Mein Name ist Lupus Imperatus und ich bin kaiserlicher Werwolf.

Ok, mein Geburtsname ist Ludovicus Importentus. Doch diesen Namen mag ich nicht. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was die Kinder der Tempelbezirk-Grundschule daraus gemacht haben. Nein, ich habe meinen Namen geändert, so wie sich mein ganzes früheres Leben änderte.

Mein Erzeuger, Blasius Importentus, war kaiserlicher Mundschenk im Weißgoldturm. Er war sehr stolz auf diesen Beruf und wollte, dass ich einmal in seine Fußstapfen trete. Den ganzen Tag mit Krügen und Bechern durch den großen Ratssaal hetzen und die feinen Herren und Damen bedienen? Nein Danke. Bin doch keine Schankmaid auf dem Eisherbstfest. Ich glaube, am Ende seiner Laufbahn hat der alte Herr mehr selbst getankt als er ausgeschenkt hat. Irgendwann ist er dann nicht mehr heimgekehrt.

So wollte ich nicht enden. Ich suchte mir eine Lehrstelle bei der Ostkaiserlichen Handelskompanie. Als Kaufmann durch ganz Tamriel reisen, fremde Orte sehen, Abenteuer erleben. Das war schon immer mein Traum.

Auf einer Dienstreise nach Skingrad traf ich SIE. MINNA. Sie hat mir nie ihren Nachnamen verraten. Doch das war mir egal. Sie hatte dieses gefährlich verführerische Glitzern in den Augen und ja, sie war sooo wild. Ich konnte gar nicht genug bekommen. Na ja, und eines Nachts hat sie mich gebissen.

Ich sage nicht, dass die Tage danach in Skingrad schlecht waren. Tagsüber lernte ich bei einem örtlichen Kaufmann, der ebenfalls zu Minnas Rudel gehörte. Nachts gingen wir auf die Jagd. Aber Skingrad ist nicht die Kaiserstadt. Da leben fast nur Kaiserliche. Es ist so, wie .... Stellt euch einfach vor, ihr würdet jeden Tag Leberwurstsemmeln essen. Früh, mittags und abends. Auch wenn ihr diese als Kind gemocht habt, irgendwann könnt ihr sie nicht mehr sehen.

***

Hammerfell hatte mich sofort fasziniert. Schon der erste Eindruck, als wir den Bergpass durchquert hatten und uns diese wild zerklüftete Landschaft empfing, war gewaltig. Die Stadt Elinhir, dominiert von den gewaltigen nedischen Türmen, war ein quirliges Handelzentrum, in dem sich Völker ganz Tamriels trafen. Sie wäre ein schönes Jagdrevier gewesen, doch leider hatten die beiden örtlichen Rudelführer eine sehr starke Abneigung gegen Kaiserliche. Warum auch immer ...

Mir blieb also nur weiterzuziehen. So ging ich nach Westen, folgte den Karawanenwegen nach Taneth, dann nach Gilane und schließlich nördwärts nach Schildwach. Auf dieser letzten Strecke, mitten durch die Alik'r-Wüste, traf ich auf ein sonderbares Paar. Sie hieß Laila, er Akim, und beide hatten zu einer wandernden Schaustellertruppe gehört, deren andere Mitglieder einem Werwolfangriff zum Opfer gefallen waren. Sehr traurig, wie ich fand. Ich bot mich sogleich als Begleiter und Beschützer an, da es immer besser ist, in der Gruppe durch die Wüste zu reisen.

So reisten wir gemeinsam nach Norden.
Akim war übrigens Schwerttänzer. Er konnte sehr spannend von seinen vielen Kämpfen erzählen, dir er früher im Auftrage irgendeines Königs bestritten hatte. Sie hatten seinen Körper gestählt, die Muskeln fest und zäh gemacht. Oh ja, davon konnte ich noch lange ein Lied singen.

