Ein Tag mit Fargoth
Ich bin ein Skrib, gerade frisch geschlüpft. Die Larve einer Kwama-Familie aus der Abaesen-Pulu-Eiermine im südöstlichen Bereich der Bitterküste. Ich habe acht lange, dünne Beine, graue Chitinplatten am ganzen Körper, einen großen runden Kopf mit kleinen, dunklen Augen und einen dicken Hinterleib. Mein ganzes Leben diene ich der Kolonie. Als Larve fresse ich mich kugelrund und klopfe immerzu mit meinem massigen Hintern den weichen Morast des Schlammlandes ab, um eine geeignete Stelle zum Ruhen zu finden. Dort werde ich dann ausharren und auf meine Metamorphose warten...
Ich kann in meinem Leben so viel erreichen. Ich kann ein Kundschafter werden, der durch die endlose Landschaft zieht und nach neuen Nistplätzen für die Königin sucht. Oder ich werde zu einem Arbeiter, der die ehrenvolle Aufgabe hat, die endlos tiefen Stollen für weitere Eiablageplätze auszugraben. Doch meinen es die Götter richtig gut mit mir, dann werde ich sogar zu einem mächtigen Krieger, einem stolzen Hüter der Kolonie und der Königin.
Doch wie bitter ist die Erkenntnis des ersten Tages meines kurzen Daseins? Das Leben ist kein Wunschkonzert. Ich bin gerade darin vertieft, mit meinen Krallen unter den Wurzeln einer großen Weide nach saftigen Würmern zu scharren, da durchzieht mich plötzlich ein kalter Schauer, der meine Chitinplatten klappern lässt. Jemand wirkt eine befremdliche Kraft auf mich und als ich mich umdrehe, glotze ich in die schielenden Augen eines kleinen Zweibeiners. Es ist ein Waldelf.
„Na komm! Puttputt! Komm zu Fargoth!“, er hockt sich hin und klopft sich auf die Oberschenkel. Er sieht müde aus, als läge der ganze Tag schon hinter ihm, dabei ist die Sonne gerade erst aufgegangen. Ich starre ihn an und will mich in den Schlamm verkriechen, doch keines meiner acht Beine will mir gehorchen. Diese seltsame Kraft zwingt mich, auf dieses hässliche Geschöpf mit dem zerschlissenen Hemd und den zotteligen Haaren zuzugehen, als hinge ich in den Fäden einer Spinne.
„Bei Y’ffre!“, ruft Fargoth und klatscht sich in die Hände, ehe er mich aufhebt und beinahe durch die Luft wirft, „Es funktioniert! Du gehorchst meiner Naturmagie. Da soll nochmal jemand behaupten, ich sei kein waschechter Bosmer. Aber die belehre ich jetzt eines Besseren: Ich bin jetzt dein Herrchen!“
Ich kann nicht anders, als über ihn zu krabbeln, meine dreckigen Beine an ihm abzuschmieren und mich dann auf seinen Kopf zu setzen. Er keckert bei jeder meiner Bewegungen, vermutlich ist er sehr kitzlig.
„Ich werde dich Skribby nennen. Was hältst du davon?“
Ich verstehe kein Wort, dennoch klopfe ich ihm protestierend mit meinem Gesäß auf den Kopf, doch er kichert nur und schleppt mich fort, raus aus dem Sumpf in eine Siedlung mit Namen Seyda Neen. Ich denke daran, was so aus meiner Metamorphose werden soll, sehe mich als Larve verenden ohne die Chance, meiner Kolonie gut zu dienen und verfalle in tiefe Trauer.
Am Rand des Dorfes treffen wir zwei hochgewachsene Zweibeiner mit goldgelber Haut. Ein junger Mann mit dem Gesicht einer Ratte und ein altes Weib mit hochgestecktem, Silberhaar. Sie machen gerade einen Spaziergang, die Alte krallt sich mühsam mit einem Arm an ihre Begleitung und mit dem anderen an einen Stock, doch als sie Fargoth und mich sieht, kreischt sie laut auf und fuchtelt mit der Gehhilfe nach mir.
„Oma, nicht doch!“, bemüht sich der junge Hochelf, die Alte zurückzuhalten und sagt dann zu dem Bosmer, „Fargoth, was hast du jetzt wieder ausgeheckt? Du hast Eldafire ja zu Tode erschreckt. Was will dieses Ungeziefer auf deinem Kopf?“
Wenn ich ihn verstehen könnte, würde ich mich vermutlich angegriffen fühlen. Schließlich erdreiste ich es mir auch nicht, über seinen Hochwuchs zu spotten, der sich in zu kurzen Hosen äußert oder über seine Hautfarbe, die an Gelbbeulen erinnert. So aber ist er für mich nur etwas Unbekanntes, von dem ich nicht weiß, ob es gefährlich ist. Genauso wie Fargoth. Doch vor dieser Alten, dieser Eldafire mit ihrem Stock, habe ich Angst. Wieder klopfe ich Fargoth auf den Kopf, doch der reagiert gar nicht.
