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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Story]Witwen der Wälder



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02.04.2005, 06:07
Prolog

An meine Marista:
Die Kriegslage scheint aussichtslos, Sie sind aus dem Norden über uns eingefallen. Die Berge brennen, Städte und Dörfer des Nordens sind zu Asche zerfallen, welche der blinden Zerstörungswut der Feinde zum Opfer gefallen sind. Nur die nördlichste Großstadt, die Hauptstadt Nordmars, vermag gegen die anströmende Flut von feindlichen Truppen standzuhalten, wie Klippen dem Meer standzuhalten vermögen. Und so wie die Wellen der Ozeane mit Gewalt gegen die Klippen donnern und die Gischt des Wassers in die Höhe treiben, so preschen die Feinde mit voller Wucht gegen die beständigen hohen schwarzen Mauern der Großstadt, aus festem Lavagestein gefertigt.
Sie, die Feinde, stehen mittlerweile schon an den Grenzen zum Lande Myrtana. Unsere tapferen Soldaten scheinen allmälich wie Feuerholz für die Schmelzöfen vernichtet zu werden. Sie fallen in Massen. Auch wenn ich nur Bote bin, so laufe ich dennoch in Gefahr ebenfalls so zu enden wie die meisten Soldaten hier.
Flieht wenn euch die Orkpest ereilt! Schütze unsere Tochter, bring sie und Dich in Sicherheit. Flieh in den großen Wald, dort wirst du in Sicherheit sein - wenn die Orks nicht gerade versuchen werden den Wald abzubrennen.
Dies sei mein letzter Brief an euch bevor ich entweder falle oder heimkehre.
Mein letzter Gruß an Euch,

Euer Farlan

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02.04.2005, 08:16
Kapitel 1

Helena wachte bei nacht ruckartig auf, als sie plötzlich einen Schrei aus der Ferne vernam. Es war ein teuflischer Schrei, kein menschlicher. Eine große Furcht stieg schlagartig in ihr auf. Sie sprang flink aus ihrem Bett und eilte mit noch wackeligen Beinen zur Haustür. Aus der Ferne erblickte sie mehrere in Dunkelheit verhüllte Gestalten, welche sich langsam und schnaubend ihrem kleinen Haus näherten.
Es war Krieg, die Leute erzählten über immer häufiger auftretenden Überfällen von Orks auf kleinere Städte und Dörfer in den nördlicheren Gebieten Myrtanas. Die Menschen waren meist in stiller Angst und nicht selten auch in großer Panik, wenn die warnenden Hörner aus den Wachtürmen ertönten. Die Orks griffen immer wieder in gößeren Gruppen die einzelnen Dörfer der Menschen an und brannten alles nieder, nachdem sie die Menschen, die in den Dörfern und Städtchen lebten, getötet hatten.
Hinter den Schattengestalten brannte der Himmel. Helena wohnte ein wenig abseits vom Dorf mit ihrem Manne, welcher aber zu Beginn des Krieges sich in den Dienst der Miliz meldete.
Hatte niemand etwa gemerkt, dass die Orks angriffen, oder habe ich etwa das warnende Horn im Schlafe überhört? Dies fragte sich Helena langsam rückwärts in ihr Holzhaus schreitend. "Du musst fliehen!", sagte Helena zu sich selbst, drehte sich rasch um und rannte ins Haus. Sie nam die Tasche mit Proviant, welche sie sich schon für den Fall der Fälle zurechtgelegt hatte. Seltsamerweise emfand sie keine Furcht in die Nacht hinauszueilen, allein in die Finsternis. Es mag an der Sicherheit gelegen haben, welche ihr das Kurzschwert vermittelte, das sie von der hölzernen Wand abnahm. Ihr Ehemann hat es ihr dargelassen, mehr für die Verteidigung vor Dieben und Scharlatanen als vor Orks, denn damals hätte ihr Mann niemals zu denken vermocht, dass Orks einmal ihr Dorf heimsuchen würden, die Königliche Miliz war in seinen Augen viel zu stark als das sie gegen die Orks verlieren könnte, schließlich werde ja bald Nachschub an magischem Erz aus dem fernen Khorinis angeliefert werden, sodass die abtrünnigen Horden der Orks keine Chance mehr besitzen könnten gegen die edelen Paladine und ihre Miliz etwas auszurichten.
Helena musste in die Finsternis des nahegelegenen Nadelwaldes flüchten, ohne Furcht vor der Nacht, denn sie sollte sich eher vor dem roten Licht fürchten, welches von den lodernden Flammen des brennenden Dorfes erzeugt wurde, die auf die Rücken der sich nun schon mit Kriegsgeschrei anlaufenden Orks hell schien.
Helena rannte und rannte in ihrem weißen Nachtgewand. Sie hatte Glück. In der schwärze der Nacht haben sie die Feinde nicht aus ihrem Hause flüchten sehen.

