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    Fischjägerin Avatar von Larah
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Larah ist offline

    Östliche Tempelruine, Tiefe Sümpfe

    Dritter Tag der Wilden Jagd, später Nachmittag

    „Paps?“, Runa versuchte erneut zu ihrem davoneilenden Vater durchzudringen.
    „Er ist übergeschnappt, einfach übergeschnappt, sie alle… einfach übergeschnappt“, murmelte Sana mantraartig vor sich hin. Immerhin schien sie in ihrer Sorge um Hund weit davon entfernt, in eine weitere Schockstarre zu verfallen.
    Die beiden Frauen, Runa und Seamus eilten hinter Maris durch die Gänge der Tempelanlage. Ihm zu folgen war eine Entscheidung in Bruchteilen eines Moments gewesen. Larah und Seamus hatten sie getroffen und dafür nur einen kurzen wortlosen Blick austauschen müssen.
    Es war besser, den von der Natur berührte Varanter in seinem Zustand nicht allein zu lassen, also hielten sie mit. Außerdem waren da ja auch noch Frank und Hund. Wo immer Maris hinging, vermutlich würden sie dort auch die beiden wiederfinden – und wohl auch die Quelle der männlichen Verwirrung? Verführung? Was auch immer…

    Maris war sichtlich nicht mehr bei Sinnen. Seit er kurz nach Verlassen des Innenhofs auf die Knie gesunken war, schien er sie nicht mehr wahrzunehmen. Er war von selbst wieder aufgestanden, bewegte sich, sprach, aber die meiste Zeit in einer ihnen allen fremden Sprache. Wenn er zwischendurch doch etwas Verständliches von sich gab, machte das keinen Sinn, zumindest nicht bezogen auf die Örtlichkeit und die Situation, in der sie sich gerade befanden.
    Wenigstens schien die Umgebung, in der sein entrückter Geist jetzt war, denselben Grundriss zu besitzen, wie die Tempelanlage, durch die sie hetzten.
    Auch die Dunkelheit war bislang kein Problem. Immer wieder drang Tageslicht durch die eingestürzte Decke. Trotzdem hatte Seamus zwei Fackeln entzündet. Eine trug er selbst, die andere hatte er Sana in die Hand gedrückt.
    „Was meinte er vorhin mit Stimmen?“, wollte Larah wissen. Sie hatte die Führung übernommen, um im Fall des plötzlichen Auftauchens, den Feind mit der Reichweite ihrer Hellebarde auf Abstand halten zu können.
    „Ich höre ein betörendes Flüstern. Maris und Frank wohl auch“, antwortete Seamus, „Ihr nicht?“
    Alle drei weiblichen Gruppenmitglieder schüttelten hörbar den Kopf.
    „Na wunderbar“, seufzte der letzte Mann mit aufrechtem Verstand in ihrer Gruppe und runzelte die Stirn.
    „Warum bist du dann noch nicht übergeschnappt, Onkel Seamus?“, fragte Runa frei heraus. Sie war zwar sichtlich durch den Wind wegen des sonderbaren Verhaltens ihres Vaters. Dank ihres Onkels und der beiden Frauen, schien sie sich aber den Ausfall ihres Vaters den Umständen entsprechend gefestigt zu verkraften und hatte ihr ihre entwaffnende Offenheit noch nicht eingebüßt. Vielleicht war es aber auch nur die Aufregung, die sie instinktiv handeln ließ.
    „Weil mir deine Tante zuhause sonst Beliars Sphäre heiß machen wird.“
    In dem entschuldigenden Grinsen, das Seamus Antwort begleitete, vereinte sich eine seltsame liebevolle Mischung aus Verzweiflung, Resignation und Dankbarkeit.

    Maris vor ihnen bog einmal mehr nach Rechts ab und stürmte die Treppe hinunter, die den nächsten Gang hinab führte.
    „Sana, wer ist Yakumama?“, fragte Larah, während sie nur wenige Stufen hinter ihm folgte.
    „Yaku… Ich…“, Sana geriet glücklicherweise nur gedanklich ins Stocken.
    „Sana, wir müssen wissen, mit was wir es gleich zu tun bekommen, also bitte“, drang nun auch Seamus auf Aufklärung.
    Die Gortharerin ließ sich ein wenig neben sie zurückfallen, nahm beruhigend ihre Hand und blickte sie aufmunternd an. Sie war hier nicht allein.
    „Yakumama…“, setzte die gefragte erneut an, „Sie ist…“, brach aber erneut ab. Diesmal jedoch nicht, weil sie nur Probleme hatte, die Blockade der Furcht in ihrem Kopf zu überwinden, um den Satz zu beenden.
    Sie alle hatten den unteren Treppenabsatz erreichten und traten in eine Säulenhalle. Sie war etwa zweimal so hoch wie die Gänge, durch die sie zuvor gekommen waren. Auch hier trat an zwei drei Stellen Tageslicht durch die von herabhängenden Wurzeln durchbrochene Decke.
    Und sie alle – selbst Maris – standen für einen Moment mit großen Augen da.
    „Das ist sie.“, hauchte Sana völlig kreidebleich.
    Im Zentrum der Halle hatte sich eine riesige rote Schlange aufgebäumt. Sie war mindestens so lang, wie fünf erwachsene Männer groß waren.
    In dem Augenblick, als sie in ihr Blickfeld kam, senkte sie gerade blitzschnell ihren Kopf und spie grünlichen dünnflüssigen Schleim auf eine noch absonderlichere Kreatur, mit dem Unterleib eines Skorpions, statt Kopf und Zangen, aber einem annähernd menschlichen Oberkörper, der jedoch unförmig und gänzlich haarlos war. Insgesamt drei dieser Kreaturen versuchten die Schlange zu umringen. Eine ließ ihren Skorpionstachel über ihren Körper nach vorne schnellen und versuchte damit die Haut der Schlange zu durchstoßen. Doch der Stachel scheiterte an ihrem schwarz und golden gezeichneten Schuppenkleid.
    Unweit erkannten sie auch Frank, der seinen Ersatzbogen gezückt hatte und in den Kampf eingreifen wollte. Neben ihm war Hund, der stetig an ihm hochsprang und mit seinen Zähnen an der Kleidung des Hünen zupfte, um ihn zurück zu den anderen zu bewegen. Doch Frank ließ sich nicht beirren und versuchte weiter den Pfeil anzulegen. Er war sichtlich ebenfalls in einer Art Traumwelt gefangen.
    Noch einmal sprang Hund hoch. Diesmal bekam er den Ersatzbogen mit seinem Maul zu fassen, biss kräftig zu und versuchte Frank am Bogen zum Treppenabsatz zu ziehen, wo er jetzt Sana und die anderen entdeckt hatte. Offenbar hatte das Hund einen zusätzlichen Motivationsschub in seinen Anstrengungen, Frank zum Rudel zurück zu treiben, beschert.
    Frank war darüber überhaupt nicht begeistert und zerrte seinerseits an seiner Waffe.
    Es dauert nicht lange, dann riss die Bogensehne. Wütend trat Frank nach Hund und stürmte dann aus unerfindlichen Gründen an den Skorpionmenschen, die immer noch die gigantische Schlange beharkten, vorbei, tiefer in die säulengesäumte Halle.
    Geändert von Larah (04.05.2024 um 12:37 Uhr)

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    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Maris ist offline

    Östlicher Tempel, Nachmittag des dritten Tages

    Die Magie des Sandes durchfuhr seinen Verstand wie ein Rausch. Der Duft von Zimt hing ihm in der Nase, der Geschmack der Sandkörner lag ihm auf der Zunge. Er kannte diesen Ort, kannte ihn aus den Untiefen der Erinnerung derer, die vor ihm gewesen waren.
    Der Tempel lag im Dunkel, das nur vereinzelt vom unsteten Flackern der Fackeln durchbrochen wurde. Sandwehen begleiteten ihn in das Innere des Bauwerks hinein, doch nachdem der Gang eine abrupte Wendung machte, war die brennend heiße Außenwelt eine bloße Erinnerung. Maris wandte sich um – ihm war, als würde er von etwas begleitet, als huschten Schatten um ihn herum, doch er konnte nicht ausmachen, wo – und was – sie waren. Sein Verstand konnte nicht erfassen, was da war, was sich da um ihn herum bewegte, doch es war lästig. Er wünschte, diese Dinger wären fort.
    „Schnell, Retter! Wir sind in Gefahr! Der Wurm ist hier!“
    Die betörend süße Stimme drang aus den Tiefen des Tempels zu ihm, weit aus dem Innern dieser Anlage. Maris‘ Herz schlug schneller, als er witterte, dieses bezaubernde Wesen könnte bedroht werden. Er beschleunigte seine Schritte, bis der Gang vor ihm nach unten abknickte und in einer steilen Freitreppe endete, an deren Ende der Feuerschein der Haupthalle durch einen Torbogen aus purem Gold heraufstrahlte.
    „Der Tempel von Sammā“, murmelte Maris. Der Skorpiongott, ein uraltes Wesen von Macht, wurde hier verehrt. Er wusste es, er erinnerte sich. Er war hier gewesen, in unzähligen Leben zuvor. Sammās Priesterinnen mussten irgendwo im Inneren seiner Hilfe harren. Skia und Skara, die schönen, wehrhaften Kriegerpriesterinnen des schwarzen Skorpions. Er erinnerte sich. Wie hätte er sie vergessen können?

    „Wo sind die Kahnūthā?“, fragte er niemand Bestimmten, während er auf den Eingang zuhielt. Die Priesterinnen mussten hier irgendwo sein!
    Maris sah sich mit weit aufgerissenen Augen um, als er das prächtige Tor durchschritt. In schillernden Farben zeugten Wandmalereien von den Lehren der Priester, und das Licht der Fackeln spiegelte sich an unzähligen goldenen Tempelgaben. Doch sein Blick verharrte auf der Kreatur in der Mitte der Halle. Der Leib der Bestie war so gewaltig, so lang und dick, dass sie einen Mann mit einem Satz zu verschlingen vermochte. Matte, große Schuppen in der Farbe des Sandes bedeckten den gesamten Körper, der sich mit Windungen von gewaltiger Kraft vorwärts über den alten Sandstein schob. Sein Antlitz endete in einem augenlosen Kopf, der einzig und allein aus einem riesigen Maul bestand.
    Um die Kreatur herum wirbelten drei Tempeldiener, die ihre reich dekorierten Speere in unnachahmlicher Art hinter ihrem Rücken empor hielten, als handelte es sich um die Stacheln von Skorpionen. In ihren schmalen Gesichtern stand die ernste Entschlossenheit, ihre Herrinnen bis zum Tod zu verteidigen, und Maris teilte diesen Wunsch. Sie versuchten die Kreatur einzukreisen und mit den Spitzen ihrer Speere zu erwischen, doch der Wurm war zu schnell, zu stark, als dass sie ihm zu schaden vermochten. Er verschaffte sich mit einer blitzschnellen Drehung seines Körpers Platz und wandte sich in die Richtung von Maris um, als er dessen Ankunft bemerkte. Hunderte dolchartiger Zähne formten einen kreisrunden Schlund, der sich auf ihn richtete und bedrohlich öffnete.
    „Du wirst sie nicht bekommen, verkommene Dämonenbrut!“, brüllte Maris. „Weiche, oder ich werde dich töten!“

    Der Wurm stellte sich auf, bis er Maris um ein Vielfaches überragte. Ein Zischen tief aus dem Inneren des Mauls fuhr ihm unter die Haut, doch er war fest entschlossen, nicht zu weichen. Er würde kämpfen bis zum Tod! In diesem Moment kam versuchte einer der Tempeldiener sein Glück und stürzte sich aus der Deckung auf den Wurm. Doch die Bestie fuhr herum und stieß den Mann mit unfassbarer Geschwindigkeit fort. Der Diener schlug hart auf den Boden, richtete sich aber sofort wieder auf. Doch der Wurm war bereits da und fuhr erbarmungslos auf den Mann nieder. Hunderte Zähne bohrten sich in das Fleisch des Tempeldieners, der gewaltige Körper des Wurms wand sich um ihn zermalmte Knochen und zerdrückte Fleisch. Nach wenigen Augenblicken war von dem Mann nicht mehr als ein zerschmetterter, verdrehter Leichnam übrig. Maris wandte sich zu den beiden verbliebenen Dienern um, als er erneut die Präsenz dieser verfluchten Schatten in seinem Nacken spürte.
    „Holt euch diese Plagegeister, die mich verfolgen! Der Wurm gehört mir! Ich werde Skia und Skara beschützen!“
    Er zog seinen Säbel und stellte sich entschlossen dem Wurm entgegen. Die Kreatur ließ von ihrem Opfer ab und richtete sich erneut drohend vor Maris auf.
    „Mich wirst du nicht so einfach töten können!“, rief Maris. „Jetzt wirst du sterben, Ausgeburt des Bösen!“

  3. Beiträge anzeigen #103
    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Freiya ist offline

    Zentraler Sumpf, Tempelruine, 4. Tag, mittags - Freiya, Griffin, Ryu

    Sie hatten wirklich eine ganze Weile dort oben gesessen und den Sonnenaufgang beobachtet. Die kalte Luft der Nacht war der Wärme des Lichtes gewichen und die Feuchtigkeit, die nun zwischen den Bäumen hoch stieg, zog nicht mehr unangenehm unter die Kleidung. Der Frühling streckte sich und legte zufrieden seine Arme um den Sumpf. Wären sie nicht gerade bei dieser Wilden Jagd gewesen, die darüber bestimmte, ob das Waldvolk im Sumpf noch eine Heimat und damit eine Zukunft hatte, müssten sie nicht dieses grausame Spiel mitspielen, das ihnen aufgezwungen worden war, es wäre eine wunderbare Zeit gewesen, eine leichte Zeit. Eine Zeit des Erwachens und des emsigen Treibens, des Lichtes und der Freude.
    Doch war es nun einmal, wie es war. Und so blieb dem Trio letztendlich nichts weiter übrig, als wieder hinabzusteigen in die dunklen Katakomben, nicht ohne mehrstimmiges Ächzen.
    Als sie wieder bei ihrem provisorischen Lager angekommen waren, nahm Ryu den Kopf des Fledermausdämons an sich und ging los, Freiya hinter ihm, zum Schluss Griffin. Jetzt wollten die Drei den Tempel nur noch hinter sich lassen.

    Sie kamen am einzig intakten Turm vorbei, dem Hauptturm, und Freiya freute sich in Gedanken gerade auf die Rückkehr zum Basislager am alten Jägerturm, wo eine warme Mahlzeit von Mama Hooqua warten würde, als Ryu unmittelbar vor ihr stehen blieb. So abrupt, dass sie fast in ihn hinein gelaufen wäre.
    „Was ist?“, fragte sie den Hauptmann, als sich Griffin hinter ihnen plötzlich regte:
    „Also Leute, ich hab zwar gesagt, dass ich euch liebe, aber einer von euch ist ganz klar am Verwesen innerlich! Wer hat gefurzt?“, sprach er. „Ernsthaft, ich mach mir Sorgen um euch bei dem Gestank!“
    Und obwohl in diesem Augenblick ein wirklich erbärmlicher Gestank auch an ihre Nase reichte, musste Freiya unwillkürlich lachen. Ein Klang, den es schon lange nicht mehr gegeben haben musste in diesen Mauern. Die Rothaarige hustete dann, ob des Geruchs: „Ich hoffe nicht, dass das aus einem menschlichen Körper kommt!“
    Sie zog sich das Halstuch über Mund und Nase und blickte nach vorn: „Ryu?“
    Der Hauptmann hatte sich auf sein linkes Knie sinken lassen und mit den Fingern den Boden betastet, als würde er etwas erspüren. Er stand schließlich wieder auf und deutete zur Treppe, die im Hauptturm nach unten führte. Er setzte sich in Bewegung und ging zu den Stufen, auf die er eben gedeutet hatte.
    „Och nö. Ist das jetzt dein Ernst? Haben wir noch nicht genug Scheiße hier zum Dampfen gebracht?“, protestierte Griffin.
    „Da unten ist etwas. Du müsstest es auch spüren können“, erwiderte Ryu mit stoischer Ruhe.
    „Die Harpyien?“, fragte Freiya, doch Ryu schüttelte den Kopf.
    „Etwas anderes … Etwas mit einer ganz eigentümlichen Signatur … Ich bin mir noch nicht sicher. Sehen wir nach!“
    Griffin baute sich vor seinem Waffenbruder auf und hob den Zeigefinger. Seine Kiefer mahlten:
    „Das wird das Letzte sein, was wir hier in diesem Tempel erledigen. Hörst du? Das wirklich Letzte! Danach gehen wir schnurstracks da raus und wenn ich dir dafür persönlich einen Tritt in den templerischen Arsch verpassen muss!“
    Ryu sah Griffin mit schmalen Augen an, aber seine Mundwinkel hoben sich leicht. Er legte Griffin die Hand auf die Schulter: „Versprochen.“

    Freiya war sich nicht ganz sicher, ob sie neugierig sein sollte oder nicht. Bisher waren sie bei dieser Jagd auf die mindestens seltsamsten, im schlimmsten Fall alptraumhaftesten Gestalten getroffen, die sie je erlebt hatte. Und eigentlich waren sie immer noch gezeichnet vom letzten Kampf. Aber wenn Ryu eine anscheinend wunderliche Eingebung hatte, würden sie seiner Ahnung nachgehen. Vielleicht, so hoffte Freiya, kam es ja nicht zu einem Kampf oder Ähnlichem.
    Sie folgten also der Treppe hinab, das Gemäuer verdeckte nun das Tageslicht, es wurde wieder finsterer. Freiyas Augen mussten sich erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen. Sie nahm aber wahr, dass sie am Ende der Treppe in einen weiteren Gang hinein traten und dann schließlich wieder zu einer Halle kamen, die von einzelnen Sonnenstrahlen durchflutet war. Pflanzen hatten sich hier breit gemacht und eine feuchte Kühle schlug ihnen entgegen. Das Geräusch von Tropfen verriet, dass es hier Wasser geben musste irgendwo.
    Eigentlich wäre es kein schlechter Ort gewesen, wäre der Gestank hier unten nicht am schlimmsten gewesen. Allerdings war nun auch ganz klar zu sehen, was die Ursache war: Vor ihnen erhob sich ein Berg aus Dreck, feuchter Schlamm aufeinander getürmt und in eine halb trocken, halb feuchte Starre verfallen. Von diesem Ungetüm gingen drei Ketten zu den umliegenden Wänden und waren dort befestigt. Federn lagen um den Schlammberg verteilt, als wären Harpyien hier gewesen. Auf Freiyas Gesicht spiegelte sich Verständnislosigkeit: Wieso fesselte jemand einen riesigen Haufen feuchter, stinkender Erde? Doch dann fiel ihr plötzlich etwas auf: Der Berg, er atmete! Und nicht nur das, er sah! Tief im Braun des Schlammes blickten zwei dunkle Augen hervor!

    „Was bei Beliars finsterem Arsch …“, murmelte Griffin und gab Freiyas Gedanken Ausdruck.
    „Halten die Harpyien diese … Kreatur gefangen?“, fragte die Rothaarige.
    „Sieht ganz danach aus“, erwiderte Ryu und näherte sich einer der Ketten.
    „Aber warum?“, entfuhr es Freiya.
    „Finden wir’s raus!“ hallte es durch die Halle. Ryu bückte sich und hob einen faustgroßen Stein auf.
    Ob das eine gute Idee war, wollte Freiya ihm noch zurufen, doch ihre Worte wären untergegangen im Lärm, den der Hauptmann verursachte, in dem er mit dem Stein gegen die Kette schlug. Nach mehreren Schlägen gab das rostige Metall nach und die Kette löste sich aus der Wand.
    „Oi, jetzt du!, rief Ryu Griffin zu und warf ihm den Stein zu. Der Bärtige schien nicht so überzeugt von der Sache, machte sich aber daran, die nächste Kette zu bearbeiten. Freiya indessen besah noch einmal den Berg Schlamm und betrachtete die Augen erneut. Sie waren gar nicht so dunkel, stattdessen schienen sie eine dunkle Mitte zu besitzen, aber einen bräunlich glänzenden, fast sogar golden besprenkelten Ring drumherum zu haben. Irgendwie kam ihr diese Art von Augen bekannt vor … Jedenfalls schien dies ganz eindeutig keine korrumpierte Kreatur zu sein. Was hatte Ryu gespürt?
    Ein Rasseln verriet, dass Griffin eine Kette gelöst hatte, dann warf er Ryu wieder den Stein zu, der sich an die letzte Kette machte. Freiya ließ nun den Blick streifen. Ihr fiel eine Art hölzerner Überbau auf, der genau über dem riesigen Schlammhaufen endete. Griffin stellte sich neben sie und blickte ebenfalls dorthin empor. Ein Klirren ertönte und die letzte Kette glitt zu Boden. Und – nichts geschah. Die Ketten hingen an dem Wesen im Schlamm fest.
    „Was nun?“, fragte Freiya.
    „Glaub, der könnte ne Wäsche vertragen, hab auch schon eine Idee. Haltet ihr mal die Stellung hier unten“, sprach Griffin und nahm Anlauf auf eine dünne Steinsäule. Mit ein paar wenigen, aber enorm kraftvollen und flüssigen Bewegungen war er an der Steinsäule empor geklettert, auf einen steinernen Balkon gesprungen und balancierte zu dem hölzernen Überbau.
    „Ha, wie ich es vermutet hatte, hier oben befindet sich Wasser!“, rief er zu ihnen herunter. „Eine Menge Wasser!“
    „Dann sollten wir ihm die Wäsche nicht verwehren, oder?“, erwiderte Freiya. Ryu stand inzwischen neben ihr und blickte ebenso zu Griffin hinauf.
    „Wasser marsch!“, rief der Bärtige von oben herab. Dann hörten sie mehrere laute Schläge, als würde jemand auf Holz schlagen. Dann mit einem Mal kam erst das Brett mit einem Krachen herunter gefallen und im selben Atemzug ergoss sich ein nicht enden wollender Strom Wasser über genau der Kreatur.

