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Vengard #43
Seefahrt - Jun war kein großer Freund der See. Er verließ sich lieber auf sein Pferd, da wusste er was er aus diesem rausholen konnte. Als die Orkgaleere sie gejagt hatte, wusste er nicht ob die Esmeralda schneller sein würde. Am Ende war sie es doch und ihre heilige Mission endete nun im Heimathafen. Heimat, für jeden ein anderer Begriff. Doch schien Vengard seinen Kindern zu zeigen, dass sie daheim waren. Der Empfang war herzlich, gar umjubelt. Dabei taten sie alle nur ihre heilige Pflicht. Eine Feier ihnen zu Ehren empfand Jun gar als zu viel des Guten. Andererseits dachte er um als er das Fass Bier erblickte. Es war lange her, seitdem er das letzte Bier getrunken hatte und wohl genauso lange her, seitdem er ein Bad genommen hatte. Das war alles vor der Abreise.
Xanthos und die anderen Pferde wurden sogleich als erste abgeladen und in die Stallungen gebracht. Die Stallknechte sollten jedem Tier gut an Futter und Wasser geben und schauen, dass es den Tieren gut ging. Giran sollte morgen erst Bericht erstatten und Lord Uther, verstand Jun sogleich und wünschte einen angenehmen Abend. Der Chevalier legte dann letztlich seine Rüstung ab und trat gekleidet im von Khorinis gezeichneten Waffenrock zum Festplatz dazu. Dem Schankwart gab er dann sogleich ein Zeichen den Krug voll zu machen und gesellte sich in die Runde, wo er viele bekannte Gesichter erkannte. Selbst Lady Wenda saß dabei und ein Lächeln samt nicken von Jun grüßten sie am Tisch.
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In der Burg; Fest
Wie es aussah, sollte das eigentliche Fest in der Burg stattfinden. Der Glatzkopf war so verpeilt, dass er noch einmal zum Pier gelaufen ist, um mit zu feiern. Doch da begegnete er nur einigen betrunkenen Seemännern.
Also kehrte er zum Marktplatz zurück, um vielleicht dort nach den feiernden Leuten Ausschau zu halten. Doch der Lärm des Festes kam eher aus der Burg. Einige johlten mit der Musik, die ein Barde angestimmt hatte. Der Schwertmeister erreichte den Burghof etwas erschrocken. Ein Bier wäre beinahe über ihn geschüttet worden.
„Mach dich raus hier!“ brüllte eine Stadtwache und schupste einen Besoffenen in Richtung Treppe. „Ich habe dich schon zweimal ermahnt…“
Dem Knappen hingegen bot sich nun der Anblick eines Festzeltes mit vielen Feiernden. Nicht weit davon brutzelten die Hasen. Und der Barde stimmte das nächste Lied.
„Komm, die Hasen braten sich nicht von selbst“, schimpfte ein Wirt und schenkte das nächste Bier ein.
„Ja, schon gut“, antwortete ein anderer mit einer Schürze und einem kleinen Handspieß. „Reg dich ab. Das Fest hat eine besondere Bedeutung für uns. Schau, es hört sogar auf mit regnen.“
Der Mann, der sich gerade das Bier geholt hatte, war Matthew. Rethus schritt genau auf ihn zu, als direkt neben ihm einige Angetrunkene Hey riefen. Dann lachten sie.
„Schmeckt das Bier?“ fragte der Glatzkopf.
„Ja, klar“, antwortete der Waffenschmied. „Komm mit rüber an unseren Tisch. Da sitzt auch dein Schüler Morn.“
Als Matthew geendigt hatte, endete auch das Lied des Barden. Diese Liedpause nutzten einige Betrunkene aus und schrieen laut:
„Lebt denn der alte Rhobaaar noch?
Rhobaaar noch? Rhobaaar noch?
Lebt denn der alte Rhobaaar noch?
Rhobaaar noch?
Jaaaah, er lebt noch!
Er lebt noch! Er lebt noch!
Jaaaah, er lebt noch!
Er lebt noch, stirbt nicht!“
Die Menge lachte. Und auch Rethus konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen.
„Es gibt kein Bier in Varant!
Es gibt kein Bier!
Drum geh ich nicht nach Varant!
Drum bleib ich hier!
Es ist so heiß in Varant,
Kein kühler Fleck!
Und nur vom Rauchen, Rauchen
geht der Durst nicht weg!“
Am Tisch begegnete Rethus auch ein unbekanntes Gesicht. Er war nur ein paar Jahre jünger als er.
„Guten Abend, ein Neuer nicht?“ nahm sich der Schwertmeister das Wort.
Dieser nickte.
„Ich bin fast fertig mit meiner Ausbildung, Meister“, kam nun auch Morn zu Wort. „Habt ihr denn schon einen neuen Schüler?“
Da öffneten sich die Augen des unbekannten Gesichtes.
„Ich glaube, er sitzt mit am Tisch“, grinste der Glatzkopf.
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Das war die gelegenheit:
Nachdem Lodrick die Hafenspelunke verlassen hatte machte er sich zusammen mit all den gut gelaunten Menschen zum Festplatz auf.
Der Geruch der Hasen die er erlegt hatte stieg ihm in die Nase.
Doch als er auf das Meer von besetzten Tischen blickte sah er nirgends einen seiner Freunde. Kein Gwendorm, kein Caden, kein Jack.
Doch dann wurde er von einem Mann angerempelt.
"Tschuldigung. Es thut mia leid." "Schon ok"
Als er sich umdrehte blickze er das Gesicht eines Schmutzigen, bärtigen Mannes.
Der Fremde drehte sich um und setzte sich an einen Tisch an dem ein Mann mit Kopfuch sas.
Da der Anwärter nicht wusste was er tun sollte ging er zu ihenen.
"Darf ich mich setzen?" "Klar." sagten die beiden männer wie aus einem Munde.
Als er sich gerade gesetzt hatte ging der Mann der aussah als ob er seit ein Paar Tagen nicht mehr geschlffen hatte und seit ein paar wochen kein Wasser auf der Haut gespürt hatte schon wieder mit einem leeren Bierglas zu dem von Menschen umkesselten Fass.
