PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Story]Kampf um Jharkendar



Stonecutter
10.08.2005, 17:32
Kampf um Jharkendar

(Download als PDF-Datei) (http://www.worldofbigb.de/stone/kampfumjharkendar.pdf)



Prolog

Langsam und mit herabhängendem Kopf schlenderte Brian die Kaufmannsgasse hinab. Er passierte Matteos und Bospers Haus, kurz darauf auch Thorbens. Er hob den Kopf etwas an und seufzte. Die Schmiede lag direkt vor ihm, doch sie wurde nicht mehr benutzt. Depressiv setzte Brian seinen Weg fort, die Unterführung hindurch, bis er den leeren Platz erreichte, auf dem einst Coragons Taverne errichtet wurde. Heute befand sich dort nur noch eine rauchende Ruine. Er blickte nach rechts und erschauerte. Der kleine Tempel, in dem Vatras stets zu predigen pflegte, war ebenfalls abgebrannt. Nun zierte ein Schrein Beliars den ehemaligen Tempelplatz. Myxir, der nach Vatras‘ Abreise dessen Aufgaben übernommen hatte, war tot, seine Leiche war demonstrativ an der Mauer aufgehangen worden.
Brian setzte seinen Weg fort. Er überquerte den Marktplatz, auf dem anstatt Stände große Zelte befestigt waren. Hier hatte es begonnen, durch das Tor am Marktplatz waren die Invasoren in die Stadt geströmt. Brian erinnerte sich an die vielen Leute, die hier ihr Leben ließen. Die Stadtmiliz war bis auf den letzten Mann ausgerottet, die wenigen in der Stadt verbliebenen Paladine hatten den feindlichen Truppen nichts entgegenzusetzen gehabt.
Was mit Lord Hagens Trupp, der eine Woche vor dem Angriff ins Minental aufgebrochen war, geschehen war, vermochte niemand so genau zu sagen; doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie alle getötet worden waren, schien sehr groß. Jeder andere Bürger von Khorinis, der versucht hatte, die Stadt zu verteidigen, war erbarmungslos niedergemetzelt worden. Unter diesen hatte sich auch Harad, Brians ehemaliger Schmiedelehrer, befunden. Diejenigen, die sich widerstandslos ergeben hatten, blieben verschont. Aber was war das schon für ein Leben, gefangen in der eigenen Stadt zu sein?
Auch die Söldner auf den Bauernhöfen hatten nicht viel ausrichten können; die Überlebenden, hauptsächlich Bauern, waren wie Vieh in die Stadt getrieben worden. Was mit dem Kloster der Feuermagier geschehen war, war nicht schwer zu erraten: eine dichte Rauchwolke kräuselte sich in nordöstlicher Richtung in den Himmel empor. Auch die Macht der Diener Innos hatte wohl nicht ausgereicht, die Feinde aufzuhalten.
Brian seufzte erneut. Sie wurden wahrscheinlich nur am Leben gelassen, um später als Sklaven zu dienen. Nein, Khorinis ging es ganz und gar nicht gut unter der Herrschaft der Orks.

Stonecutter
10.08.2005, 21:17
Kapitel 1

„Wollt ihr wohl damit aufhören?“, schrie Snaf empört. Er hatte seine Arme in die Hüften gestemmt, um einen autoritären Eindruck zu erzeugen, doch erfolglos. Niemand im Raum schenkte ihm Beachtung.
„Schluss jetzt damit, ich warne euch!“, brüllte er los, sein Kopf färbte sich dabei so rot wie das Hinterteil eines Molerats. Doch auch dieser Wutausbruch war nicht von Erfolg gekrönt.
„Nun gut, ihr habt es so gewollt“, sagte Snaf grimmig, packte seinen Kochlöffel und versuchte, sich elegant über die Theke zu schwingen. Doch aufgrund seiner nicht gerade geringen Körpermasse misslang ihm dieses Kunststück, er stieß lediglich mit seinem Knie gegen den Tresen. Angesichts der Tatsache, dass er sowieso nicht beachtet wurde, entstand glücklicherweise keine für ihn peinliche Situation. Immer noch den Kochlöffel in der Hand, rannte er schließlich um die Theke herum, um die Quelle seiner Wut unschädlich zu machen. Es waren zwei Banditen, die sich in Snafs Kneipe prügelten, einer der beiden war Logan, den anderen kannte Snaf nicht beim Namen. Er kämpfte sich durch die ganzen Schaulustigen, die sich ringförmig um die Kämpfenden ausgebreitet hatten. Von irgendwoher hörte er Scatty rufen: „Los, meine Freunde, die Chancen stehen zwei zu eins für Logan. Ich nehme alle Wetten an!“
Na warte, dachte Snaf, wenn ich mit den beiden fertig bin kannst du dir deine Wetten sonst wohin schieben.
Es war ihm gelungen sich durch die Menschenmenge zu drängeln, nun ging er mit dem Löffel direkt auf die Kämpfer los. Er zerrte sie auseinander und schlug sie abwechselnd mit seinem Löffel. Die beiden wussten nicht wie ihnen geschah, als ihnen auch schon das harte Holz gegen die Ohren schlug.
„Ich - habe - euch - ge - warnt!“, brüllte Snaf. “Nicht - in - mei - ner - Kneipe!“
Schreiend flohen die beiden nach draußen und Snaf ließ endlich von ihnen ab. Die Zuschauer liefen hinterher - es konnte ja schließlich sein, dass sie außerhalb der Kneipe weiterkämpften - und Snaf kehrte hinter seinen Tresen zurück. Irgendwo rief Scatty noch einmal: „Das war ein gewaltsamer Eingriff von außen! Die Chancen haben sich geändert, das gewettete Geld wird von mir beschlagnahmt! Ihr könnt jederzeit neu wetten, die Chancen stehen diesmal...“
Snaf seufzte tief und besah sich seinen Kochlöffel. An ihm klebten Haare und Schuppen. Er rieb ihn kurz an seiner Schürze ab und begann, die Suppe, die in einem Kessel vor sich hin köchelte, umzurühren.
Es war doch immer das gleiche. Auch nachdem dieser komische Kerl hier aufgetaucht war, den Snaf schon aus der Kolonie kannte, und nacheinander Franco, Senyan, Esteban, Bloodwyn und Raven umgelegt hatte, Gerüchten zufolge auch Juan und Dexter, gab es immer noch Banditen im Lager, die noch Anhänger des alten Regimes waren. Sie waren mit Thorus' neuer Politik nicht einverstanden, obwohl er bereits viel im Lager verbessert hatte.
Snaf war eigentlich froh darüber, dass die alten Herrscher tot waren und Thorus nun das Kommando hatte. Er kannte ihn nun schon eine sehr lange Zeit und hielt ihn für einen kompetenten und fähigen Anführer.
Doch die alten Anhänger Estebans und Ravens gefährdeten das Klima im Lager, Prügeleien zwischen ihnen und den Gefolgsleuten von Thorus waren praktisch an der Tagesordnung. Man konnte nur hoffen, dass sie sich irgendwann einmal anpassten.
„Snaf?“, fragte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und blickte Fisk ins Gesicht. „Fisk, du alter Halunke! Was kann ich dir anbieten?“
„Ach, nur ein Krug Bier und ich wär' schon glücklich“, sagte Fisk und grinste. „Sag mal, da sind gerade so viele Kerle wie wild bei dir rausgelaufen. Schmeckt dein Essen wirklich so schlecht?“
„Nur eine Prügelei“, lachte Snaf. „Und als ich dann mitgeprügelt habe, sind die alle abgehauen.“ Er reichte Fisk das Bier, dieser nahm daraufhin einen tiefen Zug.
„Aber mal ernsthaft, das ist doch nicht gut fürs Lager, wenn Estebans und Thorus' Leute sich andauernd gegenseitig verkloppen“, meinte Fisk. „Wir haben weiß Innos schon genug Ärger mit den Piraten am Hals. Mensch, Thorus sollte deswegen mal dringend was unternehmen.“
Snafs Augen blitzten auf. Vorsichtig sah er sich zu allen Seiten um, um nachzuprüfen, ob jemand in Hörweite war. Fisk sog hörbar die Luft ein; er wusste, dass er in Kürze etwas zu hören bekommen würde, was nicht für jedermanns Ohren bestimmt war. Als sich Snaf vergewissert hatte, dass die Luft rein war, beugte er sich verschwörerisch zu Fisk herüber. Er kannte Fisk schon lange genug und wusste, dass er ihm vertrauen konnte. Leise flüsterte er ihm zu: „Nun, Thorus hat tatsächlich schon etwas unternommen.“
„Wirklich?“
„Aber ja. Er ist intelligent und weiß, dass uns ein Krieg mit den Piraten langfristig nur schaden würde. Er hat also klammheimlich Boten ausgesandt, die den Piraten Friedensangebote oder zumindest Waffenstillstandsangebote machen sollten.“
„Wann hat er denn das gemacht?“
Snaf sah sich vorsichtshalber noch einmal um, bevor er weitersprach: „Ich weiß es nicht genau. Zwei Wochen, vielleicht weniger. Aber von beiden Boten, die er geschickt hat, ist noch keiner zurückgekehrt.“
„Soll das heißen, die Piraten haben sie getötet?“
Snaf nickte. „Wahrscheinlich. Verstehst du jetzt, warum das geheim bleiben soll?“
Fisk nickte ernst. „Wenn das bekannt würde, würden die meisten schnurstracks die Piraten angreifen wollen.“
„Und wenn -“
„Was habe ich da gerade gehört?“, unterbrach ihn eine donnernde Stimme. Plötzlich stieg Panik in Snaf auf. Jemand hatte ihn gehört. Wenn Thorus herausbekommen würde, über was er hier redete...
„Eine Prügelei in deiner Kneipe? Und du hast denen wohl gehörig die Leviten gelesen!“, rief Garaz lachend. Snaf entspannte sich wieder. Da hatte er noch einmal Glück gehabt. Er zwinkerte Fisk noch einmal verschwörerisch zu und wandte sich daraufhin Garaz zu. Fisk leerte seinen Krug in einem Zug aus und verließ die Kneipe. Er hatte Snafs Zeichen schon verstanden. Es bedeutete, dass sie sich später einmal in Ruhe unterhalten würden. Aber diese neuen Informationen waren ihm unbehaglich. Was, wenn es wirklich einen offenen Krieg mit den Piraten geben würde? Nicht auszudenken. Langsam stieg er die Treppen hinauf und verschwand in seiner Hütte.

Stonecutter
11.08.2005, 11:29
Kapitel 2


„Noch vierzich Buddeln Grog muss ich leern,
noch vierzich Buddeln Grog...
Und wenn ich vierzich Buddeln Grog nich leer,
dann haun se mich kaputt...
Dumdumdidum...“

Laut hallte das beliebte Trinklied „Noch vierzich Buddeln Grog“ über den weißen Sandstrand hinweg, gesungen, oder besser gesagt gegrölt von einem halben Dutzend Männer, die Rum- und Grogflaschen schwenkend um ein Lagerfeuer am Meer saßen. Jemand spielte die Melodie auf einer Mundharmonika nach, wieder ein paar andere versuchten zu der Musik zu tanzen, was sich jedoch aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums als außerordentlich schwierig erwies. Kaum eine Minute verging, ohne dass jemand über seine eigenen Füße stolperte. Die über offenem Feuer gebratenen Scavenger waren schon längst von den vielen gierigen Mäulern verschlungen worden, lediglich ein paar Knochen, die achtlos hinter einer Holzhütte lagen, zeugten noch von ihrer ehemaligen Existenz.
Es herrschte eine gute Stimmung in dem Piratenlager am Strand, doch obwohl es gerade einmal Nachmittag war, waren die meisten schon sturzbetrunken. Kapitän Greg war nicht unbedingt begeistert davon, doch er gönnte es seinen Männern. Denn es gab wirklich einen Grund zu feiern. Die Aktion, die von den Piraten durchgezogen worden war, war spektakulär. Und das Ergebnis war grandios. Greg grinste bei dem Gedanken, wie sie vor ein paar Wochen zusammen Garvells Schiff abgezogen hatten, unwillkürlich. Heute hatten sie es endlich fertig repariert. Der arme Garvell, dachte Greg. Er wird wahrscheinlich einen Herzinfakt bekommen haben.
„Hey Käpt'n!“, rief ihm Morgan zu, der sich stark wankend gerade noch auf zwei Beinen halten konnte. „Willste 'nen *hicks* 'nen Schluck Schnaps haben? Den hat Samuel extra für uns gebraut!“ Er versuchte zu Greg, der etwas entfernt stand, hinüberzugehen, verlor jedoch das Gleichgewicht und stürzte der Länge nach in den Sand. Dort blieb er liegen und begann lauthals zu schnarchen. Die Schnapsflasche, die er immer noch fest in seinen Händen hielt, ergoss sich über den Boden. Greg eilte zu Morgan, riss ihm die Flasche aus den Händen und hielt sie an den Mund. Doch nur ein paar Tropfen befeuchteten seine Kehle.
„So eine Verschwendung“, knurrte Greg und schleuderte die Flasche ins Meer. Vorsichtig stieg er über den schlafenden Morgan hinweg und gesellte sich zu den anderen.
„Hey, der Käpt'n ist gekommen!“, rief Henry. „Los, bring ihm mal jemand 'ne Buddel Rum!“
Die meisten schienen ihn überhaupt nicht wahrgenommen zu haben, jedenfalls grölten sie weiter: „Noch vierzich Buddeln Grog muss ich leern...“
Von irgendwoher bekam Greg schließlich doch noch seinen Rum. Er setzte die Flasche an und kippte den Inhalt in einem mächtigen Zug die Kehle hinunter.
„Jo, das ist unser Käpt'n wie er leibt und lebt!“, schrie Henry begeistert. Er versuchte es Greg gleich zu tun, hob die volle Flasche Rum an und begann zu trinken. Doch er war längst nicht so abgebrüht wie sein Kapitän. Er begann während des Trinkens zu husten und zu spucken und musste sich schließlich hinsetzen.
„Na Henry, verträgst wohl keinen Rum, was?“, spottete Brandon. Henry richtete sich mühsam auf, bedachte Brandon mit einem bitterbösen Blick, schnappte sich zwei Grogflaschen und wankte hinweg.
„Hey, Käpt'n“, fragte Owen plötzlich. „Wann verschwinden wir eigentlich von dieser Insel?“
„Wenn Skip zurück ist“, antwortete Greg.
„Wo ist der Kerl denn überhaupt? Ich frage mich schon den ganzen Tag, wo er steckt“, wollte Matt wissen.
„Er schippert gerade in seiner kleinen Nussschale nach Khorinis. Wollte da noch irgendwas erledigen. Keine Ahnung was.“, sagte Greg. „Vielleicht Vorräte besorgen. Das müssen wir hier auch noch machen, bevor wir aufbrechen.“
„Ja, ich will endlich weg von hier! Weg von diesen nervigen Blutfliegen, weg von den elenden Razors und vor allem weg von diesen verdammten Banditen!“, brüllte Owen. „Wir haben schon genug Männer verloren! Zuerst Angus und Hank, dann auch noch Malcolm!“ Viele andere Piraten stimmten ihm johlend und grölend zu.
„Immer mit der Ruhe“, sagte Greg. Doch insgeheim machte er sich große Sorgen. Wenn sie endlich aufbrechen würden, wo sollten sie hin segeln? Auf dem Ozean war so gut wie keine Beute mehr zu machen, da der Orkkrieg in Myrthana schlecht lief und keine Schiffe mehr ausliefen. Es wäre kein Wunder, wenn König Rhobar den Krieg bereits verloren hätte. In diesem Fall wären überall nur noch orkische Galeeren unterwegs. Die Piraten müssten vermutlich in den Süden fahren, in Richtung der südlichen Inseln. Vielleicht gab es dort noch Existenzmöglichkeiten. Er wandte sich dem Saufgelage ab und ging hinüber zu seiner Hütte. Die Rufe der anderen Piraten, dass er doch bleiben solle, nahm er gar nicht mehr wahr. Er musste noch einmal in Ruhe nachdenken.

Stonecutter
11.08.2005, 21:12
Kapitel 3

Ein kleines Boot, das kaum mehr Platz als für zwei Personen bot, segelte über das Meer. Der kräftige Wind trieb es an, direkt in südliche Richtung. Die Wellen ließen das Boot auf und ab fallen, gelegentlich schwappten sie über die Reling hinein.
Der Mann, der die kleine Jolle steuerte, war groß und bärtig. Damit seine Haare nicht im Wind flatterten, trug er eine rote Mütze, die hinten zusammengeknotet war. Fröhlich und laut sang er Lieder wie „Mein Schätzchen war ein Snapper“ oder „Noch vierzich Buddeln Grog“, während er das Boot fachmännisch und mit der Erfahrung eines alten Seebären gen Khorinis steuerte.
Skip sah zu seiner linken die große Steilküste, mit den kleinen Stränden darunter. Auch der Leuchtturm war schon in Sichtweite. Langsam lenkte er das Boot in Richtung des Strandes, an dem er sich oft aufhielt. Dort würde er es festmachen, und es wäre nur noch ein Katzensprung nach Khorinis. Er hatte nun den richtigen Winkel erreicht, um den Hafen einzusehen - und die dritte Strophe von „Weißer Rum, mein Lebensretter“ blieb ihm im Halse stecken. Skip erbleichte innerhalb von Sekunden und wünschte sich, niemals nach Khorinis gesegelt zu sein. Doch er reagierte im Angesicht dessen, was er erblickt hatte, sehr schnell: reflexartig veränderte er die Strellung des Segels, um das Boot zu wenden. Er nahm das Ruder und legte sich ins Zeug, um so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Er hoffte, dass er bloß nicht bemerkt worden war! Oder zumindest, dass er keine lohnenswerte Beute darstellten. Panisch und voller Angst steuerte er die Jolle wieder in die Richtung, aus der er gekommen war. Die Lust zum Singen war ihm gründlich vergangen.

Thorus blickte von seinem Buch auf. Laute Rufe und Schreie waren zu hören. Seufzend klappte er das Buch zu und entfernte sich von dem Buchständer. Schon wieder eine Prügelei... Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Diesmal würde er persönlich eingreifen und die Streithälse - doch dann bemerkte er, dass es doch keine Schlägerei war. Er blickte zum Eingang des Lagers, an dem sich die meisten der Banditen versammelt hatten, doch niemandem wurde der Schädel einzuschlagen. Sie schienen eher irgendetwas auf dem Boden zu betrachten.
Thorus näherte sich dem dichten Menschenauflauf, als die Banditen ihn ankommen sahen, machten sie ihm respektvoll Platz und bildeten eine schmale Gasse. Das Stimmengewirr verstummte und es wurde vollständig ruhig. Thorus konnte das Objekt nun sehen: es war eine kleine Kiste. Er fragte sich, was sie wohl enthielt. Als er darauf zuging, erkannte er es. Er versuchte, seinen normalen ruhigen Gesichtsausdruck beizubehalten, doch es misslang ihm, und er machte eine verzerrte Grimasse.
In der Kiste befanden sich zwei abgeschlagene Köpfe. Thorus konnte sie als die beiden zu den Piraten ausgesandten Boten identifizieren. Ramon reichte ihm einen kleinen Zettel. „Der war dabei“, murmelte er nur kurz. Vorsichtig nahm ihn Thorus in die Hand und las die krakeligen Buchstaben.
„Mit freundlichen Grüßen
Die Piraten“
Thorus las den Zettel wieder. Und zerknüllte ihn in seiner Faust.
„Huno?“, fragte eine Stimme aus der Menge. „Ich glaube, du solltest schon mal unsere Schwerter schärfen.“

Stonecutter
12.08.2005, 02:30
Kapitel 4

Grunzend standen die beiden Orks in dem von Fackeln beleuchteten Raum unter der großen Pyramide. Sie waren Späher und sollten das Umland auf weitere menschliche Siedlungen auskundschaften, dabei hatten diesen Tunnel entdeckt. Sie waren ihm den ganzen Weg gefolgt und was sie nun sahen, verwunderte sie zutiefst. Ein seltsames Loch in der Wand, das irgendeine magische Aura besaß. Hellblaues Licht strömte aus dem Loch hervor.
„Krash duzag!“, rief der eine.
„Melosh prok tatov?“, fragte der andere.
„Kelar warask Parush“, antwortete der erste wieder. Er hob einen Stein vom Boden auf, sah ihn prüfend an und schleuderte ihn in das Loch. Ein leises „plopp“ ertönte und der Stein war verschwunden. Staunend betrachteten sie das Loch. Der Ork wiederholte das Experiment, diesmal mit einem Knochen. Es zeigte das gleiche Resultat wie vorher.
„Fraw duik duzag“, sagte er daraufhin bestimmt.
„Tak duzag?“, rief der andere erschrocken.
„Groshat tatov krejk, tuprow fresat gesh.“, meinte der eine. Etwas, das die Menschen wohl als grimmiges Lächeln bezeichnen würden, zeigte sich auf seinem Gesicht. Langsam stapfte er auf das Loch zu, atmete tief ein und steckte vorsichtig seine linke Hand hinein. Er verspürte dabei ein leichtes Kribbeln.
„Furush gatak!“, entfuhr es dem anderen verblüfft. Es schien, als wäre die Hand abgeschnitten worden, nur noch der Arm war zu sehen. Der Ork zog die Hand wieder hinaus und betrachtete sie misstrauisch von allen Seiten. Sie schien vollkommen in Ordnung zu sein. Und dann traf er eine Entscheidung. Noch ehe der andere etwas erwidern konnte, nahm er seinen Mut zusammen und betrat das Loch komplett.
Der andere sah entsetzt, dass er nun alleine war. Sein Freund war in diesem unheimlichen Loch verschwunden! Was sollte er jetzt bloß machen? Abwarten, was geschehen würde oder in die Menschenstadt zurückkehren? Den Mut, das Loch selbst zu betreten, brachte er nicht auf. Seufzend setzte er sich im Schneidersitz auf den Boden und begann zu überlegen.

Stonecutter
12.08.2005, 14:29
Kapitel 5

„Saturas, würdest du dir das hier mal bitte anschauen?“, fragte Riordian. er hielt eine kleine Steintafel in den Händen. Sie war kreisrund, in ihrer Mitte befand sich ein Loch. Die Tafel war mit vielen merkwürdigen Symbolen verziert.
„Hm, das sieht interessant aus. Wo hast du das gefunden?“, sagte Saturas.
„Es lag dort hinten, hinter der Pyramide in der Ruine einer alten Hütte“, antwortete Riordian. „Diese Symbole habe ich noch nie gesehen. Vielleicht kann Myxir uns helfen, sie zu entziffern.“
„Wir haben tatsächlich eine längere Zeit nichts mehr von ihm gehört“, meinte Saturas. „Ich denke, du oder ein anderer könnte mal nachschauen und ihm diese Steintafel gleich zeigen.“
„Gut, ich mache mich sofort auf den Weg“, sagte Riordian. In dem Moment hörten sie alle ein laute, scheppernde Geräusche aus dem Portalgebäude, die kurz darauf verstummten.
„Was war das?“, fragte Nefarius.
„Ach, wahrscheinlich ist nur eine Säule umgekippt oder ein Felsbrocken runtergefallen“, meinte Cronos achselzuckend. „Nichts von Bedeutung.“
„Wir sollten trotzdem nachsehen“, erwiderte Merdarion bestimmt. Zusammen betraten die Magier das Gebäude.

