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Varant
„Uns nur möglichst kurz dort aufhalten“, antwortete Medin, während sie Lago hinter sich ließen. Vor ihnen erstreckte sich wieder die Weite der Wüste, an deren Nordende und den Gebirgsausläufern sie weiter nach Westen kommen wollten.
„Braga kontrolliert den Pass nach Myrtana von der varantischen Seite aus. Dort gibt es eine Garnison und damit potentielle auch Soldaten aus Vengard.“ Vor allem der ehemalige Oberbefehlshaber musste also aufpassen und möglichst wenig Aufsehen erregen. Am besten gab er sich ganz und gar als verhüllter Wüstenkrieger aus.
„In Lago meinte man, dass die Soldaten dort besonders nervös sind. Immer wieder gibt es Attentate und Angriffe von Aufständischen und die Zollmeister haben alle Mühe, um Schmuggelversuche über den Pass zu unterbinden. Ich glaube, neben den Stadttoren Vengards wird das der schwierigste Teil der Reise.“
Und wie gut ihre Chancen dafür standen, vermochte er derzeit nur schwer zu sagen. Mit Sicherheit wurden alle Personen kontrolliert, die über den Pass wollten, zumal wenn sie Schwerter trugen. Vielleicht würde es auch die eine oder andere Frage geben, in was für kämpferischen Auseinandersetzungen sich diese Rothaarige ihre Verletzung zugezogen hatte. Denn mit Armbrüsten waren ja meist nur Soldaten bewaffnet.
„Also Haltung bewahren!“, fügte er noch etwas spöttisch hinzu. „Wenn du willst, kann ich mir deine Rüstung auch mal genauer anschauen. Wäre doch ein Jammer, wenn sie in einem unverhofften Gefecht ihren Dienst versagt.“
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Al Shedim - Waldversammlung
"Ha, bei Adanos' Flauschebart, nicht wirklich!", lachte Maris, "Ich bin ein Nomade, kein Druide. Meine Waffen sind das Schwert und die Freundschaft zu den Leuten meines Volkes, nicht Pflanzen und Magie. Aber manchmal rutscht man eben ohne es zu wollen in die ein oder andere bizarre Geschichte hinein..."
Er überlegte stark, ob es ratsam war, Auswärtige in diesen Konflikt mit hinein zu ziehen, doch dann wurde ihm bewusst, dass er das schon längst getan hatte, als Suzuran und Cécilia mit ihm gekommen waren, um ihn mit ihrem Wissen um die Magie zu unterstützen - all seinen Beteuerungen zum Trotz wusste er natürlich ganz genau, dass er auch auf die Magie als Waffe vertrauen musste, wenn die Nomaden eine Chance in diesem Kampf haben sollten.
"Ach ich weiß schon, dass sie die ein oder andere Fähigkeit besitzen. Cécilia hat mir auch schon die ein oder andere Fähigkeit vermittelt, und Suzuran... sagen wir, ich habe schon gesehen, wozu sie imstande ist und was sie anrichten kann."
Erschaffen und zerstören... niemand verkörperte diesen Grundsatz für ihn so wie die oftmals so konfuse und harmlos wirkende Suzuran. Sie hatte das Band zwischen den Seelen von ihm und Marik geknüpft, sie hatte den Liger auch in Gestalt eines Panthers getötet. Suzuran war überhaupt erst die Ursache dafür gewesen, dass al-hamza wieder erwacht war und ihn in seine Dienerschaft gedrängt hatte.
Ein merkwürdiger, für die Nase eines Wüstenbewohners völlig unbekannter Geruch lenkte Maris einen Moment lang ab. Er war süßlich, geradezu verführerisch, und einen Moment lang fühlte der Nomade sich stark versucht, der Spur des Duftes bis hin zu seiner Quelle nachzugehen, doch war die Ablenkung genauso schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen war.
"Hast du das gerade auch gerochen?"
Wahrscheinlich hatten die Wassermagier wieder einmal irgendein merkwürdiges Experiment unternommen. Aus der Wüste konnte der fruchtige Duft ja kaum gekommen sein.
"Wie auch immer, vielleicht sind die beiden Mütter sich auch gar nicht so unähnlich. Ich habe sowieso begonnen, daran zu glauben, dass ihr Einfluss über die Wüste hinaus reicht. Vielleicht sind sie nur verschiedene Inkanationen ein und derselben Macht?"
Er lächelte bei dem Gedanken.
"Du musst mir diese Statue auf jeden Fall einmal zeigen, wenn wir wieder auf der Insel sind."
Auf die Frage nach der weiteren Planung hin musste Maris unweigerlich in Richtung des in der Dunkelheit weit entfernt verborgen liegenden Mora Sul blicken. Sie hielten sich schon wieder viel zu lange hier auf, doch er wusste nicht genau, wie lang Kayor Aaliyahs Dienste in Anspruch nehmen wollte und ob sie dann wieder hierher zurückkehrte. Dennoch wurde es wohl bald Zeit, aufzubrechen und die Befreiung Shakyors in Angriff zu nehmen.
"Ein Freund wird in Mora Sul gefangen gehalten. Wir wollen ihn befreien, doch vorher muss ich von seinem Begleiter wissen, was geschehen ist. Er ist irgendwo um Mora Sul herum, weil er nicht hinein gehen kann, aber an Shakyor gebunden ist. Erst werde ich ihn suchen, und dann gehen wir in die Stadt, um unsere Brüder zu treffen und einen genaueren Plan auszuarbeiten."
Leichter gesagt als getan. immerhin war Shakyors Begleiter ein Löwe und kein Mensch. Doch er hatte sich ja nicht ohne Grund Hilfe vom Festland mitgebracht...
