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Auf dem Meer #5
Reglos verharrte die zusammen gekauerte Gestalt im Schatten des hintersten Segels neben einigen Fässern. Sie hielt etwas in Händen, betrachtete es akribisch, ehe sie die Arbeit fortsetzte und fieberhaft weiter arbeitete. Mal um Mal funkelte der glänzende Stahl in seiner Hand an dem anderen Gegenstand entlang. Bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, wie sich hier und da einige Späne lösten und entweder beiläufig davon geschnippt oder achtlos fallen gelassen wurden. Immer öfter legte die Gestalt eine Pause ein. Ein anderes Mal fuhr die Klinge nur ganz langsam und behutsam an dem hölzernen Ding entlang, schien kaum etwas von dem Material weg zu nehmen. Und trotzdem wirkte die Gestalt jedes Mal zufriedener...oder ein anderes Mal auch völlig unzufrieden mit dem, was die Klinge hinterlassen hatte. Und das obwohl sich augenscheinlich garnichts verändert haben mochte.
Taeris war vollkommen in Gedanken versunken, schnitzte wie besessen an dem Stück Holz herum.
Wieder und wieder strich die Klinge an dem holz entlang, löste hier und da mal ein kleines Stück Holz, das sich anschließend kräuselte und davon flog. Wieder musterte er das Stück, hielt es prüfend ein Auge zu kneifend ins Licht, ohne dabei den Hintergrund zu beachten, vor dem er sein „Werk“ betrachtete. Er war an einem gänzlich anderen Ort. Kein schwankendes Schiff, keine sich kräuselnden Wellen, die unregelmäßig gegen die Schiffswand schwappten. Keine Möven, die am Himmel kreischten, keine übergroßen Fische, die im Fahrwasser des Schiffes herum tollten.
All das war verschwunden. In seinen Augen gab es nur das Messer und sein Schnitzwerk. Wieder strich der Stahl am Holz entlang. Dieses Messer....es war sein treuer Begleiter gewesen. Schon seit ewigen Zeiten. Zumindest für seine Begriffe. Ein Holzspan von der Größe des Nagels eines kleinen Fingers fiel herab...und Taeris´ Miene schien größten Ärger aus zu drücken. Fieberhaft versuchte er den vermeintlichen Fehler wieder aus zu bessern und gab sich erst zufrieden, als drei weiterer Späne auf dem Deck lagen. In Taeris Blickwinkel huschten schemenhafte Gestalten hin und her. Irgendjemand rief etwas. Seeleute riefen durcheinander. Ein sanfter Ruck ging durch das Schiff. Doch Taeris hörte das alles nicht. Er war froh, endlich eine Ablenkung gefunden zu haben. Außerdem galt es, dieses Kunstwerk fertig zu stellen. Taeris wusste garnicht, wie lange er nun schon daran gearbeitet hatte. Ewig hätte er daran weiterarbeiten können....
Eine Stiefelspitze traf ihn unsanft in die Rippengegend. Er zuckte zusammen und blickte leicht irritiert nach oben. Florence sah ihn mit zweifelnd gerunzelter Stirn an.
“Ich hatte eigentlich gedacht, du kannst es garnicht erwarten wieder einen Fuß auf das Festland zu setzen. Und jetzt sitzt du hier herum wie ein verträumtes kleines Mädchen im Wald?“
Verwirrt blickte Taeris sich um und sah die Türme von Hafenbefestigungen unweit von ihnen entfernt aufragen. Rege Geschäftigkeit an Bord war ausgebrochen und die für einen Hafen typische Geräuschkulisse drang an seine Ohren. Entgeistert blickte er auf das deformierte Stück Holz in seiner linken Hand.
.....dabei wusste er nicht einmal was er da überhaupt seit Tagen....Wochen schnitzte. Mit fragendem Blick sah Florence auf das Stück Holz herab, betrachtete stirnrunzelnd das vielarmige Ding, was auf den ersten Blick nur ein halbes Gesicht und dafür einen Buckel und zwei unterschiedlich lange Beine hatte. Ebenso überrascht blickte Taeris auf sein „Werk“ herab.
“...Sollte eigentlich mal einen Krieger aus dem Norden darstellen. Glaube ich.“
sprach Taeris mit fragendem Unterton und musterte sein „Kunstwerk“ von allen Seiten. Beide starrten nun reichlich irritiert auf das verstümmelte Stück Holz und mussten sich in diesem Augenblick wohl beide fragen, was zum Teufel Taeris die ganze Zeit so verbissen daran herum verbessert und ausgebessert hatte.
“Na ist ja auch egal.“
resümierte er schließlich und warf das hölzerne Ding über die Reling ins Hafenbecken.
“Gott bin ich froh, endlich von diesem verdammten Kahn runter zu kommen...“
sprach er und erhob sich endlich, ehe er sich langsam um blickte. Es schien tatsächlich der Hafen von Vengard zu sein, in dem sie gerade angelegt hatten. Taeris mochte Städte eigentlich nicht. Aber in diesem einen Augenblick war er für einen Moment lang überglücklich. Auch wenn er das nicht offen zeigte. Gähnend fuhr er sich mit der rechten durch sein strähniges rotblondes Haar und nickte in Richtung Hafen.
“Ich weiß nicht wies dir geht....aber ich brauch ´n Bier und was zu rauchen...“
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Es war eine stürmische Nacht mit Donner und Gewitter. Der Himmel war von vielen Wolken benebelt und die Sterne waren kaum noch zu erkennen. Ein Geräusch von einer Peitsche, viele Wellen rasten auf die Felsblöcke zu und zersprangen in viele Wassertröpfen. Manchmal war auch ein dumpfes Geräusch zu hören, denn in der ferne auf einem Boot saß eine Person "Rasphail". Ein Junger und Zielstrebiger Man, der sich schockierend um den Sitz klammerte.
Rasphail verspürte die Kälte in seinem Nacken, es war schon viele Jahre her, dass er auf See war. Die Karte kaum noch lesbar, das Essen durchnässt und mit vielen Bakterien besetzt, seine Kleidung nass und ungewohnt. – Ja, diese Reise war ein totaler Fehlschlag. Doch als der Verrückte sich einem Land näherte, so holte er aus Erleichterung, tief Luft. Er spürte wie die kalte Luft in seinen Lungen verarbeitet wurde und er zog seinen Mantel fester an sich.
Nach ein paar Herzschlägen erreichte er das Land und es war das Land Myrthana – Endlich, nach vielen Tagen. Rasphail dachte schon das er auf See verhungern würde, doch zum Glück war das Schicksal auf seiner Seite. Das Boot – ja, dass Boot. Es war schon an vielen Stellen gerissen und machte Rasphail, persönlich keine Wertvollen Gedanken. Das Boot wurde zurückgelassen. Der Verrückte nahm nur seine Tasche und sein wertvolles, rostiges Schwert mit. Die Kaputze zog er hinunter und man konnte feine Gesichtzüge einer Männlichen Statur erkennen. Rasphail stand auf Sand und er führte seinen Weg richtung Wald fort…
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Eine raue Brise wehte Tim durchs Gesicht. Es war ein kalter Wind gewesen so mitten auf dem Meer. Langsam nahm der Söldner Abstand von der Reeling und schlenderte übers Deck.
Es waren mittlerweile zwei Tage vergangen seit sie vom Hafen von Kap Dun losgesegelt sind. Im Grunde war der Lehrmeister alles andere als erpicht auf diese Mission, doch was sollte er machen. Schon seit längerem spielten die Orks mit dem Gedanken mal wieder nach Kohrinis zu segeln, um dort mal nachdem Rechten zu schauen. Da sie sich aber gerade mitten im Krieg befanden konnten sie keinen orkischen Feldherren entbeeren, sodass der Elitesöldner mit dem Auftrag betreut wurde.
