antwortete Katan nach kurzem Zögern. Er musterte den Burschen. Er sah nicht abgerissen aus, aber auch nicht reich. Er hatte heile Kleidung, wenn auch dreckig. Er schien von dem Schlage Mensch zu sein, die danach strebten, Wirt zu werden, wenn sie einmal groß waren. Oder Müller. Schmied, vielleicht. Obwohl das nach zu viel Arbeit klang.
„Warum?“, fragte der Junge, zog den Finger aus der Nase und betrachtete seinen Fund.
„Ich warte“, sagte Katan.
„Auf was?“
„Auf jemanden.“
In dem Moment zog seine Mutter den Jungen fort: „Kannst du denn nicht sehen, dass der böse Mann nicht gestört werden will?“
Im Grunde war es Katan egal, ob er gestört wurde. Ja, er fand nicht einmal, dass er besonders böse war, zugegeben vielleicht aber ein wenig so aussah. Dabei war er ein Söldner, und Söldnern eine Disposition zuzuschreiben, war in Kriegszeiten gar nicht so einfach.
Ein Mann näherte sich und stellte sich mit dem Rücken zu dem grauhäutigen Hünen. Katan wartete. Darauf, dass er sich umdrehte und etwas sagte. Aber er tat es nicht. Also war es an dem Söldner, etwas zu tun.
„Seid Ihr Herr Henning oder was?“, fragte er ungeduldig. Der Kerl wirbelte auf den Absätzen herum und starrte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Als er dort niemanden sah, ließ er den Blick gen Boden schweifen. „Oh“, machte er, als er Katan sah.
„Herr Henning?“, wiederholte der Söldner.
„Ja, der bin ich, bin ich“, entgegnete Herr Henning nun und sah auf den Grauhäutigen hinab; nicht aus Hochmut, schlicht aus Notwendigkeit.
„Also, worum geht es?“, wollte Katan wissen. Der Mann deutete auf ihn.
„Könntet Ihr vielleicht, könntet Ihr... aufstehen?“, fragte er beklommen.
„Nein!“, sagte Katan.
„Bitte?“, sagte Henning.
„Nein!“, sagte Katan.
„Wisst Ihr, wenn Ihr liegt, das hat meine Mutter mir erzählt, wenn Ihr liegt und sprecht, dann wandert Euer Gehirn, es wandert in Richtung Eurer Nase und...“
„Ich will das gar nicht wissen.“ Der Grauhäutige winkte ab. „Jetzt lasst mich in Ruhe liegen und sprecht, verdammt, oder verschwindet.“
„Na, die Sache ist die, also die Sache... es geht darum, ich bin mit einem Gehöft im Bunde, das uns regelmäßig mit Fleisch versorgt, aber nun, nun hat die Regelmäßigkeit, sie hat nachgelassen, mit einem Mal aufgehört, möchte man meinen.“ Er machte eine dramatische Pause. „Wer weiß, was passiert ist. Vielleicht haben Banditen das Gehöft niedergebrannt. Oder da ist sonst etwas passiert, passiert, könnte man sagen. Wenn Ihr nachsehen könntet, ob da alles in Ordnung ist und warum keine Lieferung mehr ankommt, wenn Ihr das also einmal nachsehen könntet...“
„Gold?“, fragte Katan.
„Nein, nein, sie schicken uns Fleisch, kein Gold, kein Gold“, beeilte sich Henning, klarzustellen.
„Ich meine Gold für mich, wie viel?“
„Oh, hier.“ Er zeigte dem Grauhäutigen einen prall gefüllten Lederbeutel. „Die Hälfte jetzt, die andere Hälfte, also die andere Hälfte dann danach, wenn Ihr wieder hier seid.“
„Kann man machen“, sagte Katan, setzte sich auf und nahm das Gold entgegen.
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Kilijan betrachtete die Klinge noch ein letztes Mal, drehte den mit rot gegerbtem Rochenleder Griff in seiner Hand und ließ die Klinge probehalber durch die Luft sausen. Die lange Blutrinne gab ein schneidendes Pfeifen von sich, der Schmied nickte. Das Schwert verschwand in dem groben Leinentuch im Regal, bis Wolvn sich entschied, es abholen zu kommen. Das Ausmachen hatte er in der Tat in etwas mehr als einer Stunde gestern noch geschafft. Es war eine relativ geradlinige Waffenkonstruktion ohne großes Beiwerk, weshalb Kilijan es auch für die dreihundert Goldstücke machte, die er dafür bekam. Die Verarbeitung des Stahls, den Wolvn vom Meteoriten abgespalten hatte, war ein ziemlich nervtötendes Unterfangen gewesen. Nicht dass die Waffe weniger gut wäre, als Schwert, die er sonst anfertigte - Balance und Qualität stimmten genauso. Es war nur weniger Aufwand, wenn man keine schwierigen Klingenformen realisieren musste. Mit einem Schauern dachte er an Súris Schwert zurück, wo er bis zur letzten Sekunde gezittert hatte, ob es sich beim Härten nicht furchtbar verziehen würde.