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Al Shedim
Mit einer sanften Handbewegung ließ der Handerker das nun schmutzige Tuch über die Schwertklinge gleiten, steckte den Stoff dann in eine Tasche und betrachtete sein Werk mit kritischem Blick. Sonnenlicht wäre zwar besser gewesen, um alle Einzelheiten sehen zu können, doch das tanzende Licht einer Fackel schenkte seiner Waffe einen besonderen Glanz in der Dunkelheit. Die Politur konnte sich sehen lassen, doch all zu lange würde sie hier im Wüstensand nicht halten. Dass sich der feine Staub in jeder Ritze niederließ, hatte Melford bereits bemerkt und so war auch sein Schwert nicht davor gefeit. Für den Moment aber war der Kämpfer sehr zufrieden mit sich und seiner Ausrüstung. Es war eben immer ein gutes Gefühl zu wissen, dass man gut vorbereitet war, egal was auf einen warten mochte.
Das Gespräch der beiden Männer hatte Melford nebenbei mitgehört, teilweise absichtlich, teilweise zufällig, dass er zur richtigen Zeit sich den richtigen Ort gesucht hatte, um sich für die waffenpflege niederzulassen.
Dass es ab und an gut war, ein paar Informationen zu ergattern, zeigte sich auch dieses Mal. Denn wie es sich herausstellte handelte es sich hier um Druiden aus Tooshoo, die in den Al Shedimer Ruinen Rast machten. Manche Dinge, die die Beiden besprachen kamen dem Baumeister bekannt vor und weckten Erinnerungen, von anderen hörte er zum ersten Mal. Auf jeden Fall schienen sie aus dem Waldvolk anzugehören und unter dem Waldvolk half man sich untereinander…
„Entschuldigung,…“ mischte sich Melford in das Gespräch ein und rückte etwas näher zu den beiden heran. „tut mir leid, wenn ich euch störe, aber ich bekam nebenbei mit, dass ihr Leute vom Waldvolk in Tooshoo auf Argaan kennt?“ fragte er und versuchte dabei so vertrauenswürdig wie möglich rüber zu kommen. Ebenso wollte er nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und preisgeben, was er alles mitgehört hatte. Etwas angespannt war er schon, wusste er doch nicht, ob er alles richtig verstanden hatte und die Zwei ihm Wohlgesonnen waren. „Ich habe lange Zeit in Silden gewohnt und versuche wieder Kontakt mit ein paar Leuten aufzunehmen. Vielleicht könnte man sich gegenseitig ein wenig unter die Arme greifen?“
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In der Nähe von Braga
Medin wusste gar nicht wie sehr er ihr mit den Worten "Haltung bewahren" geholfen hatten durch diesen nicht enden wollenden Tag zu kommen, denn niemals hätte sie sich vor seinen Augen hingesetzt und aufgegeben. Egal wie sehr es schmerzte. Sie repetierte in ihrem Kopf Haltung bewahren und sie bewahrte die Haltung. Sie nahm abwechselnd Schnaps und Wasser zu sich und hielt sich so bei Laune. Es wurde Nacht, doch sie gingen weiter, bis sie sehr nahe bei Braga, aber noch ausser Sichtweite des Postens waren. Hier liess Medin halten und Redsonja argumentierte für einmal nicht. Sie war todmüde und ihre Brust schmerzte. Sie wechselte den Verband, dann setzte sie sich und kaute ruhig an ihrem Abendbrot.
"Was ist eigentlich aus deiner Familie geworden?"
Wollte sie dann plötzlich wissen.
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Al Shedim - Waldversammlung
Verdutzt blickte der Nomade den Mann an, der sich soeben als Sildener zu erkennen gegeben hatte, und verfluchte sich für seine Unvorsicht. Die Informationen, die er Bartimäus preisgegeben hatte, waren trotz aller Sparsamkeit an Hintergründen und Motiven doch ausschließlich für dessen Ohren bestimmt gewesen, und dennoch hatte der andere Mann, der am Tage der Ankunft von Bartimäus in Al Shedim erschienen war, sie offenbar problemlos belauscht. Maris durchkramte sein Gedächtnis nach dem Namen des Mannes, der sich bei seiner Ankunft vorgestellt hatte.
"Ähm... Melford, oder?"
Der Andere nickte.
"Eigentlich haben wir unter vier Augen gesprochen, aber ja, wir kennen einige Leute vom Waldvolk. In Silden war ich nur das ein oder andere Mal zu Besuch, aber zumindest Suzuran, die mich mit hierher begleitet hat, lebte dort auch."
Ob das auch für Cécilia und Bartimäus galt, konnte er gar nicht genau sagen - vielleicht hatten sie es einmal erwähnt, doch er konnte sich nicht daran erinnern. Dass Melford tatsächlich zum Waldvolk gehörte, glaubte Maris vorbehaltlos. Niemand würde das ohne Grund behaupten. Für diejenigen, die nie engeren Kontakt mit ihnen gehabt hatten, wirkte das Volk der Druiden und Waldläufer eher schroff und unfreundlich, ärmlich und uninteressant. Ganz ähnlich den Nomaden, wenn man näher darüber nachdachte.
Es war wirklich nicht zu fassen: alle, die in Al Shedim zu Besuch waren, gehörten dem Waldvolk an! Zumindest Melford und Bartimäus schienen sich nicht zu kennen, oder zumindest noch nicht erkannt zu haben, doch sie alle teilten den gleichen Blick auf die Welt. Konnte das wirklich noch Zufall sein? Vielleicht wollte es das Schicksal so, dass Nomaden und Waldvolk einmal mehr Hand in Hand arbeiteten. Und gerade in Anbetracht der Geschichte, die Shakyor ihm dereinst zum Erhalt des Löwensteins erzählt hatte, waren die beiden Völker sich vielleicht noch ähnlicher, als man es denken konnte.