Als Tim das zuhören bekam war er zunächst erbost gewesen. Gerade erst hatte er einen Sklaven die Leviten gelesen und war drauf und dran Redsonja zu finden. Schon seit längerem hatte er nach ihr gesucht und wenn der Schütze sie ein zweites Mal gefunden hätte, dann hätte er sie in aller Öffentlichkeit eigenhändig hingerichtet. Doch das Leben machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht war dies gar nicht mal so schlecht hatte sich der Elite im nachinein gedacht. In Faring bestand sein Alltag darin, dass er wie ein Bessener nach der Rothaarigen suchte. Dabei nahm auf nichts und niemanden Rücksicht. Er war von Hass erfüllt und das war auf Dauer auch nicht förderlich. Die milde Seeluft würde ihn sicher zu Ruhe kommen lassen.
Kan selbst hatte ihm freigestellt sich eine Crew zusammen zu stellen. Doch freie Hand hatte Tim dennoch nicht. Zu gerne hätte er einen Kriegsherren der Orks mitgenommen. Dieser hätte zwar das Kommando, doch die ganze Koordination würde weiter bei ihm liegen. Des weiteren waren sie exzellente Kämpfer und hatten ein großes taktisches Verständnis.
"Wer weiß wozu man dieses gebrauchen konnte", hatte sich der Blondhaarige damals gesagt. Doch schlussendlich war er zufrieden gewesen mit der Zusammenstellung des Trupps. Neben einigen Orkspähern und Kriegern konnte der Schwertkämpfer auch den ein oder anderen ihm bekannten Elitesöldner dazu überreden mitzukommen. Sie standen mindestens genauso lange im Dienst der Orks wie er selbst. Daher kannte er sie gut und sie waren alle mittlerweile Freunde geworden. Natürlich hatten diese ihre Freiheiten und waren mit ihm auf einer Stufe gestellt. Als Tim alle durchgezählt hatte am Hafen von Kap Dun kam er auf 15 tapfere Orks und Menschen, er war der 16.
Da es am Geld nicht scheitern sollte wurde der beste Kapitän angeheurt, den man am Hafen finden konnte. Weiterhin wurden natürlich Sklaven mitgenommen, die fürs Kochen, Deck schrubben und für sonstigen Aufgaben zuständig waren. Genau so einen Sklaven raunte der Elite gerade an, als er sah, dass sicher dieser beim reinigen einer Waffe eine Pause gönnte. Ansonsten zeigte sich die Sonne von ihrer schönsten Seite. Kaum eine Wolke war am Himmel zu erkennen. Doch Tim wusste, dass der Schein trügte. Denn obwohl die Sonne schien war es kalt gewesen. Genauso wie die See. Er hatte sich sagen lassen, dass sie auf den ersten Blick ruhig ist, doch das Wetter hier ganz schnell umschwenken kann, sodass es ungemütlich werden konnte. Dies hoffte der Söldner natürlich nicht und machte sich auf den Weg in seine Kajüte.
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Ruhig schipperte das Schiff auf den Wogen. Die einkehrende Nacht war klar und der Sternenhimmel erschien in ganzer Pracht. Auf dem Schiff herrschte Aufruhr. Die Küste war nah. Vor langer Zeit stach die Mephala von ihren Heimathafen aus in See und nun war endlich ihr Ziel nahe.
Eine junge Frau stand an der Reling und spürte schon den warmen Wüstenwind. Sie spielte auf ihrem Instrument. Es waren ihre Gefühle, die sie durch den warmen Wüstenwind empfand. Ein ruhiger, sanfter Klang bespielte die Mephala, ehe die Musik stoppte.
Sich vorsichtig vorschiebende Schritte waren zu hören. Die junge Frau drehte sich und blickte einen alten, gebrechlichen Mann an. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen, als der bärtige, blinde Mann ihr scheinbar zunickte.
"Welche Farbe hat heute die Nacht?", fragte sie den Greis.
"Sanguine, meine Schwester.", antwortete der alte Mann, ehe er sanft lächelnd fortfuhr.
"San, die Zeit wird bald kommen. Vergiss nie wer du bist und sei auf alles in dieser Welt gefasst. Dein Verlust, wäre in vielerlei Hinsicht untröstlich."
Die Frau blieb still und spielte dann wieder ein paar Töne auf ihrem Instrument, ehe sie wieder stoppte, tief Luft holte und antwortete.
"Sorgt euch nicht. Hab ich euch jemals enttäuscht?"
"Nein, San. Aber selbst das Unscheinbare, kann erkannt werden.", meinte der Blinde und tastete sich vor die junge Frau, bis er ihre Hände mit seinen faltigen Händen umgriff.
"Niemand wird dich kennen und doch kannst du erkannt werden.", meinte er.
"Eine Gefahr besteht immer. Immer kann man uns erkennen. Ich werde aufpassen. Das Ziel ist klar und wir haben lange genug gewartet.", meinte die junge Frau.
"Gewartet...wahrlich. Sobald du deine ersten Schritte, nach langer Zeit, auf diesem Land setzt, bist du die Suchende.", meinte der Blinde und tastete sich an die Reling. Sanguine dachte nach und erinnerte sich an ihre letzten Schritte. Mehr jedoch, fehlte in ihrer Erinnerung.
"Wir werden ihn finden.", meinte die junge Frau entschlossen, griff zu ihrer Flöte und spielte wieder darauf.
Geändert von Sanguine (23.10.2008 um 21:16 Uhr)
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Küste vor Ishtar
Möwengeschrei begleitete die langsam untergehende Sonne. Das Festland kam immer näher, so wie der Tag der Nacht. Aufruhr herrschte auf der Mephala, der Kapitän polterte immer so laut herum, wenn Landgang bevorstand. Sicher, die Crew hatte das Schiff mit den grauen und weinroten Segeln herauszuputzen, damit selbst dieser Zuben über den stattlichen Dreimaster staunen sollte. "Schrubbt! Schrubbt! Schrubbt!" - "Flickt die Segel!" - "Bewegt euch, ihr Ratten!" - "Verdammt! Das sind Mädchenzöpfe und keine Seemannsknoten!" - waren in etwa der Kanon der über das gesamte schiff erhallte. Sanguine war es egal. Der Kapitän traute sich nicht ihr zu befehlen. Nein, er wusste, dass sie wusste, dass er wusste, was sie über ihn wusste und er wusste, dass sie wissen würde, wie sie ihr Wissen gegen den Kapitän einsetzen könnte. Sie wusste wer er in Wirklichkeit war, so dass die Crew davon niemals wissen dürfte. Sanguine wusste eben immer, sich mit Vorteilen aus der Affäre zu ziehen.
Ein Schmunzeln lag über ihren Lippen, als sie einen Matrosen unterbrach.
"Matrose! Hättet ihr die Muße mir Gesellschaft zu leisten?", fragte die Bardin und fuhr dem Seemann lächelnd mit einem Finger am starken, tätowierten Arm entlang. Leicht verstört und dann doch lächelnd erwiderte der Seemann, dass er arbeiten müsse und der Kapitän ihm wohl die Hölle heiß machen würde.
"So? Ihr werdet doch einen Augenblick Zeit finden? Sagt mir etwas über dieses...Ish...Ishtar. Kann man dort gut einkaufen?", fragte die junge Frau.
Der Seemann blickte sich um, sah das die Luft einigermaßen rein war und antwortete.
"Ishtar soll die reichste Stadt des Festlandes sein. Der große Zuben residiert dort und ja...öhh...man kann dort einkaufen."
"Interessant. Dieser Zuben...sieht er gut aus? Und was noch wichtiger ist - kann man dort auch Schuhe kaufen? Damenschuhe?", fragte die Bardin und lehnte sich an die Bordwand.
"Zuben hmm. Zuben hab ich noch nie gesehen. Manche meinen er wäre ein alter, greiser Mann. Manche ein Wüstenprinz. Aber alle sagen sie dasselbe. Er steht mit Beliar im Bunde. Wenn ihr mich fragt ein gefährlicher Herrscher.", meinte der Matrose abergläubisch.
"Und Schuhe?", fragte San unbetrübt.
"Äh...ja, sicher finden eure Füße, ein passendes Paar. In Ishtar gibt es wohl die erlesensten und exotischsten Dinge.", meinte der Seemann verwirrt.
"Fein und Zuben - na den werde ich mir wohl genauer ansehen. Habt Dank, Seemann."
