sodelle, mal wieder was von mir. diesmal weniger mit Fantasy und brutalität, mehr auf das innenleben, auf die subtilen gefühle des seins bezogen. der teil, den ich hier poste, ist nur die einleitung. ein paar weitere teile werden folgen. dabei sei gesagt, dass diese story mir sehr wichtig ist und ich jedes einzelne wort gut durchdacht habe, bevor ich es an seinen platz setzte ^^ mal schauen, was ihr dazu sagt
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„Was ist schlimmer? Nach einem viel zu kurzen Leben den letzten Atem auszuhauchen, ohne jemals etwas von Bedeutung getan zu haben... Oder das schönste Geschenk der Welt zu erhalten, nur um es sofort wieder zu verlieren? Und das für alle Ewigkeit.“
Als man mir diese Frage das erste Mal stellte, hatte ich nicht die geringste Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Zugegeben, ich verstand den Sinn des ganzen nichtmal. Doch ER, der mir diese Frage stellte, erklärte es mir. ER erklärte mir alles.
Jedenfalls sitze ich jetzt hier, in einem kleinen, dunklen Raum, an einem schweren Holztisch, mit nichts vor mir, außer einem Stift und ein paar Blättern Papier. Sicher, es gäbe einfachere Wege, etwas aufzuschreiben. Aber ich will es nunmal so. Ich will die ganze Geschichte aufschreiben, mit meinen eigenen Händen.
Wieso ich das tue? Die wichtigere Frage ist, wieso ich das versprechen breche, dass ich vor so langer Zeit gab. Das Versprechen, dass ich niemals ein Wort über diese Geschichte verlieren würde. Der Grund ist einfach. Was ER mir damals erzählte ist zu wichtig, als dass es vergessen werden dürfte. Ich erinnere mich noch in jeder Einzelheit daran, aber das ist nicht genug. Denn mein Leben neigt sich dem Ende zu.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn der Tod naht. Ich kenne das Gefühl, wenn alles endet. Ich habe das alles schon einmal erlebt. Doch dieses mal ist es das tatsächliche Ende. Ich bin alt und das Alter kann man nicht heilen. Der Tod äußert sich in verschiedenen Dingen. Schmerzen hier und dort, Vergesslichkeit, Langsamkeit, alles ist ein wenig anders als früher. Aber vor allem verspüre ich eines, nämlich diese ungeheure Müdigkeit, die ich auch damals, als ich mich am Rande des Todes befand, verspürte. Sie ist nicht unangenehm, aber ich kann mich ihr erst hingeben, wenn ich aufgeschrieben habe, was gesagt werden muss.
Beginnen wir ganz am Anfang...
Meine Eltern bezeichnete mich in meinen jungen Jahren als einen Taugenichts, als das schwarze Schaf der Familie. Glücklicherweise verwendeten sie diesen Term eher liebevoll, als verbittert. Und dabei mögen sie sogar Recht gehabt haben. Anstatt zu studieren oder einen Beruf zu ergreifen schlug ich die Zeit in Kneipen tot, mit Freunden, mit Frauen... mit allem, was mir so über den Weg lief.
Meine Eltern waren reich, deswegen war das auch nicht weiter schlimm. Und dann kam der Punkt in meinem Leben, an dem ich beschloss, mir die Welt anzuschauen. Das Geld meiner Eltern ermöglichte mir diesen Wunsch. Ich ging auf Reisen, besuchte fremde Länder, traf Menschen... dasselbe wie daheim, nur auf einer anderen Sprache.
Ich weiß nicht genau wann es war und ich weiß nicht genau wo es war. Jeden Morgen wachte ich in einem anderen Bett auf und so auch an dem schicksalsschweren Tag.
Die Sonne fiel durch ein kleines Fenster direkt auf mein Gesicht. Ich schlug die Augen auf und starrte die Strohdecke über mir an. Mein Kopf schmerzte, wahrscheinlich weil ich am vorigen Abend mal wieder mit ein paar Einheimischen gefeiert hatte. Vorsichtig setzte ich mich in dem primitiven, jedoch bequemen Bett auf. Ich zog meine Kleider über, packte meine Habseligkeiten zusammen und machte mich bereit, meinen Weg zum nächsten Dorf oder zur nächsten Stadt fortzusetzen.