"Unter die Arme greifen, sagst du? Wir sind nur wenige Männer, die sich gegen die Myrtaner stellen wollen, um unsere Freiheit zu behaupten, da kann ich so ein freimütiges Angebot wohl kaum ausschlagen. Bis das Schicksal uns allerdings wieder nach Tooshoo führt, könnte der Weg lang werden. Die schnellste Möglichkeit, Spuren des Waldvolkes zu finden, wird wohl sein, die alten Pilgerstätten hier auf dem Festland aufzusuchen."
An beide Männer gerichtet stellte er die Frage in den Raum:
"Wusstet ihr, dass Wald- und Wüstenvolk vor einigen Jahren gemeinsam zu wichtigen Orten des Gedenkens gepilgert sind? Vielleicht finden sich dort noch Spuren von Mitgliedern des Waldvolkes hier auf dem Festland."
Auch Maris selbst hatte dereinst an einer der Pilgerreisen teilgenommen. Sie hatte ihn an die Wasserfälle bei Silden geführt - doch das war schon so lang vergangen, dass es ihm geradezu unwirklich schien.
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Braga - Städtchen des Mauerns und des unvermittelten Setzens
"Das ist Kafa, einer der Schüler Ugrasals. Wir haben keinen Grund an seiner Treue zur hehren Sache zu zweifeln.", von weit her, so schien es, drang die Stimme an sein Ohr.
Arvideon versuchte die Augen zu öffnen. Sie schienen irgendwie seltsam verklebt. Der Gnom nahm die Hände hervor und rieb sich den Schmand aus den Augen, der sich aus Tränenflüssigkeit, kaltem Schweiß wohl auch etwas Nasensekret und Staub dort gesammelt hatte und nun seine Wimpern zusammenhielt.
"So meinst du? Denk daran, dass sein Lehrmeister es war, der den Bund an Zuben verriet. Und du weißt doch, wer einmal Verrat begangen hat ..." Das war eine andere Stimme. Beide waren männlich, beide sprachen Varantisch.
Arvideon vermochte immer noch nichts zu erkennen, doch langsam gewöhnten sich seine Augen wieder an das Tageslicht.
"Aber es war auch sein Lehrmeister, der im Kampf für Zuben starb, Zuben der Große, der uns Assassinen die Herrschaft über Varant schenkte. Er war der einzig würdige Nachfolger, ihm gehörte der Thron Gellon und Lukkors, nicht diesem rotbärtigen Usurpator.", antwortete die erste Stimme.
Der Adanosdiener auf Wanderschaft sah sich vorsichtig um, ohne sich zu bewegen. Leute, wie diese, die dort sprachen, verstanden keinen Spaß, wenn sie merkten, dass man sie belauschte - mochte es auch noch so ungewollt und rein zufällig sein.
Er lag in einem Haufen sandigen Seils hinter einigen Körben und Fässern, die einigermaßen tiefen Schatten und annähernd angenehme Temperaturen trotz der Mittagshitze boten. Rings um ihn erhoben sich die Mauern der angrenzenden Häuser. Das hier musste ein Hinterhof oder eine der schmalen Gassen sein. Arvideon war in Braga, soweit erinnerte er sich. Von irgendwo weiter im Norden drang der Lärm des Marktplatzes der Siedlung am Pass an sein Ohr heran.
"Nun gut, dann sende Fasim mit ihm. Bald werden wieder Assassinen die Wüste beherrschen." Offenbar war das Gespräch vorbei. Denn nach diesen Worten verschwanden drei paar eiliger Schritte in verschiedene Richtungen.
Was war nochmal los?
Achso, er hatte in seiner Allmacht Innos erdolcht. Endlich. Und dann? ... der kalte Entzug ... langsam erinnerte sich Arvideon. Der Giftmischer in Ben Erai hatte also Recht gehabt. Vermaledeites Krötengift.
Immerhin war sein Kopf jetzt klar, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Dafür hatte er einen wahrhaft grauenhaften Geschmack auf seiner adanosgesegneten Zunge.
Man konnte offenbar nicht alles haben ...
Geändert von Arvideon (13.07.2014 um 04:53 Uhr)
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Al Shedim
Suzuran? Der Name kam dem Baumeister sehr bekannt vor, doch sein Erinnerungsvermögen ließ ihn leider im Stich und so konnte er ihr leider kein Gesicht zuordnen. Die folgenden Worte des Nomaden fand Melford hingegen sehr interessant. Bisher hatte er nicht heraushören können, was die beiden Männer überhaupt vorhatten, doch ein Befreiungsschlag gegen die Innosler war wie Musik in seinen Ohren. Jede kleine Aktion konnte in dieser Hinsicht hilfreich sein, aber für eine endgültige Befreiung wäre sicher ein großer Bürgeraufstand notwendig. Und so etwas vom Zaun zu brechen war leichter gesagt als getan.
„Du meinst diese großen Pilgerreisen, die die Wassermagier unternommen hatten?“ fragte Melford und erinnerte sich, dass das Wüstenvolk vor einigen Jahren auch nach Silden gepilgert war. „Ja, das weis ich noch, aber selbst dabei gewesen bin ich nicht.“ Meinte er und lächelte abwinkend. „Spuren findet man sicherlich überall in Myrtana, wenn man weis wo man suchen muss und worauf man zu achten hat. Doch meine Suche bezieht sich mehr auf die Gegenwart und nicht auf Vergangenes.“ Erklärte er, wissend um die Geheimniskrämerei der Druiden und ihrer Kunst spuren zu verwischen und geheime Zeichen zu setzen. „Ich habe es nicht eilig nach Tooshoo zu kommen, ist es doch nur ein Dorf. Das Waldvolk selbst, findet sich überall.“ Sprach er mit einem leichten schmunzeln und blickte die Beiden an.
