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Suzuran lauschte ihrem Begleiter, der gerade dabei war ihr zu erklären, wo er sein Können gelernt hatte. Die junge Frau schaute den jungen Mann dabei unentwegt an, beim Laufen hatte er den Kopf bis zum letzten ausgesprochenen Wort gesenkt gehabt, hob ihn dann aber plötzlich als hätte er eine Eingebung und schaut mit großen, glitzernden Augen in den Horizont.
Dies war auch das Zeichen für die junge Frau den Blick vom Gesicht ihres Begleiters abzuwenden und nach vorn zu blicken.
Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brachten den Sildener See zum glitzern, als bestünde seine Wasseroberfläche aus abertausenden von Kristallen.
Jetzt wusste Suz wieso Yngvars Augen so strahlten, bei diesem Anblick blieb einem nichts anderes übrig. Nach Tagen die sie im Grün der Wälder verbracht hatten, bot die Farbe des Sees im Licht des Abends eine schöne Abwechslung für die Augen.
Zielstrebig wurde sie von ihrem Begleiter, der sich wohl sehr über die Ankunft in seinem Heimatdorf freute, über eine Brücke geführt, um dann vor einer Mühle stehen zu bleiben.
Sie hatten Silden erreicht, die junge Frau war nach Tagen der Reise froh, erleichtert hier erst einmal Aufenthalt zu haben. Leider wurde es immer dunkler und sie musste sich die Besichtigung Sildens auf morgen aufheben.
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Ohne zu zögern tunkte Corax Mittel- und Zeigefinger in den Brei der seine Schüssel füllte. Die klebrige Masse blieb hängen und wurde schnell in den Mund geschoben. Als er die Finger ableckte breitete sich ein würziger, leicht süßer Geschmack in seinem Mund aus. Wieder tunkte er die beiden Finger in sein Mahl, als ihm Vivins Blick aufiel. Die Druidin saß ihm gegenüber und hatte ein Stück Brot in der Hand von dem sie ab und zu ein Stück abbiss. Er zog fragend eine Augenbraue leicht hoch und erwiederte ihren Blick. Vivin schmunzelte. "Noreia hat einen Interessanten Vorschlag gemacht.", meinte sie und zwinkerte ihm zu. Corax runzelte die Stirn und seufzte dann leise als er begriff worauf sie anspielte. "Sie will nur unser bestes, hat sie viel Zustimmung gefunden?" Vivins Schmunzeln wuchs zu einem leicht spöttischem Lächeln an, bevor sie ihm antwortete :" Ah, nein ich fürchte nicht, auch wenn ich die Idee sehr interessant fand. Allerdings haben ihre Argumente nicht sehr überzeugend gewirkt, Ceris fand die Idee sich dauernd umziehen zu müssen äusserst anstrengend - wo sie wahrscheinlich recht hat. Aber Noreia meinte wir müssten irgendetwas tun um bestimmten Männern irgenwelche Ängste abzugewöhnen." Jetzt war es Corax der leise kicherte, "Ich glaube so groß war meine Angst nicht, mir kommt einfach nicht zugute das ich in anderen Verhöltnissen aufgewachsen bin." Vivin nickte und erhob sich nun. "Soetwas ähnliches dachte ich schon, vieleicht braucht du auch nur ein wenig Nachhilfe in Sachen weiblicher Anatomie.", ihre Augen blitzten spöttisch und Corax spürte wie ihm leicht warm im Gesicht wurde, "Mal sehen eventuell trainieren wir ja auch mal beizeiten, man sieht sich Corax." Bevor er irgendwas erwiedern konnte war sie auch schon davon gerauscht. Corax schüttelte den Kopf um nicht über das Gespräch nachdenken zu müssen. Das war Vivin, man sollte nicht allzuviel auf solche Bemerkungen von ihr geben. Leicht vor sich hinlächelnd widmete er sich wieder seinem Essen.
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Trainingswiese vor Silden
Schon früh während der Schwertkampfausbildung bei Tavik hatte Yared gelernt seinen linken Arm aus dem Kampf herauszuhalten und unabhängig von seinem Schwertarm zu verwenden, um zum Beispiel seine Tasche zu heben, die aber kein Vergleich zum Gewicht des Schildes in seiner Hand darstellte.
Yared ging in Angriffsstellung und hob sein Schwert und sogleich merkte er, was hier wirklich das Problem war. Es war nicht das Gewicht des Schildes. Das behinderte ihn höchstens ein bisschen im Bezug auf seine Schnelligkeit und Wendigkeit. Nein, es war ganz einfach die Tatsache, dass er nicht einfach nur auf seinen Schwertarm achten musste und, so lächerlich sich das Ganze anhörte, es war die Koordination. Er wusste was er mit dem Schwert zu tun hatte und das nicht nur von ungefähr, aber er wusste beim besten Willen nicht, was er währenddessen mit dem Schild anstellen sollte, damit es ihm nicht ständig im Weg war.
"Na, was ist los? Ich warte.", bemerkte Jarvo nicht unfreundlich, während der Sappeur immer noch das Schild betrachtete, als käme es von einem anderen Stern.
Es war ein Fremdkörper für ihn, der ihn beim Kampf mehr störte und irritierte, denn ihm half, und das war ein Zustand den Yared nicht ausstehen konnte, trotzdem ging er, so gut es ging, in den Angriff über.
Die Schwertstreiche gingen ihm wie natürlich leicht von der Hand. Dennoch sah es schon seltsam aus, wie er das Schild vollkommen ineffektiv und kontraproduktiv von seinem Körper abspreizte.
Jarvo ließ das Trauerspiel einen Schlagabtausch lang weiterlaufen, bei dem Yared aber gänzlich ohne das Schild zu benutzen agierte und reagierte, bis der Sappeur letztlich von selbst die Waffen streckte.
"Das wird so nichts, Jarvo. Momentan ist das Schild für mich eher ein Klotz am Bein, denn eine Hilfe."
Der aber schüttelte nur grinsend den Kopf.
"Mach weiter Yared! Nichts anderes als Übung macht schließlich den Meister."
Zunächst unwillig warf sich der stellvertretende Lagermeister also wieder in den Kampf, während dem er leicht ins Grübeln kam.
Erst hatte ihn Nanami aus der einen Resignation herausgeholt nur, damit er nun wieder in die Nächste fallen konnte?