„Francis!“, schrie Greg. „Verdammt, Francis, wo bist du, du Holzkopf?“
Dieser trat taumelnd und sich den Kopf halten aus einer Hütte. „Bitte Käpt'n...“, sagte er leise. „Bitte nicht so laut... Ich hab' so einen schweren Kater...“
„Was hast du dich denn gestern auch so betrunken?“, meinte Greg ärgerlich. Es war doch immer das selbe Theater mit seinen Leuten. Das Saufgelage vom vorherigen Tag war spät nachts beendet worden, und heute früh hatten sie alle einen schweren Kopf.
„Francis, ich will, dass du zu den Wassermagiern gehst."
„Was?!“, schrie Francis entsetzt auf. „Aber Käpt'n, mir geht's echt schlecht... Kann nicht denn nicht Bill oder Garett gehen?“ Hilfesuchend wandten sich seine Augen nach allen Seiten.
„Die sind doch alle auch verkatert. Und du Faulpelz tust sowieso nie was. Jetzt geh oder ich mach dir Beine!“
„Aber Käpt'n...“, sagte Francis. „Wenn nun -“ Als er Gregs Gesichtsausdruck sah, unterbrach er sich selber und wusste, dass es besser war, lieber nichts mehr gegen seine Entscheidungen zu sagen. „Gut, und was soll ich tun?“
„Frag sie, ob sie Neuigkeiten über die Banditen haben. Ob die womöglich irgendetwas planen, wir haben lange nichts mehr von diesen Sumpfhaien gehört.“
„In Ordnung, Käpt'n“, seufzte Francis und brach auf. Stöhnend, ächzend und leise vor sich hinfluchend machte er sich auf den Weg. Greg sah ihm schweigend nach.
„Was soll das eigentlich, Käpt'n?“, fragte Matt plötzlich hinter ihm. Greg wandte sich um und blickte Matt an. „Ich meine, das Schiff ist repariert, wir brauchen nur noch ein paar Vorräte und dann rauschen wir doch ab, oder nicht? Die Schweine im Sumpf können uns doch eigentlich gar nichts mehr anhaben.“
„Ich glaube, so schnell wie sich das alle hier vorstellen, fahren wir nicht weg“, antwortete Greg. „Genug Vorräte für die lange Reise zu beschaffen könnte lange dauern, außerdem ist das Schiff selbst zwar schon seetüchtig, aber wir müssen auch noch irgendwie Segel beschaffen. Ich rechne nicht mit einem Aufbruch vor einem Monat, vielleicht sogar mehr. In dieser Zeit könnten die Banditen schon etwas gegen uns unternehmen.“
Matt nickte. „Verdammt. Und ich habe mich schon so darauf gefreut, diese Insel endlich hinter mir zu lassen. Tja, das könnte wohl noch etwas dauern...“

Der Ork stand staunend in einem großen Raum. Auch er war mit Fackeln beleuchtet. Er drehte sich um. Hier schien es das gleiche seltsame Loch zu geben, wie in dem Raum, in dem er vor wenigen Minuten noch mit seinem Freund gestanden hatte. Wie war er hierher gekommen? Dieses Loch hatte scheinbar magische Fähigkeiten.
„Faruzsag gruzosh“, entfuhr es ihm ehrfürchtig. Langsam entfernte er sich von dem Loch, um den Tunnel vor ihm zu betreten. Dabei hielt er mit seiner Hand den Griff seiner Axt fest umgriffen. Langsam und vorsichtig kundschaftete er diesen seltsamen Ort aus. Plötzlich stand er vor einem merkwürdig aussehendem Ding. Es war ein flaches Objekt mit vier an den Seiten herausragenden Stacheln, darüber schimmerten kleine Partikel in der Luft.
Fasziniert betrachtete der Ork das Ding und bemerkte somit nicht, dass sich ihm ein Skelett von hinten näherte. Erst das Geräusch eines durch die Luft sausenden Schwertes ließ ihn aufschrecken. Geistesgegenwärtig warf er sich zur Seite und das Schwert raste knapp an ihm vorbei. Der Ork zog seine Axt und deckte das Skelett mit schweren Schlägen ein. Innerhalb kürzester Zeit war es erledigt. Schnaufend steckte der Ork seine Axt wieder weg und sah sich genauer um. Dort hinten, am Ende des Tunnels, konnte er Tageslicht erkennen. Langsam stapfte er darauf zu.
Plötzlich erschienen einige Gestalten im Tunnel. Durch das Gegenlicht konnte der Ork sie nicht erkennen, er nahm sie nur als schwarze Umrisse wahr. Grunzend zog er erneut die Axt, dabei entblößte er seine markanten, vorstehenden Schneidezähne. Dann hörte die Gestalten sprechen und schreien. Er verstand es nicht, aber eines bemerkte er sofort: es waren Menschen. Bereit, sie zu bekämpfen, wartete er ab. Er zählte fünf von ihnen, die rufend auf ihn zukamen. Schließlich konnte er sie genauer erkennen.
Doch dann geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Einer der Menschen schoss plötzlich, einen weißen, eisigen Strahl auf ihn ab, der ihn nur knapp verfehlte.
„Katushacka grutok marak!“, fluchte er laut, drehte sich um und rannte. Es waren diese verdammten Schamanen der Menschen! Dagegen hatte er keine Chance. Im zickzack rennend, damit sie ihn nicht treffen konnten, raste er durch den Tunnel auf das seltsame Loch zu. Er hoffte, dass das Loch hier genauso funktionieren würde, und während ihm ein Feuerball am Ohr vorbei raste und ihm sein grünes Fell ansengte, sprang er mit einem Hechtsprung hindurch.

Stonecutter
12.08.2005, 17:41
Kapitel 6

In Hunos Schmiede herrschte Hochbetrieb. Viele Banditen drängten sich um die Schleifsteine, die Huno aus dem Haus geholt und draußen aufgestellt hatte, und schärften ihre Waffen. Huno selbst arbeitete rund um die Uhr. Viele Männer hatten ihm ihre Rüstungen gegeben, um sie von ihm ausbessern und verstärken zu lassen. Und der Auftrag, ungefähr dreißig neue Schwerter zu schmieden, lag wie eine schwere Last über ihm. Wie sollte er das nur schaffen? Auch Paul schuftete wie besessen. Die Banditen waren wirklich scharf darauf, diese niederträchtigen Piraten anzugreifen. Sogar die Schlägereien zwischen Thorus' und Estebans Anhänger hatten aufgehört, so beschäftigt waren sie alle.
Fisk hatte ein gutes Geschäft gemacht. Sämtliche Waffen, die er noch im Angebot hatte, konnte er verkaufen. Selbst Snaf hatte sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereitet. Neben dem üblichen Kochlöffel hingen nun ein rasiermesserscharfes Messer und sein alter Steinbrecher im Gürtel. Ihm gefiel es im Gegensatz zu den meisten anderen Banditen ganz und gar nicht, dass höchstwahrscheinlich ein offener Krieg mit den Piraten bevorstand. Während er in seiner Kneipe stand, betastete er seinen Steinbrecher. Wegen dieser Waffe war er damals in die Barriere geworfen worden. Nun bekam er wieder Gelegenheit, sie zu benutzen. Er beobachtete Lucia, die einen leichten, schlanken Rapier in der Hand hielt und elegante Schläge und Seitenhiebe in der Luft durchführte. Anscheinend hatte auch sie vor, zu kämpfen.
Thorus wanderte durch das Lager und beobachtete die Vorkehrungen. Er war einer der wenigen, die stets versucht hatten, einen Krieg zu vermeiden. Doch diesmal schien es unausweichlich. Die toten Boten stellten definitiv eine Kriegserklärung dar. Doch insgeheim fragte er sich, wieso die Piraten wohl gegen einen Frieden waren. Ein Krieg war für sie doch ebenfalls verlustreich, ein Frieden jedoch würde beiden Parteien von Vorteil sein. Es würde nicht mehr lange dauern, zwei Tage vielleicht, bis die Banditen vollständig kampfbereit waren. Dann würden sie es den Piraten endlich heimzahlen.

Stöhnend setzte Francis einen Fuß vor den anderen. Seine Kopfschmerzen waren in der heißen Mittagssonne unerträglich. Er wünschte sich, am vorherigen Tag die letzten drei Flaschen Grog nicht getrunken zu haben. „Mieser Käpt'n...“, murmelte er vor sich hin. „Wir brauchen unbedingt 'nen neuen... Wenn ich wieder im Lager bin werde ich ihn höchstpersönlich verprügeln...“
Er war nun fast bei den Magiern angelangt. Er befand sich gerade in der Höhle, die kurz vor den großen Ruinen, bei denen die Magier ihr Lager aufgeschlagen hatten, stand. Mit zum Boden gesenktem Kopf schlurfte er weiter.
Noch während er weiter Selbstgespräche führte, bemerkte er eine Bewegung aus den Augenwinkeln. Er drehte den Kopf nach rechts und spürte sofort darauf einen dumpfen Aufprall im Gesicht. Ihm wurde schwarz vor Augen und taumelte aufschreiend zurück. Kombiniert mit seinem Kater war der Schmerz einfach höllisch. Während ihm funkelnde Sterne vor den Augen tanzten, griff er nach seinem Schwert und es gelang ihm tatsächlich, einen Schlag abzuwehren. Nun konnte er auch halbwegs seinen Gegner erkennen, ein Mann der ihn höhnisch angrinste.
„Hallo, du kleiner Pirat“, sagte er und begann mit seinem Langschwert eine Angriffsreihe. Francis, dem es zur Zeit wirklich schlecht ging, konnte die Schläge nur halbherzig parieren. Schließlich erhielt er einen starken Hieb in seine Seite. Er schrie auf, ließ seine Waffe fallen und stürzte mit dem Bauch auf den Boden. Ächzend versuchte er davon zu kriechen, doch dann spürte er einen schweren Fuß auf seinem Rücken, der ihn festhielt.
„Na, wo willst du denn hin, Kleiner?“, fragte die Stimme. Und das letzte, das Francis noch wahr nahm, war das Surren eines Schwertes, das die Luft durchschnitt.

Stonecutter
12.08.2005, 23:13
Kapitel 7

Sie sahen den Ork nur noch durch das Portal verschwinden. Selbst Merdarions letzter, gut gezielter Feuerzauber verfehlte den Grünpelz, da er plötzlich einen Sprung vollführte, mit dem niemand gerechnet hatte.
„Verdammt!“, rief Cronos. Er eilte weiter und war kurz davor, ebenfalls das Portal zu durchschreiten, als ihn Riordian zurück riss.
„Nicht da durch!“, sagte er. „Das könnte eine Falle sein. Vielleicht hält er seine Waffe direkt davor, so dass du ihm direkt hineinrennen würdest!“
Cronos nickte und trat ein paar Schritte zurück. „Und was machen wir jetzt?“
„Wir müssen ihn auf jeden Fall aufhalten!", meinte Nefarius. "Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn die Orks plötzlich wüssten, dass es ein Portal in dieses Land gibt.“
„Nein, das wäre wahrlich nicht gut“, bestätigte Saturas. „Geht bitte zur Seite.“
Cronos und Riordian entfernten sich vom Portal und beobachteten Saturas. Dieser hatte sich direkt davor aufgebaut und konzentrierte sich. Daraufhin entfesselte er die Macht der Magie Adanos. Er feuerte mehrere Eislanzen und Wasserfäuste durch das Portal. Anschließend führte er zwei mal den Zauber aus, der Gegner für eine kurze Zeit einfrieren ließ. Dieser Zauber wurde von den meisten Menschen schlicht „Eisblock“ genannt.
„Bei Adanos, das hat stark an meiner magischen Kraft gezerrt“, sagte Saturas. Er zog eine kleine Flasche aus seiner Robe, entfernte den Verschluss und trank sie aus.“Aber jedenfalls dürfte der Weg nun frei sein. Das kann kein Ork überlebt haben, nicht einmal einer ihrer Elitekrieger. Und wenn doch, dann wäre er erst einmal bewegungsunfähig.“ Daraufhin trat er durch das Portal. Die anderen kamen ihm nach.
Auf der anderen Seite war kein Ork zu sehen. Keine Leiche lag auf dem Boden, es wartete auch keiner auf sie. An der Rüchwand des Raumes waren einige nasse Flecken zu sehen, die von Saturas' Zaubern herrührten.
„Verflucht“, entfuhr es Nefarius.“Der hat uns doch keine Falle gestellt. Das hat uns jetzt viel Zeit gekostet.“
„Ja, und wir sollten nicht noch mehr verlieren!“, rief Merdarion. Sie rannten weiter durch die Ausgrabungsstätte, in Richtung des Teleporters, der in die Höhle in der Nähe von Khorinis führte. Die Tür war verschlossen, genauso wie sie es auch sein sollte.
„Dann ist er also zu Fuß gekommen“, murmelte Riordian grimmig. „Den holen wir nicht mehr ein. Orks sind dafür viel zu schnell.“
Saturas seufzte. „Nun denn. Jetzt, wo wir schon einmal hier sind, können wir auch gleich nach Khorinis. Wir reden mit Myxir und Vatras und zeigen ihnen die Steintafel.“ Er zog die Tafel, die Riordian eben noch gefunden hatte aus der Tasche.“Und zur Miliz gehen wir auch. Die sollen ein paar Männer abkommandieren, die Ausgrabungsstätte im Auge zu behalten, damit wir später keine unangenehmen Überraschungen erleben.“
Die anderen stimmten ihm zu. Saturas schloss die Tür auf, und nacheinander betraten sie den Teleporter, um nach Khorinis zu gelangen.

Skip konnte bereits den südlichen Strand sehen, der hauptsächlich von Feuerwaranen bewohnt wurde. Hinter dem großen Felsen, der die Warane vom Lager trennte, würde er endlich das Boot vor Anker lassen können und Greg berichten, was er im Hafen von Khorinis gesehen hatte.
Er war die ganze Nacht durch gesegelt, ohne ein Auge zu zu tun. Im Grunde hatte er die ganze Reise über nichts anderes mehr nachgedacht. Der sonst so fröhliche und laute Pirat war nun blass und ruhig. Je eher sie diese verdammte Insel verlassen konnten, um so besser, dachte er sich.
Er passierte den Felsen und erblickte nun die Hütten, auch einige der Piraten, die am Strand herumliefen. Als sie ihn bemerkten, winkten sie ihm zu. Skip winkte nur halbherzig zurück. Er lenkte das Boot an die Küste, schnappte sich ein Haltetau, sprang ans Land und befestigte die Jolle an einem Holzpfahl. Als er damit fertig war, rannte er sofort in Richtung von Gregs Hütte. Die Piraten, die ihn ansprachen, beachtete er nicht. Er lief die Holzstufen vor der Hütte hinauf. Greg saß nicht auf der Bank davor, also pochte Skip ein mal laut gegen die Tür, riss sie auf und stürmte hinein. Doch auch hier fand er Greg nicht.
Ärgerlich rannte er wieder hinaus und fragte Garett: „Wo ist der Käpt'n?“
„Ahoi erstmal“, sagte Garett. „Sag mal, Skip, was ist denn heute mit dir los?“
„Wo ist Käpt'n Greg?“, fragte Skip eindringlich.
Garett zuckte die Achseln. „Ich glaube, der wollte mal zu Samuel, aber genau weiß - He, was bist du denn so eilig?“
Skip raste sofort los, als er Samuels Namen hörte. Er erreichte die Höhle und eilte hinein. Im Inneren fand er auch Greg und Samuel, die sich gerade unterhielten. „Skip!“, rief Greg. „So früh hätte ich dich nicht zurück erwartet. Was gibt's neues?“
„Orks“, sagte Skip nur. „Hunderte von Orks in Khorinis.“

Nachdem er dem Kapitän berichtet hatte, dass etwa zehn orkische Kriegsgaleeren im Hafen von Khorinis vor Anker lagen und die gesamte Bevölkerung wahrscheinlich vernichtet oder versklavt worden war, brachte dieser keinen Ton hervor. Auch Samuel war sichtlich geschockt.
„Ich weiß nicht, ob sie mich bemerkt haben oder nicht“, sagte Skip. “Wenn doch, hielten sie es wohl nicht für lukrativ, mich anzugreifen. Aber dann würden sie trotzdem wissen, dass es noch jemanden auf der Insel gibt. Das würde sie dann hier her führen.“
Greg schüttelte den kopf. „Das kann doch alles nicht wahr sein!“, brüllte er. „Orks! Was ist hier eigentlich los? Erst Banditen, dann Grünpelze... Hätten diese Mistviecher nicht einen Monat später kommen können? Jetzt sitzen wir hier fest. Hoffen wir, dass sie dich wirklich nicht bemerkt haben, Skip.“
„Und was unternehmen wir jetzt?“
„Ich habe Francis eben zu den Wassermagiern geschickt. Wenn er wiederkommt, schicke ich ihn noch mal dahin. Der kann denen das dann berichten. Die haben vielleicht eine Ahnung, was man tun könnte. Wir müssen uns jetzt auf jeden Fall um unser Schiff kümmern und so schnell wie nur irgendwie möglich ein Segel besorgen.“
Er trat aus Samuels Höhle und blickte in die Sonne. Wenn das alles nur gut gehen würde...

Stonecutter
13.08.2005, 21:29
Kapitel 8

„Seid ihr alle da?“, fragte Saturas, nachdem Riordian aus dem Teleporter erschienen war. „Gut, los geht's.“
Sie waren gerade ein paar Schritte gegangen, als sie plötzlich Lärm hörten. Es war das Geräusch von vielen Füßen, die über die Erde trampelten. Und kurz darauf erfolgte ein lauter Ruf. „Kagtrogash buzrug!“, brüllte eine tiefe Stimme und die Schritte verstummten.
Saturas gefror das Blut in den Adern. „Nein, flüsterte er. „Das kann nicht sein...“
„Kagtrogash frasazk!“, brüllte die Stimme wieder, und das gleichmäßige Trampeln setzte wieder ein. Die Wassermagier, die sich noch auf der Anhöhe befanden, duckten sich und warteten ab. Schließlich erschien ein Elitekrieger der Orks in ihrem Blickfeld, der einen Trupp Orks anführte. In Dreierreihen marschierten sie über den schmalen Pfad. Sie kamen aus der Richtung des Stadttores.
„Bei Adanos“, flüsterte Merdarion. „Was geht hier vor?“
Nefarius deutete wortlos zur Stadt. Einige Rauchsäulen stiegen dort auf.
„Wir müssen hier verschwinden“, flüsterte Cronos. „Sie haben Khorinis erobert...“
Plötzlich stutze einer der Orks und blieb stehen. Ärgerlich wurde er von einigen Hintermännern beschimpft, da er den Weg blockierte. Doch er zeigte auf die Anhöhe der Magier und rief laut: „Grutok horshak geratov!“ Die anderen Orks wurden aufmerksam und starrten Saturas direkt ins Gesicht. Und brüllend rissen sie ihre Äxte empor und stürmten die Anhöhe hinauf.
„Verdammt!“ Saturas feuerte den Orks einige Wasserzauber entgegen, drehte sich um und rannte los. „Los, sofort zum Teleporter!“, schrie er. Die anderen folgten ihm. Gemeinsam hetzten sie in die Höhle, auf den Teleporter zu.

„Verflucht, wo bleibt Francis eigentlich“, rief Greg laut. „Der Kerl ist schon lange überfällig. Hört mal, das kann jetzt nicht mehr länger warten. Einer von euch Jungs geht jetzt zu den Wassermagiern.“
„Ich geh freiwillig!“, rief Alligator Jack. Er hatte sich am Vortag nicht ganz so stark betrunken, was bedeutete dass es ihm bedeutend besser ging als der Mehrheit des Lagers.
„Gut, Jack. Und wenn du Francis unterwegs begegnest, dann richte ihm aus, dass er sich auf was gefasst machen kann.“
„Kein Problem, Käpt'n!“, rief er fröhlich. Greg sah ihn etwas seltsam an. Dass die Orks vor Khorinis ankerten und das Piratenlager womöglich einer größeren Bedrohung als durch die Banditen ausgeliefert war, schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. „Ja, aber beeil dich gefälligst. Wir haben nicht ewig Zeit.“
Alligator Jack lief los. Die anderen Piraten schienen ziemlich deprimiert zu sein. Kein Wunder, dachte Greg. Die Ungewissheit, was geschehen würde, nagte auch an ihm. Wenn die Banditen auch noch angreifen sollten, hätten sie sich um zwei Fronten zu kümmern. Und dafür waren sie viel zu wenige, sie konnten es wahrscheinlich nicht einmal mit den Banditen alleine aufnehmen. Er hoffte zutiefst, dass die Wassermagier irgendeinen Rat hätten.

Die beiden Orks rannten keuchend durch die Wildnis. Nachdem der eine aus dem seltsamen Loch zurückgekehrt war, hatte er den anderen, der noch immer dort saß, hochgerissen und war mit ihm geflohen. Knapp hatte er ihm während des Laufens berichtet, dass das Loch scheinbar ein Eingang zu einer anderen Welt war und ihm nun fünf Schamanen der Menschen auf den Fersen waren. Doch anscheinend waren sie ihm nicht in diese Welt gefolgt, jedenfalls kamen sie nicht durch das Loch hinter ihm her.
Er wollte unbedingt zu seinem Anführer und es ihm erzählen. Nicht nur, dass die Orks dadurch die Möglichkeit besaßen, mehr Land zu erobern, nein, für diese Entdeckung würde er sicherlich befördert werden. Dass er ständig als Späher eingesetzt wurde, störte ihn schon lange. Er freute sich schon darauf, als vollwertiger Krieger von seiner Kaste anerkannt zu werden.
Schließlich erreichten sie den Ort, an dem sich das große Haus der Menschen befunden hatte, das nun schon längst niedergebrannt war. Von hier aus führten Wege in die Menschenstadt, zu dem ehemaligen Gebäude der Schamanen der Menschen und zu den großen Feldern, auf denen sie ihre Nahrung angebaut hatten. Sie rannten Richtung Stadt, doch plötzlich blieb der eine Ork stehen. Völlig verblüfft deutete er auf das kleine Waldstück, das sich hinter dem Haus befand. Die Schamanen, die ihn vor kurzer Zeit noch verfolgt hatten, waren dort aufgetaucht.

Stonecutter
15.08.2005, 21:31
Kapitel 9

Die Wassermagier liefen durch das kleine Waldstück in der Nähe von Orlans Taverne. Der Teleporter von Khorinis hatte sie hierhin befördert und Saturas hatte einen Entschluss gefasst. Sie würden zum Kloster der Feuermagier gehen, denn er vermutete dass sie dort noch Wiederstand leisteten und die Orkarmee aus der Stadt auszog um das Kloster anzugreifen.
„Beeilt euch!“, rief er nach hinten. Entferntes Orkgrunzen war bereits zu hören, einige waren ihnen durch den Teleporter gefolgt. Endlich, da vorne waren der Wald zu Ende. Saturas trat aus den Bäumen. Dort, wo eigentlich Orlans Taverne hätte stehen müssen, befand sich lediglich ein schwarzer Schutthaufen.
„Verdammt“, fluchte Nefarius. Plötzlich sah er mit verblüfftem Blick in die Richtung des Weges, der zur Ausgrabungsstätte führte. Zwei Orks liefen dort umher. Für Nefarius sahen Orks zwar alle gleich aus, doch den einen erkannte er sofort wieder. Es war derjenige, den sie durch das Portal verfolgt hatten. „Saturas, da vorne, der Ork aus Jharkendar!“
Der Ork hatte sie nun ebenfalls bemerkt. er zeigte mit seiner Hand zu ihnen, dann rannten die beiden weiter unter die Brücke hindurch in Richtung Khorinis.
„Mist, der läuft den anderen Orks in die Arme“, sagte Saturas. „Wir rennen weiter zum Kloster!“
Es wurde Zeit, die Orklaute hinter ihnen näherten sich. Die Magier liefen so schnell sie konnten über das freie Feld und betraten den Pfad zwischen den Berghängen, um das Kloster zu erreichen. Eine Rotte Orks folgten ihnen. Sie passierten einen zerstörten Schrein und standen schließlich sprachlos vor der Brücke. Das ehemalige Haus Innos war bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden. Eine große Horde Orks hatte sich dort nun breitgemacht, ihre Zelte standen überall auf dem Plateau. Verwirrt sahen sie zu den Magiern herüber, zogen ihre Waffen und begannen, über die Brücke zu sprinten. Die Magier rannten fluchend zurück. Panik stieg in ihnen auf. Die anderen Orks hatten den Weg zum ehemaligen Kloster schon betreten.
„Bei Adanos“, rief Cronos entsetzt. Die Orks kamen Kriegsschreie brüllend von beiden Seiten. Die fünf Wassermagier saßen in der Falle.