Sanguine warf dem Mann ein Lächeln zu und schritt von dannen. Der Kapitän schrie wieder irgendwas laut herum, doch sie verschwand in ihrer Unterkunft. Sie musste sich vorbereiten und ausgeruht sein, wenn sie sich dieses Ishtar näher ansehen würde. Da woher sie herkamen, da handelte man viel mit den Assassinen. Davon wusste sie gewiss gut bescheid, auch um die Mentalität dieses Volkes, aber es war ab und an mal gut auch Meinungen aus dem Leben heraus zu sammeln. Dieser Zuben weckte schon ihr Interesse.
Geändert von Sanguine (24.10.2008 um 18:39 Uhr)
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Esmeralda, halbe Tagesfahrt entfernt von Vengard
Ein kreischendes Geräusch war im Heulen des Windes zu vernehmen. Der Sturm zwang den Seeadler Dwayne zum Tiefflug, schließlich blieb er an Ronsens Seite; der Paladin hatte nahe des Steuerrades der Esmeralda einen Holzbalken befestigen lassen, da setzte sich der Vogel gern einmal drauf. Doch die unruhige Fahrt, das ständige Geschaukel störte ihn, nicht selten flatterte er wütend mit den Flügeln, als ob er versuchte, das gesamte Schiff beruhigen zu wollen. Eben so, wie der Steuermann, der mit Kommandos und technischen Manövern das Schiff gegen den Wind richtung Süden trieb, mit Wenden, Halsen und Kreuzungsmanövern, heute war sein ganzes Können gefordert. Heute durften sie nicht kentern, heute nicht! Es war eine verdammt wichtige Fahrt. Die Baumstämme mussten nach Al runter kommen, die Risiken der Fahrt waren gewiss, aber auch die Herausforderung. Und es freute den Admiral, Ronsen liebte die Herausforderung.
Der Wind peitschte ihm ins Gesicht, Nieselregen brachte er mit, der wie ein eiskalter Schauer in besonderer Menge bei jeder neuen Welle, über die das Schiff preschte, die Seefahrer traf. Selbst ein riesiger Zweimaster wie die Esmeralda konnte auf offener See dem Schaukeln nicht entgehen. Viele junge Matrosen waren schon ausgefallen, seekrank meinten sie, verdammte Anfänger! Der Admiral musste mit minimaler Besetzung gen Süden segeln. Ein Segel hatte er bereits herunternehmen lassen, das war das Großsegel, es war viel zu schwer und zu widerspänstig, als dass sie es hätten kontrollieren können. Nun fuhren das Schiff lediglich mit der Fok und so wie es ausschaute, konnten alle Mitfahrer froh sein, wenn die Wellen sie nicht in den Vengarder Hafen zurückdrückten. Als sie heute nachmittag bei bedecktem Himmel und drei bis vier Windstärken ausgerückt waren, sah alles noch viel rosiger aus. Jetzt fuhren sie gegen an; bei guten acht bis zehn Windstärken und wenn man ehrlich war, konnte man froh sein, noch keine Ladung oder Männer verloren zu haben.
Odinson kam zu ihm ans Steuer, klatschnass war er. Eben noch hatte er die Wendemanöver weitergegeben, die Ronsen seinen Männern erteilte, jetzt hatte der Paladin ihn für eine besondere Aufgabe herbeordert.
"Pass auf Oddy!", schrie der Kapitän, denn das Rauschen des Windes konnte nur so übertönt werden, "Wir müssen in Landabdeckung fahren. Siehst du den Kompass?"
Ronsen deutete auf den vergoldeten Kompass, der an dem Holzkasten, an dem das Ruder hing, befestigt war.
"Wir müssen weiter abfallen, halte den Kurs so weit es geht, also die Gradzahlenam Kompass! Sobald die Segel einfallen, machst du eine Wende! Dann bewegt sich der Zeiger um etwa einhundert Grad nach rechts. Lefty wird deine Wendebefehle weiterleiten!"
"Was machst du?"
"Ich werde ein paar Nordlichter abschießen! Wir dürfen uns der Küste nicht zu weit nähern, sonst laufen wir Gefahr, auf ein Riff zu fahren. Deswegen dafst du auch erst im absoluten Notfall wenden. Sieh es als eine Übung, damit du endlich auch mal das Seefahren lernst!"
Ronsen grinste, dann eilte er fort. In seiner Kabine hatte er das Zauberbuch von Corwyn, er hütete die paar Lichtzauber wie seinen Augapfel, aber in einem solchen Moment waren sie unabdinglich. Jetzt brauchten sie Innos, ja und auch Adanos Segen...
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Bei Innos war das ein verdammt schlechtes Wetter. Odinson kniff die Augen zusammen, als ihm der Regen und das Salzwasser nun wieder ins Gesicht flogen. Ronsen hatte ihm einfach das Ruder in die Hand gedrückt. Er sollte den Kurs halten und wenn Ronsen dann seine Lichter abgefeuert hatte und Land würde zu nahe in Sicht kommen, dann sollte er eine Wende um hundert Grad vollziehen. Nun war Ronsen unter Deck und Odinson brüllte seinem nun Untergebenen Befehle durch den jaulenden Wind. Eine besonders hohe Welle lies den Bug steigen und das Schiff darauf hochreiten. Kurzzeitig war das Meer verschwunden und nur Dunkelheit war zu sehen. Dann krachte die Esmeralda in das Wellental hinab. Der Aufprall schüttelte sie alle durch und kleinere Gegenstände und auch ein Matrose flog über das Deck, doch konnte er sich gerade noch festhalten. Sofort kamen andere und halfen ihm auf. Ein andere, jüngerer musste schnell zur Reling rennen, oder besser, er wollte es. Odinson schrie ihn an, ja nicht daran zu denken, es zu tun. Oder er würde nicht so viel Glück haben wie sein Kamerad. So musste der Arme in einen Eimer kotzen. Und neben all dem, versuchte Odinson krampfhaft den Kurs zu halten. Immer wieder huschte sein Blick von dem Meer um sie herum auf den Kompass und wieder zurück.
„Wo bleibt der nur?“ fragte Odinson Lefty der neben ihm stand und auf Befehle wartete und die Mannschaft im Auge behielt. Der zuckte nur mit den Schultern. Aber dann kam endlich ein großer Schatten aus dem Schiffsbauch und hielt etwas in der Hand. Die paar Lampen, die das Schiff erhellten, reichten nicht aus um Details zu erkennen. Doch auf einmal schoss ein Lichtpfeil von dem Schatten weg in die Richtung, wo die Küste und das Festland liegen mussten. Wie ien blitz sprengte der Zauber die Finsternis um sie herum. Nichts, nur schwarze, wogende Wassermassen.
„Also weiter!“ meinte Odinson. Lefty nickte nur und rannte dann zum Unterdeck um die Mannschaft anzutreiben, sich ins Zeug zu legen. Langsam taten dem Nordmann die Hände weh, so umklammerte er das Steuerruder. Er war zwar überzeugt, dass er es hinbekommen würde, aber immerhin lastete jetzt eine große Verantwortung auf ihm. Jedoch noch war die Kompassnadel da, wo sie sein sollte. Die Prozedur des Lichtschießens wiederholte sich nur noch einmal, denn da sahen sie alle eine grauschwarze Masse aufblitzen.
„Ach du Scheiße!“ schrie Odinson. Diese Masse, welche wie ein Seeungeheuer vor ihnen aufragte, war verdammt nahe. Odinson sammelte alle Sinne und riss dann das Ruder nach links, also backbord. Viel zu langsam für den Geschmack des Gardisten wälzte sich das Schiff in die gewünschte Richtung. Das Land kam immer näher und es waren Klippen, wie ein flackernder, natürlicher Blitz zeigte.
'Innos, lass mich diesen verfluchten Kahn wenden!'
Und als hätte Innos ihn erhört, fiel auf einmal das Segel ein, wie von einem Bolzen getroffener Ork und blieb schlaff hängen. Das Festland kam trotzdem immer näher, nun von Steuerbord. Dann jedoch verlangsamte es seinen Angriff und das Schiff zeigte ihm nun sein Hinterteil, wie zum Hohn. Odinson wischte sich Salzwasser, Regen und eine gehörige Menge kalten Schweißes von der Stirn.
