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    Ehrengarde Avatar von Colodis
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    Die Wellen schlugen gegen das Boot, es war nicht das Grösste. Ganz im Gegenteil, noch kleiner und einer von Ihnen hätte nach Setarrif schwimmen müssen. "Alter, wo zum Teufel hast du das Ding nur her? Das grenzt ja an Wahnsinn damit bis zu den Inseln zu fahren, selbst in unserem Massstab."
    "Zum hundertsten Mal, ich weiss es doch nicht mehr. Ich bin bei dem Verrückten aufgewacht, wo du mich abgeholt hast."
    Colodis schüttelte den Kopf und legte die Hand an die Stirn.
    "Nochmal, warum mussten wir dich gleich noch mitnehmen?"
    "Nordi haben Lebensschuld, wie wollen begleichen wenn seien ganz weit weg."
    "Achja, richtig."
    Dem ganzen wohnte zwar eine gewisse Logik inne, aber trotzdem machte der Tischler sich Sorgen. Selbst wenn der dicke Ork nur gähnte schaukelte ihre Nussschale schon gefährlich.
    Nein, Wasser war definitiv nicht sein liebsten Terrain. Kotzen musste er zwar noch nicht und die Seeluft hatte ihm auch noch nicht die Augenbrauen zerfressen.
    Von Ungeheuern war weit und breit keine Spur, wie konnte es noch besser aussehen?
    Der Nordmann war der festen Überzeugung, dass ein grösserer Wal sie mit einem Haps verspeisen würde.
    Alle diese Gedanken sollten ihn von den Ereignissen in Nordmar ablenken. Aber tatsächlich ging es ihm nie besser, zumindest nicht in letzter Zeit.
    Er fühlte sich lebendig, so als hätte sein Leben wieder einen Sinn bekommen. Mit neuer Zuversicht konnte er sich wieder in Aufgaben stürzen. Allerdings würde ihn vorher noch einige erwarten wenn sie wieder zurück waren. Es änderte nämlich nichts daran, dass er abgehauen war und allen Voran dem König mehr als eine Erklärung schuldig war.
    Der Schamane musste niesen und das Boot kenterte beinahe. Das Wasser schwappte gefährlich ins Innere.
    "Kannst du dich mal beherrschen, sonst versenkst du uns noch bevor wir die Chance haben überhaupt Land zu erreichen."
    "Machen nix grosses Theater Mensch, wenn untergehen dann retten schon wieder und dann machen Lebens-Beatmung."
    Colodis war sich sicher, dass sein Gesicht die Farbe gewechselt hatte alleine beim Gedanken und der Fahne die beim Sprechen zu ihm rüber schwirrte. Toll, jetzt war ihm doch übel.

  2. Beiträge anzeigen #102
    es war einmal Avatar von Raad
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    Der Schwarzhaarige verzog angewidert den Mund. Das konnte ja heiter werden. Zuerst brachte der Ork das Boot zum Kentern, dann schleifte er die beiden Morras an Land und versuchte sie mit seinem stinkenden Atem wiederzubeleben. Wenn das funktionierte, wäre es Raad die reinste Freude. Immerhin wäre dieser Alptraum, in einer kleinen Nussschale über das Weltmeer zu schippern, vorbei. Es war jedoch wahrscheinlicher, dass der Gestank des Orks die menschlichen Körper eher von innen heraus verfaulen ließ.

    Raad würgte gespielt. „Widerlicher Pelzspender. Das hättest du wohl gerne, dass wir dauerhaft von dir abhängig sind.“, warf der Akademieleiter dem Grünfell entgegen und winkte ab. „Das wird nicht passieren. Eher kriech ich Rhobar in den Arsch.“

    „Sollen warm da sein. Immerhin seien er von Innos erwählt. Und da, wo Feuer sein, sein warm immer.“

    Die Miene der beiden Menschen versteinerte. Der Ork dagegen gackerte amüsiert. „Fordern mich mit dummen Sprüchen heraus, ich zeigen euch, dass Orkse können das besser.“

    Raad schnaubte verächtlich. Das sehen wir noch., dachte er auf Rachen sinnend, schwieg aber. Er hätte sich in diesem Augenblick eingestehen können, dass ihm keine Erwiderung einfiel. Aber das wäre lächerlich gewesen…

    Stattdessen dachte er daran zurück, was in Nordmar passiert war. Eine Nacht hatten sie noch in der Hütte des Eremiten verbracht. Am nächsten Tag waren sie aufgebrochen und der Ork war ihnen wie ein Schatten gefolgt. Ein madiges Grinsen auf seinem Gesicht und mit der Anmut eines Trolls. Wann immer sich Raad nach ihm umgeschaut hatte, offenbarten die Zahnlücken die tiefen Abgründe, welche die Anwesenheit des Orks mit sich brachten. Wie sollten sie ein Schiff finden, wenn Häfen meist nur dort waren, wo auch Menschen waren und Menschen natürlicherweise und gerade auf dem Festland jedem Ork eher des Kopf abschlugen, als ihn mit einer Umarmung willkommen zu heißen? Und würde man Raad und Colodis in Begleitung des Orks sehen, wären direkt zwei weitere Geschichten an ihr plötzliches Ende gelangt. Viel zu jung… Gestorben, weil ein Ork so tat, als sei er ihr Freund.

    Die rettende Idee hatte dann blöderweise ebenfalls der Ork. Eine Anlegestelle in Nordmar. Nur logisch, dass Raad beim Anblick des kleinen Kahns, der zumindest ein Mast und ein Segel besaß, dachte, dass es seiner sein muss. Auch, wenn er sich nicht erinnern konnte. Eine andere Möglichkeit gab es kaum, auf das Festland zu kommen. Und da ein anderweitiger Besitzer nicht laut brüllend von irgendwo sein Schiff beschützen wollte, als sie es bestiegen und abgelegt hatten, gewann sein Gedanke ein Fundament.

    Nun waren zwei Tage vergangen. Der Ork saß in der Mitte am Mast. Die beiden Menschen verteilten sich an Buck und Heck. Alle drei versuchten sie irgendwie ein Gleichgewicht zu halten, welches immer wieder durch den Wellengang gestört wurde. Ein Sturm… Raad dachte lieber nicht daran.

    „Da fallen dir nichts ein, Südmorra. Wie?“

    Der Schwarzhaarige zuckte ob der plötzlichen Frage zusammen. Mist. Er hatte vollkommen vergessen eine Erwiderung zu finden… „Können wir ihn nicht einfach den Piranhas zum Fraße vorwerfen, Nordi?“, fragte Raad leidend in Richtung Colodis‘. Auch wenn es schade um etwaige neue Spitznamen war, mit denen der Ork ab und zu um sich warf…

  3. Beiträge anzeigen #103
    Ehrengarde Avatar von Colodis
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    "Und du glaubst wirklich die Essen sowas?", gab er grinsend zurück.
    Andererseits, was würden sie mit ihm machen sobald sie in Setarrif waren? Das Monster heimlich in einer Höhle ausserhalb der Stadt halten?
    So wie er ihn mittlerweile kannte würde er mitten über den Königsplatz spazieren ohne zu zögern. Es war vielleicht nicht die Art Wilkommensgeschenk, welche sie zur Party mitbringen sollten.
    Er würde ohnehin nur Probleme machen.
    "Was machen wir mit ihm sobald wir da sind? Du weisst wie gut das geht wenn wir versuchen Verrückte heimlich durch die Stadt zu schmuggeln. Es endet wieder darin, dass Unschuldige sterben müssen. Dieses Mal könnten wir an der Reihe sein, obwohl wir vielleicht nicht die klassischen Unschuldigen sind."

    "Morras reden als ob Orkse dumm und gar nicht zuhören. Aber seien hier und können verletzt sein."
    Dann drückte er eine fette Träne über seine Wange.
    Colodis rieb sich die Augen, tatsächlich, so ein elender Schauspieler. Wie schaffte er das nur jedes Mal
    Nochmal so eine Show vonwegen er sei nicht Dick konnte er nicht ertragen ohne ihn zu erwürgen. Mit einem Ork auf einem so kleinen Boot, noch dazu mit einem derart komischen Clown. Es war die Hölle.

    "Im Moment hab ich auch keine bessere Idee, ausser die Piranhas fragen ob sie sich den Appetit verderben wollen."

  4. Beiträge anzeigen #104
    General Avatar von Yared
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    Lond en Faein, Gestade der Anderswelt, Sphäre der Mutter

    Der Sippenführer fuhr herum. Die glockenhelle Frauenstimme hatte ihn unverwandt aus seinen Gedanken gerissen. Dass sich auch ständig jemand an ihn heranschleichen musste, dachte er bei sich und presste erstmal die Augen kräftig zusammen, um einen klaren Blick auf die amazonenhafte Kriegerin vor sich zu bekommen. Sie war unzweifelhaft schön, ihre Augen waren blau, aber nicht so hell wie die Nanamis, eher etwas grünlicher, türkis, wie die See, ihre Haut blass, gelblich wie Sand und ihr Haar weiß wie die Gischt. Ihr helles Gewand, weit und luftig, schien abgetragen und verwaschen, ohne rechte Konturen und stets flatternd im Wind, der vom Meer die Klippe hinaufzog.
    Sie wollte ihn nicht töten, sie war hier um zu reden. Andernfalls hätte längst der Schaft ihres Speers der von Form und Ausgestaltung eher einem Stab glich, wie ihn Druiden manchmal auf Reisen mitnahmen. Zeit genug dazu hatte sie gehabt.
    Was hatte sie gesagt? Dies war das Werk seines Herrn, eines untoten Geistes. Mochte Letzteres die Ratte sein?
    Rasch wandte sich Yared, so unhöflich es war, von der Frau, die noch gut als Mädchen durchgehen mochte, ab und den Leichen zu.
    War das dann wirklich Benjen? Endete man so, wenn die Ratte einem das letzte Bisschen Lebenskraft entrissen hatte? War er deshalb hier? Um zu sterben?
    Er schüttelte den Kopf. Nicht kirre machen. Keine voreiligen Schlüsse, dachte er und drehte sich mit der Absicht, Gewissheit zu erlangen, wieder zu der jungen Frau um.
    "Ihr kennt den Geist der Ratten?"
    "Wir alle kennen jenen unter uns, der den Kreis des Lebens zu durchbrechen sucht, der nicht vom Leben ablassen, den Tod nicht akzeptieren will. Wir alle kennen deinen Herrn, Mann, den die Seherin Círdan nennt."
    Ihre Stimme war seltsam, ernst und doch lebhaft, zugleich traurig und doch schön, wie eine Perle.
    "Wer seid Ihr und was wollt Ihr von mir?"
    Sie kannte einen seiner Namen, also sollte sie ihm auch den ihren verraten.
    "Ich bin Aktaia, die Nymphe der Küste. Deine Nymphe sollte ich sein Círdan, dich geleiten, wie so viele von uns so viele von euch geleiten, wie es einst vorherbestimmt war, ehe die Schatten deines Herrn mir die Bindung verwehrten."
    Der Kapitän hatte davon gehört, es einmal sogar miterlebt. Das Waldläuferritual war in einigen der alten Bücher beschrieben worden, die ihm Benjen zu lesen gegeben hatte. Yared erinnerte sich noch gut an den Abend von Orthegos Ritual, den Abend in Beria, als die Ratte zu ihm gekommen war.