Gerade wollte er den anderen fragen ob der bärtige schon immer so schnell trank kam dieser in begleitung eines Glatzköpfigen Mannes wieder.
Dieser und der mit Kopftuch redeten über die wohl bald endende Schwerkampfausbildung von ihm.
„Ich bin fast fertig mit meiner Ausbildung, Meister.Habt ihr denn schon einen neuen Schüler?“
Lodricks Gesicht erhellte sich.
„Ich glaube, er sitzt mit am Tisch“
"Ihr....Ihr könntet mir tatsächlich den Schwertkampf beibringen?"
Lodrick wartete auf die Antwort des Glatzkopfes.
Wenn er zustimmen würde wäre es als ob Innos selbst sich um die Wünsche des Jägers gekümmert hatte.
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In der Burg; Fest
„Ob er das kann?“ fragte Morn grinsend. „Er ist ein Meister seines Faches.“
„Bitte, Morn“, nahm sich der Schwertmeister das Wort. „Sei froh, dass wir bei einer Feier sind. Das wären mindestens dreißig Liegestütze wert gewesen.“
Beide lachten.
„Na klar, kann ich dir das Handwerk beibringen. Aber ich kann dir eines sagen: Das wird hart.
Äh, du bist…?“
„Lodrick“, antwortete sein Gegenüber zügig.
„Mein Name ist Rethus. Für dich ab sofort: Meister Rethus.“
„Gibt es etwas, was ich für Euch zu tun habe, damit ich bei Euch unterrichtet werden kann?“
„Normalerweise, nein. Aber es gibt neuerdings etwas, wofür ich wahrhaftig Hilfe gebrauchen könnte…“
„Worum geht es?“
„Bitte nicht unterbrechen. Gewöhn dir das gar nicht erst an. Dieser Reinwurf wäre allein für einen Anfänger schon fünf Liegestütze wert.“
Lodrick runzelte die Stirn.
Morn nickte und sagte: „Glaub mir, das wird hart.“
„Und zwar werde ich mir ein Haus bauen; meinen Wohnsitz.“
„Rethus und ein Haus?“ kam nun Matthew auch zu Wort.
„Ja, und ich habe ganz schön viel zu tun. Und wenn wir einmal dabei sind: Ich habe hier eine Liste vorbereitet.“
Der Barde stimmte das Lied nächste Lied ein. Neben Rethus wurde der Nächste Teller Kaninchen abgestellt, von dem sich Morn gleich eine Keule nahm. Der Glatzkopf legte ein Pergament bereit.
„Fünf Kurzschwerter und ein Zweihänder?“ fragte Matthew.
„Ja, die Kurzschwerter sind für meine Schüler. Und der Zweihänder…nun ja, ich werde ihn selbst mal brauchen.“
„Das könnte ich übernehmen.“
„Soll ich dir noch mehr Klamotten klauen?“ flüsterte der Dieb dem Waffenschmied grinsend zu.
„Hm…“, machte Matthew amüsiert.
„Aushilfen?“ fragte Lodrick.
„Wenn du Lust hast, kannst du mir beim Bau helfen. Oder eventuell die Schmiedeerzeugnisse von Matthew holen, sobald sie fertig sind.“
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Was für ein Glück Lodrick hatte: Dieser Rethus wollte hm wirklich das Kämfen mit dem Schwert beibringen.
"Ihr seid Schmied?" "Jop." "Hier in vengard?" "Nein." "Wo dann?" "Das kann ich eich nicht sagen, sonst, müsste ich euch umbringen."
Die Männer am Tisch lachten laut auf.
"Also Lodrick. Ich bin Schmied ja. Aber wo ich meinem Handwerk nachgehe wirst du nur erfahren wenn ich dir vertraue." Der Bärtige stand suf und ging zu einer kleinen Bar. Der Anwärter der wissen wollte wo dieser Matthew den schmiedete folgte ihm und nickte Rethus zu.
Als die beiden Männer ihre ersten schnapsgläser geleert hatten sah Lodrick den anderen fragend an.
"Und wie war es auf Khorinis?" "Junge woher wesit du das ich auf der dummen Insel war? Ach egal dort war es... Ach es war ein Abenteuer. Und jetzt bestell uns mal nen Schnaps."
Als der Jäger der sufforderung nachgekommen war leerte er sein Glas mit einem Schluck.
Die beiden Männer waren von ausen unterschiedlich doch eines war gleich:
sie waren dem Alkohol sehr zugeneigt...
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Endlich wieder Alkohol. Und zwar im Überfluss. Wie herlich es war endlich wieder zu trinken, heute Abend sicher noch zu rauchen und jetzt auch noch etwas spendiert zu bekommen. Aber es gab auch Nachteile. Der Rebell musste auf der Hut sein... dieser Lodrick. Oder wie der Typ hies schien sehr an Matthews Heimat interessiert zu sein. Wusste er vielleicht was? Oder ahnte er etwas? Nun ja, das sollte den Waffenschmied vorerst nicht stören.
Doch kaum sah er den Typ wieder, da begann er wieder Matthew auszufragen. " Also, Waffenschmied ja? Was macht ihr so als Waffenschmied, ich glaube..."
Matthew sah wütend auf. " Hör zu, es geht dich absolut nichts an wo ich her komme!" Lodrick verstummte. Es herrschte kurz peinliche Stille an dem Tisch. Niemand wollte sich so richtig einmischen, es wollte niemand einen Kampf provozieren. Auch Matthew nicht, deshalb fügte er hinzu:" Warum bist du so neugierig?" Lodrick schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob er dies als blöde Anmerkung oder als richtige Frage verstehen sollte. Deshalb fügte Matthew lachend hinzu:" Hör zu, wir sind hier beim feiern, da werde ich doch nicht... ich meine... ach Jungchen, komm trink einen mit mir!" Laut lachte er und schob dem jungen Kerl ein Glas, prostete ihm zu und trank. Langsam spürte er wie der Alkohol wirkte, es drehte sich langsam überall. Lodrick schien beruhigt zu sein. Und deshalb fragte Matthew ihn ein bisschen aus. " Was hältst du von Orks?" Fragte der Rebell als würde es ihn nicht interessieren. Und die Antwort war gut. Er begann eine Hasstriade über Orks vorzutragen was Matthew gut gefiel. Außerdem schien er der Freund von Rethus zu sein. Man konnte ihm wohl trauen. Der Alkohol hatte vielleicht auch was damit zu tun. " Nun gut, du scheinst ganz in Ordnung zu sein. Was hast du in nächster Zeit vor?" " Ich werde mit Rethus trainieren. Allerdings... ein Beruf wäre nicht übel." Matthew wusste sofort auf was der Typ hinaus wollte und tat dumm. " Wer würde schon einen unerfahrenen Kerl nehmen?" Lodrick sah bedrückt drein. " War nur spaß, willst du Waffenschmied werden?" Lodrick nickte etwas zögernd. " Gut, wir sehen uns sicher bald wieder."