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Bald war es Zeit fürs Abendbrot. Wendas Mutter würde rufen, dessen war sich Viraya sicher. Aber bis dahin wollte sie noch etwas trainieren. Gleichzeitig versuchte sie sich den weiteren Verlauf der Geschichte auszudenken, die sie Gioja erzählen wollte. Sie hatte das noch nie getan und wusste auch nicht, was Kinder hören wollten. Gleichzeitig erkannte sie auch, dass es nicht gut war zu viel ihrer eigenen Geschichte darin zu verweben. Was, wenn Andreja sie wirklich aufspürte? Was würde dann mit diesen Menschen hier geschehen? Wahrscheinlich nicht viel. Andreja war nicht grausam, um grausam zu sein und sie vermied es irgendwelche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, schreckte aber im schlimmsten Fall auch nicht davor zurück, nachdrücklich nach Informationen zu suchen.
"Essen."
Kam es in dem Moment gerufen und Viraya steckte oliries Schwert ein.
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Die Bissen waren ihr beim letzten Abendessen nur schwer den Hals hinunter gerutscht. Sie fühlte sich hier wohl, doch seit Gioja sie erschreckt hatte, klemmte die Angst in ihr fest. Es war nicht die Angst zugeben zu müssen, dass ihr für das Ende der Geschichte nichts einfiel, sondern die Tatsache, dass es zu gefährlich war so lange an einem Ort zu bleiben. Nach dem Abendessen hatte sie also ihr Bündel gepackt und war nun dabei sämtliche Tiere ein letztes Mal zu tätscheln. Der Abschied fiel ihr schwerer als gedacht, denn es war ihr tatsächlich gelungen zu den Pferden eine Verbindung aufzubauen. Obwohl sie bei Menschen eher zurückhaltend war oder gerade deswegen. Dann ging sie zu Helena und Viktor. Sie verlor nicht viele Worte, bedankte sich aber aufrichtig. Markus fand sie nicht, also suchte sie erst Wenda.
"Ich muss wieder weiter. Leider habe ich inzwischen nicht gelernt zu reiten, doch weiss ich nun wie ich mich um mein Pferd kümmern kann. Das ist schon einmal ein Anfang." Sie lächelte. "Vielen Dank für alles." Fügte sie noch hinzu und blickte Wenda lange an und holte tief Luft. "Möchtest du nicht doch mitkommen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du den Rest deines Lebens auf diesem Hof verbringst."
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In der Nähe von Braga
Medin hatte sich auf einen Stein gesetzt und das gezogene Schwert auf dem Schoß liegen. Die Klinge hatte Pflege nötig, doch als ihm die rothaarige Kriegerin die Frage stellte, hielt er mit dem Öltuch inne. Stattdessen hob er seinen Blick und schaute der Frau direkt in die Augen.
Die Frage warf Gedanken auf. Tief sitzende, zweifelnde Gedanken, bei denen er sich über vieles unsicher war. Nur über eines nicht: Mit wem er sie nicht teilen würde.
„Hat es an einen sicheren Ort geschafft“, antwortete er knapp und nahm den Blick nicht von ihr. „Wo man sie nicht findet, wenn man nach mir sucht.“
Und dabei sollte es auch bleiben. Selbst wenn Redsonja nicht so weit gehen würde, eines Tages seine Familie gegen ihn einzusetzen, sollte sie doch auch nie die Chance bekommen, Wissen über sie an andere weiterzugeben – ob freiwillig oder gezwungenermaßen. Das war viel zu gefährliches Terrain.
„Und deine?“, fragte er dann direkt zurück.
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Redsonja oder besser gesagt Sumita lächelte einen Moment wissend, dann wurde sie wieder ernst. Sie überlegte einen Augenblick. Dann fasste sie sich. Sie hatte die Worte noch nie ausgesprochen. Doch sie richtete sich auf, holte einmal unhörbar Luft, zog die Schulterblätter zusammen und entgegnete:
"Meine Familie lebt in Gorthar. Sag bloss du wusstest das nicht. Mein Bruder heisst Isidorius. Er ist Schmied. Du solltest ihn doch kennen. Ihr habt doch zusammen gelehrt. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Ich habe ihn allerdings schon länger nicht mehr gesehen. Seine Frau sorgt für unsere Eltern. Selber habe ich noch keine Familie gegründet. Ich werde es vielleicht irgendwann tun. Dann wird meine Tochter Mita heissen."
Sie lächelte, steigerte sich komplett in ihre Geschichte hinein und versuchte das, was sie eigentlich sagen wollte zu vergessen. "Sie hatte momentan keine Familie." Doch hatte sie es nicht über die Lippen gebracht und das war gut so. Nicht nochmals ein Herz aus Stein. Stattdessen allerdings vorübergehend ein Ersatzleben zu führen war gar nicht so schlecht. Denn schnell verflogen die trüben Gedanken und die beiden setzten den Weg fort.
"Auf dein Angebot mit der Rüstung würde ich übrigens gerne zurückkommen."
Bemerkte sie, kurz bevor sie sich dem Posten in Braga näherten. Sie zog ihren Umhang nochmals zurecht und nahm ein paar schnellere Schritte. Dieses Mal würde sie vorangehen, denn obwohl sie viel Unruhe gestiftet hatte, war ihr Gesicht im Vergleich zu jenem von Medin absolut unbekannt.
"Halt." Gebot der Wachmann wider jeder Erwartung. "Wie ist euer Name?"
Redsonja: "Sumita."
Wache: "Und er?" Der Finger deutete beinahe anklagend auf Medin.
Redsonja: "Coën."
Wache: "Was macht er?"
Redsonja: "Er ist mein Söldner."
Wache: "Und du?"
