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Berash nickte einfach und machte den Bogen bereit. Den Pfeil eingelegt, wartete er darauf, dass sich die Lurker in sein Sichtfeld begaben. Und es dauerte nicht lange, dann kamen sie. Drei fette, schuppige Lurker. Berash musste Schlucken. Er war ein ziemlich guter Kämpfer und hatte schon so manch ein Tier erlegt, aber drei Lurker waren schon eine ziemliche Herausforderung. Da sich der Vermummte nicht wirklich mit der Anatomie der Tiere auskannte, zielte er einfach auf die Punkte, die Andrahir ihm genannt hatte.
Insgesamt gab es nur einen Nachteil: Sie waren noch zu dicht aneinander. Würde Berash nun auf einen schießen, dann würden sich die beiden anderen danach, sobald sie ihn entdeckt hatten, auf ihn stürzen. Und ein direkter, tödlicher Treffer... nun, wenn der Vermummte das hinkriegen würde, dann hätte das auch mehr mit Glück als mit Können zu tun. Nein, dass, was er hier brauchte, war etwas anderes. Wenn die Viecher sich nur nicht alle recht gleichmäßig vorwärts bewegen würden...
Das war es! Berash hatte die Idee. Er hoffte nur, dass die Zeit dafür auch ausreichen würde. Nervös hob er den Bogen und spannte ihn. Sein Blick glitt über den Körper des vordersten der drei. Dieser wandte sich jedoch von Berash ab, scheinbar hatte er etwas interessantes im Sumpfwasser gefunden. Dem Vermummten den Rücken zuwendend, zielte Berash dorthin, wo das Knie war. So, wie der Lurker sich vorbeugte, eine gute Stelle. Ein Stoßgebet an Beliar und schon flog der Pfeil.
Treffer! Mit einem lauten Fauchen kommentierte die Kreatur den Schmerz, der ihm plötzlich durch den Körper schießen musste und versuchte sich umzudrehen. Dabei belastete sie das verwundete Knie und brach zusammen. Fauchend und brüllend schnappte es nach seinem Knie, während die beiden anderen Lurker sich umsahen und versuchten, den Schützen zu wittern.
Ein Lufthauch im Nacken spürend sorgte dafür, dass Berash schauderte. Und die Lurker freudig aufbrüllten, denn sie hatten ihn gewittert. Unruhig fummelte der Vermummte den nächsten Pfeil aus dem Köcher und hätte diesen beinahe fallengelassen. Innerlich fluchend versuchte der Krieger sich zur Ruhe zu bringen. Es würde schließlich böse in die Hose gehen, wenn er hier jetzt Pfeile fallen lies. Also nahm Berash sich die Sekunde, atmete tief durch und legte dann den zweiten Pfeil ein und zielte. Diesmal auf den Kopf.
In dem Moment, wo einer der Lurker das Maul aufriss, um einen lautes Fauchen von sich zu geben, lies der Vermummte die Sehne des Bogens los und schickte den Pfeil auf die Jagd. Er flog und flog, während Berash vorsichtshalber den Bogen fallen lies und sein Schwert zog. Er konnte sich selbst gut genug einschätzen, um zu wissen, dass ein dritter Pfeil nicht mehr drinn war. Und, bei Beliars finsterem Atem, er konnte es kaum fassen: der Pfeil traf! Er bohrte sich in das Maul des Lurkers und riss diesen nach hinten weg. "Ja, verdammt!" zischte der ehemalige Assassine, während er sich bereit machte, den dritten mit seiner Klinge zu erledigen. Das wäre sicherlich ein guter Moment gewesen, wenn Andrahir sich nun beteiligen würde. Denn der zu Boden gegangene Lurker rappelte sich langsam wieder auf.
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Vollkommen ruhig stand der Jäger in einer kleien Vertiefung in der die Lurker ihn noch nicht erblickt hatten, noch immer völlig fokussiert auf den Angreifer der sich nicht allzu geschickt angestellt aber immerhin eine gute Portion Glück dabei gehabt hatte. Lurker und Assassine kamen einander immer näher und Andrahir wartete nur auf einen bestimmten Moment... und dieser kam.
Der Lurker richtete sich auf um mit aller Kraft Berash anzugreifen, der sich vor den Pranken in Acht nehmen musste und Andrahirs Bogensehne flatterte. Das Ende des Pfeils ragte dem grünen Vieh aus dem Hals nach oben. Eine bessere Möglichkeit hatte sich gar nicht ergeben können. Vermutlich steckte die Spitze schon in der Lunge. Das Tier gab keinen Laut von sich und brach zusammen während der Jäger los lief.
"Nimm deinen Bogen. Das Schwert kannst du wann anders benutzen!" Der letzte überlebende Lurker rappelte sich langsam auf, noch immer unter der Verletzung leidend. Worauf auch immer Berash gezielt hatte... er hatte verdammt viel Glück gehabt. Einen kleineren Punkt als das Knie konnte er sich wohl nicht aussuchen und der Grund dafür, dass der Schuss gesessen hatte lag wohl in der unglaublich einzigartigen Qualität der Pfeile aus Andrahirs Bognerei - ja so musste es sein.
"Beim nächsten mal schieß gefälligst auf was, bei dem du nicht auf einen Zufall hoffen musst. Der zweite war viel besser!" rief er dem Anfänger noch zu und wies ihn an von vorn auf den dritten zuzulaufen, wobei er selbst ein wenig zur Seite ausbrach. Er wollte dafür sorgen, dass Berash beweisen konnte, dass er ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt für einen Schuss hatte.
Der Assassine machte sich Schussbereit und Andrahir hob den Bogenn dem Lurker einen schnellen Schuss in die Seite zu jagen. Nichts tödliches... aber für Berash eine große Hilfe, wenn er sich klug anstellte.
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Kjarls Blick ruhte auf einem Aushang, den er in der Sumpflilie entdeckt hatte. Gesucht wurde ein Schreiber für einen kleinen Auftrag. Der Blondschopf verzog nachdenklich den Mund und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare, um sich abschließend am Kinn zu kratzen.