Fröhlich vor sich hinpfeifend marschierte Alligator Jack über den Pfad, der zu den Wassermagiern führte. Er machte sich keine allzu große Sorgen wie Greg und die anderen. Die Banditen sollten ruhig kommen, er würde ihnen schon zeigen mit wem sie es zu tun hatten. Nun, was die Orks anbelangte von denen Skip erzählt hatte... Er war recht optimistisch, dass sie ihr Lager nicht angreifen würden. Und selbst wenn, dann könnten die Piraten einfach für eine Weile in den Süden Jharkendars ziehen, die Gegend dort kannte er wie seine Westentasche. Und sie könnten sich in Ruhe dort amüsieren, während sich die Orks und Banditen gegenseitig die Köpfe einschlugen. Er grinste bei dem Gedanken.
Plötzlich stutze Jack. Etwas lag auf dem Weg. Es war keine verendete Sumpfratte oder ein Molerat, dazu war es zu groß. Verunsichert näherte sich Jack. Und plötzlich keimte ein grauenvoller Verdacht in ihm. Es war nun eindeutig als menschliche Leiche zu identifizieren, die mit dem Gesicht zum Boden lag. Der Kopf befand sich in einem ungewöhnlichem Winkel zum Rest des Körpers. Kein Wunder, denn ein Schwertschlag ins Genick hatte ihn halb abgetrennt. Das Blut, das aus der tödlichen Verletzung sowie einer Wunde aus der Seite der Leiche geflossen war, war schon geronnen.
Nun bekam es Alligator Jack plötzlich mit der Angst zu tun. Er wollte die Leiche nicht umdrehen, doch er musste es tun.
„Ruhig, Alligator“, murmelte er. „Tief durchatmen, dann geht's dir besser.“
Er riss sich zusammen, kniete sich hin und drehte sie um. Sofort sprang er mit bleichem Gesicht auf. Sein Verdacht hatte sich bestätigt. Es war Francis, der ihn mit weißem Gesicht und aufgerissenen, toten Augen vorwurfsvoll anstarrte. Alligator Jack, versuchte es zurückzuhalten, doch er konnte nicht. Er wandte sich um und erbrach sich mitten auf den Weg. Er keuchte und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Eine Träne floss aus seinem Augenwinkel. Er hatte Francis nie so gut leiden können, doch er war ein Mitglied der Mannschaft und ein guter Saufkumpan gewesen. Er hätte nie gedacht, dass ihn Franis' Tod so berühren würde.
Erst jetzt bemerkte er einen kleinen Zettel, der neben der Leiche lag. Er hob ihn auf und las ihn.
„Mit freundlichen Grüßen
Die Banditen“
Seine Trauer wich der Wut. Hasserfüllt zerknüllte er das Stück Papier. Dafür würden sie büßen müssen.

In einem dunklem Raum in einer kleinen Hütte saß eine Gestalt. Sie war im Schatten und dadurch nicht zu erkennen. Leise lachte sie vor sich hin. Es war großartig. Alles verlief genau nach Plan.

Stonecutter
22.08.2005, 17:47
Kapitel 10

„Was machst du denn da für einen Mist!“, schrie Morgan zornig. „Bones, du Vollidiot mit dem Grips einer Fleischwanze! Wir haben von dem Tuch nicht unbegrenzt zu Verfügung!“
„Ach ja?“, rief Bones und ballte seine Fäuste. „Rumschnauzen, das ist außer Saufen und Schlafen das einzige, was du kannst, du Penner!“
„WAS?! Dir mach ich Beine, du Taugenichts!“ Drohend kam Morgan auf Bones zu. Er holte aus und schlug zu, doch Bones duckte sich unter dem Hieb hinweg und boxte Morgan dafür mitten ins Gesicht. Die anderen Piraten sahen währenddessen interessiert zu. Morgan schrie auf und hielt sich seine blutende Nase. Sofort darauf sprang er auf Bones zu. „Du mieser -“
„Was geht hier vor?“, donnerte plötzlich eine Stimme los. Die beiden Kämpfer ließen augenblicklich von einander ab und starrten Greg an, der wie aus dem Nichts auf der Bildfläche erschienen war.
„Er hat angefangen!“, versuchte Bones sich zu verteidgien und deutete auf Morgan.
„Stimmt nicht!“, widersprach dieser. „Bones hat mich zuerst geschlagen!“
„Aber nur, weil du zu blöd warst, mich beim ersten mal zu treffen“, meinte Bones spöttisch.
„Es ist mir egal, wer angefangen hat!“, brüllte Greg. „Die Banditen machen uns Sorgen, die Orks stehen vor unserer Haustür, und ihr beiden habt nichts anderes zu tun als euch gegenseitig zu verprügeln?“
„Aber Käpt'n“, sagte Morgan kleinlaut. „Bones hat so ein großes Stück von dem Tuch abgeschnitten und wir brauchen doch jedes bisschen davon...“
„Das ist mir egal!“, sagte Greg. „Ihr schließt jetzt auf der Stelle Frieden und arbeitet weiter. Verstanden?“
Morgan und Bones murmelten irgendetwas vor sich hin und begaben sich wieder murrend zu dem großen Stück Stoff, das auf dem Boden ausgebreitet lag.
Greg seufzte laut. Wieso konnten seine Leute es nicht verstehen? Sie wurden von zwei Seiten bedroht und Streit war das letzte, was sie gebrauchen konnten, wenn sie endlich von dieser gottverlassenen Insel verschwinden wollten. Kurz nach Alligator Jacks Aufbruch hatte Greg einen neuen Befehl gegeben. Da Garvells Schiff ohne Segel nutzlos war, sollten sie alle so viele Tücher und Stoffe zusammensuchen, wie es nur möglich war. Sämtliche Kleidungsstücke, die nicht von den Piraten getragen wurden, waren ebenfalls zu diesem Schicksal verdonnert worden. Sie hatten schließlich zwar einiges zusammenbekommen, aber für ein Segel, das groß genug war, reichte es sicher nicht. Die Piraten hatten begonnen, die Stoff- und Tuchfetzen zusammenzunähen. Nun waren sie im stolzen Besitz einer viel zu kleinen und aufgrund der vielen verschiedenen Farben außerordentlich hässlichen Tuchplane.
„So eine Scheiße“, fluchte Greg vor sich hin, als er das Ding betrachtete.
„Es ist immerhin ein Anfang“, meinte Skip, der plötzlich neben ihm erschienen war. „Ich schätze, wir benötigen noch vier mal die gleiche Menge, um das Hauptsegel fertig zu stellen. Ein weiteres wär' zwar noch besser und sicherer, aber zur Not geht's auch nur mit einem.“
„Dann verrate mir eins, Skip: woher bei Beliar sollen wir noch vier mal die selbe Menge an Stoff herbekommen? Oder hättest du Interesse daran, in deiner Nussschale nach Khorinis zu schippern und die Orks freundlich nach Segeltüchern zu fragen? Oder möchtest du den Banditen einen Besuch abstatten? Verdammt, Skip, wir brauchen endlich Stoff!“
„Hm, die Banditen... eigentlich keine schlechte Idee.“
Greg sah ihn entgeistert an. „Du hast das doch wohl nicht ernst genommen, oder?“
„Nun ja... die haben möglicherweise genug Material, um ein vernünftiges Segel herzustellen. Wir könnten sie angreifen -“
„Sag' mal, bist du noch bei Trost? Die sind uns zahlenmäßig weit überlegen! Wir hätten nicht die geringste Chance!“
Ein Schrei unterbrach sie plötzlich. Er kam aus der Richtung der Palisade, die die Piraten zum Schutz gegen die Banditen errichtet hatten.
Wild fluchend wandte sich Greg um und lief los, um zu sehen, was los war. Verdammt, was ging denn nun schon wieder alles schief?

„Duzag tatov?“, fragte der ehrwürdige Schamane den Späher. Ein dritter Ork, der in einer dicken Rüstung, auf der mit Menschenblut gemalte Symbole geschrieben waren, steckte, schaute den Späher skeptisch und mit verschränkten Armen an.
„Fraw duzag, krejk groshat tatov.“, erklärte ihm der Späher ruhig. Er war nach seiner Flucht vor den Schamanen der Menschen direkt zu seinem Anführer gelaufen. Er hatte ihm von dem seltsamen Loch, das Reisen in eine fremde Welt ermöglichte, erzählt. Der Anführer wollte dies mit eigenen Augen sehen und war zusammen mit dem obersten Schamanen und dem Späher hierher aufgebrochen.
Der Späher steckte nun seinen Arm in das seltsame, mit Magie versehenem Loch um seine Aussage zu bestätigen. Der Anführer und der Schamane grunzten erstaunt. Und plötzlich verschwand der Ork völlig in dem Loch. Kurz darauf tauchte er lachend wieder auf.
„Fursh duik kasacht“, sagte er. Er erklärte ihnen, dass ihnen auf der anderen Seite womöglich eine große Welt offen stand, die nur darauf wartete, von ihnen eingenommen zu werden, aber auch, dass es dort Menschen gäbe, die sich verteidigen würden.
Der Schamane und der Anführer berieten sich kurz. Schließlich entschieden sie sich. Die Armee, die vor kurzem aus der Stadt der Menschen ausgezogen war, um ins Minental zurückzukehren, sollte hierher kommen. Dann würden sie weiter sehen.
Und der Anführer musste sich um noch etwas kümmern. Ihm war berichtet worden, dass ein kleines Boot der Menschen vor dem Hafen gesichtet worden und schließlich nach Norden gefahren war. Dieser Sache musste er auch noch auf den Grund gehen....

Bei der Palisade traf Greg auf Alligator Jack. Sein Optimismus von vorhin schien verflogen zu sein. Blass und keuchend, da er gerannt war, starrte er den Käpt'n an. Er musste es gewesen sein, der den Schrei ausgestoßen hatte.
„Jack, was ist los?“, fragte Greg ruhig.
„Die Banditen“, sagte er leise. „DIE BANDITEN!“, schrie er plötzlich los. „Sie haben Francis ermordet, sie haben ihn umgebracht!“ Die Menge, die sich um ihn herum versammelt hatte, wurde ruhig.
Jack begann sich zu beruhigen und erzählte die Geschichte von Anfang an, wie er Francis gefunden hatte. „Und dann habe ich ihn begraben“, sagte er. „Ich habe ihn auf eine Grasfläche gelegt und mit Erde überhäuft...“ Nun bemerkte Greg erst, dass Jacks Hände voller Dreck waren. „Ich konnte ihn doch nicht den Sumpfratten überlassen...“
„Nein. Das hast du gut gemacht, Alligator“, meinte Greg. Er besah sich den Zettel, den er von Jack bekommen hatte. „Diese verfluchten Banditen.“
„Los!“, schrie Henry und riss sein Schwert empor. „Lasst sie uns fertig machen, die Schweine!“ Die anderen stimmten ihm grölend zu.
„Nein!“, sagte Greg bestimmt. „Wir sind zu wenige.“
„Aber sie haben Francis ermordet!“
„Hört mir zu“, sagte Greg. „Wir werden uns an ihnen rächen. Aber nicht jetzt. Ich werde mir einen Plan überlegen. Hey, Jack, warst du eigentlich bei den Wassermagiern?“
„Nein“, antwortete er. „Die waren nicht da. Der Platz war leer.“
„Seltsam“, meinte Greg. „Hört zu. Vertraut mir. Ich werde mir was wegen den Banditen ausdenken.“
Die Piraten beruhigten sich wieder. Ja, Greg hatte recht. Er würde das richtige tun. Nur Henry war nicht zufrieden. Wütend starrte er auf den Boden.

Stonecutter
24.08.2005, 17:42
Kapitel 11

Es war spät in der Nacht. Dichte Wolken hatten sich über den Himmel geschoben und sperrten das Mond- und Sternenlicht aus. Bis auf gelegentliche Schnarcher aus den Hütten des Lagers und den leisen, gegen den Sandstrand brandenden Wellen war es vollkommen ruhig.
Vorsichtig schlich sich jemand zwischen den Hütten hindurch in Richtung der Palisade. Drei andere Männer folgten ihm. Plötzlich stieß einer von ihnen mit den Füßen gegen einen auf dem Boden stehenden Keramiktopf, der mit einem für diese stille Nacht verhältnismäßig lautem Geräusch umfiel.
„Psst!“, zischte der vorderste. „Seid leise, verdammt!“
Sie blieben stehen und horchten. Einige Minuten harrten sie aus, doch nichts geschah. Mehr oder weniger geräuschlos gingen sie weiter. Schließlich hatten sie es geschafft, sie hatten das Piratenlager verlassen, es lag nun hinter ihnen.
Der Mann, der offensichtlich der Anführer der Gruppe war, holte etwas aus seiner Tasche. Kurze Zeit später erhellte ein kleines Licht aus einer tragbaren Öllampe die unmittelbare Umgebung.
„So“, sagte Henry. „Jetzt hört mir mal zu. Wenn wir gleich nicht absolut leise sind, sind wir schneller tot als wir „Fangheuschrecke“ sagen können. Das gilt auch für dich, Owen!“ Henry sah Owen scharf an. Dieser knirschte nervös mit den Zähnen. „Es ist doch nicht meine Schuld, wenn Matt da einfach was stehen lässt. Und es war doch so dunkel...“
Henry stöhnte. „Das kann ja heiter werden... Steve, John, ich hoffe dass ihr nicht so tollpatschig seid wie Owen. Wir müssen uns jetzt beeilen.“
Während sie weiter den Weg entlang gingen, dachte Henry über die Situation nach. Die Banditen hatten wieder einen von ihren Leuten umgebracht. Grundlos. Er hatte Francis zwar nicht leiden können, aber einen Teil der Mannschaft zu töten konnte und wollte er nicht tolerieren. In erster Linie ging es ihm hier ums Prinzip. Er war von Greg bitter enttäuscht worden. Und mit Gregs Entscheidung wollte er sich nicht abfinden. Also brach er in dieser Nacht mit seinem Entertrupp auf, um sich zu rächen.

„Bäh, ist das eklig“, meinte John, als er seinen Stiefel aus dem dreckigen Brackwasser zog.
„Leise jetzt!“, flüsterte Henry wütend. Sie schlichen durch den Sumpf, in dem die Banditen ihr Lager besaßen. Sie waren zwar auf einem Weg aus Holzplanken gestoßen, doch Henry hielt es für besser, abseits dieses Weges zu gehen. Er und John hielten sich auf der linken Seite, Owen und Steve befanden sich rechts vom Weg.
Plötzlich hörten sie etwas. Jemand näherte sich ihnen. Es waren mindestens zwei, da sie sich unterhielten. Henry und John warfen sich in einen Busch. Etwas weiter entfernt war ebenfalls das Rascheln eines Busches zu hören.
So ein Glück, dachte Henry. Wenigstens haben die daran gedacht, sich zu verstecken. Er hoffte nur noch, dass sie sich mucksmäuschenstill verhielten.
Langsam konnte er die ankommenden Personen reden hören. Sie trugen eine Lampe bei sich.
„...dir, dass wir besser jetzt zuschlagen sollten“, sagte der erste.
„Nicht so ungeduldig“, meinte ein anderer. „Thorus wird schon das richtige tun.“
„Wirklich?“, mischte sich eine dritte Stimme ein. „Der Typ kriegt doch gar nichts auf die Reihe.“
„Klappe halten!“, riefen die anderen beiden gleichzeitig.
„Ist ja gut“, murmelte der dritte wieder. „Aber es stinkt mir, mitten in der Nacht hier rumlaufen zu müssen. Immerhin ist das doch deine Aufgabe, Sancho.“
Henry stellte ärgerlich fest, dass sie direkt neben ihnen stehen blieben. Obwohl, so schlecht war das auch nicht. Womöglich konnte er so einige wertvolle Informationen erfahren.
„Ich glaube, Thorus hat gesagt, dass wir in zwei Tagen angreifen“, meinte Sancho. „Vielleicht sogar früher.“
„Was ist diesen Ärschen von Piraten eigentlich dabei eingefallen, unsere Boten umzubringen?“
Henry stutze. Was war das denn? Welche Boten? Wer sollte die getötet haben? Die Piraten hatten doch gar nichts getan, die Banditen hatten dafür eher Francis getötet, und ein paar Wochen zuvor Angus und Hank.
Irgendetwas war hier faul. Es würde sich bestimmt lohnen, weiter zuzuhören.
„Keine Ahnung. Thorus macht denen ein Angebot, und die - was bei Beliar?“
„Verflucht!“ Henry sah diesem Sancho direkt in die Augen. Sofort sprang er auf und zog dabei sein Krummschwert. In einer fließenden Bewegung schwang er seine Waffe und schlug zu. Sancho warf sich beiseite und Henrys Schwert traf auf den völlig überraschten Banditen, der hinter Sancho stand. Röchelnd brach dieser zusammen, nachdem sich die Waffe in seinen Bauch gebohrt hatte. Die anderen Piraten erschienen nun ebenfalls, und schnell wurde auch der andere Bandit überwältigt und erschlagen.
Sancho stand nun alleine da. „Scheiße!“, rief er und rannte zurück in Richtung des Lagers.
„Bleib stehen, du Lump!“, brüllte Owen und machte Anstalten, ihm nachlaufen.
„Bleib hier, Owen!“, schrie Henry. „Wir müssen hier weg! Der alarmiert die anderen Banditen!“
Owen sah dies ein. Zusammen rannten die vier Piraten wieder zurück. In der Ferne begann schon die Sonne aufzugehen.

Stonecutter
03.09.2005, 00:01
Kapitel 12

Leise vor sich hinsummend rührte Snaf mit dem mächtigen Kochlöffel im Suppentopf herum. Es war zwar ein heißer Tag, aber er stand im Schatten der Burg und konnte die angenehme Kühle genießen. Er versuchte gerade eine neue Kreation. Nachdem sich sein Fleischwanzenragout bei den Buddlern und Schatten des alten Lagers großer Beliebtheit erfreut hatte, beschloss er, das Rezept noch weiter zu verfeinern. Neben zarten Moleratfilets würzte er das Gericht noch mit Seraphis, Mondschatten und Blutbuchensamen. Letztere waren in der Kolonie zwar ausgesprochen selten, doch brachten sie den richtigen Geschmack in das Ragout. Zudem besaß Snaf stets die Möglichkeit, Mud, den Volltrottel, auszuschicken und Blutbuchensamen suchen zu lassen und musste es somit nicht selbst tun. Tja, und selbst wenn Mud einmal nicht zurückkommen würde, es wäre kein Verlust für das Lager, dachte sich Snaf mit einem hämischen Grinsen.
Ja, es gefiel ihm nicht schlecht in der Kolonie. Er war aufgrund seiner Kochkünste eine geachtete Persönlichkeit. Er war zwar nicht reich wie die Erzbarone, doch unter chronischem Erzmangel wie bei den meisten Buddlern litt er ebenfalls nicht. Er war zufrieden mit seinem Leben. Die meisten Leute beklagten sich über das Gefängnis im Minental, doch Snaf war es einerlei. Er würde hier auch so glücklich werden können...
Ein Schrei riss ihn aus seinen Gedanken. „Sie greifen an! Alarm! Sie greifen an!“
Erschrocken sah Snaf sich um. Es war niemand zu sehen. Woher war der Schrei gekommen? Egal, die Söldner und Banditen aus dem neuen Lager begannen wohl offensichtlich einen Angriff. Er musste handeln. Doch da hörte er es wieder.
„ALARM! Die Piraten greifen uns an!“
Snaf stutze. Piraten? Im Minental? Irgendetwas stimmte nicht. Nervös drehte sich Snaf um - und fiel aus dem Bett. Noch während er sich fragte, was los war, stieß er in der Dunkelheit mit dem Kopf irgendwo an. Fluchend und noch schlaftrunken rappelte er sich wieder auf. Verdammt. Er befand sich nicht im Minental, sondern in Jharkendar. Er hatte wieder einmal geträumt, von seinem Leben in der Kolonie. Und dann war er aufgewacht. Wieso? Irgendjemand hatte geschrien. Und plötzlich drangen die lauten Worte an sein Ohr.
„Die Piraten! Sie sind hier! Sie greifen uns an! Hilfe!“
Schlagartig war Snaf hellwach. Die Piraten!
Sofort griff er nach seinem Steinbrecher, der neben ihm auf dem Nachttisch lag. Doch aufgrund der Dunkelheit und der Tatsache, dass Snaf nicht mit den Augen einer Katze ausgestattet war, bekam er lediglich den Stiel seines Kochlöffels zu fassen. Mit dem Löffel in der Hand rannte er los, wobei er fast die Treppe hinunter stürzte. Schließlich war es ihm gelungen, heil unten anzukommen. Er lief auf den Platz vor der Taverne (er hatte allerdings immer noch nicht bemerkt, dass er lediglich seinen Löffel bei sich trug). Im trüben Licht einer aufgestellten Öllampe erkannte er Sancho, der völlig entsetzt das Lager auf und ab lief und brüllte, dass die Piraten angreifen würden. Natürlich waren die beiden nicht alleine. Sancho hatte mit seinem Geschrei fast das gesamte Lager aufgeweckt, Banditen und Gardisten drängten sich schwerbewaffnet auf den Platz und verursachten durch ihr stetes, lautes Gemurmel eine nicht gerade leise Geräuschkulisse.
Plötzlich durchschnitt eine laute, scharfe Stimme die Luft. „Ruhe! Sofort!“
Es war Thorus. Er erschien ebenfalls auf dem Platz und ging auf Sancho zu, der mittlerweile auf dem Boden kauerte. „Was ist passiert?“, fragte er.
„Unten... im Sumpf! Die Piraten... Edgor ist tot und der andere, der für Esteban war, auch!“
Thorus gab mehreren Gardisten Handzeichen, worauf sie sich sofort in Bewegung setzten und zum Sumpf liefen.
„Wie viele waren es?“, hakte Thorus nach.
„Ich weiß es nicht... vielleicht vier oder fünf...“
Man spürte deutlich, wie sich die Banditen wieder entspannten. Es war anscheinend doch kein Großangriff gewesen. Aber was sollte dieser eine Überfall denn überhaupt bewirken?
Thorus starrte in die vielen Gesichter. Er spürte förmlich, wie ihn die Blicke der anderen durchbohrten. Sie erwarteten etwas von ihm. Nun gut. Er hatte eigentlich noch versuchen wollen, den Piraten mit Vernunft zu begegnen und einen Krieg abzuwenden, selbst nachdem die beiden toten Boten aufgetaucht waren. Doch nun hatte er einen Entschluss gefasst. In der Menge suchte er den Schmied heraus.
„Huno“, sagte er. „Wie weit bist du mit den Waffen und Rüstungen?“
Huno überlegte. „Wenn sich noch zwei oder drei Freiwillige zu mir und Paul gesellen würden, könnten wir es bis heute Mittag schaffen, falls wir jetzt anfangen.“
Thorus starrte in den Himmel. Die Dunkelheit begann zu schwinden, ein neuer Tag war im Begriff anzubrechen. „Gut. Ich hoffe doch, dass du jetzt ein paar Helfer finden wirst. Und dann mach dich sofort an die Arbeit.“
Die anderen sahen ihn mit großen Augen an.
Thorus sog tief Luft in seine Lungen und stieß sie wieder aus. Langsam sprach er zu den Banditen. „Es ist so weit. Heute geht es den Piraten an den Kragen.“

Stonecutter
04.09.2005, 13:08
Kapitel 13

Die Piraten arbeiteten unter Hochdruck. Sie waren gerade dabei, das bunte, hässliche und viel zu kleine Segel mit Tauen am Mast festzuzurren. Es war nicht einfach, vor allem würde dies wahrscheinlich keinen sonderlich großen Nutzen tragen. Aber sie mussten es tun. Sie hatten keine Zeit, noch mehr Tuch und Stoff für ein größeres Segel aufzutreiben und zusammenzuflicken. Denn sie mussten nun schnellstmöglich von hier verschwinden. Greg hatte es angeordnet.
Er betrachtete wütend die Arbeiten auf dem Schiff. Er sah Henry, wie er sich abmühte, hoch oben auf dem Mast irgendwie Das Segel festzumachen. Dieser Idiot war vor ein paar Stunden zusammen mit Owen, Steve und John zurückgekehrt und hatte ihm mit Stolz geschwellter Brust berichtet, dass sie zwei Banditen erledigt hätten. Greg hätte ihn daraufhin vor Wut fast in Grund und Boden gestampft. Henry hatte die Banditen offen provoziert, und einer war ihnen auch noch entkommen. Er musste schon unlängst Alarm geschlagen haben, Greg wusste, dass dieses jähzornige Banditenpack nicht lange auf sich warten lassen würde. Er hatte Henrys Entertrupp entnommen, ihn degradiert und angewiesen, die härtesten Arbeiten auf dem Schiff zu übernehmen. Owen, Steve und John waren nun Skips Entertrupp.
Aber eine Sache bereitete Greg Kopfzerbrechen. Henry hatte ihm noch etwas berichtet. Die Banditen hatten irgendetwas von Boten erzählt, die den Piraten angeblich ein Angebot gemacht hätten und von ihnen umgebracht wurden.
Seltsamerweise waren nie Boten im Piratenlager angekommen.
„Hey Henry, mach endlich das verdammte Tau da oben fest, wir haben nicht ewig Zeit!“, brüllte Greg in Richtung Schiff und drehte sich um. Er marschierte zur Palisade und blickte starr geradeaus. Er zweifelte stark daran, das sie überhaupt noch eine Chance hatten. Die zahlreich überlegenen Banditen würden höchstwahrscheinlich angreifen, Orks tummelten sich in und vor Khorinis und mit diesem Witz von einem Segel würden sie keine zwei Meilen vorwärts kommen. Leise, zum ersten mal seit vielen Jahren, begann er wieder zu beten. „Oh Adanos, bitte hilf uns in dieser schweren Stunde...“