Nein, darauf hatte er keine Lust und langsam kämpfte er verbissener und versuchte auch das Schild zu verwenden, was ihm zwar immer noch meist nicht wirklich glückte und er nicht selten, vor allem da nun auch ein ordentlicher Regenguss einsetzte, ging er auf den Boden. Nichtsdestotrotz wurde er mit jedem Angriff und mit jeder Verteidigung unmerklich Stück für Stück sicherer ohne es selbst zu bemerken.
Dennoch würde es noch eine Weile dauern, bis er wirklich mit der Schild-Schwert-Kombination zurechtkommen würde.
Verbissen kämpfte Yared weiter an, mit dem Schild, gegen seinen inneren Schweinehund, und Jarvo, der dies bemerkte, lächelte unscheinbar. Das hatte er alles schon hinter sich.
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Vor einer Woche hatte Ornlu ihr die Reise gen Varant angekündigt. Demnach musste es bald losgehen, vielleicht schon morgen. Sie hatte seither weder Vida gesehen noch Corax Erindar kennengelernt, den sie hätte fragen können. Wo war Vida? Sie hatte sie einfach nicht gefunden. Ihre Euphorie darauf, Ornlu von den Ergebnissen ihrer Aufgabe zu berichten und in der Ausbildung fortzufahren, wurde etwas davon gehemmt, dass sie Yared zurücklassen musste. Als er gestern Abend zu ihr gekommen war, hatte etwas nicht gestimmt, aber gewaltig. Sie hatte es ihm angemerkt. Es lag nicht daran, dass er so wenig gesprochen hatte, auch nicht daran, dass er etwas unsicher dagestanden war, sondern sie hatte es an seinem Gesichtsausdruck gesehen, in Momenten, in denen er wohl die Konzentration nicht aufbrachte, gespielt fröhlich auszusehen. Sie hatten nicht viele Worte gewechselt über sein Wohlergehen, aber sie hatten gereicht, um es zu verstehen.
Ihr Angebot, dass er bei ihr bleiben konnte, wenn er es wollte, war sehr spontan gekommen. Sie selbst war davon überrascht gewesen. Das hieß aber nicht, dass sie es nicht gewollt hatte. Es war eine spontane Entscheidung ihres Verstandes gewesen, ein produktiver Umschwung, der die Distanz, die zwischen den beiden entstanden war, etwas verringern konnte und außerdem den Vorteil brachte, dass ihre Hütte nicht unbewohnt dastand, wenn sie mit Vida und Corax demnächst aufbrach. Er war zwar nicht mehr lange bei ihr gewesen, sondern hatte sie aufgemacht zu Jarvo, seinem Lehrmeister im Kampf mit dem Schild, wie er erzählt hatte, um zu trainieren. Was würde sein, wenn sie von der bevorstehenden Reise zurückkehrte? Würde sich alles noch weiter verändert haben, oder würde vielleicht sogar durch die Entfernung wieder alles gut? Das konnte sie wohl erst sagen, wenn sie wiederkam, und um wiederzukommen, musste sie erst einmal fort. Darauf würde sie nicht lange zu warten haben. Gestern Nacht hatte sie schon einmal vorsorglich alles auf dem Tisch zurecht gelegt, was sie mitnehmen musste, ihren Reiseumhang (wobei der wohl im Sommer nicht brauchbar war, erst recht nicht in der Hitze Varants, allerdings ließ er sich zusätzlich noch für einige andere Dinge verwenden, so wie er vor einer Weile nach einem Bad im See als Handtuch diente), ihre Stiefel (die sie zur Zeit aufgrund der Hitze nicht trug, aber zum Gehen würden sie essenziell sein), außerdem etwas Proviant und... Nanami hatte sich kaum darauf konzentrieren können, was sie zurecht legte, weil sie mit den Gedanken ganz woanders war. Demnach musste sie das, im Falle eines baldigen Aufbruchs, noch einmal kontrollieren. Als Spielfrau hatte sie nie packen müssen oder sonstiges, denn wenn man immer unterwegs war, hatte man immer dabei, was man brauchte. Sie vermisste diese Reisen so sehr. Die Gruppe, die Kinder, und die wenigen, die in ihrem Alter waren und schon von klein auf dabei. Die meisten waren, sobald sie etwas kräftiger und eigenständiger waren, sesshaft geworden, hatten irgendeinen Beruf erlernt und sie hatte fortan nichts mehr von ihnen gehört.
Sie hoffte, dass die Reise sie nicht zu sehr an Vergangenes erinnern würde, denn kein Gefühl war besitzergreifender als die Sehnsucht.
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Es war wirklich eine Art Wunder geschehen. Obwohl die Temperaturen nicht gerade dazu einluden, rannte die junge Schneiderin mit Gewichten an den Füßen und Handgelenken einmal um den See Sildens. Eigentlich hatte sie es satt immer wieder zu rennen und ihre Kondition zu trainieren, aber leider hatte sich Ryu schon lange nicht mehr bei ihr blicken lassen, was für sie bedeutete, dass sie einfach die Übungen, die sie kannte fortführen sollte.
Mehr aus Langerweile als aus purer Motivation hatte die Blonde schon fast den ganzen See umrundet. Es fehlten nur noch ein paar Meter und Myra freute sich schon darauf nicht nur herum zu laufen, sondern dann auch gleich darin zu schwimmen. Unter ihrem Kostüm hatte sie nämlich ihren hellgrünen Badeanzug gezogen, welcher das Laufen nicht gerade erleichterte, weil dieser ziemlich eng an der Haut anlag, aber dafür musste sie danach nicht nochmal zu sich Nachhause laufen. Auf ihren Rücken trug sie eine kleine Tasche, in welcher sich einige Strandutensilien befanden. Eigentlich war sie gar nicht für so einen Lauf um den See gekleidet, aber das war ihr egal, lieber alles aufeinmal mitnehmen als mehrmals laufen zu müssen.
Erschöpft kam sie am Ausgangspunkt ihres Laufes an. Sie setzte die Tasche auf dem Boden, band die Gewichte ab und machte ein paar Dehnungsübungen, um nicht einen Krampf oder etwas ähnliches zu bekommen. Dann entfaltete die junge Schönheit ihr Strandtuch und zog sich das Feenkostüm aus, welches sie feinsäuberlich in ihrer Tasche verstaute. Hier und da zupfte sie sich noch ihren Badeanzug zurecht und band ihre Haare nachoben, denn sie wollte schließlich keine nassen Haare bekommen. Kurz machte sie noch ein paar Übungen, grinste dann in die Sonne und ging auf das Wasser zu.