    Ryu griff nach der Kette, die am nächsten zu ihm auf dem Boden lag und begann dran zu ziehen. Freiya eilte ihm zur Hilfe und zog mit, doch obwohl sich das Wasser zu ihren Füßen mit dem Schlamm vermischte, regte sich am Schlammberg selbst nichts. Die Ketten ließen sich nicht lösen.
    „Warum tut sich nichts?“, rief Freiya über das laute Rauschen des Wassers hinweg.
    „Irgendwas scheint die Ketten zu blockieren“, erwiderte Ryu. Freiya ließ ihren Griff locker, fuhr mit der Hand über die Eisenringe hin zum Schlamm, als sie eine Bewegung im Augenwinkel vernahm. Ryus Ruf hörte sie noch, doch dann erwischte wie ein riesiger kalter Arm sie und drückte sie in den Schlammberg hinein. Mit dem Kopf im Dreck und dem kalten Wasser, das über sie drüber lief, bekam sie Panik und stemmte die Arme in den Matsch, um ihr Gesicht mit einem Schmatzen aus dem Dreck zu ziehen. Das Wasser, das dabei weiter unaufhörlich über sie lief, wusch ihr Gesicht sauber. Ihr Tuch war weggespült worden. Sie prustete und wollte ihre Arme aus dem Schlammwesen befreien, als sie etwas unter der schlammigen Oberfläche an ihrem Fingern spürte.
    Ryu tauchte neben ihr auf und legte seine Hand auf ihre Schulter, bereit, sie wegzuziehen.
    „Warte, da ist was!“, sagte sie, die eine Hälfte ihres Gesichts immer noch an den Berg und ins runterlaufende Wasser gedrückt. Sie fühlte eine dünne Metallschnur tief im Matsch vergraben und tastete sich an dieser entlang.
    „Autsch“, entfuhr es ihr, als ihre Finger auf einen spitzen Dorn trafen.
    Ryu zog die Augenbrauen zusammen.
    „Kleinen Moment“, erwiderte Freiya und legte die Finger um die Metallschnur. Dann versuchte sie daran zu ziehen. Doch auch das funktionierte nicht.

    „Ich brauch deine Hilfe“, sagte die Rothaarige schließlich zum Hauptmann. Er war nicht nur viel stärker als sie, er hatte auch die besser geschützten Hände.
    „Du musst mit deinem Arm hier rein“, erklärte sie. Dieses fließende Wasser machte sie noch verrückt, war das Reservoir, das Griffin geöffnet hatte, denn endlos?
    Ryu stellte sich Schulter an Schulter zu ihr und mit dem linken Arm griff er in den Schlamm. Er fand zunächst ihr Handgelenk, dann die Schnur. Schließlich nahm er noch den zweiten Arm zur Hilfe. Sein Gesicht verfinsterte sich.
    „Stacheldraht! Sei vorsichtig, wir müssen versuchen, das herauszuziehen“, wies er sie an. Freiya nickte, soweit das zumindest ging, und gemeinsam zogen sie an dem Draht. Tatsächlich lockerte sich der metallene Fallstrick, bis sie ihn aus dem Schlamm sogar hervor holen konnten. Doch der Stacheldraht schien in Runden um das schlammige Wesen herumzugehen, als hätte jemand etwas unter der erdigen Oberfläche darin eingewickelt. Sie mussten ihn weiterhin aus dem Schlamm herauslösen.
    „Du in deine Richtung und ich in meine“, sprach Freiya zu Ryu. Der nickte, warf dann aber einen Blick nach oben.
    „Oi, Griffin!“, rief er. Doch der Hüne tauchte in diesem Augenblick hinter ihnen auf.
    „Ist das ein endloser Fluss an Wasser?“, rief Freiya ihm zu.
    „Scheint ganz so. Seht ja ganz schön begossen aus!“, erwiderte er nicht ohne ein breites Grinsen.
    „Freu dich nicht zu früh, ihr kümmert euch um das obere Stockwerk von diesem Berg hier, ich kümmere mich um untenrum“, wies der Hauptmann an.
    „Das ist eine komische Aufteilung, außerdem werde ich dann ganz nass“, protestierte Griffin. Dann aber ging er plötzlich in die Hocke und deutete Freiya an, auf seine Schultern zu klettern.

    So umkreisten sie das Schlammwesen und tatsächlich konnten sie nicht nur den Stacheldraht aus dem Matsch lösen, sondern auch die Enden der Ketten bergen. Eine nach der anderen fiel mit einem erneuten Klirren zu Boden und als einerseits endlich Ryu und anderseits endlich Freiya auf Griffins Schultern das letzte Stück Stacheldraht aus dem Schlamm gezogen hatten, versiegte der Strom des kalten Wassers endlich. Griffin ließ Freiya wieder von seinen Schultern herunter und mit einem Mal kehrte Stille ein. Nun war wieder nur noch das Geräusch vereinzelter Tropfen zu hören.
    Dann aber ertönte mit einem Mal ein Röhren, dass den Boden unter ihren Füßen erzittern ließ. Der Schlammberg fiel in sich zusammen und ein strahlendes, goldenes Licht brach durch die Dreckschichten. Dann plötzlich entstieg ein Hirsch den Schlammresten, sein Fell ebenso golden und leuchtend wie das Licht, und richtete sich in voller Pracht auf. Die Enden seines Geweihs waren nicht zu zählen und er war größer als jeder Hirsch, den Freiya bisher in ihrem Leben gesehen hatte. Und da erkannte sie die Augen, die sie eben noch umgeben von all dem Morast gesehen hatte.
    Er blickte die drei Jäger an und sah einem jeden von ihnen in die Augen. Freiya wusste nicht, wann sie das letzte Mal etwas derartig Prachtvolles gesehen hatte. Oder ob sie es überhaupt je getan hatte. Fasziniert betrachtete sie diese schöne Gestalt, die Herrlichkeit und eine merkwürdige Sicherheit ausstrahlte.
    Nach einer ganzen Weile, in der die drei Jäger den Hirschgeist schweigend und respektvoll angesehen hatten, ließ das Wesen plötzlich erneut ein Röhren vernehmen, dass die Wände wieder zitterten. Dann sprang er mit einem riesigen Satz über sie hinweg und galoppierte in die Dunkelheit des Ganges hinter ihnen, aus dem sie gekommen waren. Dort verschwand er.

    Wie lange sie am Ende dort standen, konnte keiner mehr sagen, doch ein Geräusch ließ alle drei Jäger aus ihrer Starre erwachen: Ein Flügelschlagen.
    Sie blickten auf und wurden alle drei Zeuge davon, wie ein Uhu durch eines der Löcher, durch die auch die Sonne schien, hindurch geflogen kam und direkt auf sie zuhielt. Kurz vor ihnen ließ er dann direkt vor Freiyas Füßen etwas zu Boden fallen, das sich als eine große und fette Ratte herausstellte. Verdutzt blickte die Rothaarige zu dem Vogel, erkannte ihn dann aber wieder.
    „Ach, du bist’s! Ist das für uns?“, fragte sie. Der Uhu war auf einen der steinernen Simse gelandet und schuhuhte aufgeregt. Freiya musste lächeln. Sie zitterte inzwischen am ganzen Körper, war sie doch von oben bis unten durchnässt und fror, aber das Geschenk des Uhus rührte sie.
    „Dankeschön“, sagte sie, ohne zu wissen, ob das Tier sie verstand. Doch der Uhu ließ ein warmes Schuhu ertönen. Vielleicht verstand er sie ja doch.
    Griffin hob die Ratte am Schwanz hoch: „Hm … Mittagessen?“
    Doch in dem Moment drang ein erneuter Geruch an ihre Nasen: Diesmal von Feuer und verbranntem Fleisch … und Schnaps?
    Ryu drehte den Kopf, als würde er lauschen. Dann blitzte es kurz in seinen Augen auf.
    „Wir sind nicht mehr allein. Lasst uns aufbrechen und zu den anderen gehen“, sagte er.
    Zu den anderen? wollte Freiya fragen, doch Griffin kam ihr zuvor mit dem, was ihn beschäftigte: „Und die Ratte?“
    „D-d-die n-n-ehmen w-wir nat-t-türlich m-mit“, sagte Freiya schlotternd. Schließlich war das ein Geschenk!

  4. Beiträge anzeigen #104
    General Avatar von Yared
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    Nördliche Tempelruine, Tiefe Sümpfe

    Dritter Tag der Wilden Jagd, später Nachmittag

    „Er hat einen Scavenger gerissen und weidet ihn gerade aus.“
    Yared reichte sein Fernrohr weiter, damit Melford das Geschehen unter ihnen im Innenhof des Tempels ebenfalls betrachten konnte.
    Der Hirschtroll hockte über seiner Beute, einem selbst für die massigen argaanische Unterart der Scavenger großen Exemplar mit grünem Schnabel, auf den von der Witterung aufgebrochenen und von Moos überwucherten Steinplatten. Es war nicht klar festzustellen, ob er tatsächlich von dem Laufvogel fraß oder ihn nur zerpflückte. Unweit lagen mindestens zwei weitere, bereits aufgebrochene und in der Gegend zerteilte Scavengerkadaver. Der Hirschtroll hatte also offenbar nicht einfach nur Glück gehabt mit seinem Fang.
    Der Innenhof war als solcher kaum noch zu erkennen. Die umgebenden Säulenhallen waren zu einem Großteil eingestürzt, sodass er mehr wie ein Vorplatz mit dem knorrigen alten Baum in der Mitte erschien. Der Boden war an verschiedensten Stellen abgesunken, flache Pfützen, in denen das Wasser aus dem feuchten Untergrund aufstieg übersäten die begrünten Steinflächen. Zwischen den Fugen sprießten Farne und Sumpfgräser und über allem flimmerten Insektenschwärme in der bereits leicht Richtung Horizont geneigten, goldener erscheinenden Sonne.

    Der Baumeister und der Kapitän lagen im Moos auf dem obersten Plateau der Stufenpyramide. Neben ihnen erhob sich der Schrein, dessen rechteckiges Zeltdach zu jeder Himmelsrichtung auf vier Säulen ruhte und an den äußeren Ecken schanzenartig zum Firmament aufstrebte.
    Pflanzen hatten die Rückseite des Stufentempels überwuchert und der Wind Material anderswo abgetragen und auf seinen Terrassen abgeladen, sodass der Tempeleingang unter ihnen scheinbar in einen Hügel mündete. Es war nicht schwer gewesen die Anlage zu Umrunden und den Hügel von hinten zu erklimmen. Da weder Melford noch Yared ausgewiesene Meister im Schleichen waren, hatten sie sich entschieden, ihre Beute erst einmal von Weitem in Augenschein zu nehmen, nachdem Melford den freundlichen Fuchs nach dem Weg gefragt hatte.
    Yared blickte zu seinem ehemaligen Sippenbruder, der immer noch das Geschehen unter ihnen betrachtete, als er daran zurück dachte. Es sprach wohl für Melfords bescheidene Art, dass er sich nur über seine Fertigkeiten als Baumeister definiert sehen wollte. Trotzdem hatte der ehemalige Orksöldner weit mehr als nur diese eine Begabung und der Paladin konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch eine gewisse Unsicherheit dafür mit verantwortlich zeichnete, dass er seine zahlreichen anders gelagerten Talente bislang nicht stärker ausgebildet hatte. Umso beeindruckender war es gewesen, zu sehen, wie natürlich und unbeschwert Melford seine magische Begabung, seine Verbindung mit der Natur einsetzte, wenn er nicht groß darüber nachdachte.

    „Dieser Hirschtroll muss verdammt schnell sein, dass er den erwischen konnte.“
    Der Armbrustbauer holte seine Armbrust vom Rücken und griff nach der kleinen Tasche mit den Schwalbenschwanz-Ahlspitzen. Kurz hatte er daran gedacht, zur daneben an seinem Köchergurt befestigten Tasche mit den sichelförmigen Vogelbolzen zu greifen. Mit denen konnte man zwar auch gut Sehnen und dünnere Seile durchtrennen, doch der Schwalbenschwanz mit seinen Widerhaken würde den Hirschtroll mit höherer Sicherheit verlangsamen, als eine durchtrennte Achillessehne, die Yared auf diese Entfernung und bei einem beweglichen Ziel auch erstmal treffen musste. Zudem ging der Kapitän nicht davon aus, überhaupt mehr als einen, maximal zwei Schüsse abgeben zu können, bevor der Hirschtroll die Verfolgung aufnahm. Verlangsamen aber mussten sie ihn, sonst würde er ganz sicher einen von ihnen erwischen, bevor sie die Fallgrube erreicht hatten.
    Yared und erhob sich in die Hocke. Dann nahm er den Geißfuß, spannte seine Armbrust und legte den Schwalbenschwanz ein.
    „Ich wäre dann soweit. Gib Bescheid, wenn ich loslegen soll.“
    Geändert von Yared (04.05.2024 um 23:10 Uhr)

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Basislager, 4. Tag, Vormittag - Zarra, Ornlu + die Wölfe und Ambrose

    Tatsächlich war Zarra trotz des Streites mit ihrer Großmutter wieder eingeschlafen. Die Erschöpfung saß ihr tief in den Knochen und so wachte sie erst am nächsten Morgen wieder auf. Von ihrer Oma war nichts zu sehen und auch die Bettrolle wirkte unverändert.
    Die Kleidung von Silla, welche für sie bereitlag, war Zarra zu groß, doch für den Augenblick musste es ausreichen. Zudem war es sehr ungewohnt für sie eine Wollhose statt eines Kleides zu tragen und das Leinenhemd wölbte sich seltsam um ihre Körpermitte. Unzufrieden strich sie sich immer wieder über die Kleidung, doch tatsächlich versuchte sie sich nur von dem Streit mit ihrer Großmutter abzulenken. War sie zu unnachgiebig gewesen? Nein, Nerea hatte völlig irrational reagiert. Sie hätte sich freuen müssen, dass ihre Enkelin wohlbehalten zurückgekehrt war und das mit der Hilfe des großen Wolfes! Und dass Zarra zornig darüber war, dass ihre Oma den Moment mit der Libelle erwartet hatte, ließ die Wut von neuem in ihr brodeln. Wie konnte sie ihr das nur vorenthalten?
    Die Jugendliche seufzte schwer und gab endlich auf ihr Hemd glattstreichen zu wollen. Stattdessen richtete sie sich auf. Sie war etwas wackelig auf den Beinen, doch sie hielt es nicht länger allein mit ihren Gedanken aus. Die überlappenden Zeltleinen schob sie beiseite und trat in das vormittägliche Licht der Sonne. Einige wenige Wächter liefen über den Lagerplatz, Mama Hooqua hielt die Stellung am Kochtopf und das Mädchen glaubte Roan und Silla hinter der Ausrüstungsausgabe zu sehen. Die Sonne blendete sie noch ein wenig, aber sie wollte nicht länger warten. Nerea schuldete ihr eine Geschichte und sie würde dieses Mal nicht ruhen, bis sie ihre Antworten bekam.

    Sie blickte sich um, doch von der alten Kräuterfrau fehlte jedes Zeichen. Ob sie wohl nach Tooshoo zurückgekehrt war, um ihrer Enkelin aus dem Weg zu gehen? Das konnte sich Zarra nicht vorstellen, doch wenn sie ehrlich war, hatte sich ihre Oma ganz anders verhalten, als sonst. Natürlich stritten sie von Zeit zu Zeit miteinander, doch in den seltensten Fällen war es die Matriarchin, die dem Konflikt am Ende zu entkommen versuchte. Meist war es das Mädchen, welches das Weite suchte, um ihre wütenden Gedanken zu sortieren.
    Ziellos wanderte sie über den Platz, ließ die Eindrücke auf sich wirken, die ihr – wie sie jetzt erst bemerkte – nach den zwei Tagen in der Wildnis – gefehlt hatten. Die Gerüche von Eintopf, der in einem großen Kessel blubberte, die Rufe von Menschen, die ihren Aufgaben nachgingen und nicht in unmittelbarer Lebensgefahr schwebten und das Lachen. Es tat so gut wieder Freude zu sehen und zu hören. Die Wut fiel von ihr ab und ein leises Lächeln spielte um ihre Lippen. Die Wunde an ihrer Wange protestierte, doch längst nicht so hartnäckig wie am Vortag.

    „Die Wölfe sind zurück!“, hallte ein Ruf vom westlichen Rand des Lagers.
    Zarra hob überrascht den Kopf und folgte denjenigen, die bereits in die Richtung losliefen. Jadewolf war bereits zurück? War ihre Jagd also ein Erfolg gewesen? Von Weitem konnte sie bereits sehen, dass jemand auf einer behelfsmäßigen Trage herbeigebracht wurde. Ein hochgewachsener, beleibter Mann, den sie als Ambrose erkannte, lief neben dem Verletzten. Ornlu lief vorweg, etwas an das eine Ende seines Stabes gebunden. Es war schwer zu erkennen, um was es sich dabei handelte, doch die ersten Reaktionen des Begrüßungskomitees wich angewidert weg.
    „Was ist DAS denn?“
    „Das sieht aus, als hätte es ein Molerat ausgeschissen!“
    „Habt ihr den halben Sumpf umgegraben, um diese Ausgeburt Beliars zu finden?“
    „Sieht fast aus wie mein verschollener Onkel Boris.“
    Als die Jugendliche endlich nah genug herangekommen war, verzog auch sie ihr Gesicht angewidert. Eine kleine Gestalt, schwarz wie Pech baumelte vom Stab des Druiden. Es wirkte völlig fremd und fehl am Platz und doch war es hier.
    „Dies ist Wrooot! Ein Bastard, der seines Gleichen suchte. Doch nun ist er eine Trophäe für uns. Hängt ihn zu den anderen!“, verkündete der Jadewolf und ließ einige Wächter den Kadaver von seinem Stab nehmen.
    Erste Jubelrufe brachen aus, die immer lauter wurden, je weiter sich die gute Nachricht verbreitete.
    „Wir werden diese Jagd gewinnen!“, schallte es von einem jungen Wächter, der die Faust siegreich gen Himmel stieß.
    „Der Maskenmann hat so gut wie verloren!“, stimmte jemand anders ein.

    Zarra näherte sich Ornlu, aufgeregt, ob er ihr etwas sagen würde, doch er nickte ihr nur zu und wandte sich zu Ambrose um.
    „Bringen wir Iun in ein Zelt. Ambrose, schau dir auch Zarras Verletzungen an.“
    Damit zogen die Wölfe weiter, die Häupter erhoben.

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    Ritter Avatar von melford
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    Nördliche Tempelruine, 3. Tag, später Nachmittag - Melford und Yared

    Melford nahm das Fernrohr beeindruckt entgegen und betrachtete erst das wertvolle Instrument und dann den Troll-Hirsch durch dieses. Seitdem er den Posten des Belagerungsmeisters für die Orks aufgegeben und desertiert war, hatten sich nur noch sehr selten Gelegenheiten ergeben solch edle Hilfsmittel in die Hand zu nehmen. Das Waldvolk war nicht für seine Fein- und Goldschmiedearbeiten bekannt und man verließ sich viel mehr auf seine eigenen Sinne...wenn auch teils durch Magie oder der Kraft von Naturgeistern gestärkt. Es war in Momenten wie diesen, in denen er den Fortschritt der großen Städte vermisste, interessierte er sich doch sehr für allerlei Handwerkstechniken und Konstrukte. Aber zumindest kämpfte er nun für eine eingeschworene Gemeinschaft, für die es wert war sein Leben aufs Spiel zu setzen!

    Während der Myrtaner den Troll-Hirsch weiterhin im Auge behielt und aus dessen Verhalten versuchte einen Vorteil zu erkennen, machte sich Yared bereit und lud seine Armbrust. Wieder eine Gerätschaft, die man selten in Tooshoo zu Gesicht bekam. Allerdings auch auch nicht Grundlos:
    „Denkst du, du schaffst einen zweiten Schuss?“, fragte Melford mit ruhiger Stimme. Die Bogenschützen des Waldvolkes waren berüchtigt für ihre schnelle Schussfolge und der Handwerker hatte ihre Fähigkeiten oft genug miterlebt, um zu erkennen, dass Yared im Vergleich viel zu viel Zeit zum Laden der Armbrust aufwenden musste.
    „Vielleicht kann ich das Biest im richtigen Moment ablenken. Das sollte unsere Chancen zumindest verbessern.“, schlug er vor und hatte dabei den Kadaver des Scavengers im Sinn, mit dem das Ungetüm sich gerade so versessen die Zeit vertrieb. Wenn er es mithilfe der Magie in Bewegung versetzen konnte, sollte das doch die Aufmerksamkeit ihres Zieles zumindest für einen kurzen Moment erregen!

    Melford steckte das Fernrohr weg und konzentrierte sich auf die Magie die ihm der Hundefürst vor etlichen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes in die Hand gelegt hatte. Mit seinen Händen griff er symbolisch nach dem Kadaver und ließ so die Magie in ihn fahren. Auch wenn der Troll-Hirsch ein gutes Stück gerissen hatte, so war der leblose Körper des Scavengers noch immer von einem nicht unbedeutendem Gewicht. Mit bloßen Händen hätte Melford es wohl sogar leichter davontragen können als mit seinen doch etwas eingerosteten magischen Fähigkeiten, aber er war guter Dinge.

    „Alles bereit! Feuer!“, gab Melford das Kommando und war kurz selbst über seinen leicht militärischen Ton erschrocken. Yared hatte allerdings augenblicklich reagiert und schon ertönte ein Furcht erregendes Brüllen, als der Bolzen sich in das Hinterbein des Ungetüms bohrte. Dieses bäumte sich kurz auf und schaute sich dann erschrocken und mit schmerzverzerrtem Antlitz um. Der Druidenlehrling verlor keine Zeit, bekräftigte mit einer weiteren Handbewegung den magischen Griff um den Kadaver und hob ihn an. Dann ließ er ihn in ruckartigen Bewegungen vor dem Troll-Hirsch herum tanzen. Durch die Entfernung und das Gewicht, zehrte das Ablenkungsmanöver stärker an seinen Kräften als erwartet. Zum Glück bemerkte des Monstrum den anscheinend wiederbelebten Scavenger und Hieb mit seiner Pranke auf es ein, gerade als die magische Verbindung abbrach. Ein weiterer Prankenhieb um sicher zu gehen, dass die Beute dieses Mal auch wirklich tot war und schon surrte ein zweiter Bolzen durch die Luft. Ein erneuter Aufschrei, doch dieses Mal setzte sich ihr Ziel sogleich in Bewegung, streckte die Schnauze in die Luft und schaute sich deutlich verärgerter um, als zuvor.
    „Jetzt aber weg hier!“, stellte Melford fest und alsbald eilten Yared und er von ihrer erhöhten Position herunter. Der Troll-Hirsch hatte sie bemerkt, doch da waren die Beiden auch schon auf dem Weg zur Fallgrube. Jetzt mussten sie es nur noch dorthin locken!

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    "Ryu, kommst du?"

    Noch eine Weile hatte der Hüter in die Tiefen dieser seltsamen Anlage geblickt in die die majestätische Kreatur verschwunden war die sie zuvor befreit hatten. Sie hatten ein gutes Werk getan. Da war er sich sicher. In all dem Chaos und der Dunkelheit der letzten Stunden waren es die Zuneigung seiner Gefährten und die Wärme der aufgegangenen Sonne, die zumindest für eine Weile Ruhe und Kraft schenkten. Die Flecken all der Zweifel zu tilgen im Begriff waren. Kurz schloss der Templer die Augen und atmete einmal tief durch. Die feuchte Luft die er dabei einsog jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Trotzdem war der Hayabusa sicher: Jener Geist würde nicht vergessen.

