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Nordmar #12
Der Streiter verharrte einen Moment außerhalb des Sichtfeldes des Fremden, dann stellte er sich mitten in den Blick des mit einem Bärenfell geschmückten Mannes. Der Schwarzhaarige setzte einen strengen Blick auf. „Nun wenn ihr schon so gezielt fragt“, begann er und erhob seine Hand. „Mein Name ist DraconiZ. Ich bin Assassine aus Bakaresh“. Er deutete eine spöttische Verbeugung an, führte sie aber nicht zu Ende, sondern fuhr fort: „Und nein Angst vor einem Unbewaffnetem habe ich nicht unbedingt. Ihr seht ohnehin nicht aus wie Jemand der sich hier in der Schneelandschaft gut zurechtfindet oder irre ich mich?“ Er lies eine kurze Pause entstehen. „Dennoch sollte man niemals einen Fremden unterschätzen. Wäret ihr Magier oder ein Meister im Waffenlosen Kampf, so spielte das Aussehen keine Rolle, um die Gefahr einschätzen zu können nicht wahr? Aber sagt nur, wer seid ihr und welche verrückte Suche trieb euch hier in die Eiswüste?“.
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Ein Assassine aus Bakaresh? Bakaresh... das lag doch in Varant oder? Was machte jemand aus Varant hier? In der Eiswüste von Nordmar? Und ganz besonders ein Assassine! Vielleicht jagte er jemanden oder dergleichen.
"Ich werde euch nicht belügen, DraconiZ! Ich bin weder der Magie, noch des Waffenlosen Kampfes mächtig! Aber wenn ihr mich erdolcht, habt ihr nicht viel davon, denn ich besitze nichts!" Er hoffte so die potentielle Gefahr von dem Assassinen einzudämmen. Es würde ihm wirklich nichts bringen, nur die Nordmannen fanden es eigentlich nie schön wenn man in ihrem Land eine erdolchte Leiche fand auch wenn sie die von Ursidarem war. Denn es gab immer einen Mörder. Nun gut, er traute dem Assassinen zu das er es so aussehen lassen konnte das er von Wölfen oder dergleichen umgebracht werden war, hoffte aber das es nicht passieren würde."Was ich hier suche? Ich suche Nahrung, etwas zu Essen! Ich hungere seit gestern und bin schon kurz davor Nordmar das erste mal zu verlassen. Ihr kommt aus Varant nicht? Meine Vorfahren stammen von dort!" Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort. "Und was sucht ihr hier, Assassine? Den Tod eines dieser Barbaren? Oder ersucht ihr die Schmiedekunst eines der ihren?"
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„Um ehrlich zu sein“, begann der Schwarzhaarige. „Führt mich kein besonderer Grund nach Nordmar. Ich hielt mich in der Orkhauptstadt Faring auf, um dort einige Geschäfte abzuwickeln und meine Neugier führte mich hier her. Nicht umsonst wie sich herausgestellt hat“. Er wies mit einer Handbewegung auf sein Gegenüber. „Wenn ihr hungrig seid habe ich hier Etwas für euch“. Er griff an seinen Rücken und hielt ihm ein Stück Brot hin. Er hatte nicht viel Proviant mitgenommen, aber immerhin würde es reichen, damit ihm sein Gegenüber nicht wegstarb. Als der Fremde, der ihm noch nicht seinen Namen offenbart hatte, das Brot genommen hatte fuhr der Schwarzhaarige fort: „Ihr wollt nach Varant? In eure Heimat zurück? Wie wollt ihr das anstellen? Glaubt ihr Faring passieren zu können oder wollt ihr vielleicht noch einen weiteren Weg durch Nordmar auf euch nehmen?“.