Vorsichtig tauchte sie zuerst einen Fuß ins Wasser. Entgegen ihrer Erwartung war doch das Nass nur kühl und nicht kalt, weswegen sie sofort voller Elan ganz hinein ging. Nachdem sie das leichte Frösteln gelegt hatte, schwamm die Adlige los. Es war angenehm nach einen solchen Lauf ein kühles Bad zu nehmen. Sie wollte im Wasser weniger trainieren, sondern mehr entspannen, weswegen sie ganz ruhig ihre Bahnen zog. Dabei hatte sie aber immer einen Blick auf ihre Sachen am Ufer, falls sich jemand daran vergreifen sollte, war Myra schneller aus dem Wasser als dem Dieb dies lieb war. Aber bis jetzt hatte es noch niemand gewagt ihre Sachen auch nur schief anzugucken. Die Schneiderin hoffte auch, dass ihr Ruf in Silden ausreichte, sodass auch niemand auf die Idee kam ihr die Sachen zu stehlen.
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Nanamis Tag klang aus, indem sie nahe dem Waldrand spazieren ging. Die Luft war um diese Zeit schon angenehm kühl und der Wind säuselte im Laub der Bäume, als würde er sprechen und den Blättern etwas zuflüstern. Ihre nackten Füße trugen sie zwischen den dicken Stämmen hindurch, vorbei an Wildblumen und Farn. Ging sie tiefer in den Wald hinein oder lief sie auf seinen Rand zu? Seit ihrer Erfahrung mit dem Fuchsgeist hatte der Wald eine noch höhere Anziehungskraft für sie, als zuvor. Sie liebte es stundenlang darin herumzulaufen, sich die Szenerien einzuprägen und den Tieren zu lauschen. Die meisten waren scheu und ängstlich und ließen sich kaum blicken. Allerdings die Füchse, die zeigten kaum noch Scheu vor der jungen Bardin.
So streunte sie ziellos weiter durchs Geäst, bis sich der Wald vor ihren Augen teilte und eine der weiten Wiesenflächen vor Silden freigab. Das grüne Grasmeer tanzte vor ihren Augen mit jedem Schritt auf und ab, es verschwamm leicht vor ihren Augen, als sie ins Freie trat und die teifstehende Sonne betrachtete.
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Sein Blick fiel auf die Baumstämme und das dichte Unterholz am Rande der Wiese, verlor sich in ihm und dran scheinbar weiter und weiter in unsichtbare Ferne. Doch so sehr er es auch versuchte, er konnte nicht wirklich sehen was sich hinter den Grenzen seiner Wahrnehmung befand und er wiederstand dem Versuch seine Sinne nach denen der Lebewesen die ihn umgaben auszustrecken. Selbst wenn er den halben Wald in Bewegung setzte währe es doch unwahrscheinlich das er Vida durch die Botanik stapfen finden würde, angesichts der Fläche die abzusuchen war. Wenn sie überhaupt noch stapft und nicht schon von Tieren gegessen wurde. Er seufzte, wenn es so wäre würde er es wohl nie erfahren. Aber noch war es nicht so weit das er die Hoffnung aufgeben musste, sie war noch nicht allzulang fort. Aber er musste fort und zwar bald, sehr bald. Wenn sie nicht bald käme müsste er ohne sie aufbrechen, das wusste Corax. Er spürte die Unruhe in seinem innern, eine unruhe ausgehen von dem Teil seiner Persönlichkeit der seit kurzem erst zu ihm gehörte. Vieleicht sollte ich es doch versuchen, dachte er ungeduldig, doch was wenn seine Kräfte wieder einmal verrückt spielten? Er konnte sie inzwischen gut kontrollieren wenn die Zauber die er sprach nur anspruchsvoll genug waren, wie etwa einen Baumstamm mit seinen Kräften hochzuheben, aber wenn er es mit einer Lichtkugel oder simpler Tierempathie versuchte kam es immer noch häufig genug vor das ohne sein zutun Tische barsten, sich selbstständig machten oder Blumen sprossen. Andererseits wollte der Teil in ihm der für diese Missgeschicke verantwortlich war nichts dringender. Unentschlossen kaute er auf der Unterlippe, doch bevor er seine Entscheidung gefällt hatte fiel plötzlich etwas in seinen Blick. Jemand war aus dem Wald getreten, eine zierliche Figur. Die größe Stimmte, dennoch war er sich sicher das es sich kaum um Vida handeln konnte. Diese Frau bewegte sich vollkommen anders als die ältliche Wundheilerin und ihre roten Haare leuchteten in der Sonne. Corax unterzog sie einer genaueren Musterung, während er noch dabei war sich ein genaues Bild von ihrem Äußeren zu machen blickte sie auf und bemerkte ihn. "Guten Tag holde Maid oder vieleicht besser Abend, wenn man sich ansieht wie der Stand der Sonne ist.", sagte er und nickte ihr freundlich zu. Seine Augen jedoch nahmen langsam einen wachsamen Ausdruck an. Er kannte sie nicht doch etwas war mit dieser jungen Frau. Er wusste nicht was es war, noch nicht, doch seit er von Iyanden gesegnet wurde war sein Gespür schärfer als es je zuvor gewesen war. Manchmal eine Belastung, doch bei Zeiten auch sehr nützlich.
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Lehrling
Sanft wiegt sich das Gras im Wind, beugt sich seiner Macht. Die einheitlich grünen Blätter verschiedener Bäume rauschen, die Stämme schwanken leicht, unterstreichen die Kraft des ihnen umgebenen Elements.
Auf der Wiese, im Grasmeer, stehen zwei Personen. Die eine klein, zierlich. Eine Frau. Rote Haare, blasser Teint. Nanami.
Der andere Mensch größer als sie, mit kurzen, rabenschwarzen Haaren und einem etwas verwegenen Gesichtsausdruck. Corax.
Vida schlug die Augen auf und sah sich mehr als verwirrt um. Der Wind, nun da es abends war, fühlte sich kälter an, ebenso wie die Luft. Die Frau zitterte nicht, nein, nur eine wohlige Gänsehaut bedeckte ihre Arme.