Er liebte dieses verdammte Schiff, diesen verdammten Admiral und diese verdammte See!
Geändert von Odinson (27.10.2008 um 22:35 Uhr)
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Der Morgen danach *g*
Ein leichtes Wanken bewegte das Schiff, angenehm, mit Nichten zu vergleichen mit dem Sturm, in den die Esmeralda gestern gefahren war. Der Himmel hatte sich in eine hellgraue Masse verwandelt, zwar kam kein Regen mehr herab, doch unangenehm kalt, man konnte es fast schon klamm nennen, war es trotzdem. Die südlichen Winde um Varant hatten sie noch nicht erreicht, wenngleich hie und da einmal ein warmer Hauch das kleine Vorsegel flattern ließ. Am Horizont konnte man einen Seeadler beim Jagen beobachten. Kreischend erbeutete er sich sein Frühstück, das hatte er verdient. Blickte man noch weiter am Horizont entlang, so merkte man rasch, das man zu zwei Dritteln von einer Landmasse umschlossen war. Lediglich ein kleiner Meerarm wies zurück in den Ozean; hier war das Schiff gestern durchgefahren und in der windstillen Bucht hatten sie ankern können.
Ronsen stand noch an der Reling und blickte müde gen Süden. Sie waren mächtig im Verzug, doch ebenso schnell wie der Sturm gekommen war, so würden sie heute bei Flaute notfalls rudern müssen. Oder sie gönnten sich eine Auszeit, das hatten wohl die meisten Männer verdient.
Der Admiral fuhr sich durch den wuschigen Bart und blickte über das Deck zu den einzelnen Teilen seiner Mannschaft. Die meisten schliefen noch, teils einfach auf dem nassen Deck eingeschlafen und in einen Seesack gewickelt, manche hatten noch die Kraft gehabt, ins Unterdeck zu gehen. Überall an Bord roch es nach Fisch und Erbrochenem. Eine Magenspülung war das gestern gewiss gewesen, auch dem seefesten Ronsen war ein paar Mal mulmig gewesen. Er rümpfte die Nase bei dem Geruch. Jemand musste dringend das Deck schrubben!
Odinson kam zu ihm gewankt, die Hand immer an der Reling, man wusste ja nie, wann einen der nächste Windstoß von Deck schmiss. Er grinste seinem Waffenbruder entgegen und winkte mit einem halben Brot.
"Frühstück?", fragte er.
"Nie schmeckt Brot besser als jetzt!"
Die beiden Seemänner suchten sich ein gemütliches Plätzchen und verzehrten in gierigen Bissen die Brotkanten. Es war schon etwas hart, aber noch essbar. Sofort meldete sich der leere Magen des Paladins wieder. Ob er jemals wirklich satt werden würde? Nicht wenn er nicht ordentlich Fleisch bekam...
Ronsen wollte die ruhige Minute nutzen, seinen Kameraden zu loben.
"Das hast du gestern gut gemacht. Wir haben wirklich mächtig Glück, dass wir nicht gekentert sind..."
"Ja... danke Ronsi."
Der Kapitän lächelte müde, gewiss wirkte er etwas abwesend, seine Gedanken kreisten ja auch um die hoffentlich baldige Ankunft in Al Shedim.
"Weckst du die Bande dann mal bitte? Ein paar Bengel sollen Deck Schrubben, die anderen sollen endlich aufstehen, wir haben zu tun..."
"Sollen sie den Anker schon rausziehen?", fragte Odinson im Aufstehen.
"Nein", erwiderte der Admiral mit einem Lächeln, "Sie sollen die Angelrouten zücken. Unser Smutje soll doch mal wieder was zu tun bekommen!"
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Päuschen in der Bucht
Zwar blies immer noch ein kräftiger Wind, aber das war man schnell gewöhnt, wenn man einige Tage auf See gewesen war. Der Regen hatte nachgelassen, das war das wichtigste. So konnten sie einige Arbeiten verrichten, die nun nötig waren. Diese sollte Odinson nun verteilen. Sein Admiral hatte ihm aufgetragen, die Mannschaft einzuteilen und sie einmal schrubben und aufräumen und dann auch noch angeln zu lassen.
Nun stand es an Odinson, die Aufgaben gerecht zu verteilen. Er zog Lefty mit heran, der ein verlässlicher Matrose war, mit einem guten Gedächtnis und ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn.
„Wen würdest du mir denn für das Schrubben vorschlagen?“ Lefty deutete auf drei Männer unterschiedlichen Alters. Ein sommersprossiger Knabe, gerade erst eingestiegen ins Marinegeschäft, und zwei mittleren Alters. Mit rauer und tiefer Seemannsstimme antworte der Matrose:
„Die drei da haben lange keinen Besen beziehungsweise eine Bürste in der Hand gehabt!“ Odinson und auch Ronsen, das wusste er, mochten diese einfache Art des Redens der Männer und vor allem Leftys. Er konnte in kurzen Sätzen das ausdrücken, manchmal auch mit entsprechend einfachen Worten, wozu ein Feuermagier zehn brauchte. Odinson ging auf die drei Seemänner zu. Als sie ihn sahen, stellten sie sich nebeneinander auf und salutierten. Der Gardist winkte ab. Sofort lösten sie ihre strenge Haltung.
„Lasst´s gut sein Männers, wir haben gestern eine Schlacht gewonnen und auch mit eurem Anteil an dem Ganzen. Doch leider stinkt es auf unserer guten Esmeralda wie die Pest und jemand muss schrubben. Ihr seid dran, meinte Lefty hier. Ich vertraue seinem Gedächtnis.“ Er machte eine kurze Pause und sah grinsend in die angewiderten Gesichter der Männer. „Nehmt es nicht so tragisch, alle müssen mal ran!“
Jeder vernünftige Seemann wusste, woher die Befehle kamen, vom Admiral nämlich. Der war zwar auf diesem Schiff einigermaßen gutmütig, aber Befehlsverweigerung wurde mit Kielholung beantwortet. So kam kein Wort des Protestes von ihren Lippen. Zumal sie einsahen, dass Odinson Recht hatte und auch Lefty sie nicht betrog. Das war etwas Besonderes auf diesem Schiff. Die Mannschaft bildete eine Einheit, von oben bis ganz unten. Auch mit dem Smutje hatten sie sich arrangiert, er hatte nun gewisse Mittel gegen die Neckereien der Männer entwickelt und so war es am Ende nie langweilig beim Abendessen.
'Erster Auftrag erledigt!' dachte Odinson und nickte vor sich hin. Nun hieß es eine etwas größere Gruppe zum Aufräumen zu bewegen. Wieder folgte er Leftys Rat und schnell waren die benötigten Seemänner gefunden. Sie verteilten sich auf dem Schiff und nun strahlte der gesamte Kahn eine hohe Geschäftigkeit aus.
Nun kam nur noch der Befehl, den er ohne seine Hilfe vollenden konnte. Er stellte sich auf eine Kiste und setzte die Hände zu einem Trichter vor seinem Mund zusammen.
„Männer!“ verschaffte er sich Gehör. Die Köpfe fuhren zu ihm herum und langsam bildete sich eine Traube um ihn. „Der Admiral ist stolz auf euch! Das war gestern kein Pappenstiel und ihr habt alle gute Arbeit geleistet. Doch nun habe ich wieder eine schwere Aufgabe für euch, die viel Geduld erfordert!“ Er grinste in die Menge, die ihn noch verständislos und teilweise enttäuscht ansah. Odinson genoss kurz diese Atmosphäre, dann sprach er weiter:
„Der Admiral hat eine Angelpartie angeordnet. Wir machen Pause und der Smutje hatte gestern wenig zu tun. Also fangt ihm was feines. Wer den größten Fisch fängt, bekommt ne gute Flasche als Belohnung! Mit besten Grüßen unseres Admirals, dem besten dieser Meere!“ Der letzte Satz kam rufend von seinen Lippen. Die Matrosen vielen jubelnd in den Ruf mit ein. Odinson sprang von der Kiste und lächelte vergnügt. Dann löste sich die Traube auf und alle gingen ins Unterdeck um die Angeln zu holen oder zu basteln. Er aber wandte sich wieder dem Heck zu und schlenderte zu seinem Freund.
