[Faraday]

"Ja... ja natürlich. Kein Problem, dann eben morgen in aller Frühe, Frische. Ja. Schlaf gut und noch mal entschuldigung!"
Die Tür schloss sich und Faraday kam sich wie der letzte Idiot vor. Das war ja mal völlig daneben gegangen; musste er sich jetzt wirklich erst wieder darin üben, einfachste Sitten und das gängige Miteinander zu lernen? Um die Uhrzeit selbst im Bett zu sein und all sowas? Er würde noch einmal zum Tempel gehen und beten. Das hatte er ohnehin heute noch nicht und bald war die Mitternacht auch schon heran. Er wollte dafür beten, wieder ein wenig ruhiger und rationaler zu werden. Vielleicht war eine Meditation auch keine schlechte Idee...

[Yared]

Yared schüttelte nur traurig den Kopf. Dieser Kerl und sein Schläger waren wirklich tief gesunken.
Eine Keilerei draußen? Das wäre nicht gut für ihn. Nicht etwa, weil er nicht gewinnen konnte - der Anleger war nicht weit und irgendwo in der nähe mussten sich Ijan, Murdoc und Goya herumtreiben - aber irgendjemand alarmierte sicher die Klingen und gerade jetzt konnte das für Fremdländer, wie ihn, Folgen haben, die weitaus unangenehmer, als gebrochene Nasen oder blaue Flecke waren.
Der Kapitän ließ sie links liegen und drückte sich durch die Massen vor zum Ausschank, dabei ständig seine Taschen kontrollierend, dass auch ja keiner der hiesigen Langfinger ihn und seine selbst eingeladenen 'Gäste' um ihr Bier brachte, indem er ihm die Börse stahl.
"Einen Krug stewarker Apfelwein und zwei Bier für die beiden Gestalten, auf meine Rechnung.", meinte er zum Schankknecht, während er auf den Kerl mit dem Tisch und seinen Kumpan zeigte.
Der Sippenführer legte ein paar Kupfermünzen auf den Tresen, nahm den vollen Weinkrug, den sein Gegenüber darauf gestellt hatte und verzog sich in eine abseits gelegen Ecke neben der Tür zur Küche.
Er hatte jetzt weder Zeit noch Lust sich mit diesen Hamballen abzugeben.

[Ronsen]

Als sich der Knilch an den Tresen gesetzt hatte, wusste Ronsen, dass das Eis gebrochen war und stupste Borius triumphierend an die Schulter. Dieser zuckte nur, er hätte nichts gegen eine Schlägerei gehabt. Jetzt hatten sie ihr Bier, aber der Bursche war trotzdem interessant, immerhin hatte er versucht, Paroli zu bieten. Deswegen flankierten sie ihn nun am Tresen.
"Sag mal Seebär, du hast nicht zufällig eine Ahnung, wo man hier günstigen Rum bekommt, oder? Ich hab früher ab und an mit Leuten wie dir verhandelt."
Das waren noch Zeiten. Da war er weder auf Khorinis, noch in der Armee gewesen. Er war einfach nur der Sohn eines fahrenden Händlers, der aus Feshyr stammte. Und dort hatten sein Bruder und er ab und zu mit den Piraten verhandelt. Sie waren Draufgänger und so langsam kehrte Ronsen wieder an seine Wurzeln zurück. Wie gerne würde er seinen Bruder mal wieder sehen...
"Ach nee... vergiss es. Du verkleidest dich doch nur, was? Ich meine... hier in diesem Kaff, das nicht mal einen anständigen Hafen hat... da kommen doch keine Schiffe an. Trink einfach dein Weinchen und mach 'ne Fliege."

[Yared]

Rum - hier im Süden ein recht seltenes Gut, denn die Schnapsbrennerei hatte auf Argaan keine Tradition. Der Mann musste schon was von der Welt gesehen haben.
"Genau so habe ich mir das vorgestellt. Ich trinke meinen Wein und verschwinde wieder von hier.", sinnierte Yared.
Der Wein war gut. Die hatten hier bestimmt ihre eigene Gewürzmischung, denn das war das Geheimnis beim stewarker Apfelwein, das miesen von wirklich gutem unterschied - die Gewürze. Manche versetzten ihn mit rotem Tränenpfeffer, manche mit getrocknetem, gemahlenem Sumpfkraut, was gerade in Thorniara eine beliebte Möglichkeit war, den illegalen Konsum des Rauschmittels zu verbergen.

