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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Kurzgeschichte] Ende



Troan
12.11.2005, 20:00
Ich stells einfach mal so rein. Mal schauen. ;)

Ende

Nichts.
Oder doch? War da nicht gerade ein Geräusch? Oder ein Flackern in der Ferne? Ein kleines Zwicken am Ringfinger?
Nichts.
Verzweifelt versuchte er sich an das Gefühl zu klammern, das ihn durchfloss. Doch da war nichts, er konnte es nicht fassen. Und doch war er sich sicher, dass da etwas war. Irgendetwas, das er weder greifen noch benennen konnte. Einfach etwas. Oder war auch das eine Einbildung, die sein Verstand ihm vor die Augen legte um ihn zu täuschen?
Nichts.
Nur Schwärze. Mehr als das. Kein Licht, kein gar nichts. Alles bestand nur aus diesem einen Zustand. Dieser Schwärze, diesem Nichts. Diesem nirgendwo. Er hatte nicht einmal eine Ahnung, ob er lag oder ob er aufrecht stand. Er schien in einem luftleeren Raum zu schweben. Sein Herz stockte, als er bemerkte, dass er gar nicht atmete. Doch Moment…sein Herz schlug auch nicht! Verzweifelt versucht er nach Luft zu schnappen, automatisch. Er wollte mit den Armen rudern, sich Luft zu fächeln, doch seine Arme gehorchten ihm nicht. Er spürte sie ja nicht. Sein Körper schien sich auch nicht sonderlich daran zu stören, dass er keine Luft hatte. Sein Körper schien überhaupt nicht zu existieren.
Nichts.
Auch kein Laut drang zu ihm durch. Nicht das kleinste Geräusch. Kein Vogel, der zwitscherte, kein Motorenlärm vom Abendverkehr. Kein Wind. Kein Regen.
Was war geschehen? Er versuchte sich zu erinnern. Er tastete sich in seinen Erinnerungen umher. Da war etwas, ein Gedanke, eine Erinnerung an ein Gefühl, an einen Laut. Welche Erlösung und Erleichterung dass für ihn wäre, doch er konnte den Gedanken nicht fassen. Er entschlüpfte ihm. Flüchtete vor ihm. Doch er musste sich doch an etwas erinnern. Schliesslich wusste er, was Autolärm war, was Vögelgezwitscher war. Er fasste Hoffnung. Als schien er sich an einem hauchdünnen Faden seiner Erinnerungen festzuhalten und langsam hoch zu klettern. Der Faden wurde immer dicker, er wurde ein dünnes Seil, ein Tau und schliesslich schien er oben angekommen zu sein. In seinen Erinnerungen. Langsam kehrten sie zurück. Er war gefallen. Weit hinab. Von einem grossen Gebäude mitten in seiner Stadt.
Vielleicht war er nur im Krankenhaus und die Ärzte hatten ihm ein starkes Medikament gegeben, was seinen momentanen Zustand hervor rief. Der Zustand des absoluten Nichts.
Eine schmale Hoffnung tat sich ihm auf. Jeden Moment würde er aufwachen, den Geruch des Krankenhauses wahrnehmen. Schritte im Flur hören, eine liebreizende Krankenschwester sehen, die ihn fürsorglich behandelte. Doch wenn er ehrlich war, so glaubte er nicht daran, denn er wusste nun, warum er gefallen war. Weil er es gewollt hatte. Die Erkenntnis wo er war, traf ihn hart. So hart, das er am liebsten geschrieen und geweint hätte, doch er konnte nicht. Sein Körper tat nichts, sein Körper existierte nicht.
Warum hatte er nicht mehr leben wollen? Warum war er so feige gewesen und war den Problemen einfach davon gelaufen? Die Antwort wusste er bereits, als er sich die Frage stellte. Weil er vorher nicht gewusst hatte, was geschehen würde. Was nach dem Tod sein würde. Nun wusste er es und er wollte zurück. Wieder wollte er los schreien. Zu seiner Verblüffung hörte er etwas? Hatte er tatsächlich geschrieen? Würde er von diesem Alptraum erwachen? Das Geräusch wurde deutlicher. Ein leises Zwitschern, ein dünnes Pfeifen. Er versuchte das Geräusch einzuordnen. Es wurde lauter, es kam näher. Nein, es war bereits in seinem Kopf. Es wollte heraus. Es frass sich durch seine Hirnwindungen. Es wurde lauter, unerträglich. Sein Kopf schien zu platzen. Ein gleissender Lichtblitz, dann war alles vorbei. Sein Verstand und sein Denken war ihm auch noch gestohlen worden.
Er existierte nicht mehr. Er war nichts.