    "He, alter Mann. Erst machst du uns scheu und dann bleibst du stehen und bewunderst die Architektur. Entscheide dich mal!", rief Griffin in seine Richtung, der bereits einige Schritte an Freiyas Seite nach vorne gewandert war. Zu vieles ging dem Templer in diesem Moment durch den Kopf, als dass ihm ein noncharlanter Konter eingefallen wäre. Also nickte er schlichtweg und begann zu den anderen aufzuschließen. Die Drei liefen eine Weile durch die Gänge und teils von der Natur zurück eroberten Korridore, ließen dabei immer wieder leise, ehrfürchtige Seufzer und Laute der Beachtung von sich, wie organisch dieser Ort nach so langer Zeit zu einem integralen Bestandteil der Sümpfe geworden war. Aber auch die seltame, nostalgische Schönheit zu sehen, wie Wurzeln sich durch Wände geschlagen hatten und nun in jenen Rissstellen sanft ruhten wie zuvor Griffins Arm um die Schultern seiner Freunde. Wie Moos, Pflanzen und Blumen diese Öffnung des Gemäuers nutzten, um sich einem kühlenden Wundverband sanft über die gesplitterten Fliesen und Bodenplatten der Ruine auszubreiten. Wie die sanfte Berührung Freiyas auf seinem Arm, die bei der Erinnerung daran noch immer eine warme, innere Ruhe im aufgewühlten Herzen des Hüters aufkommen ließ. Sie machte es nicht einfacher. Nicht... Ordentlicher. Aber sie linderte. Und so war es wohl auch mit diesem Tempel... Ein Schatten seiner selbst. Geprägt von Jahren der Einsamkeit und ruiniert durch den eigenen, immer mehr schwindenden Widerstand der eigenen, bröckeligen Mauern. Nur um schließlich von jenen Dingen gehalten zu werden, aus denen er einst entstanden war: Den Ressourcen die die Natur ihren Erbauern gespendet hatte. Am Ende war es eben wie so oft, ein großer Kreislauf aus Vergehen und Entstehen... Und dem ansonsten nie besungenen Teil: Dem Vereinen... Aber war das nicht auch ein Teil des Neuentstehens?

    Der Schwertmeister dachte zurück an die undurchdringliche Schwärze in die er zuvor gestürzt war. Den Mantel aus falscher, wohliger Wärme die nach und nach damit drohte, seinen Verstand, sein ganzes Wesen zu verzehren. Und dann dachte er an Sarkany. Jener Wyvern, der wer weiß wie lange in jener Dunkelheit getrieben war. Den er damals am Sildener See erlöst hatte. Der heute ein unlöslicher Teil seiner eigenen Existenz war. Mit dem Ryu von damals ein neues Wesen gebildet hatte. Wann immer der Hüter darüber nachdachte, fiel es ihm schwer zu beschreiben, was oder wer er nun war. Einerseits war er der Templer Ryu Hayabusa. Andererseits war er Sarkany der Wyvern. Jedoch ohne Sarkany zu und, bewusst, mehr Ryu zu sein. Nie hatte das Bewusstsein des alten Geistes ihn dominiert oder unter Kontrolle gebracht. Und trotz allem teilte er mit dem Geist die Gefühle an Erinnerungen an Zeiten die in einer Epoche lagen, in der der Hüter noch nicht einmal ein Gedanke war. Womöglich war die Einnerung an diese lange Zeit in den Fängen der Verderbnis das gewesen, was ihn hatte instinktiv reagieren lassen. Eine Handlung des Selbstschutzes die er, der Templer, so nicht kannte. Sarkany hingegen nur zu gut. Und dann war da noch das Gefühl, schlicht anders zu sein als gewöhnliche Menschen. Einerseits über ihnen zu stehen, aber auch den Wunsch zu hegen, sie, als Spitze der Nahrungskette zu schützen. Sie waren schließlich seine... Brut... Das war doch der Begriff, den die hohen Wyvern damals für die ihren verwendeten... Oder? Er seufzte leise und schloss die Augen. Es war so schwierig, sich zielgerichtet an jene Zeit zu erinnern in der er gelebt, aber auch noch nicht gelebt hatte. Doch seit er aus der Schwärze erwacht war, fühlte sich der Teil des Wyvern in ihm dem des Menschen näher als je zuvor. Als wäre man eines Tages aufgewacht und würde die Attraktivität einiger grauer Haare anerkennen, statt sich dagegen zu wehren. Einer dieser Momente der Klarheit und innerer Ausgeglichenheit. Doch das zu erkennen hatte er erst geschafft in dem ruhigen Moment, als sie dort oben gesessen waren und unter der wärmenden Sonne gesessen waren. Als er fast eingeschlafen war in diesem Moment des Friedens. Und nun breitete sich dieses Gefühl im Körper des Hayabusa mehr und mehr aus. Sein gesamter Rücken kribbelte und es war, als bröckelte, ähnlich wie die Mauern dieses Kolosses von einem Tempel, langsam eine Grenze die er noch nicht gekannt hatte.

    Leider war die Möglichkeit, sich darauf zu konzentrieren nicht von Dauer. Zu schnell hatten ihn die Stimmen seiner Gefährten wieder ins Hier und Jetzt geholt. Aber auch der Geruch verbrannten Fleisches und in Rauch aufgehender Verderbnis. Als die Drei auf dem großen Vorplatz ankamen, war es erneut die geballte Kraft des warmen Himmelskörpers, die durch Blätterdächer brach und den gesamten Ort in ein von Lichtstrahlen beschienen Hain des Friedens zu verwandeln schien. Alles wirkte mit einem Mal so friedlich. Als hätte man der hier hausenden Verderbnis das Herz heraus gerissen und nun befand sich der Körper des Tempels im Zustand der langsam aufkommenden Heilung. Verglichen mit dem Gefühl das man hatte, wenn man ein langes Fieber und Schnupfen überstanden hatte, die Nebenhöhlen wieder das entspannte Einatmen zuließen, man jedoch wusste, dass man noch Ruhe brauchte. Doch auch, dass man nun entspannter ruhen konnte. Erst jetzt fiel der Blick Ryus auf Freiya, die sich, die Ratte in der Hand, versuchte die Oberarme zu reiben. Die Arme... Gerade wollte der Hayabusa seinen Schal reichen und ihr umlegen, da war ihr Griffin in seiner üblichen Art schon zuvor gekommen. "Mensch, du zitterst ja schlimmer als wenn der Eintopf alle wäre!", bemerkte er, zog seine Weste aus und schüttelte diese einmal kräftig durch. Dann legte er sie um die Schultern der roten Snapperin die sich nur, noch immer bibbernd bedankte. Der Hayabusa indessen hielt inne, die Hand am Schal. Dann senkte er den Blick, schloss die Augen und nickte. -Ja, richtig... Die Weste ist größer und spendet mehr Wärme... So einen alten Fetzen wie ich ihn trage...-. Ein bedauerndes Lächeln umspielte seine Lippen, dann, einen tiefen Atemzug später, schritt er an den beiden vorbei und richtete die Augen in Richtung der schwachen Rauchsäule die, nicht unweit ihres eigenen Lagers, in den Himmel stieg. "Dort sind die anderen... Und...", erneut schloss er die Augen und nickte sachte. Ja, es war zwar nicht genau zu vernehmen, was dort gesprochen wurde, doch die Stimmen waren, mit etwas Mühe, zuordenbar. "... Ich vermute, sie sind wohlauf.".

    Eine Nachricht, die den drei Jägern die in der Nacht zuvor noch jeder in der eigenen Hölle geschmort hatte, neue Energie spendete. Es dauerte nicht lange, bis sie über den Platz und die große Treppe hinab geschritten waren. Nur um kurze Zeit später zwischen einigen Mauern die wohl die letzten Zeugen und Überbleibsel eines Nebengebäudes gebildet hatten, die vertrauten Gesichter um Ricklens Jadgkommando zu erblicken. Etwa hundert Meter entfernt lag der groteske, enthauptete Körper eines Ogers aus dessen unzähligen Wunden und, vor allem, dem abgetrennten Stumpf wo einst sein Kopf saß, eine zähflüssige, schwarze Flüssigkeit ausgetreten war die nun einen dunklen Teppich bildete. Ein weiterer Blick offenbarte, dass die Truppe, der sich wohl auch Vareesa angeschlossen hatte, sich bereits um das Verbrennen oder Auskochen des Schädels gekümmert hatte. Wobei Ryu eher auf ersteres getippt hatte. Es fehlten Topf, Wasser und andere Mittel die man für gewöhnlich dafür verwendete. Aber, dem Geruch nach war für den Hüter schnell klar, warum sie die hässliche Fratze den Flammen übergeben hatte. Der Gestank nach Verderbnis lag dabei nur allzu sehr in der Luft.

    Es dauerte nicht allzu lange, bis die Anwesenden die drei Neuankömmlinge bemerkt hatten und Griffin zuerst, wohl immernoch angesäuert von Ricklens Verhalten zuletzt, die Arme ausbreitete. "Was denn? Ihr hockt hier rum und kocht ohne uns einzuladen? Das nehm ich aber persönlich!". Freiya indessen beschleunigte alsbald ihre Schritte, die tote Maus noch immer in ihrer Rechten umklammert, in Richtung der Truppe die sie aufs herzlichste empfing. Von einer entgegen eilenden Ronja, die ihr mit großen Augen ein "Was hast'n du da an?" entgegen warf, bis hin zu einer Jilvie, die direkt folgte und ihren Schützling an den Schultern ergriff und sie eingängig betrachtete. Weiter zu einem Ricklen, der, durchaus skeptisch und mit verschränkten Armen erst zur roten Snapperin, dann vorbei an ihr zu Griffin und zuletzt zum Hayabusa blickte. Frohsinn über das Wiedersehen sah anders aus, doch schien der Triumph ihrer Jagdgesellschaft ihn zumindest etwas wohlgesinnter zu stimmen. Immerhin lag in seiner abwehrenden Haltung weniger Feindlichkeit als beim letzten Mal. Während Ronja und Jilvie Freiya direkt ans Feuer brachten um sich erst einmal aufzuwärmen, stolzierte Griffin erst einmal auf den Anführer des Jagdkommandos zu, stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich ein Stück zu ihm nach vorne. "Na? Die Rote ist wohlauf und die Toten haben wir auch wieder im Sumpf aufgetrieben! Was sagst du nun, Herr Jagdkommandant?". Ricklen hingegen rümpfte nur die Nase und stieß einen heißen Luftzug durch den rechten Mundwinkel aus. "Tze... Zittert wie ein Aal, sieht aus als hättet ihr sie durch die dreckigsten Löcher gejagt und dann willst du dir noch das scheiß Glück und Onyx Fähigkeiten auf die Fahne schreiben? Ich glaub, es hackt! Da!", er deutete mit dem Finger über die Schulter zu dem enthaupteten Oger und grinste selbstgefällig. "SO koordiniert man einen Angriff ohne große Verluste! Und was bringt ihr?". Der Blick des, für Ryus Geschmack etwas überstolzen Jägers ging vorbei zu dem Hüter der nun in einigem Abstand an Griffin und Ricklen heran getreten war. Ein dumpfes, flatschiges Geräusch erklang, als der Hayabusa den Schädel der Fledermausbestie auf die brüchigen Fliesen vor die Füße des Kommandoführers beförderte. Er hatte keine Lust auf dieses Geplänkel, oder eine erneute Auseinandersetzung. Würde er jedoch noch einmal Myras Namen in seinen dreckigen Mund nehmen...

    Aber, statt sich weiter in mögliche Wenn's und Aber's zu stürzen, wanderte die Aufmerksamkeit des Hüters schnell zu einer weiteren Person, die sich ihnen vorsichtig genähert hatte. Die meerblauen Augen waren unverkennbar und musterten das verschmutzte, teils nasse Antlitz Ryus aufmerksam. Dann wedelte sie einige Male mit ihrer Rechten vor der Nase. "Puuuh... Ich bin ja nicht zimperlich, aber... Habt ihr nicht ein bisschen übertrieben?". Der Schwertmeister hob die Schultern, ersparte sich jedoch den obligatorischen Hobel- und Späne-Spruch. Manchmal war es einfach besser ruhig zu bleiben. Als Vareesa jedoch einen Schritt näher kam und die Stimme dämpfte, blinzelte er noch einmal neugierig. "War etwas viel zu fressen, hm?". Ryu hob sachte die Mundwinkel. Er war müde, erkannte jedoch am Glanz in ihren Augen, dass auch sie noch vom Triumph der letzten Jagd kostete. Die unsichere Haltung, das Herumdrücken an der Kuppe ihres Daumens und die Unsicherheit, den Blick zu halten... "Und du?", ein Kopfnicken ging in Richtung der Feuerstelle. "... War gut?". Die Bognerin schüttelte nur, vielleicht ein wenig peinlich berührt den Kopf. "Mh... Für das eine Mal in Ordnung, aber... Ich bin Bognerin, keine Jägerin. Ich bevorzuge Holzspäne über Dreck...", gab sie schließlich hinter einem warmen Lächeln zu und senkte, als Ryu den Saum ihrer Kapuze mit dem Finger leichte nach unten schnippste, den Blick.

    Inzwischen war auch Onyx an die beiden heran getreten, während Griffin schon groß mit Ricklen diskutierte und, ganz zur Zufriedenheit des Templers, damit prahlte wie sehr Freiya der Beute ihrer letzten Jagd zugesetzt, ja, fast schon den Löwenanteil des ganzen alleine für sich beansprucht hatte. Der dunkelhäutige Hüne indessen blickte kurz auf die zweifelhafte Trophäe vor Ricklens Stiefeln und brummte nur. Dann trafen seine Blicke die des Hüters. "Onyx sehen Oger. Musste folgen, weil Rechnung nicht bezahlt und sichern Rückweg. Fanden Jagdkommando und töten Oger. Oger hatte hässlich Käfer in Kopf. Haben verbrannt. Boss Ryu versteht?", erklärte er schließlich in einer der längsten Ausführungen, die der Hayabusa jemals von dem Hünen vernommen hatte. War darin vielleicht sogar eine kleine Entschuldigung verborgen? Der Hayabusa nickte, leicht grinsend und klopfte ihm nur auf die Schulter. "Ist gut, Onyx. Du gehörst zu deinen Leuten, wie ich...", er hielt inne, blinzelte und schüttelte dann sachte den Kopf und setzte ein falsches Lächeln auf und korrigierte sich. "Du gehörst zu deinen Leuten."

  8. Beiträge anzeigen #108
    Fischjägerin Avatar von Larah
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    Östliche Tempelruine, Tiefe Sümpfe

    Dritter Tag der Wilden Jagd, später Nachmittag

    Larah seufzte. Der illusionierte Maris machte wirklich nur Ärger. Sie hatten alle vier kein Wort verstanden, doch, dass er den beiden Skorpionkreaturen gerade befohlen hatte, sie mindestens hinauszukomplimentieren, war allen sonnenklar. Aber kein Grund sich ins Boxhorn jagen zu lassen.
    „Zurück zum Gang.“, rief Larah den anderen zu.
    Sana war sichtlich erleichtert, mit Hund wiedervereint zu sein und folgte ihrem Vorschlag nur allzu gerne, während Seamus die unsicher und ungläubig zu ihrem Vater starrende Runa am Arm packte und mit sich zog. Larah hatte vollstes Verständnis für die Reaktion des Mädchens – immerhin warf sich ihr von einer fremden Macht kontrollierter Vater gerade einer monströsen Riesenschlange entgegen – aber in diesem Moment konnte ihm niemand helfen.
    So schnell wie die drei vor ihr hereilenden konnten, zog sich auch die Fischjägerin mit federnden Knien halb rückwärts, halb seitwärts gehen zurück. Dabei hielt die die Hellebarde in Richtung der beiden auf sie zukommenden Sechsbeiner.
    Offenbar hielten die beiden die kleine Gruppe Menschen, die sich fluchtartig von ihnen entfernten, nicht für ernstzunehmende Gegner, denn besonders eilig hatten sie es nicht. Mit von neu erwachtem Selbstbewusstsein stolzerfüllter Brust rückten sie hinter ihnen an wie muskelbepackte Rausschmeißer in einem gutbesuchten zwielichtigen Hafenetablissement.
    Da sie sich noch gar nicht weit davon entfernt hatten, dauerte es nur Augenblicke, bis sie den Treppenabsatz erreichten. Während sich die anderen drei und Hund in die Sicherheit des Aufgangs begaben, blieb Larah kurz hinter dem verwitterten Torbogen stehen, nahm einen sicheren Stand ein und reckte die Hellebarde vor sich. So erwartete sie die beiden Skorpionkreaturen.

    Larah blendete aus, wie Runa hinter ihr kurz und intensiv mit ihrem Onkel diskutierte, dass man ihren Papa jetzt retten müsse und dass sie auch kämpfen wolle.
    Die Gortharerin empfing die beiden Angreifer mit weit vorgereckter Stangenwaffe.
    Glücklicherweise war der Torbogen nicht breit genug, dass beide Skorpionkreaturen nebeneinander Platz hatten. So konnte Larah selbst zwar auch nicht wirklich mit der Barte oder dem Haken ihrer Waffe ausholen, aber das musste sie auch nicht, schließlich hatte sie ja auch noch die am Ende spitz zulaufende lange dünne Stoßklinge. Sie verfiel in einen ungleichmäßigen Reigen von Stößen und Stichen. Nacheinander ließ die Spitze ihrer Hellebarde wieder und wieder gegen diejenige von beiden Kreaturen vorschnellen, die geraden den Großteil des Torbogens einnahm und treib sie zurück. Danach dauerte es immer einen Moment, bis sich die beiden mit ihren jeweils sechs Beinen neu sortiert und positioniert hatten. Offenbar konnten sich die beiden nicht wirklich einigen, wer denn nun der erste Mann an der Spitze sein durfte.
    Während sie aus den Augenwinkeln ihre Gegner im Blick behielt, sah sie immer wieder zu den über ihnen aufragenden Skorpionstacheln auf ihrer Rückseite.
    Momenten konnte sie die beiden noch soweit auf Abstand halten, dass keiner von ihnen seine mutmaßlich gefährlichste Waffe zum Einsatz bringen konnte. Aber Larah konnte nur hoffen, dass das so blieb und ihre Arme nicht schlapp machten. Anders als die Schlange, besaß die Fischjägerin kein so dichtes Schuppenkleid wie die Riesenschlange. Wenn der Stachel sie treffen sollte war es keineswegs ausgeschlossen, dass er ihre leichte lederne Rüstung durchdrang und sie mochte sich gar nicht ausmalen, wie es war, ihr Gift in den eigenen Venen zu spüren.

    Nur am Rande bekam sie mit, dass Seamus Runa schließlich darlegte, dass es ihrem Vater nicht weiter half, wenn sie jetzt überstürzt handelte und der Durchgang nunmal nicht breit genug war, für drei im Nahkampf. Danach ebbte Runas Kampfeswille zwar nicht ab, ließ sich aber offenbar genug von ihrer eigenen Vernunft eindämmen.
    „Bereit“, kam Sanas erstaunlich feste Stimme. Sie hatte hinter Larah ein paar Treppenstufen höher mit ihrem Kurzbogen Aufstellung genommen.
    „Gut.“ Die Fischjägerin ging leicht in die Knie, ohne dabei die Hellebarde zu senken oder ihren stabilen Stand aufzugeben. „Jetzt!“
    Larah hörte hinter sich das leise Vorschnellen der Bogensehne. Kurz darauf schoss der erste Pfeil über ihren Kopf hinweg und traf den linken Gegner durch Torbogen in die Brust. Die getroffene Skorpionkreatur krümmte ihren halbwegs menschlich anmutenden Körper vor Schmerz und torkelte einige Schritte zurück.
    Larah öffnete die linke Flanke und preschte auf ihren rechts stehenden Gegner zu.
    „Jetzt Hund!“, brüllte Seamus und warf sich gemeinsam mit Hund auf den bereits getroffenen linken Skorpionmann.
    Hund stürmte am Torbogen vorbei und verbiss sich in eines seiner Beine. Seamus hingegen verkürzte eilig, bevor der Stachel ihn erreichen konnte die Distanz zum Oberkörper der Kreatur, wischte mit seiner Linken die menschenähnliche Hand, die verzweifelt ihm entgegen schoss, beiseite und rammte sein Schwert in den zähen Unterleib.
    Auf der rechten Seite des Torbogens stieß Larah ihre Hellebarde nun ungebremst auf den Oberkörper der noch unversehrten Kreatur zu. Mit Schwung durchbrach sie die vorgestreckten Hände und riss, nachdem die Spitze gerade erst in den Brustkorb eingedrungen war, den Haken erst nach oben in das unförmige Kinn, dann die Barte nach unten zurück in den Bauch der Kreatur und brach das schützende Chitin auf.
    Zugleich traf ein weiterer Pfeil von Sana Larahs Gegner in den Kopf. Der zum Gegenangriff erhobene Stachel am hinteren Ende des Skorpionunterleibs erschlaffte. Die links stehende Skorpionkreatur war bereits regungslos in sich zusammengesunken. Sie hatten es geschafft.
    Runa rannte durch den Torbogen an ihnen vorbei. Für das Mädchen gab es nun kein Halten mehr.