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kurz vor Varant
Ungeduldig kramte Odinson in einem hölzernen Schieber in der Kajüte des Kapitäns nach einer Liste. Da hier auf der Esmeralda Ronsen der Kapitän war, hieß das, um ein Schriftstück zu finden, eine stundenlange Suche auf sich zunehmen. Ein wirkliche Ordnungsprinzip war nicht vorhanden, auch wenn die Papiere schon geordnet waren. Jedoch nach einem System, welches nur Ronsen zu verstehen schien.
„Na endlich!“ Odinson schnappte nach dem Pergament und schaute es sich kurz an. Es war die Liste der Waren, die die Varanter bekommen würden, als Gegenleistung für die dargebrachte Hilfe für den Wiederaufbau der Hauptstadt des Königreiches. Dieser ging schon ganz gut voran. Der Handel hatte wieder ein normales Maß angenommen. War zwar nicht so intensiv wie noch vor der Belagerung, aber das würde kommen. Dazu waren sie auch hier. Um den Händlern des Südens zu zeigen, dass man wieder mit Vengard und dem König Geschäfte machen konnte. Und natürlich dass der König seine Schulden einhielt.
Er legte sie dem Paladin vor die Nase.
„Hier hast du deinen Wisch!“
„Danke, Oddy! Jetzt brauche ich noch neue Tinte und eine neue Feder. Schau mal da rechts nach, in dem untersten Fach!“ Odinson drehte sich um und ging in die Ecke, die sein Kumpel meinte. Wenn jetzt der Eindruck entstehen sollte, dass Odinson den Diener für Ronsen spielte, war das durchaus richtig. Adjutant hieß wie Knappe zu fünfzig Prozent Diener sein. Jedoch machte es Odinson nichts aus. Erstens war ihm das klar gewesen, zweitens hatte er sich daran gewöhnt und drittens hatte er ja auch Leute, die er herumschicken konnte. Blöderweise waren gerade alle beschäftigt. So musste der Gardist persönlich in den Laderaum steigen, als er sah, dass nichts von dem Gewünschtem in dem Fach vorhanden war. Er schnappte sich eine Kerze und zündete sie an dem Leuchte auf des Admirals Tisch an und ging ein paar schmale Gänge in den Laderaum. Neben der gesamten Ladung gab es einen Teil der gesondert gelagert war. Dies waren die Sachen der beiden. Das meiste natürlich von Ronsen. Odinson seufzte. Hier war das selbe Problem mit der Ordnung. So dauerte es eine Weile, bis er wieder vor seinem Freund stand und ihm die gewünschten Sachen auf den Tisch stellte. Ronsen bedankte sich und schickte Odinson auf das Deck um die Führung des Kahns zu übernehmen. Lefty hatte die Zeit, wie sie hier unten beschäftigt waren, die Aufsicht gehabt und das Steuer betätigt. Also musste Odinson in die Kälte hinaus. Er wickelte sich fest in seinen Mantel und stiefelte mit polternden Schritten auf das Deck. Er atmete die Seeluft tief ein und ging dann ein paar Stufen hinauf zum Steuer.
„Hol dir mal was von dem restlichen Fisch, Lefty! Ich übernehme!“ Bereitwillig überließ der Angesprochene das Holzrad und verschwand nun ebenfalls unter Deck. Der Fisch, von dem Odinson sprach, hatten sie gestern allesamt gefangen. Und wie sie versprochen hatten, hatte der größte Fang eine Flasche guten Rums als Belohnung mit sich gezogen.
Odinson prüfte den Kurs an dem Kompass und rechnete schnell und grob ihre Reisezeit aus. Sie waren nun schon drei Tage auf See. Varant konnte nicht mehr weit sein. Vielleicht waren hinter dem Nebel und der Dunkelheit schon die ersten Sanddünen.
Geändert von Odinson (29.10.2008 um 23:14 Uhr)
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29.10.2008 22:19
#11
"Wir segeln nach Vengard", sprach Earnur leise und schaute seinen Begleiter an. Dieser nickte nur und schwieg zustimmend. Beide standen im schwachen Schein des Mondes auf dem Deck des kleinen Schiffes, welches sie am heutigen Morgen mitgenommen hatte. Die Götter waren den beiden in diesen Tagen wirklich wohl gesonnen, immerhin hatten sie ein Schiff gefunden und nu brachte es sie wieder auf das Festland. Lasseko dachte an Vengard, an seinen letzten Besuch, der nun schon wieder einige Tage her war. Damals war er mit ihr, seiner Liebe, mit Minath dort gewesen und sie wollte in der Stadt bleiben, doch warum konnte er bis heute nicht verstehen, wahrscheinlich wollte er es auch gar nicht. Manchmal zweifelte er an ihrer Entscheidung, aber nicht, weil er ihr nict vertraute, es war einfach diese Ungewissheit, die ihn plagte. Immer wieder stellte er sich die gleichen Fragen, gelegentlich zweifelte er, ob er einen Fehler gemacht hatte, dessen er sich bis heute nicht bewusst ist. In einsamen Momenten, in Sekunden der Ruhe erinnert er sich an die Minuten, als sie einander berührten, sich liebten und die Welt um sich herum vergaßen. Er konnte es nicht abstreiten, er sehnte sich nach diesem Gefühl, würde es einfach nur gerne wieder spüren.
"Vengrd wird dir gefallen", sprach der Jäger und schaute seinen Mitreisenden an. Im hellen Schein wirkte dessen Gesicht bleich und anders, als sonst, am Tage. Insgesamt fühlte er eine seltsame Stimmung in ihm und um ihm herum, doch sie missfiel ihm nicht, irgendwie gefiel ihm dieses Geheimnisvolle, das Mysteriöse, das Unbekannte.
Die Königsstadt hatte ja auch wirklich schöne Seiten und ein Mensch, der mit positivem Blick durch die Welt schreitet, sieht an einem Grabe nur die schönen Blumen, so war das eben. Wie sein Freund dachte wusste er nicht, sicherlich freute er sich aud die große Stadt.
Der kleine weltenfremde Bauer zieht in die große Stadt, wo das Leben niemals endet, sondern ewig währt, so könnte man diese Tage titulieren.
Lasseko wusste hingegen nicht genau, was er in Vengard machen werde. Vielleicht würde er alte Bekannte aufsuchen, wobei ihm da wenige einfielen. Wahrscheinlich ginge seine Reise bald in den Süden, sofern sich keine Alternativen anböten. Irgendein Unbekannter, dem er seine Lebensgeschichte erzählen würde, wird bestimmt wieder seinen Weg kreuzen. Er hoffe alleridings nicht...
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30° Süd-Nord, oder: wenn der Kompass verrückt spielt
Ronsen stemmte die Hände in die Hüften und blickte mit wachsamen Augen über das Deck. Die Männer arbeiteten eifrig, die Männer arbeiteten gut! Das Päuschen gestern hatte ihnen gut getan, nach allem, was sie in der Nacht durchgemacht hatten. Nichtsdestotrotz hatten sie einen Auftrag zu erfüllen, das Holz fuhr sich ja nicht von selbst nach Al Shedim runter. Und hier war ein guter Kapitän gefragt, einer, der mit sicherer Hand die Esmeralda über die tosenden Wellen steuerte und noch in der Not der Mannschaft Mut machen konnte. Und das war Ronsen, das konnte er nach all den Monaten mit Fug und Recht behaupten und er war stolz darauf; auf sich und natürlich auf seine loyale Crew.
Ein Kreischen vernahm er über seinem Kopf. Mit breitem Grinsen fuhr er den Arm zur Seite aus, da landete sein Seeadler Dwayne darauf. Er hatte einen Fisch dabei, warf ihn zu Ronsens Füßen herab. Der Paladin hob ihn auf und strich seinem Haustier über die gefiederte Brust.
"Willst du mich noch füttern? Braver Junge!"
Doch dann schnappte Dwayne sich den Fisch wieder und schlang ihn mit einem Mal herunter. Ronsen zuckte mit den Schultern.