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In der Burg; Fest
Der Glatzkopf fasste sich auf seinen nackten Kopf. Er schwitzte stark. Verflucht, hatte er schon so viel getrunken?
„Na Rethus…machste jetz scho schlapp?“ fragte der Waffenschmied und schien schon eine Gehhilfe zu brauchen. „Uh, scheiße. Haste das au scho ma gehabt, wenn sich alles dreht?“
„Ich glaub, das fängt schon bald an“, antwortete der Knappe. Hoffentlich sah ihn seine Herrin nicht so. Aber unter den Paladinen gab es auch schon ein, zwei, die etwas heiter auf ihren Bänken saßen.
„Los Carsan! Wir wolln noch was sing!“ rief jemand aus der Menge. „Leute, ich weiß was: Kommt mit. Jetz trinkmer noch en Tröpfchen.“
Einige begannen zu singen, bis eine ganze Masse von Besoffenen zum Fass torkelten und schrieen:
„Trinkmer noch en Tröpfchen,
Trinkmer noch en Tröpfchen
Aus dem kleeeinen Henkelstöpfchen?
Trinkmer noch en Tröpfchen,
Trinkmer noch en Tröpfchen
Aus dem kleeeinen Henkelstöpfchen?
Oh, Susanna, wie is das Lebn doch so schön!
Oh, Susanna, wie is das Leben schön!“
Matthew ging zum Fass hinüber und ließ sich auch neu einschenken.
„Ist alles in Ordnung?“ fragte Lodrick.
„Ich denke schon, ich hab den Schnaps nur ein bisschen zu schnell getrunken“, antwortete der Glatzkopf und rieb sich die Augen. „Ich glaub, ich setz mich erst einmal hin und genehmige mir ein Wasser.
„Da simmer dabei,
Das is Priiima, viva Myrtaaana!
Wir liebm das Lebn, die Liebe un die Lust,
Wir glauben an unsren Innos
Un ham auch immer Lust!“
Die Besoffenen lachten. Der Knappe setzte sich wieder an seinen Platz zu Morn, der sich gerade die Mühe machte, ein Vorderbein von einem Hasen ab zu knappern.
„Seid Ihr noch fitt?“ fragte Morn und trank seinen Wein alle.
„Doch, doch, ich denke schon. Ich könnte jetzt nur einen Schluck Wasser gebrauchen. Und schieb mir mal den Rest vom Kaninchen her.“
Welch ein schöner Abend. Aber nun musste Rethus etwas kürzer Treten. Er wollte nicht unbedingt besoffen werden. Und besoffen sein, hätte zur Folge, dass er schlafen gehen müsse. Er wollte aber noch gern wach bleiben, um sich mit seinen Freunden zu unterhalten. Mal sehen, was noch so in diesem Fest geschehen sollte…
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Lodrick war überglücklich: er würde den schwertkampf von Rethus erlernt bekommen und das schmieden bei Matthew lernen.
Das einzige was fehlte war die Aufnahme bei den Rebellen.
Doch er dankte Innos für diese beiden Fügungen seines bisherigen Schicksals.
Er müsste seinen Glauben zeigen und erhob sein Glas. Der Anwärter war fröhlich und der Alkoholt tat das Übrige dazu:
"Auf Innos, die Paladine und auf das Schwert das ein paar Orkleben auslöscht.
Auf den Menschen der Orklut vergiest."
Eine kleinere Menge von betrunkenen wiederholte seinen schlechten Trinkspruch.
Der Jäger nahm einen weiteren Schnaps in die Hand und bagann zu singen.
Nach ein paar Strophen wurde der mitelmäßige Gesang zu grobem Gröhlen.
Ein Schnaps nach dem anderen wurde getrunken. Ein Lied nach dem anderen gesungen. Ein Trinkspruch nach dem anderen herausgebrüllt.
Als der junge Mann gerade ein Glas schnaps zu den unzählbaren hinterherkippte würgte er auf und verlies den Festplatz.
Als er bis ins Handwerkerviertel gelaufen war übergab er sich an einem der fachwerkhäuser.
Als er sich aufrichtete stand hinter ihm jemand und räusperte sich.
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"Das wäre nicht unbedingt mein Haus, das du hier total zugekotzt hast", bemerkte Dragan beinahe schon beiläufig und trat neben den jungen Kerl.
Sich selbst nicht bewusst was er da tat, ließ der Feuermagier sich neben ihm nieder und setzte sich auf eine Bank, die vor seinem Haus stand. Immer noch war dies der Wohnort des Goldschmiedes, nicht der Tempel, wie es sich gehörte, aber das würde bald kommen. Parlan ließ ihn wissen, dass bald ein Zimmer frei sei, mit Laboratorien sogar. Zwar war es noch nicht ganz fertig eingerichtet, doch es würde nicht mehr lange dauern.
"Kann ich irgendwas für dich tun", fragte Dragan gelassen, als dieser Kerl sich wieder hochzog und in den klaren Nachthimmel sah.
Vielleicht eine Chance, wieder in den alten Beruf einzusteigen...
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Fröhliche Gesänge, unbeschwerte Gespräche, glückliche Gesichter. Der Hof der Burg war hell erleuchtet und mit buntem Papier und den ersten Blumen des Frühlings geschmückt. Zwischen den Tischen, die voll mit köstlichen Speisen und vollen Krügen war, liefen Mägde umher und füllten den Trinkenden großzügig nach. Nahrungsknappheit und Kriegsnot waren in dieser Nacht vergessen. Zum ersten Mal seit langer Zeit konnte wieder mit neuer Hoffnung gefeiert werden. Diesmal würden die Leibwächter Rhobars sicherlich auch darauf achten, dass der König nicht während der Feierlichkeiten angegriffen werde.