Sie wusste nur, dass sie gerade eben noch spazieren gegangen war, am Waldrand, und nun mitten auf dieser ihr unbekannten Wiese stand. Wo war sie? Was hatte sie da gesehen und - Vida schluckte - wo waren Corax und Nanami?
So schnell es ihr vom Alter gezeichneter Körper zuließ, lief sie los und trennte das Grasmeer wie ein Prophet den Ozean, bis endlich jene beiden, im 'Traum' gesehen Personen auch real vorhanden waren.
Ja, da standen sie leibhaftig. Und hatten Vida obendrein noch gar nicht bemerkt. Ein Lächeln, erleichtert wie schelmisch legte sich auf ihre Lippen.
"Guten Abend Corax, hallo Nanami", sprach Vida laut und deutlich.
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Nanami hatte den jungen Mann, der da im Gras saß, erst gar nicht bemerkt. Sie hatte sich so im Anblick der tiefstehenden Sonne verfangen, dass sie auf nichts anderes mehr geachtet hatte. Obwohl sie nicht direkt in die Sonne geblickt hatte, entstand da wieder dieser nervige schwarze Fleck in ihrem Sichtfeld, als sie wieder nach unten blickte. Also versuchte sie, sich auf einen Punkt neben dem Gesicht des Mannes zu konzentrieren, um ihn ansehen zu können. Allerdings, als sie ihn näher betrachten wollte, wanderte ihre Aufmerksamkeit immer wieder zu seinem Kopf hinüber, sodass auch der Punkt mitwanderte und ihr wieder die Sicht verdeckte. Also legt sie den Kopf etwas schief und konzentrierte sich auf eine Stelle über seinem Kopf, um das Gesicht besser zu erkennen. Diese Aktion sah wahrscheinlich herrlich lächerlich aus. Aber sie kannte ihn nicht, zumindest glaubte sie ihn noch nicht gesehen zu haben.
Bei seiner Begrüßung musste sie sich ein Lachen verkneifen. Holde Maid. Es erinnerte sie so an ihr Treffen mit Ryu, als sie ihn gerade erst kennengelernt hatte. Allerdings war es da das Wort Mylady gewesen, an dem sie sich so aufgehängt hatte. Wieder hatte sie seinen Gesichtausdruck vor sich, leicht beleidigt, leicht irritiert, leicht verlegen, nachdem sie ihn darum gebeten hatte, sie doch lieber Nanami zu nennen. Daraufhin hatte er, galant wie er war mit einem Handkuss geantwortet und sich sogar entschuldigt. Oder? Nanami wusste es gar nicht mehr genau, dabei war es erst... erst... Wie lang war das bloß schon her? Wie lange war sie schon in Silden, diesem wunderbaren Dorf mit den wundervollen Menschen und den... Wundern.
Gerade wollte sie ihn ebenfalls grüßen, da sah sie Vida, die da auf sie zu kam. Sie grüßte beide und... Ach, das war dieser Corax, mit dem sie Ornlu hinterherreisen sollte. Beinahe perfekt. Sie hatte beide, Vida und Corax bald sehen wollen. War es Intuition gewesen oder einfach Zufall?
"Hallo, Vida.", begrüßte sie ihre alte Freundin mit einem Lächeln. "Freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, Corax Erindar.", fügte sie mit einem leichten Knicks hinzu und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Ornlu sagte mir, dass ihr beide gen Varant reisen werdet und auch, dass ich mitkommen soll. Stimmt das oder bin ich falsch informiert?"
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Corax runzelte nicht die Stirn als die rothaarige Frau ihren Hals auf kaum erdenkliche Art verrenkte. Er hatte in Silden schon weit komischere Leute gesehen, allen vorran wohl Dorien oder gar die Katzenlady. Da war eine sonderbare Verrenkung gar nichts gegen. So zuckte er nur mit den Schultern, als ihn eine vertraute Stimme zusammenzucken ließ. Mit einem erleichterten Lächeln drehte er sich zu Vida um. "Ahai! Auch dir einen schönen Abend, wahrhaftig." Er unterzog sie noch einem prüfendem Blick, sie sah erschöpft aus, vieleicht etwas angeschlagen, aber das war in anbetracht dessen was sie gerade erst durchgemacht hatte schon sehr gut. Sein Blick fiel auf eine ihrer Handflächen und er sah eine schwache Zeichnung. "Wie ich sehe und vorallem spüre ist dein unterfangen geglückt." Dann begann die andere Frau - Nanami hatte Vida sie genannt - plötzlich zu sprechen und Corax drehte den Kopf zu ihr. Ornlu hatte ihr von seiner Reise erzählt? Nun, er hätte es nicht getan wenn sie nicht vertrauenswürdig wäre oder nicht unbedingt mitkommen musste. Er musterte sie ein zweites mal, dann begriff er was an ihr komisch gewesen war. Es war wie bei Vida nur ganz schwach aber die Parallelen waren unverkennbar. Jetzt begriff er warum sie ihn begleiten sollte. "Nur Corax, meinen Familiennamen nutzt hier kaum jemand , zumal ich seit zehn Jahren wohl nun schon auf eine Art lebe die meine Familie kaum billigen würde." Seine Augen suchten die ihren und er fuhrt ernst fort : "Nun wenn Ornlu sich für dich verbürgt werden wir dich gerne mitnehmen, ich denke wir reisen morgen ab, wir treffen uns ... nun ich denke zur Mittagsstunde an der Wassermühle, ja. Packt leichte Kleidung und vorallem ein Kopftuch ein, man sagt nichts brennt so heiss wie der Ofen von Varant."
Das gesagt wandte er sich wieder Vida zu und untersuchte ihre Handfläche. Das seichte Bild einer Rose schien in die Haut eingebrannt und Corax strich sanft mit seiner Hand darüber. "Nun Vida was in den letzten Tagen geschehen ist ist deine ganz Persönliche Geschichte. Wahrscheinlich verstehst du nicht was passiert ist, vieleicht wird es sich dir nie eröffnen. Aber mit der Zeit werden dir zumindest einige Dinge klarer erscheinen, zumindest war es bei mir so. Nicht umsonst nennt man die Druidenanwärter wie mich Seher. Ah, ich schätze eine anstrengende Woche liegt vor dir, tagsüber marschieren und am Abend mit deinen neugewonnen Kräften experimentieren." , er schmunzelte, "Aber das wichtigste kannst du schon während des Laufens erledigen denke ich. Es ist wichtig das du in dich gehst und den Quell deiner Kraft in dir findest. Dieser Quell bist du selbst, doch ich kann dir nicht sagen wie du dich wahrnimmst. Folge deinen Gefühlen, bis sie dich zu deiner Magie leiten und dann versuche diese Magie zu beeinflussen, sie vieleicht ein wenig zu lenken. Versuch noch nicht auf irgendetwas in deiner Umwelt einfluss zu nehmen, sie zu formen. Dazu kommen wir noch, als erstes musst du ein Gespür für deine neuen Kräfte entwickeln und ohne nachzudenken auf sie zugreifen können."