  9. Beiträge anzeigen #109
    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Östlicher Tempel, Abend des dritten Tages

    Tausende messerscharfer Zähne ragten ihm in unzähligen, kreisrund angeordneten Reihen entgegen. Das Maul des Wurms war weit geöffnet, seine spröden sandsteinartigen Schuppen abgespreizt. Der Wurm stand hoch aufgerichtet in einer Haltung, die nur eines sagte: Geh mir aus dem Weg, oder du wirst sterben!
    „Āzil gau Khūyānūtā!“, zischte Maris der Kreatur des Bösen entgegen, dem Wesen des unbezähmten Sandes, das die Geweihten des Skorpionsgottes holen wollte, weil es an ihren Herren nicht herankam. Doch er war der Hüter der Ordnung, er würde nicht zulassen, dass die Priesterinnen durch diese Abscheulichkeit in Gefahr gerieten!
    Der Wurm drohte, der Wurm zischte und fauchte, doch er griff nicht an. Maris zögerte – etwas hieran war verkehrt, ganz verkehrt. Warum schlug das Böse nicht zu, richtete seine todbringenden Waffen gegen ihn im verzweifelten Versuch, die Rechtschaffenen zu strafen? Nein, es war kein Moment, in dem man zaudern durfte. Der Wurm musste sterben, hier und jetzt, und sein Leib würde bluten auf dem Altar von Sammā. Maris zog seinen Säbel und preschte voran. Ein letztes Fauchen, lauter und wütender als die zuvor, dann regte sich der Wurm. Der massige Körper schoss blitzschnell aus seiner Reichweiter und schnellte zurück. Nur mit einem kraftvollen Streich gegen die vordersten Zahnreihen gelang es dem Hüter, dem Angriff zu entgehen. Der Wurm schnappte noch ein zweites Mal zu. Diesmal kam Maris nicht schnell genug von ihm fort. Die Reihen der Zähne schlossen sich um die Klinge seines Säbels und rissen ihn aus seinen Händen. Platschend verschwand die Waffe in einer Sandwehe und ließ ihn wehrlos zurück. Platschend? Maris schüttelte den Kopf. Was war hier los?
    „Ich brauche keinen Stahl, um dich zu besiegen, Ausgeburt des Sandes!“, brüllte er mit dem Mut der Verzweiflung. Der Wurm richtete sich erneut vor ihm auf und öffnete sein furchtbares Maul – doch diesmal nicht, um zuzuschnappen. Aus den Abgründen des Schlundes starrten ihm zwei flammend grüne Augen entgegen.
    „Was zum-?“

    Die Kraft der Kreatur traf ihn wie ein Stich ins Mark. Um ihn verwischten die Konturen des Tempels von Sammā, des Hauses des Glaubens im brennenden Sand. Der Fackelschein schwand und wich fahlem Sonnenlicht, das durch Löcher in der Decke auf sie hinab fiel. Ein Schauer lähmte seine Glieder, als er dem Wurm ins Antlitz sah. Nein, er war kein Wurm mehr. Vor ihm ragte der Grauen der Sümpfe auf und sah aus glänzenden, tief schwarzen Augen auf ihn herab. Tief in seinem Bewusstsein erinnerte er sich an ihren Namen, ausgesprochen in Todesangst. „Yakumama…“
    Maris starrte der Schlange mit aschfahlem Gesicht entgegen. Dieses Monster war der wandelnde Tod, eine Monstrosität von Ausmaßen, wie er sie noch nicht gesehen hatte. Und er stand mitten in ihrem Nest!
    „Nein. Nein, was… was hab ich…“
    Er sah sich panisch um. Die verfallene Tempelhalle lag in den Schatten. Es war ihm, als wollte sich das Dunkel auf ihn herabstürzen, herab zur Königin des Terrors, die das Maul öffnete und ihre gewaltigen Giftzähne entblößte.
    Ein Ruck ging durch den Leib der Schlange, als etwas gegen ihre Flanke schlug. Für einen kurzen Moment erblickte er das Gesicht eines Mädchens, ein nur allzu bekanntes Gesicht, dann verschwand es wieder aus seinem Sichtfeld. Erst jetzt wurde er sich der Kampfgeräusche in der Tempelhalle gewahr, und langsam, ganz langsam, wurde er sich wieder bewusst, wer er war, wo er war und wer hier an seiner Seite war.
    „Runa! Runa, warte!“
    Panik packte seinen Verstand mit eisernem Griff. Was sollte er tun? Runa war in Lebensgefahr! Sie alle waren das! Yakumama setzte sich in Bewegung, vollführte eine blitzschnelle Drehung und umschlang Maris‘ Körper mit einer Kraft, der er sich nicht entziehen konnte. Die Schlange hob ihn empor, zog ihren Körper enger um ihn. Es presste ihm die Luft aus der Lunge. Sein Ellenbogen drückte schmerzhaft gegen seine eigenen Rippen. Wo war Runa? Hatte die Schlange sie etwa erwischt?
    Maris wurde übel vor Schmerz und Panik. Sein Blick trübte sich, sein Widerstand wurde immer schwächer, und er konnte nichts tun. Doch plötzlich löste sich der Druck schlagartig. Die Schlange fuhr zischend herum und ließ ihn achtlos fallen. Sie wandte sich jemand anderem zu. Sie wandte sich Runa zu! Eine heiße Welle des Zorns durchfuhr Maris und spülte all die Furcht, die Yakumamas Magie in ihm ausgelöst hatte, all den Schmerz und all die Schwäche davon. Er erblickte den Stachel im Fleisch der Wassermutter, die bis zum Heft in die Schuppen gerammte Klinge aus reinem Erz, die er seiner Tochter anvertraut hatte. Ohne zu überlegen, stürzte Maris sich auf den Griff des Erzmessers und zerrte mit aller Kraft daran, riss die Klinge hin und her.
    „Ich bin dein Gegner, du Miststück!“
    Yakumama fuhr wieder zu ihm herum. Maris klammerte sich an dem Messer fest und ließ sich mitreißen. „Runa, lauf weg von ihr! Hilf den anderen, ich mache das!“

    Der Abgrund von Yakumamas glänzend schwarzen Augen tauchte direkt vor seinem Gesicht auf. Instinktiv wusste er, was nun kommen würde. Er erinnerte sich, dass er nicht nur Maris, Runas Vater, war. Er war auch Maris der Löwe, Bezwinger von al-Hamza, und er würde hier nicht das Opfer sein. Sein Heil lag im Angriff – sollte Yakumama am eigenen Leibe spüren, was es hieß, unter dem Bann des Blickes zu stehen!
    Maris entfesselte alle Kraft, die er aufbringen konnte, in diesen Blick, und packte den Verstand der Schlange wie ein Löwe seine Beute. Im gleichen Augenblick spürte er, wie Yakumama seinen Verstand ergriff, und ein lähmender Stoß durchfuhr ihn vom Nacken bis zum Steiß. Beide waren sie gefangen im Blick des anderen, beide waren sie nicht fähig und nicht willens, ihren Blick abzuwenden. Ein Strom aus purem Schmerz riss und zerrte an ihm, ein Schmerz, von dem er sich nicht einmal mit einem Schrei Luft machen konnte, weil sein Körper nicht mehr zu dieser Regung in der Lage war. Er kämpfte gegen die Lähmung an, mit purem Willen wehrte er sich gegen den Griff der Schlange.
    Und dann riss die Verbindung, dann brach ihr gegenseitiger Bann. Beide wandten sie in unendlicher Langsamkeit ihre Köpfe voneinander ab. Maris‘ Glieder waren taub. Er fühlte sich, als wäre er in einen zugefrorenen See gestürzt und taute nun quälend langsam wieder auf. Er durfte nicht nachlassen, er durfte nicht aufgeben! Seine Finger reichten zitternd nach dem Messer, doch sie konnten nicht mehr zugreifen. Mit den Fingerspitzen zog er unbeholfen am Heft, löste das Erz aus dem Fleisch der Schlange, bis das Messer klirrend zu Boden fiel. Ihm fiel nur noch eines ein, was er tun konnte. Er ruckte seinen Körper nach vorn, ließ sich über den Körper der Yakumama fallen, dass er mit dem Mund auf der offenen Wunde seiner Gegnerin zum liegen kam. Er hatte kaum noch Kraft, sich zu regen, doch für einen letzten Angriff würde es noch genügen. Ein letzter Willensakt, ein letzter Stoß Magie, um das Gift von Tamna Majka zu erzeugen. Zäh troff die lähmende Substanz von seinen Lippen, hinein in das gepeinigte Fleisch. Ein stechender Schmerz an seiner Schulter brannte sich durch sein Denken. Der Giftzahn schrammte nur oberflächlich durch Stoff und Haut, weil auch Yakumama nicht mehr fähig war, ihren Körper dem eigenen Willen gehorchen zu lassen. Er spürte die Taubheit, die sich von seiner Schulter ausbreitete. Nicht genug, um ihn zu töten, da war er sich sicher. Doch von nun an lag nicht mehr in seinen Händen, was geschah.

    Kraftlos, gelähmt, vergiftet, lagen die beiden Kontrahenten ineinander verschlungen auf dem feuchten Stein. Regen troff auf sie hinab, doch ihre Leiber waren zu taub, um ihn zu spüren. Maris hätte gelächelt, wenn er gekonnt hätte.
    „Un…ent…schieden?“

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    Kämpfer Avatar von Yarik
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    Irgendwo im Sumpf, irgendwann am dritten Tag... Chala, Valerion, Yarik

    „Eileen? Eileen, wenn du mich hören kannst, antworte!“ Yarik ging langsam auf den weißen Baum zu und rief dabei aus voller Kehle. Es gab schließlich schon lange keinen Grund mehr, leise zu sein. Die dämonische Pflanze beobachtete wahrscheinlich schon seit Tagen jeden ihrer Schritte, während sie sie belauerte und mit ihnen spielte, bevor sie zuschlug.
    „Eileen!“
    Yarik lauschte, aber er erhielt keine Antwort. Stattdessen richtete sich direkt vor ihm plötzlich eine Ranke auf, gespickt mit daumengroßen, gekrümmten Dornen. Er reagierte reflexartig und schlug das Gewächs mit seinem Kampfstab zur Seite. Bevor die Ranke sich erneut aufrichten konnte, zog Yarik sein Haumesser aus dem Gürtel und hackte sie mit einem gezielten Hieb ab. Der gelbliche Pflanzensaft verströmte einen üblen, fauligen Gestank, als wäre die ganze Pflanze dabei, von innen heraus zu verrotten.
    Kampfstab und Klinge in der Hand, näherte sich Yarik vorsichtig dem Stamm des weißen Baumes, zu dessen Füßen die toten Körper der beiden Waldläufer Liam und Glaen lagen, drapiert wie Jagdtrophäen – eine grausame Parodie, wenn Yarik daran dachte, dass diese ganze unglückselige Aktion unter dem Namen ‚Wilde Jagd‘ abgehalten wurde.
    „Eileen!“, rief er erneut. Jeden Moment rechnete er damit, wieder angegriffen zu werden, aber nichts dergleichen geschah. Die dämonische Pflanze ließ ihn ungehindert näherkommen, ließ ihn die Leichen seiner Kampfgefährten noch einmal aus nächster Nähe betrachten…
    „Eileen?“
    Weiterhin keine Antwort. Yarik sah sich nach seinen Kampfgefährten um – Valerion war nicht mehr zu sehen, Chala und Shakes konnte er gerade so noch im Nebel erkennen. Shakes senkte seine Fackel und irgendetwas zischte, aber es war Yarik unmöglich, auszumachen, was der Sumpfkrautfarmer da verbrannt hatte.

    Plötzlich spürte Yarik, wie sich etwas um seinen Knöchel wickelte. Diesmal reagierte er zu langsam – die Ranke zog an, messerscharfe Dornen gruben sich in sein Fleisch und er wurde zu Fall gebracht. Yarik fluchte und versuchte, mit dem Haumesser nach der Ranke zu schlagen, aber sie zog ihn mit einer Kraft, die er nicht erwartet hatte, über den schlammigen Boden. Sein Kampfstab verkeilte sich irgendwo und wurde ihm aus der Hand gerissen.
    Die Ranke zog Yarik über den Rand einer Böschung in einen mit Schlamm gefüllten Graben, bevor es ihm gelang, eine aus dem Erdreich ragende Wurzel zu packen und sich daran festzuhalten. Die Ranke zerrte an seinem Bein, so dass die Dornen sich tiefer und tiefer in sein Fleisch bohrten. Yarik biss die Zähne zusammen und hackte auf die Ranke ein, bis sie endlich riss und irgendwo im Nebel verschwand. Der Druide rappelte sich schleunigst auf und löste das abgetrennte Ende der Ranke von seinem Bein. Es schmerzte höllisch, als er versuchte, aufzutreten – er konnte nur hoffen, dass die Dornen nicht auch noch vergiftet waren…
    „Chala? Shakes? Valerion?“ Yarik sah sich um, aber die anderen waren vom Nebel verschluckt und auch auf seine Rufe bekam er keine Antwort. Er fluchte leise und humpelte dann in die Richtung, aus der er gekommen war – zumindest war die Spur, die er im weichen Erdreich hinterlassen hatte, unübersehbar. Gerade wollte er die Böschung erklimmen, als sie ihn rief.
    „Hilf… mir!“

    Yarik fuhr herum, das Haumesser schlagbereit erhoben. Und da stand sie – Eileen. Ihre schmale Gestalt war im Nebel umrissartig auszumachen. Sie zitterte und hatte die Arme um ihre Schultern geschlungen, ganz so, als ob sie frieren würde.
    „Eileen?“, fragte Yarik und machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, ohne die Waffe zu senken. „Bist du es wirklich?“
    „Yarik… hilf mir… bitte!“ Sie schluchzte leise und Yarik wollte nichts lieber, als sie schützend in die Arme zu nehmen und aus diesem Albtraum zu bringen. Aber er zögerte. Die Pflanze hatte mehr als einmal bewiesen, dass sie die Fähigkeit besaß, einem die Sinne zu verwirren und täuschend echte Illusionen zu erzeugen, um ihre Beute in die Falle zu locken. Er würde nicht enden wie Liam! Wenn er Eileen – die echte Eileen – retten wollte, musste er auf der Hut sein.
    „Wenn du wirklich Eileen bist…“ Er überlegte. Was könnte er sie fragen, das diese verdammte Pflanze nicht wissen konnte? Leider kannte er Eileen kaum, er hatte sie und Liam erst im Zuge der Wilden Jagd kennen gelernt, und alles, was während der Jagd in den Sümpfen geschehen war, das wusste vielleicht auch die Höllenpflanze – sie konnte die Äquivalente ihrer Augen und Ohren schließlich überall haben. Nur der Baum von Tooshoo war sicher vor der Korruption. Was also…?
    „Was… redest du da?“, kam ihm Eileen zuvor, „Wer… soll ich denn sonst… sein? Bitte… hilf… mir!“
    Ihre Stimme war schwach und voller Verzweiflung. Sollte diese verfluchte Pflanze in der Lage sein, selbst Emotionen so akkurat zu imitieren? Konnte sie nicht nur das Äußere eines Menschen nachahmen, sondern auch das, was einen innerlich erst wirklich zum Menschen machte?
    „Yarik!“, flehte Eileen und machte unsicher einen Schritt auf ihn zu, wobei sie den Kopf hob und die Hand nach ihm ausstreckte. Yarik riss erschrocken die Augen auf und wich ein Stück zurück, als er sie sah: Die Ranken, die Eileen hinter sich herzog.
    Eine steckte in dem Arm, den sie ihm entgegenhielt, andere in ihren Beinen, weitere mussten mit ihrem Rücken verbunden sein. Aber Yarik erkannte auch, dass Eileen kein Teil der Pflanze sein konnte – die Ranken bohrten sich sichtbar in ihr Fleisch, die Haut war geschwollen und entzündet an den Stellen, an denen die Pflanze sich mit ihrem Opfer verbunden hatte. Ein feines, schwarzes Geflecht wucherte von den Wunden aus und verliehe Eileens erblasster Haut das Aussehen alten Porzellans, das unter der Glasur von haarfeinen Rissen und Sprüngen durchzogen war.
    Das schwarze Geflecht hatte auch ihr Gesicht erreicht und begonnen, es zu entstellen. Kleine, dunkle Auswüchse wucherten auf ihrer Stirn. Ihre Lippen waren blass und blutleer, die Augen gelb wie die eines langjährigen Säufers, dessen Körper dabei war, den Kampf gegen den Alkohol endgültig zu verlieren. Es war erschreckend, dieses kranke Gelb in den Augen einer so jungen Frau zu sehen…
    „Yarik! Bitte!“ Sie flehte verzweifelt und wollte einen weiteren Schritt auf Yarik zu machen, aber diesmal hielten die Ranken sie zurück. Sie spannten sich an und zogen Eileen wieder zu sich, in den Nebel. Eileen kämpfte dagegen an, aber sie hatte keine Chance. Unerbittlich zog die Pflanze sie wieder zurück… wo auch immer sie Eileen gefangen hielt.
    „Verfluchte Scheiße!“, zischte Yarik. Es war eine Falle – ganz offensichtlich war es eine Falle. Aber es war auch Eileen! Die echte Eileen, keine Illusion, kein Trugbild! Und sie litt Qualen, die er sich wahrscheinlich kaum ausmalen konnte. Was tat diese verdammte Pflanze ihr da an? Er hatte keine Wahl – er musste sehenden Auges in die Falle tappen.

    „Chala! Shakes! Valerion! Ich habe sie gefunden! Eileen ist hier!“, brüllte er noch einmal aus voller Lunge, hatte aber keine große Hoffnung, dass die anderen ihn hören würden. Der Nebel behinderte nicht nur die Sicht, er dämpfte auch Geräusche und sorgte dafür, dass es kaum möglich war, den Ursprung eines Geräusches zu orten. Es hörte sich immer an, als würde es aus allen Richtungen zugleich kommen. Nein, er war auf sich allein gestellt.
    „Halt durch, Eileen! Ich hole dich da raus!“
    Das Mädchen war schon wieder beinahe vollständig in dem ekelhaft gelblichen Nebel verschwunden. Yarik bohrte sein Haumesser kurz in den Schlamm, damit die Klinge nass wurde, und holte dann eine Handvoll Salz aus dem Beutel an seinem Gürtel, das er auf dem Stahl verrieb. Er hatte keine Ahnung, ob Valerions seltsame Idee tatsächlich Wirkung zeigen würde, aber die Situation war verzweifelt genug, dass er nach jedem noch so dünnen Strohhalm zu greifen bereit war. Lieber wäre ihm gewesen, eine Fackel in der Hand zu haben, aber um eine zu entzünden, fehlte ihm jetzt die Zeit.
    Entschlossen ging er auf Eileen zu, die noch immer versuchte, sich gegen die Ranken zur Wehr zu setzen. Die Schmerzen in seinem zerschundenen Unterschenkel versuchte er, so gut es ging zu ignorieren; dennoch presste er bei jedem hinkenden Schritt scharf die Luft zwischen den Zähnen hervor. Sein Blick huschte stetig nach links und rechts, immer auf der Hut. Jeden Moment rechnete Yarik mit einem Angriff, mit Ranken, die aus dem Nebel kamen, sich mit ihren fürchterlichen Dornen um seinen Körper legten und versuchten, ihn zu zerfleischen…

    Aber nichts dergleichen geschah. Er erreichte Eileen, ohne dass die dämonische Pflanze versuchte, ihn daran zu hindern. Yarik griff ihre Hand. Ihre Haut war kalt und nass, aber sie war eindeutig menschlich, was seine letzten Zweifel beseitigte. Es war Eileen, die echte Eileen – und es war noch nicht zu spät. Er konnte sie noch retten – er musste sie retten! Er durfte nicht versagen, nicht schon wieder…
    Yarik merkte, wie die Pflanze an ihr zerrte. Er hielt sie fest, und Eileens Fingernägel krallten sich schmerzhaft in seinen Unterarm. Ihre Augen waren geweitet vor Angst, aber in ihrem Blick lag auch ein Funken Hoffnung.
    „Halt still!“, mahnte Yarik knapp und schlug mit dem Haumesser auf die Ranke ein, die sich knapp unterhalb des Ellenbogens in Eileens Arm gebohrt hatte. Die Klinge durchtrennte den Strang mühelos – und Eileen schrie auf.
    „Was ist los?“, fragte Yarik und packte sie an der Schulter, als sie sich zusammenkrümmte. Sie hob mühevoll den Kopf. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, sie biss die Zähne aufeinander und ölige, trübe Tränen standen ihr in den Augen.
    „Es… ich spüre es…“, flüsterte sie, „Ich spüre… alles! Alles, was… es…“
    Yarik stieß einen leisen Fluch aus. Die Ranke in ihrem Arm war nur eine von vielen gewesen. Eine weitere hing an ihrem Nacken, fünf in ihrem Rücken, zwei oder drei hatten sich an ihren Beinen festgesetzt.
    „Hör zu, du musst jetzt stark sein! Wir müssen diese Ranken…“
    „Papa ist tot“, sagte sie plötzlich. Yarik hob überrascht die Augenbrauen. Eileen sah ihn nicht an.
    „Ich habe es… gesehen“, flüsterte sie, „Es zeigt… mir Dinge. Sieht… alles! Es ist keine… Pflanze…“
    „Eileen, es tut mir leid! Es tut mir… es tut mir so leid…“ Yarik fühlte sich auf einmal schwach und hilflos. Er wollte sie in den Arm nehmen, versuchen, ihr Trost zu spenden, aber dafür war keine Zeit. Sie mussten endlich fort!
    „Wir müssen hier weg, und zwar jetzt!“, beschwor er sie, „Wir müssen dich von diesen verfluchten Ranken befreien!“
    „Warum hast du ihm nicht geholfen?“, kreischte Eileen plötzlich und stieß Yarik mit einer Kraft, die er nie erwartet hätte, von sich. Bei dem Versuch, das Gleichgewicht zu wahren, trat er mit seinem verletzten Fuß auf. Glühender Schmerz schoss unvermittelt sein Bein hoch, er knickte weg und landete rücklings im Matsch.
    „Oh Götter… oh…“ Eileen wimmerte, krümmte sich zusammen und schlug sich mit den Fäusten gegen die Stirn. „Mach, dass es aufhört! Es soll aufhören! Es soll endlich… still sein!“
    „Eileen, ich habe versucht ihm zu helfen, aber ich war zu spät!“, versicherte Yarik und versuchte, sich aufzurappeln, ungeachtet des Feuers, das in seinem Unterschenkel zu lodern schien und ihn bei jeder Bewegung des Beins fast die Tränen in die Augen trieb. Eileen machte jedoch nicht den Eindruck, als ob sie ihn hören würde. Sie hatte die Hände gegen die Schläfen gepresst, die Augen zugekniffen und wiegte sich hin und her.
    Yarik streckte die Hand nach ihr aus. Und gerade, als seine Fingerspitzen sie beinahe berührten, ging ein Ruck durch die Ranken und das Mädchen wurde brutal von den Füßen gerissen. Eileen stieß nicht einmal einen Schrei aus, als die Ranken sie durch den Graben zogen.
    „Eileen!“ Yarik brüllte und humpelte ihr hinterher, so schnell er konnte, aber diesmal schien die Pflanze beschlossen zu haben, dass es genug war. Der Abstand vergrößerte sich zusehends, und wenige Augenblicke später war Eileen im Nebel verschwunden.
    Fluchend hinkte Yarik weiter, folgte der Spur im Schlamm.

    Es dauerte nicht lange, bis er herausfand, wohin die Pflanze Eileen verschleppt hatte. Der Graben endete irgendwo unterhalb des weißen Baumes – seine Wurzeln reichten die schlammige Böschung hinunter und bohrten sich in den weichen Boden, ragten wer wusste schon wie tief ins Erdreich. Ranken der Dämonenpflanze schlangen sich um das bleiche Holz, und sie waren von feinen schwarzen Äderchen durchzogen, die sich wie ein Netz auch über den Baum spannten.
    Aber das alles nahm Yarik nur am Rande wahr. Sein Blick war auf den gähnenden schwarzen Schlund zwischen den Wurzeln gerichtet, wo ein enger Tunnel, gerade breit genug, dass er sich hineinquetschen könnte, in die Tiefe führte. Links und rechts des Tunnels ragten zwei der schwarzen Ruinenstelen aus dem Matsch, als würde es sich um einen Eingang zu einem uralten Gebäude handeln. Die Schleifspuren führten genau dort hinein.
    Yarik biss die Zähne aufeinander. Egal, wohin dieses verdammte Ding Eileen verschleppt hatte – er würde sie finden, oder bei der Suche sterben.
    Mit fatalistischer Ruhe zog er eine Fackel aus seinem Gepäck und entzündete sie mit einigen Schlägen seines Feuerstahls. Dann trat er in die Dunkelheit.