"Dann eben nicht...", murmelte er grinsend.
Sein Seeadler flog schon wieder davon, als er eine laute Stimme hinter sich vernahm.
"Kapitän! Kapitän, Sir..."
Sein zweiter Maat war es, mit einem Fernglas kam er heran, Odinson musste ihn geschickt haben.
"Was gibt es Junge?", fragte der Paladin ruhig.
"Der Kompass, er spielt verrückt. Euer Adjutant braucht eure Hilfe!"
Ronsen grummelte etwas in seinen dichten Vollbart, doch diese Worte gingen niemanden etwas an. Stattdessen nahm er das Fernglas und machte sich raschen Schrittes auf den Weg zum Steuer.
"Gut, dass du da bist, der Kompass dreht völlig durch!", kommentierte Odinson aufgeregt und deutete auf den goldenen Apparat. Die Nadel schwang beständig von 30° Nord bis hin zu 30° Süd.
Eigenartig.
Ronsen klopfte darauf, doch der Apparat beruhigte sich nicht. Der Kapitän nahm instinktiv das Fernglas zur Hand und inspizierte die Küste oder besser das, was er im Mondlicht sehen konnte. Es war Vollmond.
Mysteriös.
"Fall noch etwas ab, ich glaube wir sollten nicht zu nah am Land fahren, heute ist die See ruhiger..."
"Aye", Odinson drehte am Ruder, mit langsamen Bewegungen drehte sich das mächtige Schiff mit dem Heck weg vom Land. Doch mitten in der Drehung schien es zu stoppen. Plötzlich hatte auch der Wind nachgelassen. Stattdessen heulte der Wind in verführerischem Singsang.
Gespenstisch.
"Scheiße!", stieß der Admiral aus und griff nun selbst nach dem Ruder.
"Was? Was ist denn los?"
"Schick die Mannen an die Ruder, wir müssen ganz schnell weiter raus aufs Meer!", befahl der Paladin aufgeregt.
"Was ist denn los?"
"SOFORT!"
Odinson eilte, den scharfen Ton nicht gewöhnt, los und brüllte die faule Bande sofort weg von den eingefallenen Segeln an die Ruder. Der Singsang wurde lauter. Lefty kam müde aus seiner Kammer gestolpert, bemerkte den Radau und wandte sich an Ronsen.
"Was bei Beliar ist in dich gefahren?""Sirenen!", antwortete der Admiral und schwang nun endgültig das Ruder nach links. Viel zu langsam bewegte sich das Schiff, mit Menschenkraft fuhr es nur äußerst schleppend, dazu war die Last zu groß und keine Leibeigenen dabei. Sie mussten so schnell wie möglich weg von der Bucht. Nur Innos wusste, was diese seltsamen Meerjungfrauen, von denen Ronsen genug gehört hatte, als dass er es abstreiten wollte, im Sinn hatten. Diese Fahrt scheint eine wahre Herausforderung für den Paladin zu werden...
Geändert von Ronsen (29.10.2008 um 22:28 Uhr)
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gerade noch mal so...
Wie ein Wind ging das Ereignis durch Reihen der Matrosen.
Sirenen! Sie hielten alle, vom kleinsten Kartoffelschäler bis zum Adjutanten einen Moment inne. Der Singsang, der vorher nur ein Heulen von Wind gewesen zu sein schien, verwandelte sich in eine liebliche Melodie, die lieblichste die Odinson je gehört hatte. Sie schien ihn von innen heraus zu bezaubern. Er fühlte wie ein Gribbeln durch seinen ganzen Körper ging und ihn zu lähmen schien. Ein Nebel legte sich auf die Sinne der Männer. Doch auf einmal durchzuckte ein hässlicher Laut diese Schönheit. Sie zuckten zusammen. Wieder kam das Bellen. Welches Monster wagte es sie in ihrer sinnlichen Ekstase zu stören? Fluchend sah sich der Gardist um. Gerade als er seinen Kopf nach links wandte, bekam er einen eiskalter Schauer Salzwasser in sein Gesicht und eine Ohrfeige, die höllisch klatschte folgte sogleich.
„Bei Innos...!“ Da kam er zu sich. Vor sich sah er den kochenden Admiral.
„Weg von hier! SOFORT!“
Odinson hastete zu der Trommel, die den Takt eingeben würde. Er hämmerte darauf ein und hoffte damit den Gesang zu übertönen. Derweil befreite Ronsen alle anderen von dem Zauber, auf die gleiche Weise, wie er es bei ihm selber gemacht hatte. Dann endlich konnten sie beidrehen und weg von dieser Hexerei kommen. Langsam zwar, aber sobald ein Mann wieder in die Trance zu verfallen drohte, wurde er daran gehindert.
Dann nach einigen Minuten wilden Ruderns, lies der Gesang so abprupt nach, wie er gekommen war.
„Bei allen Höllen dieser Welt, was war das?“ fragte Odinson seinen Freund.
„Sirenen. Die singen dich um die Sinne bis du nur noch deren Gekreische hörst und geradewegs ins Verderben segelst. Zumindest sagen das die Legenden und Geschichten.“
„Na, zumindest der erste Teil stimmt! Wie konntest du nur so cool bleiben?“
Sein Admiral grinste bloß und blegte die Zähne.
„ich bin halt nicht so ein Tölpel wie ihr, die gleich bei jedem Weibergeschrei die Welt vergessen. Los jetzt. Segel setzten ihr faulen Landratten!“ Es kehrte langsam wieder Normalität zurück auf das Deck der Esmeralda. Da hatten sie ja noch einmal Glück gehabt. Sie fuhren ein großen Bogen und erst nach einigen Stunden sollten sie sich erst wieder in die Nähe der Küste wagen.
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Eines Abends saßen Earnur und Lasseko zusammen in der Kajüte und unterhielten sich. "Wo wollen wir von Vengard aus hin, wirst du mir die Wüste zeigen?" fragte Earnur. "Wo wirst du hingehen?" und lauter solche Fragen. Das kleine Schiff wankte im Seegang und Earnurs Tabakbeutel fiel hin und wieder vom Tisch. Ab und zu gingen sie über das Deck, vom Bug bis achtern und plauderten, wie sie auf Khorinis keine Zeit hatten. Der Wanderer erkannte schnell, dass seine neue Bekanntschaft nicht so zwielichtig war, wie er zuerst annahm. Man konnte jedoch merken, dass Lasseko einmal Assassine war. Earnur wusste dies nicht genau, doch von Berichten über diese 'bösen' Menschen hat er schon als kleines Kind gehört.
Noch immer wankte das Schiff, der Mond stand hoch am Himmel und viele Sterne funkelten wie entfernte Diamanten, welche alles Licht des Alls reflektieren. Nach einer Pfeife (nur) und etwas Wegzehrung hockten sie sich wieder in die Kammer und plauderten weiter...
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30.10.2008 22:16
#15
Lasseko schaute sein Gegenüber an, er hatte schon wieder eine Pfeife im Mund, wie sollte es auch anders sein, doch diesesmal hatte er einen seltsamen Tabak. Normalerweise gab es diesen typischen, fast schon charakteristischen Geruch der Pfeife, doch nur die Götter wussten, was er heute für ein Kraut rauchte. Würde er die Augen schließen und sich nur auf diesen zarten Duft konzentrieren, wie er sich langsam aber grauenvoll durch seine Nase zwängte, dann würde er schwören, dass er sich irgendwo in einer dunklen und stinkenen Gasse irgendeiner großen Stadt befand. Diese einzigartige Note, diese Erinnerungen an menschliche Ausscheidungen sämtlicher Variationen, sie waren es, die er in diesem Augenblick spürte. Vielleicht war es auch sein normaler Tabak und irgendwo lagerte auf dem Schiff etwas, was bereits abgelaufen war, vielleicht war es auch einer der Arbeiter oder irgendein totes und halb verwester Fisch übte zur Zeit Rückenschwimmen in der Nähe des Bootes, wahrscheinlich doch eher ein ganzer Schwarm. Mit einer kurzen Handbewegung sprach er seine Gedanken aus, er könne ihm folgen, könne weiter rauchen, solle einfach machen, was er wollte, doch der Novize veließ den Raum und lief wieder auf das Deck, wo er sich auf eine Bank setzte. Eigentlich war es nicht irgendeine Bank, es war die eine Bank, die eine Bank, es gab auf dem Schiff keine bessere, es gab auf dem Deck keine andere, es waren eigentlich nur zwei Bretter, die im rechten Winkel zueinander standen und eine Sitzmöglichkeit boten. Es vergingen nur wenige Sekunden, da öffnete sich die Tür, aus welcher er selbst noch eben heraus an die frische Luft getreten war. Als sie offen stand, kroch heller Rauch über den Boden, es qualmte und man konnte nicht erkennen, was noch folgte. Durch den Schein des Mondes und die Tatsache, dass sich der Qualm langsam lichtete, konnte man inzwischen den Schatten eines Menschen erkennen. Lasseko war verunsichert, fühlte sich an alte Geschichten aus seiner Kindheit erinnert.