Seinen Mantel eng um die Schultern geschlungen verließ der Schmied seine Werkstatt. Lodrick arbeitete dort immernoch an den Hämmern, er war nicht einmal halb damit fertig. Und wenn Kilijan nicht alles täuschte, führte den Jungen Mann der abendliche Gang nicht in die Kneipe, vielmehr schlich er sich mit großer Sicherheit zu den Heilern im Tempel, wo sich Danee von Tag zu Tag ihre Fluchtiarden steigern dürfte, wenn sie sich wieder um die zerschundenen Hände des Jungen kümmerte. Kilijan musste grinsen. Nicht dass er sich an dem Leid anderer erfreute, aber irgendetwas amüsantes hatte die Situation schon.
Der junge Mann verließ die Stadt richtung Norden. Wombel hatte ihm die Erlaubnis gegeben, hinter der Holzfällerhütte eine Tarara aufzubauen, um den Stahl für Maax' Hammer zu erschmelzen. Es gab einige Lehmgruben ganz in der Nähe - und außerdem war die Herstellung des echten Damasts eine jener Sachen, die er Lodrick nicht beibringen würde. Umso wichtiger war es, abseits neugieriger Augen zu arbeiten.
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Der Blick des Aufsehers folgte dem Boten mit nachdenklicher Miene, als dieser wieder so schnell aus dem Innenhof rauschte, wie er gekommen war, und glitt dann ruhig zurück zu dem Gesicht seines Gegenübers. Noch immer lag ein fragender Ausdruck in jenem und die Verwirrung ob der Worte des Jünglings zeichnete sich deutlich in den Augen und Worten des Weißhaarigen ab. Ein schmales Grinsen kehrte auf die Lippen des Schwarzhaarigen zurück.
„Einen Lehrmeister für den einhändigen Kampf besitzen wir schon. Ebenso wie jemanden, der sich Meister der Wortkunst nennt. Möglicherweise kann dieser auch Lesen und Schreiben unterrichten.“, berichtete Raad Marvin, ehe er zu dem Punkt der, der als eigentlich wichtig erschien, „Ein Lehrmeister für Sticken und Nähen fehlt uns allerdings noch und ich hätte auch nichts dagegen, wenn wir einen neuen Koch bekämen. Unter uns. Das Essen hier ist nicht schlecht, aber manches Mal doch ein wenig einseitig.“, das Grinsen wurde breiter, ehe der Aufseher gleichgültig mit den Schultern zuckte, „Nenn mich doch Raad, wie Colodis so liebevoll durch den Innenhof gebrüllt hat. Siezen ist nicht nötig, wie du richtig erkannt hast, nicht nötig. Deine Qualifikationen zeichnen dich darüber hinaus tatsächlich aus und wir können vielleicht auch nie genug gute Ausbilder an den Einhandwaffen haben. Aber gut…“
Der Schwarzhaarige kratzte sich am Kopf und setzte dann einen zögerlichen Schritt in Richtung des Tores. Er war sich nicht sicher, ob er einem Kampf gegen die Garde beiwohnen konnte, doch der Ansturm an Anwärtern schien mit der Zeit wieder abgenommen zu haben. Vielleicht war dies eine gute und einzigartige Gelegenheit, mal wieder etwas anderes zu sehen, als die immer gleichen Mauern der Akademie und Männer, die kaum oder nur sehr wenig vorzuweisen hatten. Alle, die bis jetzt mehr gezeigt hatten, waren eine willkommene Abwechslung gewesen, doch ihre Zahl war bedauernswert gering.
„…verschieben wir das ganze bis nach der Verteidigung der Silberseeburg. Einen Kampf gegen die Garde habe ich seit Bakaresh nicht mehr erlebt. Es wird Zeit, den alten Groll ein wenig aufzufrischen…“, feixte Raad, „Und mal sehen, was du mir da zeigst. Die Worte Colodis‘ waren aber bereits deutlich. Welche Waffe bevorzugst du? Das Schwert?“, fragte Raad und deutete auf die Tür, die wieder in die Akademie führte. Während sie weitersprachen, folgte sie geruhsam ihres Weges zu den Verteidigungstruppen des Königreich Argaans.