    Die Enge in dem Gang war geradezu erstickend. Yarik musste sich seitwärts hindurchzwängen und es war ihm kaum möglich, tief Luft zu holen. Die Wände bestanden aus schmieriger, lehmiger Erde, und er war bald von Kopf bis Fuß mit einer klebrigen Lehmschicht überzogen, die jede Bewegung zusätzlich behinderte. Die Schmerzen in seinem Bein wurden mit jedem Schritt unerträglicher.
    Aber er gab nicht auf. Er hielt die Fackel vor sich, das Haumesser in der anderen Hand, auch wenn es ihm in dieser Lage wenig bringen würde, und kämpfte sich Schritt für Schritt weiter voran.
    „Eileen?“, rief er in den Tunnel hinein. Und entgegen seinen Erwartungen antwortete sie ihm, obwohl er sie noch nicht sehen konnte.
    „Bleib… weg! Komm nicht… hier rein!“ Ihre Stimme war schwach und brüchig und es klang beinahe, als müsste sie gegen einen Widerstand ankämpfen, der ihre Worte nicht über ihre Lippen kommen lassen wollte. „Es ist… das… was es… will!“
    „Ist mir egal, was es will!“, knurre Yarik und schob sich weiter voran, „Ich hole dich hier raus und dann fackle ich dieses Scheißding ab, jeden einzelnen beschissenen Ableger!“
    Und in diesem Augenblick erwachten die Wände um ihn herum zum Leben.
    Schwarze, schleimige Stränge brachen aus dem Lehm hervor – es mussten die Wurzeln der Dämonenpflanze sein, die hier unten auf ihn gelauert hatten. Sie legten sich um seinen Hals, seine Arme, seine Beine. Yarik brüllte und riss einen Arm los, drückte seine Fackel gegen eine der Wurzeln. Es zischte und die Wurzel zuckte zurück, als ob sie das Feuer spürte, aber es war zu wenig, viel zu wenig. Das Wurzelwerk riss Yarik zuerst das Messer aus der Hand, dann die Fackel, die im Schlamm zu seinen Füßen nach wenigen Augenblicken verlosch und ihn in völliger Dunkelheit zurückließ. So sehr er auch versuchte, zu kämpfen und sich zur Wehr zu setzen, er hatte keine Chance. Yarik spürte, wie die Wurzeln ihn weiter durch den Gang schleiften, und dann spürte er, wie messerscharfe Spitzen sich in seine Haut bohrten. An den Armen, in seinen Rücken, seinen Unterleib. Schmerzen fluteten sein Hirn, unerträgliche Schmerzen, wie er sie noch nie zuvor gespürt oder auch nur für möglich gehalten hätte. Sie überfluteten sein Denken, bis nur noch grelle, rote Pein in ihm war.
    Und dann kamen die Bilder.

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    Ritter Avatar von Das Waldvolk
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    Runa - Östlicher Tempel, Abend des dritten Tages

    „Runa, bleib hier!“ Seamus versuchte, ihre Hand zu greifen, doch Runa stürmte bereits an den toten Monstern vorbei, bevor sie den Boden berührten.
    „Paps!“
    Ihre Stimme überschlug sich, während sie durch die Halle stürmte. Ihr Vater stand dieser riesigen Schlange ganz allein gegenüber! Er hatte ihr eine scheiß Angst eingejagt, als er mit diesem altertümlichen Kauderwelsch angefangen und so getan hatte, als wären sie überhaupt nicht mehr da! Und dann waren da diese widerlichen Krabbelviecher mit ihren Schrumpelfressen gewesen, und er hatte sie einfach losgeschickt, um Runa und die anderen anzugreifen! Doch als sie gesehen hatte, wie dieses Riesenvieh sich vor ihm aufgebaut hatte, wie es ihm den Säbel aus der Hand gerissen und in irgendeine seltsame Hypnose gezwungen hatte, war ihr alles scheißegal gewesen. Und wenn diese Skorpionsmänner noch gezuckt hätten, sie musste ihrem Vater helfen!
    „Paps, wach auf!“
    Runa warf sich mit aller Kraft gegen den Körper der Schlange, doch sie prallte hart an dem riesengroßen Muskelberg ab und schlug auf den Boden. Immerhin, diese Yakumama hatte endlich aufgehört, ihn anzustarren!
    „Runa! Runa, warte!“, rief er. War er etwa endlich wieder zu Verstand gekommen? Aber Runa hatte es nur noch schlimmer gemacht: im nächsten Moment umschlang Yakumama ihren Vater und hob ihn wie ein Spielzeug in die Höhe.
    „Hör auf!“, brüllte Runa aus Leibeskräften, aber die Schlange wickelte sich nur noch fester um ihn! Runa griff nach ihrem Schwert, doch dann überlegte sie es sich anders und zog das Erzmesser, das ihr Vater ihr gegeben hatte.
    „Ich sagte: hör auf, du dummes Mistvieh!“
    Mit aller Kraft rammte sie das Messer in die Schlange, und das Erz stieß durch die dicken Schuppen bis zum Heft. Yakumama gab einen ekelerregenden Schmerzenslaut von sich und wand sich mit mörderischer Schnelligkeit. Runa wurde von ihrem Hinterteil beiseite gewischt und schlug sich Knie und Schultern auf den Steinen auf. Gleißender Schmerz fuhr ihr durch das Bein und trieb ihr die Tränen in die Augen. Mit einem Mal ragte die Schlange über ihr auf, doch im nächsten Moment zuckte sie schon wieder herum. Ihr Vater klammerte sich an das Messer, das immer noch in Yakumama steckte, und ritt auf der wild umhertobenden Monstrosität wie ein Bullenreiter.

    „Runa, lauf weg von ihr! Hilf den anderen, ich mache das!“, rief er irgendwo vom Hinterteil der Schlange aus. Runa zog das Falcata und schnaubte.
    „Ich lass dich nicht allein, Paps! Ich werd-“
    Surrend schoss etwas an ihrem Kopf vorbei und zersplitterte an einer Säule hinter ihr. Runa warf sich zu Boden und lugte vorsichtig hervor, um das zu sehen, was sie angegriffen hatte.
    „Oooh Scheiße! Ist das euer Ernst?“
    Da stand Frank, und an seiner Seite waren zwei abscheuliche Figuren von derselben Art wie die Schrumpelspinner aus der Vorhalle. Doch diese hier waren zwei entstellte Frauen mit dem Unterleib eines Skorpions, deren Anblick Runa einen Schauer über den Rücken jagte. Eine der beiden hatte die dicken, schwarzen Haare zurückgebunden und hielt zwei mörderisch aussehende Säbel in ihren Händen. Ihr Schwanz war so groß und so dick wie ein ausgewachsener Mann. Die andere trug ihre Haare offen und war über und über mit seltsamem Schmuck dekoriert. Ihr Grinsen war eine ekelhafte Fratze, höchstens eine entfernte Nachbildung von Menschlichkeit. Ihr Skorpionskörper war feingliedriger und ihr Giftstachel kleiner, doch sie hatte zwei riesige Scheren, die mit Sicherheit problemlos einen Menschen in zwei Teile schneiden konnten. Und zu allem Überfluss hielt sie einen Bogen in den Händen, der sogar noch massiver war als der, den Frank mit sich geführt hatte.
    „Daneben, du Miststück!“, rief Runa und bereute es gleich im nächsten Moment, als die Bogenschützin den nächsten Pfeil auflegte. Im letzten Moment rettete Runa sich hinter eine Säule. Der Pfeil schlug in den Fels ein und zersplitterte. Der Kopf des Pfeils fiel genau zu Runas Füßen. Was war das für eine klebrige, schwarze Pampe an der Spitze?
    „Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße!“, flüsterte sie und presste sich noch fester an die Säule. Als sie vorsichtig hervorlugte, schoss der nächste Pfeil nur knapp an ihrem Kopf vorbei.
    „Scheiße!“

    Runa nahm sich ein Herz und sprang hinter ihrer Deckung hervor. Die Schützin wollte erneut anlegen, als Larah sie erreichte und mit einem Schwung ihrer Hellebarde angriff. Die Skorpionsfrau sprang zurück, dann klickten und klackten ihre ekelhaften Skorpionsfüße hinüber zu Frank, der völlig benebelt in ihrer Nähe gewartet hatte. Sie drückte ihm den Bogen und den Köcher in die Hände und schoss auf Larah zu.
    „Runa, pass auf!“
    Onkel Seamus preschte von der Seite heran und warf sich mit erhobenem Schwert dazwischen, als die Säbelkämpferin sie erreichte. Sie hatte eine unheimliche Kraft, das sah Runa dem Kräftemessen sofort an. Ein Klingensturm hagelte auf Onkel Seamus nieder, der sein bestes tat, die Attacken abzuwehren, aber ohne Pause zurückweichen musste, während die Skorpionsfrau erbarmungslos nachsetzte.
    „Bleib zurück, Kleine!“, rief er, aber Runa konnte ihn doch nicht einfach alleine lassen! Da schoss Hund heran und sprang der Skorpionsfrau auf den Rücken. Die schlug nach Hund und fuchtelte wild mit ihrem Stachel umher, während Sie gleichzeitig Seamus zu malträtieren versuchte, doch der gewann nun die Oberhand. Er traf eines der Skorpionsbeine und erwischte dann auch noch den Schwanz mit der Schwertspitze, der an Spannung verlor und nach hinten über kippte. Die Dämonin stieß einen spitzen Schmerzensschrei aus, der Runa beinahe dazu gebracht hätte, ihr Schwert fallen zu lassen und sich die Ohren zu halten! Runa fuhr herum, als eine Hand sie an der Schulter berührte. Sie sah in die entsetzten Augen von Sana.
    „Komm, wir müssen weg!“, rief sie. Runa riss sich los von der älteren Frau und stieß ihr gegen die Brust. „Nein!“
    Ein weiterer Pfeil schoss durch die Luft, genau zwischen ihnen hindurch. Runa sah mit Entsetzen, dass Frank der Schütze war, der sie gerade beinahe getötet hatte. Noch bevor sie etwas tun konnte, legte er einen weiteren Pfeil auf, zielte – und traf.

    „NEIN!“

    Hund wurde vom Rücken der Dämonin heruntergerissen und fiel quietschend zu Boden. Sana stürzte zu Boden, rappelte sich wieder auf und stolperte mit einer Maske des Entsetzens im Gesicht zu ihrem Gefährten hinüber. „Nein, bitte nicht! Nicht schon wieder!“
    In Runas Kopf war für einen Moment nur Leere. Einer von ihnen war getroffen worden, verletzt durch die Hand eines anderen aus ihren Reihen. Ihr Vater kämpfte immer noch mit der Yakumama, Seamus und Larah mit den Dämoninnen. Und sie tat – einfach nichts!
    „Nein… nein, nein, nein…“
    Runas Finger schlossen sich fester um den Griff ihres Falcatas. Das hier musste enden! Sie rannte zu der schwertkämpfenden Abscheulichkeit, die erneut Seamus in die Enge trieb, und lief ihr in den Rücken. Nun war sie geradewegs in Franks Schussfeld, doch bestimmt würde er nicht schießen, um die Skorpionsfrau nicht zu gefährden. Sie packte den Griff mit beiden Händen und hackte auf das rechte, hintere Bein. Die Dämonin kreischte erneut auf. Runa schlug erneut zu und durchtrennte das Bein. Nun brach der Klingensturm über sie herein, doch Seamus griff sofort von der anderen Seite aus an und zog die Aufmerksamkeit der Dämonin wieder auf sich. Runa machte einen seitlichen Satz, um sie zu umrunden – und spürte den Lufthauch, als der Pfeil an ihrer Wange vorbeischoss.
    „Scheiße!“
    Sie wollte in Deckung springen, doch dann hielt sie inne.
    „Na gut!“, murmelte sie. „Gut, dann eben so… Scheiße, Mann…“
    Sie breitete die Arme aus. „Mach schon, Frank! Worauf wartest du?“
    Frank zog den nächsten Pfeil.
    „Heilige Scheiße…“
    Er legte ihn auf.
    „Was machst du hier bloß, Runa?“
    Er spannte die Sehne. Sie machte sich bereit.
    Sie sah ihn nicht kommen. Er war zu schnell. Doch einen Herzschlag vor dem sicheren Tod erwischte sie etwas von der Seite. Sana stieß sie zu Boden und fiel zugleich in die andere Richtung. Der Pfeil jagte zwischen ihnen hindurch und schlug in den Rücken der Dämonin.
    Das Kreischen der Kreatur war monströs. Sie torkelte unkoordiniert auf ihren Skorpionsbeinen umher, die Spitze des Pfeils hatte ihren Körper geradewegs durchschlagen. Die Dämonin kam drei Schritte weit, dann brach sie vor Runas Füßen zusammen.
    „Herrin! Oh nein!“, rief Frank vom anderen Ende der Halle. „Was habe ich getan?“
    Runa griff nach einem der Säbel, die das Wesen hatte aus den Händen gleiten lassen. Sie presste die Kiefer aufeinander, als sie sich über die Kreatur beugte.
    „Egal, was du getan hast, Frank“, zischte sie. „Ich beende es.“
    Sie packte den Griff, so fest sie konnte, und stieß die Klinge hinab in den Körper der Dämonin. Die unternahm noch einen letzten, unkoordinierten Versuch, sich zu wehren, doch mit jedem Herzschlag wurden die Bewegungen kraftloser und fahriger, bis die Skorpionsfrau endgültig erstarb.

    Runa atmete tief durch. Sie blickte erst zu Frank, der den Bogen fallen gelassen hatte und auf die Knie gefallen war, dann zu Seamus, der mit einigen Schnittwunden verletzt auf der anderen Seite des Leichnams kauerte, und schließlich zu Sana, die sich über Hund beugte. Und erst dann dämmerte es ihr. Was war mit ihrem Vater? Und was war mit Larah? Ging es ihnen gut?

    Maris
    Geändert von Das Waldvolk (07.05.2024 um 01:38 Uhr)

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    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist gerade online

    Irgendwo im Sumpf, irgendwann am dritten Tag... Chala, Valerion, Yarik

    „Verdammte Scheiße! Yarik!“, rief Shakes, während er mit einem Beil eine weitere Ranke zerhackte, die nach ihm peitschte.
    Yarik war immer weiter vorgelaufen, aus dem Schutz der Ruinenmauern auf den offenen Platz in dessen Mitte der karge, weiße Baum thronte. Sein Drang Eileen zu retten, ließ ihn jeglichen Selbstschutz vergessen, sodass Chala und Shakes nicht in der Lage waren, ihm zu folgen. Von zu vielen Richtungen schnellten immer mehr Wurzeln und Lianen auf sie zu, sodass sie sich bald zurück zu den verfallenen Gebäuden gedrängt sahen. Von Valerion fehlte noch immer jede Spur, doch blieb dem ungleichen Duo kaum Zeit sich darüber Gedanken zu machen.
    „Ihr seid alle verrückt hier im Sumpf“, murrte die Aranisaani, da scheinbar jeder ihrer Gefährten dachte, dass es klug sei, sich von der Gruppe zu entfernen.
    „Das sagt die Richtige“, konterte Shakes und bedachte sie mit einem Blick, der sie wissen ließ, dass er sie länger kannte, als die anderen.
    Sie schluckte einen bissigen Kommentar herunter und fiel weiter zurück, sodass der Nebel den Blick auf den Knochenbaum verbarg. Sie brauchten einen Plan. Am besten einen, der damit endete, dass sie wohlbehalten ins Lager zurückkehrten. Die Trophäe war der Kriegerin mittlerweile völlig egal. Es gab hier nichts von Wert und schon gar nicht etwas, für dass es sich zu sterben lohnte.
    „Wir sollten verschwinden“, schlug Chala vor, völlig ernst.
    „Natürlich würdest du das sagen. Bei dir brauche ich echt keine Bestätigung, dass du die Echte bist.“

    Die Dunkelhäutige schaute sich um. Noch immer waren ihre Nebeldoppel in der Nähe, beobachteten sie genau und warteten, dass etwas geschah. Doch was? Narzissmus schien darauf erpicht die anderen im Stich zu lassen. Sollten sie doch für etwas sterben, dass sie selbst nichts anging. Empathie hingegen hielt hartnäckig dagegen, versicherte mit ihrem Blick, dass es wichtig war, diese Mission zu Ende zu bringen. Damit das Leiden einen Sinn hatte. Sorgfalt schien noch abzuwägen, was der beste Weg nach vorn war, während Exzentrik belustigt dabei zusah, wie Naivität behände auf eine der von schwarzem Pilz überwucherten Mauern kletterte.
    „Hast du eine bessere Idee?“, fragte sie aufgebracht den Sumpfkrautbauern, der sie taktierte, als wäre sie ein niederer Mensch, „Wir kommen niemals nah genug an den Baum oder was auch immer all die Ranken kontrolliert, heran!“
    „Wir haben eine Chance“, versicherte der abgehalfterte Jäger ihr, „Erinnerst du dich, was wir bei der Ausrüstungsausgabe besorgt haben?“
    „Was soll das jetzt?“, fauchte Chala, ehe sie die Augen verdrehte, „Fein, ich spiele mit…Haumesser, Beile, Seil, Fackeln, Feuerstahl, Zunder, Wasserschläuche, Leinenbinden und…“
    Sie stockte, als ihr einfiel, auf was ihr ehemaliger Unterhändler anspielte.
    „Lampenöl“, vervollständigte er ihren Satz und grinste leicht.

    Mit dem Öl könnten sie einen soliden Angriffsversuch starten, doch es war sehr riskant. Der Boden war feucht, genau wie die Ranken. Jegliches Feuer würde einen Moment brauchen, ehe es übergriff. Ganz davon abgesehen, dass sie erstmal finden mussten, wo sich der Ursprung dieser korrumpierten Flora befand.
    „Hier, leuchte mir mal“, forderte Shakes sie auf.
    Chala hielt ihre Fackel näher an seinen Beutel, während er darin kramte bis er fand, was er suchte. Er zog an etwas, welches sich ganz unten in der Tasche verhakt zu haben schien.
    „Jetzt komm schon, du verdammtes…“, fluchte der hagere Kerl, ehe sich das Etwas mit einem Ruck löste.
    Zum Vorschein kam eine große Tonflasche, die ihm beinahe aus der Hand glitt und dabei fast mit dem Feuer von Chalas Fackel kollidierte.
    „Pass doch auf!“, rief sie erschrocken und riss die Lichtquelle hoch, wobei sie gegen eine der Ruinenmauern stieß.
    Funken stoben in alle Richtungen und ein zischendes Geräusch war zu hören. Unwillkürlich schaute die Aranisaani auf, an die Stelle, wo das Feuer den Stein berührt hatte. Rasend schnell fraßen sich die Flammen durch den schwarzen Belag, der sich an den Wänden festgesetzt hatte und legte einen großen Teil nackten Steins frei.
    „Das Zeug brennt wie Zunder“, stieß sie erstaunt hervor und erkannte, dass der Plan besser funktionieren könnte, als anfangs vermutet.

    „Wenn wir irgendwie das Öl an den Baum bekommen…“, überlegte Shakes laut und schüttelte geistesabwesend die Tonflasche, deren Inhalt träge schwappte.
    „Es ist zu gefährlich, wenn wir Fackel und Öl gleichzeitig tragen“, gab die Kriegerin zu bedenken, steckte die Fackel in den schlammigen Untergrund und kramte ihrerseits eine große Tonflasche hervor.
    Die Menge, die sie hatten, würde ausreichen müssen, doch sie beide wussten, dass sie nur einen Versuch hatten. Selbst wenn sie es schaffen sollten, das Öl bis zum Baum zu bekommen, der ehrlicherweise das einzige im Umkreis war, dass sie als Quelle oder zumindest Zentrum der Verderbtheit ausmachen konnten, würden sie es irgendwie entzünden müssen. Wenn einer von ihnen das Öl trug, musste der andere die Fackel bringen, doch mit den aggressiven Angriffen der Ranken war es schier unmöglich. Tatsächlich war es weniger der Baum, als die dicken Ranken mit den blutroten Blüten, die sich um das knochige Geäst wandten, die sie verbrennen mussten.
    „Ich werde einen Feuerpfeil schießen“, entschied Shakes aus heiterem Himmel.
    „Was?“
    „Wir tränken etwas Leinenstoff mit Öl, wickeln ihn um einen Pfeil und ich schieße auf die Ranke am Baum“, führte der Jäger seine Idee weiter aus.
    „Ich habe dich schießen sehen“, war alles, was Chala dazu sagen wollte, konnte sich jedoch nicht zurückhalten, ob dieser dämlichen Idee, „Du trifft nicht mal ein offenes Scheunentor aus drei Metern Entfernung. Da wäre es effektiver den Pfeil zu werfen.“
    „Motivierend wie immer“, nuschelte Shakes, sichtlich betroffen.
    „Schau mich an und sag mir, dass du treffen würdest!“, verlangte sie unnachgiebig.
    „Ich…würde es versuchen“, murmelte er und schaute weg, sobald sich ihre Blicke trafen.
    „Wir haben keine Versuche, Shakes. Wir haben einen Versuch. Einen!“
    „Ich weiß, verdammt! Dieses schwarze Zeug, dieser Pilz. Er ist wie eine Krankheit. Sumpfkrautpflanzen werden ab und an von etwas ähnlichem befallen. Mit ausreichend Licht verschwindet der Pilz dann von allein. Wenn man aber nichts macht, breitet er sich immer weiter aus bis die ganze Ernte verdorben ist.“
    „Danke für die Lehrstunde in Kräuterkunde“.
    Chalas Stimme triefte vor Sarkasmus, doch sie verstand durchaus worauf der Bauer hinauswollte.
    „Wenn du das verkackst, rennen wir“, entschied sie und öffnete ihre Tonflasche.
    Sie nahm einige der Leinenbinden und schüttete etwas vom Lampenöl darauf.
    „Drei Schüsse“, meinte sie und hielt dem Jäger die drei Stoffstränge hin, „Das restliche Öl müssen wir verteilen. Schieß, sobald ich fünf Schritt Abstand zum Baum hab. Und wag es nicht mich zu treffen, sonst suche ich dich nach meinem Tod heim.“

    Der Blick der Kriegerin wanderte an Shakes vorbei zu Empathie, die ihr aufmunternd zunickte, ein stolzes Lächeln auf den vollen Lippen. Sie selbst war weniger überzeugt, doch sie hatte ihre Entscheidung getroffen.
    Sie warf ihren Beutel zur Seite, neben den Flecken freier Mauer, wo zuvor der Pilz gewesen war. Sie nahm ein Stück Seil heraus, schnitt es großzügig mit ihrem Haumesser ab und befestigte ihre Tonflasche und jene von Shakes an einer Lasche an ihrem Gürtel.
    „Du musst nicht allein das Öl…“
    „Doch, muss ich. Ich habe keine Erfahrungen mit einem Bogen. Außerdem will ich sichergehen, dass es richtig gemacht wird, klar?“, fuhr sie ihn an, ihre Augen glühten beinahe vor Entschlossenheit und unterdrücktem Zorn.
    Zorn über sich selbst, dass sie sich hinreißen ließ so ein großes Risiko auf sich zu nehmen. Wofür überhaupt? Was schuldete sie diesen Leuten, dass es wert war ihr Leben aufs Spiel zu setzen?
    Zorn darüber, dass Ryu sie abgewiesen hatte, als sie ihn aufsuchte. Hätte er ihr nicht eine zweite Chance geben können? Vergessen, was in der Vergangenheit geschehen war?
    Zorn darüber, dass sie mit diesem Nichtsnutz Shakes als Einzige aus ihrem Jagdkommando übriggeblieben war. Hätte sie das Kommando gehabt, wäre die Mission anders verlaufen.
    „Versuch ein paar der Ranken auf dich zu ziehen, wenn du kannst. Aber bleib in der Nähe der Ruinen“, wies sie nun ihrerseits Shakes an, der stumm nickte, „Sobald ich das Öl verteilt habe…“
    „Ich warte, bis du ausreichend Abstand hast und schieße erst dann, kapiert“, bestätigte der Jäger.
    Sein Blick verriet ihr, dass er mehr sagen wollte.
    „Spuck’s aus oder nimm’s mit ins Grab!“
    „Stirb nicht.“
    „Nicht, bevor ich dir nicht noch eine verpasst habe.“
    Die Worte passten nicht ganz zu ihrem Ton, was Shakes die Andeutung eines Lächelns entlockte.