    "Ich vernahm, du suchst nach deiner Nymphe. Ist es wirklich so schwer die Nymphen unserer Zeit zu erkennen?"

    Das hatte er an diesem Tag zu hören bekommen. Welch bittere Ironie war das? Warum hatte er das süffisante Lächeln der Ratte nicht früher richtig gedeutet. Vielleicht hätte er sie retten können, Núri, vielleicht ihre Mutter Saoirse, vielleicht sogar Benjen? Vermochte er selbst überhaupt sich zu retten? Würde er selbst vergehen, wie all die anderen, die auf der Klippe ihre letzte Ruhe gefunden hatten? Wer würde nach ihm kommen? Nach ihm das Leben der Ratte sponsern? Nach ihm nach allen regeln der Kunst gerupft und ausgenommen werden? blieb ihm jetzt nur noch Tod und Schmerzen zu erwarten?
    Irgendwo in sich verspürte Yared traurigen Respekt für dieses Possenspiel, für all das, was die Ratte ihm angetan hatte. Nicht viele hätten Yared, den Ältermann, den Waldläufer, den Soldaten, den Seefahrer, den Philosophen so vollständig besiegt.
    Vielleicht war er nicht weise genug, um sich selbst als Philosoph zu bezeichnen. Möglich, dass diese Selbstüberschätzung bezeichnend war, bezeichnend für ein Leben das bald vom Antlitz dieser Welt getilgt sein würde.
    Der Sappeur, der Deserteur, der Wanderer war zu müde um in sich zusammenzusinken. Er schleppte sich durch eine Gedankenwelt voller Resignation, Gepflastert mit Stimmen die ihm zu riefen, dass es aus war.
    Doch dann machte das alles einem alten Befehlston Platz. Yared musste grinsen, so wenig er das wollte, als er Taviks Gesicht vor seinem innern Auge auftauchen sah.

    „Eine reine Zumutung für alle Gesellen hier in der Taverne, die sich des Lebens erfreuen, dich Trauerklos ertragen zu müssen. Du bist hier unter Freunden, Gefährten und Brüdern. Bei Adanos, Yared, ich schwör’s dir bei Adanos, wenn du dich jetzt betrinkst und mich ignorierst, landest du vor der Taverne im Dreck.“

    Tavik hatte es immer gewusst, gewusst, wie man mit Niederlagen umzugehen hatte.
    Der Sippenführer fand wieder den Weg aus seinen Gedanken zu Aktaia. Lange sah er ihr in die traurigen Augen. Sie waren wie ein Liebespaar, das nie die Möglichkeit gehabt hatte auch nur ein Wort zu wechseln, einen Blick auszutauschen. Die Ratte hatte nicht nur ihm, auch ihr viel genommen. Dann fasste er sich.
    "Was muss ich tun?"

  5. Beiträge anzeigen #105
    es war einmal Avatar von Raad
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    „Was interessiert uns der Appetit der Piranhas. Wir treten seinen Kopf einfach so lange unter Wasser, bis er nicht mehr zurückkommt. Und ein wenig an ihm Rumknappern werden sie ja doch.“, der Schwarzhaarige grinste. Er glaubte kaum, dass die Fleischfresserfische derart wählerisch seien. Obschon… „Wahrscheinlich stören sie sich eher an den langen, borstigen Haaren…“, schon Raad hinter.

    Der Ork starrte ihn finster an. Als seine Tränen waren versiegt. Wie sollte er auch noch welche finden, wenn er merkte, dass diese ihm sowieso nichts nützten. „Morras seien frech. Dabei seien Morras wie Fliegen. Immer schwirren um einen und nerven mit dämlichen Gesummen. Aber man euch hauen einmal auf Kopf und ihr fallen um.“, schimpfte der Schamane und wackelte dozierend mit dem Zeigefinger, „Sollten froh sein, dass so viel geballte Weisheit euch begleiten. Die Leben, die ich schon gelebt, seien ungezählt. Können euch viel erzählen über die Welt. Euch Lehren die höheren Sphären zu erkennen. Und euch vor dummen Entscheidungen bewahren, sollten ihr wieder wollen mit Geist paktieren.“

    „Genau. Ganz meine Rede. Du kannst viel erzählen. Besonders wenn der Tag lang ist.“, erwiderte Raad trocken und zuckte mit den Schultern, als der Ork den Mund öffnete, ihn wieder schloss und missmutig die Arme verschränkte, indes sein Körper kurzzeitig heftig wackelte. Das gesamte Boot begann in Folge dessen wie ein Blatt im Sturm zu schwanken.

    Raad seufzte genervt und versuchte sich dagegen zu stemmen. Der Nordmann tat es ihm gleich und mit etwas Glück gelang es ihnen, nicht zu kentern. Auch, weil der Ork so gnädig war, und sein Gezappel einstellte. Wahrscheinlich hatte er sich im letzten Augenblick daran erinnert, dass er nicht schwimmen konnte oder Wasser seinem stinkenden Teint schaden würde.

    „Am Ufer Setarrifs gibt es eine Höhle. Irgendwo zwischen den Klippen. Dort sollten wir ihn hinbringen.“

    „Nicht akzeptabel dies seien.“, donnerte der Ork mit tiefer, aufbrausender Stimme.

    „… Was willst du dann?“

    „Ich seien anständig genug, dass ihr euch nicht brauchen schämen für mich. Euer niederer Rasseneigensinn seien unanständig. Ich nicht diskremenoren euch.“

    „… Ja… genau. Wir sollen dich also in die Stadt schleppen. Und da schauen wir dann zu, wie die Meute dich zerfleischt?“

    „Nein. Ihr passen auf, dass mir nichts passieren. Haben ich auch getan, als ihr seien in Grab gekommen.“

    „Und wo willst du dann hin?“

    „Suchen mir eine bleibe. Einer von euch. Wenn nicht ich bleiben bei einem von euch. Aber nicht bei Nordi. Je mehr wir segeln, desto mehr irgendetwas schwirren durch seien Kopf. Haben noch andere Geister. So viele Geister in Kopf. Oder seien wahnsinnig. Nicht wissen, was er für haben machen da getan.“

    „Das kannst du vergessen.“, protestierte der Leiter, „Ich schleppe dich nicht zu mir in die Akademie.“

    „Akademie. Klingen nach großem Gebäude.“, nun war es am Ork zu grinsen.

    „Verfluchtest Biest…“, stöhnte Raad.

  6. Beiträge anzeigen #106
    General Avatar von Yared
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    Manchmal musste man sich wohl in die Nesseln setzen. Yared bückte sich und widerstand dem sengenden und juckenden Drang seine Hand aus dem Büschel Brennnesseln zu ziehen, welches er pflücken durfte. Aktaia brauchte das Kraut, um ihrem gemeinsamen Ziel näher zu kommen.
    Der Kapitän wickelte die Nesselblätter in ein recht dreckiges Tuch. Dann rieb er sich die gereizten Haut, während er einem schmalen staubigen Pfade durch die hohen Kiefern, die hier oberhalb der Küste die Hänge bevölkerten, zurück zu der Stelle mit den Knochen und dem seltsamen Baum folgte.
    Normalerweise hätte er sich auf derlei Wanderungen Gedanken über seine Zukunft gemacht, aber es war nicht sicher, ob er überhaupt lange genug leben würde, als dass sich das lohnen mochte. Auch Aktaia hatte er gesagt, dass er bereit war dieses Leben einzusetzen, das sowieso schon im Begriff war, ihm aus den Händen zu gleiten. Was hatte der Sippenführer schon zu verlieren?
    Aber konnte er überhaupt gewinnen, wenn er sein Leben jetzt schon als verwirkt ansah? Litt er an mangelndem Selbstvertrauen? Wenn Yared ehrlich zu sich selbst war, mochte das hin und wieder der Fall sein, - er besaß kein so dickes Fell wie beispielsweise der fast schon stoische auf eine seltsame Art und Weise genügsame Arvideon - aber gerade fühlte es sich mehr an, als würde er unglaublich klar sehen, was sein Leben, seine Möglichkeiten und seine Chancen betraf.
    Der Kapitän war überzeugt, es schaffen zu können, dem jahrhunderte alten Spuk der Ratte ein Ende bereiten zu können, auch wenn er nicht wusste, was Aktaia genau vor hatte und wie I nadhor sich gebärden würde.
    Yared würde warten müssen, wie ein Bussard der in sanftem Gleitflug die Ratte am Boden beobachtete, bevor er aus heiterem Himmel auf sie nieder stürzen und sie zerfleischen würde.

    Halt, was dachte er da eigentlich? Normalerweise lagen ihm derlei Gedanken doch eher fern. Hatte ihn diese Situation so verändert? Hatte die Ratte durch ihr Handeln in ihm ein Monster erschaffen?
    Wenn Yared sich recht entsann, stimmte das nicht ganz. I nadhor war zwar im übertragenen Sinne dafür verantwortlich, dass er Dinge getan hatte, auf die er gewiss nicht stolz war und wegen derer ein lächerlicher Abklatsch seines Konterfeis nun die Stadttore des myrtanischen Großreichs in brüderlicher Eintracht mit denen anderen Schwerverbrecher zierte, aber er hatte schon früher kalt, berechnen und mit aller härte agiert und reagiert.
    Wenn er sich an die Wälder von Montera während der Orkkriege erinnerte, wenn er sich auf so manchen Kampf in seinem Leben, so manche Schlacht zurück besann, an der er teilgenommen, die er mit geplant hatte. Orks und Menschen hatte er erschlagen, oftmals zur Selbstverteidigung, oft für ein Vaterland, das schon lange nicht mehr das seinige war. Nicht, dass er nun plötzlich aus heiterem Himmel von der Gewalt abschwören wollte, - er lebte in einer rauen Welt und war Realist genug - aber irgendwo musste es mehr geben, als nur die Grenzen seines Gewissens.
    Fressen und gefressen werden, das war irgendwo genauso das Motto des Waldvolkes, wie Leben und Leben lassen. Das Waldvolk suchte keinen Streit, aber was seine Ziele anbelangte war auch das Volk das den alten Pfaden folgte nicht frei von Ambivalenz, von Widersprüchen. Das Leben mochte aus Widersprüchen bestehen und der Schutz von Natur und das Miteinander der Lebewesen mochten wichtig für ein Gleichgewicht und die Erhaltung der Welt sein, doch, so musste sich Yared fragen, war das sein Pfad, auf dem er da einher schritt?