Es muss wohl ein kleines Dorf im Herzen von Afrika gewesen sein. Strohgedeckte Holzhütten auf einer durch Feuer gerodeten Lichtung, umgeben von Wald, ausschließlich bewohnt von dunkelhäutigen Ureinwohnern. Auf den staubigen Straßen spielten sorglose Kinder, wohl behütet von den Müttern, die sich an Straßenecken müßig miteinander unterhielten, wohl behütet von den Vätern, die in der Nähe ihrer Arbeit nachgingen. Ich war auf meiner Reise schon durch schlechtere Gegenden gekommen. Städte, die von Seuchen heimgesucht worden waren, in denen Angst herrschte, in denen Schmerz und Trauer regierte.
Dieses kleine Dorf mit den glücklichen Kindern und den freundlichen Eltern bewies mir, dass das Leben doch schön sein konnte. Lächelnd stand ich in der Tür der kleinen Holzhütte und beobachtete das lebhafte Treiben, als der Mann an mich heran trat, der mir die Unterkunft vermietet hatte. Seine schwarze Haut glänzte in der Sonne. Er war alt, sein Haar und sein Bart weiß. Er lächelte, als er sich zu mir gesellte und drei Kinder beobachtete, die sich an den Händen gefasst hatten und im Kreis tanzten.
»Hatten Sie eine schöne Nacht?« fragte er auf Englisch mit starkem Akzent.
»Ich habe schon lange nichtmehr so gut geschlafen« log ich rasch.
Es konnte nicht schaden, wenn ich diesen Leuten ein wenig schmeichelte. Und außerdem war mir der alte Mann sympathisch, weswegen es mir nicht schwer fiel, ihm ein paar nette Worte zu schenken.
»Werden Sie Heute weiterziehen?« fuhr er fort, ohne den Blick von den spielenden Kindern zu nehmen.
»Ich denke schon« antwortete ich »Das Land ist groß, es gibt noch viel zu sehen.« Ich seufzte wehmütig. »Ich fürchte, dass ich nicht überall so eine schöne Nacht und einen so schönen Morgen verbringen kann, wie hier.«
»Da haben Sie recht« bemerkte er, frei von jeglicher Bescheidenheit »In unserem Dorf leben nicht nur die glücklichsten sondern auch die freundlichsten Menschen des Landes. Vielleicht überlegen Sie es sich nochmal und bleiben noch eine Nacht.«
Während er sprach kramte ich in meiner Hosentasche nach einigen der Goldbrocken, die ich aus meiner Börse dort hinein getan hatte, für alltägliche Ausgaben. Als ich auf diesem Kontinent angekommen war, hatte ich sofort mein Geld in kleine Goldbröckchen eingetauscht, mit denen ich überall bezahlen konnte. Zwei davon zog ich hervor und drückte sie dem alten Mann in die Hand.
»Gerne würde ich Morgen auch in diesem wunderbaren Dorf aufwachen« sagte ich rasch »Aber was sollte ich den ganzen Tag unternehmen? Von morgens bis abends auf einer Veranda sitzen und den Kindern beim Spielen zuzuschauen ist noch nichts für einen Mann meines Alters. Ich will das Land erleben.«
»Das Land erleben...« Er lachte leise. »Ich hätte da eine Idee für Sie. Einen schönen Zeitvertreib für den heutigen Tag. Ich verspreche Ihnen auch, dass Ihr Zimmer für die Nacht hergerichtet wird und Sie Morgen ein mindestens ebenso freudiges Erwachen haben werden.«
»Natürlich höre ich mir Ihren Vorschlag gerne an« antwortete ich.
Insgeheim war ich natürlich der Ansicht, dass dieser alte Mann mir keinen triftigen Grund bieten konnte, noch einen Tag in dieser Gegend zu verweilen, aber ich wollte nicht unhöflich sein. Also ließ ich ihn sprechen, während ich weiter das Treiben auf der Straße beobachtete.