„Oh ja, ich freue mich schon darauf, endlich Piraten abschlachten zu können“, meinte Skinner mit einem verächtlichen Grinsen. „Und meine Betty freut sich auch. Nicht wahr, Betty?“ Liebevoll streichelte er seine Waffe. Die anderen starrten ihn nur kopfschüttelnd an. Sie sagten allerdings nichts zu ihm, denn Skinner war äußerst aggressiv, ein falsches Wort würde ihn schon in Rage geraten und eine wilde Prügelei beginnen lassen.
Die Banditen waren auf dem Weg zu den Piraten. Sie hatten gerade den Sumpf hinter sich gelassen und erklommen die Anhöhe mit den vielen Ruinen, auf der die Wassermagier ihr Lager aufgeschlagen hatten. Fast das ganze Lager war auf dabei. Nachdem das letzte Schwert endlich geschliffen war, waren sie losmarschiert. Es war erst früher Mittag, das hieß sie konnten den ganzen Tag kämpfen. Bis zum Abend hätten sie die Piraten vermutlich besiegt.
Thorus betrachtete verwundert das verlassene Lager. Die Wassermagier waren nicht dort. „Wo sind sie hin?“, fragte er laut. Er erhielt keine Antwort. „Weiß hier jemand, wo sich die Magier befinden?“, hakte er noch einmal scharf nach. Wieder Stille. Thorus zuckte die Achseln. „Egal. Wir müssen hoffen, dass sie nicht die Piraten unterstützen.“
Die Kolonne marschierte weiter. Snaf befand sich zusammen mit Fisk in der Nachhut. Sie unterhielten sich leise.
„Wieso gehst du eigentlich mit, Snaf?“, wollte Fisk wissen. „Ich dachte, du wärest gegen den Krieg.“
„Bin ich auch“, meinte Snaf. „Aber ich will meine Kameraden nicht im Stich lassen.“
„Ist vielleicht eine dumme Frage, aber weißt du überhaupt, wie man kämpft?“
„Ich bin Koch und Kämpfer zugleich“, meinte Snaf grimmig. „Ich habe damals zwei Menschen erschlagen, mit dieser Waffe.“ Er betastete seinen Steinbrecher.
Fisk sah ihn schockiert an. „Du meine Güte, das hätte ich dir nicht zugetraut!“
„Tja. Es waren Raubmörder. Ich habe mich nur verteidigt, aber es war diesen dreckigen Milizen egal. Sie haben mich aufs Schiff gesteckt, vom Festland nach Khorinis gebracht und in die Kolonie geworfen.“ Er schwieg. Fisk sah ihn kurz an, senkte den Blick und konzentrierte sich aufs Gehen. Heute würde ein schicksalshafter Tag werden.

Der Mann kicherte leise vor sich hin. Alles verlief reibungslos, genauso wie er es sich vorstellte. Sein Plan schien ohne Probleme aufzugehen, er würde sein Ziel bald erreicht haben. Großartig. Es war einfach nur großartig.

„Kagtrogash frasazk!“, brüllte der Elitekämpfer. Daraufhin setzten sich hunderte von Füßen in Bewegung, ganz vorne der Orkhäuptling und der Rat der Schamanen. Sie trampelten den Pfad in Richtung Nordwesten, um zu dem seltsamen Loch zu gelangen. Der Orkhäuptling grinste schadenfroh. Sie würden eine neue Welt betreten und ihren Lebensraum noch weiter ausbreiten. Er rechnete nicht mit all zuviel Widerstand, trotzdem führte er eine nicht gerade kleine Armee von tapferen Kriegern an. Er freute sich schon richtig auf das bevorstehende Gemetzel.

Stonecutter
12.09.2005, 18:04
Kapitel 14

„Gut geschossen, Owen!“, rief Skip erfreut. „Volltreffer! Der regt sich nie wieder.“ Skip selbst legte nun einen Pfeil an, zielte und schoss ihn ab. Der Pfeil zischte durch die Luft und fand sein Ziel. Sein Opfer brach mit einem Kreischen zusammen.
„So müsste man es auch den Banditen geben“, meinte Owen. „Diese Bastarde. Schade, dass Greg einfach von hier abhauen will.“ Er hing sich seinen Bogen wieder über die Schulter, Skip tat es ihm gleich. Zusammen gingen sie zu ihrer Beute. Zwei Graslandscavenger lagen auf dem Boden, je ein Pfeil ragte aus ihnen heraus. Skip holte einen großen Sack hervor. Gemeinsam wuchteten sie die Kadaver hinein.
„Mann, die sind aber ganz schön schwer“, bemerkte Owen keuchend, während die zwei Piraten den Sack hinter sich her zogen.
„Ja, aber dafür ist viel Fleisch dran“, sagte Skip grinsend. „Und genau das ist es, was wir brauchen.“
Sie erklommen den steilen Weg, der wieder aus dem Talkessel hinausführte. Da vorne waren Steve und John, die gerade mit Messern einige erlegte Sumpfratten ausnahmen.
„Nein, lasst das“, rief Skip ihnen ärgerlich zu. „Packt die Viecher so in den Sack, ausnehmen können wir die noch auf dem Schiff.“
„In Ordnung, Chef“, sagte Steve, wischte das blutige Messer kurz an seiner Hose ab und steckte es weg. Mit Johns Hilfe beförderte er die Ratten in einen weiteren Sack.
Die vier stiegen weiter hinauf. „Verdammter Talkessel“, keuchte Steve. „Warum mussten wir unbedingt hier jagen, Skip?“
„Weil hier die einzige Stelle ist, wo es noch Viecher gibt. Und im Canyon sind gerade Alligator Jack und Morgans Entertrupp unterwegs.“
Sie alle waren von Greg abkommandiert worden, Nahrung, vor allem Frischfleisch, zu besorgen, während die restlichen im Lager verbliebenen Piraten das Schiff seetüchtig machten. Greg hatte offensichtlich vor, Jharkendar sofort zu verlassen. Dies besorgte Skip. Der Käpt'n war normalerweise nicht der Typ, der auf hoher See ein unnötiges Risiko eingehen würde. Doch trotzdem wollte er mit einem Segel, dass nicht einmal annähernd ausreichen würde, davonfahren.
„Puh, geschafft“, meinte John erleichtert, als sie endlich die Anhöhe erklommen hatten. „Jetzt ab zum Lager.“
Doch plötzlich hörten sie Geräusche. Scheppernde Rüstungen und Waffen. Und lauter Gesang. Skip wurde kreidebleich. Und dann wurden sie sichtbar. Banditen erschienen in der Ferne auf dem Weg. Sie marschierten direkt in Richtung Piratenlager.
„Bei Adanos!“, schrie Steve laut aus. „Die Banditen!“
„Scheiße! Los, lauft, schnell!“, brüllte Skip. Sie ließen die Säcke mit ihrer Jagdbeute fallen und rannten. Hinter ihnen gab es Unruhen. Sie wurden bemerkt. „Wir müssen die anderen warnen!“
Die vier Piraten liefen um ihr Leben. Der Augenblick war gekommen. Die Zeit der ständigen Unsicherheit war vorbei, die Situation war eskaliert. Der offene Krieg hatte begonnen.

Zufrieden, mit einem erbeuteten Scavenger über den Schultern, ging der Eremit heim. Vor seiner Hütte brannte ein kleines Lagerfeuer. Er setzte sich auf die Bank, zog ein Messer hervor und begann pfeifend, den Riesenvogel zu verwerten. Zuerst rupfte er ihm die Federn aus, dann begann er ihn zu zerteilen. Er freute sich, zum ersten mal seit einer Woche konnte er wieder Fleisch essen. Er war es satt, sich andauernd von irgendwelchen Kräutern und Pflanzen zu ernähren.
Ein lautes Grunzen ertönte links von ihm. Ärgerlich richtete er sich auf. Wer störte ihn denn nun schon wieder? Hoffentlich war es nicht wieder diese Nervensäge, die vor ein paar Wochen aufgetaucht war. Zugegeben, er hatte ihm eine Lederrüstung überlassen, aber der Typ war so dreist gewesen, sich in sein Bett zu legen und hatte zudem seine kostbare Zeit verschwendet, weil er unbedingt die alte Sprache lernen wollte...
Der Eremit sah die Quelle des Geräusches und wünschte sich, dass es doch die Nervensäge gewesen wäre. Er wandte sich um und rannte.
„Grutok horshak geratov!“, brüllte eine raue, hässliche Stimme. Während er lief, spürte der Eremit, wie ihm eine Horde Orks im Nacken saß. Es war eine ganze Armee, die er eben erblickt hatte. Wo kamen die bloß her?
Verdammt! Er war in eine Sackgasse gelaufen! Er drehte sich um und sah den Orks direkt in ihre hässlichen Gesichter. Einer hob seine mächtige Axt, holte aus und schlug zu...

Stonecutter
22.09.2005, 15:30
Kapitel 15


„Vorsichtig, Jungs, vorsichtig!“, rief Greg. „Das Ding ist schwer!“
Stöhnend und schwitzend versuchten Bill und Samuel, eine Kanone in das kleine Boot zu wuchten. Die Piraten waren emsig damit beschäftigt, praktisch das gesamte Lager auseinander zu nehmen und auf das Schiff zu verfrachten, das endlich zu Wasser gelassen worden war, aber aufgrund seiner Größe nicht direkt in dem seichtem Gewässer vor dem Lager liegen konnte. Das Segel hing noch extrem schief, die komplette Takelage musste noch entwirrt und befestigt werden. Außerdem mussten die Piraten noch einige Dinge transportieren und auf die beiden Entertrupps warten, die vor dem Aufbruch noch etwas Nahrung auftreiben sollten.
„GREG!“, schrie eine Stimme von irgendwoher. „GREG!“
Die Aufräumarbeiten stockten, die Piraten starrten verwirrt zur Palisade. Die beiden Entertrupps und Alligator Jack rasten in das Lager, als ob Beliar selbst hinter ihnen her wäre. „Die Banditen kommen! Sie greifen uns an!“
Greg reagierte augenblicklich. „Bill, Samuel, lasst die Kanone hier! Matt, fahr mit Samuel zum Schiff und bring die anderen hierher! Verflucht, beeilt euch!“
Bill versuchte, die Kanone über den Strand zu rollen, doch es war schwierig, da die kleinen Rollen im Sand stecken blieben und das Gerät unter starkem Widerstand geschoben werden musste. „Los, Brandon, hilf Bill!“, rief Greg. „Bringt das verdammte Ding auf die Palisaden!“
„Na ja, so negativ sollten wir die Situation nun auch nicht sehen“, keuchte Bill. „Ich meine, jetzt haben wir die Palisade immerhin nicht umsonst gebaut!“ Er grinste etwas verlegen. Doch dieser jämmerliche Versuch, einen Witz zu machen, wurde durch Gregs zornesrotem Kopf elendig zunichte gemacht, denn dieser fand ihn gar nicht lustig. Um sich möglichst schnell von Greg zu entfernen, schob Bill die Kanone mit aller Kraft vorwärts.
Die Piraten, die sich im Lager aufhielten, bereiteten sich vor. Schwerter, Säbel und Entermesser wurden gezückt, sie blockierten den Eingang zum Lager. Mit Bögen bewaffnete Piraten stellten sich auf den kleinen Wehrgang, der auf der Palisade errichtet worden war. Auch die Kanone erreichte ihre Stellung, um die Feinde optimal unter Beschuss nehmen zu können. Greg hoffte, dass die anderen vom Schiff bald hier auftauchen und vielleicht sogar noch eine weitere Kanone mitbringen würden. Diese eine hier würde nicht besonders viel ausrichten können.
Die Banditen hielten sich etwas auf Distanz. Man konnte sie von der Palisade aus erkennen, aber sie schienen sich zu beratschlagen. Vermutlich wollten sie ursprünglich überraschend auf die Piraten einstürmen. Doch da sie bemerkt worden waren, wurde diese Strategie nutzlos. Greg überlegte, was sie wohl vorhaben könnten. „Los, macht die Kanone feuerbereit“, befahl er. Brandon begann sogleich, sie mit Schießpulver aus einem Fass zu füllen. Danach wuchtete er eine schwere Kugel in den Lauf. Schließlich begutachtete er die Strecke. Er versuchte auszurechnen, in welchem Winkel die Kanone ausgerichtet werden müsste, um die Banditen gut unter Beschuss nehmen zu können.
Es geschah etwas. Die Banditen setzten sich in Bewegung und kamen geschlossen langsam den Weg zum Lager hinunter. Greg sah seine Männer an. „Es ist so weit. Kämpft bis zum letzten Mann. Kennt keine Gnade. Möge uns Adanos beistehen.“
Als die Banditen näher kamen, sah sich Brandon den Weg an. Er schätzte kurz einige Entfernungen ab, erledigte noch kurze Korrekturen an der Stellung der Kanone und gab schließlich das Zeichen. „Feuer!“, rief er. Bill entzündete die Lunte, die nahestehenden Piraten rückten zur Seite. Dann krachte es.

„Verflucht, Skinner, bleib hier bei uns!“, schimpfte Thorus. Dieser verrückte Skinner. Er war vorgelaufen und blieb nicht bei den anderen. „Komm zurück, oder du bist schneller tot, als du „Fleischwanze“ sagen kannst!“
„Ach was“, rief Skinner zurück und blieb stehen. „Was soll schon passieren.“ Wie auf Kommando ertönte plötzlich ein lauter Knall, gefolgt von einem scharfen Pfeifen. Skinner sah nach vorne und sprang erschrocken zurück. Dabei stürzte er und landete auf dem Rücken. Kurz darauf war ein weiterer lauter Knall zu hören, Erde und Gras spritzte nach oben in die Luft, eine dichte Staubwolke versperrte die Sicht. Skinner richtete sich auf. Plötzlich wurde ihm schwindlig. Wenn er gerade nicht stehen geblieben wäre... einige Meter vor ihm war ein Loch in den Boden gesprengt worden.
„Verdammt, die haben Kanonen!“, schrie jemand panisch.
„Immer mit der Ruhe!“, meinte Thorus. „Wir machen trotzdem wie geplant weiter.“

Sofort nach dem Abschuss wandten sich wieder eifrige Hände der Kanone zu. Der Lauf wurde kurz von innen gereinigt, neu mit Pulver aufgefüllt und beladen. Brandon ließ einen weiteren Schuss abgeben. Er war wütend. Er hatte einen Rechenfehler gemacht, die Kugel war zu früh eingeschlagen. Vielleicht hatte sie noch den einen Banditen, der sich von den anderen abgesetzt hatte, erwischt, aber möglicherweise auch nicht. Der zweite Schuss war besser gezielt. Die Kugel traf laut krachend direkt in die Vorhut der Feinde.
„Gut gemacht!“, brüllte Greg, die Piraten jubelten. Dieser Schuss musste einige Banditen in den Tod geschickt haben.

„Ramon!“, brüllte Scatty. „Nein, Ramon!“ Entsetzt starrte er auf die Stelle, an der sich soeben noch sein Freund Ramon befunden hatte. Dort prangte nun ein Krater. Ramon lag leblos daneben, ebenso wie Garaz.
„Dafür werdet ihr büßen!“, brüllte er. Unter den Banditen hatte sich Panik breitgemacht. Eine Kanonenkugel war mitten unter ihnen eingeschlagen. Flüchten taten sie jedoch nicht. Sie stürmten nun ungeordnet auf die Palisaden zu. Bei den Piraten rief jemand etwas, kurz darauf gingen Pfeile zwischen den Banditen nieder. Es störte sie nicht. Sie rannten blind vor Wut weiter, Thorus konnte nichts dagegen ausrichten. Fluchend rannte er mit. Sein Plan war zunichte, der Angriff würde unkoordiniert ablaufen. Sie würden zwar sicherlich gewinnen, aber hätten mit höheren Verlusten als sonst zu rechnen.
Es klirrte, das Geräusch wenn Stahl auf Stahl schlug. Sie waren angekommen. Hier, an diesem Ort, an der Küste, würde sich entscheiden, wer der Herrscher über Jharkendar sein würde. Diesen Kampf würde nur eine Partei überleben können.

Stonecutter
27.09.2005, 15:56
Nervös blickte Greg zum Meer. Das kleine Boot, das die auf dem Schiff verbliebenen Piraten hierher transportieren sollte, hatte den Weg fast zurückgelegt. Er hoffte, dass sie schnell ankommen würden, denn die Piraten standen unter einem starken Angriff. Die Technik der Piraten, das Lager zu verteidigen, war auf kurze Dauer effektiv, doch nach längerer Zeit würden sie die Palisaden nicht halten können. Jeweils eine Gruppe von ihnen stand im Eingang der Palisade und sie konnten, wenn es nötig war, von anderen Piraten hinter ihnen ausgewechselt werden. Die Nahkämpfe hatte zwar erst vor wenigen Minuten begonnen, doch es gab schon auf beiden Seiten Verluste. Greg musste mit ansehen, wie Steve von einem Banditen erschlagen wurde. Plötzlich sah er, wie ein Gegner auf Brandon zustürmte. Dieser hatte seinen Posten an der Kanone verlassen und war gerade mit einem anderen beschäftigt, er sah ihn deshalb nicht kommen.
Greg brüllte, um ihn zu warnen. „Brandon, pass auf, da kommt einer von-“
Eine ohrenbetäubende Explosion unterbrach ihn. Holzsplitter flogen durch die Luft. Greg wandte den Kopf und starrte auf die Stelle, an der normalerweise die Kanone hätte stehen müssen. Dort befand sich ein kleines Loch in der Palisade. Die Kanone war völlig deformiert worden, ihr Lauf war komplett aufgerissen. Bill lag neben ihr und richtete sich erschrocken auf. Er war schwarz vor Ruß oder Pulver. Entsetzt starrte er auf den Schaden, den die Kanone angerichtet hatte.
„BILL!“, brüllte Greg. „Du Holzkopf, was hast du da angerichtet!“
„Aber Käpt'n, ich wusste doch nicht wie viel Pulver da reinkommt, und, äh, wie sie hingestellt werden musste und -“
„DAS IST MIR EGAL, SOFORT RUNTER UND KÄMPF ENDLICH, DU IDIOT!“
Die Explosion hatte die Kämpfe kurzzeitig verstummen lassen, da alle überrascht worden waren. Doch die Banditen erholten sich schnell und kämpften immer besessener. Wieder ging ein Pirat zu Boden. Jemand, vermutlich Skip, brüllte seinen Namen, doch Greg verstand ihn nicht.
Plötzlich hörte er etwas. Trommeln. Jetzt fingen diese Bastarde aus dem Sumpf doch tatsächlich auch noch an zu trommeln. Irgendwie beunruhigte es ihn, doch er konnte sich nicht erklären warum.

„Stirb, Pirat!“, schrie Skinner und schlug zu. Sein Gegenüber brach röchelnd zusammen. Lachend setzte er mit seiner Betty nach. Der Pirat musste tot sein. Von irgendwoher hallte ein Schrei. „Owen!“, rief jemand. Skinner interessierte dies nicht, er ging auf den nächsten Piraten los.
Thorus schwitzte in seiner dicken Rüstung. Sie hatten zwar Verluste erlitten, neben Ramon und Garaz waren zwar auch noch Finn, Lennar und einige andere Banditen gefallen, doch sie waren eindeutig im Vorteil. Lange würden die Piraten diese Stellung nicht halten können.
Ein Geräusch veranlasste ihn, sich umzudrehen. Jemand trommelte hinter ihnen. Das war ungewöhnlich, wer lebte denn noch in Jharkendar? Ihm waren nur noch die Wassermagier bewusst, aber die waren doch nicht da und selbst wenn, seit wann fingen Magier an zu trommeln?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Fisk erschien und überbrachte Thorus die Schreckensbotschaft. „Die Orks kommen! Eine Armee aus Orks marschiert hierher!“

„Los, beeilt euch, wir haben schon Männer verloren!“, rief Greg. Die Verstärkung vom Schiff war endlich angekommen und rannte über den Strand auf die Palisaden zu. Sie wirkten ziemlich verängstigt. Henry schrie irgendetwas.
„Was hast du gesagt? Ich habe nichts verstanden!“, rief Greg.
Sie kamen näher. Diesmal riefen sie alle gleichzeitig. „Orks! Orks!“
Gregs Herz rutschte ihm in die Hose, sein Gesicht wurde schlagartig weiß. Er starrte zum Meer. Langsam aber sicher schob sich eine orkische Kriegsgaleere in die Bucht.

Stonecutter
01.10.2005, 14:10
Kapitel 16

„Wann sind die Orks hier?“, fragte Thorus. Er bemühte sich, möglichst ruhig und gelassen zu sprechen, doch man sah ihm seine Nervosität an.
„G-Gleich“, stammelte Fisk. „In ein paar Minuten sind sie da!“
Thorus horchte. Neben den Trommeln hörte man schon leises Grunzen. Die Orks würden bald auf dem Pfad auftauchen. Er überlegte fieberhaft, was sie denn nun tun könnten. Und er kam zu einem Entschluss. So laut er konnte, mit kräftiger Stimme schrie er, dass es alle hörten, über das Schlachtfeld.
„HÖRT SOFORT AUF ZU KÄMPFEN! ZIEHT EUCH ZURÜCK!“
Die kämpfenden Banditen und Piraten starrten verdutzt auf Thorus.
„ICH MEINE ES ERNST! LOS MÄNNER, LASST DIE PIRATEN IN RUHE!“
Die Banditen waren sich unsicher. Der Kampflärm verstummte. Nur noch die fernen Trommeln waren zu hören. Misstrauisch blickten sie die Piraten an und entfernten sich zögerlich und rückwärts mit gezückter Waffe langsam von ihnen. Die Piraten starrten ebenso argwöhnisch. Sogar Skinner ging zurück. Irgendetwas seltsames in Thorus' Stimme hatte selbst ihn überzeugen können.
Thorus holte tief Luft und ging schließlich mit festen Schritten auf das Piratenlager zu. Kurz vor den Palisaden blieb er stehen. Er räusperte sich laut und begann zu sprechen.