Auch Laila hatte ihre Qualitäten. Und damit meine ich nicht dieses Wahrsagezeugs, mit dem sie ihre Münzen verdiente, sondern ... Nun ja, der Werwolf denkt an die langen gemeinsamen Nachtwachen und schweigt.

Letztlich endete die Geschichte in einer mondhellen Wüstennacht mit schmerzenden Kaumuskeln und jeder Menge Sand zwischen den Zähnen. Nein, Rothwardonen waren nichts für mich.

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Von Schildwacht setzte ich nach Glenumbra über. Oder zumindest war das der Plan, und es hätte geklappt, wenn da nicht dieses Piratenschiff aufgetaucht wäre. Unsere Mannschaft leistete tapfer Widerstand, hatte aber nicht den Hauch einer Chance. Ich, der ich ja nur Passagier war, hielt mich heraus und gehörte damit zum Beifang, wenn man so will. Kurz darauf legten wir in einem winzigen Fjord irgendwo in den Drachenschwanzbergen an.

Habt ihr schon mal ein Orkdorf gesehen? Nein? Glaubt mir, diese Erfahrung muss man nicht machen. Gleich neben dem Steg standen Trockengestelle, an denen Fische und große Stücke fliegenumschwirrtes Pferdefleisch einträchtig vor sich hin müffelten. Von der Schmiede her näherte sich eine kleine Prozession kräftiger Orkweiber, allen voran eine dicke Matrone mit Hauern wie ein Wildeber im Gesicht. Erst kratzte sie sich ungeniert am Hintern, dann wischte sie mit der gleichen Hand den Rotz von der Nase und schnauzte die gesamte Mannschaft an, ob sie denn heute wenigstens mal was vernünftiges erbeutet hätten. Da das wohl nicht der Fall war, folgte eine wüste Keiferei verbunden mit etlichen Handgreiflichkeiten und einem Piratenkapitän, der sich wimmernd am Boden wand, die Hände aufs Gemächt gepresst.

Schließlich zeigte die Herrin des Dorfes, denn das war sie zweifellos, auf mich und dann auf eine zu groß geratene Holzhütte oben am Hang, die wohl den Palast dieser Fürstin darstellen sollte. Während man mich dorthin brachte, watschelte sie zur Schmiede zurück, aus der bald darauf Hammerschläge erklangen.

Ich bin noch in der gleichen Nacht gegangen. Und nein, ich bin hungrig gegangen, bekam keinen Bissen herunter. Man kann ja über die Orks sagen was man will, aber die Hygiene haben sie nicht erfunden.