»Nicht weit von hier lebt ein Mann« setzte er an »Ein Mann, der aus Ihrem Land kommt. Der Ihre Sprache spricht. Niemand weiß wirklich, wer er ist. Einige gehen so weit zu behaupten, dass er schon immer dort war. Nun ja, vielleicht sehnen Sie sich ja danach, jemanden aus Ihrer Heimat zu treffen. Vielleicht können Sie in Erfahrung bringen, wer dieser Mann ist. Vielleicht weiß er ja ein paar Geschichten zu erzählen.«
Für einen Augenblick erwog ich, das Angebot auf der Stelle auszuschlagen, bis mir dann bewusst wurde, was der alte Mann gesagt hatte. Jemand, der aus meiner Heimat kam. Jemand, der hier lebte. Und niemand wusste, wie lange schon. Es war wohl eine Sache, sich nur das Land anzuschauen, durch das man gerade reiste. Aber nun hatte ich die Gelegenheit, mich mit jemandem darüber zu unterhalten, in einer Sprache, die mir nicht die Gelegenheit für Missverständnisse ließ. Vielleicht kannte er Mythen, Legenden oder ähnliches, Geschichten aus vergangener Zeit. Als mir das klar wurde, hatte ich mein Gepäck bereits wieder, ohne mir dessen wirklich bewusst gewesen zu sein, in die Hütte getragen. Der alte Mann war mir gefolgt.
»Also?« fragte er.
»Kann mich jemand zu ihm führen?« erwiderte ich.
»Selbstverständlich« sagte er »Ich werde das persönlich übernehmen.«
Und so gingen wir schon nach kurzer Zeit die staubige Straße entlang, zwischen den spielenden Kindern hindurch, vorbei an den Frauen und den Männern, an den strohgedeckten Holzhütten, zwischen den ersten Bäumen am Rande der gerodeten Lichtung hindurch.
»Es ist nicht weit« sagte der alte Mann über die Schulter, während wir uns unseren Weg durch das Unterholz bahnten »Er lebt in einer kleinen Hütte ganz in der Nähe. Als Einsiedler, versteht sich.«
»Ich verstehe schon« antwortete ich, während ich meinen Kopf einzog, um ihn mir nicht an einem tiefhängenden Ast anzustoßen »Aber nimmt er nie Kontakt zu Ihrem Stamm, oder Volk oder wie Sie sich nennen, auf?«
»Nicht wirklich« erwiderte der alte Mann »Wir versorgen ihn, aber wir kennen ihn nicht wirklich.« Er lachte. »Eine seltsame Anwendung des Prinzips der Brüderlichkeit zwischen allen Menschen. Wir kennen ihn nicht und haben keinen Grund, ihm zu helfen, trotzdem tun wir es. Nun ja, so sind wir eben.«
»Ich verstehe. Aber wie kommt er hier her? Wo kommt er her?«
»Das weiß niemand. Wie bereits gesagt, er war schon immer dort. Wir wissen nicht, ob dort ein Einsiedler mit seiner Frau lebt, die mittlerweile ein Kind gezeugt haben, aber solange ich mich erinnern kann, war diese Hütte von einem Einsiedler bewohnt, der von meinem Volk versorgt wurde.«
Wir schoben einige biegsame Äste zur Seite und traten auf eine kleine Lichtung. Zwischen den Bäumen uns gegenüber stand eine kleine Holzhütte mit Holzdach, dessen Schindeln mit Steinen beschwert worden waren. Neben der Unterkunft waren ein paar Pfosten aufgestellt, zwischen denen Leinen gespannt worden waren. Auf diesen Leinen hingen verschiedene Kleidungsstücke, an manchen auch größere, rohe Fleischstücke oder andere Lebensmittel. Man konnte auf den ersten Blick sehen, dass dieser Ort bewohnt war.
»Hier ist es« sagte der alte Mann »Ich mache mich auf den Rückweg. Wir sehen uns Morgen.«
Ohne eine Antwort abzuwarten drehte er sich um und verschwand wieder zwischen den Bäumen.
»Danke« murmelte ich, aber ich bezweifelte, dass er es noch gehört hatte.