„Keine Angst, Arrille! Das ist mein neues Haustier.“
„Ein Skrib?“, fragt Arrille ungläubig.
„Du sagtest doch, ich solle meine Talente nutzen, um mich gegen die Nord durchzusetzen“, antwortet Fargoth stolz, „Nun, einen Bogen kann ich mir nicht leisten, aber meine Gabe, die Kräfte der Natur für mich zu nutzen, ist kostenlos.“
„Du könntest dir einen Bogen leisten, wenn du dein Geld nicht immer in Mazte investieren würdest. Aber ein Skrib?“, wiederholt der Hochelf und schüttelt den Kopf, „Wie soll der dir helfen? Das ist Ungeziefer und wenn die Wachen ihn sehen, werden sie ihn zerquetschen und dich noch dazu.“
Fargoth wackelt mit dem Kopf und ich kann mich nur mühsam in seinem verfilzten Haar festhalten.
„Du vergisst die mächtigen Kräfte, die die Skrib besitzen. Eine Berührung mit ihrer giftigen Zunge und du bist gelähmt.“
Und wieder ein Grund zum Ärger darüber, dass ich die Sprache dieser Wesen nicht verstehe. Ich könnte dieses Wissen nutzen und mich in einem Moment der Unachtsamkeit aus Fargoths magischem Griff befreien. Doch so bleibt mir nichts, als weiter auf seinem Kopf durch den Ort bis zu seinem Haus zu spazieren, wo er mich auf kaltem, lehmigem Boden absetzt.
„Du hast bestimmt Hunger“, sagt er, während ich nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau halte, denn die seltsame Kraft hatte inzwischen nachgelassen. Doch die Tür hat er bewusst verschlossen und auch die Fensterklappen sind verriegelt. Dabei würde ein bisschen frische Luft dieser Bruchbude gut tun. Es stinkt nach scharfem Greef und der Boden klebt von ausgelaufenem Mazte. Ich habe zwar keine Ahnung, dass es sich dabei um starken Alkohol handelt, doch der Geruch beißt sich in meine sensiblen Riechhärchen und lässt mich ärgerlich fiepen.
„Du bist so süß“, Fargoth bückt sich zu mir herab und tatscht mir auf die weiche Schädelplatte. Ich kugele mich ängstlich in die Position ein, in der ich auch im Ei gelegen haben muss und als ich mich nach einigen Augenblicken in Sicherheit wäge, ist Fargoth fort. Statt ihm entdecke ich vor mir eine dreckige Schale gefüllt mit Skribimus – den gestampften Innereien von einem meiner Brüder oder Schwestern. Zwar ist dies aus der graubraunen Masse nicht erkennbar, doch der Geruch schreckt mich noch mehr ab als der schreckliche Gestank der leeren Flaschen, die im ganzen Häuschen wahllos verteilt herumliegen. Ich krabbele herüber zur Tür und schabe an deren Unterkante herum, doch sie besteht aus hartem Eichenholz und ist zudem doppelt verriegelt.
‚Dieses Haus muss seine Kolonie sein‘, denke ich mir und die Tür ist der Wächter. Und was behütet Fargoth? Die Flaschen? Vielleicht kriechen bald winzige Elfenlarven aus den Flaschenhälsen. Das würde zumindest erklären, warum Fargoth genauso stinkt wie die klebrige Flüssigkeit in den Flaschen. Ich lasse von der Tür ab und krabble durch den kleinen Raum. Eine viereckige Fläche auf dem Boden hebt sich von dem sonst lehmigen Untergrund ab. Ich setze mich darauf und schabe mit den Klauen neugierig darüber und im nächsten Moment hebt sich der Boden unter mir und ich werde bis an die Decke des Häuschens geschleudert. Ich kralle mich geistesgegenwärtig an dem Dachbalken fest, mein kleines, röhrenförmiges Herz pumpt aufgeregt unter meinen Chitinplatten.
Fargoth taucht unter der Holzplatte auf. Es ist eine Falltür, die in den Keller runter führt. Der Weg zu seiner Königin vielleicht? Oder in die Freiheit?