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Ein Assassine der ohne Grund reiste? Ursidarem dachte immer Assassinen leben nur für Mord und Totschlag. Als DraconiZ ihm das Brot reichte nahm er es gierig und biss grade zu euphorisch in das trockene Brot. Er kaute kaum und schluckte den ersten Bissen in einem Stück runter. "Danke" er widmete sich nochmals kurz seinem Brot und sah dann wieder auf. "Ja, ich überlege ob ich das 1. mal in meine Heimat will, aber ich weiß nicht was ich dort machen sollte. , zumal ich nicht weiß wie ich dort hinkomme. Bisher habe ich Nordmar noch nie verlassen. Mein Name ist übrigens Ursidarem" sagte er und nickte ihm zu. "Was gibt es denn in Varant? Ich weiß nur das es eine Wüste ist, nur aus purem Sand! Aber das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ein Meer aus Sand? Das klingt für mich unmöglich!" Er schlang ein weiteres Stück Brot hinunter. Nun nahm er den Assassinen das erste mal genauer unter die Lupe. Der Mann war gut durchtrainiert und trug zwei Schwerter, eins an seiner Seite, stehts bereit den bestnächsten zu durchbohren und ein Schwert auf dem Rücken. Jedoch bezweifelte er das diese Waffen die er sah, wirklich alle waren die der Assassine bei sich trug. Jedoch brauchte der Mann bestimmt nicht mal seine Waffen um ihn niederzustrecken. Ursidarem war zwar auch einigermaßen muskolös, aber mit diesem Mann konnte er nicht mithalten und er glaubte ebenfalls das DragoniZ genau wusste wann er wo hinschlagen musste. "Wem dient ihr?" setzte er noch hinterher.
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„Meine Treue gehört Beliar und dem alten Bund aus Bakaresh“, entgegnete der Schwarzhaarige prompt. „Ihr habt Recht gehört. Die Wüste ist ein Meer aus Sand. Die Hitze, der sengende Fluch Innos’, forderte schon viele Leben. Ihr solltet sie niemals unvorbereitet betreten. Denn dies könnte euer sicheres Ende sein“. Er hielt kurz inne. „Wenn ihr es tatsächlich schafft bis nach Varant durchzukommen versucht Bakaresh zu erreichen. Dort gibt es eine Chance für euch ein neues Leben anzufangen und euch einen Namen in dieser Stadt zu machen. In der Tempelstadt wird Jeder akzeptiert, der sich anstrengt“. Er deutete mit seinem Finger einen der Berge empor. „Wenn ihr euch anstrengt, werdet ihr vielleicht einmal die Kasbah, die mächtige Zitadelle von innen sehen. Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, die ich euch ans Herz legen kann. Das Kastell der Schwarzmagier“. DraconiZ musterte Ursidarem einige Momente. „Dort findet ihr möglicherweise eine neue Hoffnung. So wie ich sie dort fand“. Der Schwarzhaarige grinste. „Aber macht euch nicht zu viel Hoffnungen. Die Wüste zu überwinden wird nicht einfach. Innos’ Sonne wird versuchen euch jeden Schritt zur Hölle zu machen“.
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Beliar, der Gott der Finsternis. Dieser DraconiZ glaubte an ihn, diente ihm. Er wusste nicht warum ihn das so verwirrte, wessen Gott sollte ein Assassine sonst dienen? Er selbst glaubte an keinen Gott, bzw. er glaubte schon das es sie gab, aber dienen würde er keinen von ihnen, vorerst zumindestens. "Was ist das Kastell?" Er hielt kurz inne. "und Varant besteht wirklich NUR aus Sand? Ich kann mir das einfach nicht vorstellen, eine Landschaft ohne Schnee.."Das konnte er wirklich nicht, er schüttelte irritiert den Kopf. Er wusste nicht was er von dem Assassinen halten sollte. Was er auch nicht wusste ob er wirklich nach Varant wollte und in dieses Kastell sollte.. Was das wohl war? Er wusste nicht was ein Kastell war doch das Wort klang mächtig. Aber musste er nicht dann auch durch Myrtana? Er wusste nicht ob eine solange und anstrengende Reise etwas für ihn war. Geschweige denn die viele Hitze die der Mann erwähnte. Plötzlich wurde ihm die Eiseskälte um ihn herum bewusst. "Lasst uns einen wärmeren Ort aufsuchen! Bei Kälte müsst ihr euch stets bewegen, sonst erfriert ihr, egal welche Kleidung ihr tragt.Wenn ihr keinen besseren Ort zur Zuflucht vor der Kälte kennt folgt mir. Ich kenne hier eine Höhle die uns vor dem Schnee und dem Wind schützen wird" sagte Ursidarem und ging, auf Antworten fragend Richtung Höhle. Dieser Mann interessierte ihn langsam. Vielleicht konnte er ihm Macht geben, vielleicht sogar hier wegbringen. So gut ausgerüstet wie dieser Mann war besaß er mit Sicherheit einfluss oder zumindestens guten Kontakte.