Eine gewisse Nervosität ergriff mich, als ich mich der kleinen Hütte näherte. Ich hatte seit Monaten niemanden mehr getroffen, der meine Muttersprache beherrschte. Und hier, an einem Ort, an dem ich niemals damit gerechnet hätte, begegnete ich nun so jemandem. Mit feuchten Händen überquerte ich die Lichtung und klopfte an die Holztür.
Es tat sich nichts. Ich klopfte ein weiteres Mal an, dann nochmal. Schließlich, nach einer halben Ewigkeit, drangen Geräusche aus dem Inneren, schwere Schritte, die sich der Tür näherten. Ehe ich mich versah, schwang die Holztür auf.
Vor mir stand ein Mann, dessen Alter sich unmöglich schätzen ließ. Seine Haut war stark gebräunt und faltig, doch sein Bart und Haupthaar hatten noch immer eine kräftige, hellbraune Farbe. Und seine grünen Augen wirkten zeitlos, geradezu jugendlich. Er trug nur eine feste, braune Hose und ich konnte die gewaltigen Muskeln seiner Arme und seinen enormen Brustkorb bestaunen.
Für einen Augenblick schwiegen wir beide. Sein Blick bohrte sich unerbittlich in den meinen. Es sah nicht so aus, als würde er mich von sich aus willkommen heißen. Also ergriff ich die Initiative.
»Wunderschönen guten Morgen« sagte ich in meiner Muttersprache.
Wenn er überrascht war, jemanden in dieser Sprache sprechen zu hören, so verbarg er es perfekt. Seine Mimik ließ keinen seiner Gedanken erahnen.
»Morgen« brummte er durch seinen Bart.
Dann schwiegen wir wieder.
»Ich komme von weit her« fuhr ich schließlich fort.
»Das merke ich« antwortete er sofort.
»Ich bin auf der Durchreise« setzte ich wieder an »Mir wurde erzählt, dass jemand hier lebt, der meine Sprache spricht. Als ich das hörte, machte ich mich sofort auf, Sie zu sehen.«
»Sag du zu mir. Mit dem Sie hab ich’s nicht so.«
»In Ordnung.« Ich lachte nervös. »Und wie heißt du?«
»Ich habe keinen Namen« brummte er »Was willst du hier?«
»Ich wollte mich mit jemandem in meiner Muttersprache unterhalten« verteidigte ich mich sofort.
»Wozu?« wollte er wissen »Worüber willst du dich unterhalten?«
»Oh, dies und das. Die Gegend hier... Mythen, Legenden... vielleicht auch nur ein wenig Small Talk.«
»Davon halte ich nicht viel« brummte er und drehte sich um.
Ehe ich etwas erwidern konnte, war er in der Hütte verschwunden. Aber er hatte die Tür offen stehen lassen, was ich als Einladung ansah, einzutreten. Also folgte ich ihm.
In der Hütte herrschte ein düster-dämmeriges Zwielicht und im ersten Augenblick konnte ich kaum etwas erkennen. Erst langsam gewöhnten meine Augen sich daran. Das Innere der Hütte war überraschend sauber. Ein primitives Bett stand in einer Ecke, in der Mitte des Raumes ein Tisch mit einem Stuhl und in der anderen Ecke eine Feuerstelle, über der ein gußeiserner Topf hing.
»Hübsch« bemerkte ich.
Er brummelte etwas unverständliches und ließ sich auf dem Stuhl am Tisch nieder.
»Du lebst hier alleine?« fuhr ich fort.
Für einen kurzen Augenblick huschte etwas über seine Züge, das ich als tiefsten Seelenschmerz interpretierte, aber genau konnte ich es nicht erkennen.
»Ja« antwortete er »Ganz alleine.«
»Kennst du dich hier in der Gegend aus?« setzte ich mein kleines „Verhör“ fort »Ich habe gehört, dass du schon eine ganze Weile hier lebst.«
»Wieso willst du das wissen?« fragte er geradeheraus.
Darüber hatte ich mir nie wirklich Gedanken gemacht und jetzt mit dieser Frage konfrontiert zu werden, verunsicherte mich ein wenig.