"Wär das was für uns?", murmelte er in Richtung von Rhob, der auf der Schulter des Mannes Platz genommen hatte. Der Beo gab allerdings, wie erwartet, keine Antwort und so musste Kjarl wohl oder übel selbst entscheiden. Schreiben hatte er gelernt, wenn auch nicht übermäßig schön oder gar kunstvoll, so wie es wohl die Priester in den Innosklöstern beherrschten. Und eine Aufgabe brauchte er auch. Sein Fallenstellen hatte sich als wenig ertragreich erwiesen, kein Wunder bei der fehlenden Erfahrung, und die Konkurrenz war in Schwarzwasser ja erschreckend groß.
"Wir versuchens mal.", brummte er und erkundigte sich bei anderen Besuchern der Taverne nach dem üblichen Aufenthaltsort von Leyla. Die junge Frau, welche er als Bogenschützin in Setarrif kennengelernt hatte, war nämlich laut Notiz die Auftraggeberin.
Man hatte den Blondschopf zu den Heilkammern verwiesen und Kjarl hatte diese auch bald gefunden. Etwas zurückhaltend trat er ein und schaute sich um. Er sah einige Betten und Liegen, manche leer, andere belegt, und entdeckte schließlich auch Leyla.
"Hallo Leyla!", grüßte er. "Schön dich wieder zu sehen.", er stockte. Plaudern lag ihm nicht so. "Ich hab deinen Aushang in der Sumpflilie gelesen und, naja, ich könnte das übernehmen. Ich kann zwar nicht so ne kunstvolle Schönschrift mit Bildern und so, aber lesbar sollte es schon werden. Also, wie gesagt, ich könnte das Schreiben übernehmen.", eine kurze Pause entstand, dann fügte er leicht schmunzelnd hinzu: "Wenn ich denn als vertrauenswürdig durchgehe."
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„Bewahre!“, trat sie Kjarl strahlend entgegen, wobei sie sich ehrlich über seinen Besuch freute. Sie war sich nicht ganz sicher gewesen, ob ihm die Konfrontation mit Samhain gut getan hatte. Die für Außenstehende zum Teil wohl recht befremdlich wirkenden Bräuche dieses Festes hätten ihn durchaus auch abschrecken können. Aber ganz offensichtlich weilte er noch immer in Schwarzwasser und versuchte Fuß zu fassen. „Nun lernst du mich in dem Element kennen, mit dem ich hier die meiste Zeit verbringe. Zum Jagen bleibt neben solch einer Tätigkeit nicht übermäßig viel Zeit.“ Sie hoffte, dass er verstand, dass sie einem wildfremden Menschen noch dazu außerhalb Schwarzwassers nicht alle Geheimnisse offenbarte, die sie umgaben. Selbst jetzt hier in der Heilkammer erfuhr er ja größtenteils nur das, was er selbst beobachtete.
Einladend deutete sie auf einen Stuhl und nahm selbst auf einem Hocker Platz. „Wenn du besser und leserlicher schreiben kannst als ich, dann ist das schon sehr viel wert.“ Zur Demonstration zeigte sie ihm die neusten Notizen, die sie heute angefertigt hatte. Jemand, der nicht lesen konnte, würde es wahrscheinlich als Kunstwerk abtun, dahinter aber sicherlich niemals geschriebene Worte vermuten. „Ich habe einen Haufen solcher losen Zettel und Notizen, die sauber abgeschrieben und geordnet werden müssen. In ein Buch. Das sind überwiegend Rezepturen für Heilsubstanzen und solche Sachen.
Mit Ordnen meine ich, dass es eben nicht nur Heilsubstanzen sind, sondern auch eine ganze Reihe anderer Dinge. Das Buch sollte dann dementsprechend in Kapitel eingeteilt werden. Aus den meisten Sachen sollte eigentlich auch hervorgehen, was es ist. Und wenn nicht, kannst du mich natürlich jederzeit fragen, ich bin ja fast immer hier. Meinst du, das würdest du hinbekommen? Ist sicherlich nicht in ein, zwei Tagen erledigt, aber von mir aus kann es auch zwei Wochen dauern. Hauptsache, ich bekomme endlich Übersicht in diese Rezepturen.“
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Schießstand bei den Sumpfkrautplantagen, Südlich von Schwarzwasser
Diese Übung sollte ihn also an die Thematik heranführen, was?
Yared wusste nicht, ob er das als Scherz von Myras Seite einzuordnen hatte. Vielleicht folgte sie damit nur einer seltsam holistisch anmutenden Trainingsideologie, die er noch nicht in ihrer Ganzheit zu erfassen vermochte und vermutlich zu noch zu ganz anderen Stilblüten führen konnte und würde.
Egal, er war hier, um etwas mitzunehmen und, wenn sie ihm zutraute, dass er das kalte Wasser, in das sie ihn warf, meistern würde, würde er die Herausforderung annehmen. Er hatte da keine großen Zweifel.
Der Kapitän nahm die Armbrust und lud sie, während die schlanke Grünhaarige die Bretter in Schwung brachte.
Sie schien damit nicht unbedingt viel Erfahrung zu besitzen, denn teilweise krachten die Bretter mit Schwung ineinander und begannen einen taumelnden Tanz. Immerhin verhedderte sie die Seile nicht und vielleicht war das ja auch beabsichtigt um einem erkennbaren Rhythmus vorzubeugen und eine gewisse Unberechenbarkeit der Bewegungen der Ziele zu gewährleisten. Wild oder feindliche Truppen würde sich ja auch nicht zweimal in genau gleicher weiße bewegen.
Yared nahm sich einige Zeit die pendelnden Planken zu beobachten, bevor er sich eine herauspickte, sie fokussierte und versuchte ihre Bewegungen vorauszuahnen. Dabei begann er unbewusst leicht mit der Waffe mitzuschwenken. Als er meinte ihren nächsten Standort mit annähernder Sicherheit vor seinem geistigen Auge erkennen zu können, drückte er den Abzug. Er verriss die Waffe in aller Hektik, als sich die Kraft des Bogens gegen seine unbewussten Seitwärtsschwankungen auflehnte. Auch wenn es Yared wie Welten vorkam, hatte die Armbrust nur um wenige Nagelbreiten gewankt, doch das hatte ausgereicht. Die Flugbahn des Geschosses war nun vollkommen den Mächten des Zufalls überlassen und noch bevor der Bolzen in den Baumstamm, schoss dem Kapitän das Blut in den Kopf. Er hätte es vorher wissen müssen. Statt auf seine Waffe zu achten, hatte er sich ausschließlich auf das Ziel konzentriert.