Die Laune der verdient Feiernden war unbefleckt. Selbst Neraida, die seit einiger Zeit kein einziges Wort mehr gesprochen hatte, trug ein Lächeln auf dem Gesicht. Die letzten Tage der Expedition auf Khorinis waren grauenhaften Albträumen gleich gewesen, die sie einfach nur vergessen wollte. Echsenmonster, Untote und Drachen. Nie wieder würde die Waffenmagd auch nur einen Fuß auf diese Insel setzen. Nicht einmal das Pflichtgefühl ihres Herrn Ronsen gegenüber würde sie dorthin treiben. Die Knappin würde noch Zeit brauchen, um die Schrecken von Khorinis verdauen zu können.
Dem Schauspiel zweier Akrobaten zuschauend biss Neraida ein Stück von ihrem Apfel und lehnte sich etwas mehr gegen die Steine des Wehrganges in ihrem Rücken. Sie verweilte abseits des großen Gelages im Hintergrund und beteiligte sich nicht allzu stark an dem Feiern. Weder hatte die junge Frau den Paladinen und Rittern dabei geholfen, den Kelch zu bergen, noch gehörte sie zu der mittlerweile in ganz Vengard berühmten Truppe von Kelchsuchern. Sie hatte es nicht verdient, unter den Menschen auf dem Burghof unter ihr zu weilen und wollte ihnen erst Recht nicht das Gemüt verderben. Vor allem Betrunkene neigten oft mal dazu, spitze Worte über ihre Narben im Gesicht zu finden…
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Vor fünf Stunden
Über den Umstand, dass er sich, gleich nach dem Rufe ertönt waren das die Esmerelda/Esmeralda gesichtet wurde, auf das nächstbeste Dach gestiegen war, um einen besseren Überblick zu kriegen war Falko mehr als glücklich beim Anblick der selbst für Vengard großen Menschenmengen. Wobei man da nun wirklich alle Arten sehen konnte, Soldaten die sauften und Bürger die Geschichten hören wollten, Scharlatane die logen sie wären dabei gewesen und hätten tapfer gegen „So-Schrecklich-das-einen-vor-Angst-das-Herz-stehen-bleiben-könnte-Viecher“ gekämpft obwohl sie gar nicht dabei waren … Vermutlich würde der Jäger bis morgen mit den aufzählen nicht fertig werden. Das die eigentliche Feier im Burghof staat fand konnte man dabei leicht übersehen.
Staat sich durch die brüllenden Menschen zu kämpfen, sprang er lieber von Dach zu Dach und nahm dabei auch längere Umwege im Kauf, denn die müssten schon sehr groß sein das man da länger brauchen würde als auf den Straßen. Kein Wächter hinderte ihn daran, die Feiernden waren etwas auffälliger als einer der die Dächer als Fortbewegungsmittel verwendete.
Und er war nicht der einzige, der das mitkriegte.
Da sehr viele Menschen, Adelige und Bürger gleichermaßen, nicht in ihren Häusern waren, nutzen viele Diebe die Gunst der Stunde und raubten sie aus. Der Jäger sah mehr als einen, vielleicht sogar
mehr als ein halbes dutzend bei ihrer „Arbeit“, die ihm umgekehrt nicht bemerkten und wären leicht zu überwältigen gewesen. Dennoch „störte“ der Anwärter sie bei ihrer Arbeit nicht, es war nicht sein Problem wenn die Einwohner zu blöd waren um auf ihre Sachen aufzupassen. Und zum anderen interessierte dem Jäger was anderes, nämlich so viel wie möglich über die Ereignisse in Khorinis zu erfahren und zwar was wirklich, keine Märchen wo sie eins zu hundert unterlegen waren und dennoch gewannen.
Aber so wie es „jetzt“ gerade war konnte Falko genauso versuchen die Burg nieder zu starren, Falko traf keinen den er genug vertraute und bei Fremde jedes Wort so lange zu drehen bis man sich sicher sein konnte das es keine Übertreibung war … darauf hatte er keine Lust. Wenigstens hatte der Anwärter in diesen Fest bei einer anderen Sache etwas Positives abgewinnen können. Bis jetzt waren seine Erfolge was Tier-Trophäen-verkaufen anging sehr gering gewesen. Heute fand ein Händler allerdings Interesse daran, trotz des Umstands dass er seinen Laden schon längst geschlossen hatte. Weil der Interessierte dabei auch noch sturzbetrunken war, feilschte der Kerl nicht viel und kaufte alles mit einem Betrag der weit über den eigentlichen Wert der Ware hinaus schoss. Wäre der Idiot nicht in einen so „verwirrten“ Zustand gewesen, hätte er vermutlich gar nichts von ihm gekauft.
Wirklich unzufrieden war er also nicht, als er beschloss Vengard für heute wieder zu veralssen.
Geändert von Falko (18.04.2009 um 18:52 Uhr)
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Das Feuer war heruntergebrannt, an den sich darüber drehenden Spießen hingen nur noch Knochen und einige verkohlte Fleischfetzen, die Sonne warf eben ihre ersten Strahlen auf den Festplatz und die Reihen der Besucher hatten sich deutlich gelichtet. Nur noch wenige Betrunkene saßen gröhlend um die glimmenden Holzscheite, die meisten erhoben sich schwankend um ihre Betten aufzusuchen.
Gwendor saß nachdenklich, einen Krug Bier in der Rechten, auf den Stufen vor dem Eingang zur Burg. Er hatte sich so auf die Ankunft der Paladine und Feuermagier gefreut, aber irgendwie hatte er dieses Fest nicht richtig genießen können, obwohl er doch so viel Arbeit investiert hatte. Das hatte unterschiedliche Gründe.
Zum einen lag es daran, dass er sämtliche Bekannte und Freunde aus der Gilde relativ schnell in den Menschenmassen aus den Augen verloren hatte. Lodrick hatte er zuletzt mit einem glatzköpfigen, kräftigen Kerl reden sehen und Wenda war als Ausrichterin des Festes natürlich von sämtlichen hochrangigen Besuchern so umringt, dass er überhaupt nicht an sie herankam.