Der Kapitän hatte gerade den letzten Rest hinuntergeschluckt, als er Kaldrin von hinten hörte.
"Macht mal Platz ihr beiden! Wir wollen zu unserem Käpt'n!", meinte der hagere Sippenkrieger und ehemalige Chef der sildener Mühlenwächter freundlich aber bestimmt zu dem dunklen Muskelprotz und seinem Kumpel.
Yared drehte sich um. Sein Waffenmeister war in Begleitung von Evan, Moe und dem vorlauten Goya, dem einzigen der vier der sich doch hinter seinem kecken Grinsen etwas von der Statur des dunkelhäutigen einschüchtern ließ, was aber wohl nur dem geschulten Auge des Belagerungsingenieurs und Kauffahrers auffiel, der ihn schon lange kannte.
So schnell drehten sich die Kräfteverhältnisse.
Der Kapitän grinste innerlich.
"Nicht so rüde Kalle, die beiden sind meine 'Gäste'"
"Ach, sind sie das?", meinte der Waldkrieger mit dem beidhändig zu führenden, langen varantischen Krumschwert auf dem Rücken und beäugte sie äußerst skeptisch.
Yared stand auf.
"Gehen wir an den Tisch da drüben und lassen die beiden in Ruhe ihr Bier genießen."

Als sich die fünf Männer gesetzt hatten fragte der Kapitän: "Und habt ihr was über den Verbleib von Manuele erfahren können?"
Goya räusperte sich.
"Also im Gefängnis sitzt er nicht. Irgendjemand in einer Spelunke an der Anlegestelle meint ihn, oder jemanden, der so aussah wie wir ihn beschrieben, vorgestern mit dem ehemaligen Aufseher der Akademie gesehen zu haben."
"Gut."
Dann konnte er ihm das Schiff hoffentlich doch noch irgendwie übergeben und wenn er es Arvideon überlassen musste, den Nordmarer von seinem neuen Besitz in Kenntnis zu setzen.
"Wir werden noch Vorräte aufnehmen und dann geht es Richtung Myrtana. Wir werden in Feshyr Halt machen, damit wir nicht so viel Wasser mitnehmen müssen."

[Ronsen]

Ronsen und Borius blickten den fünf Fremden skeptisch vom Tresen aus hinterher.
"Was hältst du davon?", fragte der Südländer irritiert.
"Ich dachte, jetzt ginge es mal ein bisschen rund. Aber die scheinen alle Angst vor uns zu haben."
"Sie haben noch kein Armdrücken gemacht."
"Stimmt", Borius zuckte mit den Schultern, "Viel Spaß. Ich hab mein Bier."
Ronsen kippte das Gesöff hinunter und lief, leicht wankend, zu dem Tisch der Möchtegernpiraten herüber.

"Falls ihr es noch nicht wusstet, hier gilt die Regel, dass jeder Neue, der nicht gegen mich im Armdrücken antreten will, mir ein Bier spendieren muss. Aber weil ich heute einen guten Tag habe, erlasse ich euch diese Schmach."
Ronsen setzte sich einfach dazu.
"Habe ich das gerade richtig gehört? Kapitän? Feshyr? Ihr wollt mir nicht erzählen, dass ihr dorthin fahrt, oder? Mit was für einem Schiff seid ihr überhaupt hier?"

[Yared]

"Nein, wir wollen dir nicht erzählen, dass wir dorthin fahren.", meinte Goya auf seine unverwechselbare Weise - und heute besonders herablassend.
"Und wenn du nicht gleich verschwindest setzt's was!", fuhr Kalle den dunkelhäutigen an.
"Wenn du mich fragst, braucht er eine ordentliche Tracht Prügel.", meinte dagegen Evan zu Moe, als ob das dreiste Muskelpaket gar nicht da wäre.
"Halt dich zurück, Kalle! Beruhigt euch Leute, gehen wir. Hier hat man nicht genug Privatsphäre, um wichtige Dinge zu besprechen."
Normalerweise hätte der Sappeur nicht gezögert und den Gast für ein paar Schläge nach draußen Gebeten. Aber er konnte in diesen Zeiten wirklich keine Prügelei gebrauchen, vor allem aber keine Aufmerksamkeit durch feindselige Ordnungshüter und bei all seinem Bemühen den Ball flach zu halten, schien der dunkle Krieger keine große Hilfe zu sein. Wahrscheinlich tat er in letzter Zeit nicht viel außer Saufen, Fressen und Schlafen und bekam von dem, was in dieser Stadt passierte, weniger als die Hälfte mit. Vielleicht war er aber auch einfach nur zu blöde.
Die Gruppe erhob sich und verließ die Taverne.
Kalle, Evan und Moe lautstark murrend darüber, dass sie den Schrank nicht vermöbeln durften.
Draußen vor der Tür machten sie Halt und genossen die kühle Nachtluft nach dem stickigen Gemisch, dass in der Sturzkampfmöwe unter der Decke hing.
Der Kapitän stopfte seine Pfeife und entzündete sie.