Er schüttelte den Kopf, als wolle er die Scham über sein überstürztes Verhalten abschütteln, presste die Augen mehrmals fest zu, um den Kopf frei zu bekommen, bevor er daran ging, die Waffen neu zu laden und es ein weiteres Mal zu versuchen.
Es hatte nur zwei weitere Anläufe gebraucht, bis seine Konzentration vollständig wiederhergestellt war. Danach hatte er gar nicht mehr versucht der Waffe mit dem Brett zu folgen. Vielmehr hatte er einfach eine Stelle anvisiert, von der er wusste, dass das Brett sie früher oder später in ihrem Tanz tangieren würde, und versucht, kurz bevor sich das Ziel in dieser Position befand, abzudrücken. Aufgrund der Breite hatte er zumindest auf sehr kurzer Entfernung in Relation zur wahren Reichweite seiner Waffe schnell durchaus beachtliche Erfolge erzielt.
Schwieriger war es dann geworden als Myra ihm angedeutet hatte, er könne den Abstand jetzt vergrößern.
Eine höhere Entfernung zum Ziel bedeutete natürlich im Umkehrschluss auch, dass die natürliche Ungenauigkeit seiner Armbrust stärker zum tragen kam, wie auch der Einfluss des glücklicherweise kaum spürbare Windes. Zudem nahm das Ziel in seiner subjektiven Wahrnehmung nun wesentlich geringere Maße an.
Als er sich jetzt wieder zum Schießplatz aufmachte, sinnierte er darüber, ob er das irgendwie durch Technik kompensieren konnte, oder ob das alles einfach nur eine Frage der Übung, Erfahrung und Intuition war.
Geändert von Yared (22.11.2012 um 21:20 Uhr)
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Berash zögerte dieses Mal nicht und jagte dem Lurker einen Pfeil in den Hals. Zumindest hatte er das vorgehabt. Aber nein, die Götter hatten sich den Spaß erlaubt, das Teil einfach in die Brust zu zimmern. Dort steckte der Pfeil nun. Zwar schien der Pfeil den Lurker Schmerzen zuzufügen, aber aufgehalten hatte ihn das nicht.
Berash wich ein paar SChritte zurück, holte tief Luft und beruhigte sich. Er hätte der lahmen Krücke gern mit dem Schwert den Garaus gemacht, aber Andrahir hatte ihm das eindeutig verboten. Dabei war es schon ziemlich lange her, dass die Klinge des Vermummten Blut geschmeckt hatte. Obwohl er zugeben musste, dass dieses einfache Schwert nicht genau das war, was er von einer Waffe erhoffte. Der Stil des einstigen Emirs war mehr darauf ausgelegt, Hiebe und Schnitte zu verpassen. Vielleicht sollte er sich bei Gelegenheit eine neue Waffe schmieden lassen? In Schwarzwasser würde es sicherlich einen entsprechend fähigen Schmied geben...
Berash nahm sich wieder einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn ein. Die Sehne straff gespannt, zielte der Krieger auf den letzten Lurker. Und dann wartete Berash darauf, dass sich das Tier eine entsprechende Blöße gab. Das war im Prinzip nichts anderes als bei einem Nahkampf. Auch dort testete man, wo die Schwächen und Fehler des Gegners waren. Es ging darum, auf den richtigen, den einen Moment zu warten. Der Moment, der alles entschied...
Da! Das Tier riss den Kopf hoch und brüllte schmerzerfüllt. Es war mit dem verletzten Knie gegen irgendwas gestoßen, schien es. Der Vermummte konnte gut nachvollziehen, dass dies schmerzhaft war. Doch in diesem Moment war die Kehle des Lurkers vollkommen ungeschützt. Berash lies die Sehne los und sofort Schoss der Pfeil auf den schuppigen Hals der Kreatur zu. Mit einem satten Geräusch drang er ein und sofort sprudelte das widerliche Zeug heraus, dass in den Adern des Lurkers floss. Es fauchte noch ein paar Mal, fing dann aber an, sich zurückzuziehen. Die Bewegungen wurden jedoch schnell schwächer, bis das Tier dann entgültig zu Boden ging. Schwache Atemzüge zeigten Berash, dass es in seinen letzten Zügen lag. "Nun..." Berash blickte zu Andrahir. "Wenn ich mich nicht irre, dann sollte es das gewesen sein."
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Kjarl betrachtet kurz die 'Kostprobe' von Leylas Schreibkünsten und nickte leicht. Seine Abschriften würde zumindest nicht schlimmer aussehen als die Originale. Allerdings war er durchaus über den Inhalt der leicht zerknitterten Seiten verwundert. Rezepturen für Substanzen, die, nach Leylas Aussage, Heilkräfte haben sollten. Offensichtlich war die junge Frau vielseitiger als Kjarl gedacht hatte. Schließlich hatte sie beim Bogenschießen eine so gute Vorstellung abgeliefert, dass der Blondschopf in ihr eine typische Jägerin vermutet hatte. Ihre Arbeit in der Heilkammer belehrte ihn eines Besseren.
"Ich werd mich an der ganzen Geschichte versuchen.", meinte Kjarl schließlich. "Wenn ich die ersten zwei oder drei Seiten abgeschrieben habe, dann kannst du ja mal einen Blick drauf werfen, ob es gut genug ist."
Er nahm den Stapel von losen Zetteln entgegen und warf noch einmal einen prüfenden Blick darauf. 'Ganz schön viele Zettel', dachte er. 'Ob es wirklich so viele Heilmittel gibt?' Vorsichtig legte er die Notizen beseite und wandte sich wieder an Leyla:
"Allerdings habe ich noch zwei Fragen: Die erste Frage bezieht sich auf das Material. Bekomme ich von dir Papier, Feder und Tinte oder soll ich mir das selbst besorgen? Als zweites würde mich noch interessieren, ob es stört, wenn ich die Schreibarbeit in einer ruhigen Ecke in der Heilkammer mache. Dann könnte ich dich immer direkt fragen, wenn etwas unklar ist. Natürlich packe ich hier auch mit an, wenn mal Not am Mann ist und ich helfen kann."