Der zweite Grund war, dass es ihm nicht gelungen war mit einem der angereisten hochinteressanten Persönlichkeiten Kontakt aufzunehmen. Die Ankömmlinge hatten sich zunächst auf Essen und Getränke gestürzt und waren anschließend größtenteils unter sich geblieben, um von der hinter ihnen liegenden Reise zu sprechen.
Um die einfachen Anwärter und Waffenknechte, die in Vengard die Stellung gehalten hatten, scherte man sich natürlich nicht, schon gar nicht um die grünohrigen Jungspunde, die vor ihrer Abreise noch nicht einmal der Gilde angehörten und mochten sie auch noch soviel gearbeitet haben um ihren Herren einen würdevollen Empfang zu bereiten.
Der junge Anwärter hatte mit einem Mal einen sehr bitteren Geschmack im Mund und er leerte den noch fast vollen Bierkrug in seiner Hand mit einem tiefen Zug, um diesen Geschmack hinunterzuspülen.
Er war nach einem kurzen gedanklichen Höheflug wieder auf dem harten Boden der Tatsachen angekommen. Er war noch ganz frisch bei der Armee. Er konnte nichts, und er war nichts. Nichts, was den Rittern und Pladinen nützlich sein könnte. Er wusste ja noch nicht mal an welcher Seite an man ein Schwert anfasste. Damit nutzte er diesen Männern und Frauen bei ihrem Kampf gegen das Böse natürlich gar nichts und dementsprechend behandelten sie ihn. Es war eine ganz natürliche Sache, die jeder Anwärter ähnlich erlebte und solange er nicht daran dachte, an diesem Zustand etwas zu ändern, würde auch nichts aus ihm werden.
Gwendor würde lernen müssen, zu kämpfen. Daran führte kein Weg vorbei.
Er richtete sich auf. Er war fest entschlossen in den nächsten Tagen, egal ob das Fest eine Fortsetzung finden würde oder nicht, nach jemandem zu suchen, der ihm die Kunst des Schwertkampfes beibringen konnte. Irgendwo unter den Rückkehrern musste es doch jemanden geben.
Der Anwärter war im Moment ein Niemand und er wollte das ändern. Sonst könnte er auch genausogut wieder alte, stinkende Schuhe zusammenflicken.
Geändert von Gwendor (18.04.2009 um 15:28 Uhr)
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Müde blinzelte der Feuermagier in die Sonne, welches durch das Fenster schien. Nur schwer konnte er den Schlaf von sich reißen und sich aufrichten. Er hatte bis in die Nacht zusammen mit den anderen gefeiert. Zwar war das sonst nicht seine Art, aber nach einer solchen Reise war dies wirklich eine sehr willkommene Abwechslung, denn die letzte große Feier lag schon sehr lang zurück. Wahrscheinlich noch länger als seine Weihe zum Magier des Feuers. Lopadas saß in einem ziemlich unbequemen Bett und rieb sich den Schlafsand aus den Augen. Es ging ihm ganz gut, zwar war er noch müde, aber er hatte weder Kopfschmerzen noch musste er sich übergeben, da er eben mehr gefeiert als getrunken hatte. Natürlich waren einige Becher Wein zum Anstoßen von ihm geleert wurden, aber der Barbier wusste sich zu beherrschen und nicht über die Strenge zu schlagen, schließlich hatte er als Priester und Tempelvorsteher einen Ruf zu verlieren. Zumal er sich noch nie sinnlos betrunken hatte, was wahrscheinlich auch daran lag, dass er bei seiner hageren Figur sowieso nicht allzu viel vertrug.
Das Bett knarrte laut, als sich der Schriftgelehrte erhob. Langsam trat er nach draußen, denn seine Augen musste sich erst an das helle Licht der Sonne gewöhnen. Zu seiner Verwunderung stand er nun mitten auf dem Burghof. Seine Müdigkeit wurde von der Wärme der Sonne fortgetragen und er erinnerte sich, dass er in der Nacht keine Lust mehr gehabt hatte, um noch bis ins Tempelviertel zu laufen. Obwohl es fast mittag war, liefen nicht viele Menschen über den Burghof, scheinbar schliefen sie noch alle, weil sie länger gefeiert hatten als der Priester. Jetzt musste Lopadas ersteinmal in das Tempelviertel zurückkehren und langsam wieder in den Alltag übergehen, sicherlich gab es viel zu tun. Gorax hatte wahrscheinlich nur das Nötigste getan und die größeren Aufgaben auf einem Tisch gesammelt, damit sich der Barbier darum kümmern konnte. Der alte Magier war meist viel zu viel damit beschäftigt auf Disziplin und Ordnung zu achten, dass er andere Sachen einfach nicht beachtete. Langsam aber sicher trat der Schriftgelehrte den Rückweg zum Tempelviertel an, er hoffte, dass es nicht am ersten Tag gleich wieder soviel Aufgaben gab.
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Offenbar hatte hier am gestrigen Abend noch eine Feier stattgefunden. Selbst jetzt, wo es doch fast schon mittag, war tummelten sich erst wenige auf den Straßen Myrtana´s Hauptstadt, von denen nicht viele vollständig ausgeschlafen schienen. Doch nichtsdestotrotz setzte er seinen Weg fort, immerhin hatte er eine Aufgabe, welche nicht das beobachten der Bewohner Vengard´s darstellte. Und womöglich würde er unter diesen Umständen schneller an sein Feuerchen kommen, falls die Magier sich nicht lange aufhalten lassen wollten oder einfach wegen der am vortag stattgefundenen Feier zu müde für lange Prüfungen oder ähnlichen waren. Doch hoffte er sowieso nicht zu viel für so ein kleines Flämmchen machen zu müssen. Wer konnte schon jetzt wissen, was Kuron mit ihm anstellen würde, falls das Feuerchen nicht binnen der nächsten 10 Tagen in Al Shedim ankommen sollte. Wahrscheinlich nicht einmal Adanos selbst.