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Über einige Umwege gelangte ich doch noch nach Glenumbra und traf auf meiner Wanderung auf eine seltsam gekleidete Frau. Ihre bodenlange violette Robe war mit zweifarbigen Stickereien verziert, ein roter Kreis mit Kreuz darunter und ein blauer Kreis mit nach oben zeigendem Pfeil. Ihr wisst schon, solche Zeichen, wie man sie gewöhnlich an den Türen stiller Örtchen im Kaiserpalast suchen würde.
Darauf angesprochen erwies sie sich als äußerst auskunftsfreudig:
"Natürlich dürft Ihr das fragen, werter Herr", begann sie. "Mein Name ist Melinda La Même und ich bin die Gleichstellungsbeauftragte des König- und Königinnenreiches Wegesruh. Ich reise in einer äußerst wichtigen Angelegenheit im Lande herum, nämlich den Untertanen und Untertaninnen seiner und ihrer Majestät die absolute Notwendigkeit einer gendergerechten Sprache darzulegen. Wisst Ihr, Unterdrückung besteht ja nicht darin, dass ein paar wenige das Sagen haben und die Mehrheit nicht, sondern dass die Hälfte dieser Mehrheit in den Erlassen und Verordnungen seiner und ihrer Majestät gar keine Erwähnung findet. Meint Ihr nicht auch?"
"Äh ... ja."
"Genau. Und genau dafür bin ich da. Um dieses Missverhältnis aufzuzeigen."
"Und das macht Ihr hier in der Wildnis? Nicht in Wegesruh oder so?"
"Aber nein! Das ist doch gerade der Punkt. Wenn ich das in den großen Städten tun würde, dann würde es doch so aussehen, als ob seine und ihre Majestät mir das befohlen hätten und die Akzeptanz wäre viel geringer. Nein, ich muss zuerst die Basis erreichen. Die einfachen Leute auf dem Land, die Bauern und Bäuerinnen, die Holzfäller und Holzfällerinnen, die Hehler und Hehlerinnen, ... Apropos, habt Ihr gewusst, dass es prozentual viel weniger Holzfällerinnen als Hehlerinnen gibt? Nein? Ich denke, auch da muss dringend etwas getan werden. Vielleicht sollten seine und ihre Majestät eine Frauenquote einführen?"
Fragend sah sie mich an. Ich wusste zwar nicht, was eine Frauenquote war, nickte aber trotzdem.
"Ihr versteht mich. Es tut so gut mit euch zu reden." Sie seufzte zufrieden.
Über die nächsten fünf Stunden erfuhr ich alles Wissenswerte über das König- und Königin... über Wegesruh und die angrenzenden bretonischen Herrschaftsgebiete, über Frauenpower, geschlechterspezifische Diskriminierung und Menstruationszyklen. Mir schwirrte der Kopf. Als wir dann abends am Feuer saßen und sie ihr Butterbrot kaute, wagte ich dummerweise eine Gegenfrage:
"Melinda, meint Ihr nicht auch, dass nicht nur Frauen ungerecht behandelt werden, sondern auch andere Geschöpfe, wie ... zum Beispiel Werwölfe?"
Sie vergaß fast zu schlucken, starrte mich nur an, schluckte dann doch und antwortete: "Werwölfe? Seid Ihr noch bei Trost? Wer wird denn wilden Bestien irgendwelche Rechte zugestehen wollen?"

Nun, ihr könnt euch sicher denken, dass König und Königin von Wegesruh umgehend eine neue Gleichstellungsbeauftragte brauchten. Oder auch nicht. Für mich hatten sich die Bretonen erledigt. Im nächsten Hafen suchte ich mir einen schnellen Segler, der mich nach Ersthalt in Sommersend brachte.

***

Ersthalt auf Auridon, der erste Anlaufpunkt für alle, die den Archipel der Hochelfen besuchen wollen. Die Stadt vermittelte einen ersten Eindruck beeindruckender altmerischer Baukunst. Hohe Häuser mit schmalen Fenstern, schlanken Türmchen und reichlich Verzierungen dominierten das Stadtbild. Ruhige Wasserläufe und üppige Grünflächen rundeten das Bild ab. In der Luft lag der Geruch blühender Bäume, und bunte Vögel zwitscherten als gäbe es kein Morgen. Besser konnte die Ankunft in einem neuen Land nicht sein ... wenn man ein Hochelf war.

Ich war keiner, und deshalb hatte ich die gleiche Anmeldeprozedur über mich ergehen zu lassen, wie jeder andere Besucher.
In Begleitung einer Eskorte auf Hochglanz polierter Thalmorsoldaten marschierten wir durch den Hafenbezirk zum Besucherzentrum des Archipels. Von außen sah es noch recht einladend aus, von innen jedoch waren die Fenster vergittert, niedrige Zwischendecken eingezogen und die Wände nackt und kalt. Der Reihe nach hatten wir an den Schreibtisch zu treten, wo uns ein extrem humorloser Beamter nach Strich und Faden ausfragte. Woher? Wohin? Wo geboren, wann geboren, warum geboren? Beruf der Eltern, Großeltern und Vettern dritten Grades. Schuh- und Konfektionsgröße, ... Holgar Steinzahn, ein Nord, den ich auf dem Schiff flüchtig kennengelernt hatte und der immer seine Fellmütze mit blau eingefärbtem Waschbärschwanz trug, konnte die Frage nach seinem Vater nicht beantworten. Er hatte nie erfahren, wer sein Erzeuger war. Sogleich wurde er in einen Nebenraum "zur weiteren Befragung" geführt. Was dort geschah, erfuhr ich nicht. Aber ich wollte es auch gar nicht wissen. Ich beantwortete alle Fragen. Manche nicht ganz wahrheitsgemäß, doch das fiel nicht auf.