Plötzlich trat der Schatten aus dem verhüllenden Rauch hervor, es war sein Pfeife rauchender, qualmender und stinkender Freund. Also eigentlich stank ja der Qualm, doch er schien eine Symbiose mit dem Mann einzugehen. Auf jeden Schritt des Mannes folgte der Rauch. Es war spannend anzusehen, welchen Vorteil die einzelnen Seiten wohl haben könnten.
Der Mensch konnte sich verstecken und versuchen seinem Gegenüber Angst einzuflößen, doch den Nutzen für den Schleier konnte er wahrlich nicht erkennen. Ob der Rauch einfach nur Gesellschaft, die Welt sehen wollte oder steckte da mehr hinter?
Die Fahrt war noch lang, es würden sich sicherlich noch viele Möglichkeiten ergeben dieses ebenso seltsame, wie wamrherzig wirkende Päärchen zu erforschen. Gelegentlich sah der Jäger sogar Ansätze einer Kommunikation, hatten die beiden etwa eine eigene Sprache?
"Nicht möglich", murmelte er leise,"darüber muss ich ein Buch schreiben.
Rauch und Qualm, Nebel auf der Alm.
Nein, das klingt nicht gut, außerdem deutet es auf ein anderes Thema hin.
Der mit dem Schleier tanzt?
Nein, das klingt noch viel schlechter."
Lasseko, der eben selbst entdeckt hatte, wie interessant und fesselnd es sein kann zu forschen, beendete diese Gedanken an dieser Stelle, doch er würde diese weiterführen."Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen", dachte er in diesem Moment.
Er schaute seinem Begleiter nun in die Augen, versuchte es zumindest und erhob schließlich seine Stimme.
"Nach Varant willst du?"
Ein kurzer Nicken bejahte diese Frage.
"Kann gut sein, dass ich dorthin ziehe, vielleicht finde ich aber auch einen Grund erst woanders hinzu schreiten, vielleicht nach Nordmar oder einmal unsere guten Freunde besuchen, die Orks."
Earnur horchte bei dem Wort 'Orks' auf und schaute skeptisch und fragend.
"Orks sind auch nur Menschen, ebenso wie Menschen auch nur Orks sind, merk dir das, mein Freund, du wirst es bald verstehen."
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01.11.2008 23:39
#16
Alle Männer, die sie auf diesem Schiff anwesend waren, die gesamte Mannschaft, zwar nur aus drei Personen bestehend, der Kapitän und die beiden fremden Mitreisenden, Earnur und Lasseko, standen auf dem Deck und schauten in die Ferne. Dort konnten sie nämlich schon die Stadt Vengard erkennen, im hiesigen Hafen flackerten irgendwelche Lichter, die man schwach sehen konnte. Der alte Kapitän schaute seine Arbeiter an, nickte ihnen zu und machte ihnen deutlich, sie sollen sich bereit dafür machen, den Anker im Hafen zu setzen.
Anschließend blickte er die beiden Wanderer an."Vengard ist nahe", sprach er leise und schaute wieder kurz die Lichter der Stadt an. Nun wandte sich der Seemann wieder ab, lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Einlaufen in den Hafen.
Jetzt schaute Lasseko seine neue Bekanntschaft an, Earnur, die Pfeife, den Bauernjungen, den Heimatsflüchtling.
"Ich werde wahrscheinlich noch den einen oder anderen Tag in der Stadt bleiben", flüsterte er leise, sodass sich sein Gegenüber anstrengen musste, um die Worte genau zu verstehen, während die permanent gegen das Schiff klatschende Wellen ebenfalls einen gewissen Lärmspiegel erzeugten.
"Persönliche Angelegenheiten, du kannst schon weiter ziehen. Ich weiß nicht, ob ich direkt in die Wüsze ziehe, wahrscheinlich aber nicht."
Er schloss die Augen, stützte sich mit seinen Händen von der Reling ab und genoss die kühle Nachtluft. Um ihn herum hörte er Schritte, wahrscheinlich stand auch Earnur schon nicht mehr neben ihm, doch so war es ihm auch recht.
In Gedanken befand er sich schon längst nicht mehr auf diesem Schiff, in Gedanken war er schon längst wieder in Gesellschaft.
In den nächsten Minuten würden die den Hafen erreicht haben...
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Abfahrt von Al Shedim
Und weg waren sie wieder, raus aus Al Shedim, und auch bald raus aus den südlichen Gewässern. Was blieb waren gute Erinnerungen, gemischte Gefühle, was man aus den Abenden noch mehr hätte herausholen können, doch immerhin ein eins a Handelsvertrag, mit dem die Loyalität mit den Nomaden bis auf weiteres gesichert war. Eigentlich ein Grund zum Anstoßen, wäre Ronsen nicht der Kapitän und müsste er sie jetzt nicht durch die sternklare Nacht mittels Kompass und Gestirne leiten. Er hob sich die Freuden des Alkohols auf, genoss im Stillen, den Seeadler an seiner Seite und das gewaltige Ruder sicher in der Hand. Das hatte auch etwas, das war heimatlich, das war die Höchstzeit seines Lebens. Auch wenn er selbiges ohne eine Frau verbrachte, das war ihm jetzt egal. Man konnte auch mit seiner Arbeit zufrieden sein, so abartig sich das für manche Menschen jetzt auch anhören mag.
Wer aber anscheinend nicht ohne Frau auskam, und das gönnte Ronsen ihm auch von allem Herzen, war sein Waffenbruder Odinson, der gestern noch irgendeine Sklavin angeschleppt hatte, während Ronsen die Handelspapiere aus dem Tempel von Cronos geholt hatte. Überraschung war der richtige Ausdruck dafür, aber der Paladin stellte dann doch lieber keine Fragen mehr, wenn andere zuhörten, sondern würde seinen Freund in einer ruhigen Minute ausquetschen. Schließlich interessierte er sich auch dafür, dass sein äußerst potenter Freund mal ein Weib in die Arme bekam. Zur Zeit half sie jedenfalls beim Deckschrubben aus, genauso wie Tano Ur, denn der Wind hatte nachgelassen und sie trieben mit kaum einem Knoten über den ruhigen Ozean.
Dwayne, sein Seeadler, kreischte.
"Na hoffentlich wird das nicht so eine magische Nacht, oder mein Freund?"
Ronsen strich dem Vogel über die stolze Brust. Er gurrte.
"Hoffen wir das beste, Innos hat uns ja bisher nur mit den Weibern im Srich gelassen. Vielleicht hat der Gott ja endlich mal Erbarmen, wie sieht es denn bei dir aus?"
Der Seeadler putzte sich nur und rümpfte den Schnabel.
"Ja ich weiß schon, eine nach der anderen..."
Da war der Admiral ganz neidisch. Tiere hatten es schon gut, zumindest manchmal; für ihr einfaches Leben konnte man sie jedenfalls beneiden...
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Mitten auf dem Meer
Leise knarrte es irgendwo in dem großen Rumpf der Esmeralda. Sie sprach mit dem Meer und unterhielt sich mit dem Nebel, der das gesamte Blickfeld der Männer an Bord extrem eingrenzte. Jetzt war der beste Freund eines jeden Kapitäns der Kompass. Wie immer bei solchen schwierigen Situationen führte Ronsen selbst das Schiff durch die Nebelbänke.
