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Harbinger
26.03.2005, 10:45
Kapitel 1 - Die Entstehung der Erde

Am Anfang der Zeit war das Universum leer, frei von Planeten und Lebewesen. Das einzige, was existierte, war das Ur-Chaos, ein düsterer Zustand immerwährendes Schreckens. In diesem Ur-Chaos lebten die Kinder des Bösen, die Rasse der Dämonen. Die Dämonen genossen das Dasein an diesem schrecklichen Ort. Sie verbrachten ihre Zeit damit, über die hilflosen Seelen des Universums zu herrschen und sie mit ihrem eigenen Schrecken zu überziehen.
Doch dann begannen die Seelen eine Rebellion zu starten. Eine besonders starke Seele, die als Erde bekannt war, führte die Rebellion an. Sie wurde arg von den Attacken der Dämonen bedrängt, als sie ihren letzten Angriff gegen das Ur-Chaos startete. Die aufgestaute Kraft, die die Seele in all der Zeit, in der sie unter den Dämonen gelitten hatte, gesammelt hatte, wurde in einem einzigen Wort freigesetzt. Die Vernichtung, die dadurch angerichtet wurde war beispiellos. Millionen von Seelen verlöschten für immer, jedoch starben auch weit mehr Dämonen, die die Erde bedrängten.
Das Wort, dass freigesetzt worden war, war ein Ruf gewesen, ein Ruf der gleichzeitig die absolute Vernichtung brachte. Die heroische Seele wurde geschwächt, doch ihr Ruf zerriss ebenfalls das Ur-Chaos. Die überlebenden Dämonen verloren durch diesen Ruf ihren Schöpfer und Anführer . Sie irrten kopflos durch das Universum, ohne zu wissen, was sie tun sollten. Doch ihr Zorn richtete sich schlussendlich auf die geschwächte Seele, die die Vernichtung heraufbeschworen hatte. Und von überall eilten sie zusammen, um die Erde anzugreifen und zu vernichten.
In einem letzten Akt der Rebellion setzte die Erde ihre Lebenskraft dazu ein, sich zu verteidigen. Die letzte Machtwelle erschuf drei Gottheiten, die ihren Angriff auf die Dämonen eröffneten. Sie schlugen eine Bresche in die Armee der Dämonen, bis diese zurückwichen und schließlich flohen.
Doch die Geburt der Gottheiten versetzte der Erde den Todesstoß. Die Seele verglühte und wurde zu einem unwirtlichen Planeten, einem Ding ohne Leben und ohne Seele. In tiefer Trauer wandelten die Gottheiten über den öden Planeten und sie schufen Refugien, in denen Leben entstehen konnte. Die Erde ergrünte, doch nicht vollkommen. Und die Gottheiten wurden sich gewahr, dass sie die Erde nicht alleine wiederherstellen konnten. Denn ihre Aufgabe war es, zu den anderen in Planeten verwandelte Seelen zu reisen und sie von den bösartigen Dämonen zu befreien, die vor dem Angriff der Gottheiten flüchteten, an einen Ort außerhalb unserer Realität.
Also verwandten die drei Gottheiten ihre von der Erde gegebene Macht, um Götterkinder zu erschaffen. Sie hauchten jedem ihrer zwölf Kinder Macht ein, bevor sie aufbrachen, um die Bedrohung durch die Dämonen auszumerzen.
So versammelten sich die zwölf Götter auf der Erde und berieten sich, wie sie die Erde wiederherstellen könnten. Während sie sprachen, wurden sie beobachtet, von den Lebewesen, die nach dem Tod der Erde zum Leben erwachten. Langsam näherten sie sich der Versammlung, bis die Götter sich ihnen gewahr wurden. Und die Götter hießen sie willkommen und sie beschlossen, sie zu ihren Kindern zu machen. So teilten sie die Lebewesen gerecht untereinander auf, so dass jeder der Götter Tausende von Kindern erhielt. Und um sie voneinander zu unterscheiden, hauchte jeder der Götter seinen Kindern seinen Geist ein.
Magnicore, der größte der Götter, war der erste, der an seine Kinder trat. Unter seinen Händen wuchsen sie, bekamen ledrige, vielfarbige Haut und Hauer wuchsen ihnen. Ihre Rasse wurde auf den Namen Ork getauft und sie waren ein kriegerisches Volk, erfüllt von Ehrgefühl, jedoch auch von Zwietracht.
Nun erhob Lemnec, der praktischste der Götter, sich über seine Kinder und unter seinem Einfluss erhielten sie eine gewöhnliche Statur, die für jede Arbeit geeignet war. Und er nannte sie Menschen und sie wurden ein vielschichtiges Volk, jeder von ihnen mit anderen Fähigkeiten.
Der Gott Sar’Vilos und seine Schwester Sar’Rana, die schönsten unter den Göttern, entschlossen sich, ihren Kindern mehr göttliche Macht einzuhauchen, als ihre Brüder es gewagt hatten. Doch die Macht entwickelte sich nur in den Kräftigsten der Kinder, während die anderen starben. Nur elf Kinder jedes Gottes überlebten, wobei sie hager und groß wurden, mit langen spitzen Ohren. Doch die Haut von Sar’Ranas Kindern färbte sich dunkel, so dass die Götter sie aufgrund ihrer Zahl und ihrer Haut Lichtelfen und Dunkelelfen nannten und sie waren schön und nobel, doch auch arrogant.