Redsonja: "Ich bin auf dem Weg zu meinen Eltern. Meine Mutter ist erkrankt."
Wache: "Eine interessante Geschichte. Ich überlege, ob ich das glauben soll."
Redsonja: "Mein Eheman meinte, dass ihr euch egal, was ich sage überlegen werdet, ob ihr mir glauben sollt. Ich hingegen habe mir überlegt, dass ich in Vengard einmal nachfragen soll, ob ihre Männer nicht gut genug bezahlt werden, dass sie keine Gelegenheit verpassen für einen Zusatzverdienst."
Sie blickte ihn direkt an. Leicht überheblich, wie es nur Töchter von Adligen lernten. Ein etwas banger Moment verstrich. Eine geringe Dosis Adrenalin schoss durch Redsonjas Körper, doch sie hielt dem Blick stand. Wer hoch pokerte konnte und durfte nicht klein beigeben. Die Wache brummte etwas und liess die beiden passieren. Allerdings waren sie nicht weit gekommen, als der Posten plötzlich fragend rief.
"Coën?"
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Die Wege des Schicksals waren doch wirklich unergründlich. Ein weiterer Waldvölkler war zu ihrer Runde gestoßen und der Name Melford kam Bartimäus noch dazu auch entfernt bekannt vor. Als das Gespräch dann auf Silden fiel war ein Zufall ausgeschlossen und der Waldläufer nahm das Thema auf.
"Ich bin Bartimäus und war auch einige Zeit in der Umgebung von Silden. Wenn, sind wir uns aber glaube ich eher in Beria schon einmal über den Weg gelaufen, wenn du auch mit dorthin gezogen sein solltest."
So ziemlich alle Gesichter und Namen die Barti aus dem Waldvolk kannte, hatte er schließlich in und am Weg nach Beria kennen gelernt und außerdem waren sie dort auch gar nicht so sonderlich viele gewesen, sodass man sich schnell einmal über den Weg gelaufen ist.
Doch auch Maris letzte Worte hatten sehr interessant geklungen.
"Eine Pilgerreise zu den wichtigsten Orten des Gedenken?"
Was für Orte es da wohl geben mochte? Schließlich waren Druiden nicht dafür bekannt imposante Tempel zu erbauen oder dergleichen, einzig dass sie mit Steinkreisen irgendetwas zu tun haben wusste er.
"Nein, davon hatte ich noch nie etwas gehört. Ich finde aber das klingt sehr interessant, vielleicht würde ich mir diesen Weg bei Gelegenheit auch einmal anschauen."
Zumindest war dies ein weiterer Anhaltspunkt was er hier am Festland tun konnte, doch erst einmal würde er hier bleiben und Maris helfen so gut er konnte.
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Wenda verneinte. Irgendwann würde sie vielleicht den Hof wieder verlassen, doch nicht jetzt. Also nahm Viraya ihre Stute und machte sich dran Markus noch zu suchen. Sie brauchte nicht lange, dann hatte sie ihn gefunden.
"Machs gut Markus."
Meinte sie und er blickte sie sehr lange an.
"Pass auf dich auf."
Meinte er dann und es war Viraya als hätte er sie bis zu einem gewissen Grad durchschaut. Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter.
"Sag Gioja einen lieben Gruss von mir und ich habe ihr hier eine kleine Pferdepuppe gebastelt. Die ist für sie."
Sie übergab das Geschenk vorsichtig, doch fiel dennoch ein Bein des Pferds ab.
"Ich mache das schon wieder dran."
Markus lächelte und die Frau mit den bläulich schimmernden Haaren wusste, dass er nicht nur dieses Bein neu anmachen würde, sondern die anderen drei auch noch richtig befestigen. Sie winkte und zog von dannen.
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Erschöpft fand sie an jenem Abend eine verlassene Scheune. Nach einigen Abwägungen, entfachte sie sogar ein Feuer. Nur ein kleines, aber sie genoss es einfach das Knistern zu hören und in die Flammen zu blicken. Sie wusste nicht, was sie erwartete, doch erstmals würde sie Darla, ihre Schwester besuchen. Danach schaute sie weiter. Sie musste bloss vorsichtig sein, denn Darla hatte sie bereits das letzte Mal angehalten nicht bei ihr zu verweilen. Darla war clever. Sie kannte auch ihre Grenzen. Viraya lächelte. Dann ass sie etwas und zog schlussendlich ihr Schwert. Es war Zeit sich auf einige Kämpfe vorzubereiten.
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Braga
Sumita blieb stehen und zwang damit auch ihren Söldner zum halten. Wäre sie einfach weiter gelaufen, hätte er es auch getan. Aber das ging nun nicht mehr.
„Hm?“, brummte er und drehte sich um, machte aber keinerlei Anstalten zum Wachposten zurückzukehren. Stattdessen kam dieser aber nun auf ihn zu.
„Ihr kennt die Wege im Mittelreich?“, fragte der Soldat, als er direkt vor Medin stand und ihn musterte. Das Tuch saß zu locker, um das Gesicht des Paladins zu verbergen. Innerlich wuchs seine Anspannung. Er wusste genau, wo sein Schwertgriff gerade war.
„War schon öfters dort, das letzte Mal vor einem Jahr.“
„Nach Vengard wollt ihr?“ Der bohrende Blick hörte nicht auf. Oder kam Medin das nur so vor?
„Aye“, nickte er. „So schnell wie möglich. Herrin Sumita hat wichtige Termine.“
„Hm“, meinte nun der Wachposten. „Dann nehmt euch dennoch die Zeit und den Weg durch die Berge bei Montera und Gotha. Auf den Küstenstraßen treiben mehr Banditen ihr Unwesen, habe ich gehört.“
Es kostete Medin Mühe, nicht hörbar durchzuatmen.