Kjarl verschwieg lieber, dass er derzeit noch keine echte Unterkunft gefunden hatte und die Taverne wohl nicht der richtige Ort war, um in Ruhe die Notizen abzuschreiben.
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Sie lächelte über Kjarls Bedenken und gab sich Mühe, dass es nicht wie ein Auslachen, aber auch nicht wie ein Zurechtweisen wirkte: „Oh, keine Angst, ich hatte nicht vor, dich mit meinem gesammelten Wissen einfach verschwinden zu lassen. Im Gegenteil, ich bestehe sogar darauf, dass du die Abschrift hier anfertigst. Ich könnte es nicht verantworten, wenn auch nur eine der Rezepturen wegkommt, ganz egal, ob es nur ein Mittel gegen Fieber war oder etwas … Stärkeres.“ Mit anderen Worten: Leyla wollte jederzeit kontrollieren können, ob er nicht nebenbei noch eine zusätzliche Abschrift anfertigte, um sie später zu verkaufen oder Unsinn damit anzustellen. Bislang hatte sie Kjarl zwar als zuverlässigen Menschen kennengelernt, aber wenn es um alchemistische Schriften ging, konnte sie eigentlich nicht vorsichtig genug sein. In den falschen Händen konnte damit wer weiß was geschehen.
„Schreibutensilien gibt es hier in der Heilkammer zur Genüge. Du kannst ja am besten erstmal eine kleine Kostprobe auf Pergament anfertigen. Wenn sie mir gefällt, bekommst du Geld, um ein Buch auf dem Markt zu kaufen. Danach hast du freie Hand. Wenn du was trinken willst, kannst du dich jederzeit bedienen und wenn du Lust hast, den Patienten ab und an mal ein paar Brote zu bereiten, kannst du davon auch essen.“ Das klang hoffentlich nicht allzu streng. Aber letzten Endes lief es bei ihnen hier in Schwarzwasser nun mal genauso, dass man sich in möglichst vielen Belangen gegenseitig half. Ein konstantes Geben und Nehmen, von dem jeder profitierte.
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Kjarl war sehr zufrieden. Wenn er sich Mühe gab, dann konnte die ganze Sache eine sehr angenehme Arbeit werde und nebenbei fielen sogar noch ein paar Happen zu Essen und etwas zu trinken mit ab. Zusätzliche würde er hier in der Heilkammer sowohl eine Beschäftigung als auch eine Unterkunft für den Tag haben und schlafen konnte er in der Sumpflilie, auch wenn sein Geldbeutel da nicht ewig mitmachen würde.
Schnell holte der Blondschopf Tinte, Feder und ein leeres Blatt Pergament, sowie ein Tablett als Schreibunterlage. Sorgfältig öffnete er das kleine Tintenfässchen, überprüfte den angespitzen Federkiel und tauchte ihn dann vorsichtig in die Tinte. Wann hatte er das letzte Mal mehr als zwei oder drei Sätze geschrieben? Es war eine Weile her, so viel stand fest. Vorsichtig machte Kjarl zwei dünne Striche auf dem Pergament, um die Schreibfähigkeit der Feder zu prüfen. Die Striche waren sehr dünn, als tunkte er die Feder noch etwas tiefer ein. Den nächsten Strich kommentierte er mit einem zufriedenen Brummen, dann griff er nach dem obersten Blatt von Leylas Papierstapel und las was darauf stand.
Offensichtlich wurde eine Variante zur Anfertigung fiebersenkender Wickel beschrieben, wobei deutlich auf die Wirksamkeit gegen Sumpffieber verwiesen wurde. Aus verschiedenen Pflanzen, einige der Namen hatte Kjarl noch nie gehört, sollte ein Sud gekocht werden, in welchen dann Leinentücher eingelegt werden sollten. Diese Tücher sollten feucht auf den Kopf oder die Brust gelegt werden. Unter der Beschreibung stand die Bemerkung 'Benutzt man den Sud zur Haarwäsche, so erhält das Haar besonderen Glanz. Achtung: Nicht mit kochendem Sud probieren!'
Der Blondschopf quittierte die Bemerkung mit einer hochgezogenen Augenbraue und begann mit der Abschrift. Am Anfang sahen die Buchstaben noch sehr krakelig aus und häufig kratzte die Feder unschön über das Pergament, doch nach einigen Sätzen hatte Kjarl das richtige Gefühl für die Feder entwickelt und die Schrift wurde zunehmend ansehnlicher.
Endlich war sein Werk vollendet und er reichte es der bogenschießenden Heilerin. "Und was sagst du?", fragte er unsicher. "Reicht dir das? Also abgesehen von der ersten Hälfte?"
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Neugierig nahm die Ovates das Blatt entgegen, überflog die vergleichsweise gut lesbare Schrift und war auch mit der Platzaufteilung zufrieden. Kjarl hatte nicht einfach nur alles nacheinander in derselben Art und Weise niedergeschrieben, sondern ein wenig mit Abständen und Schriftgröße variiert, was der Übersichtlichkeit sehr zugute kam. Für so etwas hatte sie sich während ihrer schnellen Notizen beim Arbeiten nie Zeit genommen.
„Schön, sehr schön. Ich denke, du wirst das sehr gut hinbekommen, solange du unterwegs nicht die Lust verlierst.“ Denn zugegebenermaßen war die Zahl der Rezepturen durchaus auf ein beträchtliches Maß angewachsen. „Hier, das sollte genug sein, um ein gutes Buch zu bekommen. Am besten mit Ledereinband. Was übrig bleibt, kannst du behalten.“ Behutsam legte Leyla ein Säckchen mit Münzen vor ihn auf den Tisch. Es war definitiv mehr als genug und wenn er noch ein wenig feilschte, würde ein brauchbares Startkapital für ihn übrig bleiben. Aber das lag einzig und allein an Kjarl.
„Wie gesagt, lass dir so viel Zeit, wie du möchtest. Mir ist es wichtiger, dass es hinterher einheitlich ordentlich aussieht. Wenn du dafür zwei Wochen brauchst, dann dauert es eben so lange.“ In der Zeit würde er definitiv nicht verdursten, verhungern oder erfrieren, das war wohl mehr, als er bei vielen anderen Arbeiten hier in Schwarzwasser erwarten konnte.