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Tagsüber marschieren... Hatte der Kerl sie noch alle? In der prallen Sonne am Tag zu wandern - und dann auch noch gen Süden... Na, das würde wohl gehörig heiß werden. Wenn sie sich an eines ihrer Vergangenheit am besten erinnerte, dann war es, dass es sich des nachts besser wanderte. Man kam allein aufgrund der niedrigeren Temperaturen schneller voran, schwitzte sich nicht kaputt und so weiter... Aber Corax würde schon wissen, was er redete. Trotz der sommerlichen Tagestemperaturen konnte es nachts schon noch sehr abkühlen. Sie würde sich überraschen lassen. Was Spielmänner taten, taten wohl Druidenanwärter nicht automatisch auch. Bei diesem Gedanken schmunzelte sie. Sie hatte ihren Rucksack aus dem Schrank gekramt, Umhang, Wechselkleidung, Proviant und ihre Fidel eingepackt. Diese hatte sie noch einmal extra gepolstert. Etwas traurig hatte sie feststellen müssen, dass sie ihre Gitarre würde zurücklassen müssen - sie war einfach zu groß, unhandlich und unpraktisch. Sie hoffte, während der Reise als Straßenmusikerin noch etwas Geld verdienen zu können, um die Gitarre ganz bezahlen zu können. Thimo wartete immerhin auf sein Geld.
Wie gewohnt lachte die Sonne wieder aus heiterem Himmel herab und ließ einen schon auf den Abend hoffen. Es tat weh, Yared wieder zurücklassen zu müssen, jetzt, wo er endlich wieder da war. Aber auch das Fernweh hatte sie gepackt, wieder reisen zu dürfen und fremde Menschen zu sehen, Städte wiederzusehen, die sie vor Jahren vielleicht einmal gesehen hatte. Es war schwer zu sagen, was stärker war: Das Fern- oder Heimweh.
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Corax trug wegen der sommerlichen Temperaturen nicht seinen Reiseumhang, stattdessen nutzte er die gleiche Kleidung die er auch im Alltag häufig trug. Die besche Tunika erwies sich als gute Wahl, die Sonne schien ihnen schon jetzt einen Vorgeschmack auf die Hitze Varants geben zu wollen. Das luftige Gefühl um seine Beine jedoch lenkte ihn etwas von der Hitze ab und gab ihm die Hoffnung das der Tag recht angenehm werden könnte. Das Reisebündel mit einigen Leinenhemden sowie -hosen und einem großem Tuch geschultert war er zur verabredeten Zeit aufgebrochen, die beiden Frauen in seinem Schlepptau. Aus Rücksicht auf Vida hielt er das Tempo zwar stramm, doch bewältigbar. Schnell geriet das Dorf in immer größere Entfernung als sie am See entlang liefen. Corax erinnerte sich noch gut oft er diesen Weg gewählt hatte, einst war er über ihn nach Silden gekommen, später zusammen mit Nigel über ihn nach Varant gereist und wieder allein zurückgekehrt, auch wenn Seloron ihn bis zum Pass und etwas darüber hinnaus begleitet hatte. Und jetzt ging er wieder auf diesem Weg, wieder in Begleitung, doch sein Anliegen war diesmal ungleich ernster. Kein Wettbewerb bei dem er Zuschauer sein würde oder ähnliches war diesmal sein Anliegen. Ein Fürst begraben unter dem Sand der Wüste war sein Ziel , das Blut Iyandens der Schlüssel. Er wusste immernoch nicht genau was er mit dem Lebenssaft des Naturgeistes tun sollte, doch er hatte das Gefühl das sich dies offenbaren würde wenn er das Grab oder das Gefängniss, wahrscheinlich beides in einem, des Fürsten gefunden hatte.
Der Weg bog ab und ging nun in Richtung Geldern, eine Stadt der Orks. Die Alchemistenstadt wurde sie genannt, wohl weil in ihr mehr Schamanen wohnten als in den anderen Städten der Orks, so sagte man zumindest. Aber Corax war kein Experte in Sachen Orks oder deren Städte, Torn, der Druide der sie dort herumtrieb und soweit er wusste mit Ornlu befreundet war könnte dazu sicher mehr sagen. Aber es war einerlei, Corax hatte früher die Städte der Orks gemeidet, er würde es auch dieses mal tun. Vorerst konnten sie noch unbeschwert auf dem Wanderweg reisen, eher ein Trampelpfad da kaum noch Wagen hier hoch kamen seit die Orkbesetzung des Dorfes Geschichte war, doch später wenn sie die Sildener Wälder verließen und die Wahrscheinlichkeit in eine Orkpatrouille zu rennen stieg würde er darauf bestehen querfeldein zu reisen und erst wieder südlich von Trelis auf die normalen Pfade zurückkehren.
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Sie waren zum höchsten Stand der Sonne losgegangen, kein wirklich angenehmer Zeitpunkt, wie Nanami feststellte. Trotz ihrer kurzen Hosen und ihren hochgekrempelten Hemdsärmeln wurde es ihr bald ziemlich warm. Aber sie genoss den Weg, die Umgebung und konnte sich kaum sattsehen. Als sie den See hinter sich ließen, spürte man sofort, wie die Luft schwüler und unangenehmer wurde.
Doch bald umfingen sie die Bäume der Sildener Wälder, verschluckten sie und ließen sie in ihrem angenehmen Schatten weiterwandern. Sie vermisste die Wälder schon, obwohl sie noch eine Weile darin unterwegs sein würden. Sie erinnerte sich an keinen schöneren Flecken Erde, und sie hatte schon viel gesehen von dieser Welt, auch wenn sie noch so jung war.