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„Das Kastell ist der Wohnsitz der Schwarzmagier um Xardas. Die Schwarzmagier folgen dem Ruf Beliars und forschen mit seiner Macht unermüdlich nach größerem, nützlicherem Wissen. Sie sind allesamt mächtige Vertreter ihres Gottes“. Sie hatten mittlerweile den Unterschlupf erreicht, den der Fremde vorgeschlagen hatte und der Schwarzhaarige lies sich auf dem Boden der Höhle nieder. „Wenn ihr Varant bereist und den Gefahren auf dem Weg dorthin trotzen könnt, wäre es sicherlich lohnenswert das Kastell zu erreichen. In der Bibliothek des mächtigen Gebäudes findet ihr mehr Wissen, als irgendwo anders auf dieser Welt“. DraconiZ zog unvermittelt einen der Dolche und begann ihn in seiner rechten zu drehen. Erst langsam dann schneller. „Nun um auf eure Frage zurück zu kommen, ob Varant nur aus Sand besteht. Diese muss ich verneinen. In der Landschaft erheben sich außer Sand und einigen Gebirgsabschnitten noch die Städte der Assassinen und Al Shedim, die Stadt der Nomaden und Wassermagier. Doch es sind nicht unsere Städte, sondern die unserer Feinde. Die Assassinen des alten Bundes aus Bakaresh befinden sich im Zwist mit denen des Wüstenkönigs Zuben. Wir waren es die ihm das Heiligtum genommen haben“. Der Dolch rotierte noch schneller in seiner Hand. „Aber solltest du dich unbedingt von Nordmar und seinen Kriegern lösen wollen, so kannst du auch versuchen dich den Orks anzuschließen oder dich in den Wäldern zu verkriechen und Adanos um Hilfe anzuflehen. Viele Wege sind dir offen. Der Weg, den ich dir anbieten kann ist lang und beschwerlich. Aber doch lohnenswert!“, er hatte unbemerkt angefangen ihn zu dutzen. Vielleicht unabsichtlich, vielleicht aber auch um ihn zu beeinflussen. „Beliar gibt dir Hoffnung dort wo du keine mehr zu finden glaubst Ursidarem. Gehe seinen Weg und dir ist seine Hilfe sicher. Selbst und gerade in dem Moment, wo der sichere Tod auf dich wartet“.
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Er hörte gespannt zu. Schwarzmagier? Mächtige Leute wie man hörte. Magie faszinierte Ursidarem schon lange. Willenskraft die zum Tode und Manipulation anderer führte. Und er meinte sie wären mächtig. Ob er sich wohl ihnen anschließen könnte? Aber dafür musste er erstmal dorthin kommen und selbst wenn er das schaffte war es ncht sicher das sie ihn auch aufnehmen würden. "nun..ich kann nicht lesen oder schreiben" sagte er leicht peinlich berührt aber dennoch mit fester Stimme. Als er die Nordmannen erwähnte verzog Ursidarem das Gesicht. "Ich hasse die Nordmannen. Sie sind egozentrisch und überheblich. Sie glauben nur an ihre Kraft, nicht an ihren Kopf." Er verzog erneut das Gesicht. "Zu den Orks werde ich mich auch nicht gesellen, ich habe bisher nicht viele von ihnen gesehen, aber das was ich gesehen habe.. das waren nur Wilde. Sie wollen auch nur kämpfen. Zu mehr sind sie auch nicht da. Adanos.. dort wo ich aufwuchs, bei einigen Waldläufern, versuchten sie mir dessen Lehren einzubläuen.. pah! Ich will kein Gleichgewicht, ich will Macht!" sagte er, mittlerweile schon fast in einer Rage. "Werdet ihr zum Kastell Zurückkehren? Wenn ja, würde ich euch gerne begleiten. Ihr habt mir einen neuen Einblick in den Rest der Welt gegeben und diesen will ich nutzen. Nur ohne euch werde ich Probleme haben über den Pass zu kommen oder kennt ihr einen Schleichpfad?" Er freute sich innerlich über diese neue möglichkeit, nicht weil er hier wegkam, sondern weil es eine Chance gab, das das Kastell ihn lehren würde Machtvoll zu sein, nie wieder würde er sich dann von irgendeinem Narren niedermachen lassen. Nie! Nur dafür müssten sie ihn aufnehmen, so weit er das verstanden hatte musste man sich dort beweisen um Macht zu bekommen. Das würde er! Er würde ihnen Zeigen das Ursidarem nicht nur ein Narr aus Nordmar war, sondern auch ein machtvoller Verbündeter sein kann!