    Die Naturgeister der Tiere waren nicht besser als die Menschen. Sie waren zerstritten, wie Fürsten, voll Arglist und Animositäten.
    Natürlich gab es im Waldvolk Brüderlichkeit, wie sie ihm Dekker oder Tavik vorgelebt hatten, Respekt, wie er ihn von Jarvo kannte, Vorzüge wie Freiheit, die wohl der seltsame Meister Ornlu am besten verkörpern mochte, und auch viele die ehrenhaft lebten, wie Ryu. Aber wo bei den höheren Zielen derer, die das Volk der Wälder letztendlich wie Bauern auf einem Schachbrett nutzen und manchmal auch verheizten, interessierte sich jemand für die Menschen?
    Selbstsucht gab es genug. Solidarität und Zivilisation wollte und konnte Yared seinen Brüdern und Schwestern im Geiste nicht absprechen. Aber wo war der Naturgeist der Menschen? Tier hatten ihre Fürsten, wie die Ratte, den Herrn des Waldes, den garstigen Lurkerwurm von Tooshoo oder tausend andere. Die Pflanzen und Orte der Welt die Nymphen. Die Menschen? Kümmerte sich überhaupt jemand um ihr Gedeihen? Oder galt hier die alte Formel: Unkraut wird schon nicht vergehen?
    War es Mutter Natur selbst, die für sie sorgen würde? Nein, das ganze funktionierte nach einem Konzept. Irgendjemand hatte da seine Finger im Spiel. Es musste jemand geben, der die Weltordnung bestimmte, das war eine von Yareds Grundüberzeugungen.
    Innos und sein dunkler Bruder waren das bestimmt nicht. Die stritten nur wie die Naturgeister um den größten Anteil am Kuchen.
    Also blieb im Reigen der transzendenten Mächte, die sich der Welt und Yared offenbart hatten nur noch Adanos übrig. Das machte Sinn.
    Aber machte es dann einen Unterschied, auf welche Seite der Waage man sich schlug? Die Welt war in stetigem Wandel und, wie Arvideon einmal erzählt hatte, hatte Adanos von ihm nur und einzig seine Existenz gefordert. Die Existenz von Menschen war wichtig. Wie diese Existenz aussah war wichtig, wichtig für die Menschheit.
    Yared hatte lange genug den zwielichtigen Zielen der Ratte gedient. Er würde sich seine Ziele in Zukunft wieder selbst setzen, wie er es einst nach seiner Desertion getan hatte.
    Ja es war den damaligen Ereignissen nicht unähnlich. Er übte Verrat an der Ratte.
    Ob der Kapitän danach überhaupt würde ins Waldvolk zurückkehren können, wusste er nicht. Doch spürte auch er nun tief in sich die Gewissheit des Wassergottes, dass seine Existenz sinnvoll und sein Wirken wertvoll war.
    Und sein erstes Ziel war, zu verhindern, dass je wieder ein Mitglied des Waldvolkes durch I nadhor zu schaden kam - dafür zu sorgen, dass er überlebte. Und dann würde er daran arbeiten, dass das Waldvolk gedeihen würde, wie er es schon als Lagermeister in Silden getan, wie er es ursprünglich mit der Gründung einer Sippe vorgehabt hatte. Das war es, was Yared tun wollte.
    Nur wusste er noch nicht, wie sich das letztendlich ausgestalten sollte ...
    Geändert von Yared (23.05.2012 um 21:13 Uhr)

  7. Beiträge anzeigen #107
    fmSiW! Avatar von Gwydion
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    Gwydion ist offline

    Gefangenentransport

    Düster war es in der Bilge unten. Düster und feucht. Man hatte das Gefühl, als wäre irgendwo ein kleines Leck, ein Riss vielleicht nur, aber durch diesen trat vielleicht Wasser in das Schiff ein, dass es einen oder zwei Zentimeter hoch hier unten in dem mobilen Verließ stand.
    Gwydions Augen hatten sich an die Dunkelheit ein wenig gewöhnt. Dennoch, wo kaum Restlicht blieb, kam er mit seinen menschlichen Augen nicht weit. Dann lieh er sich die Augen und Ohren einiger kleinerer pelziger Mitbewohner. Das fiel ihm nicht leicht, er war geschwächt und seine Hände in Handschellen, zusätzlich noch an einer Kette an der Bordwand befestigt, hinderten ihn daran allzu große Gesten auszuführen. Seine Magie war geschwächt. Sie fühlte sich an, als wäre sie nur noch ein Zehntel dessen, was sie vor wenigen Wochen noch gewesen war. Mehr als alles andere, mehr als die Erschöpfung, den Schmerz in seinen Knochen, spürte er die Abwesenheit des Druidensteins. Als wäre ein Loch an der Stelle, wo er sicher an einem Lederband um seinen Hals gehangen hatte. Und stetig pfiff ein scharfer, kalter Wind durch dieses Loch.

    Er hörte die schweren Stiefel einer Wache auf dem Gang näher kommen. Lichtschein begleitete die schweren Schritte, kam näher und blendete ihn schließlich, als die Wache in dem Türbogen stand, der in die Bilge führte. Die Wache sprach kein Wort, warf nur eine Schüssel vor Gwydion, dessen Inhalt dabei zur Hälfte über schwappte. Immer noch wortlos marschierte die Wache zur Bordwand und löste dort die Kette, so dass der Gefangene seine Hände herunter nehmen und nach der Schüssel greifen könnte. Die steifen Handschellen würden das Essen schwierig machen, in einer Hand die Schüssel in der anderen den Löffel, aber es würde gehen.
    Gwydion nahm die Hände herunter. Seine völlig verspannten Schultern schmerzten ungemein, aber ein wenig ließ der Schmerz endlich nach. Er starrte seinen Bewacher an, der die Laterne an einen Haken gehängt und sich auf einem Hocker nieder gelassen hatte, die Hand am Griff seines Schwertes.
    „Friss!“, brummte er.

    Das Schiff hob und senkte sich. Der Wellengang wurde etwas stärker draußen, doch nicht ungewöhnlich stark. Die Wache verlagerte ihr Gewicht auf dem Hocker kurz, um etwas stabiler da zu sitzen. Noch einmal zeigte sie auf die Schüssel.
    „Los. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“, bellte der Mann in der Rüstung der Innosdiener.
    Mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen, griff Gwydion nach der Schüssel mit der einen Hand, so, dass die andere so gut es ging von der Schüssel verdeckt war. Die verdeckte Hand streckte den Zeigefinger aus. Der Druide konzentrierte sich, so gut es ihm möglich war. Kleine Schemen bewegten sich auf den Hocker der Wache zu, während Gwydion schließlich so tat, als würde er den Brei aus der Schüssel löffeln. Er löffelte und wartete.

    Schließlich ertönte ein Knacken. Die Wache sah sich um, zuckte schließlich mit den Schultern. Wahrscheinlich dachte der Innosler, dass es das normale Knarzen der Planken im Seegang war. Wieder knackte es, schließlich war das Geräusch von splitterndem Holz zu hören. Unter dem Gewicht der Wache brachen zwei Beine am Hocker, eine große Welle schließlich warf den Mann von seinem Sitzplatz, der unter ihm nachgab. Später würde man an den Beinen des Hockers Rattenbissspuren finden. Gwydion nutzte die Gelegenheit, warf dem Mann noch die Schüssel mit dem Brei hinterher, sprang auf und hechtete durch den Türbogen in den Laderaum. Hektisch sah er sich um, im Licht der Laterne, die gerade noch hier hinaus fiel.
    Seine Schritte trugen ihn weiter, so schnell er konnte, zur Treppe, die nach oben führen würde. Doch statt sie zu nehmen, versteckte er sich in dem dunklen Raum darunter, hinter einer Kiste, die dort verstaut war. Schon hörte er das Fluchen der Wache, die näher kam.

    „Mist, verdammter! Wo ist der Kerl hin?“, knurrte der Mann.
    Gwydion schloss derweil die Augen. Er musste sich konzentrieren und hoffte, dass er in dieser Zeit nicht entdeckt würde. Es war schwer, unheimlich schwer die nötigen Kräfte aufzubauen. Er machte kurze Atemübungen und bewegte schließlich die gebundenen Hände immer wieder vor seinem Körper auf und ab, als würde er sich einen Umhang von oben nach unten über den gesamten Körper werfen wollen. Immer wieder formten seine Lippen lautlos ein magisches Wort. Am Rande nahm er die Schritte der Wache wahr, zu der sich weitere gesellten. Sie würden sein Versteck bald finden.

    Endlich, nach einer Zeit, die ihm wie eine halbe Ewigkeit vorkam, veränderte er sich. Sein Körper schrumpfte, die Knochen seiner Arme und Hände verschoben sich. Schließlich konnte er seine Finger fast wie einen Fächer zusammen falten. Die Handschellen fielen von ihm ab und seiner Kleider, aus deren Haufen er sich erst hervor kämpfen musste. Seine Füße waren Krallen geworden. Er schüttelte sein Gefieder. Unter der Treppe in dem Schiff der Innosler im Schatten noch unbemerkt stand ein kleiner Merlinfalke, wo vorher ein Mann gesessen war.

    Mit einem hüpfenden Gang bewegte sich der Falke aus dem Versteck und hoppelte schließlich die Treppe nach oben. Von dort kam Tageslicht hinunter in den Lagerraum.
    „Hey! Was… da!“, hörte er schließlich hinter sich, „Fangt das Vieh ein!“
    Der Falke hüpfte schneller, kam schließlich an Deck an. Irgendetwas in ihm sagte, dass er noch nicht gehen konnte. Dass er noch etwas suchen und finden müsste. Aber alle seine Instinkte rieten ihm zur Flucht. Er sah einige Seeleute und Männer in diesen komischen Rüstungen und Uniformen mit rot. In einem früheren Leben hätte er gewusst, was sie genau bedeuteten. Im Moment bedeuteten sie für ihn Gefahr.

    Noch blickten sie ihn verwirrt an. Der Falke schlug seine Flügel, doch er kam zunächst nicht weit, nur bis auf die Reling. Der Seewind zerrte an seiner kleinen Gestalt und um ein Haar hätte es ihn von der Reling hinunter in die nächste hohe Welle geweht. Das Tier drehte sich um, wo ein Aufbau auf dem Schiff war. Eine Tür führte hinein, die gerade geöffnet wurde. Dort drinnen war irgendetwas, ohne dass er eigentlich nicht gehen durfte.
    „Schnell! Fangt ihn ein!“, rief einer der Männer, die im Lager bereits umher gestiefelt waren.
    Was war es… was war es, das ihm fehlte? Ohne dass er nicht fliehen durfte? Es war wichtig und es war auf diesem Schiff.
    Der Falke sah ein Netz auf sich zukommen. Mit einem spitzen Schrei hob er sich in die Lüfte und flatterte unbeholfen zum Mast hinauf. Es war eine unheimliche Anstrengung, aber schließlich landete er auf dem Querbalken, der das Segel hielt. Unter ihm sah er lauter Zweibeiner, die wild gestikulierend auf ihn deuteten. Schließlich machte sich einige daran den Mast zu erklimmen, mithilfe eines großmaschigen Netzes. Er musste gehen. Er würde nie an ihnen vorbei in diesen Raum kommen, wo das wichtige Ding lag.