Entsetzt starrte Greg auf die Galeere. Sie hatte Halt gemacht und den Anker geworfen. Er konnte selbst aus dieser Entfernung erkennen, wie kleine Boote zu Wasser gelassen wurden. Allesamt wahrscheinlich voll besetzt mit Orks. Ein lauter Ruf lenkte ihn schließlich von dem Geschehen ab. Er wunderte sich. Die Banditen zogen sich zurück! Ihr Anführer kam auf das Lager zu und blieb stehen. Und sprach schließlich.
„Kapitän der Piraten, ich biete dir hiermit einen Waffenstillstand an!“
Ein Raunen ging durch die Reihen der Banditen. Was sollte das denn plötzlich? Wie konnte sich Thorus mit ihren Feinden einlassen?
Auch Greg war verwirrt. War dies eine Falle? Oder war es tatsächlich ernst gemeint? Warum kam so plötzlich solch ein Angebot von denjenigen, die sie vor Minuten noch hatten töten wollen?
„Woher weiß ich, dass ich dir trauen kann?“, rief Greg von der Palisade hinunter.
„Ganz einfach. Weil eine Armee von Orks hierher unterwegs ist.“
Greg zuckte zusammen. Eine Orkarmee? Woher wusste er von der orkischen Galeere? Er konnte sie doch gar nicht gesehen haben!
Mit einem mal traf es ihn wie ein Schlag. Er wurde sich der Bedeutung der Trommeln bewusst. Die Trommeln, die immer lauter wurden. Sie kamen aus dem Inland von Jharkendar. Sie waren von Orks umzingelt worden!
„Kapitän, wir sind Gegner. Aber wir haben einen gemeinsamen Feind. Es könnte uns vielleicht gelingen, dass...“
„In den Canyon! Sofort!“, unterbrach ihn Greg. Er sah noch einmal hinüber zum Meer. Die Boote näherten sich schnell. Die Orks darin deuteten schon mit ihren Äxten auf die Piraten. Die Zeit rannte ihnen davon.
Thorus wirkte verwirrt. „Was? Wieso...“
„Jetzt hör mir mal zu. Da vorne hat vor wenigen Minuten eine orkische Kriegsgaleere den Anker geworfen. Und die Orks bereiten gerade eine Invasion dieses Strandes vor. Sie sind gleich hier. Wir können ihnen unmöglich entgegentreten. Und von der anderen Seite kommt, wie du sagst, eine zweite Armee. Wir müssen uns in den Canyon zurückziehen, wir haben keine Chance, wenn wir an zwei Fronten kämpfen müssen!“
Diesmal war es Thorus, der überrumpelt wurde. „Scheiße“, murmelte er. „Kapitän, sind wir uns darin einig, zusammen zu kämpfen, bis diese Krise überstanden ist?“
„Ja, verflucht, und jetzt beeilt euch!“
Thorus wandte sich zu den Banditen um. „Ihr habt es gehört. Wir haben Waffenstillstand mit den Piraten! Verstanden?“
Viele der Banditen stöhnten auf. Thorus seufzte. „Hört mal, wollt ihr überleben oder von den Orks erschlagen werden? In den Canyon! Sofort! Und keine Angriffe mehr auf die Piraten!“
„Aber Thorus“, sagte Skinner, „die haben doch unsere Leute umgebracht und...“
„Ich will davon nichts mehr hören, wehe wenn einer von euch den Waffenstillstand bricht! Wir haben jetzt wichtigere Probleme!“
Die Banditen setzten sich in Bewegung. Sie zogen in Richtung des Canyons. Greg sah ihnen hinterher. „Los, Leute, wir gehen jetzt auch los!“
„Käpt'n, sicher dass die uns nicht mehr angreifen?“, fragte Morgan.
„Nein. Haltet deshalb Abstand von ihnen. Ihr Anführer hat recht, dass wir uns zusammentun müssen, doch das wollen viele von diesen Sauhunden nicht wahrhaben. Da gibt es sicherlich den einen oder anderen, der uns bei der erstbesten Gelegenheit in den Rücken fällt.“ Er sah zum Meer. Die Orks waren bedrohlich nah gekommen. Sie brüllten irgendetwas auf orkisch zu ihnen hinüber.
„Wir sollten machen, dass wir verschwinden“, meinte Matt nervös. „Die sind bald hier.“
Greg nickte. „Los, Männer, wir ziehen in den Canyon!“
Zusammen machen sich die Piraten auf. Greg war sich unsicher. Er vertraute den Banditen kein bisschen, und er war sich sicher, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Er zweifelte stark an dem Überleben seiner Crew. Er war sich sicher, dass sie alle würden sterben müssen, ob durch die Orks oder die Hand der Banditen.

Stonecutter
03.10.2005, 18:57
Kapitel 17

Auf dem ersten Blick sah das Lager der Banditen ziemlich verlassen aus. Niemand war zu sehen. Die Esse der Schmiede glühte zwar noch, doch es war kein Mensch da, der sie bediente. Auch aus der Goldmine kam kein einziger Laut hervor, entgegen der normalen Situation, wenn Spitzhacken auf Stein schlugen oder jemand am Fluchen war.
Doch so verlassen war das Lager gar nicht. Aus dem Inneren der Taverne drangen langsam grünliche Rauchschwaden hervor und stiegen in die Luft auf. Zwei Personen ließen es sich dort richtig gut gehen. Während sie sich Snafs Bier schmecken ließen, rauchten sie nebenbei eine große Menge Sumpfkraut. Es handelte sich dabei um Fortuno und Miguel, die zufrieden und entspannt an einem Tisch saßen und sich miteinander unterhielten. Es war zur Zeit eine angeregte Diskussion über verschiedene Krautsorten im Gange. Dabei ging es um dem Traumruf, der kurz davor war, den Grünen Novizen als derzeitigen Marktführer abzulösen.
„Und ich sage dir, ich weiß wovon ich rede“, meinte Fortuno mit einem selbstzufriedenem Lächeln, das wohl hauptsächlich auf das konsumierte Kraut zurückzuführen war. „Ich habe damals im Sumpflager genug Stängel verkauft, um zu merken dass der Traumruf immer weiter auf dem Vormarsch ist.“
„In eurem dauerbenebeltem Lager vielleicht, das mag sein“, sagte Miguel und blies genüsslich eine Rauchwolke aus seinem Mund. „Allerdings musst du zugeben, dass der Traumruf teurer in der Herstellung ist. Auf Dauer wird er sich gegen den Grünen Novizen nicht behaupten können, da der Verbraucher lieber das traditionelle, billigere Kraut kaufen wird.“
„Da muss ich dich enttäuschen“, meinte Fortuno. Er zog ein weiteres mal an seinem Stängel und bekam daraufhin einen Hustanfall. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, fuhr er krächzend mit seiner Argumentation fort. „Ich bin schon lange genug im Krautgeschäft und kann dir versichern, in spätestens fünf Jahren wird der Grüne Novize vollständig verschwunden sein.“
„Aber“, widersprach Miguel, „falls es überhaupt so weit kommen sollte, dann...“
„Moment“, unterbrach ihn Fortuno. „Sei mal bitte still.“
„Natürlich“, meinte Miguel verächtlich. „Sobald ich mit einem Gegenargument komme, dass dir nicht gefällt, musst du wieder irgendwie ablenken.“
„Nein, das meine ich nicht“, sagte Fortuno. „Ich glaube, hier ist noch jemand im Lager, ich habe gerade was gehört.“
„Unsinn, Thorus hat uns als einzige hier gelassen. Ich habe ihn immerhin dazu überreden können, ich muss es wissen!“, erwiderte Miguel mit selbstgefälliger Stimme. „Hast du etwa schon von dem bisschen Kraut Wahnvorstellungen?“ Er blickte auf den Tisch. Dort erblickte er auf Fortunos Seite die Reste von mindestens zehn aufgerauchten Krautstängeln. Natürlich, es war absolut klar, der Kerl war schon absolut high und hatte es sich bis jetzt nur nicht richtig anmerken lassen.
„Trotzdem, ich geh mal nachschauen“, sagte Fortuno, stand auf und wankte nach draußen.
„Bei Adanos, der Kerl übertreibt aber mächtig“, meinte Miguel kopfschüttelnd.
Plötzlich hörte er Fortuno einen langgezogenen Schrei ausstoßen.
Eher gelangweilt trottete Miguel ebenfalls nach draußen. Vermutlich nur irgendeine Halluzination von einer riesigen Killerfleischwanze oder so ähnlich, dachte er sich. War ja zu erwarten, so wie der sich zugedröhnt hatte.
Miguel trat an die Luft. Sie tat ihm gut, nachdem er die ganze Zeit nur diesen grünen Dunst eingeatmet hatte. Er sah sich nach Fortuno um - und öffnete den Mund vor Schreck. Fortuno stand mit dem Rücken gegen eine Hauswand - und wurde von drei Orks bedroht, die langsam auf ihn zukamen.
„Verflucht!“, schrie Miguel und machte die Bestien damit auch auf sich aufmerksam. Er versuchte seinen Nagelknüppel zu ziehen, doch das inhalierte Sumpfkraut behinderte stark seine feinmotorischen Fähigkeiten, was bedeutete, dass es ihm nicht gelang, mit seine Fingern die Waffe richtig zu umschließen. Er sah ein, dass dieses Unterfangen unmöglich war und ließ davon ab. Verdammt, was konnte er bloß tun?
Zwei der Orks kamen nun auf ihn zu. Diesen seltsamen Ausdruck in ihren Visagen interpretierte er als ein hämisches Grinsen. Sie zogen nicht ihre Waffen, da sie seine Wehrlosigkeit spüren konnten. Sie spielten mit ihm.
Fortuno ging es ähnlich. Der dritte Ork näherte sich ihm unaufhaltsam. Miguel befürchtete, dass sie den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben würden.

„Los, Jungs, schneller!“, rief Greg. Die Piraten hetzten den steilen Canyon hinunter. Die Banditen befanden sich bereits beim großen Wasserloch. Greg sah zurück. Die Orks schienen sie fürs Erste nicht mehr zu verfolgen, wahrscheinlich trafen gerade die Armee aus dem Inland und die Armee der Galeere zusammen und berieten sich.
Die Piratenmeute rannte so schnell sie konnte; selbst ein paar Razors flüchteten vor ihnen in einen Stollen. Schließlich erreichten sie die Banditen. Die Piraten blieben schon vorher stehen, das Misstrauen zwischen den beiden Parteien war zu groß als dass sie sich freiwillig nähern würden. Lediglich Greg ging auf Thorus zu, der ihn sogleich wütend anfauchte.
„Was sollte das? Wieso hast du uns hier reingeschickt? Das hier ist eine verdammte Sackgasse, es geht nirgendwo mehr weiter!“
Greg blieb ruhig. „Das war die einzige Fluchtmöglichkeit. Und es ist keine Sackgasse. Dort oben führt ein Geheimgang mitten durch die Berge und endet in eurem Sumpf.“
Thorus starrte ihn verblüfft an. „Stimmt das wirklich?“
Greg nickte. „Und wir sollten uns beeilen!“
„Einen Moment noch“, meinte Thorus plötzlich. „Eines will ich noch klären. Glaub ja nicht, dass wir jetzt Freunde sind. Sobald das mit den Orks geregelt ist, gilt der Waffenstillstand nicht mehr, verstanden?“ Er starrte Greg durchdringend an.
Greg wollte gerade etwas erwidern, als er Skips Stimme hörte. „Käpt'n! Die Orks kommen!“
Greg blickte sich um. In der Ferne konnte er erkennen, wie die Orks nun ebenfalls den Canyon betraten.
„Wir haben keine Zeit zu verlieren. Los jetzt!“, meinte er. „Meine Crew und ich gehen voran“, fügte er noch hinzu.
„Was? Und woher soll ich wissen, dass ihr uns nicht direkt in eine Falle führt?“, warf Thorus aufbrausend ein.
„Weil ihr den Weg nicht kennt! Und ihr gegen die Orks jämmerlich verrecken würdet!“, schrie Greg. „Bei Adanos, sie kommen! Wenn du uns nicht vertraust, ist das deine Sache! Ich gehe jetzt jedenfalls mit meinen Leuten los, und wenn ihr unbedingt hier bleiben wollt, dann bleibt doch einfach hier und versucht, diese Scheißorks aufzuhalten!“
Er wurde bei seinem Wutausbruch immer lauter und zorniger. Und stolzierte schließlich mit den restlichen Piraten los. Sie erklommen einige Felsen und marschierten auf eine natürliche, steinerne Brücke zu.
Thorus fasste einen Entschluss. „Kommt“, sagte er zu den Banditen. „Wir folgen ihnen. Und beeilt euch gefälligst, die Orks kommen immer näher.“

Stonecutter
04.10.2005, 17:42
Kapitel 18

Sie marschierten durch eine große Höhle. Fackeln waren nicht nötig, es schien genügend Sonnenlicht hinein. Die Piraten gingen voran, die Banditen folgten ihnen, blieben allerdings auf Distanz. Greg hoffte, dass die Orks ihnen nicht hierher folgten. Plötzlich ertönte ein schrilles Kreischen.
„Minecrawler!“, schrie Morgan. Sofort zogen alle ihre Waffen. Eine Gruppe von Minecrawlern schwärmte aus einem Nebenstollen. Es befanden sich auch einige ihrer noch viel größeren Krieger unter ihnen.
Greg zückte seinen schweren Säbel und begann, auf den größten von ihnen einzudreschen. Er wich einem Klauenschlag des überdimensionalen Insekts aus und trennte ihm schließlich einen der vorderen Greifarme ab. So schwer verwundet stellte der Crawler keine große Bedrohung mehr dar.
Insgesamt war der Kampf heftig, aber kurz. Die Insekten befanden sich weit in der Unterzahl, und nachdem ihre Krieger getötet worden waren, flohen sie schrill schreiend wieder in den dunklen Gang.
Glücklicherweise war niemand weder von den Piraten noch von den Banditen getötet worden, es gab lediglich ein paar Verwundete.
„Verdammt, ich hasse diese Scheißviecher“, meinte Matt grimmig. Er betastete vorsichtig seinen linken Arm. Ein tiefer Schnitt entstellte ihn von der Schulter bis zum Ellbogen, Blut sickerte heraus.
„Hier, probier das aus“, meinte Samuel und reichte Matt einen Trank. Seine alchimistischen Kenntnisse beschränkten sich nicht nur auf das Brennen von Schnaps, er war auch dazu in der Lage, kleinere Heiltränke und Salben herzustellen.
Matt schluckte den Trank und verzog angewidert das Gesicht. „Bäh, schmeckt so schrecklich wie warmes Bier.“
„Natürlich schmeckt es so“, meinte Samuel ärgerlich. „Weil es nämlich gar nicht zum Trinken ist. Du solltest dir das über die Wunde tun, du Trottel!“
Er nahm eine weitere Flasche, öffnete den Verschluss und gab etwas davon über Matts Schnitt. Matts Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. Er versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass es schmerzte. Aber es wirkte, die Wunde schloss sich langsam.
„Bei Adanos, seid ihr mal bald fertig?“, rief Greg ungeduldig. „Wir müssen weiter, wir haben schon zu viel Zeit verloren.“
Sie gingen weiter. Thorus gesellte sich an die Spitze des Zuges, nicht weil er sich mit Greg unterhalten wollte, sondern weil er den Piraten kein bisschen vertraute und befürchtete, dass sie die Banditen in einen Hinterhalt locken wollten.
Plötzlich zog Greg seine Waffe. Thorus reagierte augenblicklich und innerhalb von Sekunden flog ihm sein Zweihänder in die Hände. „Los, Waffe weg!“, schrie er. Daraufhin ergab sich ein großer Tumult. Jeder Bandit oder Pirat zückte seine Waffe und war bereit zuzuschlagen.
„Nein!“, rief Greg, um zu versuchen, die angespannte Lage wieder zu entschärfen. „Da vorne ist jemand!“
Er hatte recht. Zwei Gestalten kamen ihnen entgegen. Einer der beiden wurde vom anderen gestützt, der andere trug eine Platzwunde an der Stirn. Sie sahen sehr mitgenommen aus.
Thorus starrte sie verblüfft an. „Fortuno? Miguel? Was macht ihr denn hier?“

Stonecutter
06.10.2005, 17:56
Kapitel 19

Die Kälte umfing ihn, als Skip die große Grotte verließ. Sterne glitzerten in der Nacht. Die rötlichen, schroffen Klippen des Canyons waren wieder allgegenwärtig. Vorsichtig spähte Skip nach allen Seiten. Er konnte nichts verdächtiges erkennen. Er deutete ein Handzeichen an, daraufhin traten auch die Piraten und Banditen in den Canyon. Langsam überquerten sie die natürliche Brücke und begannen mit dem Abstieg, bis sie wieder auf dem Grund der Schlucht standen.
Sie hatten sich nach der Begegnung mit Fortuno und Miguel entschlossen, zurückzukehren. Die beiden hatten berichtet, wie sie im Lager von einigen Orkspähern überrascht worden waren. Die Flucht war ihnen nur knapp gelungen, doch mit Entsetzen hatten sie feststellen müssen, dass eine ganze Orkarmee im Sumpf lagerte. Bei dem Versuch, das Lager zu umgehen, waren sie zufällig auf den Eingang zur großen Höhle gestoßen und hatten sie betreten, wo sie schließlich auf die Piraten und Banditen trafen.
Nach den Aussagen Miguels musste die Anzahl der sich im Sumpf befindlichen Orks weitaus größer sein als die der Orks, die beim Piratenlager aufgetaucht waren. Nach langer Diskussion waren die Piraten und die Banditen sich schließlich einig geworden, zuerst die Orks beim Piratenlager zu bekämpfen. Dies war natürlich auf viel Widerspruch seitens der Banditen gestoßen, doch diese hatten sich schließlich fügen müssen. Im Sumpf hätten sie gegen die Übermacht keine Chance gehabt.

„So“, meinte Thorus. „Und wie gehen wir jetzt vor?“
Greg überlegte. Die Orks waren ihnen nicht in die Höhle gefolgt und hatten auch den Canyon anscheinend wieder verlassen. Irgendwo weit oben, möglicherweise im Piratenlager, mussten sie ihr Lager aufgeschlagen haben. Dabei musste Greg unwillkürlich an sein Schiff denken. Er fragte sich, ob die Orks es wohl zerstört hatten.
„Ich denke“, begann er, „wir sollten erst einmal auskundschaften, wo sie sich befinden. Wir müssen irgendwie die Verbindung zu den Orks im Sumpf kappen. Wenn die benachrichtigt werden und ihren Freunden zu Hilfe kommen, haben wir ein echtes Problem.“
„Und wer soll der Späher sein?“
„Ich würde Henry vorschlagen. Ich habe dem Kerl zwar vor kurzem erst seinen Entertrupp entzogen, aber spähen kann er, das muss man ihm lassen.“
„Was hat er denn schlimmes gemacht?“, hakte Thorus interessiert nach.
„Ist jetzt unwichtig“, versuchte Greg auszuweichen. In dieser Situation, in der es auf gegenseitiges Vertrauen ankam, wollte er Thorus nicht unbedingt auf die Nase binden, dass es ausgerechnet Henry war, der letzte Nacht die Banditen im Sumpf getötet und den Krieg letztendlich provoziert hatte.
„Gut, dann schick ihn los. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, ihm noch einen von meinen Leuten mitzugeben. Die würden sich gegenseitig umbringen, bevor sie auch nur den Canyon verlassen hätten.“
Greg wandte sich ab, um Henry zu suchen. Wenig später stahl dieser sich im Schutz der Dunkelheit durch den Canyon davon, um die Orks zu auskundschaften. Wirklich glücklich war er darüber nicht.

Während der Morgendämmerung kehrte Henry schließlich zurück. Die Piraten und Banditen hatten diese Nacht kein Auge zugetan und sich am Wasserloch aufgehalten. Das lag allerdings weniger an mangelnder Müdigkeit als vielmehr an der Angst, im Schlaf von der anderen Partei erstochen zu werden.
„Käpt'n!“, rief Henry.
Greg sah auf. „Henry! Wie sieht's aus?“
„Die Orks sind in unserem Lager“, antwortete er. „Sonst habe ich keine gesehen, auch nicht im Talkessel.“
„Das heißt, wir können sie von der gleichen Position aus angreifen, wie ihr uns angegriffen hast, ohne dass sie Verstärkung rufen können“, meinte Greg zu Thorus gewandt.
„Ähm, Käpt'n?“, warf Henry zögerlich ein. „Da gibt's noch ein kleines Problem...“
Greg drehte sich um und starrte Henry an. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
„Ich glaube, ähm, ein paar Orks haben mich, ähm, vielleicht gesehen...“
So leise, dass nur Henry ihn hören konnte, fragte Greg: „Aber nicht, als du wieder hier runtergelaufen bist?“
„Ähm, doch, ich glaube schon...“
„HENRY DU VOLLIDIOT!“, brüllte Greg plötzlich los und besprühte das Gesicht des armen Piraten mit einer nicht gerade geringen Menge Speichel. „UND DIR IST NICHT IN DEN SINN GEKOMMEN, DASS SIE DIR FOLGEN KÖNNTEN UND -“
Ein lautes Trommeln unterbrach ihn. In der Ferne nahm er Bewegungen wahr. Greg konnte gut erkennen, wie Orks in den Canyon strömten. Und es waren nicht wenige. Wunderbar. Jetzt hätten sie doch eine Möglichkeit, ihre Kollegen im Sumpf zu verständigen. Und dann wäre es um die Piraten und Banditen geschehen.
„Großartig, Henry, du hast es mal wieder geschafft“, fauchte Greg.
„ACHTUNG LEUTE! Die Orks greifen uns an!“
Schwerter und Äxte, Bögen und Säbel wurden gezogen. Innerhalb von Sekunden waren sie alle kampfbereit.
„Wir sollten uns unter der natürlichen Brücke hindurch in den Seitenarm des Canyons zurückziehen“, meinte Greg. „Dort können wir uns gut verschanzen.“
So taten sie es auch. Sie zogen sich in die hinterste Ecke der Schlucht zurück und formierten sich Ein paar Armbrust- und Bogenschützen kletterten auf erhöhte Felsen, um die Feinde gut aufs Korn nehmen zu können. Einige der Piraten zauberten von irgendwo noch ein paar Flaschen Rum oder Grog hervor, um sich Mut anzutrinken. Wobei es für diese spezielle Situation wesentlich mehr Alkohol gebraucht hätte, um die Angst zu vergessen.
Es war so weit. Die Orks kamen. Es gab wohl niemanden unter den Banditen oder Piraten, der in diesem Moment kein Stoßgebet zu seinem Gott sandte.

Stonecutter
07.10.2005, 15:24
Kapitel 20

„Kagtrogash frasazk!“, brüllte der Häuptling der Orks laut. Daraufhin begannen einige Orks rhythmisch auf dicken, mit Tierhäuten bespannten Musikinstrumenten zu trommeln, das Geräusch, das jeden Menschen vor Furcht erstarren ließ. Die Armee rannte in die große Schlucht.
Der Anführer lächelte. Die Menschen hatten keine Chance. Späher hatten berichtet, dass diese riesige Schlucht über keinerlei andere Ausgänge verfügte. Die Menschen hatten keine Fluchtmöglichkeit. Er wusste zwar nicht genau, um wie viele es sich handelte, doch er war sich sicher, dass die Orks hier ausreichen mussten. Schließlich waren ja noch die Orks der Galeere dabei. Der Häuptling war zu Beginn zwar schon etwas verwundert darüber gewesen, dass das Schiff, das herausfinden sollte, wohin das kleine Boot geschwommen war, ebenfalls hier landete, doch natürlich war es nicht schlecht. Da sich seine Armee nach dem Durchschreiten des seltsamen Loches in der Wand geteilt hatte, konnte er diesen Teil mit den Kriegern vom Schiff wieder auffrischen.
„Gruzthag fartuzk krahr“, meinte er grinsend zu dem ehrwürdigen Schamanen, der neben ihm im Schneidersitz auf dem Boden saß. Dieser nickte nur ernst. Der Häuptling raffte sich auf und marschierte seiner Armee gemütlich hinterher. Seine Leibwachen begleiteten ihn. Das bevorstehende Gemetzel wollte er sich genüsslich aus der Nähe betrachten.