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Kjarl nahm das Säckchen entgegen und war vom Gewicht der Goldmünzen überrascht. Die Großzügigkeit seiner jungen Auftraggeberin irritierte den Blondschopf, aber schüttelte den Moment der Verwirrung ab und bedankte sich für die Aufgabe und das Gold und machte sich auf den Weg zum Markt. Es war schon spät und so musste Kjarl sich beeilen, wenn er das Buch noch an diesem Abend erwerben wollte.
Kjarl hatte Glück. Nach einigem Suchen fand er bei einem der Händler ein leeres Buch mit einem rötlichen Ledereinband und einer Lederschlaufe, so dass das Buch fest verschlossen werden konnte. Nach einigem Hin und Her einigte sich Kjarl mit dem Händler auf einen Preis, mit dem wohl beide leben konnten. Der Händler strich zufrieden die Goldmünzen ein und Kjarl hatte immernoch einige davon im Geldbeutel. Langsam schlenderte er zurück zur Heilkammer. Auf den Stegen des Dorfes herrschte immernoch reges Leben, viele waren auf dem Weg in die Sumpflilie, andere kamen gerade von den Sumpfkrautfeldern. Hier und da sah man Jäger, die ihre Bögen pflegten, Beute verkaufen wollten oder einfach tolle Jagdgeschichten auftischten und sich dabei gegenseitig zu übertrumpfen suchten. So hörte Kjarl im Vorbeigehen von Wildschweinen, die stark waren wie Ripper und von schwarzen Wölfen, die mit einem einzigen Schuss und bei Dunkelheit erlegt worden waren.
Ein Schmunzeln legte sich auf die Lippen des Blonden. Was würde er wohl selber mal für Geschichten preisgeben, wenn nur ein paar Monate hier verbracht hatte? Kjarl träumte ein wenig vor sich hin, bis er schließlich wieder die Heilkammern erreichte. Auf Leylas fragenden Blick hin zeigte er ihr das gekaufte Buch.
"Und du willst das restliche Gold wirklich nicht zurück?", fragte Kjarl, während er das Buch erstmal beiseite legte. Er wollte am Anfang erstmal die Notizen sortieren. "Und was ich dich überhaupt noch fragen wollte: Woher kennst du all diese Rezepturen und Anleitungen?", schob Kjarl noch eine zweite Frage nach. "Also nur, wenn ich dich nicht störe."
Geändert von Kjarl (21.11.2012 um 20:39 Uhr)
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„Bist du gekommen, um für mich zu arbeiten oder willst du daran auch etwas verdienen?“, fragte sie bewusst provokant. „Ich kann dich sicherlich nicht mit Gold überschütten, aber wenn du hier ein paar Tage was machst, dann brauchst du das Geld ja sicherlich nicht erst hinterher. Und da wir hier auch Heilmittel verkaufen, haben wir durchaus auch mal ein paar Münzen übrig. Da sie sich von alleine nicht vermehren, bringe ich sie doch lieber unter die Leute, von dem einen oder anderen kommt vielleicht auch mal etwas zurück.“ Außerdem wollte sie, dass Kjarl wirklich durchgehend so sauber arbeitete, wie in seinem Beispiel. Ein guter Lohn sollte Anreiz genug dafür sein, dass er das durchhielt und zwischenzeitlich nicht wegen Langeweile schludrig wurde.
Letzten Endes ging es der Heilkammer als ganzes definitiv nicht schlecht. Nahm man den Garten von Sennahoj dazu, wo etliche seltene Pflanzen wuchsen, die auch außerhalb Schwarzwassers sehr gefragt waren, so hatten sie eigentlich mehrere verlässliche Einnahmequellen und abseits der dauernd gebrauchten Materialien wie Verbandszeug, Fläschchen oder Nahrung für die Patienten eigentlich nur Ausgaben für das eine oder andere Experiment. Allein durch den regelmäßigen Verkauf von Sumpfkraut in den Städten könnte Schwarzwasser vermutlich schon übermäßig reich werden.
„Naja und ich selbst bin eben nicht nur Jägerin, sondern auch Heilerin und Alchemistin. Nicht alles beruht nur auf einfachen Hausmitteln. Die hiesigen Pflanzen haben unglaubliche Kräfte, wenn man sie richtig einzusetzen weiß. Auch am Gift einer Blutfliege stirbt hier in Schwarzwasser niemand, der es bis in die Heilkammer schafft. Und einige Kniffe habe ich vor vielen Jahren mal bei den Wassermagiern gelernt. In einer Zeit, als dieser Krieg noch zwischen Menschen und Orks tobte und wir Menschen mit unseren Geheimnissen nicht so sehr haushalten mussten, wie heutzutage.“
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Kjarl hatte die herausfordernden Worte über die Bezahlung kommentarlos verklingen lassen. Schließlich konnte er sich nicht beklagen und wollte nicht künstlich bescheiden tun, nachdem Leyla von Anfang an sehr freundlich zu ihm gewesen war. Allerdings beeindruckte ihn, wie viel die junge Frau offensichtlich schon wusste und gelernt hatte. Alchemisten hatte sich Kjarl immer grundlegend anders vorgestellt. Weniger jung, weniger hübsch und weniger weiblich.
Kjarl wollte nicht neugierig wirken und so erkundigte er sich nicht weiter nach den Wassermagiern und vielen anderen Dingen, die ihm durch den Kopf schwirrten. Stattdessen begann er mit der Arbeit und sortierte den Stapeln mit Notizen nach Tränken, Salben, Wickeln und anderen Kategorien. Es war erstaunlich, wie vielfältig diese Zusammenstellung war und mehrfach musste er bei Leyla nachfragen, da er mit den gelesenen Begriffen nichts anfangen konnte.
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Auch heute trafen sich die beiden Armbrustschützen auf dem Übungsplatz. Das letzte Training hatte Yared zeigen sollen, worauf es beim Schuss auf bewegliche Ziele ankam. Dass er keine Meisterleistung an den Tag legte, wunderte die Grünhaarige nicht. Nicht weil sie wusste, wie schwer diese Übungen am Anfang waren, sondern einfach weil es sie nicht wunderte. Aus diesem Grund wollte die junge Schneiderin auch beim heutigen Training auf ähnliche Methoden setzen.