    Vorsichtig näherten sie sich wieder dem Platz, auf dem der Baum stand. Die weißen, toten Äste ragten wie dutzende Klauenhände gen Himmel, verhangen vom gelblichen Nebel, der sie bereits seit einer gefühlten Ewigkeit begleitete.
    „Du läufst zuerst, lass deinen Bogen und die Pfeile hier“, erklärte die Kriegerin das Vorgehen, während Shakes die getränkten Leinenbinden um drei Pfeile wickelte, Sobald die ersten Ranken nach dir schlagen, folge ich dir. Lauf einen Halbkreis und komm direkt wieder her.“
    „Verstanden.“
    Chala befreite Wildkatze aus ihrer Scheide, wog die gut ausbalancierte Waffe in ihrer rechten Hand, was ihre Gedanken unweigerlich wieder zu Ryu brachten. Warum gerade jetzt?
    Sie blickte sich noch einmal um, erspähte Naivität, wie sie vom Dach eines verfallenen Hauses gespannt auf sie herabsah, so als würde sie in Kürze eine aufregende Vorführung erleben. Exzentrik lehnte lässig an der Mauer darunter, spielte mit ihrem Haar und schien kein Interesse an der Welt um sich herum zu haben. Narzissmus blickte ihr stoisch entgegen, Selbstvertrauen umgab sie wie eine Aura, die Chala zu beneiden wusste. Empathie war nicht zu sehen und Sorgfalt hielt sich im Hintergrund, die Stirn gerunzelt, als würde sie die irrationale Entscheidung der Kriegerin nicht teilen. Kein Wunder, sie selbst war von Zweifel geplagt.

    „Bist du soweit?“
    Shakes nickte.
    „Dann los!“, rief sie und trieb den Jäger an.
    Er sprintete los und die erste Ranke ließ keinen Augenblick auf sich warten. Wie eine massive Peitsche schlug sie direkt hinter dem rennenden Mann ein. Schlamm spritzte in alle Richtungen und ein dumpfes, gluckerndes Geräusch war zu hören, als der armdicke Pflanzenstrang sich wieder aufrichtete. Am Baum erwachten die seltsamen roten Blüten wieder zum Leben und zeigten direkt in die Richtung der Menschen, die in ihr Territorium eingedrungen waren. Der süßliche Geruch von Verfall nahm zu, steigerte sich ins Unerträgliche. Der ersten Liane folgten gleich weitere. Vor, neben und hinter Shakes schlugen sie ein. Ein erstickter Schrei entwich dem Sumpfkrautbauern, als die Abstände immer knapper, die Situation immer brenzliger für ihn wurde. Chala erkannte, dass der erschöpfte Jäger nicht mehr lange durchhalten würde und stieß sich vom weichen Boden ab, hinaus auf den ungeschützten Hof. Weitere Ranken kamen hinzu und doch schien sich der Druck auf Shakes zu mildern. In einem weiten Bogen lief er und für einen Moment trafen sich die Blicke der beiden, als sie auf gleicher Höhe aneinander vorbeiliefen.
    Von da an konnte die Aranisaani nicht mehr erkennen, was mit ihrem verbliebenen Kampfgefährten geschah. Viel zu sehr war sie darauf bedacht den Angriffen der Pflanze auszuweichen, die immer intensiver wurden. Der Abstand der einschlagenden Ranken wurde immer kürzer und auch die Wucht schien zuzunehmen, fast so, als würden sie in die Enge getrieben. Konnte das sein? Hatten sie mit ihrem Plan etwas ausgeheckt, was von Erfolg gekrönt sein konnte?
    Ein beherzter Satz brachte Chala über zwei Wurzelstränge, die vor ihr aus dem Boden stießen. Sie landete unsanft und wäre beinahe auf dem unebenen, glitschigen Boden ausgerutscht. Doch sie fing sich und konnte eine weitere Liane mit ihrem Schwert spalten, ehe sie ihr die Rippen zertrümmert hätte. Die Wucht des Aufpralls nahm ihr jedoch wertvolle Geschwindigkeit, die sie nicht mehr aufzunehmen im Stande war. Immer knapper verfehlten sie die Ranken, immer häufiger musste sie sich Wildkatze bedienen, um einem Körpertreffer zu entgehen. Bis es nicht mehr reichte.
    Wie ein Hammerschlag traf sie einer der Stränge in die Seite, riss sie beinahe von den Füßen. Sie strauchelte schwer, versuchte sich mit rudernden Armen aufrecht zu halten. Die beiden Tonflaschen an ihrer Hüfte schlugen laut zusammen und ein splitterndes Geräusch verhieß nichts Gutes.

    Neuerliche Angriffe zwangen die Kriegerin dazu eine Hechtrolle nach vorn zu machen, deren Ausführung doch bestenfalls stümperhaft war und mit ihr im Dreck endete. In ihrem Augenwinkel lief Narzissmus vorbei, einen warnenden Blick auf sie gerichtet, dass sie es nicht wagen solle hier zu sterben. Sie spürte die warme Hand Empathies auf ihrem Rücken, fast so, als würde die Nebelgestalt ihre Lederrüstung packen und sie auf die Beine ziehen.
    Sie wusste nicht wie, doch mit aller Kraft gelang die Aranisaani wieder auf die Beine. Die Frequenz der Angriffe hatte nachgelassen und sie würde diese unverhoffte Chance nutzen. Ein Blick auf die beiden Tonflaschen offenbarte feine Risse an den Gefäßen, aus denen dickflüssiges Öl träge herausquoll.
    Gar nicht gut, dachte sie panisch und riss die beiden Flaschen von ihrem Gürtel.
    Der Baum war nur noch wenige Schritte entfernt. Über ihr, im Geäst der toten Krone wandten sich die Schlingpflanzen, tödliche Blumen kamen auf sie zu.
    Sie entkorkte die erste Flasche mit ihren Zähnen, schmeckte wie das widerliche Lampenöl ihre Lippen benetze und schleuderte den halbvollen Behälter auf die heranschnellenden Blüten. Der Ton zerplatze und die dickflüssige Substanz ergoss sich über die Pflanzen und den fahlen Baumstamm. Die andere Flasche entkorkte die Kriegerin auf dieselbe Art, spuckte den Korken in den Schlamm und begann beim Rennen das Öl über die Wurzeln des Totenbaums zu verteilen. Dabei sprang sie über die Leichen von Glaen und Liam, die sie ebenfalls begoss.
    Nach einer halben Runde um den Stamm ging ihr der Brennstoff aus und sie kam an den Rand eines tiefen Grabens, in den die Wurzeln des Baumes ragten. Sie sprang.

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

    Jetzt zählte es. Dies war der Moment, auf den Shakes mit zitternden Händen gewartet hatte. Eine brennende Fackel steckte vor ihm im Schlamm. Um sich herum hatte er den Pilz von den Wänden gebrannt, keine Ranke war zu sehen.
    Den ersten Pfeil hielt er in die Flammen, sobald er sah, wie Chala die zweite Tonflasche von sich warf. Das ölgetränkte Tuch fing sofort Feuer und viel schneller als erwartet verschlang es das Leinen. Überrascht und dadurch viel zu hastig spannte der Jäger den Pfeil in seinen Bogen, knockte an, zielte hektisch und schoss.
    In einem flachen Bogen flog das Geschoss, zog einen brennenden Lichtstreifen hinter sich her, ehe es wirkungslos auf halber Strecke im Schlamm aufschlug und die Flamme erstickte. Schweiß rann dem hageren Mann die Stirn hinab, als er beobachtete, wie die Ranken vom Baum der aus seinem Sichtfeld verschwundenen Frau den Graben hinabfolgten.
    Bebend entzündete er einen weiteren Pfeil, legte ihn an und zielte. Er ließ sich mehr Zeit.

    Einen Herzschlag.

    Zwei.

    Drei.

    Er schoss.
    Dieses Mal folgte das flammende Projektil einem höheren Bogen, doch noch ehe es sein Ziel erreichen konnte, trennte sich der entzündete Leinenstoff vom Schaft und flatterte unnütz zu Boden, wo die Nässe der Erde das Feuer erstickte.
    „Komm schon Shakes! Du packst das jetzt, Mann!“, sprach er sich selbst gut zu, doch fühlte er sich so nutzlos wie der soeben erloschene Stofffetzen.
    Wenn er diesen Pfeil auch versaute, wäre es das gewesen.

    Da Feuer der Fackel leckte an den ölgetränkten Leinen, gab die Wärme, das Licht und die Hoffnung weiter. Shakes schaute auf, sah überrascht, wie Valerion über den Platz rannte. Ranken peitschten nach ihm wie zuvor nach Chala. War er es gewesen, der ihr die letzten Schritte ermöglicht hatte, indem er sich ebenfalls als Zielscheibe angeboten hatte? Er schüttelte den Kopf. Darüber konnte er jetzt nicht nachdenken.
    Er knockte den Pfeil ein, versuchte sich zu entspannen. Seine Schultern senkten sich, als die Luft seinen Körper verließ. Die Muskeln entkrampften und sein Herzschlag verlangsamte sich. Dieser Pfeil musste treffen.
    Er spürte die Hitze der kleinen Flamme auf dem Gesicht, roch das brennende Öl.
    Jetzt, dachte er und schaute im nächsten Augenblick dem Geschoss hinterher, das wie ein Komet seine Bahn zog.

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

    Hart schlug Chala am Boden des Grabens auf. Ihr ganzer Atem wurde aus ihrer Lunge gepresst. Ein heiseres Geräusch drang ihr aus der Kehle. Ihre Augen quollen hervor, weit aufgerissen. Sie erblickte die Ranken, die ihr den Graben hinunterfolgten. Wie dicke, grüne Schlangen kamen sie den Schlammhang herunter, legten sich über ihren Körper, um ihre Beine und Arme, ihren Hals. Dann drückten sie. Es war dieselbe Art, wie Liam gestorben war und jetzt würde auch sie in diesem Sumpf elendig sterben.
    Ihre Nebeldoppelgänger erschienen neben ihr, eine nach der anderen schauten sie auf sie herab. Empathie war die erste, welche nach den Pflanzensträngen griff, versuchte sie von Chala zu lösen. Doch es tat sich nichts. Auch, als die anderen vier dazukommen, jede mit einem anderen Gesichtsausdruck, rührten sich die Lianen nicht. Wie auch? Sie waren lediglich Illusionen des Nebels. Das realisierte die Kriegerin nun endlich, am Ende ihrer Reise. Sie schloss die Augen.

    Plötzlich spürte sie, wie die Ranken ihren Griff lockerten. Im nächsten Augenblick wurde es heiß und sie riss den Mund auf, wollte schreien. Doch der Moment war so schnell vorbei, wie er gekommen war. Chala schlug die Augen auf, sah noch, wie sich ihre Nebelzwillinge auflösten, undeutbare Mienen im Gesicht.
    Die Ranken welkten vor ihren Augen, frei von den schwarzen Flecken des Pilzes.

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    Provinzheld Avatar von Valerion
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    Wie lange der Kampf gegen diese Skelette ging, wusste er nicht, er hatte schon lange nichts mehr von den anderen gehört, versuchte nur gegen seine rankenbesetzten Skelette zu kämpfen. Zwar schaffte es Valerion immer wieder, einige Knochen abzuschlagen, aber das brachte nicht wirklich viel, da sofort einige ranken kamen, um die Knochen wieder anzusetzen. Er musste dringend nach vorne kommen, um die Hauptranke irgendwie zu beschädigen, da durch sein Salzschwert, die Ranke eindeutig schaden nehmen würde. Doch durch die zwei Skelette, war es schwer, überhaupt vorran zu kommen.

    Er bereute es immer noch stark, die Lehre nicht abgeschlossen zu haben, dies wäre jetzt sicher praktisch gewesen, er versuchte mit all sein gelernten wissen, gegen die Kreaturen anzukommen. Er versuchte an den Skeletten vorbei zu tänzeln, sowie versuchte er mit einigen guten Schlägen, die Skelette zu treffen, aber stolperte eher durch die gegend und hatte Glück nicht getroffen zu werden. Irgendwann ziehlte er eher auf die Ranken, als auf die Knochen aber auch das brachte wenig bis gar nichts. Doch schließlich hatte er es geschafft, sich ziemlich an die Ranke anzupirschen, mit einem festen Hieb schlug er gegen die massive Ranke und .... sein Schwert blieb drin stecken.

    „Ach verdammte scheiße“, rief Valerion genervt. Er fand keinerlei Waffen, keinerlei Möglichkeiten zu entkommen. Die beiden skelette kamen langsam auf ihn zu, erhoben ihre Waffen, um ihn zu töten. Schnell zog er seine Bierflasche, seine Flasche für den letzten Genuss, sollte er irgendwann sterben. Gerade wollte er diese öffnen, als die beiden Gerippe auseinanderflogen. Der Bärtige starrte zu der Ranke, die merkwürdige Bewegungen machte. Anscheinend hatte das Salz gewirkt und die Ranke zerstört.
    Valerion schüttelte den Kopf, ging zu der langsam sterbenden Ranke und zog seine Klinge wieder heraus.

    Er musste zu seinen Leuten. Schnell stürmte er zurück, aber ihm kam eine dicke Rauchwolke entgegen.
    „YARIK? VAL, WO SEID IHR?“, schrie Shakes.
    „ICH BIN HIER“, antwortete Valerion, rannte durch die Rauchwolke und blickte zu dem brennenden Pflanzen. Der schwarze Pilz, sowie einige ranken brannten lichterloh und waren wohl die Ursache für die Rauchwolke.
    „Wo warst du verdammt“, schrie Chala und blickte ihn genervt an.
    „Glaub mir ... das willst du nicht wissen ... wo ist Yarik?“, antwortete er mit einer gegenfrage.
    Shakes, sowie Chala schüttelten den Kopf. Verdammt ... sollten sie nach ihm suchen?

    Yarik war ein erfahrener Kämpfer, er konnte sicher auf sich acht geben, aber Chala und Shakes Sahen müde aus. Er selber war auch sehr Müde. Der Tag hatte ihnen an Kraft gekostet.
    „Wir sollten gehen ... Yarik werden wir nicht finden, sagt mir mein Gefühl. Wir berichten den anderen was wir hier erlebt haben, sie werden sicher nach ihm suchen“, sprach Valerion und schritt aus der Ruine. Er hatte erwartet das die anderen Rebellieren, aber keiner sagte etwas, sie folgten ihm still.
    Der Nebel lichtete sich langsam, der Weg war leichter zu erkennen, auch wenn langsam die Dunkelheit eingebrochen war.

    Er hatte keine ahnung, wie lange sie gelaufen waren, doch irgendwann hatten sie es zurück ins Lager geschafft. Von der einst großen Gruppen, waren nur noch sie drei übrig. Viele Augen waren auf die kleine Gruppe gerichtet. Valerion erkannte sogar Selana, die ihn anblickte. Mit einem grinsen, setzte sich der bärtige Kerl an ein warmes Feuer, lehnte sich an den Baumstamm und steckte seine Notbierflasche weit zurück in den Rucksack. Er hatte es überlebt, andere nicht. Die nächsten Tage würde er sich erstmal erholen.

    Chala und Shakes, hatten sich auch in seiner nähe niedergelassen. Beide Sprachen nicht, sie waren mit ihren Gedanken alleine. Aus der ferne, näherte sich ein Schatten, der sich langsam zu ihm setzte.
    „Geht es dir gut?“, fragte Selana vorsichtig und setzte sich zu ihm.

    „Jetzt geht es mir gut ....“, flüsterte er als Antwort und schloss die Augen.
    Geändert von Valerion (07.05.2024 um 20:31 Uhr)

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    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
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    Basislager, 3. Tag, kurz vor Mitternacht - Chala und Valerion

    Völlig erschöpft zog Chala an dem Stängel Sumpfkraut, welcher ihr gereicht worden war. Noch immer war sie von oben bis unten mit Schlamm bedeckt. Ihr Rücken pochte im Einklang mit ihrem Herzschlag. Jedes Mal durchfuhr sie ein stechender Schmerz, der nichts Gutes bedeuten konnte. Doch jeder Zug am Stängel milderte die Pein.
    Ihre Füße spürte sie kaum noch, von den Anstrengungen der letzten Tage und dem Gewaltmarsch am Ende, um möglichst keine Nacht mehr im tiefen Sumpf verbringen zu müssen. Ihr blauer Schal war angesengt, dort, wo eine der Ranken sie gewürgt hatte, bevor die Flammen den schwarzen Pilz getilgt hatten. Tatsächlich war es wohl dieser seltsame Schimmelbefall gewesen, der die Pflanzen animiert hatte und der vermeintliche Nebel waren Pilzsporen gewesen, die unentwegt in die Luft abgegeben worden waren. Unglaublich wie groß das Einflussgebiet dieses korrumpierten Organismus gewesen sein musste, um ein so großes Gebiet einhüllen zu können. Doch es war vorbei, sie hatten verbrannt, was sie finden konnten.
    Die Aranisaani hauchte einen Schwall grünen Rauchs aus, während ihre Gedanken Revue passieren ließen, was geschehen war, nachdem sie in den Graben gesprungen war.

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

    Sie hatte die angesengten Ranken, welche unnatürlich schnell welkten von sich gezogen, als sie die nötige Kraft gefunden hatte. Über sich hatte sie gesehen, wie der gelbliche Nebel dunklen Schwaden wich. Die Sporen waren wohl ebenfalls verbrannt. Mühsam hatte sie sich aufgesetzt, schwer atmend und von oben bis unten in Schlamm gehüllt. Wildkatze hatte einige Schritte von ihr entfernt gelegen, ebenfalls besudelt mit feuchter Erde. Chala wusste nicht, wie lange sie gebraucht hatte, um ausreichend Kraft zu sammeln, damit sie sich erheben und ihr Schwert einsammeln konnte. Der Schlammhang aus dem Graben heraus war zu steil gewesen, um ihn herauszuklettern und so war sie gezwungen gewesen, einen anderen Ausweg zu finden. Der Pfad fort vom Wurzelwerk des Totenbaums war ebenso steil gewesen, weshalb sie sich einen Weg an den dicken, weißen Wulsten vorbei suchen musste. Jeder Schritt war eine Anstrengung gewesen, weil ihre Stiefel immer wieder im Schlamm versanken.

    Auf der anderen Seite war der Boden abschüssig, wie eine Senke, die von Starkregen geformt worden war. Dicke Stränge der Ranken waren aus dem Geäst des kahlen Baumes herabgefallen, hatten sich zu einem Haufen am tiefsten Punkt getürmt. Beinahe hatte es so ausgesehen, als läge ein Durchgang dahinter verborgen, doch der Geist der Kriegerin war zu träge gewesen daran außerordentliches Interesse zu zeigen. Der Geruch nach Moder und süßem Verfall war besonders stark an dieser Stelle gewesen und all ihre Instinkte trieben sie fort, den seichteren Aufgang hinaus aus dem Graben.
    Oben angekommen wäre sie am liebsten wieder hinabgestiegen. Die Sicht war noch eingeschränkter und die Luft war so dicht gefüllt von dunklem Rauch und Nebelschwaden, dass das Atmen schwerfiel. „Shakes!“, rief Chala heiser, doch sie vernahm keine Antwort.
    Stattdessen entdeckte sie Spuren im Schlamm, allzu bekannte Schleifspuren, die auf einen Körper hindeuteten, der fortgezogen worden war. Die Spur begann – oder besser gesagt endete – direkt am Graben. Sie schluckte.
    „Wenn Yarik dort unten…“, doch sie führte den Gedanken nicht fort, wandte sich ab und suchte stattdessen jene Verbündeten, die hoffentlich noch lebten.

    „Chala!“, hörte sie Shakes Ruf, als sie sich der vermeintlichen Mitte des Platzes näherte.
    „Hier!“, krächzte sie und schlurfte mehr, als dass sie lief, auf den Jäger zu, der sich aus den Rauchschwaden schälte.
    Von Valerion fehlte noch jede Spur. Doch der Sumpfkrautbauer hielt einen allzu bekannten Stab in einer Hand. Chalas Vermutung schien sich zu bestätigen, dass Yarik am Grund des Grabens zwischen die Wurzeln gezogen worden war.
    „Wir haben es wirklich geschafft“, gluckste Shakes, der es nicht glauben konnte.
    „Ja, du hast tatsächlich getroffen“, erwiderte die Kriegerin ihrerseits ungläubig, lächelte dabei aber schwach, „Lass uns irgendwas finden, dass wir ins Lager bringen können.“
    Gemeinsam durchkämmten sie den ungewöhnlichen Schauplatz des Kampfes bis sie am Stamm des weißen Baumes angelangten. Es schien ein Wunder zu sein, doch die knorrige Rinde war vom Feuer unversehrt geblieben.
    „Wie kann das sein?“, fragte sich Chala laut.
    „Ich habe aufgehört mich derlei Dinge zu fragen“, gab Shakes zu und lief einige Schritte weiter, ehe er keuchte.
    „Was ist?“
    „Liam und Glaen“, presste der Jäger hervor, als die Kriegerin sich neben ihn stellte.
    Von den beiden Waldläufern war nicht mehr viel übrig. Die Flammen hatten ihre vom Pilz befallenen Körper fast vollständig verbrannt.
    Chala bückte sich nach den Gebeinen, holte eine eiserne Kette hervor, die sie an Glaens Arm gesehen hatte. Von Liams Kleidung war lediglich eine Brosche übrig, die entfernt an ein Wiesel erinnerte. Deformiert von der Hitze war es doch das Einzige, was sie mitnehmen konnten. Von Eileen war nach wie vor keine Spur.
    Neben den Überresten fanden sie auch eine der tiefroten Blüten, die dem Feuer größtenteils entkommen war. Schwarze Rußstreifen zogen sich dort über die Blätter, wo der Pilz gehaftet hatte.
    „Reicht das als Trophäe?“, fragte se an Shakes gewandt, der nur die Schultern hob.
    „Besser als nichts.“
    Die Aranisaani steckte die beiden Mementos ein und hob die Blüte hoch. Dornen befanden sich am kurzen Stück des Stängels, die sie vorsichtig umging.