Der Elf taucht mit einer vollen Flasche auf und trinkt daraus. Anscheinend sind diese Glasbehälter doch nicht seine Brut, sondern seine Nahrung. Dann wird er plötzlich hektisch, schaut sich überrascht um und ruft: „Skribby!? Wo versteckst du dich?“
Ich krabbele auf dem Dachbalken entlang in Richtung des Kellerlochs, da bemerkt er mich und lacht laut auf: „Wie bist du denn da rauf gekommen *hicks*?“
Er wirkt irgendwie benommen. Dann blickt er zu dem unangerührten Schälchen mit Skribimus herab.
„Nicht hungrig?“, fragt er, „Durstig?“
Ohne auf eine Antwort zu warten, gießt er mir einen Schluck der klebrigen Brühe in den Napf. Mit einem dicken Holzlöffel verrührt er die Pampe.
„Na los, du sollst essen!“, herrscht er mich mit unvermittelter Aggression an und streckt die Hand nach mir aus. Plötzlich überkommt mich wieder dieser unerklärliche Zwang, sich ihm zu nähern und mich neben den Napf zu setzen. Ich wehre mich dagegen so gut ich kann; die Abscheu darüber, meine Brutsbrüder zu verschlingen, ist stärker als seine Magie. Er gibt schließlich auf und stolpert in Richtung Ausgang.
„Du bist langweilig“, grummelt er und verlässt die Hütte. Ich schaffe es nicht, ihm zu folgen, so schnell knallt das Holz in die Angeln. Doch er hatte die Falltür offen gelassen…
Ich krabbele neugierig in den Keller, doch unten ist es stockfinster. Trotz intensivem Abtasten des lehmigen Bodens und der kalten Wände, entdecke ich keinen Ausweg. Nur die üblichen Schränke und Fässer, vermutlich gefüllt mit dem klebrigen Nährmedium. Lediglich ein wenig Heu, das auf einem Gestell in der Mitte des Raumes hängt, weckt meine Aufmerksamkeit. Ich fresse mich daran satt und ziehe mich erschöpft vor Anstrengung in eine Ecke zurück, um mich auszuruhen.
Ein Rumpeln, ein grelles Licht und ein schriller Schrei lassen mich aufschrecken. Fargoth ist zurückgekehrt, mit einer Öllampe steht er in der Mitte des Kellers und starrt mich rügend mit seinen schielenden Augen an.
„Was hast du dir dabei gedacht, Skribby?“, fragt er vorwurfsvoll und deutet auf ein Gestell in der Mitte des Raumes, von dem ich das Stroh abgeknabbert habe. Das Stroh ist in Wahrheit das Haar einer lebensgroßen Puppe mit grauer Haut und mit Blut gezeichneten Augen. Das Abbild einer Dunkelelfe. Und nun, da das Licht den ganzen Keller erhellt, erkenne ich, dass auch die Wände mit zahlreichen Gemälde und Gedichtszeilen geschmückt sind, alle im Gedenken an diese Dunkelelfe.
„Das ist Tolvise, die Schankdame im Handelshaus“, erklärt Fargoth und richtet sorgsam das Haar der Puppe, „Bald wird Sie mein sein. Mein Häschen.“
Ich erkenne, dass Fargoth der Puppe sogar einen Mund ausgehöhlt und mit silbernen Steinen versehen hatte. Sie hat tatsächlich zwei deutliche Hasenzähne.
Plötzlich vernehme ich ein Poltern, das von oben kommt. Jemand hämmert mit aller Wucht von draußen gegen die schwere Eichentür. Fargoth seufzt tief, nimmt mich auf den Arm und steigt mit mir nach oben. Das Hämmern wird heftiger.
„Fargoth! Mach auf, du feiger Skamp!“
Eine kräftige Männerstimme. Der Bosmer wirkt wieder seine Magie auf mich und befiehlt mir, das Maul zu öffnen. Wie einen Schild hält er mich vor sich, während er die Tür öffnet und ich in die Augen eines großgewachsenen Nordmanns mit wildem, blondem Haar starre.
„Dein Schutzgeld für diesen Monat ist fällig“, raunt der Besucher und als er mich sieht, zuckt er zusammen, „Was zum…? Was willst du mit diesem Viech in deiner Wohnung? Machst du bald deine eigene Eiermine auf? Sind deine nicht groß genug?“
Darauf geht Fargoth gar nicht ein.