    Der tierische Instinkt übernahm schließlich die Führung. Mit einem Satz stieß sich der Falke vom Mast ab. Und sank. Er sank dem kalten blauen Meer immer weiter entgegen, bis ihn eine Windböe ergriff und wieder nach oben trug. Dort vor ihm konnte er die Küste einer Insel erkennen. Der Falke wusste es nicht, aber dies war die Westküste Argaans. Etwas in ihm sagte, dass er ihr nach Süden folgen und dann etwas weiter ins Landesinnere müsste, dann würde er sicher sein.

    So ließ er das Schiff der Männer in roten Uniformen hinter sich, auch das Ding, das so wichtig war und flog dorthin, wo er meinte sicher zu sein.

  8. Beiträge anzeigen #108
    General Avatar von Yared
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    Gewaltig und tief blau ballten sich Wolken über der See am Himmel zusammen. Blitze zuckten am Horizont und erhellten die Nacht, ohne das Donner zu vernehmen war. Dennoch herrschte keine gespenstische Stille. Die Nacht war schon weit vorangeschritten und mittlerweile erfühlt vom Heulen des Windes und dem Gezwitscher vieler früher Vögel, die sich, so schien es, nicht von der Finsternis oder dem trockenen Wetterleuchten beeindrucken ließen.
    Auch regnete es nicht. Der Lehmboden, auf dem der Sippenführer, die Küstennymphe und die provisorische Herdstelle standen, war ausgedörrt und brüchig von sonne und Hitze der letzten Tage. Einzig und allein die Blitze und der auffrischende Wind mochten die Schatten zu umreißen, die das heraufziehende Unwetter über die Küste warf
    Yared verzog angewidert das Gesicht. Selbst einem gestandenen Sappeur, der es durchaus gewöhnt war im Schweiße seines Angesichts durch Scheiße zu waten oder zu kriechen, konnte bei dem Gebräu übel werden, welches die Nymphe da ansetzte. Die Brennnesseln waren wohl das Harmloseste im gesamten Gemisch, dass in dem rostigen Kessel aus dem Wrack der Issilia vor sich hin köchelte und dabei dicke bräunliche, schleimige Blasen warf.
    Ob das Schlimmste nun die zerriebenen Knochen des Geistes seines Ziehvaters Benjen, die vergammelten Pilze oder das frische Herz eines Lachses war, den Aktaia mit bloßen Händen aus dem Meer gezogen hatte, darauf wollte sich Yared nicht festlegen. Immerhin war es sehr imposant gewesen zu sehen, wie lange die Nymphe unter Wasser bleiben und wie schnell sie schwimmen konnte. Daneben nahmen sich weitere Ingredienzien, wie feine Erde und verschiedene Wurzeln und Blätter - die meisten kannte der Waldläufer nicht mal vom Sehen - , sehr harmlos aus.
    Aktaia rührte unentwegt in dem Topf. Die junge Nymphe bemerkte den skeptischen Blick des Schiffsbauers.
    "Manche nennen es ein Geschenk. Für viele ist es ein Fluch. Nicht wenige sterben."
    Und Arvideon dachte immer der Tod sei unausweichlich, würde der kleine Wandermönch jetzt bestimmt mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht einwerfen.
    "Die Wissenden nennen es den Geist der Hüter."
    Der Geist des Waldes ... Yared hatte davon gehört und gelesen. Es handelte sich um die Beseelung eines Waldläufers durch einen Geist der Natur. Aber geschah so etwas nicht üblicherweise durch den Tiergeist des Erwählten? Sein Totem war dasselbe wie das seiner Sippe, die Ratte.
    "Die Ratte wird wohl kaum ihre Kräfte zur Verfügung stellen, Aktaia.", unterbrach er die Nymphe.
    "Das ist nicht nötig. Die Verbindung mit einem Tiergeist mag zwar die am weitesten verbreitete Art der Hüterbindung sein, doch ist sie keinesfalls die einzige.", entgegnete sie mit glockenheller Stimme.

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    Der Sud war ausgekocht. Die Nacht noch immer nicht zu Ende.
    Yared wuchtete den verbeulten Kessel vom Feuer. Dann sah er hinüber zu Aktaia die einen Ritualdolch aus ihrem Gewand nahm und ihm bedeutete die Arme auszustrecken.
    "So lass uns die feierlichen Worte sprechen, die Taten für uns sprechen lassen, wie sie seit Alters her gebräuchlich sind zwischen Hüter und Geist."
    "Ich hatte gedacht, dass die meisten Hüter durch einen Kampf gegen den Geist an ihre Fähigkeiten kommen, so stand es zumindest immer in den Überlieferungen.", unterbrach er ihre schwülstiges Gerede ohne eine Miene zu verziehen und das Gesagte damit ins Lächerliche zu ziehen.
    Sie musste lächeln.
    "Das stimmt. Aber ich biete dir diese Kräfte aus freien Stücken, ohne Zwang, denn ohne sie wirst du die Ratte kaum bezwingen können. Deinen Kampf wirst du noch früh genug bekommen, Círdan."
    Yared nickte und ließ sie fortfahren.
    Aktaia tränkte das Messer der Brühe. Dann fasste sie seine Rechte, bevor sie unglaublich schnell die Klinge anlegte und ihm etwas oberhalb der Hälfte des Unterarms einmal ringförmig die Haut einschnitt. Der Kapitän biss die Zähne zusammen. Das offene Fleisch brannte. Blut tropfte nach unten in den Kessel und tauchte zischend in den heißen Sud.
    "Yared, Sohn der Wüste, Sohn Gelderns, Sohn der Sippe der Ratten, bist du bereit die letzten Bande deiner Abkunft hinter dir abzubrechen?"
    "Ich bin bereit.", presste er zwischen seinen Zähnen hervor.
    "Yared, Oberhaupt der Sippe jener die I nadhor, der Ratte folgen, bist du bereit deinen Treueschwur zu brechen? Bist du bereit das Band zwischen dir und deinen Brüdern und Schwestern im Schwur zu trennen? Entsagst du der Ratte und eurem Bund?"
    "Ich, Yared, entsage!"
    Der Kapitän schrie es fast. Seine Rechte schien plötzlich heiß und geschwollen. Auf seiner Handinnenfläche breitete sich entlang der Wunde, die ihm Lyrca bei seinem ersten Besuch auf Feshyr zugefügt hatte, eine Entzündung aus. Sein Atem ging schwerer.
    "Der, der du Círdan, der Bauer großer Schiffe, der Läufer der Meere genannt wirst, nimmst du die Gabe der Mutter, die Rechte, die Pflichten, die Stärke eines Hüters an?"
    Er konnte nur krampfhaft nicken, während der pochende Schmerz immer stärker wurde und sich durch seinen Arm und sein Hirn fraß.
    "Sag es!"
    Aktaia kreischte fast.
    "Aye!", keuchte Yared.
    Kalter Schweiß lief ihm über Stirn und Rücken. Sein Gesicht war bleich. Der ehemalige Sippenführer zitterte am ganzen Körper.
    Aktaia packte seinen malträtierten Arm. Die verheilte Schnittwunde in seiner Hand platzte auf und scheinbar riesige Mengen dickflüssigen dunkelgrünlichen Eiters traten hervor. Yared konnte sich nicht mehr zusammenreißen und schrie vor Schmerzen.
    Genau in diesem Augenblick riss die Nymphe die Rechte des Kapitäns hinunter und stieß sie in die dampfende heiße Brühe im gusseisernen Topf.
    Yareds Herz, so schien es, setzte für einen Moment aus. Seine Lungenflügel pressten sich zusammen, bis keine Luft mehr in ihnen verweilen konnte. Sein Rachen brannte und seine Augen traten hervor, bevor er zu einem erstickten Schrei ansetzte, den niemand hören konnte.
    Der Geruch von verbrannten Fleisch erreichte seine Nase, doch er spürte nicht, wie sich die Haut von seiner Rechten lösen musste. Vielleicht lag es an den zuvor verspürten Schmerzen der eitrigen Wunde, die sein Hirn nicht zu unterscheiden vermochte.
    Der Kapitän schloss die Augen.

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    Kurz darauf öffnete er sie wieder. Irgendwie hatte sein Geist einen Teil der Schmerzen abzuschütteln vermocht.
    Vielleicht halluzinierte er aber auch nur, denn nun meinte er zu sehen, wie der ganze Sud aus dem Kessel in die Wunde seiner Hand gesogen wurde.
    Der ringförmige Schnitt um seinen Oberarm verschloss sich und nur ein heller Ring neuer Haut blieb als Zeichen seiner Tortur.
    Yared zog die Hand aus dem Kessel. Die Schnittwunde war zu und schien verheilt, wie seit Monden. Kein Fetzen verbrannter Haut wollte sich zeigen oder zurückbleiben. Der Kessel war leer.
    Zitternd wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Dann fiel sein Blick auf die Nymphe die zusammengekauert auf dem Boden lag.
    Auch sie zitterte, wimmerte unter Krämpfen. Immer mehr wunden brachen an ihrem Köper auf und brachten eben jenen Eiter zu Tage, der auch aus seiner Hand geronnen war.
    Eilig drehte der Waldläufer sie auf die Seite. Es musste doch einen Weg geben, ihr zu helfen.
    Ihr Blick war fiebrig, doch sie lächelte.
    Dann bewegte Aktaia ihren Mund. Yared führte sein Ohr an ihre spröden Lippen.
    "Wähle den Ort und Rufe die Ratte, wie es nur die tun die ihre Sippe führen.", sagte sie.
    Dann erschlaffte ihr Körper. Der Kapitän fühlte nach ihrem Herzen, doch es schlug nicht mehr. Die Nymphe war von ihm gegangen.
    Yared fühlte eine Leere in sich. Er hatte das nicht gewollt und jetzt vermochte er nicht mal eine Träne der Nymphe zu Ehren zu verdrücken.
    Sie musste es gewusst haben, musste gewusst haben, wie es ausgehen würde, was nötig war, um ...
    Da spürte er es.
    Eine Kraft schien von ihrem Leib durch den Boden durch seine Finger und Arme hinauf zu kriechen, erst langsam, dann immer schneller und schließlich fühlte es sich so an, als wolle sie ihm regelrecht durch die Blutbahnen in die Brust zu schießen.
    Überwältigt kippte er einfach um.
    Geändert von Yared (04.06.2012 um 23:48 Uhr)