Doch vorerst musste er zusehen, überhaupt an so ein heiliges Feuer zu kommen. Wusste er doch gar nicht, was es damit eigentlich auf sich hat, wozu es gut ist oder ob es überhaupt am ende nur ein dummer Streich des Bibliothekars war, um der ach so schlimmen, lauten und unerträglichen Jugend, an einem Paradebeispiel, welches Xatras unweigerlich darstellen würde, die eigene Unzulänglichkeiten aufzuzeigen. Das jedoch erstmal verneinent ging er weiter zum Tempelviertel. Von einem Wirt hatte er erfahren, dass sich die Magier dort aufhalten sollen. Bei diesem besuch war ihm wieder eingefallen, dass er für Jaryvil noch einen Myrtanischen Wein mitbringen wollte und machte sich gleich eine kleine Notiz, damit er das nicht auch wieder vergisst.
Am Tempelviertel angekommen, wurde er gleich von einem Novizen begrüßt, der ihm erklärte, Xatras müsse seine Waffen hier abgeben, würde diese aber beim verlassen wieder erhalten. Lange dauerte es nicht, immerhin hatte der junge Wasserträger außer einem Stück Pergament, das wohl niemanden fressen, einem Tintenglas, welches wohl niemanden ertränken und einem Schachspiel, welches wohl niemanden erschlagen würde als einzigen Gegenstand, den als Waffe man bezeichnen kann, ein einfaches Jagdmesser dabei. Das gab er lieber gleich ab, immerhin würde er es später wieder bekommen und es wäre wohl besser, nicht gleich negativ aufzufallen. Da er aber noch keinen Magier sah, fragte er den Novizen, wo sich einer aufhielt. Dieser wies ihm mit einem leichten grinsen an, sich einmal umzudrehen. Gesagt, getan, sah er einen blonden Magier auf das Tempelviertel zukommen. Dieser war kaum größer als Xatras sah wie einige andere Bewohner Vengards noch ein wenig müde aus. Als der Magier näher gekommen war, verwickelte Xatras diesen sogleich in ein Gespräch.
"Seid gegrüßt, werter Magier im Zeichen des Feuers. Ich komme im Auftrag der Wassermagier, eine heilige Flamme zu holen."
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Lopadas war noch nicht einmal richtig im Tempelviertel schon wurde er von jemanden angesprochen. Es war wirklich erstaunlich, als ob dieser nur auf ihn gewartet hatte.
"Seid gegrüßt. Eine heilige Flamme sagt ihr?"
Sein Gegenüber nickte und schien wirklich froh darüber zu sein den Barbier getroffen zu haben. Der Priester wusste aber nicht so recht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte, denn schließlich war er noch nicht einmal direkt im Tempel und außerdem konnte er mit dem Begriff der "Heiligen Flamme" nicht viel anfangen. Natürlich konnte der Magier dem Fremden einen Feuerzauber präsentieren, aber dieser meinte, dass er eine Flamme für die Wassermagier holen sollte. Der Schriftgelehrte ging in seinem Kopf die Möglichkeiten durch eine Flamme mit sich herum zu tragen, aber selbst wenn er eine Fackel oder ähnliches entzünden würde, wusste er nicht, ob dies nun eine heilige Flamme sei. Die ganze Sache war ihm sehr suspekt und dass obwohl er noch nicht einmal nach dem Sinn hinter der ganzen Geschichte gefragt hatte. Doch das war auch eher nebensächlich, viel wichtiger war das "Wie?".
"Was genau meint Ihr mit 'Heiliger Flamme'? Soll ich Euch ein Feuer segnen oder braucht Ihr einfach nur ein magisch entfachtes Feuer. Ihr müsst mich aufklären, denn sonst kann ich Euch nicht helfen."
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Abenteurer
Ein früher Morgen in dem Armenviertel Vengards. Die Sonne wollte sich an jenem Tag nicht gegen die dicke Wolkendecke durchsetzen und blieb hinter einem grauen Schleier verborgen. Mehr als fad und trist erschienen die dreckigen und dürftig errichteten Hütten, in denen Menschen der untersten Schicht ihren Lebtag verbrachten.
Godwin ging langsamen Schrittes durch die engen Passagen, blickte mit einem freundlichen Nicken durch jedes Fenster links und rechts von ihm und grüßte bekannte Gesichter. Die schwere Ledertasche in der Glasphiolen und chirurgische Werkzeuge klimperten, hing drückend an seiner Schulter.
„Ein Barbier hat es sich zum Lebenswerk gemacht, Menschen zu helfen und sie wieder zusammenzuflicken, was auch immer sie befallen haben möchte.“
Beóstram lauschte jedem Wort seines Lehrmeisters sorgfältig und prägte sich die Dinge gut ein. Das Faszinierende an Godwin fand er die Rechtfertigungen, mit der er jede seiner Taten begründete. Er schien genau zu wissen, was er machte und warum er es machte. Er besaß Prinzipien, die auf einem zu stabilen Fundament gebaut waren, als dass sie sich durch irgendetwas erschüttern lassen würden.
Der Weg machte einen leichten Knick und öffnete sich zu einem kleinen Vorplatz, dessen Außenring mit eng aneinander errichteten Hütten besetzt war. In der Mitte brannte ein kleines Feuer, um das zahllose Personen in Lumpen gehüllt saßen und ein übelriechendes Mahl zubereiteten, welches aus einer Brühe von Fleisch und Wurzeln bestand.
Fünf kleine Jungs tollten in der dreckigen Erde herum und strahlten vor Unbekümmertheit. Der Ernst des Lebens war noch nicht zu ihnen vorgedrungen und ließ sie aufregende Zeit der Kindheit frohsinnig erleben.
„Meister Godwin, oh Meister Godwin, Innos selbst muss Euch heute zu uns gesandt haben. Meinem Mann geht es wieder schlechter. Wir dachten er sei über dem Berg, doch ein schüttelndes Fieber hat von ihm Besitz ergriffen.“
„Führt mich zu ihm“, sagte der Barbier mit knappen Worten.
Die leicht dickliche Frau ging mit tapsigen Schritten voran und öffnete die Tür zu einer kleinen Baracke. Noch bevor Beóstram sie betrat, kam ihm ein Geruch zur Nase, der ihn fast würgen ließ. Er hielt sich eine Hand vor den Mund und trat über die Schwelle. Ein Mann mittleren Alters lag mit hitzigem Gesicht und geschlossenen Augen auf einem Bett und stöhnte leise. Auf seinem linken Oberschenkel war ein derbe Naht zu sehen.