„Du weißt genau, dass ich meine Steuern schon bezahlt habe, Hrisskar“, antwortet er stattdessen mit bebender Stimme, „Ich werde dir jedenfalls kein Extrageld mehr zahlen.“
Der Nord verschränkt die Arme vor seiner Brust: „Ha! Die Bitterküste ist ein gefährliches Pflaster. Lass doch mal sehen, ob du deine Truhen auch wirklich sicher sind…“
Er ist gerade im Begriff, sich eigenständig Eintritt in das Haus zu verschaffen, da streckt mich Fargoth nach vorn aus und ich lecke mit meiner nesselartigen Zunge über seinen Oberarm. Hrisskar schreckt zurück, den Arm steif vor sich haltend.
„Was zum…?“
Doch ihm bleiben die Worte im Halse stecken. Mein mächtiger Lähmungszauber hat sich in Windeseile über seinen gesamten Körper verbreitet und lässt ihn verharren wie eine Salzsäule. Ich bin selbst ganz fasziniert von meinen Fähigkeiten, kann mich allerdings nicht lange daran erfreuen. Fargoth lässt mich achtlos fallen und ich lande auf dem Rücken. Hilflos schlage ich mit meinen acht Beinen um mich. Instinktiv versuche ich, mich wieder auf den Bauch zu drehen. Jetzt wäre die Gelegenheit zu entkommen, doch als ich soweit bin, hat Fargoth die Tür schon wieder verrammelt. Den Nord hat er inzwischen mit einem Seil gefesselt und geknebelt. Die Lähmung hatte zwar nur eine kurze Wirkung, doch genau die hat der Bosmer genutzt, um Hrisskar zu überwältigen. Jetzt kann er zwar atmen, doch ist trotzdem bewegungsunfähig.
„Na, wie fühlt es sich an, mal am anderen Ende der Nahrungskette zu stehen, hä?“, spottet Fargoth mit hämischem Grinsen, „Wie oft du mich schon an den Fahnenmast gefesselt hast! Jetzt versuch dich doch selbst mal mit Fesselspielchen, hihihihihi!“
Der Nord spuckt den Knebel aus.
„DU MISTKERL! ICH BIN SOLDAT DES KAISERREICHES! DU WIRST SCHON BALD HINTER GITTERN SITZEN!“
Fargoth hat sich auf den Schreck noch eine Flasche geöffnet und stößt nun auf Hrisskar an.
„Jetzt, da du mir nicht mehr in die Quere kommst, kann ich Tolvise endlich zeigen, was für ein echter Kerl ich bin. Gemeinsam werden wir durchbrennen! Und du kannst derweil hier verrotten!“
„Du Spinner! Ein Dunkelelf und ein Waldelf? Das wird niemals funktionieren und das weißt du auch! Jetzt lass mich endlich frei oder ich schwöre bei den Ahnen… HEY! Was soll das werden?“
Der Elf fummelt an dem Gürtel des Nordmanns herum, der sich in seiner Fessel windet wie eine Fliege im Spinnennetz. Dann wendet sich Fargoth wieder ab.
„Nicht mal Gold hast du dabei“, stellt er kopfschüttelnd fest.
„Das würde dir so passen, diebische Schlange!“
Ein lautes Scheppern unterbricht ihn. Fargoth hat die Flasche fallen gelassen und die gelbbraune Flüssigkeit sickert nun über den harten Untergrund. Dann nimmt er mich wieder auf den Arm.
„Entschuldige mich, ich habe eine Verabredung.“
Und mit diesen Worten knallt er die Tür hinter uns zu und lässt den Nord allein zurück.
Wir spazieren durch das kleine Dorf und ernten mancherlei verdutzte Blicke anderer Zweibeiner. Es sind die verschiedensten Geschöpfe, einige mit langem Schwanz und Schuppen, andere mit großem Vorbau und breitem Gesäß und wieder andere – und das ist die Mehrheit – haben graue Haut und rubinrote Augen, genau wie die Puppe in Fargoths Keller.
Unser Ziel ist ein kleines Moorloch hinter einigen Bretterbuden, aus welchem ein Baumstamm ragt, gerade so groß, dass ich in das hohle Loch im Inneren schlüpfen könnte. Daraus entnimmt Fargoth ein ledernes Säckchen, das prallgefüllt ist und klimpert. Er geht dabei überraschend vorsichtig vor, als fürchte er, dass ihm jemand nachstellt. Die Sonne ist bereits am Untergehen, als wir mit dem Säckchen voll Hoffnung zu einem großen Gebäude gehen, aus dem der fettige Duft von Skattel dringt.