Danach ging es ins Nachbargebäude zum Gesundheitscheck. Die Altmer waren peinlichst darauf bedacht, keine Krankheiten auf ihren Inseln einzuschleppen, wie sie erklärten. Etwas Logik hatte die Sache also schon. Als sich der grinsende Heiler allerdings den Gummihandschuh überstreifte entschied ich, dass der Spaß nun vorbei war.
Ganz dummer Fehler.

Der Lähmungszauber ließ erst nach, als ich mich auf dem Schiff nach Valenwald befand. Zusammen mit etlichen anderen ausgesonderten Besuchern der Inseln.
Also falls ihr plant, auf den Sommersendinseln euren Urlaub zu verbringen, vergesst es! Glaubt den Prospekten der Reiseagenturen nicht, es sei denn, ihr seid Altmer.

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Noch ein kleiner Nachsatz zu den Hochelfen. Wisst ihr, was so toll an ihnen ist? Nein? Anstatt unliebsame Gäste zum nächsten Hafen zu bringen, setzen sie sie per Boot an abgelegenen Stränden aus. Valenwald hat etliche davon, und meist führen nur schmale Pfade durch dichte Wälder zurück in die Zivilisation.

Ich folgte solch einem Pfad. Der Wald störte mich nicht. Die wilden Tiere spürten, dass sich unter der Haut dieses Kaiserlichen etwas sehr gefährliches verbarg, und gingen mir aus dem Weg. So fand ich die Lichtung mit den vielen kleinen Baumhütten, in denen ein Bosmerstamm lebte. Die Leute waren alle sehr nett. Spontan boten sie mir eine Schale mit frischem Obst zum Essen an, was ich freundlich aber bestimmt mit Verweis auf einen nervösen Magen ablehnte. Mein Glück, denn damit hatte ich die Prüfung bestanden.
Der Dorfälteste erzählte mir später viel über einen Grünen Pakt, den sein Volk mit dem Wald geschlossen hatte. Pflanzen zu essen oder ihnen zu schaden war tabu. Selbst Holz durfte nur genutzt werden, wenn es nicht im Wald gefunden sondern am Strand angeschwemmt worden war.
Prinzipiell wurde alles genutzt, was am Strand angeschwemmt wurde.

Wie dieser letzte Satz gemeint war, erfuhr ich am nächsten Abend, als das Dorf zu Ehren irgendeiner Naturgottheit ein großes Fest veranstaltete. Ich war als einziger Gast anwesend und bekam dadurch die volle Aufmerksamkeit. Ein Würstchen hier, ein Fleischspieß da, ... zwischendurch Unmengen von Jagga. Ein grauenhaftes Gesöff, sage ich euch, aber es steigert den Appetit auf Gebratenes und auf Gulasch, welcher in einem riesigen Topf inmitten des Dorfplatzes fröhlich vor sich hin köchelte. Der Dorfälteste selbst nahm die Schöpfkelle und füllte eine Schüssel für mich bis zum Rand. Ich schlang es geradezu hinunter, denn der Alkohol des Jaggazeugs machte sich inzwischen ordentlich bemerkbar. Vielleicht lag es an dieser Kombination, dass das Fleisch etwas merkwürdig schmeckte. Merkwürdig und vertraut zugleich, doch ich kam nicht darauf woran es lag. Nicht an diesem Abend.

Am nächsten Morgen brauchte ich Bewegung und verabschiedete mich, um auf die Jagd zu gehen. Man wünschte mir Glück und würde schon mal den großen Gulaschtopf reinigen. Dazu benutzten sie allerlei fremdländisch aussehende Kleidungsstücke, unter anderem auch eine Fellmütze mit blau eingefärbtem Waschbärschwanz.
Tja, nun wusste ich, woran mich der Geschmack des Fleisches erinnert hatte.