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„Ich fürchte in dem Punkt muss ich euch enttäuschen“, begann der Schwarzhaarige. „Mein Weg führt mich vorerst nicht zurück nach Varant. Ich habe hier in der Region noch einige Dinge zu erledigen“. Er deutete nach unten auf einen Punkt hinter einigen Sträuchern. „Nehmt den Pfad dort unten. Dieser führt auch an Faring vorbei nach Myrtana. Von dort aus begebt euch die Küste entlang nach Vengard. Egal wie ihr zu den Königstreuen steht: Sucht euch dort einen mutigen Fischer und segelt nach Bakaresh. Dann könnt ihr die Wanderung durch die Wüste umgehen! Es ist ein wagemutiges Unterfangen. Doch betrachtet es als eure erste Prüfung. Die Prüfung ob ihr es Wert seid überhaupt die Tempelstadt zu schauen! Seit ihr einmal dort, wird es nicht schwer sein das Kastell auszumachen“. Der Schwarzhaarige erhob sich von seiner Stelle. „Es ist euer Weg und ich kann euch nur die Richtung weisen. Diese Welt ist voller Gefahren und Herausforderungen. Ihr müsst der euren allein entgegen treten. Solltet ihr tatsächlich das Kastell erreichen, sucht den Hohepriester Ardescion oder einen anderen Vertreter des schwarzen Gottes auf und sagt, dass ich euch den Weg dorthin gewiesen habe. Erst wenn ihr vor dem Hüter des Kastells oder einem anderen Magier steht, habt ihr eine kleine Chance an die Macht zu gelangen, nach der ihr so sehr begehrt“. DraconiZ trat aus der Höhle heraus. „Bis dahin möge Beliar euch gewogen sein Ursidarem!“. Damit trat er erneut hinaus in das Schneegewühle und war bald im Schatten des Eises und der Berge verschwunden.
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Xanek stand auf einem Hügel und blickte im verborgenen auf das Ork Lager hinab. Dort war irgendwo Maknir gefangen, eigentlich wollte der Magier schon lange woanders sein aber alles ist schief gelaufen wie es nur ging. Der Krieger blickte auf sein Kriegsbeil, in der Theorie hatte er viel damit Trainiert jedoch fehlte nun die Praxis und diese würde er gerne bald anwenden. Er spürte wie langsam aber sicher die Rache in ihm aufkam. Am Liebsten wäre er Losgestürmt aber im Hinterkopf hatte er immer wieder den Gedanken dass dies nur eine Selbstmord Aktion war. Plötzlich trat Stylios an seine Seite, beide beobachteten das Lager der Orks.
Sie waren nur zu Zweit ihren Dritten Mann hatten sie verloren, sie wussten nicht wo er hingerannt war. „Nun es ist zeit“ flüsterte Xanek. Stylios nickte. „Fangen wir an!“
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Helle Feuer erhellten die Senke, in der sich das große Lager der Orks befand. Es war ein beeindruckender Anblick. Lange, tanzende Schatten wurden von den Flammen an die nahen Berghänge und Felsklippen geworfen. Die Komturen einiger Orks, die mit ihren massigen Leibern das Licht der Feuer abfingen, waren zu erkennen und wie Schemen erschienen und verschwanden die Schatten der an den Flammen vorbei gehenden Grünfelle.