"Du hast beim letzten Mal bereits gezeigt, dass du in der Lage bist ganz gut mit der Armbrust umzugehen. Denn ohne große Einführung auf bewegte Ziele zu schießen und dennoch nicht wie ein Vollidiot dazustehen, zeugt von Erfahrung. Es ist wichtig, dass du in der Lage bist auch in unbekannten Situation souverän deine Armbrust zu benutzen. Um diese Souveränität noch weiter auszubauen bist du ja auch schließlich zu mir zu kommen. Wenn du am Ende über gewisse Grundfähigkeiten verfügst, kannst du sie auf jede beliebige Situation anwenden. Erst diese Fähigkeit wird dich zu einem wahrhaft guten Schützen machen."
Ohne weiteres Federlesen ging die Grünhaarige über den Übungsplatz zu den Brettern hinüber, die sie beim letzten Mal für das Training benutzt hatte. Kurzerhand zog sie eines ihrer beiden Schwerter und hieb die dünnen Bretter in der Mitte durch. Nun waren sie nur noch halbsogroß und erschwerten so die bereits bekannte Übung.
"Lass dich durch das kleinere Format nicht abschrecken. Ich will dich nicht nochmal überrumpeln. Allerdings will ich es dir auch nicht zu einfach machen. Dieses mal lasse ich die Bretter gleichmäßig zwischen den Bäumen hin und her schwingen. Deine Aufgabe ist es wieder sie zu treffen. Die Schwierigkeit erkennst du sicherlich sofort, sie sind dieses mal nicht nur kleiner, sondern schwingen auch zwischen den Stämmen. Wenn du nicht gut genug zielst, darfst du nach dem Training alle Bolzen wieder aus den Bäumen ziehen."
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Irgendwo in Schwarzwasser
"Sie kommen mit mir!", befahl Onyx und packte alles andere als sanft die HAnd des Typen der die Rote Snapperin in der Sumpflilie gerade davon überzeugen wollte ihm für nen Sack Gold hinter der Lilie irgendwas aufzublasen oder so. So ganz verstand der Hüne nicht jeden Begriff den die Leute manchmal benutzten. Es war wohl so, weil er dunkler Hautfarbe oder so war.
"Hey! Hey! Großer, lass mich los. Ich möchte doch nur etwas Spaß haben.", meinte der Typ und versuchte sich von Onyx Hand zu befreien.
"Onyx sagen sie kommen mit Onyx und nicht mit dir. Onyx haben keine Zeit für dein Spaß. Lassen dir blasen auf was, von jemand anderen!", herrschte der Dunkelhäutige den Typen an und schüttelte dessen Befreiungsversuche sozusagen ab.
"Schon gut! Schon gut! Lass mich nur los, Großer! Wollt doch niemanden verärgern!", beschwichtigte der Kerl. Onyx überlegte kurz, ließ dann ab und verpasste dem Typ dann eine mit der Faust.
"Auaaa! Wieso hast du das getan?", fragte der Kerl und hielt sich die blutige Lippe.
Onyx brummte nachdenklich und zuckte mit den Schultern. Weil er es wollte - das war onyx'sche Logik.
"Kommen mit! Du heute nicht arbeiten. Onyx Mama so gesagt und sie ohne Wort doof geguckt. Also sie nicht nein gesagt.", forderte er die Rote Snapperin auf und schritt mit ihr aus der Sumpflilie.
"Wir haben Deal. Onyx jetzt endlich zurück von Auftrag. Wir jetzt beginnen. Du haben Bogen? Und was wissen noch von Bogen? Erzählen Onyx über Teile von Bogen und aus was sind. Sagen Onyx wie Bogen funktionieren. - Wie Onyx sollen dich heißen? Rote Snapperin sein nett, aber klingen auffällig hier. Leute dumm schauen. Wollen heißen lieber Berta? Oder andere Name von weiße Frauen...sagen...Chantallä!? Sein modern Name bei arme Menschen Hier genug arme Menschen.", sinnierte der Onyx, während sie gen Schießanlage schritten.
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"Ich heiße immer noch Freiya", stotterte die Rothaarige überrascht. Sie konnte Mama Hooqua gerade noch einen entschuldigenden Blick zuwerfen, dann waren sie schon aus der Sumpflilie getreten. Das mit dem Blasen hatte sie auch nicht verstanden, warum sollte der komische Mann ihr Gold geben, wenn sie auf seiner Flöte blies? Und was hatte das mit französisch zu tun? Was war französisch überhaupt?
Sie war verwirrt und fühlte, dass sie darüber nicht nachdenken sollte, sondern lieber auf Onyx' Fragen eingehen sollte.
"Weder Berta noch Chantallä noch Snapperin", sagte sie bestimmt. "Freiya reicht."
Chantallä. Eltern konnten grausam sein.
Sie versuchte mit dem Hünen schritt zu halten. Dort, wo er einen Schritt machte, musste sie zwei machen.
"Ich weiß gar nichts über Bögen", sagte sie. Selbst wenn sie sich daran erinnert hätte, einmal mit dem Unterricht bei jemanden angefangen zu haben, wäre nicht mehr herausgekommen.
"Ich habe keinen Bogen, ich wusste ehrlich gesagt nicht, wo ich beim Kauf ansetzen sollte, was sich eignet und was nicht."
Sie wollte ehrlich sein, wenn Onyx sie unterrichtete. Auch, wenn sie sich damit Ärger einhandeln konnte.
"Ich habe gesehen, wie ein Bogen funktioniert, habe ihn ja auch letztens in der Hand gehalten, aber ich weiß nichts genaues. Jeder Pfeil landete vor meinen Füßen."
Sie schämte sich ein wenig. Alle erwarteten von ihr, dass die Rote Snapperin bald wieder Fliegen aus meilenweiter Entfernung traf. Am besten jetzt gleich. Hoffentlich beobachtete sie keiner beim Üben mit Onyx.
Sie überlegte schließlich laut.
"Es gibt eine Sehne und einen Teil aus Holz", sagte sie schließlich.