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Der Jagdausflug dauerte etwas länger. Genau genommen etliche Tage. So viele, wie man halt braucht um den Valenwald zu durchqueren und die offenen Steppen Elsweyrs zu erreichen. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich war, beim Blick zum Himmel wieder die Sonne zu sehen und nicht nur Blätter.

Eine Weile wanderte ich querfeldein, vernaschte den ein oder anderen Zuckerrohrbauern (Nein, ich meine das nicht anzüglich!) und übernachtete in winzigen Nomadenlagern oder einfach unter dem Sternenhimmel. In einem dieser Nomadenlager traf ich Relith-roj-sej'daro. Ich hoffe, ich habe ihren Namen hier korrekt aufgeschrieben, denn aussprechen konnte ich ihn nie. Ich habe die Kleine dann einfach Reli genannt. Immer wenn ich diesen Namen sagte, schaute sie mich mit ihren zweifarbigen Augen an und kicherte. Reli war überhaupt sehr lustig. Sie lachte viel, machte unanständige Witze über alle felllosen Rassen und versicherte mir danach stets, dass das nicht auf mich zutreffen würde. Ich hätte ja zumindest sporadisch ein Fell.
Gut, Reli hatte meine Natur sofort erkannt und absolut keine Angst vor mir. Sie nahm dafür immer dieses bewustseinserweiternde Pulver. "Das entspannt", sagte sie immer und kicherte.

Mit der Zeit ging mir das ständige Gekicher doch etwas auf den Geist. Und noch eine Eigenart bemerkte ich an Reli: ihre Reinlichkeit. Bei jeder Gelegenheit widmete sie sich der Fellpflege. Dagegen wäre gar nichts zu sagen, wenn sie das mit einem Kamm oder einer Bürste gemacht hätte. Reli nutzte jedoch ganz traditionell ihre Zunge dafür. Stellt euch nur vor, wie gelenkig jemand sein muss, um sich auf diese Art die Füße zu waschen. Oder stellt es euch lieber nicht vor ...

Dann kam diese besondere Vollmondenacht, als Reli mich zu gegenseitiger Fellpflege überredete. Im kleinen Zelt bei Kerzenschein löste sie eine Portion ihres Superpulvers in Wein auf und prostete mir damit zu. Noch während ich trank begann sie zärtlich mein Nackenfell zu kraulen ...

Die Nacht muss toll gewesen sein. Denke ich. Leider habe ich keine Erinnerung mehr daran. Die kam erst am nächsten Morgen wieder, als ich völlig nackt in der Steppe erwachte. Von Reli und ihren Nomaden keine Spur.
Später erfuhr ich dann, dass der Namensteil 'daro eine Art Ehrentitel für besonders geschickte Diebe war. Hätte mir das nicht jemand vorher sagen können?

***

Von Elsweyr nach Schwarzmarsch ist es nur ein Khajiitsprung. Ha! Jetzt habe ich einen dämlichen Witz über die Katzen gerissen! Na ja, der war flach, oder?

Die schwüle Hitze dieser Sumpflandschaft traf mich wie ein Hammerschlag. Handtellergroße Moskitos umschwirrten mich, blubbernde Tümpel säumten die Wege und einige Pflanzen versuchten tatsächlich mich zu beißen. Nein, das war nicht meine Welt.

Den Einheimischen machte die gewöhnungsbedürftige Natur natürlich nichts aus. Ja, diese schwierigen Lebensbedingungen schienen dafür zu sorgen, dass ihr Fleisch besonders zart und lecker schmeckte, wenn man erst einmal durch die schuppige Haut durch war. Es erinnerte ein wenig an Hühnchen. Hühnchen mit einer ganz leichten Fischnote.