Odinson hingegen war noch immer in seiner Kabine. Sein Blick hatte sich auf die Frau in seiner Hängematte geheftet. Der Nordmann hatte sie natürlich der armen Sklavin überlassen. Jetzt kannte er auch ihren Namen. Nea. Kein südlicher Name. Irgendwie, nach dem sie sich gesäubert hatte und ordentliche Kleider angezogen hatte, sie hatten welche in einer Kiste gefunden, sah sie überhaupt nicht aus, als würde sie aus Varant kommen. Doch Odinson hatte bis jetzt keine Zeit gehabt, mit ihr viel zu reden. Beide hatten Aufgaben zu erledigen. Denn auch wenn sie faktisch frei war, musste sie sich doch wie jeder Mann hier auf dem Schiff verdingen. Der Gardist selber hatte auch genug zu tun.
Glücklicherweise hatte Ronsen ziemlich entspannt reagiert. Odinson hatte sich schon auf ein Donnerwetter eingestellt gehabt, so etwas dummes zu tun. Aber wahrscheinlich kannte der Paladin seinen Adjutanten besser als sonst wer.
„Was sollen wir nur mit dir machen?“ flüsterte er und vertiefte sich in den Anblick des schlafenden Gesichtes, welches nebenbei gesagt, nicht einmal hässlich war, sondern durchaus hübsch genannt werden konnte. Ronsen hatte natürlich gleich irgendeine Liebesgeschichte erwartet und wusste bis jetzt noch nicht die Wahrheit.
Odinson raffte sich auf und ging leise aus der Kajüte. Sein rücken schmerzte etwas, da er nun auf dem Boden schlief, zwar mit einigen alten Decken als Polsterung, aber das war nichts gegen die Hängematte. Er ging hinunter zum Smutje und beauftragte ihn mit dem allmorgendlichen Tee für den Admiral. Schwarz und stark leicht gesüßt. Für sich selber erbat Odinson nur ein Krug Wasser. Die Zeit bis der Tee fertig war, vertrieben sie sich mit einem kleinen Gespräch über dies und das. Kurz kam auch das Gespräch auf die Frau in Odinson Kajüte. Doch der Retter machte schnell klar, dass es nichts romantisch gab und wahrscheinlich geben würde. Er würde sie in Vengard ihre Wege gehen lassen. Auch wenn er schon Zuneigung für sie empfand. Aber er hatte auch Pflichten, vor allem seinem Admiral und auch seinem König und Orden gegenüber. Eine Frau könnte ihn da sehr einschränken. Dann war zum Glück der Tee fertig und der Ausgequetschte konnte wieder abschieben. Es wurde Zeit das Frühstück zu bereiten. Das war nicht viel, der schon erwähnte Tee und etwas Backwerk. Als Odinson fertig war, stibitzte er noch ein kleines Plätzchen und legte es der immer noch schlafenden Nea neben die Matte auf seinen kleinen Nachttisch. Danach ging er in den frischen und wunderbar nebligen Morgen hinaus und schritt zum Steuerteil, um seinen Waffenbruder abzuholen. Vielleicht würde sich jetzt eine Gelegenheit finden alles zu erklären.
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Tano Ur lehnte sich ein wenig über die Reling und betrachtete das rege Treiben im Hafen der Hauptstadt Myrtanas'. Das Schiff war bereits nahe genug am Hafen das Mann die Menschen relativ gut erkennen konnte, die dort die verschiedensten Arbeiten ausrichteten. Er lehnte sich noch weiter über die Reling, um noch mehr vom Hafen sehen zu können. Er sog das Bild, das sich ihm bot, förmlich auf. Als er versuchte sich noch weiter hinauszulehnen taumelte er und fiel über die Reling. Glücklicherweise hatte er sich mit den Händen an ihr festgehalten, und überschlug sich deshalb zum Glück nur und fiel nicht ins kalte Nass. Doch traf er mit dem Rücken so sehr gegen die Bordwand, dass er durch den Schreck und den Schmerz kurz aufschrie. Er wog ab, ob er sich hochziehen konnte oder sich einfach ins Wasser fallen lassen sollte. Doch bevor er eine unüberlegte Entscheidung treffen konnte, packte bereits eine stark Hand sein rechtes Handgelenk und zog ihn mit einem kräftigen Ruck nach oben. Dort griff Tano Ur sofort mit der linken Hand an die Reling, um nicht nochmals abzustürzen. Etwas steif schwang er sich über dieselbe und blickte Sir Rheinholds Offizier ins Gesicht.
"Danke. Wenn du nicht gewesen wärst, müsste ich jetzt wohl schwimmen." bedankte Tano Ur sich artig und versuchte zu lächeln.
"Schon in Ordnung. Aber du solltest etwas vorsichtiger sein. Bei diesen Temperaturen kann das Wasser tödlich sein, wenn man dich nicht sofort herausfischt." belehrte ihn Lefty.
"Okay, ich halte mich ab jetzt von der Reling besser fern." lenkte Tano ein.
"Das ist deine Sache. Die Aussicht ist zwar wirklich toll, aber wenn du mehr sehen willst, musst du entweder warten, oder du gehst an den Bug. Von dort aus siehst du noch besser. Aber jetzt mach dich lieber wieder an die Arbeit, bevor der Käpten dich sieht."
Tano Ur betrachtete seine Hände. Zwar hatte er etliche Schwielen vom Deckschrubben, aber schließlich wurde er dafür kostenlos mitgenommen. Also ignorierte er sie, bedankte sich nochmals bei Lefty und begab sich wieder an die Arbeit. Als er etwas später zu Sir Rheinhold ans Steuer blickte, sah er an seinem Blick, dass er ihn die ganze Zeit über beobachtet hatte. Doch er schaute nicht böse. Er lächelte ihm zu, und gab ihm ein Zeichen, dass er jetzt genug gearbeitet hatte. Also bedankte Tano Ur sich auch bei ihm mit einem Handzeichen, leerte seinen Eimer und verschwand in seiner Koje, um seine wenigen Sachen zusammenzupacken.
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08.11.2008 19:47
#20
Eine weite Reise
Drag und Bentovox standen an der Brüstung. Nun, da sie das Deck gesäubert hatten und ihre Arbeit für den heutigen Tag beendet war, hatten sie endlich Zeit, zu verschnaufen. Plötzlich füllten sich Bentovox´ Augen mit Tränen. Noch nie war er so weit von seiner Heimat in Nordmar entfernt gewesen. Bis jetzt hatte er immer die Möglichkeit gehabt, umzukehren. Nun aber, lag eine unendliche Weite aus Wasser zwischen ihm und Nordmar. Drag sah ihn an. Er sah auch die Tränen in den Augen seines Begleiters. "Bin wahrscheinlich allergisch gegen die Seeluft", flunkerte Bentovox. Diese Ausrede klang irgendwie unglaubwürdig, aber eigentlich war es ja auch egal. Bentovox wollte an etwas anderes denken. Als er Drag neulich seinen Wolf hatte zeigen wollen, war Drag schon eingeschlafen. Danach war das Tier zwar mit ihnen gegangen, aber Drag hatte nicht gefragt, was es mit ihm auf sich hatte. In allen Einzelheiten erklärte Bentovox seinem Gefährten, wie er zum Freund des Wolfes geworden war. Drag blieb stumm. Aber sein Blick wirkte anders, als sonst. Irgendwie respektvoller.
"Ich habe noch nie jemandem den Namen meines Wolfes genannt. Ich habe mir vorgenommen, dass nur ein Mensch, den Namen wissen soll, der es verdient hat. Jemand der reinen Herzens ist und dessen Charakter allen anderen über ist. Mein bester Freund. Jemand, wie es ihn wahrscheinlich auf dieser Welt nicht gibt. Nein, niemanden kenne ich, der das sein könnte. Mein Wolf ist bis heute mein einziger Freund. Aber was rede ich. Jetzt habe ich ja noch einen Freund."
Drag sah ihn an. Bentovox lächelte. "Schneepelz ist sein Name."
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