„Pfeile los!“, brüllten Greg und Thorus fast gleichzeitig. Die erste Salve von Geschossen ging in den Reihen der Orks nieder. Etliche stürzten zu Boden, doch für jeden Gefallenen traten zwei neue Feinde an dessen Platz. Mit ohrenbetäubenden Kriegsschreien stürmten die Angreifer schließlich in die Piraten und Banditen.
Ein Ork hatte sich Bones als Ziel ausgesucht. Doch dieser war vorbereitet. Mit einer ungeheuren Kraft schlug er zu, seine mächtige Axt riss eine tiefe Wunde in die Brust seines Gegners. Der Ork heulte auf, doch war nicht willig, aufzugeben. Trotz seiner schweren Verletzung griff er Bones schneller an, als dieser parieren konnte. Schließlich gelang es dem Ork, Bones' Waffe wegzuschleudern. Mit siegessicherer Miene hob der Ork seine Axt, um dem entsetzten Bones den Todesstoß zu verpassen - als er plötzlich aufbrüllte und tot zusammenbrach. Hinter dem Ork erschien Morgan. Bones rief ihm noch schnell ein „Danke“ zu, dann schnappte er sich die Waffe des Orks, da seine Axt irgendwo im Getümmel verloren gegangen war.
Anderswo bewegte sich Snaf mit einer Gewandtheit, die man dem dicken Koch nie zugetraut hätte. Er musste es mit zwei Orks gleichzeitig aufnehmen und duckte sich graziös unter ihren Hieben hinweg. Schließlich erkannte er eine Lücke in der Deckung des einen Orks und nutzte sie, um mit seinem Steinbrecher zuzuschlagen. Die Kraft des Aufschlages brach das Bein des Orks und er stürzte brüllend zusammen. Der andere Ork fiel kurz darauf, als Lucia ihn von hinten mit Hieben ihres Rapiers eindeckte.
Thorus hatte gerade einen Ork enthauptet. Er nutzte die kurze Verschnaufpause, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Es sah nicht gut aus. Es waren weitaus mehr Orks, als sie angenommen hatten. Viele Banditen und Piraten waren bereits gefallen, die langsam aufgehende Mittagssonne begann den Canyon aufzuheizen. Schlechte Vorraussetzungen für einen siegreichen Ausgang der Schlacht. Ein plötzlicher Aufschrei ließ ihn sich umschauen.
„VERRÄTER!“, schrie ein Pirat und schlug mit seiner Waffe auf einen Banditen ein. Dadurch machte er viele andere Banditen auf sich aufmerksam. Schließlich begannen die Banditen und Piraten tatsächlich, sich gegenseitig zu bekämpfen. Thorus erkannte, dass schnell gehandelt werden musste. „AUFHÖREN!“, brüllte er laut und versuchte, zu den Kämpfern zu gelangen. Das hatte gerade noch gefehlt. Es musste ja so kommen. Diese Idioten konnten ihre Differenzen für diesen Moment wenigstens nicht vergessen. Und scheinbar interessierte es sie nicht, dass sie durch solche Aktionen die Schlacht nur verlieren konnten.
Ein Elitekrieger der Orks stellte sich ihm in den Weg und begann, Thorus mit schweren Hieben einzudecken. Thorus konnte nur mit Mühe parieren, und er merkte schnell, dass ihm hier ein ebenbürtiger Kämpfer gegenüber stand. Dem schwer gepanzerten Ork gelang es oft, durch Thorus' Verteidigung zu schlüpfen. Dieser wich immer weiter zurück. Er trug zwar eine schwere und dicke Rüstung, doch sie war nicht undurchdringlich. Sie wies schon viele Brüche auf, Thorus spürte dass er darunter bereits mehrere Verletzungen haben musste.
Ihm wurde bewusst, dass er sich schon weit vom Mittelpunkt der Schlacht entfernt hatte. Er hoffte, dass die anderen zur Besinnung gekommen waren und nicht mehr versuchten sich gegenseitig umzubringen. Doch selbst wenn, er glaubte nicht mehr an einen Sieg.
Der Elitekrieger brüllte und rammte Thorus seine schwere Axt in den Bauch. Der Anführer der Banditen keuchte und ließ seinen Zweihänder fallen. Kurz darauf stürzte auch er zu Boden. Er sah den Ork über sich und die Axt, die auf ihn nieder raste.
Und in just diesem Moment tauchte wie aus dem Nichts Greg auf. Er warf sich gegen den Elitekrieger und bewirkte, dass dessen Waffe ins Leere sauste. Der Ork begann nun, Greg zu bekämpfen. Der Piratenkapitän schien allerdings nicht mehr viel Kraft zu besitzen. Thorus versuchte aufzustehen, doch es misslang ihm, er stürzte wieder und blieb auf dem sandigen Boden des Canyons liegen.
Und plötzlich begann der Ork zu brüllen. Es handelte sich nicht um einen Kriegsschrei, auch nicht um Freude oder Angst. Thorus konnte diesen Schrei eindeutig identifizieren. Es war Schmerz. Der Ork hörte nicht auf zu brüllen, er ließ seine Waffe und sich selbst fallen und wälzte sich über den Boden. Thorus gelang es endlich, sich aufzurichten. Langsam näherte er sich dem sich vor Schmerzen windendem Ork.
„Was ist denn mit dem passiert?“, fragte Thorus keuchend.
„Ich weiß es nicht“, meinte Greg. Er stutzte. „Sieh dir mal seine Rüstung an!“
Tatsächlich. Die Rüstung, die normalerweise graublau hätte sein sollen, hatte einen seltsamen leicht rötlichen Ton angenommen. Kleine Rauchschwaden traten aus den Ritzen und Zwischenräumen hervor. Es roch nach verbranntem Fell. Noch immer schrie der Ork schmerzerfüllt.
„Sie glüht“, sagte Thorus verwundert. „Der Ork wird von ihr verbrannt.“ Er nahm seinen Zweihänder auf und erlöste den Ork von seinen Qualen, indem er ihm sauber den Kopf abtrennte.
„Was kann eine Rüstung innerhalb von Sekunden so heiß machen, dass ihr Träger bei lebendigem Leib von ihr verbrannt wird?“
„Sieh nur!“, rief Greg. Zwischen den Orks explodierten Feuerbälle. Einer ließ, wie auch hier geschehen, die Rüstung eines anderen Elitekriegers aufglühen. Eine Wasserfontäne spritzte auf und warf mehrere Orks auf einmal um. Daraufhin folgte ein Blitz, der in das Schwert eines Orks schoss und ihn damit unter ungeheuren Energien tötete.
Thorus deutete wortlos auf die natürliche Brücke. An deren höchstem Punkt stand jemand. Ein Mensch in einer blauen Kutte, der gerade eine Eislanze auf die Orks losließ. Es handelte sich zweifelsfrei um einen Magier vom Kreis des Wassers.

Stonecutter
07.10.2005, 23:30
Kapitel 21

Die Schlacht war ein einziges Chaos gewesen. Greg tötete einen am Boden liegenden Ork mit einem Schlag in die Brust und sah sich um. Überall lagen erschlagene Piraten, Banditen und Orks. Der Kampf schien im Großen und Ganzen vorbei zu sein. Es gab noch einige überlebende Orks, doch diese wurden schnell ausgelöscht.
Doch Greg war überhaupt nicht zufrieden, obwohl sie letztendlich doch gesiegt hatten. Das hauchdünne Band des Vertrauens zwischen Piraten und Banditen war durchtrennt worden. Sie hatten während der Schlacht begonnen, sich gegenseitig zu bekämpfen und waren erst dann gezwungen worden aufzuhören, als sie eine Gruppe Orks angriff und sie sich verteidigen mussten. Thorus und Greg hatten alle Mühe damit gehabt, sie danach wieder auseinander zu bringen. Die Überlebenden beider Parteien waren in zwei großen Gruppen unterteilt und hielten sich auf Distanz. Dies bedeutete jedoch nicht, dass sie sich keine wilden Flüche oder Beleidigungen zuwarfen. Greg dachte an all seine getöteten Männer. Unter ihnen befanden sich auch Bill, Brandon und Garett.
Greg sowie Thorus befanden sich nun genau in der Mitte zwischen ihren Leuten und funkelten sich böse an. Sie griffen jedoch nicht zu den Waffen. Dies hätte die Situation auf der Stelle eskalieren lassen. Und diesmal gab es keine Orks mehr, die sie hätten trennen können.
Der ominöse Wassermagier näherte sich den beiden. Er hatte das Blatt gewendet, ohne ihn wären die Piraten und Banditen hoffnungslos unterlegen gewesen.
Langsam, mit bedächtigen Schritten marschierte er über den Sandboden auf sie zu. Auf einen Ruf der Banditen hin, aus dem das Wort „Sackgesicht“ herauszuhören war, strafte er diese mit missbilligenden und ignoranten Blicken. Der Magier hatte eine Glatze und trug einen grauen Bart. An der rechten Wange prangte eine frische Narbe. Seine blaue, aufwendig gearbeitete Robe war an vielen Stellen zerrissen. Die Augen sahen irgendwie leer und müde aus.
Einige Meter vor Thorus und Greg blieb er stehen.
„Bei Adanos, wenn ich mir euch so ansehe, gibt es für mich nur eine Schlussfolgerung“, meinte er. „Ihr seid allesamt Idioten.“
Dies kam so plötzlich und unerwartet, dass weder Greg noch Thorus etwas erwidern konnten. Sie starrten ihn nur ungläubig an.
„Seien wir doch mal ehrlich. Ich habe von da oben alles gesehen. Ihr werdet von Orks angegriffen, seid in der Unterzahl und in dieser Situation, in der ihr zusammenhalten müsst um überhaupt überleben zu können, schlagt ihr euch gegenseitig die Köpfe ein. So dumme Menschen wie euch habe ich noch nie getroffen.“
„Wie kommt Ihr nur dazu, mich und meine Leute so zu beleidigen“, rief Thorus zornerfüllt, doch Greg nickte nur.
„Er hat recht“, meinte er. „Wenn Ihr nicht erschienen wäret, wären wir nun alle tot“, fügte er noch zum Magier gewandt zu. „Wir stehen in Eurer Schuld, ehrwürdiger Magier.“
„Mein Name ist übrigens Saturas“, erwiderte der Magier.
„Wo sind denn die anderen?“, fragte Thorus.
Saturas starrte zu Boden und schüttelte den Kopf. „Sie sind in Adanos' Reich“, antwortete er. Greg sah ihn schockiert an. „Das ist doch nicht euer Ernst“, sagte er.
„Doch.“ Saturas begann zu erzählen. „Wir waren in Khorinis. Wir verfolgten einen Orkspäher, der durch das Portal nach Jharkendar gelangt war und danach versuchte zu fliehen. In Khorinis herrschen nun die Orks.“
„Ich weiß“, warf Greg ein. „Einer meiner Leute hat es mir berichtet.“
„Auf jeden Fall ist uns der Späher entkommen", fuhr Saturas fort. „Wir wollten Hilfe aus dem Kloster der Feuermagier holen. Doch dieses war zu dem Zeitpunkt bereits von den Orks niedergebrannt worden. Sie haben uns in der kleinen Schlucht vor dem Kloster in eine Falle getrieben. Wir versuchten, sie uns mit Magie vom Leibe zu halten, doch es waren zu viele. Wir haben uns auf dem Dach eines kleinen Innosschreins verschanzt, doch sie kletterten uns nach. Ein Magier nach dem anderen wurde getötet, bis nur noch ich übrig blieb. Wir hatten zum Schluss versucht, die Felshänge hinaufzuklettern. Mir ist es als einzigem gelungen. Ich irrte schließlich durch die Landschaft, bis ich endlich das Portal fand und hierher gelangen konnte. Ich habe mich dann nach Westen gewandt und gesehen, wie die Orks in den Canyon liefen. Ich folgte ihnen und den Rest kennt ihr ja.“
„Ja, und was machen wir jetzt?“, fragte Thorus. „Ich meine, da lauert noch immer eine ganze Orkarmee im Sumpf.“
„Ich denke, es wäre zuerst das wichtigste, dass ihr euch endlich verbündet. Eure Streitereien sind bei so etwas wichtigem vollkommen fehl am Platz!“
Sofort begannen Greg und Thorus, lauthals zu protestieren und sich gegenseitig zu beschuldigen, damit angefangen zu haben.
„RUHE!“, donnerte Saturas. „Es ist kaum zu glauben, ihr benehmt euch ja wie kleine Kinder. Ich bin bereit euch anzuhören, aber nicht in dieser Form. Als Magier Adanos', dem Gott des Ausgleichs, kann ich euch versichern, dass ich absolut neutral bin. Was ist überhaupt der Grund für euren Streit?“
Gleichzeitig holten Greg und Thorus zwei zerknitterte Zettel hervor und übergaben sie Saturas.
„Dieser Zettel lag neben einem meiner Männer, den wir tot aufgefunden hatten“, erklärte Greg.
Thorus stutze. „Bei uns war es so ähnlich. Dieser Zettel lag bei zwei toten Boten, die ich mit einem Friedensangebot zu den Piraten gesandt hatte.“
Saturas betrachtet aufmerksam die beiden Schriftstücke. „Es ist die gleiche Art Papier. Und es handelt sich bei jedem um die gleiche Handschrift. Wenn ihr mich fragt, diese Zettel sind von ein und derselben Person geschrieben worden.“
„Die Person, die Francis und die Boten umgebracht hat“, schlussfolgerte Greg.
Saturas nickte. „Genau. Wer immer es auch war, irgendjemand wollte Krieg zwischen euch.“
Greg und Thorus starrten sich an. „Ich glaube, da gab es ein gewaltiges Missverständnis zwischen uns“, meinte der Anführer der Banditen etwas zerknirscht. „Ich entschuldige mich dafür, dass wir euch angegriffen haben.“
Greg wusste nicht recht, wie er reagieren sollte. „Äh, in Ordnung. Das heißt doch, dass es womöglich irgendeinen Verräter unter unseren Leuten gibt, oder?“
„Damit können wir uns später befassen“, meinte Thorus. „Ich schlage vor, dass wir uns erst einmal überlegen, was wir mit den Orks im Sumpf machen.“

Stonecutter
13.11.2005, 15:32
Kapitel 22


Im Schutz der Dunkelheit schlich eine kleine Gruppe durch die Ruinen. Vorsichtig, um möglichst wenige Geräusche zu verursachen, liefen sie in eines der uralten Gemäuer, die seit der großen Flut, die vor Jahrhunderten die Erbauer und die gesamte Stadt in den Untergang riss, hier standen und verfielen. Einer der Menschen entzündete eine kleine Lampe. Ein schwaches Licht erstrahlte in der Ruine. Farne traten aus Ritzen und überwucherten den Steinboden, andere Pflanzen traten durch Fugen in den verwitterten Wänden ein und bedeckten eine große Fläche. Kleinere Insekten, die von dem Licht gestört wurden, krabbelten in winzige Spalten zurück.
Die Anwesenden konnten sich nun alle ansehen. Es handelte sich dabei um Käpt’n Greg, Skip, Morgan und Matt sowie um Thorus, der seine normalerweise schwere und laut scheppernde Rüstung gegen eine weniger laute Banditenrüstung getauscht hatte, Fisk, Sancho und Logan.
„Wir müssen uns beeilen“, meinte Thorus flüsternd. „Es beginnt bald zu dämmern.“
Greg nickte. „Also, Leute, ihr wisst alle, was ihr zu tun habt?“ Alle acht versammelten Personen nickten. „Gut. Also, unsere Gruppen sehen so aus: Thorus geht mit Skip, Morgan und Sancho, ich gehe mit Matt, Fisk und Logan. Klar?“
„Ja“, flüsterte Thorus. „Keine Sorge, Logan kennt sich im Sumpf gut aus, er wird euch schon heil herausführen.“
„Oder in eine Falle führen“, meinte Skip murmelnd, doch wurde sofort darauf böse von Greg und Thorus angestarrt. „Klappe halten“, sagte Greg wütend. „Wir müssen jetzt zusammenhalten und können es uns nicht erlauben, wieder grundlos feindselig zu werden.“
Skip wollte gerade etwas erwidern, doch Thorus unterbrach ihn. „Dann lasst uns jetzt weiter gehen.“
Greg stimmte zu.

Sie hatten die alten Ruinen hinter sich gelassen und befanden sich nun direkt vor dem riesigen Sumpf. Die Schwärze der Nacht war inzwischen einem dunklem blau gewichen. Während sie im Gebüsch lagen, beobachteten sie vorsichtig die Umgebung. In der Ferne war irgendwo ein Feuer zu erkennen, die lauten Orkrufe schallten bis hierhin. Doch in ihrer unmittelbaren Umgebung schien sich kein Ork zu befinden. Logan, der vor wenigen Minuten ausgeschickt worden war, das nähere Umfeld zu erkunden, kehrte geduckt laufend zurück. „Die Luft ist rein“, flüsterte er. „Wir haben freie Bahn, aber ich weiß nicht, wie lange.“
Greg atmete tief ein. „Dann mal los. Kommt, Jungs.“ Langsam richteten sie sich auf und begaben sich in die gleiche geduckte Körperhaltung wie Logan. Greg sah den anderen noch einmal tief in die Augen. „Viel Glück“, sagte er, ehe er mit Logan, Fisk und Matt in Richtung Norden verschwand.
„Wir gehen jetzt auch los“, meinte Thorus. Seine Gruppe, bestehend aus Fisk, Morgan und Sancho, machte sich in die entgegengesetzte Richtung auf, mitten in das Herz des Sumpfes.

„Wir sind da“, flüsterte Logan. Sie befanden sich auf einer kleinen Insel inmitten des Sumpfes, die Geräusche der Orks waren hier lauter zu hören. Doch Greg war eher der Dschungel an sich unheimlich. Die riesigen, dichten Baumkronen schienen jede Helligkeit zu absorbieren, neben den Orks waren auch andere seltsame Laute zu hören. Greg war zwar früher tagsüber schon oft im Sumpf gewesen, doch noch nie in der Nacht. Er hoffte zutiefst, dass ihr Plan funktionieren würde.
„Da vorne“, murmelte Logan und zeigte auf eine Stelle im Morast.
„Ich erkenne da nichts“, meinte Matt misstrauisch. „Das einzige, was da ist, ist diese stinkende, grüne Brühe.“
„Du hast ja keine Ahnung“, sagte Logan in einem verächtlichen Tonfall. „Ich habe lange genug hier gelebt und kenne mich mit diesen Biestern besser aus als jeder andere. Und da vorne befinden sich mindestens vier von ihnen.“
„Vier sind nicht genug“, erklärte Greg eindringlich. „Wir brauchen mehr. Viel mehr.“
„Wartet hier. Macht keinen Laut. Am besten, ihr rührt euch nicht von der Stelle!“, sagte Logan, und ehe Greg etwas erwidern konnte, verschwand der Bandit im Gebüsch.
„Bei Adanos, spinnt der?“, fluchte Greg.
Nach etwa zehn Minuten kehrte Logan zurück. Ein Grinsen überzog sein Gesicht. „Ich habe eine ganze Kolonie von ihnen ausgemacht. Etwa zehn Stück. Zusammen mit diesen hier wären das mindestens vierzehn von den Biestern.“ Er wandte sich nach Greg um, sein Grinsen wurde noch breiter. „Na? Reichen die denn?“
Greg grinste zufrieden zurück. „Und ob.“

Morgan zuckte bei jedem ihm unbekannten Geräusch zusammen. Er versuchte, möglichst mit den anderen Schritt zu halten, um sich nicht zu verirren. Er war noch nie im Sumpf gewesen, und vor allem in der Nacht war es hier extrem unheimlich. Ächzende Baumstämme, raschelndes Laub und seltsame Tierlaute waren nur einige der Gründe, weswegen er sich total fehl am Platz vorkam.
„Wir sind da“, meinte Sancho flüsternd. „Wir dürfen nicht weitergehen, ab hier wird es erst richtig gefährlich.“
Thorus betrachtete die große, morastige Fläche. „Was schätzt du, könnten sich hier genug von ihnen befinden?“
Sancho zuckte mit den Achseln. „Ich habe keine Ahnung. Man merkt nie, dass sie da sind, bis sie plötzlich direkt vor einem stehen. Hier kann sich nur einer, aber genauso gut auch ein Dutzend befinden. Weiter hinten im Sumpf sind es wahrscheinlich noch viel mehr. Aber das Risiko ist zu groß, um weiter zu gehen.“
Thorus nickte. „Dann tun wir es. Seid ihr alle bereit?“
Sancho und Skip nickten, Morgan, dessen Gesicht bleich war, nach einigem Zögern schließlich auch.
„Okay. Macht euch fertig.“ Er bückte sich, suchte kurz auf dem Boden herum und fand schließlich einen dicken Stein. Er richtete sich wieder auf und starrte auf das kleine, unscheinbare Sumpfgebiet. Die anderen taten es ihm gleich. Thorus holte tief Luft. „So. Dann wollen wir mal.“

Stonecutter
14.11.2005, 19:59
Stumm starrte Greg auf die dunkle, unheilvolle Fläche, die sich vor ihm erstreckte. Er dachte über ihre Situation nach. Wenn ihr Plan scheiterte, waren sie verloren, denn die Orks waren weit in der Überzahl. Auch wenn er äußerlich nicht diesen Eindruck machte, innerlich zweifelte er stark an einem Gelingen ihres tollkühnen Vorhabens. Es war einfach verrückt, zu glauben, dass sie damit durchkommen könnten. Allerdings musste er sich auch eingestehen, dass er keinen besseren Vorschlag zu bieten hatte, also hatte er sich der Idee der Banditen gefügt.
„Adanos, oh Herr der See, bitte hilf uns bei unserem Kampf...“, begann er leise vor sich hin zu murmeln. Matt und Fisk, die hinter ihm standen, blickten ihn an.
„Er glaubt nicht, dass wir siegen können, oder?“, fragte Fisk schließlich gerade laut genug, dass nur Matt ihn hören konnte.
Dieser schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Ich kann ihn aber auch gut verstehen. Er hat in den letzten Tagen viele Mitglieder seiner Crew verloren, gute Männer und Kameraden. Und er wird wahrscheinlich noch viel mehr verlieren. Aber Greg ist ein ausgezeichneter Kapitän, der beste den ich je gesehen habe. Er wird sich schnell wieder fassen.“
„Aber meinst du nicht, dass...“ Weiter kam Fisk nicht, denn Logan stürmte keuchend aus dem Gestrüpp, er schleifte mehrere Pflanzen, die sich in seiner Rüstung verfangen hatten, hinter sich her. Er machte sich dieses mal keine Mühe mehr, leise und geduckt zu laufen, er bewegte sich sogar äußerst geräuschvoll. Er bleib stehen, grinste ihnen zu, wandte sich um und rief laut in die Richtung, aus der er gekommen war: „Los, ihr elenden Mistviecher, kommt schon! Ich warte auf euch!“
Die anderen reagierten augenblicklich und taten das, was Logan ihnen aufgetragen hatte. Sie schleuderten Steine auf die wässrige Fläche vor ihnen, woraufhin sich dort mehrere Schemen aufrichteten. Sie erreichten eine Größe von über zwei Metern und stießen laute Rufe aus, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Es waren fünf dieser Kreaturen, die nun schlangengleich auf Gregs Gruppe zu glitten. „Jawoll!“, jauchzte Logan. „Es funktioniert!“ In diesem Moment tauchten aus dem Gebüsch hinter Logan weitere Sumpfhaie auf, es waren diejenigen, die er wenige Minuten zuvor aufgeschreckt hatte und ihn daraufhin verfolgt hatten.
„Jetzt aber nichts wie weg hier!“, rief Greg und begann zu rennen. Sie liefen los, die zwei Gruppen von Sumpfhaien vereinigten sich und jagten ihnen brüllend nach.
Nun ist es soweit, dachte Greg. Jetzt zeigt sich, wie viel der Plan wirklich taugt.
Während des Laufens zog er ein Horn aus einer Tasche und stieß hinein. Laut und mächtig dröhnte der Laut durch den gesamten Sumpf, ihr Aufhalten im Sumpf war nun kein Geheimnis mehr, es gab kein Zurück. Geschlossen und mit fünfzehn Sumpfhaien im Schlepptau rannten sie in Richtung des Orklagers.