„Innos sei mit dir Alek“, sprach der Barbier, „wie fühlst du dich?“
Er erhielt keine Antwort. Die Frau des Mannes brach schluchzend in Tränen aus.
„Beóstram, willst du die Dame vor die Tür führen?“
Der Dieb erfasste behutsam ihre Hand und ging mit ihr auf den großen Platz. Als er alleine zu Godwin zurückkehrte, hatte dieser schon seine Tasche geöffnet, ein blankes Skalpell, einen kleinen Spatel und ein Fläschchen hervorgeholt.
„Die Naht die du hier siehst, habe ich letzte Woche gestochen. Alek ist bei der Arbeit gestürzt und hat sich seine Sichel in den Oberschenkel gerammt. Du musst wissen, dass der Körper über eine große Regenerationsgabe verfügt. Unsere Aufgabe ist es, die optimalen Voraussetzungen für eine schnelle Genesung zu schaffen. Das bedeutet die Wunde zu reinigen, sie zu verschließen und sie sauber zu halten. Das was du hier siehst ist eine Infektion. Selbst feinste Dreckpartikel können diese verursachen. Wir wissen nicht genau was sie im Körper verursachen, doch ist sich die Heilerkunst einig, dass das menschliche Blut vor Verschmutzung bewahrt werden muss.“
Beóstram trat näher und beschaute sich die Naht. Ein schwarzer Faden spannte kreuzförmig angelegt über der Wunde, dessen Ränder scharlachrot waren. Eine gelbliche Substanz quoll aus der länglichen Spalte hervor.
„Eiter?“, erkundigte sich der Dieb.
„Ja. Die Wunde ist verunreinigt worden. Ich habe ihnen eindringlich gesagt, die Naht zu verbinden und sie jeden Tag zu waschen. Anscheinend hatten meine Worte wenig Sinn.“
Godwin schwieg und Beóstram wollte ihn nicht mit sinnloser Fragerei von seinem Handwerk ablenken.
„Wo Eiter ist, dort entleere ihn“, fuhr der Barbier fort, „ich muss die Wunde wieder öffnen, sie reinigen, das nekröse Gewebe entfernen und wieder verschließen. Aber vorher flöße dem guten Mann ein wenig von dem Wein ein, der dort auf dem Tisch steht.“
Der Dieb nickte und ergriff die dreckige Flasche. Vorsichtig und unter ständigem Zureden kippte er Schluck für Schluck in den Mund des Kranken. Die erste Reaktion war ein kräftiges Husten, doch als sich die trockene Zunge und der wunde Gaumen an den Alkohol gewöhnt hatten, trank Alek begierig.
Godwin nahm nun das Skalpell zur Hand und durchtrennte eine der Nähte nach der anderen. Die Wunde klaffte wieder offen. Alek stöhnte auf.
Beóstram kniff die Augen zusammen und zwang sich durch den Mund zu atmen.
„Sieh hin, wenn du etwas lernen willst. Und halte das Bein fest.“
Widerwillig öffneten sich die Augen des Lehrlings und er verfolgte mit gerunzelter Stirn die Arbeitsschritte des Barbiers, während er seine Arme auf den Oberschenkel presste.
Godwin zog mit einer Pinzette die Fäden und legte sie in eine kleine Schale neben sich. Nun ergriff er den Spatel und begann, die gelbliche Substanz aus der Höhle zu schaben.
Alek formte mit seinen Lippen einen wortlosen Schrei, bevor sein Kopf zu Seite wegkippte.
„Gut. Er ist ohnmächtig. Das beste Anästhetikum was du finden kannst.“
Wieder und wieder fuhr der Spatel in die Wunde und entfernte abgestorbenes Gewebe. Der Barbier schaute sorgfältig nach, ob er einen Fleck übersehen hatte. Er griff zu dem Fläschchen und ließ Beóstram daran riechen.
„Alkohol“, sagte dieser.
„Hochprozentig. Vernichtet die Schadstoffe.“
Godwin gab einen guten Schuss in die Wunde und stellte das Bein danach leicht auf, damit er wieder herausfloss. Mit Nadel und Faden bewaffnet forderte er seinen Schüler auf, die Wundränder zusammenzupressen, damit er die Naht setzen konnte.
Nach getaner Arbeit ergriff er noch eine streng riechende Paste aus seiner Tasche und verteilte sie über den entzündeten Bereich.
„Hol die Frau wieder herein“, befahl er.
Nachdem die Frau im Haus war, forderte er von ihr, mit dem Weinen aufzuhören und seinen Worten zu lauschen. Die Wunde müsse sauber bleiben und dem Fieber müsse mit kühlen Lappen entgegengewirkt werden.
Zusätzlich zeigte er ihr, wie man einen korrekten Wundverband anlegt, ohne den eine vollständige Genesung bei ihrem Mann nicht möglich wäre.
Schluchzend bedankte sich die Frau bei dem Barbier, drückte auch Beóstrams Hände fest und setzte sich danach neben ihren Mann ans Bett. Immer wieder streichelte sie dessen Wangen und drückte ihre Stirn gegen seine.
„Er wird wieder“, sprach Godwin und verließ die Hütte.
Nachdem die beiden einige Schritte gegangen waren, legte Godwin seinem Schüler die Hand auf die Schulter.
„Ist dies die Arbeit, die du erlernen möchtest, die Arbeit die du dich fähig siehst zu meistern?“
„Ja.“
Godwin nickte.
„Wird er wieder gesund werden?“, fragte der Dieb nach einer kurzen Pause.
„Wenn nicht, wird er in einer Woche in Innos Hallen residieren.“
-
Skeptisch blickte der Ritter zum düsteren, Wolken bedeckten Himmel.
Die Gunst des Herrn hatte nicht lange gehalten und der Sonnenschein war trotz des Kelchfundes wieder viel zu schnell verschwunden. War dies ein Zeichen? Besorgt wandte Asloth seinen Blick wieder von den Wolkenmassen ab und setzte seinen Weg durch den Hof der Burg fort. Es musste ein Zeichen sein, ein Omen!
