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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Story]Barriere T17



Laidoridas
25.10.2005, 19:18
Ein Schrank in der Dunkelheit, die ich niemals kenne. Ich weiß es seit gestern, und doch verschwieg ich es zu lange.
Irgendetwas sagt mir, dass das helle Licht vor mir in der Düsternis etwas anderes ist...dass es sich nicht um das gleiche handelt, das mich jeden Morgen, jeden einzelnen Tag lang quält. Weiß ich es wirklich?
Ich hoffe es.
Ich hoffte es.
Ich hoffte es zu lange und die Gewissheit, die mich nun ereilt, ist zu schwerwiegend, als dass ich sie verschweigen könnte. Vielleicht brauche ich eine Ewigkeit dazu, um es jemandem zu sagen. Der Schrank bleibt.
Ich spüre es, die Ewigkeit dauert nur für mich, nicht für den Schrank, nicht für den Rest der Welt, meines blau sprühenden Gefängnisses.
Meine Sätze sind verschlossen, ich kenne die Wahrheit nun...ich lache, wenn es von mir verlangt wird, ich weine nicht im Stillen. Ich weine gar nicht.
Sollte ich es?
Eine Kälte umfasst mich und lässt mich über die Schulter blicken. Ist es dort, auf das ich gewartet habe? Die Erfüllung aller meiner Wünsche, dieses einen Wunsches?
Es ist nur ein weiterer Hauch einer Nacht, die nie vergehen wird. Ein Traum, den er sich nicht lohnt, zu träumen.
Manchmal war es schön, zu träumen, zu glauben, dass es anders ist. In gewisser Weise wusste ich es schon immer, auch wenn ich es mir nicht eingestehen konnte und wollte, wenn sich Wirklichkeit und Möglichkeit zu einem undurchdringlichen Geflecht aus Vermutungen, Hoffnungen und Befürchtungen verstricken und ich vor der Wahl stehe, zu hoffen oder zu handeln.
Ich hoffte.
Jetzt weiß ich, dass ich besser gehandelt hätte. Ich bekam die versiegelte Botschaft und sie zeigte mir das Ende meiner Lügen, auch wenn es nur einen Schrank in Dunkelheit betrifft. Das Ende meiner Lügen...doch waren es Lügen? Ich habe niemanden belogen, niemanden verletzt. Nur mich selbst.
Noch kenne ich die Konsequenzen des Hoffens nicht, noch kenne ich nicht die ganze Wahrheit.
Ein Schritt zur Seite, ein Schritt weiter in den Raum, weiter auf den Schrank zu, den ich inzwischen kenne, der die Farbe eines blutroten Rahmens angenommen hat. Der Rahmen liegt neben mir, ich habe ihn zerbrochen.
Probleme, ich sehe nur Probleme, die mich einschnüren und nicht verbessern, kaum verändern. Sie gehen alle vorüber, ohne spürbare Nachwirkungen und manchmal frage ich mich, ob es wirklich Probleme sind. Ich habe nur ein einziges Problem, meine Hoffnung.
Jetzt weiß ich nicht, ob ich die Kraft habe, mich wirklich zu zeigen und den Rahmen aufzuheben. Ich bücke mich, spüre den Schmerz im Rücken - vor langer Zeit mir selbst zugefügt, vielleicht auch erst gestern - und berühre den Rahmen, zerbrochen und bleich. Vielleicht war er nie rot, vielleicht waren es nur meine Augen.
Ich blinzle und versuche, den Rahmen zu fassen, ihn mit beiden Händen zu umschlingen...das macht es einfacher, ich kann ihn heben und ihn ansehen.
Pigmente, rote Pigmente sehe ich an der Oberfläche. Hoffnung?
Ich schmeiße ihn wieder auf den Boden, blicke auf die Bruchstücke, die Fragmente, in die der Rahmen zersprang.