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    Die Wolken, die sich wie ein ungleichmäßiger Schleier über die volle Scheibe des Mondes legten, ließen das finsteren Firmament gelblich und grünlich erglühen.
    Yared stand neben dem Grabhügel, den er über dem leblosen Körper Aktaias aufgeschichtet hatte. Nur zu gerne hätte er, wie nach alter waldvölkischer Sitte einen Baum darüber gepflanzt, doch wusste er nicht, welche Art Samen zu der Nymphe passte und ob er ohne den Segen eines Druiden oder Sehers überhaupt gedeihen würde. Aber so wollte er das Grab auch nicht hinterlassen.
    Der Kapitän wandte sich einer der nahe stehenden Kiefern zu und versuchte im halbdunkel des verdeckten Mondes einen herab gefallenen Samen des Baumes zu erheischen. Seine Finger strichen tastend durch Staub und bräunliche Nadeln. Dann, noch bevor er einen Samen ertastet hatte spürte er ein spitzes Ziehen in einem seiner Finger. Der Hüter musste sich an einer der vertrockneten Kiefernnadeln gestochen haben.
    Er hob die Hand nah vor sein Gesicht, bei dem Versuch die Nadel, die noch flach in seiner Haut steckte, im fahlen Licht des bedeckten Himmels auszumachen. Sie schien tiefer gedrungen zu sein, als gedacht.
    Als er versuchte, sie zu entfernen, fühlte er, dass sich die umgebende Haut verändert haben musste. Sie war spröder, nicht mehr so elastisch wie noch wenige Augenblicke zuvor - irgendwie fühlte sie sich an wie Rinde einer Kiefer.
    Yared erschrak zunächst als seine ganze Linke bis hinauf zur Mitte des Unterarms heftig zu pochen begann. Der Sappeur versuchte seine Finger und das Handgelenk zu bewegen, die den Anschein erweckten, immer steifer zu werden.
    Seine linke Hand samt Unterarm war nun vollständig von einem Panzer aus Rinde umgeben, soweit sich das in dem Halbdunkel feststellen ließ.
    Das musste eine Auswirkung des Rituals und der Kräfte Aktaias sein. Doch warum sie sich gerade jetzt zeigten, konnte Yared noch nicht recht einordnen. Er konnte nur vermuten, dass geübte Hüter ihre Kräfte wohl bewusst einsetzen konnten. Aus den Überlieferungen wusste er, dass Neulinge in diesem Fach ihre Kräfte häufig dann freisetzten, wenn sie unter Stress standen, aber auch, dass man ganz leicht von den Kräften überwältigt werden konnte - vor allem bei Tiergeistkräften war das keine Seltenheit. Es gab da diese Legende von einem Hüter, der in alter Zeit von seinen unkontrollierten Kräften übermannt Frau und Kinder umgebracht hatte. Welch ein Glück, dass hier ringsum keine Menschenseele war.
    Der Kapitän dachte immer noch darüber nach, wie sich seine Hand wohl verändert haben sollte. Vielleicht war es auch einfach eine Überreaktion auf den Empfang der Kräfte. Eventuell reagierten sie nur so voreilig, weil sich Träger und Geist noch aneinander gewöhnen musste.
    Andererseits konnte er diese Sensibilität auch ausnutzen. Die natürliche Reaktion konnte ihm gegen die Ratte behilflich sein. Dann musste er sich aber jetzt beeilen, denn wer wusste schon, wie lange die gerade offensichtlich noch recht unkontrollierbaren Kräfte sich erschöpfen würden, bis er sich würde ausruhen und regenerieren müssen.
    Noch einmal wandte sich der Waldläufer zum Grabmal seiner Nymphe und empfahl sie der Mutter und den Dreien an, dann verließ er die Lichtung Richtung Strand.

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    Die auf den Strand auflaufenden Wellen umspülten Yareds Füße. Der Kapitän stand in der Rechten das gezückte Wächterschwert, die hölzerne Linke, soweit es ging, zur Faust geballt, mit dem Rücken zum Mond, der sich zumindest vorerst aus dem Netz der tiefschwarzen Wolken hatte befreien können und nun die Szenerie in ungewöhnlich helles Licht tauchte.
    Er war so bereit, wie man in seiner Situation nur sein konnte. Bereit dem Spuk ein Ende zu setzen. Fehlte nur noch die Ratte.
    Der Waldläufer, der seiner Sippe abgeschworen hatte, intonierte die Anrufung seines Patrons und Parasiten:

    "Ich rufe dich.
    Ich rufe dich Höhennebel in den Tiefen,
    rufe dich Spielmann, der den Vollmond besingt.
    Ich rufe dich I nadhor,
    denn ich bin jener,
    welcher die Nebel und Schatten durchschritten hat,
    welcher im Glanze des Vollmondes dem Spielmann folgte,
    über Berge und durch Täler.
    Ich war I býr en nedhyr
    und ich rufe dich Geist der Ratten."

    Der Wind frischte auf. Die Palmen bogen sich unter den stärker werdenden Böen. Blätter raschelten. In der Ferne vermochte man immer noch die lautlosen Blitze am Horizont zu erkennen.
    "Warum hast du mich gerufen, Verblassender? Sind es feige Rachegelüste? Soll ich dir beim Dahinsiechen in dieser Sphäre fern von den Gestaden Adanos' zusehen?", fragte die Ratte in der alten Sprache des Waldvolkes herablassend.
    Die hagere menschliche Gestalt I nadhors trat aus der Dunkelheit zwischen den Bäumen ins Freie.
    Das antike Waldvölkisch klang immer etwas geschwollen, wenn man nicht gerade versucht war, jemanden vulgär aufs Ärgste zu verunglimpfen. In den roten Augen des uralten Naturgeistes blitze Bosheit, Verachtung, die Yared bislang so nie wahrgenommen hatte. Aus Sippschaft war Feindschaft geworden.
    "Nicht um Vergeltung zu üben, sondern um deinem Treiben ein Ende zu setzten.", antwortete der Kapitän in der alten Zunge.
    Die Ratte zog ein Langes Messer aus einer Scheide am Gürtel. Scheinbar verließen sich Naturgeister in Menschengestalt nicht nur auf Krallen und Zähne.
    Yared ging ein wenig in die Knie um im Notfall besser nach hinten oder seitlich ausweichen zu können. Der Kapitän gedachte, seine mit Borke befallene Linke wie einen Schild einzusetzen, und hoffte nur, dass die veränderte Hautkonsistenz der Klinge der Ratte standhalten würde.
    Vielleicht hätte er auch das Tageslicht abwarten sollen. Die Ratte konnte gewiss in der Dunkelheit besser sehen, als ein Mensch, aber immerhin leuchtete der volle Mond groß und weiß über ihnen den Strand aus.

    Die Ratte ergriff die Initiative. Mit einem Ausfallschritt brachte sie ihre Klinge über seiner rechten Schulter herunter. Yared riss seine Linke Hand nach oben und lenkte das Messer an seinem Handrücken ab. Der Waldläufer drehte seine geschützte Hand um die Klinge mit steigen fingern zu ergreifen, in der Hoffnung den Gegner entwaffnen zu können.
    Ein stechender Schmerz fuhr im durch die Handfläche. Offenbar war die Borke dort nicht dick genug. Yared konnte fühlen, wie die Ratte ihre Waffe aus seiner Hand zog und die blutende Wunde zu pochen anfing. Mist!
    Immerhin musste die Ratte zurückweichen um den Schwung der aus seinem Griff befreiten Waffe abzudämpfen. Der Kapitän presste die Linke zur Faust zusammen und setzte mit dem Schwert nach.
    Metall klang auf Metall. I nadhor hatte die Zeit genutzt um einen Parierdolch zu ziehen, mit dem er nun versuchte auf des Waldläufers Bauch einzustechen. Yared riss sein Schert in die Parade, während er das Messer der Ratte abermals von seiner Linken abprallen ließ, die er jetzt, als trüge er daran einen Schild, in der Waagerechten vor seinem Körper positionierte. Nur um sie gleich darauf hochzureißen und der hageren Gestalt des Naturgeistes in die Rippen zu boxen.
    I nadhor keuchte. Ganz offensichtlich hatte eine menschliche Gestalt auch erhebliche Nachteile. Der Sappeur grinste kalt und setzte nach indem er mit dem Schwert auf die Dolchhand einhieb. Seine Klinge drang trotz des zur Parade herüber gerissenen Messers seitlich in den linken Daumen der Ratte ein. Sein Feind musste den Dolch fallen lassen, fauchte nur um dann seine krallenbewehrte Hand in den freiliegenden Oberschenkel des Kauffahrers. Hätte er einen seiner Schilde gehabt, hätte das nicht passieren können.
    Yareds linkes Bein zitterte vor Krämpfen und war versucht unter ihm wegzuknicken. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Reflexartig krümmte er sich zusammen und drückte die Schwerthand auf die höllisch brennende Reißwunde. Dann sah er aus den Augenwinkeln wie die Ratte Anstalten machte ihre Klinge auf seinen Kopf niedersausen zu lassen. Schnell riss er die Linke nach oben, doch die Borke hielt nicht und die Klinge trat in seinen Unterarm ein.
    In einer Verzweiflungstat drückte er das Wächterschwert in die Hüftgegend seines Kontrahenten. Die erzeugte Wunde blutete, schien die Ratte aber nicht sonderlich zu beeinträchtigen. Doch Yared nutzte die gewonnen Zeit, um sich einigermaßen aufzurappeln.