Drinnen begegnen wir Arrille, dem goldgelben Hochelfen, Enkel der gruseligen Eldafire. Er steht hinter einem Tresen und schenkt dieses Nährmedium aus, das Fargoth so liebt. Sein Bau ist gut besucht und alle Zweibeiner ergötzen sich an dem klebrigen Rauschmittel. Als Fargoth an der Reihe ist, schüttelt Arrille den Kopf.
„Mir egal, ob du ein Faible für Ungeziefer hast, aber in meinem Gasthaus hat dieser Skrib nichts zu suchen.“
Statt einer Antwort knallt Fargoth dem Hochelfen den klimpernden Beutel auf den Tresen, bei dessen Anblick sich die Augen des Altmers weiten.
„Gib mir eine Flasche Telvanni-Käfermoschus.“
„Mach ich, aber erstmal bringst du das Vieh hier raus.“
Fargoth knurrt, lässt sich aber erweichen. Ich werde wieder vor die Tür gesetzt und mir wird ein Strick um den Corpus gebunden. Dann verschwindet Fargoth wieder nach drinnen. Ich spüre, dass seine magische Kontrolle verebbt ist und versuche abzuhauen, werde aber von dem Strick zurückgehalten. Selbst mit meiner gefährlichen Nesselzunge gelingt es mir nicht, den Strick zu lösen. Und so ruhe ich erneut.
Als die Tür laut auffliegt, schrecke ich hoch. Es ist Fargoth, der mit einem anderen Zweibeiner herausgetorkelt kommt. Es ist ein graues Weibchen, sie ähnelt der Puppe aus Fargoths Keller. Vor allem an ihren Hasenzähnen erkenne ich sie. Beide bewegen sich wackelig, der kleine Waldelf muss sich sogar an seiner Begleiterin festhalten. Sie sind unentwegt am Kichern.
„Ah, mein Glücksbringer. Skribbykribbibibi. Na komm…“, er nimmt mich an der Leine und zieht mich hinter sich her. Weit kommen wir allerdings nicht.
„Jetzt hab ich dich!“
Ich blicke empor auf die gewaltige Statur zweier riesiger Zweibeiner. Einer davon ist Hrisskar, der Blondschopf mit der Löwenmähne, der eigentlich gefesselt in Fargoths Hütte liegen müsste. Der andere hat eine Glatze und genauso blasse Haut wie Hrisskar. Er ist sogar noch ein Stück größer als dieser, ein richtiger Hüne.
„Hriss*hick*kar? Aber... aber…“
„Spar dir die Worte. Du kommst jetzt an den Fahnenmast.“
Er zückt eine stählerne Kette und lässt sie zwischen seinen kräftigen Pranken hin und her schnappen.
„Hey, lass ihn gehen, du grober Klotz!“, mischt sich die Frau ein.
Hrisskar rümpft die Nase: „Betörender Käfermoschus. Du schreckst wohl vor gar nichts zurück, um dir die Weiber gefügig zu machen. Nur weil du so eine mickrige Weichflöte bist. Raflod!“
Er schnippt mit den Fingern und der Glatzkopf schnappt sich die Dunkelelfe. Diese schlägt und kratzt zwar wie eine Furie, kann sich aber nicht gegen den kräftigen Griff des Hünen wehren.
„Beruhigt euch. Er hat euch manipuliert!“, brummt Raflod der Frau ins Ohr.
„Lass sie los, sie gehört mir!“
Fargoth lässt die Leine fallen und deutet mir, die beiden zu beißen, doch er ist anscheinend benommen und hat vergessen, seine Magie auf mich anzuwenden. Ich wende mich um und beiße stattdessen ihn ins Bein. Fargoth erstarrt binnen eines Herzschlages und ich renne davon, als sei ein Klippenläufer hinter mir her.
Niemand hat mir nachgesetzt, keinen kümmert das Schicksal eines kleinen Skribs. Schließlich sind wir bis auf unseren Biss ungefährlich und die Lähmung ist auch nicht tödlich, wirkt sie doch nur ein paar Sekunden. Ich verstecke mich in dem Baumstamm, in dem Fargoth sein Gold versteckt hat, harre aus und verpuppe mich. Bald werde ich ein Kwama sein, ein Späher, ein Arbeiter oder ein Krieger. Ich kann es kaum erwarten, endlich mein wahres Schicksal zu erfahren. Doch während der ganzen Zeit der Metamorphose höre ich ihn. Fargoths Schreie hallen vom Dorf wider wie ein mahnendes Echo.
Aber ich bin nur ein kleiner Skrib. Mich interessieren die Belange der Zweibeiner nicht.
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[Story] Ein Tag mit Fargoth