„ Ich habe mir von mehreren Punkten aus Überblick über das Lager verschafft…Es ist gut bewacht und im Freien konnte ich deinen Freund nirgends entdecken. Er muss in einem der Zelte sein, wenn er noch in keinem Kochtopf gelandet ist.“ Brummte Stylios und zerbrach sich den Kopf nebenbei darüber, wie man nahe genug an eines der Zelte kommen konnte. Die Wohnstätten der Orks waren weit von den Lücken in den Palisaden, die als Eingänge dienten, entfernt und die Wachtposten und umherstreifenden Späher sahen keineswegs unachtsam aus.
„ Wenn wir uns gut anstellen, die Ahnen und Götter auf unserer Seite und die Orks allesamt betrunken sind, könnten wir es vielleicht schaffen, im Schutze der Dunkelheit und des Umlandes bis auf Steinwurfweite an das Lager heranzukommen. Dann bräuchten wir etwas, dass die Orks ablenkt. Hast du eine Idee?“
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Die beiden liefen im Schutz der Dunkelheit den Hang hinab, sie warteten immer wieder ab, lauschten in die Dunkelheit um irgendwelche Späher zu erlauschen. Langsam vernahmen sie das Gelächter der Orks, sicherlich waren alle schon Betrunken oder kurz davor. Xanek folgte seinen Begleiter, plötzlich hörten sie ein Geräusch. Xanek sprang so schnell es ging hinter einen Felsen während Stylios sich hinter einem Baum Schützte. Ein einzelner Ork lief vorbei, in seiner Hand hatte er eine Flasche oder einen Schlauch, so genau erkannte Xanek es nicht. Langsam verschwand der Ork wieder und Stylios gab ein Zeichen.
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Verfluchte Orks…
Der einzelne Trinker – Stylios hatte den Alkoholgeruch sogar durch den Gestank des Grünfells hindurch erkannt – war ein Zeichen dafür, dass Xanek und Stylios dem Lager nun schon sehr nahe waren. Da die beiden Nordmarer ihre erhöhte Position verlassen hatten, hatten sie auch den direkten Sichtkontakt zum Lager der Orks verloren. So leise wie möglich streiften sie an Bäumen, Felsen und einer großen Anzahl an dichtem Dornengewächs vorbei und hielten sich immer in Deckung des Waldstücks, das unmittelbar zur Höhle des Schattenläufers führte, in die sich Stylios nun begeben würde.
Der Orkjäger schluckte. Zu sterben, während er versuchte, einen Gefährten zu befreien, war ein guter Tod, doch hatte dieses Ende einen bitteren Beigeschmack, da später niemand von dieser Tat erzählen würde, wenn sie nun ins Gras beißen würden. Stylios blieb nur noch zu hoffen, dass Lando, von dem keine Spur zu sehen war und der vielleicht immer noch vor der Orkpatrouille floh, irgendwie von ihrem heroischem Ende erfuhr, um in den Siedlungen berichten zu können.
In einem dicht von Bäumen und Sträuchern umstandenen Erdloch blieb Stylios schließlich liegen und wartete, bis der ihm folgende Xanek sich ebenfalls zu ihm gesellte. Der Gestank in dem Loch war unbeschreiblich. Als sich der Orkjäger ein wenig umsah und den Untergrund betastete, erkannte er schnell, was die Ursache des üblen Geruchs war. Sie hockten in einer Latrine der Grünfelle!
„ Wir sind nun ganz nah. Ein falscher Mucks und wir sind tot. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass wir irgendwie deinen Kumpel erspähen können, ehe uns die Biester erwischen.“ Flüsterte Stylios und vergewisserte sich nebenbei, dass die Axt an seiner Seite auch schnell zu ziehen war.
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“Lasst uns hier bloss verschwinden und endlich Ragnars Eltern suchen. Shaheen findest du den Weg zurück zu den Clans?”