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    In diesem Moment setzte der Regen ein.
    Dünne Tropfen prasselten auf den Strand und hinterließen im halbtrockenen Sand kleine Krater. Doch keiner der beiden Kämpfenden achtete darauf.
    Die Ratte rammte ihr Langes Messer in den Boden und kam einzig mit dem Dolch, nun in der Rechten, auf Yared zu. Die Borke hatte sich mittlerweile schon leicht zurückgebildet. Die Kräfte schienen nachzulassen, je länger der Kampf dauerte. Aber vielleicht lag es auch einfach nur an einem Zeitlimit, das den Effekt der Verbindung mit der Kiefer terminierte.
    Der Hüter hatte aber keine Zeit derlei Theorien nachzugehen und Testreihen durchzuführen. Die Ratte mochte sicher nicht der stärkste oder gewandteste Kämpfer unter den Naturgeistern sein, doch sie war erfahren, konzentriert und gerissen.
    Yared hob das Schwert in Abwehrhaltung vor sich den nächsten Angriff abwartend. Der kam auch, aber anders als erwartet.
    I nadhor schleuderte plötzlich mit der Linken, die Yared eigentlich längst abgeschrieben hatte, eine Hand voll nassen Drecks in seine Richtung. Die Intuition des Waldläufer konnte für einen kurzen Augenblick nur den Angriff, aber nicht die Art des Angriffes erahnen. Statt den Kopf wegzudrehen riss er das Wächterschwert reflexartig nach oben. Diesen Moment nutzte die Ratte. Blitzschnell teilte sich die Klinge des Dolches und verkeilte sich mit der Klinge von Yareds Waffe.
    Die Ratte zerrte heftig am Schwert des Kapitäns, der verzweifelt versuchte den verklemmten Dolch abzustreifen, aber es gelang ihr nicht ihn zu entwaffnen. Welch ein Glück, dass I nadhor in seiner Linken keine Waffe mehr halten konnte. Andernfalls hätte er nun den Hüter in aller Seelenruhe abstechen können.
    Das beständige Rütteln und vergleichsweise kraftlose Reißen des Naturgeistes zeigte Kaum Wirkung, als in Yareds Kopf ein Gedanke aufblitzte. Der Waldläufer ließ die Waffe beim nächsten gewaltsamen Versuch sie ihm zu entreißen einfach los. Die Ratte stolperte nach hinten und versuchte sich, von der fehlenden Gegenwehr aus dem Gleichgewicht gebracht, wieder zu fangen. Doch der ehemalige Sippenführer zögerte nicht und rammte seinem ehemaligen Totem die Fäuste, so gut es mit der schmerzerfüllten Linken eben ging, nach.
    I nadhor rutschte auf dem nassen Sand aus und stürzte.
    Genau in diesem Moment überkam der Geist des Waldes Yared.

    Lautes Pochen übertönte alle Geräusche.
    In wenigen Atemzügen schoss das Blut in Kopf und Glieder.
    Kurzzeitig verschwamm ihm die Sicht. Dann sah er die am Boden liegende Ratte wie durch einen Tunnel. Eine machtvolle rachsüchtige Kraft übernahm seinen Körper und stürzte sich auf den gestürzten Feind.
    Yareds Verstand bekam nur halb mit, wie er mit Händen auf den Naturgeist ein drosch, als hätte er Klauen. Mindestens drei Fingernägel brachen, doch sein Körper schien das nicht zu registrieren, während er der Ratte eine Wunde nach der andere in die Haut riss.
    Er verspürte den Eisengeschmack von Blut auf den Lippen. Es war nicht seines.
    Wage Erinnerungen und ein unersättlicher Hunger nach Blut durchzogen nun Yareds Raserei, während die Ratte panisch versuchte sich aus dem Griff des Wahnsinnigen zu befreien. Doch der kämpfte mittlerweile nur noch getrieben von unbändiger Wut ohne Rücksicht auf Verluste.
    Der Waldläufer, oder was auch immer von ihm Besitz ergriffen hatte, krümmte den Buckel und bleckte die Zähne, bevor er selbige in den Hals I nadhors schlug.
    Die Halsschlagader schleuderte ihm den warmen Lebenssaft entgegen, der mit gemeinsam mit dem restlichen Leben nun aus der Ratte entwich.
    Schreie seines Opfers verklangen in einem krächzenden Gurgeln.
    Gierig labte sich der Geist des Waldes an dem dunkelroten Nass seines Feindes.
    Noch einmal blitzte wildes tierisches Verlangen in Yareds Augen auf, bevor er von dem sterbenden erschlaffenden Körper endlich abließ und in vollkommener Erschöpfung auf dem Strand zusammensank.
    Die Augen der Ratten hingegen waren leblos und leer, als das letzte bisschen Leben im Sand versickerte.
    Geändert von Yared (06.06.2012 um 02:20 Uhr)

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    General Avatar von Gor na Jan
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    Reflexartig packte der Gor Na den Kragen seines Umhangs, kurz bevor ein starker Windstoß ihn hinfort reißen konnte. Jan schnürte ihn erneut und zog ihn etwas fester zusammen, als er die Kälte bemerkte, die ihm in die Knochen gefahren war. Seit Stunden hatte er sich seinen Gedanken hingegeben, seit der Seemann, mit dem er sich zuvor in belanglosen Gesprächen verloren hatte, vom Grog aus den Schuhen gekippt war. Der Templer trank nicht. Er brauchte einen klaren Geist.

    Seine Gedanken schweiften zurück. Nicht so weit wie sonst, sondern in die unmittelbare Vergangenheit. Er dachte an die Reise nach Gorthar, als er die Rothaarige auf ihrer Mission begleitet hatte und ließ ein leises Seufzen entfahren. Er war ihr keine besonders große Hilfe gewesen. Doch wer hätte ahnen können, dass ihn eine so banale Aufgabe wie die Suche nach alten Schriten dermaßen aus der Bahn hätte werfen können? Der Mythos der Klingenmystik... er hatte auch die Rothaarige fasziniert, doch ob sie geahnt hatte, welche Bedeutung eine solche Sage für den Templer hatte?

    Er war mit seinem Leben und seiner Entscheidung zufrieden gewesen. Er blickte auf eine reiche Vergangenheit voller Abenteuer und Schlachten zurück und erkannte, dass er zu alt und seine Wunden zu gravierend waren, um an diese Zeit anzuknüpfen. Also widmete er sich der Suche nach der Perfektion des Kampfes. Er hatte geglaubt, das Wesen erfasst zu haben und sich nah an der vollständigen Einheit von Körper und Geist, von Krieger und Waffe zu befinden. Und jetzt hatte sich alles geändert. Die Existenz einer Gabe wie der Klingenmystik... einer Fähigkeit, die diese besondere Verbindung auf eine Ebene hob, die das normal Menschenmögliche überstieg...

    Jan betrachtete die zusammengerollten Pergamente in seiner linken Hand. Er hatte der Rothaarigen die Bücher übergeben, die sie gesucht hatte. Doch nicht ohne zuvor selbst und mithilfe des fleißigen Archivars Abschriften von den wichtigsten Stellen gemacht zu haben. In Setarrif hatte er Abgeschiedenheit gesucht, um seine eigene Weisheit aus den Passagen zu ziehen, doch bereits früh war ihm klar geworden, dass er nur an einem Ort die Antworten finden würde, nach denen er suchte.

    Und genau aus diesem Grund befand er sich auf diesem Schiff. Er hatte lange suchen müssen, um wieder an eine geeignete Überfahrt zu gelangen, doch endlich befand er sich auf dem Rückweg nach Gorthar und nach Quasar, um dieses Mal seine ganz eigene Reise anzutreten.

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    An der Reling lehnend, fühlte er mit geschlossenen Augen die kalte, peitschende Seeluft gegen sein Gesicht schlagen und hatte das Gefühl, das Salz würde in seinen Augen brennen, so tief lag das kleine Schiff im Wasser. Trotzdem kamen sie sehr gut voran, das geringe Gewicht und der kräftige Wind pusteten sie geradewegs Richtung Khorinis. Beziehungsweise Richtung Myrtana, genauer gesagt zur Küste von Faring. Noxus hatte stundenlang debattiert, doch blieb der alte Seemann fest bei seiner sturen Meinung, er würde sie nicht im Minental absetzten. Allerdings bot er ihnen an, sie am Hafen von Khorinis abzusetzen.
    Außerdem flüsterte er immer wieder etwas von einem Verrückten, den er dort abgesetzt hatte und sich sei dem geschworen hatte, niemals auch nur in die Nähe des Tales der Minen zu kommen.
    So schlimm empfand der Schwarzmagier den Umweg nicht, immerhin hatte Faring eine lange, faszinierende Hintergrundgeschichte, wobei Gotha noch immer sein Lieblingsthema war, was das Festland anging. Und Rok Shar wäre sicherlich ebenfalls nicht abgeneigt vom Gedanken diese Stadt zu besuchen, eben wegen deren Vorgeschichte. Oder etwa doch? Zu spät fiel ihm ein, dass die Stadt voller Feuermagier wimmeln musste.

    Schnell waren Sorgen und Ideen wieder in aller Welt verstreut, es war als würde der Wind alle Gedanken aus seinem Hirn blasen und nichts als absackende Schultern und nachlassendes Stirnrunzeln hinterlassen. Also kümmerte er sich für einen Augenblick nur noch um die Sonne, die vor seinen Augen vom großen Meer verschluckt wurde und dabei schreiend und zappelnd um Hilfe rief. Das wollten ihm die glimmenden Strahlen verraten - Oder vielleicht auch nur eine weitere Stimme, die sich in seinem Schädel festgesetzt hatte und von seinem wachsenden Wahnsinn zeugte.
    Geändert von Noxus Exitus (31.07.2012 um 16:12 Uhr)

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    Noxus Exitus ist offline

    Vom östlichen Festland in Richtung Hafenstadt Khorinis

    Trotz des kühlen Abends, konnte der frische Wind, der seinen Umhang sowie seine Haare soweit mit sich riss wie es in seiner Macht stand, die Gedanken um die junge Frau Belana nicht auf seinem Schädel befreien. Noxus hatte sie zurückgelassen, fest davon überzeugt das Minental sei zu gefährlich für jemanden, der gerade erst der Hölle entkommen ist. Sie zu bitten nochmals dort hinein zusteigen wäre nicht unmoralisch oder sadistisch, sondern einfach unnötig gewesen, da es für alle Beteiligten eine Belastung darstellen würde. Außerdem hatten Rok Shar und der Schwarzmagier ihre Vorräte genaustens eingeplant, eine weiteres Maul zu stopfen konnten sie sich nicht leisten. Selbst wenn es ein süßes Mäulchen war.
    Der Hafen von Khorinis sollte sehr bald in Sicht sein, meinte der Kapitän zunehmend garstiger. Ob die Sonne sich seiner Laune bemächtigt hatte und sie nun mit sich riss, um Beliars Präsens Platz zu lassen oder weshalb er sonst plötzlich so extrem griesgrämig wurde, konnte sich das Weißauge nicht ausmalen. Eigentlich interessierte es ihn auch nicht. Seltsamer Weise war auch er schlecht gelaunt, weniger angesteckt, sondern vielmehr noch immer über Belana nachdenkend, störte ihn die Tatsache das diese Bekanntschaft so abrupt geendet hatte.

    Doch ändern konnte er nichts daran, also sollte er seinen Blick nach vorne richten - Welcher ihm, wenn er sich nicht irrte, den großen Leuchtturm offenbarte, der unweit von der Hafenstadt vor sich hin vegetierte. Schon bald könnten sie ihre Route in Richtung Minental aufnehmen. Gerade als er sich vor Augen führte, wie es im Tal des Todes riechen würde, vielleicht nach Verbranntem oder Verwesung - Fuhr ihm ein widerlicher Gestank in die Nase der die Beiden genannten bei weitem übertraf. Er war nicht sicher ob es Mensch oder Fisch war, doch offensichtlich näherten sie sich der Hafenstadt.