Die ersten paar Minuten hatte sie, neben dem Laufen, primär dafür verwendet, ihr Haar im Zaum zu halten. Sie hatte versucht es zusammenzubinden, irgendwie hochzustecken, damit Luft an ihren Nacken kam. Da es aber einfach viel zu dick und lang war, damit ihr Nacken wirklich frei war, hatte sie bald aufgegeben. Das Resultat war ein etwas schiefer, halber Knoten, der aber etwas seines Zweckes erfüllte und noch dazu das Mal verdeckte, dass sie seit einigen Tagen "zierte".
Sie hatte gesehen, dass Vida etwas ähnliches wiederfahren war. Das blasse Abbild einer Rose war auf ihrer Handfläche zu erkennen. Unwillkürlich fasste sich Nanami wieder an den Nacken. Nein, bei ihr war es etwas anders. Wie eine Narbe fühlte es sich an und sah wohl auch so aus. Sie hatte noch niemanden gefragt, bisher hatte es nur Ornlu gesehen, und das reichte auch, wie sie fand. Sie hatte keine Lust komische Fragen zu beantworten. Nicht wenn sie nicht mal selbst wirklich bescheid wusste.
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Wütend warf Thimo das Papier in die Ecke. Er versuchte jetzt seit drei Tagen ein halbwegs vernünftiges Instrument zu kreieren, doch hatte er bisher nicht mal den Ansatz einer Lösung. Ein Banjo mit 24 Saiten! Wer kommt auf so eine Idee!? Ok, irgendein verrückter Instrumentenbauer aus dem Süden hatte das gebaut. Aber wie um Adanos Willen soll das gehen, ohne das der Hals unter der enormen Spannung bricht, wenn man nicht extrem teure Materialien nimmt, wie, bei allen Geistern der Natur, soll es Möglich sein, all die Saiten anzubringen und wie bei den Göttern soll das ganze auch noch nach Banjo klingen?!? Normalerweise mochte Thimo Herausforderungen, besonders was seine Schaffenskunst anging, aber das ging doch sehr an seine Grenzen. Seit zwei Tagen erschuf er nun Skizzen, doch kaum einer gelang es, seinen Kriterien gerecht zu werden. Wenn er morgen keine Skizze zustande bringen würde, würde er zu Yared gehen und ihm sagen, er solle sich doch bitte etwas anderes wünschen.
Aufgewühlt stand er auf, und ging vor die Tür. Die Mittagshitze war abgeklungen, die Luftfeuchtigkeit war auf ein erträgliches Maß zurückgegangen. Das Licht des Sonnuntergangs hüllte Silden in einen warmen, roten Schimmer. Thimo lehnte sich an die Wand und genoss das Schauspiel. Gedankenverloren steckte er seine Hände in die Hosentaschen. Er bemerkte, dass sich noch irgendwas in seiner rechten Hosentasche befand. Er nahm den Gegenstand heraus, und erkannte ihn als jenen roten Stein, den er von Yared zu seiner Aufnahme bekommen hatte. Wenn er sich recht errinerte, konnte er dafür die Sildener Bürgerkleidung bekommen. Wenn er denn einen Schneider oder eventuell sigar einen Rüsstungsbauer fand. Der Instrumentenbauer kramte in seinem Gedächtnis. Hatte er nicht in einem der vielen Abende in der Grünen Krähe den Namen eines Schneiders mitgekriegt? Mit "M" fing es an... Manfred? Nein... Es war ein weiblicher Name gewesen... Melanie? Auch nicht, das war zu lang. Irgendwas Kurzes. Nicht Marie. Auch nicht Meike... So ähnlich... MYRA! Das war der Name gewesen. Das war die Schneiderin, von der er gehört hatte.
Thimo drehte den Stein in seiner Hand. Sollte er heute noch zu ihr gehen? Soweit er sich errinern konnte, bewohnte sie eine Villa am Sildener See. Vielleicht schlief sie schon. Andererseits schien das Sildener Volk generell eh erst kurz nach Mitternacht ins Bett zu gehen, so wie er es mitgekriegt hatte. Und es böte dem Instrumentenbauer eine angenehme Abwechslung von seiner schwer zu meisternden Aufgabe. Er starrte den Stein für einen kurzen Augenblick an, mit einem leeren Ausdruck in den Augen. In diesem Augenblick wägte er ab, entschied sich, steckte den Stein in die Tasche und ging los.
Geändert von Thimo Lurkers (29.07.2009 um 21:23 Uhr)
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Das Schwert stand starr in der Luft. Ihre Arme schmerzten zwar schon, aber dennoch hielt die Blonde die Waffe vor sich. Schon den ganzen Tag trainierte sie ihre Kraft, denn sie wollte vorbereitet sein, wenn sie endlich mit dem großen Schwert kämpfen drufte. Die Schönheit wollte schon beim ersten Übungskampf Ryu für die ganzen Unannehmlichkeiten bestrafen, die er ihr aufgeladen hatte. Mit einem Taschentuch wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und hob dann das Schwert wieder in die Luft. Keks sprang in der Zwischenzeit im Gras umher und fing irgendwelche Insekten, denen er an Geschwindkeit gewachsen war und dies waren nicht viele, die meisten waren einfach nu schnell für ihn.
Gerade drehte sie sich um, damit ihre Beine nicht während des Stehens einschliefen, da sah sie einen Mann an ihrem Zauntor stehen, der sie ansah. Langsam ließ die Adlige die Waffe sinken und schaute, ob der Mann zu ihr wollte. Da er nicht sofort weglief, schloss Myra daraus, dass er wirklich zu ihr wollte. Schnell lief sie auf den Kerl zu und stützte sich vor diesem auf ihr Schwert.
"Guten Abend. Suchst du jemanden oder etwas? Ansonsten wäre es besser für meine Konzentration, wenn du nicht unbedingt die ganze Zeit zu mir schauen würdest.", begrüßte die Blonde ihren Gegenüber und versuchte dabei so freundlich zu sein, wie es nötig war.
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Es war ein etwas seltsamer Anblick. Er hatte sich Myra als eine leicht schrullige Mittvierzigerin vorgestellt, aber anstelle dessen sah Thimo eine ziemlich attraktive junge Dame, die mit beiden Händen ein Schwert senkrecht zu ihrem Körper hielt. Dann drehte sie sich um, erblickte ihn, senkte die Waffe und fragte ihn nicht unbedingt sehr freundlich, was er denn wolle.
"Guten Abend", begann Thimo. "Ich wollte zu Myra, der Schneiderin, ich hoffe, ich bin hier richtig."