Es rang ihm ein schmales Lächeln ab. Sein Gesicht war schockierend bleich wie das der anderen, und beinah taubgefroren.
Shaheen und der Jäger postulierten, bei der Suche behilflich sein zu wollen, Redsonja und ihn zu begleiten. Er schüttelte beinah unmerklich den Kopf, drehte die halb erfrorene Nase richtungsweisend in den waagerecht 'fallenden' Schnee. Sein Blick ging nun in Richtung der Hammerclan-Niederlassung.
"Nehmt es mir bitte nicht übel..." sagte er schließlich, nach einem nicht kurzen Moment der eisigen Stille "...aber diesen Weg möchte ich lieber mit Sonja allein beschreiten." Er schaute unter vereisten Wimpern hervor in die Runde.
"Wir gehen zusammen zurück zum Hammerclan. Von dort sollte es nicht allzu weit zum Haus meiner Eltern sein. Ich denke, ich finde den Weg noch - es liegt etwas abgeschieden. ...Aber es hat sich hier viel verändert..."
Sein Blick ging gen Himmel. Er wirkte hoffnungsleer. Schnee fing sich in seiner verfilzten Mähne.
"Dorthin werde ich mit Sonja allein gehen" sagte er, nun entschlossener als zuvor, entschiedener. "Sie ist die Einzige, die meine Eltern auch kennt."
Er ging ein paar Schritte, murmelte, wie zu sich selbst, gegen den wehenden Schnee...
"Sie ist die Einzige, die ich dabei haben möchte."
Dann marschierte er, ohne auf eine Reaktion zu warten, ohne sich nochmal umzudrehen, los in Richtung Hammerclan.
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Thorald marschierte weiter, die Sinne wach, die Augen offen. Jedes Merkmal, jede außergewöhnliche Erscheinung würde ihm später helfen, den Weg zurück zu finden. Sei es nun eine Felsformation, ein verkrüppelter Baum oder gar eine Bisonherde. Alles würde helfen.
Er kraxelte soeben den letzten Berg hoch, als er es sah. "Das glaub ich doch nicht!" Direkt vor ihm, vielleicht eine viertel Stunde Fußmarsch entfernt, ragte der Hammerclan empor. Seine auserwählte Stelle, sein friedliches Plätzchen lag vermutlich bloß vier oder fünf Wegstunden entfernt. "Nun, dass wird den Material-Transport enorm erleichtern", murmelte der Schmied in seinen buschigen Vollbart und lächelte zufrieden. "Also auf in die Zivilisation. Soweit man dies im hohen Norden sagen kann..."
Entschlossen machte sich Thorald auf, die letzte Strecke bis zum Clan hinter sich zu bringen, heißt den Berg wieder hinab zu steigen. Dies gestaltete sich schwieriger als erwartet, vor allem, da es schon sät Abends war. Nach mehrfachen rollen, fallen, überschlagen und fluchen hatte er es dann aber doch geschafft und befand sich wieder auf den angelegten Pfaden. Von nun an würden das letzte Stück Weg angenehm werden, denn diese Strecke kannte Thorald in -und auswendig. Entschlossenen Schrittes schlug er den Weg zur Brücke, den Weg in den Hammerclan.
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Sie hatten den Jäger und Shaheen zurück zum Hammerclan gebracht und waren zum Glück von weiteren Überraschungen verschont geblieben. Dennoch sah sich Redsonja in einer sehr nachdenklichen Stimmung gefangen. Sie machte sich Vorwürfe Ragnar nicht ernst genug genommen zu haben. Sie war abgestumpft, hatte vergessen was es hiess Eltern zu besitzen. Menschen um deren Leben sie bangte...
So stapften sie stumm durch den Schnee.
„Hier.“
Der Junge deutete auf eine verschneite Hütte. Keine Anzeichen wies darauf hin, dass sich darin lebendige Menschen aufhielten und das Herz der rothaarigen Kriegerin fühlte sich mit einem Mal unglaublich schwer an. Sie legte Gorrs Sohn den Arm auf die Schultern, betrachtete ihn von der Seite und meinte schlussendlich:
„Wollen wir?“
Damit meinte sie nicht nur den Eingang frei schaufeln.