In der Schwarzmarsch ergaben sich irgendwie keine Bekanntschaften. Ich wanderte von Ort zu Ort, kam langsam dahinter, welche Kreaturen harmlos waren und welche auch ein Werwolf tunlichst meiden sollte, denn Giftresistenz ist nicht gerade unsere Stärke. Und ich litt noch immer unter der feuchten Hitze.

Eines Tages saß ich gerade in der kleinen Ortschaft Xisyfilisitki zu Tisch. Die Reste des Hausherren lagen vor mir und ich war satt und zufrieden. Da roch ich plötzlich, dass ich nicht mehr allein war.

Habt ihr schon einmal von den Schattenschuppen gehört? Nein? Das ist eine Gilde staatlich sanktionierter Mörder, etwa so wie die Morag Tong in Morrowind. Sie beherrschen sehr starke Unsichtbarkeitszauber, das muss man ihnen lassen. Gegen Werwolfnasen schützt so ein Hokuspokus natürlich nicht.
Es waren vier bis an die spitzen Zähne bewaffnete Assassinen. Also eine Herausforderung mit ungewissem Ausgang, wenn man so will. Da ließ ich mich lieber auf ein Gespräch ein.

"Wir haben ein Problem", sprach Lispelt-feucht, der Anführer des Trupps. "Ihr habt unsere Zielperson da auf dem Tisch."
Das stimmte wohl. Doch wenn der Mann wirklich sterben sollte, dann war es doch egal, wer die Arbeit erledigte, oder? Lispelt-feucht stimmte mir im Prinzip zu. "Das dumme ist nur, dass unser Austraggeber das Herz dieses Mannes als Beweis möchte. Ihr habt nicht zufällig...?"
"Hmm .... Ich könnte versuchen, es wieder hochzuwürgen?"
"Das würde gehen?", fragte Lispelt-feucht.
"Ich weiß nicht. Habe das noch nie versucht. Aber ... was bedeutet schon ein Herz als Beweis. Nehmt doch sein ... äh ... ihr wisst schon. So was esse ich nicht. Und euer Auftraggeber hätte ein originelles Andenken an den Verstorbenen."
Die Schattenschuppen berieten sich kurz und daraufhin einigten wir uns tatsächlich auf diesen Vorschlag.

Für den Fall, dass der Auftraggeber doch nicht zufriedengestellt werden konnte, verließ ich lieber das Land und wandte mich nach Norden.

***

Ich staune immer wieder, wie vielfältig die Landschaft unseres schönen Kontinents sein kann. Erst die gepflegten Parklandschaften Sommersends, dann der dichte Valenwald. Danach die Steppen Elsweyrs und wieder stinkender Dschungel. Das nennt man Abwechslung.
Nun hatte sich die Landschaft schon wieder verändert. Statt durch knöcheltiefen Morast lief ich über rissiges Tuffgestein.

Am Ende eines Tages erreichte ich eine niedrige Tür, die direkt in die Bergwand zu führen schien. Sie war nicht abgeschlossen, ich hatte keine bessere Idee, also trat ich ein.
Erst führte ein langer Weg in die Tiefe, dann in eine kleine Halle, die von Fackeln spärlich erhellt wurde. Mitten im Raum stand ein Tisch, reich gedeckt mit allerlei leckeren Speisen.

An den Stirnseiten saßen sich zwei etwas blass wirkende Dunmer gegenüber. Vermutlich ein Ehepaar aus gehobenen Kreisen, das etwas zu feiern hatte. Um mich nicht aufzudrängen, drehte ich mich um und wollte gehen. Doch der Durchgang hinter mir war ... weg.

"Kommt doch zu uns, Serjo", wisperte die Dame. "Setzt euch und nehmt teil an diesem wundervollen Mahl".