Die junge Dame nickte leicht und fragte ihn, was er denn gern haben möge. Das wusste Thimo gerade nicht so genau. Er überlegte. Er versuchte sich zu beeilen, denn er sah der jungen Frau die Ungeduld an. Er fing an, und während er sprach, dachte er weiter nach: "Nun, ich bin vor kurzem in die Gemeinschaft aufgenommen worden, und ich wollte euch bitten, mir eine Bürgertracht anzufertigen."
Wieder nickte die blonde Schönheit. Sie musterte ihn, anscheinend, um seine Größe beziehungsweise seine Maße herauszufinden. Thimo fühlte sich dabei ein wenig unwohl. Er schaute weg, um ihr nicht in die Augen blicken zu müssen und betrachtete die Umgebung. Hier am See sah der Sonnenuntergang noch fantastischer aus. Das Rot glitzerte auf dem See, brach in den sanften Wellen und formte so ein sich stetig veränderndes Muster im Wasser. Gerade, als er den Blick davon abwenden und sich die Villa anschauen wollte, fragte Myra, ob er irgendwelche besonderen Wünsche hätte. Die hatte Thimo allerdings, denn während er in den See gestarrt hatte, war ihm eingefallen, wie seine Kleidung aussehen sollte: "Nun, ich hätte gerne etwas weiter Kleidung, die locker sitzt. Die Farben sollen in unauffälligen Grün- und Brauntönen gehalten werden. Und ich hätte gerne eine weiße Seerose auf die rechte Schulter aufgenäht." Thimo konnte sehen, wie sie sich im Geiste Notizen machte. Dann fragte sie, ob er sonst noch etwas von ihr wolle. Und falls dem nicht so sei, wolle sie gerne ungestört ihrne Übungen nachgehen. Thimo akzeptierte dies, verabschiedete sich und ging dann in Richtung Wald, um noch einen abschließenden Abendspaziergang zu machen.
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Während Yared kurz losgegangen war, um sein Schild zu holen, erinnerte sich Jarvo an die Zeit seiner eigenen Schildausbildung zurück. Er hatte in Odinson damals einen guten Freund gefunden, ungeachtet dessen, dass die Gilde Innos und die Waldbruderschaft in diesen Zeiten nicht mehr gut aufeinander zu sprechen waren. Der Barde hatte damals aber auch leiden und sich an Niederlagen gewöhnen müssen.
Der Fluch einer jeden Ausbildung, ja einer jeden Sache, die man lernen möchte, dachte er und nahm einen großen Schluck aus seinem Wasserbeutel. Der Schweiß rann ihm dem Rücken herunter, auch wenn der Abend schon weit vorangeschritten war und die Sonne längst verschwunden ward. Doch die Hitze des Tages war beständig und verzichtete nicht auf nächtliche Quälereien, die die Krieger am Kämpfen und den Rest der Sildener am Schlafen hinderte.
Gerade als Jarvo mit dem Gedanken spielte, sich vor dem Training noch einen kurzen Glimmstängel zu leisten, schoss Yared im Eiltempo um die Ecke und präsentierte sich in mit Schild und Schwert in voller Übungsmontur.
„Das ging schnell“, sprach der Barde und ließ den Stängel in seiner Tasche stecken.
„Ich hoffe, dass dich das gestrige Training nicht zu verunsichert hat, denn das muss es nicht. Es war exakt das Richtige, damit du jetzt weisst, dass wir langsam und gezielt vorangehen müssen. Genau deswegen lassen wir für heute den Freikampf-Quatsch beiseite und konzentrieren und voll und ganz auf Kombinationen.“
Sofort sprang Jarvo das stereotype Bild eines alten Lehrmeisters mit einem Krückstock, den er als präzise Waffe gebrauchte in den Kopf, der seinen Schüler mit zackigen EINS…ZWEI…DREIs durch die Gegend scheuchte. Im Grunde hatte auch nichts anderes mit Yared vor.
„Wir fangen ganz einfach an. Greife mich mit einer Dreierkombination an. Ein Schlag von außen, einer von innen und dann zustechen. Aber langsam, damit du sehen kannst, wie ich abwehre.“
Der Sappeur ließ sich das nicht zweimal sagen, zückte sein Schwert und griff den Barden auf die genannte Weise an. Mit träumerischer Sicherheit wich der Barde zurück, wehrte den ersten, den zweiten Schlag und den Stich gekonnt ab, wobei er beim Letzten den feindlichen Angriff nach außen lenkte und mit seinem Schwert eine Konter andeutete.
„Simpel oder?“
„Das kann ich dir gleich sagen“, erwiderte Yared und runzelte die Stirn. Doch er hielt sich besser als er vermutlich gedacht hatte. Er wusste was seine Beine zu tun hatten und konnte sich so auf das Schild konzentrieren. Er verteidigte sich präzise, stand nach der letzten Abwehr zwar etwas weit von Jarvo entfernt, wusste diese Strecke aber mit seinem Schwert zu überbrücken.
„Simpel,“ wiederholte der Barde und machte sich daran, ein zweites Mal zu attackieren.
„Wenn du das beherrschst, wandeln wir die Konter in den dreimaligen Angriff um und erhalten so eine Kombinationskette, wo erst ich, dann du abwehre. Das Tempo wird gesteigert. Wir wollen ja heute schließlich mehr als das schaffen. Los!“
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Carya saß am Bachufer und spielte ein wenig auf ihrer Harfe, allerdings waren ihre Gedanken nicht auf die Melodie gerichtet, sondern auf die Frage, ob sie das Tagebuch lesen sollte oder nicht. Einerseits wollte sie Antworten auf die vielen Fragen haben und dennoch scheute sie den Gedanke in der Privatsphäre ihrer verstorbenen Mutter rumzuschnüffeln.
Durch ein rascheln im Gras wurde die Bardin aufmerksam, Mietze lag auf der Lauer und hatte einen kleinen ahnungslosen Frosch im Visir, der in der Nähe das Bachs auf einem Stein saß.
Sommeranfang
Ich habe heute dieses in Ledergebundene Buch erhalten, es soll mir dazu dienen meine Gedanken und Erinnerungen an vergangene Tage festzuhalten.
Die nächsten Zeilen vertraue ich nur diesem Papier an, denn bisher hat noch niemand davon Erfahren...
Es war Anfang dieses Jahres ein wunderschöner Frühlingstag , als ich ihn zum ersten mal traff.