    „YARIK? VAL, WO SEID IHR?“, schrie Shakes plötzlich, dem die Emotionen beim Anblick der gefallenen Gefährten durchzugehen schienen.
    „ICH BIN HIER“, kam tatsächlich eine Antwort und Chala zuckte zusammen, als Valerion durch den Rauch zu ihnen stieß.
    Er wirkte unverletzt, doch sein Schwert wirkte äußerst mitgenommen. Zorn flammte in ihr auf, als sie den Mann erblickte, der sie im wichtigsten Moment verlassen hatte.
    „Wo warst du, verdammt!“, schrie sie ihn an, machte einen Schritt auf ihn zu und wollte ihm antun, was die Ranken leider versäumt hatten.
    Doch ihr fehlte die Kraft. Zu ausgelaugt war sie gewesen, dass sie selbst nicht dann widersprechen wollte, als Valerion vorschlug den Rücktritt anzutreten. Fort von diesem verfluchten Ort, der ein Grab für jene geworden war, die mit ihnen aufgebrochen waren.

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

    Chala blickte zu Shakes, der neben ihr am Feuer saß. Er war eingenickt, das Kinn auf der Brust. Zu ihrer anderen Seite saß Valerion, der die Augen geschlossen hatte, Selana – die echte – im Arm. Sein Breitschwert lag neben ihm, lugte ein Stück aus der Scheide. Erste Rostflecke waren zu sehen, ein Zeugnis der Feuchtigkeit des Sumpfes und der Geheimwaffe des Haudegens, der stolz erzählt hatte, wie er Salz auf die Klinge gerieben hatte. Hoffentlich konnte die Klinge gerettet werden.
    Der Blick der Kriegerin wanderte zu Wildkatze, welche sie in ihrer Scheide auf ihrem Schoß hütete. Sich selbst mochte sie nicht gewaschen haben, doch der feine Stahl hatte nicht warten können. Sie hatte ihre treue Waffe vom Schlamm befreit und etwas Öl bei der Ausrüstungsausgabe bekommen. Rost war der ärgste Feind für das wohl wichtigste Werkzeug einer Kriegerin.
    Neben ihr lag der Blütenkopf, den sie am Morgen präsentieren wollte, zusammen mit den Mementos von Liam und Glaen. Doch nicht mehr diese Nacht, denn ihr war nicht nach einem Gespräch und Erklärungen zumute gewesen. Schnurstraks an jenen wenigen Leuten, die sie begrüßt hatten, war sie vorbeigezogen.
    Sie nahm einen letzten Zug von ihrem Sumpfkraut, inhalierte den betäubenden Qualm und warf den Stängel in die Flammen des Lagerfeuers, ehe sie sich erhob. Sie würde nicht noch einmal am Feuer einschlafen. Ihre letzten Gedanken galten Yarik und Eileen.
    Geändert von Chala Vered (07.05.2024 um 22:24 Uhr)

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    Schwertmeister Avatar von Onyx
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    Zentrale Tempelanlage, 4. Tag, früher Nachmittag - eine Menge Leute aus zwei Kommandos

    Diese Jagd barg so viele Feinde und Monster, dass Onyx sich fragte, wie sie so blind sein konnten?
    Wie sich diese Wesen verbergen konnten und sie nichts sahen oder sehen wollten?
    Es stimmte etwas nicht. Etwas war hier, dass sie noch nicht verstanden und es würde bleiben und neue Monster hervorbringen, solange sie nicht die Quelle fanden.
    Sein Blick schweifte zur Tempelruine und seinen Erinnerungen. Erinnerungen an manche Abenteuer in diesen und vor allem den Gängen darin, die niemand bisher erforscht hatte.
    Sie hatten nichts weiter wie Glück damals gehabt und Minecrawler gegessen. Aber viel fanden sie nicht heraus - außer, dass die Tempelanlagen miteinander verbunden waren.
    Nein, sie wussten nichts und sahen nicht viel. Das würde so in Zukunft nicht klappen. Irgendwann wären sie nicht mehr genug, um sich zu wehren. Lösungen mussten her, doch Onyx sah sie noch nicht. Nicht einmal eine große Armee würde mit den Gängen unter dem Sumpf klar kommen.
    Also alles dicht machen? Wie viel Aufwand das wäre und was, wenn es irgendwann doch nicht so dicht wäre und dann alles auf einmal rauskommen würde? Es war schwierig gute Gedanken zu finden und erst recht nach seinen Kämpfen in den letzten Tagen. Ein Thing wäre wohl die bessere Lösung. Mit allen.

    “Hässlich…”, bewertete Onyx den Klumpen Fleisch, der entfernt an eine viel zu große Fledermaus erinnerte.
    Damit würden sie zu diesen hässlichen Wesen, das das Kommando des Jadewolf erjagt hatte, zusammen drei neue Trophäen in das Basislager bringen. Mit dem Tausendfüßler und der Sumpfhexe wären das schon fünf Trophäen für das Waldvolk und womöglich waren es schon mehr.

    “Wie damals wir zahlen viel…”, mischte er sich in das Gespräch zwischen Kjal, Ricklen und Frejya mit ein, die über die Trophäen sprachen und die Gruppe um Boss Ryu über Wroooots Ende informiert hatten.
    “Es ist eine verfickte Auslese oder einfach gesagt ein Glücksspiel. Selbst der Gewinner verliert. Und wir haben schon genug verloren.”, sagte Ricklen. Onyx brummte zustimmend. Die Krötenwurz wirkte immer noch an und würde es bis morgen mindestens. Sein Timing war heute besser damit gewesen.

    “Wir beenden diese Jagd und dann müssen wir einen Weg finden, dass diese Wilde Jagd nicht mehr stattfinden kann. Ich will das nicht mehr. Das ist keine Zukunft.”, meinte Jilvie und hatte sich abmarschbereit gemacht.
    “Und wie? Da ist dieser Herr des Sumpfes und sein Lakai. Die haben scheinbar Spaß daran und machen die Regeln. Wir stehen da wie die Lämmer.”, entgegnete ihr Hjarti.
    “Dann muss er und der Maskentyp weg. Fertig.”, sagte Ricklen und gab das finale Zeichen für den Aufbruch.

    “So einfach ist das nicht. Fragt Jadewolf mal danach. Er weiß viel über die beiden und ihre Rolle für Tooshoo und das Gebiet selbst. Es ist kompliziert.”, sagte Kjal.

    “So wie der Beziehungsstatus jeder zweiten Frau des Waldvolkes.”, sagte Hjarti und stemmte ihre Trophäe in die Höhe.
    “Ihr haltet jetzt die Klappe. Alle. Du erst recht Hjarti. Wir wissen alle, wieso dich Turya bei uns wieder abgegeben hat. Ich will dein Gejammer darüber nicht hören und du Kjal fragst nicht danach. - Fridtjof und Kjal bilden die Vorhut. Jilvie und Hjarti die Nachhut. Rest - und damit sind auch der Hauptmann und Herr Griffin gemeint - folgt meinem Schritt. Im Basislager gibt es was zu essen und Ruhe. Bis dahin konzentrieren wir uns darauf sicher und heil dahin zu kommen. Ab ins Basislager!”, dirigierte Ricklen und es ging tatsächlich los. Es war mittlerweile Nachmittag und bei gutem Tempo würden sie heute das Basislager wohl vor Sonnenuntergang erreichen.
    Für Onyx ein seltsames Gefühl bald auf alle dort zu treffen.

  16. Beiträge anzeigen #116
    Fischjägerin Avatar von Larah
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Östliche Tempelruine, Tiefe Sümpfe

    Dritter Tag der Wilden Jagd, Abend

    Larah verlor stetig an Boden.
    Die weiblich anmutende Skorpionkreatur vor ihr unterschied sich signifikant von den anderen - und das nicht nur, weil sie offenbar eine Vorliebe für Geschmeide hatte.
    Sie hatte acht Beine und Scheren wie ein Krebs. Dadurch war sie nicht nur um einiges standfester, als die kleineren, scheinbar männlichen Exemplare. Nein, mit ihren massiv gepanzerten Scheren war sie in der Lage, die Stich- und Hiebattacken der Hellebarde abzuwehren und wirkungslos verpuffen zu lassen. Zudem musste Larah die Geschwindigkeit ihrer Angriffe enorm hoch halten, um ihre Gegnerin soweit auf Abstand zu halten, dass diese sie weder mit den Zangen noch mit ihrem Stachel treffen konnte.
    Wenn das so weiterging, würden die Arme und Beine der Gortharerin alsbald müde werden, ohne dass sie einen richtigen Angriff anbringen konnte. Sie würde langsamer werden, eine dieser Scherenzangen ihre Waffe zu fassen bekommen und ihr aus den Händen reißen. Dann würde das Biest den Abstand zu ihr verkürzen und sie - bewaffnet nur mit ihrem Dolch - wäre den Angriffen der Zangen schutzlos ausgeliefert – vom wie eine finstere Drohung über allem schwebenden, giftgeladenen Stachel am Hinterleib der Skorpionkreatur gar nicht zu sprechen.
    Gehetzt sah sie sich um. Die Säulen waren zu weit weg und, wenn Larah sich zu weit von ihrer Gegnerin entfernte, war die Gefahr zu hoch, dass diese ihren Kameraden in den Rücken fiel, statt ihr zu folgen. Es gab hier nichts in der Umgebung, dass sie nutzen konnte wie zuvor den Torbogen, nichts, um sich eine bessere Position zu verschaffen und so die Oberhand zu gewinnen.
    Irgendwo entfernt links von ihr drang das stete Prasseln von Wasser, das durch eine der Lücken in der Decke herabfiel, an ihr Ohr. Doch auch das war zu weit weg. Da konnte sie auch gleich versuchen, die Skorpiondame aus dem Tempel und anschließend ins Meer zu locken. Frustriert rollte Larah innerlich mit ihre Augen.
    Moment Meer… Bei Adanos, warum war ihr das nicht früher eingefallen?

    Mit einem sich auf ihrem Gesicht ausbreitenden Lächeln, zog Larah den Trumpf, den sie die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt hatte. Mit einer flinken Bewegung ihrer rechten Hand löste sie die Schleife, die das Netz bislang wie eine Schärpe um ihren Rumpf zusammengerollt gehalten hatte und zog es ruckartig von ihrem Oberkörper.
    Noch einmal stach sie mit der Hellebarde in ihrer Linken flüchtig nach der weiblich anmutenden Skorpionkreatur, um sie einen Moment länger auf Abstand zu halten. Dann nahm sie den Schwung mit, holte mit der Rechten aus und schleuderte das Netz auf ihre Gegnerin. Gekonnt breitete sich das Seilgeflecht im Flug aus und bewegte sich in zügiger Rotation um die eigene Achse auf ihr Ziel zu.
    Die Skorpiondame schien sichtlich überrascht, riss ihre Hände und Zangen vor sich.
    Noch bevor das Netz sich gesenkt hatte, setzte Larah bereits zum zweiten Schlag an und eilte im Sturm an der abgelenkten Kreatur vorbei, holte erneut aus - diesmal beide Hände an der Hellebarde - und traf mit voller Wucht den schwanzartigen Hinterleib. Auch wenn sie den Schanz nicht völlig abzutrennen vermochte, drang die Barte tief ein. Die Kreatur schrie unartikuliert, aber unzweifelhaft schmerzerfüllt und bäumte sich auf.
    Larah riss ihre Hellebarde unter dem nun nutzlos herabhängenden Stachel hervor und fuhr herum. Für wenige Schritte zog sie sich seitlich von ihrer Gegnerin zurück, bevor sie sich - die Waffe nun wieder schützend vor sich - ihr erneut zuwandte.
    Das Netz hatte seinen Zweck mehr als erfüllt. Mit schmerzverzerrter Grimasse versuchte ihr achtbeiniges Gegenüber erfolglos mit ihren Händen, ihre Zangen und ihren reich geschmückten menschenähnlichen Oberkörper und Kopf aus den Maschen zu befreien, in denen sie sich und ihre Gliedmaßen in ihrer Aufregung und Überraschung anständig verheddert hatte.
    Larah fackelte nicht lange. Erneut nahm sie Schwung und rammte mit aller Kraft die Stoßklinge ihrer Hellebarde nach vorne. Mit einem letzten erschreckten und wütenden Aufschrei, der in ein gedämpftes Gurgeln abglitt, entwich das Leben der dämonischen Skorpionkreatur aus ihrem aufgespießten Leib.
    Geändert von Larah (09.05.2024 um 18:40 Uhr)

  17. Beiträge anzeigen #117
    General Avatar von Yared
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    Auf dem Weg zu Melfords Grubenfalle, nördlicher Sumpf

    Dritter Tag der Wilden Jagd, Abend

    Sie rannten, Melford und Yared vorneweg, hinter ihnen der schnaubende wütende Hirschtroll.
    Über Stock und Stein, kleine Erhebungen mit Sumpfgras und trübe Pfützen ging es, den breitesten Weg Richtung Fallgrube, den die beiden gelernten Militärhandwerker im Voraus hatten auskundschaften können.
    Doch die dreiäugige Perversion eines Geweihträgers war nicht lahm genug und kam langsam, aber stetig unaufhaltsam näher. Sie waren nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt, aber bei dem Tempo, das sie beide gerade so aufrecht erhalten konnten und der Hirschtroll nachlegte, würde er sie in wenigen Schritten erreicht haben.
    Yared hatte zwar einen der Hinterläufe zweimal getroffen, doch der Effekt erwies sich leider nicht also so nachhaltig, wie der Armbrustbauer es sich erhofft hatte. Der Hirschtroll hinkte definitiv und war sichtlich verlangsamt, allein, weil die Bänder und Muskelstränge des Hinterlaufs beschädigt waren und die herausragenden Bolzen sich leicht im Unterholz verhakten und Sumpfvegetation mit sich rissen. Doch darüber hinaus schien es das monströse Hirschungetüm nicht zu interessieren, warum es seine Hinterläufe nicht gänzlich belasten konnte. So preschte es verstärkt mit den Vorderläufen voran und empfand offenbar gar keinen Schmerz. War auch dieses Monster nicht einfach nur ein besessenes und zu groß geratenes Tier, sondern wie die Goblins, denen Larah und der Kapitän auf dem Weg vom Strand zur Jagdkommandantur über den Weg gelaufen waren, ein untotes Wesen?
    Nun vielleicht konnte dann Innos‘ Licht helfen.
    „Er holt uns gleich ein.“, rief er Melford zu, „Lauf weiter! Ich versuche, ihn aufzuhalten.“
    Yared begann sein Lauftempo stetig zu verlangsamen und streckte die Hände vor sich. Er wusste, dass er den anstürmenden Hirschtroll unmöglich würde aufhalten können, schon gar nicht mit Schild und Falchion, auch wenn er kurz darüber nachgedacht hatte. Allerdings stand er auch nicht wehrlos da, um fatalistisch sein Schicksal zu erwarten.
    Der Paladin begann seinen Gott anzurufen. Er pries seinen Herrn, der ihn auch in dieser Situation nicht allein ließ, in seinem Herzen und stumm, nur die Lippen bewegend. In der Luft schwebend vor seinen Handflächen entstand ein fahler Schein, dann ein Glitzern, ein Leuchten. Immer mehr ballte es sich zusammen zu einer strahlenden Kugel. Immer mehr der Energie, die er von seinem Gott empfing und die ihn stärkte ließ er in den Lichtball strömen, presste sie zusammen, verdichtete sie, sodass sie immer heller strahlte. Dann hatte er das Gefühl, dass ihm sein Herr Weisung gab, dass es genug war.
    Schlagartig blieb Yared stehen, drehte sich zu ihrem Verfolger um und stellte sich vor, wie die Lichtkugel vor seinen Händen sich ausdehnte. Und das Licht Innos dehnte sich aus, aber statt in einem gleißenden Lichtblitz zu explodieren, so die drei Augen des Hirschtrolls zu blenden und den beiden Lockvögeln das heile Entkommen zu ermöglichen, fanden sie sich plötzlich inmitten einer leuchtenden Halbkugel aus magischem Licht wieder, die sich wie eine Kuppel über sie spannte. Keinen Augenblick später krachte das Ungetüm mit voller Wucht dagegen und … prallte zurück. Irritiert schüttelte der Hirschtroll sein Haupt samt Geweih und stierte aus allen drei Augen auf die durchscheinende Wand vor ihm, die ihn so unvermittelt von seiner Beute trennte.
    Yared spürte einen schwachen Nachhall des Aufpralls in seinen Armen.
    Moment, wieso umhüllte die Kugel sie beide? Müsste Melford nicht bereits genug Abstand zu ihm haben?
    „Ich hatte doch gesagt, lauf weiter!“ , zischte er.
    Der Paladin zog ungläubig die linke Augenbraue hoch und starrte seinen Kampfgefährten an, der grinsend neben ihm stand. Zwischen seinen Händen schwebte eine Lichtkugel, ähnlich der Yared selbst sie gerade eben noch beschworen hatte – oder geglaubt hatte zu beschwören.
    Doch er hatte nicht lange Zeit Melfords verhalten zu bewerten oder gar zu kommentieren. Schon sah er in den Augenwinkeln, dass der Hirschtroll sein Geweih gesenkt hatte und es mit aller Kraft gegen Yareds magischen Schild drückte.
    Qualm stieg von dem unheiligen Horn auf, doch das untote Ungetüm ließ nicht locker. Der Paladin spürte, dass er weiter göttliche Kraft in den Schild fließen lassen musste, doch er fand es immer schwerer sich darauf zu konzentrieren. Er hatte bereits für diesen Schutzzauber viel Energie gebraucht und ein Großteil war offenbar durch den gewaltigen Aufprall der massigen Bestie aufgebraucht worden. Einzeln schoben sich die glühenden Enden seines Gehörns durch die immer schwächer werdende Barriere.
    Melford und Yared wichen ein zwei Schritte innerhalb der Kuppel zurück.
    Dann kam das ganze mächtige Geweih hindurch. Der magische Schild brach zusammen und zerging wie weiß glühende Nebelschwaden. Der verrottende Bast an den Enden des Hirschtrollgehörns glomm noch immer. Dafür hatten die beiden jetzt allerdings keine Aufmerksamkeit, denn vor ihnen erhob sich nun langsam der Kopf mit den drei Augen, die Nüstern der Schnauze nicht mal mehr eine Armlänge entfernt von ihnen.
    Die drei Augen zum Sturmangriff und beim Durchdringen des Schildes aus Instinkt geschlossen öffneten sich. Yareds Rechte fuhr nun doch zum Falchion an seiner Seite doch der Hirschtroll hatte plötzlich überhaupt keine Augen mehr für den Baumeister und den Sappeur. Seine eingefallenen Augenhöhlen folgten nur noch der kompakten Lichtkugel, die Melford wie ein freches Irrlicht vor seinen Nüstern kreisen ließ.
    Der Baumeister hatte sie ihm entgegengeschickt, vielleicht in der Hoffnung, dass das Licht die Augen blendete, bevor er sie richtig wahrnahm? Yared hatte keine Zeit seine Vermutung abzuwägen. Sie mussten hier weg und das war ihre Chance.
    Eilig griff er seinen einstigen Sippenbruder am Arm und zog ihn zwischen die Sumpfzypressen, vorsichtig darauf achtend, dass sie nicht über eine Wurzel stolperten und Melford die Konzentration einbüßte. Der hielt seine Augen und die rechte Hand weiterhin auf die Lichtkugel gerichtet, die er vor der Bestie in der hereinbrechenden Dunkelheit tanzen ließ.

    Mehrere Augenblicke standen sie bereits geduckt im Schatten der bis zum Boden reichenden dichten Zweige und Blätter der Zypressen. Genauso gebannt, wie sie auf den Hirschtroll starrte dieser immer noch auf das Licht vor ihm. Irgendetwas fesselte seine Aufmerksamkeit vollständig. Vielleicht war er auch noch durcheinander vom Aufprall auf den magischen Schild. Yared konnte es sich nicht genau erklären.
    Jedenfalls schien der untote Hirschtroll von Melfords Licht angezogen wie eine Motte.
    Stumm tauschten die beiden Jagdgefährten Gesten und Zeichen aus. Yared mit den Händen, Melford nur durch Nicken und Kopfschütteln, seine Hände immer noch auf das kontrollierte Licht gerichtet.
    Sie brauchten nur einen Moment um sich zu verständigen.
    Zügig aber ohne zu rennen bewegten sie sich im Schatten der Bäume weiter.
    Für einen kurzen Augenblick schien sich der Hirschtroll zu besinnen und wollte sich umsehen, als Melford seinen Lichtkugel in Bewegung setzte. Sofort hatte sie wieder alle Aufmerksamkeit. Es schien fast, als würde das untote Ungetüm die Welt nicht stofflich, sondern mehr die Energieströme des Lebendigen um es herum wahrnehmen. Vielleicht zog ihn das magische Licht, das auf dieser Ebene gerade alles im Umkreis bei weitem überstrahlen musste, so im wahrsten Sinne des Wortes magisch an.
    Der Druidenlehrling ließ das Licht vorangleiten erst langsam, dann zunehmend zügig, so schnell es ging, ohne es aus den Augen zu verlieren, und so, dass sie beide hinterherkamen.
    Der Hirschtroll folgte dem Licht, wie eine Katze einer Maus hinterhertollte.
    Zeitweise ließ Melford das Licht schweifen, tanzen oder um das Ungetüm Kreisen, damit sie sich an ihm vorbei bewegen konnten. Dann bewegte er das Licht weiter.
    Mehrfach versuchte der Hirschtroll danach zu schnappen oder mit seinen Pranken zu schlagen, doch er war stets zu langsam.
    Yared erlaubte sich trotz seines bis zum Hals von der Aufregung klopfenden Herzens aufzuatmen. Ob das lang genug gut ging?

    Sie hatten Glück. Wenig später erreichten sie die Fallgrube.

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    Ritter Avatar von melford
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    Nahe Tooshoo - Grubenfalle - 3. Tag, Abend - Yared und Melford

    Melford hatte keine Ahnung warum es funktionierte. Er war nur froh, dass sein magisches Licht in der Lage war die volle Aufmerksamkeit des Troll-Hirsches auf sich zu ziehen, wodurch es nun der leuchtenden Kugel folgte, anstelle Yared und ihn durch den Wald zu jagen. Unvorsichtig wurden die beiden Gefährten aber keineswegs, war es doch ein gefährliches Spiel das nur durch Melfords Konzentration aufrecht erhalten wurde. Zum einen musste er die Lichtkugel konstant wirken, zum anderen in einer Art und Weise vor den Augen des Ungetümes hin und her schweben lassen, so dass es in seinem Trance-artigen Zustand verweilte. Ohne es nur ein einziges Mal auszusprechen, wussten beide genau in welch prekärer Situation sie sich nun befanden. Und beide taten ihr Bestes, um sich gegenseitig bei diesem wahnwitzigen Unterfangen zu unterstützen, um heil aus der Jagd herauszukommen.