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02.04.2005, 09:30
Kapitel 2

"Emma? Emma, bist du zu Hause?" An die Haustüre eines größeren Hauses in einer kleinen Stadt klopfend stand Emma in ihrem weißen Nachtgewand dar. Es war morgen und die Vögel waren zu hören. Der Himmel war blau und die Sonne schien, wie sie nur im Sommer zu scheinen vermag. Dennoch war die Nacht, die in wirklichkeit nicht sehr lang war, ungewöhnlich kalt gewesen und Helena stand verfrohren und zitternd vor der Haustür und wartete. Sie schaute sich um. "Es muss noch sehr früh sein", dachte sie, denn die Gassen waren wie leergefegt. "Dabei müsste doch heute Markttag sein."
Einmal in der Woche machte sich Helena auf in diese Stadt, um dort den Markt zu besuchen. Ein Bauersjunge machte sich immer an dem selben Wochentag, an welchem auch der Markt stattfand, mit seinem Karren und seinem Tiergespann auf den Weg zu seines alten Vaters Felder hinterm Wald. Jedesmal nahm er Helena auf seinem Karren mit sich, sodass sie immer relativ zügig in der Stadt sein konnte. Doch diesmal war sie den ganzen Weg in der restlichen Nacht zufuß gegangen und es war viel beschwerlicher für sie als sonst.
Als Helena entlang der Häuserfassade hinaufsah, öffneten sich plötzlich die Fensterladen eines oberen Fensters des Hauses vor welchem sie stand und angeklopft hatte. Eine junge Frau lehnte sich mit verschlafenen Blick aus dem Fenster. "Emma, lass mich zu dir hinein!", rief Helena mit heiserner Stimme der jungen Frau zu. "Ich komme sofort",sagte die junge Frau und verschwand aus dem Fenster. Nach einer Weile öffnete sich die Haustür. Die junge Frau kam heraus und sprach: "Helena, was machst du hier in der früh?" Sie musterte Helena langsam von oben nach unten. "Du bist ja noch im Nachtgewand und was hat es mit dieser Waffe auf sich?" "Ich musste fliehen, Sie sind schon hinterm Wald, Sie werden Heute auch diese erreichen. Das Dorf ist völlig vernichtet worden. Nichts ist mehr. Sie haben alles verbrannt!", entgegnete ihr Helena mit leiser, von Wehmut gefrosteter Stimme. Die junge Frau wurde blass im Gesicht und fragte: "Wer sind "Sie"?" Helena antwortete hastig: "Orks! Sie kommen näher, Schwester. Gib mir die Möglichkeit mich erst auszuruhen, bitte!" "Ausruhen?" sagte die junge Frau entsetzt, "Die Orks stehen bald vor den Toren! Wir müssen fliehen, so schnell wie möglich!" "Bitte Schwester. Gib mir bloß kurz eine Möglichkeit mich auszuruhen, die Nacht war so beschwerlich." sagte Helena und ging, gestützt von ihrer Schwester langsam in das Haus, vor welchem sie schon eine Weile gewartet hatte. Sie legte ihre schmutziges Nachtgewand ab und bekam frische Kleider von ihrer Schwester bereitgelegt. Sie legte sich anschließend ins Bett. Ihre Schwester war wohlhabender als sie, sie besaß mehr als nur ein Kleid und das war viel. Helena störte sich aber nie daran, dass sie nicht so gut betucht war, sie war immer zufrieden mit ihrer harten Arbeit auf dem Lande.
Als Helena schlief nahm ihre Schwester das Schwert in die Hand und sah es sich an. Es war noch ungebraucht, die Klinge blitzte. Emma fuhr mit dem Finger über die scharfe Kante und schnitt sich in den Finger. Ihre Augen zuckten ein wenig durch den kurzen Schmerz der bei ihr auftrat, aber sie schmierte sich das Blut von der Wunde an ihrer weißen Schürze ab. Sie war begeistert von dieser Waffe, "dabei sind doch Waffen nicht für Frauenhände gedacht", sagte sie leise mit gehobenem Mundwinkel, auf die Klinge mit fixiertem Blick starrend vor sich hin.