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Ragnar nickte mit verkniffenem Mund. Er hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Ihre Fackeln warfen einen kleinen Kreis um die Beiden, wobei der Schnee das Licht in die Baumwipfel reflektierte, bizarre Formen schuf.
Der Wald um sie wirkte undurchdringlich, bedrückend, gespenstisch.
Dass sein Elternhaus überhaupt noch stand, und dass sie es trotz Orientierungsschwierigkeiten auf Seiten des Jungen wiedergefunden hatten, hatte sein Herz einen Hüpfer machen lassen. Doch mit der bitteren Erkenntnis, dass die massive Holzhütte von Pflanzen überwuchert und von Schneemassen bedeckt dalag, wie ein aufgeplatztes Daunenkissen, hatte sich sein Innerstes schmerzhaft verkrampft. Hier gab es kein Anzeichen menschlichen Lebens.
Alle Hoffnung war vergebens gewesen. Und nun für immer verschwunden.
Doch war Ragnar schon zu weit gekommen, um nun aufzugeben.
Drei quälend lange Jahre hatte er diesen Moment, seine Heimkehr, herbeigesehnt.
Der Wind bließ schwarf durch die knorrigen Baumstämme, ließ die Kronen knirschen und Äste zitternd zu ihnen herablangen, als seien es die verfallenen Arme von Untoten.
Ein Meer von Untoten das bedrohlich über ihnen schwebte, wie des Henkers Beil. Ein Meer von Untoten, das seine knochigen Hände ausstreckte, um sie emporzuziehen in die Welt, wo der spärliche Fackelschein nicht hinreichte, wo Licht zu Schatten wurde, Leben zu Tod.
Schlimmer noch...
Die Geräusche, die ihn früher beruhigend in den Schlaf gewogen hatten, kamen dem jungen Nordmarer nun befremdlich und angsteinflößend vor.
Wahrlich, hier hatte sich eine Menge verändert!
Der Ruf einer Eule ließ Ragnar aufschrecken, und sich hektisch umsehen, nur um festzustellen, dass außer dem Geisterhaus vor ihm, und dem finsteren Wald der ihn umgab, nichts zu sehen war. Seine Augen begannen wild zu kreisen. Die Welt um ihn herum verschwamm, zerfloss zu schlierenden Linien, während seine Augen verzweifelt nach einem Funken Hoffnung jagten.
Ein fester Griff schloss sich um sein Handgelenk. Fest, unwirsch.
...dann lockerte sich der Griff. Und Ragnar nahm die Wärme wahr, die von der Umklammerung in seinen Arm abstrahlte. Sein Blick glitt zu der Hand, die ihn festhielt. Sie war keine Bedrohung.
Schlank war sie, feingliedrig. Und doch ließen Narben erkennen, dass sie Leid gestreut und Blut vergossen hatte.
Sie war der Halt, den er gesucht hatte.
Sein Blick wanderte den Arm herauf, zu einem Gesicht. Einem Antlitz, das ihm mit einem warmen Lächeln begegnete, ehrliche, zuversichtliche Augen, von roten Strähnen gerahmt.
Das Eis in seinem Innersten begann zu schmelzen, das Krampfen löste sich.
Er lächelte zurück, unwillkürlich.
Dann nickte er abermals, diesmal überzeugter, von der Zuversicht gestärkt.
"Bringen wir es hinter uns" sagte er, resigniert, doch nicht verzweifelt.
Sie stießen ihre Fackeln fest in den Schnee am Boden. Brennendes Fett tropfte von den Stofffetzen auf die Schneedecke, fraß sich hinein, wie Motten in einen varantinischen Teppich.
Dann machten sie sich an die Arbeit, benutzen Arme, Hände, Klingen, um den Eingang freizuräumen, und zu entdecken, was hinter der morschen Holztür liegen mochte...