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    Veteran Avatar von Aaron
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    Rückblick Thorniara / Auf dem Meer

    "Ich gehe davon aus, dass Ihr mich nach dem fragt, was Euch interessiert. Das werde ich beantworten und sonst eben nicht.
    Mein Name ist Aaron und ich bin einfacher Milizsoldat in der Stadtwache.
    Innos..."
    Er hielt kurz inne um die Worte zu sammeln.
    "Bis vor einigen Monaten hatte ich nicht das Gefühl, dass ich von Innos für Interesse bin und so war er es für mich auch nicht. Ich weiß nicht. Wenn er wirklich meine Wege leitet hat er vielleicht doch einen Platz, einen Weg für mich, dem ich folgen werde, wenn ich ihn erkenne. Mehr kann ich nicht dazu sagen ohne etwas erfinden zu müssen."
    Der Paladin hatte verstanden und so führte der Weg zum Hafen. Der Stallbursche führte Fiona während Aaron dem neuen Befehlshaber folgte, der den Weg in die zwielichte Hafenkneipe nahm. Für einen Moment wurde es recht still in dem Schuppen, als die zwei kräftigen Männer, der eine als Mitglied des Ordens zu erkennen, durch die Tür traten, doch das hielt nicht lange.

    Der selbstbewusste Wortführer sprach verschiedene Seeleute auf die geplante Seefahrt an und lockte mit Gold. Der erste lehnte ab, der zweite konnte keine Pferde mittransportieren und der dritte war zu besoffen. Doch irgendwann fand man, was man suchte. Aaron stand zwei Schritte hinter dem Ritter und schubste besoffene Kerle zur Seite, die ihre Hände nahe in dessen Richtung bewegten - alte Angewohnheit.


    Am nächsten Tag erwachte Aaron in der schaukelnden Koje. Er stand auf und ging an Deck. Das Meer war relativ ruhig und das Schaukeln beeinträchtigte den Soldaten nicht, wenngleich er es auch nicht unbedingt als angenehm bezeichnen konnte.

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    Hiroga ist offline

    Von Argaan Richtung Gorthar

    Die Dunkelheit hatte sich über die weiten des Meeres ausgebreitet. Das Land in der Ferne war im dunklen Blau verschwunden. Allzu lange würde ihre Reise an Bord wohl nicht mehr dauern. Stumm betete er zu Innos, dass er sie eilig und sicher über das Meer führen mochte, denn er konnte die Warterei nur schwerlich ertragen. Warten auf Antworten. Antworten von dem Mann, der seine Geliebte wohl zuletzt gesehen hatte. Wenn sie überhaupt hier angekommen war. Was hatte Hagen sich nur gedacht?

    Sein Mitreisender hatte sich ebenfalls noch nicht als besonders nützlich erwiesen. Aber auch nicht als unnütz. Er war sich ehrlich gesagt noch nicht sicher als was er sich erwiesen hatte oder erweisen würde. Es fiel ihm schwer Aaron einzuschätzen. Er wirkte gehorsam und einfach. Nicht dumm, einfach. Und ehrlich. Das gefiel ihm. Und zeitgleich wirkte er roh. Nicht roh im Umgang mit anderen sondern ... unbenutzt, ungeformt. Die Erkenntnis, die ihn auf einen vielversprechenden und eigentlich den einzigen Lebensweg führen konnte, offenbarte sich ihm erst jetzt langsam. Innos...

    Respekt hatte er für den jungen Mann übrig, dass er so ehrlich geantwortet hatte. Es war besser seinen erst schwelenden Glauben zu offenbaren, als eine Lobesrede auf Innos zu halten ohne ihn zu verstehen. Aaron hatte richtig gehandelt. Und wenn er ihn nun auf dieser Reise begleitete, so würde er ihm vielleicht noch einiges beibringen können. Nicht nur das Reiten, das der Soldat offensichtlich noch lernen musste.

    Er lehnte sich gegen den Holzmast und blickte nach oben.
    Wen hast du mir geschickt? Und warum? Soll er ein neuer Beginn sein? Die Wiederaufnahme meiner Pflicht? Ein junger Mann sucht einen Weg. Hast du ihn zu mir geschickt, damit ich ihn ihm zeige? Ich werde deinen Pfad, den du in dieser Geschichte für mich vorgesehen hast erkennen und befolgen... wie immer... denn du leitest mich Herr. Du bist das einsame Feuer in der Ferne. Du weist diesem Schiff den Weg nach Gorthar. Keine Karte. Und du weist mir den Weg zu ihr. Du hast sie nicht sterben lassen. Und wenn es so wäre, wäre sie bei dir. Aber sie lebt. Ich weiß es. Du bist gütig und sie verdient nichts als Güte. Sie ist eine treue Dienerin. So wie ich dein treuer Diener bin. Und bevor du sie zu dir nimmst lass mich drei Leben lang dir dienen und ich will es tun, solange ihr noch mehr Zeit hier vergönnt ist. Aber das weißt du... all das weißt du... denn du bist in mir.

    Sein Abendgebet in Gedanken gesprochen, drückte er sich vom Mast ab und ging. Bald würden sie ankommen. Bald...

  19. Beiträge anzeigen #119
    Burgherrin Avatar von Olivia Rabenweil
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Olivia Rabenweil ist offline

    Vor der Küste Argaans in Richtung Bakareshs

    Als Olivia zu sich kam schwankte die Welt um sie herum und ein dumpfer Schmerz dröhnte durch ihren Kopf. War sie gestorben? Sie fühlte sich schrecklich, so musste es sein, wenn man ins Jenseits geführt wurde. Beliar, ich flehe dich an! Ich bin eine treue Dienerin, bitte verschone mich. Ich bin gern bereit dir zu folgen, sollte dies mein Schicksal sein, doch bitte erbarme dich und nimm diese Qualen von mir!
    Olivia wartete darauf, dass irgendetwas passierte, doch es geschah gar nichts. Dafür steigerte sich das flaue Gefühl in ihrem Bauch zu einer ausgewachsenen Übelkeit. Sie musste Aufstoßen und schmeckte die Säure aus ihrem Inneren. Als der Boden sich wieder einmal zu heben und zu senken schien, brach es aus ihr heraus. Gerade noch so eben schaffte sie es sich zur Seite zu lehnen. Dann erbrach sie ihren spärlichen Mageninhalt auf den Boden. Geschüttelt von einem heftigen Husten versuchte sie ihren Mund abzuwischen. Doch es ging nicht. Panik stieg in ihr auf. Ihre Hände, was war mit ihren Händen?
    Die Angst klärte ihren Kopf. Sie befand sich nicht auf dem Weg in Beliars Reich, sondern in einer kleinen hölzernen Kammer. Der Geruch von salziger Luft stieg ihr in die Nase und ein eigenartiges Knarren war zu hören. Langsam begriff Olivia, sie war auf einem Schiff. Deswegen schwankte der Boden. Sie saß an einen der Sparren des Schiffsbauchs und ihre Hände warengefesselt, deshalb konnte sie sie nicht bewegen. Über ihr flackerte bloß eine kleine Öllampe.
    Sie holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen. Wo war Finn? Er hätte ihr einiges zu erklären. „Finn!“ Er war nirgends zu sehen. Vielleicht war er vor der Tür oder an Deck. Wenn sie nur laut genug rufen würde. „Fiiiiiinn!“ Wütend riss sie an ihren Fesseln. Doch durch das Zappeln fielen ihr bloß die Hare ins Gesicht und klebten nun um ihren Mund herum fest. „Fiiiiiiiiiinn!“ Ihre Stimme überschlug sich. Er schien sie nicht zu hören. Was war passiert? Warum waren sie auf einem Schiff? Sie hatte die Mauern ihrer Heimatstadt doch schon gesehen. Sollte sie jetzt nicht besser in der guten Stube sitzen, vielleicht einen Kaffee aus ihrer Heimat trinken? Olivia begann ängstlich zu schluchzen. Immer weder rief sie Finns Namen. „Finn! Finn, es tut mir Leid! Ja, ich war schlecht. Ich mach‘s nie wieder.“ Tränen rannten ihr ungehindert über die Wangen. „Fiiiiinn! Bitte hilf mir.“
    Sie erschrak, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde. Sie hatte nicht gehört, dass sich Jemand genährt hatte. Trotz des Schummerlichtes konnte sie sofort erkennen, dass es sich bei dem Fremden nicht um Finn handelte. So knochig war seine Erscheinung nicht gewesen. Wimmernd drückte sich Olivia gehen die hölzerne Wand und sah in das fremde Gesicht. Der Fremde war stämmiger als Finn und trug ein dreckiges Hemd und eine zerrissene Hose. Sein übler Geruch nahm ihr fast den Atem.
    „Na, ist mein kleines Täubchen aufgewacht?“
    Olivia sah ihn mit schreckensweiten Augen an und schüttelte reflexartig den Kopf. Der Alte lachte schallend auf und betrat die kleine Kammer. Langsam ließ er sich vor ihr nieder. Olivia war so sehr von ihm angeekelt, dass sie sich übergeben hätte, wenn sie es nicht gerade schon getan hätte. Angewidert drehte sie ihren Köpf zur Seite.
    „Na, na, nicht so schüchtern. Du bist doch jetzt mein ehrenwerter Gast.“ Er griff mit seinen rauen Fingern an ihr Kinn und zwang sie dazu ihn anzusehen. Das erste was sie sah war sein zahnloser Mund, der sich jetzt zu einem abscheulichen Lächeln verzog. „Na, na, nicht weinen meine Schöne. Will dich doch hübsch haben.“ Olivia riss sich zusammen und sah ihm in die wässrigen Augen. Seine Haut war wettergegerbt und geschmückt von einem struppigen, dreckig weißen Bart. „Und hör auf nach Illdor zu schreien, der ist schon lange fort.
    „Illdor, wer ist das?“ Olivias Stimme war dünn und viel zu hoch. Der Alte hatte den fragenden Gesichtsausdruck bemerkt und brach daraufhin wieder in Lachen aus.
    „Mein Täubchen!“, grölte er. „Na Illdor, der, der so freundlich war uns Beide miteinander bekannt zu machen.“ Sein Lachen ging in ein Grunzen über. „Du nennst ihn Finn. Da hat er sich wohl wieder seinen alten Decknamen zugelegt. Ach dummer Junge, sollte nicht immer denselben Decknamen benutzen.“, stellte der Mann fest. Olivia war wie vor den Kopf geschlagen. Schon wieder ein falscher Name, schon wieder ein Mann der sie hinter das Licht geführt hatte. Und schon wieder zahlte sie teuer den Preis dafür. Entmutigt ließ sie den Kopf hängen.
    „Na, na, Kleine. Lass den Kopf nicht hängen.“, meinte der Alte mit gutmütiger Stimme. „Der Illdor hat es nicht so mit den Damen. Aber das sollte jetzt auch nicht mehr dein Problem sein.“
    Mit einem Ruck befreite Olivia ihr Gesicht aus dem Griff des Alten. „Und wer seid Ihr, wenn ich fragen darf? Wo bringt ihr mich jetzt hin?“ Ihre Stimme hatte sich inzwischen etwas gefestigt. Trotzig sah sie die Wand hinter dem Mann an, als sie mit ihm sprach.
    „Ich bin der Kapitän dieses Schiffes. Das ist alles was du wissen musst.“ Seine Stimme war nun deutlich kühler gewesen. Er erhob sich ächzend und wandte sich um. „Kriegst gleich Essen und ‘nen Eimer, sei in der Zwischenzeit schön artig.“ Er schloss die Tür mit einem Knall hinter sich und verriegelte sie dann.
    Sobald er nicht mehr zu sehen war viel ein wenig die Anspannung von Olivia ab. Sie konnte langsam damit aufhören zu zittern. Kaum hatte sie sich etwas entspannt und ihren Kopf gegen die Schiffswand gelegt, da flog die Tür schon wieder auf. Ein anderer Mann betrat die Kammer. Er trug einen einfachen Holzeimer und eine Schüssel in der Hand. Beides stellte er unsanft vor ihr ab. „Hier dein Abendessen und der Eimer für danach.“ Seine Stimme war unangenehm, doch noch unangenehmer waren seine Blicke, die auf ihr lagen. Um ihn nicht zu provozieren blickte sie zur Seite und flüsterte ein leises ‚Danke‘. Darauf verschwand er wieder und verriegelte die Tür. Olivia seufzte. Was für ein Trottel, dachte sie, wie soll ich denn mit hinter dem Rücken gefesselten Händen essen. Außerdem… liegt hier immer noch überall meine Kotze. Angewidert verzog sie das Gesicht und versuchte so weit wie möglich davon wegzurutschen.
    Nach kurzer Überlegung, kam sie auf den Gedanken, dass sie ihre Beine vielleicht durch ihre gefesselten Arme hindurchziehen könnte und sie somit zu mindestens vor dem Körper hätte. Sie rollte sich auf die Seite und zog und zerrte an ihren Armen. Es dauerte eine Weile, bis sie dieses nicht so einfache Kunststück vollbracht hatte. Ihre Handgelenke waren von den rauen Stricken aufgescheuert, doch so war es ihr zu mindestens möglich, die Schale mit Essbarem zu greifen. Sie hatte inzwischen einen großen Hunger bekommen. Doch als sie die Schale vor ihr Gesicht hob, war sie sich nicht mehr so sicher, dass es sich hierbei wirklich um etwas Essbares handelte. In der hölzernen Schale schwappte eine dünne Suppe mit undefinierbaren Stücken darin. Ihr Magen knurrte fordernd und sie gab seiner Forderung nach. Mit angehaltenem Atem würgte sie das Zeug herunter während sie gleichzeitig leidenschaftlich Finn verfluchte.
    Nach dem sie dies hinter sich gebracht hatte, lehnte sie sich zurück. Wider war sie in so einen Mist geraten. Beliar stellte sie wirklich auf eine harte Probe. Doch wofür?
    Als sie da saß und über Beliars Ziele mit ihr sinnierte, merkte sie ein merkwürdiges Zwicken an ihrem Fuß. Es war, als ob etwas in ihrem Schuh steckte. Zu mindestens die hatte ihr Finn, oder Illdor wie er ja richtig hieß, gelassen.
    Sie lehnte sich nach vorne und fummelte den verdreckten Stoffschuh von ihrem Fuß. In ihrem Verband steckte doch tatsächlich ein kleines Stück Pergament. Olivia fragte sich, wie es dahin gekommen war. Sie selbst hatte es dort auf keinen Fall versteckt.
    Vorsichtig zog sie es zwischen den Stoffbahnen hervor und faltete es neugierig aus einander.
    Mit jedem Wort, das sie in diesem Schummerlicht nur schwerlich laß, wurden ihre Augen größer und ihre Wut auf diesen götterverdammten Illdor größer.