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03.04.2005, 17:35
Kapitel 3

Noch wärend Helena schlief, ging Emma von Haus zu Haus, um die Bewohner der Stadt zu warnen. Die Männer, welche in der Stadt geblieben waren und nicht in den Krieg zogen, bewaffneten sich mit Schwertern oder errichteten zügig eine Schutzvorrichtung an ihren Häusern. Die Frauen aber flehten ihre Männer an, dass sie doch die Stadt verlassen sollten, da es zwecklos wäre mit einfachen Mitteln etwas gegen die Orks ausrichten zu wollen, doch viele der Männer hörten nicht zu und wollten verharren.
Als Emma ihren Nachbarn bescheid gesagt hatte und sich die Warnung wie ein Laubfeuer in der Stadt vermehrte, ging sie wieder in ihr Heim um dort einpaar Sachen für Helena und sie einzupacken. Sie beeilte sich, denn sie wollte noch vor Sonnenuntergang die Stadt mit Helena zusammen verlassen haben, um möglichst weit weg von der sich anbahnenden Bedrohung zu entfernt zu sein, irgentwo im Süden.
Sie blickte auf die zuvor wie leergefegte Straße, es herrschte reges Treiben, große Aufruhr machte sich breit. Die Männer zogen leichte Rüstungen an, sie hatten nichts besseres zur Verfügung. Einige von ihnen besaßen sogar hölzerne Schilde, obwohl sie sehr gut wussten, das dies kein wirklicher Schutz gegen die vernichtenden Äxte der Orks bieten würde. Die Wachen der Stadt hatten die beste Bewaffnung von allen und eine Milizrüstung, aber auch ihnen war klar, dass sie sich nicht sicher fühlen konnten. Die städtische Miliz sandte einen Boten aus, um weitere Städte zu benachrichtigen.
Emma nahm einen Karren und packte allerlei Sachen, welche sie und Helena benötigten, drauf.
In der Hektik wachte Helena plötzlich aus ihrem Schlaf, aber immernoch geschwächt, auf. Sie zog sich ein bürgerliches Kleid an, soetwas hatte sie noch nie getragen, dabei sah sie Emma, wie sie den Wagen belud. Sie ging zu ihr und half ihr gerne.
Aus der Ferne hörte man den Verkünder eine Kundgebung ausrufen: "Bürger der Stadt. Der Feind kann jeden Moment über unserer Stadt einfallen. Die Männer sollen sich rüsten und tapfer gegen den Feind antreten. Wer sich weigert hat mit Bestrafung zu rechnen. Weiber dieser Stadt, bleibt bei euren Männern oder flieht, es soll euch überlassen sein!" Nach mehrmaligen Wiederholen dieser Kundgebung, machte sich der Verkünder auf den Weg die Stadt mit Gefolge zu verlassen.
Nachdem der Karren bespannt war, beschlossen Emma und Helena sich auf den Weg zu machen. Wehmütig zurückblickend verließ Emma ihr Haus. Das Schwert, zu ihrer beider Verteidigung gedacht, hatte Emma auf Wunsch ihrer immernoch geschwächten Schwester bekommen, um es an ihrem Körper zu tragen. Die Sonne begann immer schneller zu sinken und färbte den Himmel in ein angenehmes orange-rot. Sie zogen ihren Karren hinter sich und sahen viele weitere Frauen aus ihren Häusern treten, welche auch darauf aus waren die Stadt zu verlassen.
So bildete sich auf der steinernen Straße, die aus der Stadt hinaus führte, eine lange Kette von flüchtenden Menschen, die ihr Hab und Gut in Karren gegen den Sonnenuntergang mit sich schleppten.

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11.04.2005, 14:30
Kapitel 4

Sie zogen von dannen. Sie hinterließen eine Stadt mit ihren Männern, welche nun wohl auf ihren Tod warteten. Die niedergehende Sonne wurde allmälich von dem in der Ferne befindlichen Horizont geteilt. Die Landschaft begann sich zu glätten. Der weg der Frauen ging am Waldesrand entlang. Die Luft begann sich zu erkälten, je tiefer die rote Sonne sank. Sie machten sich auf, in eine Stadt nach Süden zu ziehen, um dort eine Unterkunft zu finden. Doch der Weg den sie gehen mussten war lang, sodass sie gezwungen waren in der Nacht an einem halbwegs geeigneten Ort zu rasten. Die schweren Karren zerrten die Handgelenke der Frauen, die Schmerzen plagten sie, doch sie waren entschlossen möglichst weit zu ziehen.