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Sie waren eine kleine Gemeinschaft. Zwei verlorene Seelen irgendwo in dieser eiskalten Welt, die zueinander gefunden hatten. Ihre Trauer war dieselbe. Mit Ausnahme davon, dass für Ragnar noch Hoffnung bestand. Ihre Eltern waren weg. Geister in der Burg, die sie einst bewohnt und mit Wärme gefüllt hatten. Der Spuk war noch lange nicht vorbei, doch dies tat im Moment nichts zur Sache. Sie musste diesem Jungen hier Halt bieten, statt den eigenen zu verlieren.
„Bist du dir ganz sicher das du da rein möchtest? Denn es wird kein Zurück geben...“
Sprach sie und verstummte, schaute stattdessen in die tapferen Augen von Gorrs Sohn. Er glich seinem Vater in jenem Augenblick unglaublich fest. Dieser nickte. Ein Kind, dessen Unbeschwertheit schon vor einer halben Ewigkeit geraubt worden war. Dachte Redsonja und bewunderte ihn für die Entschlossenheit, die er dennoch an den Tag legte.
„Dann würde ich sagen, nach dir.“
Sie lächelte und überprüfte gleichzeitig den Sitz der beiden Schwerter, die ihr Drakk ausgeliehen hatte. Wer wusste schon, was sie da drinnen erwarten würde.
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Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn.
Der Junge streckte die Hand nach der Tür aus. Die Klinke brach.
Die abgebrochene Türklinke in der Hand haltend, ließ er langsam den Arm sinken. Dann die Schultern. Dann den Kopf.
Das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit ihm.
Doch jetzt war es genug! Nichts würde ihm mehr im Weg stehen.
Er riss den Kopf wieder hoch, der Blick entschlossener denn je.
Nichts und niemand!
Wütend schleuderte er die rostige Türklinke von sich in den Schnee, ein krachender Tritt schleuderte die Tür ins Innere des Hauses, die festgefrorenen Angeln quietschten. Scheppernd kam die Tür an der Innenwand zum Stehen. Federte noch leicht zurück. Verharrte dann.
Ragnar trat über die Türschwelle. Sein Blick schweifte durch das im Dunkeln liegende Elternhaus. Endlich war er zurück.
Er wollte seine Eltern rufen, melden, dass er heimgekehrt war. Doch hielt er inne, da er wusste, dass ihn keine Antwort erwartete.
Über dem Haus lagen Schneelawinen, lauernd. Verschütteten den Ausgang - seit unendlich langer Zeit.
In dem Zimmer seiner Kindheit war ein kalter Wind zuhaus. Raureif klebte an der Wand, hatte jede Oberfläche, jeden Gegenstand, mit einem glitzernden Sternenschimmer überzogen. Alles funkelte ihn an, strahlte, kalt.
Der Mond schien durch ein Fenster, Eiskristalle schwirrten in der Luft.
Auf dem Tisch. Ein Brief...
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Der Brief war steif, auf dem Holz ausgebreitet, festgefroren...
Lieber Ragnar,
wenn du diesen Brief liest, hast du endlich nach Haus zurückgefunden, hast einen Fuß vor den anderen gesetzt, sicher schlimme Strapazen erfahren.
Und doch findest du das Haus leer vor. Es tut mir Leid.
Es schmerzt mich - es fehlen mir die Worte, zu beschreiben wie sehr - dir mitteilen zu müssen, dass deine Mutter mich letzten Winter verlassen hat.
Nachdem ich sie eines Morgens nicht mehr fand, nur einen kurzen Brief, der besagte, irgendwas hätte sie gerufen, hielt mich nichts mehr an diesem Ort. Mein Herz war gebrochen, verloren und traurig, schon zu lange.
Ich mache mich jetzt auf den Weg dich zu suchen.
Dass du dies liest, bedeutet, dass ich bislang erfolglos war. Doch gib die Hoffnung nicht auf, mein Junge. Ich werden dich finden. Damit wir wenigstens eine kleine Familie sind.
Bis dahin nimm mein Geschenk, es wird dich beschützen, bis wir den Weg zu einander finden.
Ich bin kein Mann großer Worte, das ist bekannt.
Aber ich weiß, wir werden uns wiedersehen.
Ich liebe dich, mein Junge.
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