    Tut mir leid, dass ich dich angelogen hab, Olivia, aber du hattest Recht gehabt. Wie du sicherlich schon gemerkt hast, befindest du dich auf einem Sklavenschiff, das nach Bakaresh steuert. Sei versichert. Wenn du dort ankommst, wirst du an den nächstbesten Perversen verkauft, der dich dann wahrscheinlich als Lustsklavin bei sich halten wird. Noch hast du die Möglichkeit das zu ändern. Dieser Raum ist klein und wie du siehst, ist die einzige Öllampe, die über dir hängt, deine einzige Lichtquelle. Das Holz unter dir ist morsch. Manche kann man sogar schon abbrechen. Unter einer Holzdiele befindet sie ein kleines Messer, mit dem du das Seil aufschneiden kannst, doch sei dir davor sicher, dass du nicht so viel Krach machst.


    Jeden Tag werden genau zwei Männer nach dir schauen. Einer kommt zum Frühstück und der andere zum Abendessen. Beide werden keinen Kontakt zueinander haben, da sie davon ausgehen, dass der andere bereits schläft, wenn sie zu arbeiten anfangen. Immerhin ist es ein Schiff und ein Schiff benötigt rund um die Uhr eine wachsame Besatzung. Zwischen deinen Brüsten befindet sich ein Stück Leinentuch. In ihr befinden sich genau zwei Nadeln, beschmiert mit dem Gift einer bestimmten Froschart. Sie kann den Menschen für viele Stunden außer Gefecht setzen. Überlege weise, bei wem du es einsetzen willst.

    Wasser löscht Feuer, doch das Schlimmste, was einem Schiff passieren kann, ist, wenn es im unteren Deck brennt. Das sorgt für Panik, sowohl bei den Männern, als auch beim Kapitän. Sie werden für eine Weile nur noch Auge für das Feuer haben. Nutze diese Zeit.

    Ansonsten wünsche ich dir gutes Gelingen und ein schönes Leben.

    Wütend knüllte Olivia das Pergament zusammen und pfefferte es in die Ecke.
    Dann wanderte ihre Hand auf ihre Brust. Dort konnte sie unter dem Stoff ihres Kleides wirklich etwas fühlen. Ihre Hand glitt vorsichtig in ihr Dekolletee und zog das kleine Stoffbündel hervor. Wie Illdor es geschrieben hatte… Olivias Blick wanderte zu den Bodendielen. Sie verstaute die Giftnadeln wieder in ihrem Kleid und klopfte dann die Dielen ab. Eine war besonders wackelig. Eifrig zog sie an ihr und riss sie schließlich ab. Es war erstaunlich, dass ein so morsches Schiff noch nicht gesunken war.
    In dem kleinen Loch erspürten ihre Finger etwas Kaltes. Mit gebotener Vorsicht zog sie ein kleines Messer aus der Öffnung. Das Messer mit dem Illdor das Kaninchen gehäutet hatte, es war rasiermesserscharf. Tatsächlich! Illdor hatte ihr eine verschwindend geringe Möglichkeit zur Flucht ermöglicht. Was auch immer er damit bezwecken will?
    Schnell zog Olivia ihren Schuh wieder an und versteckte das Messerchen, wie vorher das Pergamentbriefchen zwischen ihren Verbänden. Anschließend stopfte sie den Brief in das Loch und legte die Planke so gut es ging wieder darüber.
    Schließlich lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Wie gern hätte sie jetzt den Sternenhimmel gesehen. Die ganze Pracht von Beliars Schönheit. Doch das blieb ihr verwehrt.
    Sie würde warten müssen. Warten auf den Sternenhimmel und auch auf die richtige Gelegenheit. Nun… sie hatte ja vorerst Zeit.

  20. Beiträge anzeigen #120
    Ritter Avatar von Tavik
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    Tavik ist offline

    Varant -> Argaan

    Ohne Zweifel, auf Karten wirkte das Meer zwischen dem Festland und den Südlichen Inseln immer klein und einfach zu befahren, aber bereiste man es tatsächlich … nun, dann wurde einem wieder bewusst, was für Streiche einem einige Linien und Zeichnungen auf einer Karte spielen konnten.
    Yared hatte dem Nordmann erklärt, was er nun war. Teil der Unterstützungskompanie der Südmeerflotte, angeführt von Kapitän Yared Höchstselbst. Wusste das Reich, welches Ei sich da zu ihnen ins Nest gesellt hatte? Plötzlich lag dort zwischen prächtigen Adlern eine Möwe, die das Talent besaß, ihnen gehörig auf die edlen Köpfe zu scheißen. Der Hüne grinste bei dem Vergleich und lehnte sich auf die Reling, schaute in die Fluten. Ja, auch das Meer hatte er die letzten zwei Jahre kennen gelernt. In einer Art und Weise, die sich nicht wirklich ziemte. Nein, die nicht nur nicht ziemend war, sondern hochgradig illegal und falsch.
    Pirat, Schmuggler, Seeräuber. Alles das Gleiche. Was anderes hast du nicht gemacht mit der Truppe, die dich begleitet hat. Auf Hoher See hast du mit Schwert und Feuer Jagd gemacht, an Land warst du nicht mehr als ein Hehler, Räuber und Mörder. Zwei Jahre lang. Du hast keine Ehre mehr am Leib. In Silden, da besaßt du Ehre, auch wenn du gegen Recht verstoßen hast. Auch dort hast du gemordet und geraubt, aber es war für deine Leute. Für dein Volk. Als Soldat hast du früher auch Tod gesäht, doch es war für das Reich und für deinen Gott. Aber jetzt? Nur für dich. Für niemand anderen. Du hast gemordet, um dich zu bereichern. In deinem Namen.
    „Alles in Ordnung, Bruder?“, fragte einer der Truppe Yareds. Der Nordmann antwortete nicht, bedeutete ihm mit einer Handbewegung, sich zu verziehen. Teufel, was für ein Ei hatte sich die Möwe da ins Adlernest geholt?
    „Ein Krähenei“, murmelte Tavik bitter, „Ein verflucht dunkles noch dazu, fürchte ich.“
    Wie sollte er je hoffen in Thorniara Fuß zu fassen? Klar, Yared hatte berichtet, dass man von Jun nicht mehr viel gehört hatte, aber trotzdem würde dort unten auch ein Steckbrief hängen. Vom Bord eines Schiffes an den nächsten Galgen. Oder, wenn ihn die Magier kriegen würden, vielleicht sogar ins Feuer. Den Ketzer verbrennen, um zu zeigen, welche Macht Innos besitzt. Aber … wer weiß, vielleicht ist es letztendlich Innos, auf den ich vertrauen muss.
    Langsam hob der Hüne die rechte Hand und blickte auf das Ergebnis seines Glaubens an den Herrn des Lichts. Eine verbrannte Hand, Schmerz, der ihn noch in den Träumen verfolgte, Jahre nach den Geschehnissen.
    Oder … war es nur eine Prüfung von vielen gewesen?
    „Jeder verdient eine zweite Chance …“

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