„Ach du Scheiße“, murmelte Morgan mit kreidebleichem Gesicht, als sich nur wenige Meter entfernt etwa sechs Gestalten aus dem Sumpf erhoben. Sie waren verdammt groß und sehr stämmig, über und über mit grün-braunen Pflanzen und Moosen überwuchert, die sogar aus ihrer dicken, dunkelbraunen Haut zu wachsen schienen. In ihren Antlitzen waren durchaus grobe, menschliche Gesichtszüge zu erkennen. Morgan beschloss, sich lieber nicht mit einem von ihnen anzulegen.
„Ich glaube, es wäre besser, jetzt zu verschwinden“, raunte Sancho Thorus zu. „Diese Typen mögen es nicht sonderlich, wenn man sie stört. Und wir haben sie gerade gestört. Dann werden sie normalerweise recht ungemütlich.“
„Okay, Leute, ihr habt es gehört“, sagte Thorus und wandte sich um. „Und jetzt sollten wir laufen!“
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, tat er es auch schon. Morgan ließ sich das nicht zwei mal sagen. Er nahm die Beine in die Hand und rannte so schnell er konnte. Er wollte nur weg von diesen grauenvollen Kreaturen. Diese hatten sich nun anscheinend aus ihrer Starre befreit. Stampfend begannen die Sumpfgolems, sie zu verfolgen.
„Verflucht, lauft so schnell ihr könnt!“, brüllte Sancho nun so laut wie es ihm möglich war, ohne Rücksicht darauf zu geben, ob Orks in der Nähe waren. Sie bewegten sich direkt auf das Orklager zu, die Golems waren dicht hinter ihnen. Die ersten frühen Sonnenstrahlen drangen durch die Bäume zu ihnen hindurch.
Plötzlich schob sich etwas großes direkt vor Skip. Dieser sprang erschrocken zurück und entging so nur knapp der schweren Axt des Orkkriegers, der sich vor ihm aufgebaut hatte.
„Verflucht“, brüllte Morgan. „Wir sind verloren!“
Der Ork schien verwirrt zu sein. Nicht nur Menschen waren hier wie aus dem Nichts aufgetaucht, auch andere seltsame, unheilverkündende Gestalten rannten auf ihn zu. Er entschied sich, dass diese neuen Monstren ein größere Bedrohung als die Menschen darstellten und rannte mit gezogener Axt auf das nächstbeste zu. Er holte aus, schlug zu - doch die Axt, die in die dicke Haut eindringen sollte, schien dem Monster fast gar nichts aus zu machen. Klingen wie von Schwertern oder Äxten zeigten nämlich fast keine Wirkung, jedwede Art von Golem ließ sich nur durch stumpfe Waffen effektiv bekämpfen. Der Ork erstarrte verwirrt und auch erschrocken. Was war denn jetzt geschehen? Doch er hatte keine Zeit mehr zu überlegen. Der Sumpfgolem holte mit seiner mächtigen Pranke aus und schlug sie dem Ork mitten ins Gesicht.
Dieser flog durch die Wucht des Aufpralls und mit einem schrillen, schmerzerfüllten Schrei einige Schritte durch die Luft und stürzte auf den sumpfigen Boden. Skip konnte einen kurzen Blick auf die Visage des Orks erhaschen und war schockiert: das Gesicht war völlig deformiert worden, die Nase tief in den Schädel eingetrieben, die markanten, vorstehenden Orkhauer herausgebrochen, die Augen total zerquetscht. Skip schüttelte sich vor Abscheu, diese Golems waren wirklich abscheuliche Kreaturen.
„Los, weiter!“, rief Sancho. Weitere Orks schienen im Anmarsch zu sein. In diesem Moment ertönte ein lautes, dröhnendes Geräusch, das sich durch den ganzen Sumpf zu ziehen schien.
„Gregs Horn!“, rief Morgan erfreut. „Der alte Teufelskerl!“
Orks erschienen nun fast überall, doch die kleine Gruppe versuchte, möglichst kampflos an ihnen vorbeizukommen. Oft nahmen sie schrecklich anzuhörende orkische Todesschreie wahr. Die Golems hatten sie abgehängt, die waren jetzt mit den Orks beschäftigt.
„Da vorne!“, rief Skip. „Da sind sie!“
Er hatte recht. In der Ferne stürmten johlend die restlichen Banditen und Piraten in den Sumpf. Magische Blitze flimmerten dort sporadisch auf, als der sich bei ihnen befindliche Saturas die Kräfte Adanos’ entfesselte und auf die Orks richtete. Die finale Schlacht hatte begonnen. Hier im Sumpf würde sich das Schicksal Jharkendars entscheiden.

Stonecutter
01.12.2005, 17:06
Kapitel 23

„Krushak gadash!“, rief der Anführer der Orks zornig und bäumte sich vor dem Schamanen, der im Schneidersitz auf dem Boden saß, auf. Während er scheinbar wütend auf ihn einredete, gestikulierte er wild mit seinen Armen, um seinen Standpunkt zu verteidigen. Der Schamane jedoch, schüttelte nur den Kopf und blickte dem Anführer ernst in die dunklen Augen.
„Tatosh fraszk“, meinte er nur und entblößte dabei seine langen Hauer, die mit bunten Farben bemalt worden waren und ihn als Ork von hohem Stand kennzeichneten. Er öffnete seinen Mund, schob sich eine der fetten, knusprigen Sumpfratten hinein, die neben ihnen über einem der vielen Lagerfeuer brutzelten, biss genussvoll zu und begann, geräuschvoll zu kauen. Dies tat er weniger um seinen Hunger zu stillen als viel mehr sein Desinteresse an den Ausführungen seines Gegenübers darzustellen.
Der Anführer war nicht besonders erfreut. Er holte tief Luft und wollte gerade beginnen zu sprechen, doch er atmete stattdessen wieder aus. Wie sollte er es dem Schamanen bloß erklären? Am liebsten hätte er ihm tausend Verwünschungen an den Kopf geworfen, doch er wagte es nicht, den ehrwürdigen Schamanen zu erzürnen. Dieser alte Sturkopf war unnachgiebig, der Anführer war sich sicher, dass er seine Forderungen im großen Rat der Schamanen nicht unterstützen würde.
Er wollte gerade ein neues Argument hervorbringen, als plötzlich ein Ork hastig auf ihn zu gerannt kam. Er stolperte sogar fast über seine eigenen Füße, als er vor dem Befehlshaber stoppte.
„Hashat kozuag krata wrek!“, rief er schnaufend.
Der Anführer reagierte augenblicklich. Menschen und andere seltsame Kreaturen waren im Süden gesichtet worden. „Hosh truak braka!“, schrie er laut. Sofort setzte sich ein Großteil der Orks in Bewegung und zog Richtung Süden.
Der Anführer seufzte. Konnten diese dämlichen Menschen denn nicht ein mal Ruhe geben? Der Späher, der sich inzwischen wieder etwas erholt hatte, berichtete nun. Es waren vier Menschen, allerdings befand sich noch etwas anderes bei ihnen, Wesen, die er noch nie zuvor gesehen geschweige denn von ihnen gehört hatte. Der Schamane hörte aufmerksam zu, der Anführer hingegen schien offensichtlich genervt zu sein. Diese seltsamen Kreaturen, die aus dem Sumpf selbst zu bestehen schienen, interessierten ihn kein bisschen. Er überlegte sich lieber, wie er den Schamanen überzeugen könnte.
Plötzlich dröhnte ein lautes Geräusch durch den Sumpf. „Krufash“, stöhnte er. Diese schrecklichen Menschen. Selbst der Klang ihrer Hörner war grauenvoll, viel zu schrill für das orkische Hörvermögen. Einige Minuten später erschien plötzlich ein weiterer Ork vor ihnen. Dieser fing an so schnell zu sprechen wie es ihm nur möglich war, die anderen hatten Mühe ihm zu folgen. Laut seinen Aussagen befanden sich nördlich von ihnen Menschen, die eine Gruppe von Sumpfhaien direkt in den ersten Vorposten gelockt hatten. Dort war innerhalb kürzester Zeit Chaos ausgebrochen, viele Orks seien von den Haien schon getötet worden, da niemand auf solch ein Ereignis vorbereitet war.
Der Anführer begann daraufhin laut zu fluchen. „Gruhjuch mokrok drashg-bash!“, brüllte er wütend und versprühte dabei eine nicht geringe Menge an Speichel. Die beiden Späher, die von den Angreifern berichtet hatten, zuckten erschrocken zurück, der Schamane starrte ihn missbilligend an. Er hielt es für unangebracht, diese vulgärsten aller orkischen Worte zu benutzen. Für ihn war es sowieso schon schleierhaft, wie es solch einem inkompetenten Ork gelingen konnte, ein Anführer zu werden.
Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, schickte er eine Kompanie Orks nach Norden, um gegen die Sumpfhaie vorzugehen. Schlecht gelaunt wie er nun war, verspürte er jetzt das Verlangen, sich einen Sündenbock suchen. Der erste Späher schien wie geschaffen dafür zu sein. Doch bevor der Anführer etwas tun konnte, erstarrte dieser plötzlich. Denn mit einem schrillen Kreischen ging der Späher urplötzlich in roten Flammen auf.

Stonecutter
09.12.2005, 21:34
Kapitel 24

Nervös starrte Saturas auf den Sumpf, der sich in unmittelbarer vor ihm befand. Ihm war von Greg und Thorus die Führung über die restlichen Banditen und Piraten anvertraut worden. Einen Magier Adanos' für diesen Posten einzustellen schien die bestmögliche Lösung zu sein, da die Beziehung zwischen beiden Parteien noch immer sehr schlecht war; einen von ihnen als Anführer hätte mit Sicherheit zu Protesten geführt, was durchaus in einem Kampf hätte enden können. Doch Streit untereinander war in dieser Situation das schlimmste, was ihnen widerfahren konnte.
„Verflucht, es ist eiskalt“, murrte Henry, der neben dem Magier stand und sich bibbernd die Hände rieb. „Was ist denn schon gegen ein winziges Lagerfeuer einzuwenden?“, fügte er hoffnungsvoll hinzu.
„Viel“, antwortete Saturas und sah den Piraten mit strengem Blick an. „Unser Plan ist äußerst riskant. Wir können unmöglich vorhersagen, welche Hindernisse sich uns in den Weg stellen. Wir sollten es uns selbst nicht noch gefährlicher machen als es ohnehin längst schon ist, indem wir ein Feuer entzünden und die Orks auf uns aufmerksam machen.“
„Aber...“, begann Henry, „es... es... es ist doch so kalt!“
„Kein Feuer“, erklärte der Magier mit Nachdruck und einem bedrohlichen Unterton, der keinen Widerspruch zuließ.
Er wandte sich um und ließ Henry allein dort stehen, um einen weiteren Rundgang durch die Reihen der Banditen und Piraten durchzuführen. Das kleine Heer war grob in die beiden unterschiedlichen Gruppen unterteilt, misstrauisch beäugten sie sich gegenseitig. Der umher schreitende Wassermagier flößte ihnen jedoch Respekt ein, denn er hatte ihnen angedroht, sie allesamt in Fleischwanzen zu verwandeln, sollte auch nur einer von ihnen seine Waffe gegen einen anderen erheben. Da niemand von ihnen Interesse verspürte, sein restliches Leben auf dem Boden krabbelnd und dreckfressend zu fristen, fügten sie sich dieser Drohung. Saturas hingegen grinste insgeheim: er verfügte über keinerlei Wissen über Tierverwandlungen, dementsprechend war es ihm auch nicht möglich, auch nur einen von ihnen in den Körper einer Fleischwanze zu transferieren. Doch das mussten diese einfältigen Typen schließlich nicht wissen. Somit beschränkte sich der Austausch von Feindseligkeiten lediglich auf verbaler Ebene.

Dank der ersten Sonnenstrahlen, die von dem in Kürze aufsteigendem Himmelskörper zu ihnen gesandt wurden, wurde es dem Magier erlaubt, seinen Blick noch einmal genauer über die verfallenden Ruinen des alten Volkes der Erbauer schweifen zu lassen. Sie waren nach wie vor anziehend und selbst angesichts der unmittelbaren Gefahr der Orks übten sie eine unfassbare Faszination auf den Magier vom Kreis des Wassers aus. Zu gern würde er sie weiter studieren... Selbst nach Jahren würde es wahrscheinlich immer wieder neues zu entdecken geben. Bei diesem Gedanken fielen ihm wieder seine toten Kollegen und Freunde ein, die vor kurzem ihr Leben lassen mussten. Er würde nie wieder die Gelegenheit besitzen, sich mit ihnen zu unterhalten oder über die Vorzüge der Erbauer betreffend des Baustils ihrer Häuser fachsimpeln können...
Ohne dass er es gemerkt hatte, füllten sich seine Augen mit Tränen. Hastig wischte er sie sich mit dem Ärmel seiner Robe aus dem Gesicht. Er kehrte zu seinem vorherigen Standpunkt, an dem sich der noch immer frierende Henry befand, zurück und beendete somit seinen Rundgang. Langsam begann er sich Sorgen zu machen. Der Stoßtrupp, der von Greg und Thorus angeführt wurde, hatte sich bereits vor über zwei Stunden auf den Weg gemacht. Saturas war sich durchaus bewusst, dass der Sumpf ein sehr großes Gebiet abdeckte und ihr Vorhaben somit mehr Zeit in Anspruch nahm. Doch in dieser Zeit hätte schon längst etwas passieren müssen. Henry schien seine Gedanken erraten zu haben.
„Hey, keine Sorge“, meinte er. „Der Käpt'n, das ist ein zäher Bursche. Den hält niemand auf, schon gar nicht solche dreckigen, elenden, verfluchten Möchtegernkrieger wie diese Mistviecher im Sumpf.“ Abfällig spuckte er in die Richtung, in der er das Orklager vermutete.
„Das mag schon sein“, sagte Saturas, „aber-“
Ein lautes Dröhnen, dass seinen Ursprung irgendwo im nördlichen Teiles des Sumpfgebietes hatte, ertönte plötzlich und ließ selbst den Magier erschrocken zusammenzucken. Der Hall war noch in weiter Entfernung zu hören.
„Der Käpt'n! Das ist das Signal!“, schrie Henry erfreut und aufgeregt zugleich. „Ich habe es doch gesagt, den Käpt'n hält niemand auf!“
Auch die anderen Piraten und Banditen hatten sich beim Klang des Horns aufgerafft. Es war nun so weit, jetzt würden sie kämpfen.
„Los!“, rief der Magier und deutete auf den Sumpf. „Macht euch bereit! Es geht los!“
Und schon lief er los. Die lange, aufwendig bestickte bis zum Boden reichende Robe machte dies nicht leicht, doch irgendwie gelang es Saturas, mit den anderen losstürmenden Männern Schritt zu halten. Laute Schreie wurden ausgestoßen, die dieses mal ausnahmsweise keine Piraten oder Banditen beleidigten, sondern Aufrufe zum Kampf darstellten. Die Feindseligkeit schien wie weggeblasen, als sie alle miteinander in den Sumpf eindrangen. Die Holzplanken des Weges bebten und vibrierten unter den auf ihm her trampelnden Füßen, matschiges Brackwasser spritzte auf, als andere Banditen und Piraten wie besessen neben ihm auf den ersten Vorposten der Orks zu liefen.

Die fünf Orks, die den Vorposten der Banditen besetzt hatten, wurden allein durch die Masse der Angreifer regelrecht überrannt. Saturas erkannte den Vorteil, der sich ihnen bot. Sie hatten nun das Überraschungsmoment auf ihrer Seite, wenn sie nun schnell und gezielt handelten, gelang es ihnen möglicherweise, den ihnen zahlenmäßig weit überlegenen Orks einen schweren Schlag zu versetzen.
Mehrere schwer gepanzerte Elitekrieger, die ihnen ihre mächtigen, todbringenden Schwerter entgegenhielten, stellten sich ihnen in den Weg. „Verflucht!“, rief Saturas. Diesen Orks konnte es gelingen, ihren Vormarsch ins Stocken zu bringen. Er musste schnell handeln. So schnell wie es ihm nur möglich war, zog er eine Rune hervor, konzentrierte seine Gedanken auf das magische Artefakt und entfesselte die Mächte Adanos'. Diese Rune erlaubte es dem Magier, das in der Erde gespeicherte Wasser unter großem Druck heraus zu lösen und gegen seine Feinde einzusetzen. Aus dem sumpfigen Boden schossen zwischen den Orkeliten einige Geysire aus dem Boden. Da der Wassergehalt im Sumpfboden um ein Vielfaches größer war als im normalen Boden, verstärkte sich auch die Kraft des Zaubers. Die riesigen, dreckigen Wassersäulen warfen die meisten der Elitekrieger einfach um, viele starben durch die ungeheuren Kräfte, die auf sie ausgeübt wurden, sofort.
Saturas war nun in seinem Element. Problemlos schleuderte er Eislanzen, Blitze und Feuerbälle auf herannahende Orks, die dieser Magie nichts entgegenzusetzen hatten. Allerdings waren schon einige der Banditen durch Orks getötet worden. Der Plan muss erfolgreich gewesen sein, dachte sich Saturas. Das Ablenkungsmanöver von Thorus und Greg muss geklappt haben. Die meisten Orks sind anscheinend an anderen Stellen im Sumpf mit den Sumpfhaien und den Golems beschäftigt, ansonsten wären sie hier und hätten uns schon längst aufgehalten.
Doch er war sich bewusst, dass ihr Großangriff nicht so gut erfolgte, wie er erhofft hatte. Schon relativ schnell verloren sie an Tempo beim Vormarsch, viele der Banditen und Piraten waren gefallen. Die Moral der Männer begann, schnell und konstant zu sinken. Als der Magier gerade einen Feuersturm auf zwei Orks warf, erblickte er etwas, das sein Herz mit Freude erfüllte.
Nicht weit von ihm liefen einige Menschen auf sie zu. Einer von ihnen war Thorus.

Stonecutter
30.12.2005, 02:00
Saturas hatte alle Mühe, sich zu verteidigen. Er an vorderster Front war den Angriffen der Orks besonders stark ausgesetzt und setzte ohne Rücksicht auf den Verbrauch seiner magischen Energie einen Eisblockzauber nach dem anderen ein, um die Massen aufzuhalten. Eine Eiswelle konnte er in dieser Situation aufgrund von Kollateralschäden nicht wagen. Doch schließlich schien die Angriffswelle etwas abzuflauen, die Orks wurden gerade durch mehrere Sumpfhaie, die ihnen in die Flanke fielen, abgelenkt. Saturas verwendete diesen kurzen Moment der Erholung um einen Trank zu sich zu nehmen, der seine magische Kraft wieder regenerierte. Auch Thorus wusste diesen Augenblick genau zu nutzen, als sich die Reihen der Orks etwas lichteten, brach er mit seinen Gefährten hindurch und erreichte schließlich den Magier.
„Saturas!“, keuchte er. „Es hat funktioniert. Die Orks prügeln sich mit den Sumpfgolems.“
„Wie viele sind es?“, fragte der Magier und feuerte eine Wasserfaust auf einen herannahenden Ork ab, der daraufhin aufbrüllend zu Boden stürzte.
„Ungefähr ein halbes Dutzend. Sie sind sehr widerstandsfähig, die Orks werden einiges zu tun haben.“ Thorus hob den kopf und schaute sich verwirrt um. Wo ist Greg? Hatte sein Trupp Erfolg?“
„Dem Horn und den Sumpfhaien zufolge schon“, erwiderte Saturas, ehe er einen Feuerball auflud und in den Sumpf entsandte. „Wir haben ihn allerdings noch nicht wiedergesehen.“
Die Horden der Orks verdichteten sich wieder. Die zuvor aufgetauchten Sumpfhaie schienen erledigt worden zu sein. Brüllend und mit gezogenen Äxten stürmten die Grünpelze auf die Menschen zu.
„Verflucht!“ Saturas spürte, wie sich seine magische Kraft wieder verringerte, obwohl er doch vor kurzem erst einen Trank geschluckt hatte. „Ich werde langsam zu alt für so was“, murmelte er vor sich hin, während er weitere Kampfzauber abfeuerte.


„Krush plak!“, schrie der Anführer der Horde zornig und riss seine riesige Axt in die Höhe. Der Stiel war aus massivem, rötlichem Blutbuchenholz gefertigt, die mächtige Schneide bestand aus kaltem, dunklem und abweisendem Stahl. Die orkischen Gravuren wiesen diese Waffe als Statussymbol eines Herrschers aus und hatte schon viele Leben ausgelöscht. Der Anführer brüllte laute orkische Parolen und Siegessprüche in den Sumpf und hielt die todbringende Axt zum Schwur erhoben.
Der ehrwürdige Schamane sah ihn an und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dieser Ork war vielleicht stark und ein ausgezeichneter Krieger, aber sein Verhalten war dem eines guten Anführers absolut unwürdig. Er würde ihm nächsten Rat der Schamanen auf ihn zu sprechen kommen und versuchen, ihn gegen einen kompetenten Befehlshaber austauschen lassen. Doch dazu mussten sie diese lästigen Menschen los werden, die weiß Beliar schon genug Schaden angerichtet hatten.
„Tresh gufzuck!“, rief er dem Anführer entgegen und unterbrach ihn somit bei dessen Ausführungen. Dieser blickte den Schamanen verwirrt an. „Tres gufzuck!“, wiederholte der Schamane, bis der Anführer endlich die Axt senkte und sich in die Schlacht stürzte. Der Schamane schüttelte den Kopf nun deutlich. Dieser Idiot war auch noch so schwer von Begriff. Insgeheim hoffte er sogar, dass der momentane Anführer von den Menschen getötet werden würde. Damit hätte er zumindest ein Problem weniger. Er selbst hielt sich lieber im Hintergrund, da er nicht gerade versessen darauf war, ebenfalls gegen die Menschen zu kämpfen.


Saturas warf sich in letzter Sekunde hinter einen schützenden Baum. Das war ja gerade noch einmal gut gegangen, die geworfene Axt eines Orks hatte ihn nur knapp verfehlt. Der Magier war mitten in einigen Dunkelpilzen gelandet, die nun als zerquetschte, breiige Masse sein Hinterteil zierten. Als er sich wieder aufrichtete, sprang eine Sumpfratte quiekend aus dem Gebüsch und suchte das Weite. Saturas sah ihr nach. Unabhängig davon, wer den Kampf gewinnen würde, diese Ratte würde wieder hier erscheinen, um sich an den Kadavern der Gefallenen zu laben, genauso wie alle anderen Kreaturen des Sumpfes, die sich vom Schlachtfeld verzogen hatten. Er sah an sich herab. Trotz der Tatsache, dass sie gerade im Begriff waren, allesamt ihr Leben zu verlieren, konnte Saturas nicht anders als zu fluchen, da seine ehemals blaue Robe bereits vor dreckigem Sumpfwasser triefte.
Er fasste sich wieder und verließ seine Deckung. Die Orks hatten sich wie ein Keil in die Kämpfer der Piraten und Banditen getrieben, es sah nun denkbar schlecht für sie aus.
„Muchachacha!“, ertönte die raue Stimme eines Ork-Kriegers, der plötzlich auf Saturas losging. Dieser schaffte es gerade noch, einen Feuerball auf den Angreifer zu schießen. Das Fell ging daraufhin augenblicklich in Flammen auf, der Ork schrie von quälenden Schmerzen gepeinigt auf. Er ließ seine Waffe fallen und suchte sein Heil in der Flucht, wobei er wie eine lebende Fackel wirkte. Während er mit großen Schritten durch den Sumpf lief, rutschte er mit seine Füßen unglücklich ab, stürzte direkt in ein Wasserloch und versank komplett darin. Die dreckige Brühe erstickte die Flammen sofort, kleine Rauchschwaden kräuselten sich über der Stelle, an der der Ork verschwand. Er tauchte nicht wieder auf.
Saturas hingegen hatte wichtigeres zu tun, als sich dem Schicksal dieses Orks zu widmen. Zwei der Sumpfgolems waren überraschend aufgetaucht, doch sie brachten eine Variable ins Spiel, an die niemand zuvor gedacht hatte. Sie machten keinerlei Unterschied zwischen Orks und Menschen und griffen sie gleichermaßen an. Entsetzt sah Saturas, wie einer der Golems einen Banditen in den Magen schlug, woraufhin dieser mehrere Meter durch die Luft wirbelte und schließlich gegen die steinerne Mauer einer Ruine krachte. Wenn ihn schon der Schlag in den Bauch nicht getötet hatte, so musste ihm nun das Rückgrat gebrochen worden sein.
Die Orks schienen zu erkennen, dass von den Golems eine größere Gefahr auszugehen schien als durch die Menschen, was dazu führte, dass sich ein Großteil nun auf die beiden aus Sumpf bestehenden Kreaturen konzentrierte. Wild schlugen sie mit ihren Äxten auf sie ein, wobei viele Orks ihr Leben ließen, doch schließlich gelang es ihnen, einen der Golems zu vernichten. Er erstarrte und bröckelte auseinander. Die Überreste schienen sich perfekt in dem sumpfigen Boden zu integrieren, sie waren nach kurzer Zeit nicht mehr von den schon vorher vorhandenen Bodenbestandteilen zu unterscheiden.
Doch Saturas sah schon eine neue Bedrohung auf sich zukommen. Ein Ork in einer schweren Rüstung, die sogar noch noch prächtiger als die eines Elitekriegers zu sein schien, rannte schnaufend auf ihn zu. Mit einem Arm hielt er eine gigantische Axt, die ein Mensch vermutlich nicht einmal mit zwei Händen hätte heben können. Sowohl auf der Rüstung als auch auf der Axt befanden sich prunkvolle, orkische Runen und Intarsien. Es bestand kein Zweifel, Saturas sah direkt einem der gefürchteten Anführer entgegen, der ihn in wenigen Sekunden erreicht haben würde.
Er versuchte, seine letzten Manareserven zu mobilisieren und feuerte eine Wasserfaust auf den Boden vor ihm. Der Zauber traf in flachem Winkel auf die feuchte Erde auf, schoss weiter und durchpflügte schließlich die kleine Wasserfläche, die den Magier noch vom Ork trennte. Der Zauber nahm dort noch mehr Wasser und Energie auf, als er mit dem Ork kollidierte, brüllte dieser hinter einer großen Wasserfontäne auf und taumelte verletzt zurück.
Doch dies nahm Saturas schon gar nicht mehr wahr. Er hatte seine letzten Kräfte für diesen einen Zauber verwendet, ein schwarzer Schleier legte sich vor seine Augen. Erschöpft brach er mitten im Sumpf zusammen.