... bei jedem Wort, das sie las, hört sie die Stimme ihrer Mutter, welche so sanft und liebensvoll war, dass es der jungen Bardin die Tränen in die Augen trieb. Sie hatte hier die Antwort auf ihre Vergangenheit und eventuell auch ihrer Zukunft, doch ihr Hals schnürrte sich bei jedem Wort, das sie las, enger. Sie schlug das Buch mit einmal zu und wickelte es wieder ein.
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Eine Bürgertracht wollte dieser seltsame Kerl haben, der scheinbar Augen für alles andere hatte nur nicht für sie und ihre Arbeit. Myra hatte noch nie eine Bürgertracht angefertigt, sie wusste nicht einmal, dass es sowas gab, denn "Tracht" klang für sie nach Kleidung, die sehr viele Leute trugen, doch ihre Sachen waren alles andere als allgemein. Sie stellte schließlich nur Unikate und Einzelstücke her, soetwas wie eine Tracht kam der Stoffkünstlerin gar nicht in den Sinn, aber zum Glück hatte ihr Kunde genug Informationen darüber gegeben, wie er sich das ganze vorstellte, sodass sie sich schon eine kleine Vorstellung davon gemacht hatte. Um jedoch diese Idee nicht zu verlieren, lief sie sofort, nachdem sich der Mann verabschiedet hatte, in ihre Villa, um sowohl die geschätzen Maße als auch die Zeichnung zu Papier zu bringen. Ihr Schwert hatte die junge Schönheit kurzerhand auf den Tisch gelegt und ein paar Blätter sowie eine Schreibkohle hervorgeholt. Schnell zeichneten ihre Finger die Bilder aus ihrem Kopf auf das Papier und dazu schrieb sie an die wichtigen Stellen die passenden Maße. Bei jeder Arbeit ging es für die Schneiderin darum ein Kunstwerk zu schaffen, das dennoch den Ansprüchen der Kunden entsprach. Immer wieder wenn sie einen Auftrag bekam, wusste sie, warum sie für sich diesen Beruf gewählt hatte, denn dieser machte ihr einfach am meisten Spaß.
Es dauerte nicht lang, da hatte sie alles Wichtige auf Papier gebracht und schaute sich die Skizze an. Ihr Hand wollte schon wieder nach dem Schwert greifen, doch der Rest ihres Körpers entschied sich dagegen, da sie schon den ganzen Tag trainierte, wollten ihre Muskeln nicht mehr so, wie sie es eigentlich wollte. Unberührt ließ sie die Waffe auf dem Tisch liegen. Etwas Ruhe würde ihr nach den anstrengenden Tagen gut tun, vorallem hatte sie wieder einen Auftrag. Dieser war eine willkommene Ausrede nicht trainieren zu müssen, schließlich musste sie sich noch ihren Lebensunterhalt verdienen.
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Trainingswiese vor Silden
Es war das übliche Los jener, die zurückblieben, welches Yared nun zu teilen hatte. Beim Frühstück noch hatte er sich mit Nanami über ihre Erfahrungen mit dem südlichen Reich ausgetauscht, dann hatten sich ihre Wege wieder getrennt, wenn auch nur für kurze Zeit. Der stellvertretende Lagermeister hatte sich an seinen Arbeitsplatz begeben und die Bardin hatte gepackt.
Der Abschied letztendlich hatte vor der Wassermühle stattgefunden, am Treffpunkt, den Corax Nanami genannt hatte. Noch einmal war sie ihm um den Hals gefallen, noch einmal hatten sie sich geküsst, die Nähe des anderen genossen.
Dann war er gegangen, hatte es nicht mehr ausgehalten. Yared war durchaus kein Mensch, der seine Emotionen in die Öffentlichkeit hinaus trug. Zu viel hatte er schon erlebt, zu viel hatte sich in seinem Inneren festgesetzt, und manchmal war er sich sicher, dass nur der leicht zynische Idealismus seines Verstandes ihn davor bewahrte eben jenen zu verlieren.
Normalerweise wusste er diese, seine Inneren Geheimnisse tief in sich zu verbergen, aber manchmal kam alles auf einmal nach oben, wie jetzt als er sich von Nanami verabschiedet hatte.
Der Kriegsveteran und ehemalige Feldwebel des Pionierregiments Rhobars II. hatte erst einmal Zeit alleine gebraucht, um eben jene alten Wunden wieder tief in sich einzuschließen, jene alten Gefühle von Verlust und Leere, die genau wie Tod und Zerstörung, wie Vergewaltigung und Mord, wie Folter und Gewaltexzesse zum Krieg gehörten, der für ihre Veranstalter, meist religiöser Wahn oder Geschäft darstellt.
Doch nun war er wieder einigermaßen der alte Yared, der leicht verrückte Sappeur, der gewissenhafte stellvertretende Lagermeister, der höfliche und hilfsbereite Sildener, der strenge Unteroffizier, der idealistische Philosoph und noch einiges mehr.
Gerade war es der disziplinierte Soldat, der den Schildkampf lernte und nun mit Jarvo, die aktuelle Übung durchging.
Schlag, Schlag, Stoß. - Immer wieder. - Und Wechsel. - Schlag, Schlag, Stoß. - Langsame Erhöhung des Tempos. - Wechsel. - Schlag, Schlag, Stoß.
Der Pionier erkannte sofort den Funken des Militärischen Drills, den er bei der Armee so oft eingeflößt bekommen hatte, und sofort legte ich in seinem Kopf ein Schalter um, der es ihm erlaubte wie tausende Male zuvor auf den Kasernenhöfen, sich dem einfachen Muster hinzugeben, es aufzusaugen wie ein trockener Schwamm und zu verinnerlichen.
Schwert schlug gegen Schild und Schild schlug gegen Schwert.
Der Automatismus, die Bewegungsabläufe, wanderten direkt in sein Hirn, das nun brach und mit offenen Toren vor dem Gelernten lag.
Zudem war es eine gute Ablenkung von den Gefühlen des Abschieds, die er niemandem zeigen wollte, nicht einmal Nanami.
Im Flackern der Fackeln und unter dem halben Rund des Mondes, wurden sie schneller und schneller, wirbelten über den Kampfplatz. Es war der Tanz der Routine, des Kampfes, keine schöne aber auch gefährliche sowie auch lebensrettende Kunst.
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