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Katan schob die Aufgaben in seinem Kopf zurecht. Das würde leicht verdientes Geld werden. Er musste einfach nur zu einem kleinen Gehöft westlich der Stadt gehen und dort nach dem Rechten sehen. Dann würde er mit Nachricht zurückkehren – entweder hatten die Leute von selbst aufgehört, Waren zu liefern, oder sie wurden dazu gebracht, was in den meisten Fällen Tod und Verfall bedeutete – und großes Geld einsacken. Er freute sich so sehr über das Leben, dass er beinahe in Issik reingerannt wäre, der daraufhin in ihn hineinrannte.
„Katan“, sagte Issik, als sie sich beide von dem Zusammenstoß erholten.
„Issik“, sagte Katan und betrachtete den langen Kerl in der Söldnerrüstung ohne eine Miene zu machen.
„Katan“, sagte Issik, „du wirst es nicht glauben.“
„Ach, werde ich nicht“, meinte Katan und verschränkte die Arme vor der Brust. „Lass es drauf ankommen.“
„Wollte ich doch, verdammter Dreck!“, brüllte Issik und sah ihn wutfunkelnd an. „Musst du mich die ganze Zeit unterbrechen? Musst du das?“
„Nein.“ Abwehrend hob Katan die Hände, ließ sie dann wieder in die verschränkte Haltung vor seinem Oberkörper sinken.
„Gut!“, sagte Issik dann und ließ sich eine kurze Pause, um darüber nachzudenken, was er gleich noch wollte. „Es sieht so aus: Ich habe von einem Bekannten in der Akademie gehört, dass...“ Seine Stimme wurde ein Flüstern. Katan verstand es nicht.
„Dass was?“, fragte er.
„Dass...“, sagte Issik und machte eine gewichtige Miene.
„Aha. Dass das.“
„Dass die Garde einen Trupp entsandt hat, um die Silberseeburg einzunehmen.“
Katan pfiff durch die Zähne.
„Ich nehme mal an, da haben wir was gegen. Wir werden wohl gegen die Innos-Burschen ziehen?“
„Geh zur Kaserne“, sagte Issik in dem Versuch, geheimnisvoll zu klingen, was bei seiner Reibeisenstimme ein verlorenes Vorhaben war.
„Ich geh zur Kaserne“, sagte Katan.
„Geh zur Kaserne“, sagte Issik nochmal im Weggehen.
„Ich geh zur Kaserne“, sagte Katan. „Ich tu's.“
So eine Chance ließ man sich doch nicht entgehen. Da würde Herr Henning warten müssen.
Unterwegs traf er auf jemanden, den er kannte, in Begleitung von jemandem, den er nicht kannte. Der eine war für normalmenschliche Verhältnisse groß, jedenfalls nicht klein, hatte dunkles Haar und trug einen schwarzen Mantel. Der andere war ein Kerl mit weißen Haaren und grünen Augen, der für weiße Haare gar nicht alt genug aussah. Aber Katan sah auch nicht tot genug aus, um graue Haut zu haben. In diese Beziehung glichen sich die Dinge alle wunderbar wieder aus.
„Sag mal, Bursche“, sagte er und baute sich vor dem Größeren der beiden auf, namentlich dem mit den dunklen Haaren, „wollte ich dir nicht mal das Maul polieren?“ Und hob dabei bedrohlich den Arm...
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Wenn man es überblickte, war dies einer dieser Tage, wo man spätestens an Ende ganz sicher wusste, dass man am Morgen besser im Bett geblieben wäre. Raad kam dies bereits zum zweiten Mal an jenem Tag in den Sinn und fragte sich nun ernsthaft, ob er nicht einfach auf dem Absatz kehrt machen sollte und die Welt für den Rest des Abends sein zu lassen, was sie war. Sollte jemand anderes sie retten. Er konnte sich alleine beschäftigen.
Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme und blickte dem großen, stämmigen Typen in die zu klein geratenen Äugelein. „Ich dachte, davon wärst du abgekommen, nachdem du mir ausgiebig von Liana vorgeheult hast.“, sprach der Aufseher der Akademie trocken und zuckte mit den Schultern, „Außerdem hab ich gerade keine Lust, mir die Fresse polieren zu lassen. Aber du könntest mitkommen und ich besorg dir ein paar Gardisten, den du dann solange auf die Fresse hauen darfst, wie du willst oder bis der Schädel platzt.“
„Na, Katan, ist das was?“, fragte der Jüngling und ließ sich zu einem schwachen Grinsen hinreißen. Marvin hatte noch keine Gelegenheit gehabt, ihm zu antworten und schien auch so nicht zu wissen, was er mit der Situation anfangen sollte. Vielleicht auch besser so. War ja nicht nötig, Katan unnötig zu provozieren, wo Raad wieder nicht seinen Mund halten konnte.
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