Stonecutter
19.02.2006, 04:08
Kapitel 25

Stimmengewirr umgab ihn. Viele, unzusammenhängende Gesprächsfetzen drangen an seine Ohren. Was war los? Wieso konnte er nichts sehen? Es dauerte einige Zeit, bis er begriff, dass etwas auf sein Gesicht gelegt worden war. Und jetzt erst fielen ihm die ungeheuren Kopfschmerzen auf, die wie schwere Orkhämmer in seinem Schädel dröhnten. Unfähig, seine Gliedmaßen zu bewegen, versuchte er zu sprechen, doch viel mehr als ein paar undefinierbare, krächzende Laute gab er nicht von sich. Er bemerkte lediglich, dass sich etwas nach in seiner Mundhöhle befand, das dort nicht hin gehörte, der Geschmack seines Speichels war einfach nur grässlich. Langsam kehrten die Erinnerungen zurück: die Schlacht im Sumpf, die Golems, der Orkhäuptling... dies war das letzte, an dass er sich noch entsinnen konnte, sein Kampf mit dem Orkführer. Er hatte einen Zauber auf ihn gewirkt und ab diesem Zeitpunkt brachen alle Erinnerungen abrupt ab. Hatte er ihn noch töten können? Schwer zu sagen, doch er versuchte nun, nicht mehr daran zu denken, um seinen strapazierten Kopf zu schonen. Die Schmerzen waren wirklich unerträglich.
In diesem Moment nahm er ein paar sich nähernde Stimmen wahr, die ihm bekannt vorkamen und offensichtlich über ihn redeten.
„...sich bewegt. Er muss aufgewacht sein.“
„Ja. Nimm ihm mal den feuchten Lappen von der Stirn, er sieht doch gar nichts mehr. Hey, Skip, hol' noch mal 'ne Flasche Wasser für ihn, damit er sich den Mund ausspülen kann. Er hat wirklich viel von dieser dreckigen Sumpfbrühe geschluckt.“
Er spürte deutlich, wie jemand neben ihm stand. Etwas löste sich von seinem Gesicht und wurde hochgehoben; sogleich fiel die Schwärze von seinen Augen ab und helles Licht schoss hinein. Keuchend blinzelte er jemandem entgegen, der sich über ihn beugte. Nein, es waren sogar zwei Männer. Langsam konnte er wieder Konturen ausmachen und die beiden Antlitze als die von Thorus und Greg identifizieren.
„Saturas, geht es Euch besser?“, fragte der Piratenkapitän mit besorgter Stimme. „Könnt Ihr sprechen?“
„Mir... mir geht es gut“, erwiderte der Magier keuchend und versuchte dabei, den Geschmack des Schlammes in seinem Mund zu ignorieren. „Was ist passiert?“
„Wir haben gesiegt“, meinte Thorus und ein stolzes Lächeln trat in sein Gesicht. „Gemeinsam ist es uns tatsächlich gelungen, die Orks zu vertreiben.“
„Wirklich?“, fragte Saturas und richtete sich auf. Er erkannte dabei, dass er auf einer Art Bahre mitten im Banditenlager gelegen hatte.
„Ja“, antwortete Greg grimmig. „Die meisten Orks sind tot, ein Großteil wurde von den Golems in die Flucht geschlagen. Sie sind weit in den Sumpf geflohen und stellen für uns sicherlich keine ernstzunehmende Bedrohung mehr dar. Wir haben auch darauf geachtet, dass sich keiner von ihnen in Richtung des Portals durchschlagen konnte.“
„Gut, gut“, murmelte Saturas. „Das ist ja erfreulich...“ In diesem Augenblick näherte sich Skip mit einer Flasche und reichte sie dem Magier. Dieser nutzte die Chance, um sich die Mundhöhle auszuwaschen.
„Da ist allerdings noch immer etwas, das es zu klären gilt“, fuhr Greg seufzend fort. „Wer bei Adanos hat die Boten und Francis getötet? Wer hat dafür gesorgt, dass wir uns gegenseitig bekämpft haben? Wer verflucht noch mal ist dieser elende Verräter?“
„Das ist in der Tat eine gute Frage“, stimmte ihm Saturas zu. „Wer würde denn einen Nutzen daraus ziehen können, dass sich Piraten und Banditen untereinander bekriegen?“
Thorus und Greg zogen die Zettel hervor, die bei den Boten und bei Francis aufgefunden worden waren. Schweigend betrachteten die drei Männer sie. „Ich kenne keinen meiner Leute, der solch eine Handschrift hat“, meinte Greg schließlich.
„Bei uns würden ebenfalls nur sehr wenige Banditen in Frage kommen“, erwiderte Thorus. „Im ganzen Lager finden sich vielleicht maximal zehn Leute, die überhaupt des Schreibens mächtig sind. Was sollte Fisk zum Beispiel schon für ein Motiv für diese Tat haben? Oder Lucia? Oder Scatty? Oder- “ Plötzlich stockte Thorus. Greg und Saturas sahen auf; sie schienen plötzlich äußerst interessiert zu sein.
„Scatty...“, flüsterte Thorus. „Warum bin ich schon nicht früher darauf gekommen?“
Der Wassermagier runzelte die Stirn. Er kannte Scatty, er war schon damals Schatten im alten Lager gewesen, als Saturas und die anderen Wassermagier noch gemeinsam mit Corristo und Xardas neben den Erzbaronen die Burg bewohnten. Seitdem waren nun zwar schon etliche Jahre vergangen, doch den Arenameister Scatty, der regelmäßig brutale Schaukämpfe veranstaltet hatte, hatte er bis heute noch nicht vergessen. „Wieso sollte Scatty so etwas tun?“, fragte er.
„Er ist, besser gesagt war, einer von Estebans Leuten“, erklärte der Anführer der Banditen. „Zu dessen Lebzeiten profitierte auch er vom Krieg mit den Piraten. Doch nachdem Esteban und Raven von diesem seltsamen Kerl umgelegt wurden, begann es ihm ebenso wie den anderen Anhängern der alten Herrschaft, die sich nicht anpassen wollten, im Lager schlechter zu gehen.“
„Aber wieso ausgerechnet er?“, hakte Greg nach.
„Es ist nur eine Vermutung, aber ich werde mir langsam immer sicherer mit dieser Theorie. Ich habe noch nie zuvor Scattys Handschrift gesehen, es ist gut möglich, dass die Zettel von ihm stammen. Ich könnte mir vorstellen, dass dies alles als ein persönlicher Racheakt geplant wurde... Der auch fast gelungen wäre, wenn die Orks nicht plötzlich in Jharkendar aufgetaucht wären.“
„Ich schlage vor, dass wir ihn uns mal mit ihm auseinandersetzen“, meinte Saturas. „Wir haben keine Beweise gegen ihn in der Hand, aber wir sollten trotzdem mit ihm reden.“
Thorus nickte. „Ich werde mich darum kümmern. Wartet hier, ich suche ihn.“ Er erhob sich und durchschritt auf der Suche nach Scatty das Lager. Saturas griff sich an den schmerzenden Kopf und ließ sich stöhnend auf die Bahre zurücksinken.

Nach etwa einer halben Stunde kehrte Thorus schließlich zurück. Scatty folgte ihm. „Was ist denn jetzt?“, fragte dieser genervt. „Wo soll ich helfen?“
Greg starrte Scatty verwirrt an. „Wovon redet der?“, meinte er zu Thorus gewandt.
„Ich habe ihm gesagt, dass wir seine Hilfe benötigen“, grinste Thorus. „Natürlich nicht, dass wir in Wahrheit etwas anderes von ihm wollen.“
„Was... was zum...“, stotterte Scatty verwirrt. „Was ist los?“ Es schien, dass er nervös wurde, eine Schweißperle rann an seiner Stirn herab.
„Nun, kommt dir das hier bekannt vor?“, fragte Thorus und wedelte mit einem Stück Papier in der Luft herum. Scatty erbleichte.
„Nei... nein, noch nie gesehen“, meinte dieser, nun sich hilfesuchend nach allen Seiten umsehend.
„Scatty, warum hast du das getan!“, donnerte Thorus plötzlich los. „Du hast uns alle verraten!“
Scatty seufzte. Es war zu spät, hier würde er sich wohl nicht mehr herausreden können. „Na gut, vielleicht wäre es besser, mit der Sprache herauszurücken... Seit Ravens Tod wurde die gesamte Struktur des Lagers geändert“, begann er. „Du kamst daher und meintest, dich selbst einfach so als Boss über alles stellen zu können, ohne dass du überhaupt von den anderen offiziell als Anführer anerkannt wurdest. Meine Geschäfte liefen mies, nur durch Wetten bei Schlägereien konnte ich mich noch über Wasser halten. Es wurde Zeit, dass sich die Situation änderte. Ja, ich war es,der den Krieg mit den Piraten angezettelt hatte. Dies hatte zwei Gründe, zum Einen war es die Chance, sie endgültig los zu werden.“ Gregs Augen blitzten bei diesem Satz wütend auf, er beherrschte sich allerdings noch. „Zum anderen... hätte ich dich getötet, Thorus. Während des Kampfes hätte ich es unbemerkt tun können und alle hätten daraufhin die Piraten dafür verantwortlich gemacht. Es hätte eine neue, bessere Führung für das Lager gegeben. Nur diese verdammten Orks haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
Schockiert starrte Thorus Scatty an. Dass er alles freiwillig so offen zugab, schien zu bedeuten, dass er wohl nichts mehr zu verlieren hatte.
„Und was wollt ihr jetzt mit mir machen? Ihr wisst die Wahrheit. Bringt ihr mich jetzt um?“
Saturas sah ihn ernst an. „Nein“, sagte er plötzlich zur Verblüffung Thorus' und Gregs. „Wir werden es nicht tun. Scatty, du wirst hiermit offiziell verbannt und aus dem Lager ausgestoßen. Gehe in den Süden Jharkendars und bleibe dort, denn solltest du dich jemals wieder hier blicken lassen, giltst du als vogelfrei. Und zwar ab sofort, also mach, dass du verschwindest.“
Saturas trug dies so autoritär und erhaben vor, dass weder Thorus noch Greg Einwände erhoben. Scatty hingegen hielt es für besser, nichts zu riskieren: er nahm augenblicklich die Beine in die Hand und lief fluchend aus dem Lager. „Wäre es nicht vielleicht doch besser, ihn sofort auszuschalten?“, meinte Thorus schließlich. Wer weiß, was ihm noch so alles einfallen könnte...“
Doch der Magier winkte ab. „Ganz Jharkendar quillt vor Kreaturen fast über. Der wird noch genug Probleme damit haben, lebend über die Runden zu kommen. Es existiert jedoch noch eine weitere Angelegenheit, um die wir uns kümmern müssen. Das Portal. So lang es geöffnet ist, besteht die permanente Gefahr weiterer Invasionen durch die Orks.“

Stonecutter
19.02.2006, 04:09
Kapitel 26
„Seid Ihr euch damit wirklich sicher?“, fragte Thorus ein weiteres mal zögerlich. Saturas nickte ernst. Seit der Schlacht im Sumpf waren nun vier Tage vergangen, der Magier fühlte sich nun wieder ausgezeichnet.„Es ist die einzige Möglichkeit, diesen Teil Khorinis' und Euer Lager nachhaltig zu sichern.“ Er wandte sich an Greg. „Kapitän, ich weiß, Ihr wollt diese Insel verlassen. Wenn ihr es tut, bitte ich Euch nur um eins: bitte nehmt diese Kisten mit.“ Er deutete auf eine Steinhütte, in der mehrere Holzkisten gestapelt worden waren. „Darin befinden sich alte Relikte und alle Aufzeichnungen, die meine Kollegen und ich über das Volk der Erbauer gemacht haben. In diesen Kisten ruhen Schätze von unbezahlbarem Wert, es ist praktisch alles, was wir über die Erbauer wissen. Ich wäre Euch zutiefst verbunden, wenn ihr Euch dieser Kisten annehmen und anderen Forschern oder Priestern zulassen kommen würdet.“
Greg sah Saturas ernst in die Augen. „Ich verspreche bei Adanos, dass ich dies tun werde“, meinte er. Normalerweise würde Saturas solch wertvolle Antiquitäten keinem Piraten übergeben. Dennoch spürte er, dass er Greg vertrauen konnte und zweifelte kein bisschen an dessen Ehrlichkeit.
„So, dann lasst uns mal beginnen“, sagte Saturas laut. Daraufhin betrat die etwa fünfzehn Männer umfassende Gruppe aus Banditen und Piraten, die sich auf dem großen Platz im Zentrum Jharkendars aufgehalten hatte, das Portalgebäude. Sie schritten durch den langen Gang, der von mit seltsamen Zeichen verzierten Säulen gestützt wurde, als sie plötzlich ein Geräusch wahr nahmen. Ein lauter Ruf bestätigte ihre Vermutung.
„Krash grachat!“, brüllte der Umriss vor ihnen und stürmte auf sie zu. Ein einzelner Ork stellte jedoch keine Bedrohung für die Gruppe dar, schnell war er erledigt. „Das gefällt mir nicht“, murmelte Thorus, als er die Orkleiche betrachtete. „Das ist kein Späher... das ist ein Krieger. Und ihre Krieger sind für gewöhnlich niemals allein unterwegs. Ich fürchte, dass ihr nächster Angriff in Kürze erfolgt.“
Dies befürchteten sie schon seit zwei Tagen: Orkspäher waren nur einige Tage zuvor durch das Portal gelangt, und mindestens einem von ihnen musste es gelungen sein, nach Khorinis zurückzukehren. Ein wichtiger Grund, ihr Vorhaben schnellstmöglich durchzuführen.
Und nun bemerkten sie es: Orks strömten brüllend durch das Portal. „Verflucht“, rief Thorus und zog seinen Zweihänder, die anderen taten es ihm gleich. Gemeinsam kämpften sie gegen die Orks und drängten sie zurück, bis Saturas seine Chance erkannte. Durch einige Lücken gelang es ihm, das Portal zu erreichen. Er sah noch einmal zurück. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er diesen Ort niemals wieder zu Gesicht bekommen. Er sah kurz den Piraten und Banditen zu, wie sie verbissen gegen die Eindringlinge vorgingen und schritt dann, leise zu Adanos betend, durch das Portal.

„Er hat es geschafft!“, schrie Greg, während er mit seinem Säbel den Schlag eines Orks parierte. „Saturas ist drüben!“
Thorus blickte zum Portal. Nachdem Saturas es betreten hatte, schien die Verstärkung der Orks zu schwinden, zumindest tauchten dort seitdem einige Minuten lang kein Ork mehr auf. Die Verteidiger waren in der Lage, die letzten verblieben Feinde zu erledigen und sahen schließlich auf zum Portal.
„Hat er es wohl geschafft?“, fragte Greg nervös. In diesem Augenblick begannen erneut Orks das Portal nach Jharkendar zu durchqueren und stürzten sich brüllend auf die Menschen.

Saturas stand auf der anderen Seite des Portals und sah sich entsetzt um. Die ganze Halle, nein, es musste sogar bei der gesamten Ausgrabungsstätte der Fall sein, war dicht von Orks bevölkert. Sie mussten ebenso überrascht sein wie er, doch er riss sich schnell von diesem Anblick weg und feuerte eine Eislanze auf einen herannahenden Ork, der daraufhin brüllend zusammensank. Der Magier hastete nach rechts, denn dort in der Wand musste sich der Ornamentring befinden, der das Portal geöffnet hatte. Die Orks schienen das Interesse am Portal vorerst verloren zu haben, zumindest hatten sie sich Saturas als neues Primärziel auserkoren. Dieser entfesselte jedoch gerade eine Eiswelle und bewirkte somit, dass die sich ihm nahe befindlichen Orks festfroren; dies führte wiederum dazu, dass sie eine Art Wall bildeten und weiter hinten befindliche Orks nicht zu Saturas gelangen konnten.
Der Magier stand nun direkt vor dem Ornamentring. Plötzlich wurde alles um ihm herum nebensächlich, nur noch das Artefakt vor ihm war von Relevanz. Inmitten von lärmenden Orks begann er, nachdenklich zu werden. Sollte er es wirklich tun? Sollte er das Portal für alle Ewigkeit verschließen? All die Funde, all die ungelösten Rätsel, all die Geheimnisse er Erbauer würden sich für die Außenwelt verschließen... Konnte er dies verantworten?
Doch andererseits hatte er es Thorus versprochen. Zumindest die jetzigen Bewohner Jharkendars sollten verschont bleiben.
Ein Knistern hinter ihm kündigte an, dass die Magie der Eiswelle ihre Wirkung verlor. In Kürze würden sich diese Orks wieder bewegen können. Saturas sah sich noch ein mal um. Orks begannen wieder, durch das Portal zu laufen. Er musste es tun, jetzt oder nie. Der Magier schloss die Augen und konzentrierte sich. Er nahm keinerlei Geräusche mehr war, er vernahm nur noch das Fließen der Magie. In einem einzigen Punkt zentralisierte sie sich, bis Saturas sie schließlich entfesselte. Mit einem leisen Knistern schoss ein Strahl aus purer Energie in den Ornamentring – und mit einem lauten Krachen zerbarst dieser in hunderte von Splittern. Augenblicklich erlosch die magische Aura des Portals.
Erschöpft sank Saturas auf den Boden. Dieser Zauber hatte ihm alle Kraft abverlangt, die er aufbringen konnte. Und schließlich geschah etwas, womit selbst er nicht gerechnet hatte. Von der Nische des Ornamentrings begann sich ein Riss durch die gesamte Wand ziehen. Unheilverkündend begann sie zu knirschen. Plötzlich wurde es still. Selbst die Orks beobachteten gebannt den sich immer weiter ziehenden Riss, der letztendlich auch die Decke erreichte. Staub begann herunter zu rieseln, das Knirschen schwoll an zu einem bedrohlichen Ton. Die gewaltige Energiemenge der Magie Saturas' musste ausgereicht haben, um den Wänden die nötige Stabilität zu nehmen, die Orks begannen vorsichtig zurückzuweichen. Als dann der erste Felsbrocken von der Decke stürzte und zwei Orks unter sich begrub, gab es kein Halten mehr. Panisch und voller Angst begannen sie brüllend zu rennen, während die Instabilität der Ausgrabungsstätte nun ernsthafte Konsequenzen mit sich zog. Unterdessen begann der Boden leicht zu beben, Felsbrocken fielen von der Decke, eine der Säulen begann nun seitlich weg zu knicken und begrub drei Orks unter sich. Die Decke senkte sich daraufhin etwas ab.
Saturas beobachtete dies alles mit ziemlicher Gelassenheit. Lächelnd sah er zu, wie die Orks zu fliehen versuchten. Für ihn zählte nur noch, dass er seine Aufgabe erledigt hatte. Ein dicker Felsbrocken krachte dicht neben ihm auf den Boden. Doch Saturas lächelte noch immer. Keine Frage, er würde hier nicht mehr rechtzeitig entkommen können. Angst hatte er allerdings nicht, im Gegenteil. Er strahlte Ruhe und Zufriedenheit aus. Zwei weitere Säulen verloren den Halt und stürzten zu Boden. Die Decke neigte sich stärker, das Erdbeben machte es einem schwer, sich auf den Beinen zu halten.
Saturas lächelte weiter. Bald würde er wieder seine Freunde und Kollegen zu Gesicht bekommen. Mit diesem Gedanken und dem Wissen, das Portal nun endgültig versiegelt zu haben, sah er einer weiteren stürzenden Säule zu, die der Decke das letzte bisschen Halt nahm. Die gewaltigen Kräfte rissen sie herunter und in einer ansetzenden Kettenreaktion begann nun die gesamte Ausgrabungsstätte in sich selbst zusammenzustürzen. Schließlich wurde die Integrität des Bodens so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass er letztendlich nachgab. Mit einem gewaltigem Lärm nahm das Erbeben schließlich seinen Höhepunkt, als sich die große Pyramide im Nordosten Khorinis' unter ungeheuren Kräften und einer immensen Aufwirbelung von Staub und Erde herabsenkte, durch den Boden brach und die gesamte Ausgrabungsstätte mit allem, was sich darin befand, unter hunderten Tonnen von Gestein begrub.

Stonecutter
19.02.2006, 04:10
Epilog

Die Sonne schien von einem klaren, durch und durch blauen Himmel herab, lediglich am Horizont waren einige kleine Wolken zu erkennen. Seichte Wellen brandeten an den warmen, hellen Sandstrand. Das Schiff der Piraten ankerte stattlich und mit neuen gehissten Segeln in der Bucht und wartete nur darauf, auslaufen zu können. Die Banditen hatten den Piraten so viel Stoff zur Verfügung gestellt, wie sie benötigten, somit war es ihnen möglich, ihr Schiff mit allem Wichtigen auszustatten.
Ein Monat war nun vergangen, seit Saturas durch das Portal gegangen war. Während der Kämpfe mit den Orks war es nach einiger Zeit jedoch erloschen und es war nicht mehr möglich, es zum Reisen zu benutzen. Auch über den Seeweg waren keine weiteren Orks in Jharkendar eingetroffen. Den seekampferprobten Piraten war es nicht schwer gefallen, vor einigen Wochen die sich noch in der Bucht befindende orkische Kriegsgaleere zu entern.
Das Lager der Piraten lag nun ziemlich verlassen am Strand. Alles war an Bord gebracht worden, die Holzhütten wirkten nun leer und abweisend. Gregs gesamte Mannschaft sowie fast alle Banditen waren an diesem Tag hier vertreten. Die Piraten begannen nun, die Kisten der Wassermagier zu verladen, in kleinen Booten fuhren sie zum Schiff, das etwas außerhalb lag, um sie an Deck zu wuchten.
Greg stand Thorus gegenüber und blickte ihm ernst in die Augen. „Es ist so weit“, meinte der Kapitän. „Wir werden in Kürze aufbrechen.“
Thorus nickte. „Ich wünsche dir und deiner Mannschaft alles Gute. Möge Adanos über euch wachen.“
„Ich danke dir. Wer weiß, vielleicht treffen wir uns dereinst wieder“, lächelte Greg.
„Oh, ich bin mir sicher, dass wir uns wieder sehen werden“, meinte Thorus augenzwinkernd.
Die beiden reichten sich die Hände und drückten sie kräftig. „Lebt wohl!“, rief Greg, bevor er sich umwandte und in ein kleines Boot stieg. Skip, der Steuermann des Bootes, begann daraufhin, den Weg in Richtung des Schiffes einzuschlagen. Dort angekommen, gingen Greg und Skip an Bord und auch das kleine Boot wurde mit dicken Tauen hinaufgezogen.
Langsam glitt das Schiff aus der Bucht hinaus. Ein kräftiger Wind blies in die Segel und brachte die Piratenflagge hoch oben am Mast zum Flattern. Und während die Banditen ihm nachblickten, wurde das Schiff immer kleiner, bis es schließlich hinter dem Horizont verschwand.