Nun ja, was sollte ich tun? Weggehen ging ja nicht. Also beschloss ich, mir die Sache ein Weilchen anzuschauen. Zur Not würde ich die beiden eben fressen und der Magie damit ein Ende machen.
Ich setzte mich an den Tisch, wo schon ein sauberer Teller und ein gefülltes Glas auf mich warteten. Die beiden Herrschaften waren wirklich perfekte Gastgeber. Immer wieder füllten sie meinen Teller mit den leckersten Bratenstücken auf, gossen schweren roten Wein nach und plauderten von so lange vergangenen Zeiten, an die sich kaum noch ein Lebender erinnern konnte. Ich dachte mir nichts dabei. Elfen wurden eben sehr alt, wenn sie nicht gefressen wurden.

So verging der Abend und auch die Nacht. Mit einem Schlag erstarb das Gespräch, und der Inhalt meines Mundes fühlte sich sehr merkwürdig an. So alt und staubig.
Als ich auf den Teller heruntersah, musste ich reflexartig niesen, wodurch die feine Asche sogleich im ganzen Raum verteilt wurde. Sie legte sich als hauchdünne Schicht auf die beiden Skelette, die sich wohl schon seit Jahrhunderten an den Seiten des Tisches gegenübersaßen.

Nachdem ich gefühlt zwei Kilo Asche ausgekotzt hatte, verließ ich das Ahnengrab durch den zum Glück wieder sichtbaren Ausgang. Ich verließ auch Morrowind, denn auf eine Wiederholung dieses Erlebnissen hatte ich so gar keine Lust.


***

Bei den Göttern, was gäbe ich jetzt für einen Schal und Handschuhe! Das ist hier so kalt, da friert einem beim Hecheln die Zunge an der Unterlippe fest. Wohin man schaut nur Eis und Schnee. Und dieser Frosttroll dort rechts. Moment mal. Frosttroll?
....
Baahhhh. Das Viech hat grauenhaft geschmeckt. Ich will hier weg! Sofort!

Nachdem ich die kleinen Umstellungsschwierigkeiten überwunden und mir Schal, Mütze und Handschuhe besorgt hatte, ging es mir deutlich besser. So schlimm war auch die Kälte nicht mehr. Man musste nur wissen, wie man sie am besten ertrug. Und Rudolf wusste es.
Rudolf war ein fahrender Methändler. Er besaß eine Kutsche mit zwei riesigen Ackergäulen davor, eine Ladung von Metfässern und ein kleines aber gut isoliertes Zweimannzelt für die Nächte unterwegs. Mehr braucht man nicht zum Leben. Sagte Rudolf.

Das Zelt war auch dringend nötig, denn für den Weg von einer Ortschaft zu nächsten brauchte Rudolf oft mehrere Tage. Das lag zum einen daran, dass er selbst sein bester Kunde war, und zum anderen an Rudolfs absoluter Sturheit. Er weigerte sich standhaft auf den Kutschbock zu steigen, wenn er getrunken hatte. "Don't drink and drive" stand in einer fremden Sprache an der Seite des Gefährts. Keine Ahnung, was das bedeuten sollte, und Rudolf wusste es auch nicht. Aber er war der festen Überzeugung, dass ein angetrunkener Kutscher die Götter verärgern würde.

Na ja, ihr wisst ja, dass ich sehr geduldig bin. Aber nach zwei Wochen hatte ich genug und beschloss, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich frühstückte also noch einmal ordentlich, spülte mit reichlich Met nach (Rudolf brauchte ihn ja nicht mehr) und stieg auf den Kutschbock. Schon ging es los.

Was soll ich sagen: Ich kam bis in die nächste Stadt. Die Wache hielt mich an, ließ mich in so ein komisches Röhrchen pusten und führte mich sogleich ab.

Nun sitze ich in meiner Zelle im Kerker von Einsamkeit. Nicht weil ich ein Werwolf bin und den ein oder anderen Zivilisten auf dem Gewissen habe. Das interessierte den Richter nicht sonderlich. Nein! Ich habe (unwissentlich) gegen ein neues Nordgesetz verstoßen, das Trunkenheit am Kutschbock verbietet.
Welch eine Ironie!