„Danke, werden wir tun.“
„Und wir verdienen wirklich zu wenig“, meinte der Wachposten an Sumita gewandt. „Möge Innos über eure Reise wachen.“
Medin drehte sich wieder zu Sumita um und sie setzten ihren Weg fort. Er meinte, ein belustigtes Grinsen in ihren Mundwinkeln entdecken zu können. Oft sah sie ihn sicher nicht so schwitzen.
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Braga - Letzter Halt vor ungewisser Gewissheit und dem Wagnis der Zukunft
Arvideon lag wach.
Zweifel. Zweifel nagten an ihm, gingen ihm nach.
Zweifel war ein Feind. Auch seiner? Zweifel war ein Freund. Auch seiner? Zweifel war sein ständiger Begleiter, treu bis in den Tod. Nichts stand so fest verankert, wie dieses.
Wem konnte er noch trauen, wenn er sich selbst nicht trauen konnte?
Zweifel war der Beweis, dass er noch am Leben war. Oder nicht? Wer konnte das schon sagen?
Ich denke, also bin ich. Aber konnte nicht auch das Denken selbst eine Illusion sein? Denken als Fiktion. Fiktion als Denken. Gedachte Fiktion. Fiktionale Gedanken.
Er hatte ein Problem und das hieß Transzendenz. Es war transzendent, wenn es denn eine Welt und eine Welt dahinter gab. Wenn es Adanos gab. Wenn es ihn nicht gab, dann hatte er auch kein Problem. Das Problem war nur, er war sich recht sicher, dass es ihn gab.
Ihn, Arvideon, und Ihn, Adanos.
Doch konnte er darauf vertrauen, das Richtige zu tun, wenn er falsch informiert war? Wenn ihm sein Verstand einen Streich gespielt hatte? Damals in der Höhle? Was, wenn es nicht Adanos' Stimme, sondern das Krötengift gewesen war?
Hatte sein Leben einen Sinn?
Sein war nur sinnvoll, wenn es sinnerfüllt war. Doch konnte er von einem Sinn ausgehen?
Er zweifelte, daran bestand kein Zweifel. Der Sinn seines Seins war nicht mehr logisch begründbar. Alles verschwamm in der Transzendenz des Seins, der Ewigkeit der Ungewissheit. Er wusste, dass er nichts wusste. Bei aller Bescheidenheit, das war zu wenig für den Vater der falschen Bescheidenheit.
Was konnte er mehr verlieren als sein Sein? Was konnte er mehr gewinnen als sein Sein? Ungewissheit machte frei, frei zu wählen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Er hatte keine Gewissheit, doch er hatte Prinzipien. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er hatte einen Handel abgeschlossen. Einen Vertrag in die Unendlichkeiten der Ewigkeit getragen und auf das Sein, auf die Transzendenz gewettet.
Doch zweifelte er wirklich an der Transzendenz?
Nein, eigentlich nicht. Er wettete nicht auf Dinge, bei denen er sich nicht absolut sicher war. Das war nicht sein Wesen, nicht das Wesen seines Seins. Die Transzendenz gab es so sicher, wie das Amen in der Kirche. Er, Arvideon hatte Prinzipien. Und auch wenn er nicht mit Adanos gesprochen haben sollte ...
Selbst, wenn Adanos das Gift nicht als Vehikel benutzt haben mochte, um sich in seinem Verstand zu manifestieren ...
Der Gnom stand in all seiner Größe zu seinem Wort.
Das Wort stand am Anfang, es formte den Gedanken und der Gedanke wurde wahrhaftig Wahrheit. Das war der Lauf der Welt, der diesseitigen und der jenseitigen.
War aber das Wort Fiktion, so formte Fiktion das Handeln und wurde so zu Realität. Wovor also pflegte er dann noch Befürchtungen?
Der Zweifel mochte noch so tief sitzen. Er hatte die Freiheit zu entscheiden, die Freiheit sich zu binden, die Freiheit die Welt zu gestalten.
Er war ein Diener Adanos'. Er hatte sich entschieden, sich gebunden. Nun musste er vertrauen.
Und Arvideon vertraute darauf, dass er das konnte. Er glaubte an sein Vertrauen und an die Koexistenz von Glaube und Zweifel. Er vertraute auf den Zweifel, denn der bedeutete Freiheit. Und er zweifelte keinen Augenblick mehr am Glauben. Adanos konnte auf ihn zählen - konnte auf ihn zählen.
Zufall war was für Weicheier. Es gab einen Sinn und wenn er ihm auch auf Ewigkeit verborgen bleiben sollte.
Wer brauchte schon Gewissheit? Gewissheit nahm einem doch nur die Wahl ab.
Kontrolle war gut, Vertrauen jedoch unbezahlbar.
Er hatte Investiert und er hatte gut investiert.
Nicht einmal das Gift war imstande gewesen, sein Sein zu beeinflussen, sein Wesen zu verdrehen, auszutilgen.
Was, wenn nicht das, war Beweis genug für göttliches Eingreifen, für Sinnhaftigkeit?
Irgendjemand da oben plante mit ihm. Und Arvideon höchstpersönlich würde sicherstellen, dass mit ihm zu rechnen war.
Der kleinwüchsige Wandermönch erhob sich von seiner Schlafstatt und schlenderte hinaus auf den Balkon.
Er grinste zufrieden mit sich selbst und der Welt, als sich dort draußen das Geschrei erhob und die Brandglocke erscholl. Mehrere dunkle Gestalten rannten durch die nächtlichen Gassen zu seinen nackten Füßen.
Arvideon blickte mit gefestigtem Gemüt dem Schein des auflodernden Feuers entgegen, das die Saboteure einige Straßen weiter gelegt hatten. Er atmete tief die sich langsam abkühlende Luft ein. Es war eine fantastische Nacht.