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Schießstand bei den Sumpfkrautplantagen, Südlich von Schwarzwasser
Der Kapitän verzog kurzzeitig das Gesicht, als er sah, wie die Schneiderin mit ihrem Schwert auf das Brett einhob. Aber er äußerte seine Kritik nicht laut. Niemand der seine Waffen noch lange benutzen wollte, hieb ohne Notwendigkeit damit auf Holz ein - und sei es noch so dünn. Das schadete nur der Klinge und Yared hätte ihr gerne sein Beil überlassen. Aber gut, das Brett war durch, die Aufgabe gestellt.
Der ehemalige Sippenführer nahm die Armbrust vom Rücken, hielt sie mit einem Fuß im Steigbügel fest, während er die Sehne spannte, um anschließend den Bolzen einzulegen. Währenddessen zappelte das Brettchen schon an der Leine hin und her. Es war jetzt nicht nur kleiner, sondern auch das fehlende Gewicht ließ es nun schneller hin- und herschaukeln und begann sich bei ruckartigen Bewegungen der Seile gar leicht zu drehen.
Der Kapitän zielte auf eine Stelle auf dem Kreisbogen, den das Brett beschrieb und wartete, bis es den anvisierten Punkt passieren würde, wie er es schon früher getan hatte. In dem Moment als das Ziel den fokussierten Bereich erreichte, betätigte er den Abzug, doch der Bolzen verfehlte das Brett. Da es nun kürzer war, hatte es den Zielbereich schneller passiert, als zuvor. Er würde schießen müssen, bevor das Brett den Teilbereich überstrich.
Yared legte abermals an und fixierte jetzt die Flugbahn des taumelnden Brettchens über Kimme und Korn. Gerade wollte er abdrücken, als das Ziel einen unerwarteten Schwenk andeutete. Er brach ab und beobachtete weiter. Wäre das ein Karnickel gewesen, es wäre jetzt auf und davon.
Auf der Jagd konnte er sich das wahrscheinlich nicht leisten, aber dieses Brett bewegte sich ja auch nur wie eine lästige Fliege die um einen Haufen Mist kreiste.
Er unternahm einen zweiten Anlauf, konzentrierte sich auf das Ziel und feuerte. Holz splitterte. Der Bolzen hatte das Brett zwar nicht mittig getroffen, aber dennoch getroffen.
Kurze Zeit später lag die Armbrust wieder schussbereit in seinen Händen.
Wiederum beobachtete er die Schwankungen, doch wartete er diesmal nicht so lange wie zuvor, ehe er den Abzug drückte und ... der Bolzen grub sich mit einem knackigen Tschock durch die Rinde eines dahinter stehenden Baumes.
Dieses Beliarsweib hatte ihn beobachtet und im Moment seines Schusses, die Seile ruckartig nach unten gezogen. Blitzartig war das Brett nach oben katapultiert worden - meilenweit aus seiner Schussbahn.
Myra schien sich blenden zu amüsieren.
"Sehr witzig.", knurrte er leise vor sich hin.
Yared nahm den Geißfuß heran, um die Armbrust erneut zu laden.
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"Freyja...", brummte Onyx und versuchte es sich einzuprägen. Eigentlich gab er nur wenige Leute die bei Onyx einen Namen hatten. Viel mehr ordnete er Menschen nach Besonderheiten ein. Das war einfacher und langweilige Leute, waren eben langweilig.
Auf ihre Antworten schüttelte er dann aber den Kopf. Wie konnte es sein, dass sie es nicht wusste? Hatte sie so einen Schlag auf den Kopf bekommen? Eigentlich unfassbar, aber eigentlich nicht verwunderlich. Sie war eben nicht ganz dicht im Kopf und musste wieder mit den Dingen aufgefüllt werden, die davor drin waren.
Dafür musste man eben die Spuren der Vergangenheit finden und fördern.
Dazu waren sie ja nun hier an der Schießanlage. Ein paar übten noch und tranken dabei etwas bekömmliches. Andere saßen in der Nähe oder beim Turm der Jäger und unterhielten sich ganz entspannt.
Onyx griff eine erzfackel und platzierte sie dann da von wo aus er mit ihr etwas machen würde. Nicht direkt auf der Schießbahn allerdings.
"Du werden alles lernen. Bogen sein aus Sehne und Holz wie du gesagt. Holz heißen Bogen und geben Bogen seinen Namen.", erklärte Onyx sehr sehr schlau klingend. Freyja nickte, als hätte Onyx nun mit ihr geheimes Geheimwissen geteilt.
"Aber nicht nur aus Holz. Bogen kann sein aus Horn von Tier. Seien nicht schlecht so Bogen, aber teuer. Du fnden in Welt verschiedene Art von Bogen. Kurze Bogen, lange Bogen, Jagdbogen, Kriegsbogen. Genauso Sehne von Bogen. Einfache Sehne du haben aus Ziegen-Sehne oder von Kuh. Bessere Sehne und hier viele nutzen seien von Scavenger. Beste Sehnen du finden bei Snapper und Ork. Snapper Onyx schon getestet. Ork noch nicht. - Sehne sein wichtig so wie Bogen selbst. Schlechte Sehne, schlechter Schuss. Du gute Sehne immer pflegen gut, weil teuer. In Stadt von Menschen du sehen Schützen was haben gespannte Bogen auf Rücken. Das sein teure Sache. Besser sein immer, wenn du Sehne machen drauf, wenn Bogen benutzen und machen ab, wenn nicht benutzen. Du dir das merken. - Holz du auch müssen lernen zu pflegen. Was dir bringen schöne Bogen wenn Holz faulen? Du halten trocken und benutzen Lampenöl was reiben mit Tuch ein. Moleratfett auch gut sein dafür. - Das für Erste. Wir dir besorgen nächste Mal Bogen für üben. Und wenn bereit für richtig schießen, dann wir besuchen Andrahir. Er aussehen wie Frau, aber machen trotzdem gute Bogen.", erklärte der Hüne und reichte Freyja dann seinen Starkbogen. Ein Bogen mittlerer Größe, der schon anhand seines Holzes aussah, dass man viel Kraft für diesen benötigte, aber auch starke Schüsse abgab.