[Ronsen]

"So behandelt mich keiner", fluchte Ronsen, erst leise, dann lauter werdend und die Taverne verlassend. Da sah er die fünf, wie sie genugtuerisch eine rauchten und ihn wie Luft behandelten.
"Ihr habt ja gar keine Ahnung, mit wem ihr euch anlegt! Ich könnte euch alle Knochen einzeln brechen! Aber an einem fairen Kampf scheint ihr ja kein Interesse zu haben, feiges Pack! Haut ab, wo ihr hergekommen seid! Aber ich warne euch: Ihr habt es euch soeben mit einem der größten Seemänner der myrtanischen Geschichte verscherzt! Und wenn ich euch oder euren Kahn noch irgendwann einmal sehe, dann sollen euch die Götter schützen, das schwöre ich euch!"

Wutentbrannt stapfte Ronsen in Richtung der kleinen, provisorischen Steganlage. Er musste das Schiff sehen, mit dem diese Möchtegernpiraten hier waren. Wenn es sein musste, würde er die Leinen kappen und allein damit wegfahren. Nur fort aus dieser beschissenen Stadt und diesem beschissenenen Leben.

[Yared]

"Los hinterher!", rief Yared und eilte dem wütenden, wohl zu lange auf Land sitzenden Seemann hinterher.
"Wieso, Käpt'n? Meinst du nicht, dass die anderen mit ihm fertig werden?", rief Kaldrin, während er zu ihm aufschloss.
"Doch, aber wir müssen verhindern, dass er unerlaubt einen unserer Kutter zu betreten versucht und Collin und Bram ihn im Halbdunkel mit Armbrustbolzen spicken. Ich will keinen toten abgehalfterten Seemann auf einem meiner Boote! Und noch weniger will ich die damit verbundenen Scherereien mit den Behörden!"

Der Mond schien schwach am klaren Himmel über ihnen, während sie dem verrückten Seemann, der offenbar den Landkoller hatte, zum Kai hinterher eilten, um Schlimmeres zu verhindern.
Kurz vor der Stelle an der die beiden einmastigen Boote ruhig und noch friedlich vertäut lagen, holten sie ihn ein.
"Halt! Stehen bleiben!", kam die Stimme des Smuts, vom Vordeck.
Neben ihm standen Bram und Jarnik, alle drei mit geladenen Armbrüsten.
Goya war etwas außer Atem. Yared jedoch schnaufte nur einmal kurz durch, dann sah er den dunkelhäutigen an.
"Darf ich wenigstens noch erfahren, wer der unfreundliche Kerl ist, der sich hier gleich von meinen Leuten erschießen lassen will?"
Seine Pfeife war beim Rennen kalt geworden.

[Ronsen]

Ronsen erkannte für gewöhnlich, wann eine Situation brennzlig wurde. Aber dass hier Piraten frei mit Armbrüsten durch Setarrif spazieren durften, damit hatte er nicht gerechnet. Noch ein Grund, dass er der Wachmannschaft hier einfach nicht vertrauen sollte. Er griff nach seinem Runenschwert, ließ es aber schließlich bleiben, weil dieser Griff sein Todesurteil sein konnte. Der Wind heulte, die Wellen des Meeres preschten mit animalischer Geschwindigkeit gegen die Kaimauer.

"Ich bin Ronsen", rief er schließlich, "Euch vielleicht besser bekannt unter dem Namen Rheinold. Falls ihr es verkraften könnt, einen ehemaligen Admiral hinterrücks zu erschießen, dann tut es doch! Ich bin es leid in einer Gesellschaft zu leben, in der es keine ehrenhaften Einzelmenschen mehr gibt. Stattdessen überleben nur der Rudelführer und seine dummen Schafe! Soll ich euch was sagen? Ich war mal Rudelführer. Stand genau an der Stelle, an der euer Einauge heute steht. Aber ich war es leid, das Elend der Menschen zu sehen, die ich und der König unterdrücken wollten. Ich bin dem Konflikt aus dem Weg gegangen und wollte nur noch nach Hause, nach Feshyr, wo die Menschen in ihrer Einfachheit leben und sich nicht um die Probleme der Könige scheren müssen. Aber hier verkehren leider auch keine Schiffe, daher bin ich auf der falschen Insel gestrandet."

Er seufzte.

"Wenn ihr einen Funken Respekt im Leib habt, dann lasst mich am Leben. Und wenn ihr dazu noch Ehre habt, dann lasst mich gegen euren besten Mann kämpfen. Wenn ich gewinne, dann fahrt ihr mich nach Feshyr. Und wenn ich verliere, dann kann ich von mir aus auch zur Hölle fahren. He Kapitän! Ja du! Ich erwarte dich morgen abend hier unten am Kai auf einen ehrbaren Kampf, einer gegen einen. Oder bist du auch nur ein Schaf, das einer höheren Macht gehört, hm?"