Und während der Tumult in den Straßen Bragas zunahm, Leute herbei liefen, um das Übergreifen des Feuers auf andere Häuser zu verhindern, Soldaten hastig durch die Gassen wetzten, um die Vermummten einzuholen und zur Strecke zu bringen, die einen der Kornspeicher angesteckt hatten, in denen das in Braga stationierte Myrtanische Militär seinen Proviant lagerte - während alle dem war er mit sich und der Welt im Einklang.
Es konnte nur noch besser werden.
Arvideon wackelte mit den dicken Zehen.
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Am nächsten Morgen brach sie auf. Es war nicht mehr weit bis Vengard, doch hatte sie es nicht eilig dort hinein zu kommen. Sie wollte erstmals ein paar Bauern ausserhalb über die Lage dort befragen. Es galt vorsichtiger zu werden, denn Fragen zu stellen bedeutete oft auch Fragen zu beantworten und das konnte sie wirklich nicht. Sie durfte auf keinen Fall preisgeben, dass sie bei Wenda und ihrer Familie gearbeitet hatte. So suchte sie lange umher, ehe sie auf einem Feld ein paar Arbeiter sah. Sie gruben alle zusammen den Acker um und Viraya setzte sich an den Wegrand, zog ihr letztes Stück Brot hervor, dass inzwischen schon etwas hart geworden war und biss in ein paar Kirschen, die sie vom Baum des Nachbarn geklaut hatte. Es war eine frühe Sorte, die nie richtig dunkel wurde, sondern eher gelblich blieb, aber herrlich schmeckte. Dann wartete sie einfach ab, was geschah.
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Die Wüste beherbergte die seltsamsten Wesen, die man als Fremder nur zu Gesicht bekam, wenn man wirklich aufmerksam war oder zufällig darüber stolperte. Das Tierreich hier ähnelte zwar dem in Tooshoo, jedoch gab es hier ganz andere Verhaltensweisen , die das Überleben an so einem scheinbar leblosen Ort ermöglichten. Suzuran hatte solch eine unbekannte Verhaltensweise vor einigen Tagen am eigenen Leib zu spüren bekommen. Eigentlich grenzte es an ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebte und nicht an einem Herzschlag gestorben war.
Wer konnte aber auch ahnen, dass es hier Spinnen gab, die sich unterirdische Sandhöhlen gruben und die Eingänge mit einer Sandnetzkonstruktion verschlossen. Die Begegnung mit dem Netz dieser seltsamen Spinnenart war schrecklich gewesen, weshalb Suz sich einen ganzen Tag von dem Vorfall hatte erholen müssen, obwohl sie die Spinne selbst gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Allein die Tatsache, dass ihr Schuh voller Spinnweben war, hatte sie zum Heulen gebracht. Trotz all dieser Angst war sie dennoch fasziniert von diesem Konstrukt der Natur. Wie baute diese Spinne ihr Netz im Sand und wie war es möglich gewesen, dass sie nichts davon gesehen hatte und erst darüber stolpern musste, um es zu entdecken? Sie wusste von Ornlu, dass sie als Druiden ebenjene Netze spinnen konnten, die es in Tooshoo häufig zwischen Geäst und Sträuchern gab. Wie aber war es möglich in einem Sandloch ein Netz zu spinnen, obwohl die einzelnen Sandkörner nicht fest verankert waren, wie es die Bäume in Tooshoo waren?
Die größte Frage, die sie sich aber gestellt hatte, war, wie sie die Spinne beobachten konnte, ohne selbst von ihr gesehen zu werden. Nur so würde sie es ertragen in die Nähe einer Spinne zu kommen, denn wenn die Spinne sie nicht sah, würde sie ihr wohl auch nichts tun. Die Lösung des Problems hatte sie gefunden, als sie abends im Bett gelegen war und über den Mann nachdachte, der so weit weg war und den sie in den letzten Monaten so selten gesehen hatte. Wie oft hatte sich Ornlu in den Wipfeln getarnt, nackt und nur mit einer rindenartigen Struktur bedeckt. Er hatte ihr oft davon erzählt und in Tooshoo hatte sie ebenjenes in seiner Abwesenheit oft geübt, jedoch nur im Bezug auf das Aussehen eines Baumes. Sich im Sand zu tarnen, war anders und um einiges unangenehmer, wie sie in den letzten Tagen feststellen musste. Leider gehörte es zu den Bedingungen des Tarnens, dass man nackt sein musste, was dazu führte, dass einfach überall am Körper die fiesen kleinen Körnchen einen Unterschlupf suchten. Zudem konnte sie das Tarnen nur in der Nacht üben, um nicht von einer der Wachen, als verrücktes nacktes Weib festgenommen zu werden. Wie hätte sie das nur Maris erklärt? So hatte sie sich also in den Nächten einige Male herausgeschlichen und war schließlich so gut geworden, dass sie sich für ihren Beobachtungsversuch mit der Spinne bereit fühlte. Am Abend hatte sie sich also aufgemacht, um das Tier zu finden. In den letzten Tagen hatte sie sich immer wieder von weitem die Stelle angesehen, deshalb konnte sie trotz der Dunkelheit den Bau der Spinne schnell finden. Sie schaute sich um, kein Mensch war weit und breit zu sehen gewesen, weshalb sie sich dann schnell von ihrer Kleidung befreite hatte und sich flach auf den Boden legte. Wo zuvor ihre sonnenverbrannte Haut rot geleuchtet hatte, färbte sich die Oberfläche, während die zarten, weichen Strukturen sich zu harten, rauen Flächen verwandelt hatten, bis sie nur bei ganz genauem hinsehen von der Sandoberfläche zu unterscheiden gewesen war. So war sie dann einige Zeit in der nächtlichen Kühle der Wüste gelegen und hatte der Spinne zugesehen. Es war eigentlich ganz angenehm gewesen, wie eine Art Peeling, dass sie aber leider in der Nacht nicht mehr abwaschen konnte, weshalb ihr ganzes Bett am Morgen voller Sandkörner und ihr Körper voller roter, aufgekratzter Stellen war.