Irgendetwas in mir dringt an die Oberfläche und ich stolpere vorwärts. Da ist der Schrank, das Mysterium, das ich nicht kenne. Pulsierende Farben zwingen mich zum Weitergehen, als ich die Nacht sehe. Da sind Straßen, Menschen, Betrunkene. Ein Leben, das ich mir manchmal ersehne, das viele andere haben und ich nicht.
Ich will dieses Leben nicht, ich weiß, dass es nicht zu mir passt, ich glaube es zu wissen.
Doch warum will ich es nicht? Es gibt keinen Grund. Möglicherweise ist es das Vorbild meines indirekten Ebenbilds, das ich vor Augen habe und das mich leitet, unbewusst und bewusst.
Der Schrank spricht. Menschen verschwinden und hinterlassen kühles Nichts, das mich frieren lässt. Ich weiß nicht, ob ich den Schrank erreichen werde, ob ich auf dem Weg dorthin nicht verschlungen werde von den Armen meiner eigenen Dummheit.
Warum so viele andere?
Und warum nicht ich?
Leute rufen, erzählen mir von den Dingen und akzeptieren mich. Es ist in Ordnung und gleichzeitig problematisch, denn ich akzeptiere mich nicht. Sie sind auf der anderen Seite, draußen, schimmern durch die glitzernden Blitze der zitternden Mauern. Und ich bin hier.
Ich male mir Situationen und Orte aus, Personen und Ereignisse und alle scheitern sie an meiner Hoffnung. Kann Hoffnung zerstören?
In der Dunkelheit beginne ich zu lächeln, erst zaghaft, dann mit voller Überzeugung. Ich bin gefangen. Gefangen in meinem eigenen Gefängnis, in meiner eigenen kleinen Kolonie. Blauer Dunst über mir und flackernde Blitze, keine Barriere, die verschwinden wird. Eine, die langsam kam und bleiben wird, bis in alle Ewigkeit vielleicht. Bis zu meinem Tod.
Wo ist der Erzdämon, den ich besiegen kann? Wo ist der Schuldige für all dies? Ich brauche jemanden, dem ich mit aller Kraft das Schwert in den Körper rammen kann, der für all meine Qualen büßen wird.
Wo ist das Schwert, das ich brauche? Wo der Erzhaufen?
Pure Macht wäre das Geschenk, das ich jetzt benötige, nur für einen Moment. Um den Rahmen wieder zusammenzufügen, um das Schwert am Erzhaufen aufzuladen und den Erzdämonen zu töten.
Verbannt habe ich ihn bereits, in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses, weit weg von meinen Gedanken und den Dingen, die mich wirklich interessieren.
Besiegt habe ich ihn nicht.
Grelle Blitzlichter, feurig auflodernde Flammenschläge um mich herum. Er wirft mit Feuerbällen, aus seiner Verbannung heraus. Und mit seinem letzten, verzweifelten Schrei hat er all die Schergen gerufen, die mich nun zerstören.
Mein Lächeln dauert an, tief in mich hinein brennt sich dieses schreckliche, steinerne Lächeln, das wie gezeichnete Schriftzüge fest in meinem Körper verankert ist, verwachsen mit den Wucherungen, die sich in mir ausbreiten. Vielleicht.
Es ist schön, Vergleiche zu finden, auch wenn sie die Realität nicht verdecken können. Bin ich etwas Glänzendes? Etwas Lohnendes? Sehe ich wenigstens auf den ersten Blick frei aus?
Jemand wirft einen Schatten über mich, an den Schrank. Grüne Formen verblassen im Duft des Vergessens und leiten mich hinüber auf einen anderen Weg, weg vom Schrank und der ganzen Wahrheit.
Du kannst morgen zurückkehren.
Ja, ich kann morgen zurückkehren.
Morgen gibt es eine neue Möglichkeit.
Ja, es wird eine neue Möglichkeit geben.
Aber ich werde sie nicht nutzen.
Weil ich auch übermorgen zurückkehren kann.