    Als sie an der Falle ankamen lockte Melford das Monster zum Eingang, der zum Glück groß genug für die gewaltige Bestie war. Yared nahm seinen Platz gegenüber am anderen Ende ein und gab dem Baumeister das Zeichen, dass er bereit war den Mechanismus jederzeit zu betätigen. Der Plan sah vor, dass einer von beiden mit dem Troll-Hirsch in die Grube rannte, um dann an der anderen Seite durch den schmalen Tunnel zu flüchten und zu entkommen, während des Ungetüm von schweren Baumstämmen nieder geknüppelt wurde. In Anbetracht des schlammigen Untergrundes, der eine solche Flucht sehr erschweren würde und des derzeitigen Vorteiles durch das magische Licht, entschied sich Melford dazu von der ursprünglichen Idee abzuschweifen.
    Vorsichtig lief der Myrtaner außen am Rand der Grube entlang während er die Lichtkugel weiter vor dem Troll-Hirsch hin und her schweben ließ. Während er sich selbst in eine geschütztere Position brachte, lockte er das Ungeheuer den Eingangspfad hinunter zur ausgeschachteten Grube. Hier sank das schwere Biest mit seinen Pranken im Schlamm ein, ließ sich aber davon nur wenig stören, während es weiterhin fasziniert das Licht betrachtete, welches unerreichbar über ihm schwebte. Fast schon verspielt versuchte es nach der hellen Kugel zu greifen und zu schnappen. Und während Melfords Herz immer heftiger vor Anspannung pochte und das Biest schließlich das Zentrum der Grube erreichte, gab es plötzlich ein lautes Knacken. Alsbald gaben alle acht Stämme ein unheimliches Knarzen von sich bevor sie eines nach dem anderen umkippten. Das magische Licht erlosch, als der Baumeister den Mechanismus seiner Falle nach all den Wochen harter Arbeit endlich in Aktion sah, nachdem Yared ihn genau im richtigen Moment betätigt hatte. Während das Ungetüm sich verwirrt umsah, schaute Melford zu wie ein Stamm nach dem anderen kippte und in Richtung Grube fiel.

    Die ersten Fünf Stämme fielen fast zeitlich um und schlugen mit einem dumpfen Knall auf den Körper des Monsters ein, welches erschrocken und wütend aufschrie. Schlag um Schlag wurde es tiefer in den schlammigen Untergrund gedrückt und schien sichtlich Mühe zu haben sich zu bewegen und der schweren Last zu erwehren. Der sechste Stamm streifte den Kopf und ließ das Ungetüm unter einem unheimlichem Gebrüll in den Morast sinken. Im Todeskampf mit dem Schlamm und den massiven Stämmen bäumte sich der Troll-Hirsch wütend auf und vermochte einige der Stämme von sich zu schütteln und rutschen zu lassen. Ein siebter dumpfer Knall ließ Melford aus seiner Faszination erwachten, war ein weiterer Baum gerade unweit von ihm in die falsche Richtung gekippt. Hätte er nur wenige Meter weiter drüben gestanden, wäre es das wohl für den ehemaligen Belagerungsmeister gewesen! Sich der Gefahr bewusst werdend, schaute er zum letzten der Stämme hinüber und stellte verärgert fest, dass dieser noch nicht umgefallen war und noch sehr unentschlossen wackelte. Die Ausbesserungsarbeiten, die sie vor der Jagd an der Falle vorgenommen hatten, schienen wohl nicht so gründlich gewesen zu sein, wie sie es hatten sein sollen. Kurzentschlossen rannte Melford zum letzten noch stehenden Stamm hinüber und begann ihn in Richtung Grube zu drücken. Er hatte damit kaum begonnen, als plötzlich ein bekanntes Surren durch die Luft ging, gefolgt von einem klagendem Aufschrei. Yared hatte die Gelegenheit genutzt, um mit seiner Armbrust einen Treffer zu landen. Unbeirrt hielt der Baumeister weiter gegen den Stamm und stemmte sich mit aller Kraft gegen diesen. Der Untergrund gab war noch immer rutschig, doch das Knacken des Holzes gab kund, dass seine Anstrengungen Wirkung zeigten. Schließlich fiel auch dieser und versetzte dem Ungetüm einen heftigen Schlag, der es endgültig zu Boden zwang.
    Blickkontakt suchend und sich zunickend rutschten die beiden Militärhandwerker die Wände der Grube hinab und landeten im Schlamm. Der Troll-Hirsch wehrte sich noch immer und rang mit dem Tod, doch drückten die Baumstämme es bereits so sehr nach unten, dass es Schwierigkeiten hatte den Kopf über dem Schlamm zu halten. Es war eine heikle Lage, doch es würde sich keine bessere Situation mehr ergeben als jetzt, um den letzten Todesstoß zu setzen. So zogen beide ihre Schwerter, wateten durch den Schlamm und holten aus. Ein letztes klagendes Gebrüll, als die Falchions tief ins Fleisch eindrangen und dann sackte das Monster zusammen und sank in den Schlamm.

    Die beiden Handwerker wateten zum Rand der Grube, während sich die Lage langsam entspannte. Während das Monster im Morast versank und die Stämme träge vom Körper rutschten, schauten sich die beiden Männer nur an und Lachten. Sie hatten es geschafft!
    „Das wird ewig dauern das Biest aus dem Schlamm zu ziehen. Ich hab jetzt schon keine Lust mehr!“, meinte Melford während er sein Schwert so gut wie möglich am Mantel sauber wischte, um es dann weg zu stecken. Dann schaute er zu Yared hinüber und meinte:
    „Ich denke wir sollten so bald wie möglich anfangen. Nicht, dass die die Jagd ohne uns beenden, während wir noch immer an unserem Fang zu beißen haben!“
    Geändert von melford (08.05.2024 um 19:42 Uhr)

  19. Beiträge anzeigen #119
    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Östlicher Tempel, Abend des dritten Tages

    „Paps! Paps, geht’s dir gut?“
    Nein, das konnte er wirklich nicht behaupten. Das Gift von Yakumama, so wenig er nur davon abbekommen hatte, lähmte seine gesamte linke Schulter und machte ihm das Atmen schwer. Dazu kamen die Nachwirkungen ihres lähmenden Blickes, die jeden Versuch, sich aus der ungewollten Umarmung mit der Riesenschlange zu lösen, im Keim erstickt hatten.
    „Hmmmm…“
    Jemand packte seinen Körper und zog ihn aus dem Knäuel heraus. Maris blickte in das Gesicht von Seamus.
    „Na, Kumpel? Kleines Nickerchen gemacht, während wir die Arbeit erledigt haben?“
    „Haha… witzig…“
    Seamus setzte ihn an eine Säule gelehnt ab und sammelte die anderen um ihn herum. Sie waren alle noch da, selbst Frank. Maris rang sich ein schwaches Lächeln ab.
    „Gut gemacht, Leute…“
    Runa stürzte hervor und fiel ihrem Vater um den Hals. Er ließ sich bereitwillig auf die Umklammerung ein, auch wenn sie schmerzte – nicht nur, weil er sich ohnehin nicht hätte wehren können, sondern weil er den Göttern, der Mutter und allen Mächten der Natur dafür dankte, dass ihr nichts zugestoßen war.
    „Hund hat’s erwischt“, brummte Seamus. „Frank hat sein Bein mit einem Pfeil durchschlagen.“
    Frank, der sich im Hintergrund zu Boden gesetzt hatte, wand sich peinlich berührt von seiner Tat.
    „Sana hat ihn notdürftig versorgt, aber keine Ahnung, ob er durchkommt.“
    Runa löste die Umarmung und sah ihrem Vater in die Augen.
    „Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, hörst du? Ich dachte, die Schlange hätte dich gefressen!“
    „‘Tschuldige, Kleines.“
    Yakumama regte sich im Hintergrund nur schwach. Sie war genauso unfähig, sich zu bewegen, wie Maris. Die beiden hatten sich gegenseitig ordentlich zugesetzt.
    „Kurze Pause, ja?“

    Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bevor er seine Glieder wieder weit genug unter Kontrolle gehabt hatte, um allein auf zwei Beinen zu stehen, doch seine Fähigkeiten und Erfahrungen mit Giften hatten ihm sicher dabei geholfen, schneller wieder auf die Beine zu kommen. Die anderen hatten in der Zwischenzeit ihre Blessuren versorgt und zusammengetragen, was sie nach dem Sieg hatten finden können. Larah hatte den Leichnamen der beiden Dämoninnen mit ihrer Hellebarde die Köpfe abgeschlagen, um sie als Beweis ihres Sieges mit zu nehmen, und sich das gold- und juwelenbesetzte Geschmeide gesichert, das ihre eigene Gegnerin an ihrem Körper getragen hatte. Auf Maris‘ Bitte hin hatte Seamus den Skorpionsleibern der Tempelwächter und ihrer Herrinnen die Giftdrüsen herausgeschnitten und die Waffen der Kreaturen aufgesammelt. Runa hatte indes ihr Erzmesser in einem Spalt zwischen zwei Bodenplatten aufgetrieben. Yakumama lag immer noch zusammengerollt in einer Ecke. Maris konnte es ihr nachfühlen, nach dem, was die beiden sich gegenseitig angetan hatten. Offensichtlich war sie zu der Einschätzung gekommen, dass nun, nach Ende des Kampfes, wieder Waffenstillstand herrschte.
    Frank sah aus wie ein Häufchen Elend. Kein Wunder, war er doch – genau wie Maris – zum Werkzeug der Dämoninnen geworden, betört von ihrer unwiderstehlichen Magie. Doch im Gegensatz zu ihm selbst hatte Frank seine Gefährten angegriffen und Hund verletzt. Sana hatte sich rührend um Hund gekümmert, bis der in einen erschöpften Schlaf gefallen war. Nun durchsuchte sie die dunkelsten Ecken der Halle und wühlte im Unrat, als hoffte sie, irgendetwas zu finden.
    „Runa, Seamus, helft ihr mir bitte zu Yakumama hinüber?“
    Maris lief auf seinen Schwager und seine Tochter gestützt hinüber zu seiner Kontrahentin, die sich langsam entrollte und ihren Oberkörper gerade so weit aufrichtete, dass sie die Menschen sehen konnte. Maris hob die Hand und bedeutete mit einer Geste, dass er ihr nichts tun wollte. Dann legte er die Finger auf die Schuppen der Riesenschlange und ließ seine Magie wirken, um eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen.
    „Ich bitte um Entschuldigung für den Bruch des Friedens zwischen unseren Lagern“, sprach er versöhnlich. „Hätte ich nicht unter dem Bann der Dämoninnen gestanden, hätte ich das nie getan.“
    Yakumama richtete sich etwas mehr auf und öffnete das Maul zu etwas, das wie ein Fauchen klang.
    „Als Friedensangebot sollst du einen der beiden Köpfe erhalten. Ein Unentschieden, wie ich schon sagte.“
    Yakumama sah auf ihn herab, doch sie regte sich nicht. Lange zögerte sie, und eine Welle der Missbilligung schwappte durch die magische Verbindung der beiden. Dann zischte die Schlange, wandte sich ab und schlängelte davon, langsam und hölzern. Sie hatte genug, und sie wollte das Friedensangebot nicht. Ob sie den Frieden jedoch abgelehnt hatte oder sich nur keine Beute zuschreiben wollte, die sie nicht selbst erlegt hatte, blieb unklar.

    „Da das mit Yakumama nun geklärt ist, könnt ihr bitte alle mal herkommen?“
    Maris hatte noch nicht wieder die Kraft, um zu rufen, doch sie kamen auch so alle. Alle bis auf Sana, die mit gesenktem Haupt vor einem Haufen aus Unrat kniete.
    „Zuerst einmal: danke. Danke, dass ihr zusammengehalten habt. Danke, dass ihr Frank und mich nicht angegriffen habt, als wir unter dem Bann dieser Viecher standen. Keine Ahnung, wie du das hingekriegt hast, Seamus, aber ich bin froh, dass es dich nicht erwischt hat.“
    Seamus lachte trocken auf. „Du kennst Aaliyah. Meine Angst vor ihrem Zorn durchbricht jeden Liebeszauber. Ich krieg schon Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.“
    Runa verpasste ihm einen Schlag gegen die Schulter. „Hey! Rede nicht so über Tante Aaliyah!“
    „Schätzchen, du hast sie noch nie erlebt, wenn sie sauer auf dich ist“, lachte Seamus. „Frag deinen Vater. Der weiß, wovon ich rede.“
    „Ich bin jedenfalls sehr stolz auf euch“, wechselte Maris das Thema, bevor auch ihn noch der nur allzu menschliche Schauer überkam. „Ich habe alles mitbekommen, während ich da lag und mich nicht bewegen konnte. Ich konnte die Ströme eurer Lebenskraft sehen, als ihr gekämpft habt. Euer Einstehen füreinander war toll. Und Runa, auf dich bin ich ganz besonders stolz. Einfallsreich und mit todesverachtenden, dämlichen ausgestattet – ganz wie dein Vater!“
    Ein Lachen hallte durch den alten, verfallenen Tempelsaal.
    „Nein, im Ernst: du warst großartig. Du hast mich vor Yakumama gerettet, und mit deinem Willen und Mut hast du eine Beute erlegt, von der die größten Krieger träumen. Der Säbel, mit dem du Skara erlegt hast, sollte deiner sein. Und Seamus, ich finde, du solltest den anderen nehmen.“
    „Nein Bruder, nimm du ihn“, entgegnete Seamus mit einem Lächeln. „Vater und Tochter mit Zwillingsschwertern ausgestattet, das hat doch was.“
    „Danke, Mann.“
    Seamus trat auf ihn zu und legte seinen Arm um ihn. „Kein Ding, mein Lieber. Hast es dir verdient.“
    „Und du, Frank!“ Maris sah zu dem dunkelhäutigen Hünen, der wie eine begossene Molerat zu Boden sah. „Dein Schuss hat Skara zu Boden gestreckt. Du hast zwar den Bogen verloren, den dir deine Mutter gekauft hat, aber ich finde, du hast dir diesen hier und die Pfeile dazu vollauf verdient.“
    Ungläubig sah Frank auf. „Wirklich?“
    „Es ist nicht deine Schuld, dass du von dem Zauber der Skorpionsfrauen verdreht wurdest. Und dank Runa hast du mit deinem Schuss den Unterschied gemacht.“
    Frank glotzte immer noch, als könne er Maris‘ Worten nicht glauben. Doch nach einigen Herzschlägen stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht.
    „Vielen Dank, Maris! Bist der Beste, Mann!“
    „Larah“, fuhr Maris fort, „du hast es allein mit einer von denen aufgenommen und den anderen den Rücken freigehalten. Du hast verdammt nochmal was drauf! Reicht dir das Gehänge, das du deinem Gegner abgenommen hast?“
    Larah bejahte.
    „Gut. Lasst mich noch kurz mit Sana sprechen, ja?“

    Sana saß immer noch über etwas gebeugt, das sie aus dem Schmutz gezogen hatte, als er an sie heran trat. Ihr Kopf war gesenkt, und ihre Schultern hoben und senkten sich in lautlosem Schluchzen. Dass sie eine gemarterte Seele war und eine tiefe Trauer in sich trug, war ihm schon lange klar gewesen. Doch das hier war anders. Sie hielt nichts mehr zurück.
    „Ich wollte mich bei dir bedanken“, sagte er. „Du hast meine Tochter gerettet. Das werde ich dir nicht vergessen.“
    Das Schluchzen erstarb. Sana schwieg, atmete einfach nur tief ein und aus. Dann regte sie sich doch noch.
    „Gern geschehen.“
    „Du bist schon einmal hier gewesen, oder?“, sagte er. „Möchtest du darüber sprechen?“
    Sana senkte den Kopf noch weiter und gab dem Gegenstand in ihren Händen einen Kuss.
    „Ich habe hier mein Herz verloren.“ Ihre Stimme war ein Flüstern. „Mein Ravi…“
    Sana wandte sich um und offenbarte ihm, was sie in Händen hielt. Es war ein kleiner Fuchs aus Holz. Ein Kinderspielzeug.
    Maris schloss die Augen. „Das tut mir so leid.“
    „Ich will weg von hier“, sagte Sana. „Weit weg…“
    Er nickte und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Natürlich. Frank wird Hund tragen. Wir werden ihn im Lager versorgen lassen. Das ist das Mindeste, was wir tun können.“
    Er wandte sich um und lief unbeholfen zurück zu den anderen.
    „Los geht’s. Ich kann es kaum erwarten, von hier weg zu kommen. Und dann brauche ist erstmal einen Tag Ruhe.“

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    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist gerade online

    Basislager, 4. Tag, früher Abend

    Spät am Abend war es, als Chala sich endlich aus der Bettrolle schälen konnte, die sie ungefragt in Beschlag genommen hatte. Irgendwie war sie letzte Nacht noch in der Lage gewesen, sich den gröbsten, getrockneten Schlamm vom Körper und der Kleidung zu tragen. Sauber konnte man ihren Zustand nicht nennen, doch es musste ausreichen, bis das Ende dieser vermaledeiten Jagd ausgerufen wurde. Sie war noch immer müde, ihre Muskeln schmerzten und ihr Rücken, wo sie erst von einem Zombie, dann von einer Ranke getroffen wurde, nur um schlussendlich in einen mehrere Schritte tiefen Graben zu springen und den Sturz mit eben jenem Rücken abzufangen, dankte ihr die Tortur mit einem Gefühl von Taubheit, das ihr etwas Sorgen machte.
    Mühsam quälte sie sich hoch, blickte an sich herab, vorbei an dem dünnen Leinenstoff, der ihre Brust bedeckte. Mehrere Schwellungen konnte sie sehen, ihr Arm, wo die Gans sie erwischt hatte, sah gut aus. Die Heilpaste hatte geholfen. Ihre Beine waren geschunden und ihre Füße wiesen Blasen auf. Probeweise wackelte sie mit den Zehen, spürte außer einem leichten Ziehen jedoch nichts.
    Langsam zog sie ihr Leinenhemd zu sich, zog es sich über den Kopf, ehe sie sich daran machte die einzelnen Teile ihrer Lederrüstung anzulegen und die Riemen zu befestigen. Es dauerte länger als sonst, doch das kümmerte sie nicht. Je länger sie im Zelt blieb, desto mehr Zeit hatte sie für sich. Doch als sie ihre Beinkleider mit ihrem Gürtel befestigte, war es das Zeichen dafür sich wieder hinaus ins Lager zu begeben.

    Die Sonne stand bereits tief und es fiel Chala schwer das emsige Treiben zu deuten, welches sich um die Ruine des Jägerturms abspielte. Ihr Blick suchte die Trophäen der Jagd und sie staunte nicht schlecht, als sie mindestens zwei weitere Zeugnisse einer erfolgreichen Jagd entdeckte. Ein riesiger Schädel, der verkohlt war und entfernt an einen massiven Oger erinnerte, der Glok wohl in die Tasche gesteckt hätte, wären sie aufeinandergetroffen, thronte neben einem im Vergleich winzigen Kadaver von etwas, für das die Kriegerin nicht einmal Worte fand. Klein, schwarz und hässlich trafen es wohl am ehesten.
    Sie schaute auf die rote Blüte in ihrer Hand und wieder auf, suchte den Kopf der Vettel, der ebenfalls auf einen Pfahl gespießt worden war. Im Vergleich dazu wirkte die Blume so harmlos, doch um sie zu bekommen, war weit mehr nötig gewesen - so viel mehr.
    Entschlossen steuerte die Aranisaani auf das Kommandozelt zu. Zuvor hatte sie es gemieden, da sie den wenigsten Leuten hier bekannt war und mehr in die ganze Sache hereingeraten war, als wirklich ein Teil davon zu sein. Doch die letzten vier Tage hatten ihre Ansicht dazu stark verändert. Ohne sich anzukündigen hob sie die Plane des Kommandozelts und stolzierte herein. Es war beinahe leer bis auf einen einzigen Mann, der über eine große Karte des Sumpfgebiets hockte, auf der sich mehrere Markierungen befanden. Dreiecke, Vierecke, Kreise, ausgefüllt, leer oder gestrichelt. Chala wusste mit der Symbolik nichts anzufangen, doch das spielte im Moment keine Rolle.
    „Du bist…“, begann jener, den sie soeben überrascht hatte.
    „Mein Name ist Chala. Ich war dem Jagdkommando von Liam zugeteilt“, unterbrach sie brüsk den vermeintlichen Anführer und knallte ihm die Brosche, welche einem Wiesel ähnelte, auf den Kartentisch.
    „Das ist sein Zeichen“, stellte der Mann fest und nahm das Stück Eisen mit zwei Fingern auf, „Also gut Chala. Du bist mir nicht bekannt. Mein Name ist Mertens und ich bin der…Anführer dieser Jagd, könnte man sagen.“
    Das Stocken in der Stimme Mertens‘ war ihr nicht entgangen, doch einen Grund dafür konnte sie nicht benennen.
    „Wie ist er gestorben?“, fragte der Waldläufer mit ruhiger Stimme, Resolution leuchtete in seinen Augen.
    „Das Gemüse hat ihn erwischt“, antwortete Chala und legte als nächstes die rote Blüte vor Mertens, „Das konnten wir bergen. Ranken und Blüten waren von einer Art schwarzem Pilz überwuchert. Erst, als wir das Zeug verbrannten, hörten die Angriffe und das Leiden auf“, erklärte sie tonlos.
    Sie konnte kaum fassen, wie sehr sie das Geschehene betroffen machte. Was war mit ihr los? Hatte der Nebel ihren Verstand nachhaltig verwirrt? Ihr kam das Gesicht von Empathie in den Sinn, ihr Gesicht, einen Ausdruck tragend, den sie sich nicht vorstellen konnte selbst aufzusetzen.
    „Das hier ist von Glaen“, fuhr sie fort und holte das eiserne Armkettchen hervor, „Eileen und Yarik waren ebenfalls mit uns dort, im südlichen Sumpf bei einigen Ruinen und einem seltsamen weißen Baum, der kein Feuer durch seine Rinde lässt. Doch wir fanden sie nicht. Lediglich den Stab Yariks, doch der ist noch bei Shakes.“
    „Shakes“, wiederholte Mertens nachdenklich.
    „Er hat mit einem Brandpfeil das Monster vernichtet, nachdem ich Öl darüber gegossen habe“, warf die Kriegerin ein.
    Shakes hatte es verdient, dass man von seiner Tat erfuhr. Er konnte jeden Sieg gebrauchen, genau wie sie selbst.
    „Valerion war auch noch dabei. Er ist größtenteils unverletzt und müsste sich irgendwo im Lager befinden.“
    „Ich verstehe“, meinte der Anführer nachdenklich und drehte die rote Blüte nachdenklich in der Hand, „Danke für deinen Bericht. Ich werde es den anderen mitteilen.“
    Die Dunkelhäutige nickte und verließ ohne Umschweife das Zelt. Essen, ein starker Schluck und ein Stängel Sumpfkraut standen als nächstes auf ihrer sehr kurzen Liste der Dinge, die sie am heutigen Tage noch zu erledigen hatte.

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