Als der Streiter durch das Tor und die Stufen zur Vorburg hinab schritt, suchte er in der Masse der mehr oder weniger geschäftig schreitenden Soldaten die eine Person, die er finden musste. Bereits während des Festes gestern war ihm die Frau aufgefallen, wie sie abseits des Treibens dastand und nur das nötigste an Trank und Speise zu sich nahm. Das war fromme Zurückhaltung und Mäßigung. Asloth, der selbst auch den sündigen Gerstensaft verschmäht und Körper und Geist in stiller Freude unter Kontrolle gehalten hatte, hatte sofort gemerkt, dass die Frau genau wie er war. Seine Vermutung war später in der Nacht bestätigt worden, als die Soldatin ihm im Traum erschienen war. Dies war ein Wink Innos`, da war sich der Ritter sicher. Der Herr wollte, dass die Frau ihn auf seiner Mission begleitete.
„ Haltet ein, Mylady.“ Sprach Asloth die Gesuchte so höflich, wie er nur konnte, an und verbeugte sich Form vollendet ein Stück vor ihr.
„ Ich bin Asloth, Kämpfer König Rhobars II. und Ritter unseres Herrn Innos. Wie darf ich Euch nennen, Mylady?“
Neraida
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Ihr Erstaunen nur schlecht versteckend bemühte sich Neraida, die Verbeugung zu erwidern und fragte sich augenblicklich, ob der Ritter sie nicht mit irgendjemandem verwechselt. So war sie bisher noch von keinem Menschen begrüßt worden und es war ihr fast schon peinlich, als sich ein paar der vorbei gehenden Waffenknechte verwundert nach ihr umblickten.
„ Ich bin Neraida. Waffenmagd und Knappin von Sir Reinhold, Admiral und Paladin.“ Antwortete die junge Frau hastig und bereitete sich innerlich bereits darauf vor, von dem Streiter namens Asloth zu hören zu bekommen, dass er sie verwechselt habe.
„ Ich bin sehr erfreut.“ Erwiderte dieser jedoch zu ihrer Verblüffung nur und deutete eine weitere Verbeugung an.
„ Ich habe Euch beim gestrigen Fest gesehen. Ihr müsst zu den heldenhaften Innosdienern gehören, die den letzten Feuerkelch geborgen haben. Mir wurde nun ebenfalls die Ehre zu teil, unserem Herrn zu dienen, indem ich ein Artefakt den Klauen des Bösen entreiße und in die heiligen Mauern seines Klosters in Vengard bringe.“ Fuhr der Ritter fort, wobei seine Augen zu funkeln begannen und sich sein Mund zu einer zufriedenen Grimasse verzog. Warum erzählte der Streiter Neraida von so wichtigen Dingen? Wieso hatte ein Ritter gegenüber einer einfachen Waffenmagd so einen Redebedarf? Er musste sie wirklich verwechseln.
Die junge Frau war verwirrt. Was sollte sie darauf antworten? Unruhig spielte sie am Saum ihres Wamses herum.
„ Ich beneide Euch um diese Ehre.“ Brachte sie schließlich hervor, wobei sie dies nur sagte, damit überhaupt irgendetwas außer warmer Luft aus ihrem Mund kam. Ob die Worte wirklich der Wahrheit entsprachen, erwähnte sie lieber nicht.
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„ Ich habe sofort gesehen, dass Ihr fest im Glauben seid und da Ihr dabei geholfen habt, den Kelch zu retten, seid Ihr auch stark im Kampfe und bereit, unserem Herrn auf dem Schlachtfeld zu dienen. Innos selbst sprach in der letzten Nacht zu mir und bedeutete mir, Euch mit auf meine Mission zu nehmen.“ Erfreut klatschte der Ritter in die Hände. Zögerlich war die junge Frau auch nicht und schien ebenfalls von dem Gedanken an eine heilige Mission innerlich zu entflammen. Nun stand ihrem Aufbruch nichts mehr im Wege und sie sollten auch wirklich keine Zeit verlieren. Trödelei und Müßiggang waren Sünden in seinen Augen.
„ Wartet bitte einen Augenblick, Mylady. Meine Ausrüstung wartet in meinem Quartier. Ich bin sofort wieder da. Nutzt die Zeit, um Eure Habe ebenfalls zu packen. Wir brechen so schnell wie möglich auf.“ Sprach der Ritter und wandte sich anschließend sofort zum Gehen und stieg mit seiner klimpernden Rüstung die Stufen zum Tor der inneren Burg wieder hoch. Das Artefakt war Eigentum der Gläubigen Innos` und der Herr würde nicht dulden, es länger als nötig in Varant vom Sand verkratzen zu lassen. Der Feuermagier, der Asloth den Auftrag gegeben hatte, zählte darauf, dass es sicher und schnell nach Vengard gebracht werde.
Neraida
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Vollkommen verblüfft, vor Überraschung unbeweglich wie ein Stein, stand Neraida nun alleine auf dem Hof, während sie den Ritter durch das Tor in die innere Burg verschwinden sah. Die Soldaten um sie herum bemerkte sie gar nicht mehr.
Was war das für ein Vorfall gewesen? Wenn Asloth kein Streiter Innos ` gewesen wäre, hätte sie gedacht, jemand wolle ihr einen Streich spielen. Sonderbar….
Nicht wirklich wissend, was sie nun tun und ob sie die Worte des Ritters ernst nehmen sollte, entschloss sie sich, lieber nichts zu riskieren und in die Kaserne zu gehen. In der Massenunterkunft der Soldaten hatte sie immer noch unter ihrem Bett den Reisesack liegen, den sie von der Kelchexpedition immer noch nicht geleert hatte. Besser war es, den Ritter nicht zu beleidigen und sein Spiel erst einmal mitzuspielen.
Mit dem geschulterten Reisesack und einer unter den Arm geklemmten Decke trat die Waffenmagd aus der Kaserne und fand sich sofort dem gerüsteten Asloth gegenüber, der sie mit einem einfachen Nicken begrüßte und ihr anschließend sofort bedeutete, ihr zu folgen. Ohne Widerworte und ohne zu wissen, wie ihr geschah, folgte Neraida dem Ritter aus der Burg.
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