Immerhin hatte sich die junge Druidin eine wunderheilende Creme aus Tooshoo mitgebracht, die sie irgendwann einmal auf dem Markt erstanden hatte. Während sie sich eincremte, dachte sie noch einmal über das Gesehene nach. Die Spinne hatte ein Netz geschaffen, das aus den Fäden bestand, die auch die Spinnen in Tooshoo schufen. Einige Fäden waren nur an den Enden klebrig, dienten also zur Befestigung an Bäumen oder in diesem Fall am Sand und schufen ein erstes Konstrukt, an dem dann die anderen gänzlich klebenden Fäden miteinander verwoben wurden. Jedoch benutzte die Wüstenspinne nicht nur, die ihr zur Verfügung stehenden Fäden, sie hatte auch mit ihren Hinterbeinen Sand aufgewirbelt und ihn somit auf die klebrigen Fäden katapultiert. Sie hatte das Netz so oft mit Fäden und Sand verdichtet, dass es irgendwann nicht mehr von den Sandflächen um den Bau zu unterscheiden gewesen war. Nach längerer Wartezeit hatte das Biest also mithilfe seiner Falltür eine kleine Eidechse gefangen, die nichtsahnend in das Innere des Baus gefallen war.
Suzuran fand diese Tiere weiterhin ekelerregend, das was diese Spinne jedoch in so kurzer Zeit mit solch einer Sorgfalt geschaffen hatte, faszinierte die junge Frau. Wenn es möglich war, die Netze der Tooshoospinne nachzuahmen, konnte man diesen Fallenbau in größerem Ausmaße auch mit Magie erschaffen. Vielleicht würde es ihr hier noch irgendwann das Leben retten, schließlich wussten sie nicht einmal genau, warum sie hier waren und wie sich die Situation noch entwickeln würde. Sie konnte sich zwar mit ihrer Magie verteidigen, jedoch konnte es auch nicht schaden, sich der Umgebung hier anzupassen, weshalb sie sich die nächsten Stunden mit dem Netz beschäftigen wollte.
Geändert von Suzuran (25.05.2014 um 13:55 Uhr)
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Den ganzen Tag hatte Suzuran sich mehr oder weniger erfolgreich mit dem Netzbau beschäftig. Es war sehr viel Übung nötig, um eine perfekte Falle zu schaffen, wie es die Spinne getan hatte. Bei Ornlu hatte sie, wie so oft, die magische Anwendung zu Gesicht bekommen, jedoch auf die eigene Magie bezogen, waren die Erläuterungen nicht immer gleich umzusetzen. Die Erfahrung fehlte, man musste ausprobieren und das nicht nur einen Tag, um ein perfektes Netz zu schaffen. Sie hatte sich an seinen Worten orientiert, die er seinen Schülern immer mit auf den Weg gegeben hatte. Nie zu viel wollen, eins nach dem anderen, damit man nicht die ganze Hand voller klebriger Fäden hatte. Es hatte bis in den späten Nachmittag gedauert, bis sie in der Lage war, einen Faden zu spinnen, der nur an einem Ende klebte. Nach einigen weiteren Versuchen hatte sie dann irgendwann das gebuddelte Loch so mit Fäden bestückt, dass man es als Netz bezeichnen konnte. Die Konstruktion war zwar sehr unsymmetrisch und nicht so dicht, wie bei der Spinne, aber es hielt, sodass sie damit begann es vorsichtig mit Sand zu bestreuen, bis alle Fäden mit Sand bedeckt waren. Das Loch darunter war zwar noch teilweise zu sehen, trotz allem war sie aber stolz auf das Werk und mit ein wenig Übung würden sich ihre Fähigkeiten schnell verbessern. Grinsend saß sie im Schneidersitz im Sand und betrachtete den Boden, als sie ankommende Schritte vernahm sich umdrehte und Maris sah, der sie neugierig ansah und schließlich fragte, ob sie dabei sei den Sand anzubeten. „ Ääähm, quatsch…ich wollte versuchen eine Sandburg zu bauen, aber es funktioniert nicht, komm doch näher, dann kannst du mir vielleicht helfen.“, meinte sie und lächelte ihn breit an. Wenn er nur an die richtige Stelle treten würde, hätte sie mit ihrer kleinen Falle schon ein kleines Erfolgserlebnis.
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Zwischen Montera und Trelis
Sie hatten es rechtzeitig aus Brage hinaus geschafft, dass ihnen keine Bandstiftung angehängt werden konnte, waren durch Trelis gezogen. Danach kannte Coen eine Abkürzung. So meinte er zumindest. Das hiess, dass die beiden bald über Geröll krakselten. Sumita als brave Bürgerin war sich das natürlich nicht gewohnt, Redsonja hingegen grinste innerlich noch immer. Zu gerne dachte sie an Medin zurück, der sich enttarnt gesehen hatte.
"Ewig wir die Sonne nicht mehr halten. Wir sollten uns mal nach einem Felsvorsprung oder einer Höhle umsehen, denn bis Montera wird es knapp."
Das war jedoch nur die halbe Wahrheit, denn sie wollte der Zivilisation her einfach so lange wie möglich fern bleiben. Allgemein wurde ihr langsam etwas mulmig zu mute.
"Bald sind wir in Vengard. Was ist dein Plan und zwar dein Plan, dass wir da beide wieder herauskommen. Was du genau machst spielt mir ja nicht so eine Rolle, aber wo soll ich involviert sein?"
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