»Zum Zeitvertreib« antwortete ich vorsichtig.
»Zeitvertreib?« fragte er mit einem leicht missbilligenden Unterton.
»Naja, ich reise eben durch die Gegend« fuhr ich fort »Ich will fremde Kulturen und Länder kennen lernen.«
»Aber wieso?« wollte er wissen »Wieso tust du sowas? Einfach nur so oder steckt ein Sinn dahinter?«
Ich dachte für einen Augenblick nach, bis mir die richtige Antwort in den Sinn kam.
»Ich tue das für mich« antwortete ich schließlich »Ich hatte ein gewöhnliches Leben, war auf der Schule, hätte einen Beruf ergreifen können, Geld verdienen... Du verstehst? Aber das ist eben nichts für mich. Ich will nicht der Gesellschaft dienlich sein. Ich will keine Verantwortung für Dinge übernehmen, die mich nicht interessieren. Ich will mein Leben genießen. Deswegen habe ich alles hingeschmissen und mich auf den Weg gemacht.«
Als ich ihm diese Antwort gab, leuchteten seine grünen Augen geradezu auf.
»Dein Leben genießen« echote er »Ein nobler Vorsatz.«
»Nobel?« Ich lachte. »Wohl kaum.«
»Oh doch« fuhr er fort »Aber du musst vorsichtig sein, wenn du auf diesem schmalen Grat balancierst. Diesem schmalen Grat zwischen „Dein Leben genießen“ und „Dein Leben verschwenden“.«
»Wie meinst du das?«
»Es gibt so viele Menschen, die denken, sie würden ihr Leben genießen. Aber die meisten davon verschwenden es einfach nur mit Dingen, die keinerlei Bewandtnis haben.«
Er stand von seinem Stuhl auf und drehte mir für einen Augenblick den Rücken zu. Und als er sich wieder zu mir wandte, stellte er diese Frage...
»Was ist schlimmer?« setzte er an »Nach einem viel zu kurzen Leben den letzten Atem auszuhauchen, ohne jemals etwas von Bedeutung getan zu haben... Oder das schönste Geschenk der Welt zu erhalten, nur um es sofort wieder zu verlieren? Und das für alle Ewigkeit.«
Ich wählte die erste Antwort, die mir in den Sinn kam... Weniger eine Antwort, eigentlich eine Gegenfrage.
»Ist das nicht dasselbe?« fragte ich ihn.
Er lachte nur und warf mir einen geradezu mitleidigen Blick zu.
»Das sind die größten Unterschiede, die du dir vorstellen kannst« sagte er schließlich »Der Tod nach einem bedeutungslosen Leben ist denen vorbehalten, die ihr Leben verschwendet haben. Dafür werden sie nie diese unglaubliche Seelenqual des furchtbarsten Verlustes, den es geben kann, erfahren müssen. Jemand, der das schönste Geschenk der Welt erhalten hat, hat sein Leben genossen. Aber das beinhaltet für jeden die Gefahr, dieses wunderschöne Geschenk wieder zu verlieren und diese ewige Qual, diesen unvorstellbaren Schmerz zu verspüren.« Er lächelte wehmütig. »Und vielleicht sogar für alle Ewigkeit.«
Ich starrte ihn einfach nur offenen Mundes an. Bis es dann aus mir heraus platzte.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du mir damit sagen möchtest« murmelte ich.
»Das dachte ich mir« entgegnete er »Aber vielleicht kann ich dich ja dazu bringen, mich zu verstehen.« Er seufzte. »Du willst also dein Leben genießen? Nun, dann lass‘ mich dir eine Geschichte erzählen.«
»Eine Geschichte?« fragte ich »Eine Geschichte über dieses Land, über Mythen, Legenden, was auch immer?«
»Oh nein.« Er lachte. »Nichts dergleichen. Eine Geschichte über Genuss und Verschwendung, über Freundschaft, Verlangen, über das Leben, über Liebe und Tod.«
»Liebe und Tod?« echote ich.
»Liebe und Tod« bestätigte er »Die beiden größten Mächte im Leben eines Menschen, für immer untrennbar miteinander verbunden...«