Dann reichte er ihr eine Scavengersehne und eine ausgeleierte Sehne, damit sie den Unterschied mal sah.
"Bevor dir zeigen wie man Bogen spannen und stehen richtig. Du zeigen Onyx das du Schützennatur haben.", meinte er in einem enorm ernsten Ton.
Er zeigte auf einen Baum, nahm die Erzfackel und beleuchtete dann ein in etwa zwei Fäuste breites Astloch. Dann reichte er ihr Sonnenblumenkerne.
"Wären du Mann, du müssten zielen mit was dich Natur segnen. Du aber Frau und Frau nicht können pissen Name in Schnee, heh? - Du aber spucken! Spucken entweder mit Spucke oder mit Kern. Was zählen, sein dass du dich erinnern an was du können und du treffen Astloch. An Gefühl und Geist für machen Konzentration und treffen, weil haben Gefühl für treffen. Was bringen jemand lernen schießen mit Bogen, wenn nicht geboren für Bogen und können nicht mal spucken wie gute Schütze, heh? Beginnen!", wies er an und stellte sich da hin von wo Freyja treffen sollte. Es waren bestimmt fast drei Meter. Bei dne Lichtverhältnissen, absoluter Windstille und den Umstand das es zu spucken galt nichts einfaches. Aber wer ein guter Schütze werden wollte, musste das Gefühl für Geschosse und das Zielen haben.
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Als verantwortungsvolle Lehrkraft war es natürlich ihre Aufgabe den Schüler nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern, sodass er eigene Stärken erkennen konnte. Der Treffer auf dem kleinen Brett kam unverhofft und keineswegs wollte Myra, dass sich Yared auf diesen Punkt etwas einbildete. Zu schnell fühlten sich Schüler von den eigenen Leistungen überzeugt. Die Grünhaarige legte in ihren Lehren immer speziellen Wert darauf, dass sich ihre Schüler nie zu sicher fühlten. Vielleicht war das ruckartige Zurückziehen der Schnur nicht gerade nett gewesen, aber er hatte gelernt, dass nicht alles immer so glatt lief und sie hatte ihren Spaß gehabt.
Noch während die junge Schneiderin am Grinsen war, traf bereits der nächste Bolzen eine der Scheiben. Jetzt wurde ihr die Sache dann doch zu ernst.
"Geh am besten ein paar Schritte weiter zurück.", rief sie ihm zu, "Achte darauf, dass du die Flugzeit deines Bolzens in deinen Schuss mit einberechnest. Bisher zeigst du ja, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist. Wenn du es jetzt noch schaffst auf verschiedene Entfernungen die Zeit, die dein Bolzen von der Armbrust bis zum Ziel benötigt, richtig einzuschätzen, dann bist du bereit für speziellere Übungen. Wechsel also einfach nach jedem Treffer den Abstand zu den Zielen. Du musst nicht zwangsläufig immer weiter weg gehen, auch auf kurze Strecken kannst du dich verrechnen."
Erneut begann Myra an den Seilen zu ziehen, sodass das Spektakel weitergehen konnte.
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Schießstand bei den Sumpfkrautplantagen, Südlich von Schwarzwasser
Oh, er wusste sehr genau, wie man Flugzeiten berechnete. Yared war gelernter Artillerist. Er hatte in Trelis einst eine ganze Geschützmannschaft befehligt und eigenhändig Flugbahn und Geschwindigkeit beim Ausrichten des schweren Geschützes mit Hilfe eines Sextanten bestimmt oder, wenn die Zeit knapp war, anhand fester Markierungen im Gelände überschlagen. Aber das war natürlich nicht das, was Myra hier meinte.
Yared versuchte es erneut. Diesmal versuchte er die Flugzeit zu bestimmen. Der Sappeur wusste, das Zählen bei derlei kurzen Abständen keinerlei Sinn machte. Er musste das machen wie beim Spielen auf seinem Banjo, den Rhythmus erfassen und dann wiedergeben - den Rhythmus vom Federn der Sehne und dem Geräusch des Einschlags im hölzernen Ziel.
Er brauchte mehrere Anläufe bevor er intuitiv der Klangfolge eine Distanz zuordnen konnte, doch er hatte den Rhythmus schon immer im Blut gehabt, was sehr dabei half.
Beim Spannen bemühte er sich, die Flugdauer zu behalten indem er zunächst in gleichen Abständen mit der Zunge schnalzte, bevor er es schaffte den Rhythmus auch einfach so in seinen Gedanken zu reproduzieren.
Gut zwei Dutzend Durchläufe später konnte er daran gehen, die Entfernung zwischen sich und dem Ziel leicht zu variieren, ohne enorm an Zielgenauigkeit einzubüßen.
Es würde noch ein Weilchen dauern, bevor er das gänzlich intuitiv zustande brachte, und einige Zeit, bis er fließend die Entfernung würde wechseln können, aber der erste Schritt war getan.
Währenddessen kam eine Rothaarige in Begleitung eines dunkelhäutigen Kriegers auf den Schießplatz. Die beiden konnten noch nicht lange beim Waldvolk sein, denn Yared hatte sie noch nie zuvor gesehen.
Wobei, den Dunkelhäutigen vielleicht schon. Irgendwie kam der ihm entfernt bekannt vor.
Die beiden widmeten sich offenbar dem Bogenschießen, einer Kunst die im Waldvolk wesentlich verbreiteter war, als die Verwendung von Armbrüsten. Er selbst erinnerte sich immer noch an damals, als er für seinen Überlegung, Ballisten für die Verteidigung Schwarzwassers einzusetzen, nur ein ungläubiges Kopfschütteln von Kaldrin geerntet hatte.
Der durchschnittliche Waldläufer mochte vielleicht nicht davon zu überzeugen sein, dass technisch aufwändige Wurfmaschinen eine sinnvolle Anschaffung waren, doch Yared selbst war immer noch der festen Ansicht, dass ein paar gut platzierte Geschütze auf den Terrassen des Baumes jede größere Invasionsstreitmacht auf dem Weg vom Orkwald herab soweit dezimieren konnte, dass sie ihr Vorhaben, Schwarzwasser anzugreifen, noch einmal überdenken würden. Aber auf ihn hörte ja keiner.
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