Der unstete Miskar griff tief in die Seelen seiner Kinder und anstelle einer Rasse erschuf er viele, Monster und Tiere und seine Kinder, die er die Dunklen nannte. Sie waren groß und kräftig, zähe Krieger, doch nicht zu eigenem Denken fähig und so waren sie absolut von ihrem wechselhaften Gott abhängig.
Nach ihren Brüdern widmete sich die noble Ffhell ihren Kindern und sie wurden groß mit breiten Schultern und schuppiger Haut und sie wurden große Krieger, die für ihren Mut bekannt waren. Die Göttin gab ihnen den Namen Lizras.
Deder, die listige, hatte ihre Götterbrüder beobachtet und nun ergriff sie ihre Kinder und sie bekamen eine kleine, schlanke Gestalt, so dass sie die List und Tücke ihrer Göttin ausleben konnten. Sie wurden zu berüchtigten Dieben und man nannte sie Shodas.
Die kleinwüchsigen Götterbrüder Grox und Vrox liehen ihren Kindern nur vorsichtig ihre Macht, nachdem sie das Schicksal der Elfen gesehen hatten. Ihre Kinder wurden klein und kräftig, mit ungebrochenem Kampfeswillen und einer Vorliebe für starke Getränke. Doch wie bei den Elfengöttern unterschieden sich die Kinder in ihrer Hautfarbe und sie wurden Zwerge, sowie Dunkelzwerge genannt.
Der stolze Cassus machte seine Kinder zu vierbeinigen Kriegern, mit langem Haar und einem buschigen Schweif. Und sie wurden zu eben solch mutigen Kämpfern wie die kräftigen Lizras und ihr Gott nannte sie Zentauren.
Nun trat die weise Shiv vor ihre Kinder und sie wirkte mit ihrer Macht gezielt auf ihre Kinder ein. Sie wurden groß, mit vier Armen, die aus ihren Schultern ragten, doch ohne Unterleib, so dass ihr Körper über dem Boden levitierte. Und ihre Gesichter wurden von leeren Augenhöhlen geziert, die mit komplizierten Linienmustern umgeben waren. Und sie wurden zu mächtigen Magiern und man nannte sie Socria.
Als letzter trat der riesige, muskelbepackte Clovenhoof an seine Kinder und er machte sie zu riesigen Gestalten, aus deren Stirn Hörner sprossen und deren Beine in schweren Hufen endeten. Und sie waren die mächtigsten der Krieger und er nannte sie Minotauren.
Doch als die Götter ihre Kinder geformt hatten, erkannten sie, dass sie nicht alle an den selben Orten leben konnten. Niemand wollte von den fruchtbaren Gegenden der Erde weichen und so brach Krieg aus zwischen den Göttern und er wurde ausgetragen von ihren Kindern. Sie zogen durch die Länder und führten Schlacht um Schlacht, doch niemand ging als Sieger hervor.
So kämpften sie noch, als einer der Ur-Götter, Kalamnoc, zur Erde zurückkehrte, um sich die Fortschritte seiner Kinder anzuschauen. Doch was er sah war ein kindischer Streit und Zorn stieg in ihm auf. Und er trat vor seine Kinder.
»Was tut ihr« stellte er sie zur Rede »Warum überzieht ihr unsere Erde mit Krieg in eure Ignoranz?«
»Wie erlaubst du dir, ein recht auf unsere Erde zu erheben?« schrie Clovenhoof Kalamnoc an.
»Was hast du schon für sie getan« rief Vrox zornig »Es ist unser Planet und du hast hier nichts zu suchen.«
Und die Götterkinder schlossen sich zusammen und kämpften gegen Kalamnoc. Und so mächtig er auch war, gegen die zwölf Götterkinder konnte er nichts ausrichten. Er unterlag und floh gedemütigt, er floh über die Grenzen unserer Realität, wo er sich an die Dämonen wandte, wo er sie bat, ihm zu helfen, die Götterkinder vom Antlitz der Erde zu fegen. Doch er wurde nie wieder gesehen.
Die Götterkinder erkannten, dass sie den sinnlosen Krieg beenden mussten und so verteilten sie sich auf der Erde und lebten in Frieden miteinander. Und sie erschufen Engel, um ihre Kinder zu überwachen und um das Böse auf der Erde zu bekämpfen. Engel mit flammenden Schwertern. Engel wie den heiligen Malayel.

- Aus dem Buch des heiligen Malayel

Harbinger
05.04.2005, 12:53
Kapitel 2 - Der junge Paladin

Cayliel schlug das schwere Buch zu, das vor ihm auf dem Tisch lag. Er seufzte.
»Warum muss ich das alles lesen, Drake?« fragte er fast anklagend.
»Das ist wichtig, Cayliel« antwortete der große Mann mit den breiten Schultern und dem bärtigen Gesicht »Ich bin dazu angewiesen worden dir alle Grundlagen beizubringen, damit du eines Tages ein vollwertiges Mitglied unseres Ordens werden kannst. Wir sind der letzte Widerstand in den östlichen Reichen gegen das Monster. Du musst die Anfänge kennen.«
»Wozu, Drake?« Cayliel schob das Geschichtsbuch ein Stück von sich weg. »Wir haben es mit dem Monster zu tun, oder? Warum muss ich da wissen, was vor Tausenden von Jahren passiert ist?«
»Es ist nunmal die Geschichte des heiligen Malayel.« Bruder Drake nahm das Buch in die Hand und schlug es auf. »Der heilige Malayel gründete unseren Orden bevor er vor Jahrhunderten in den Kampf gegen das Monster zog.«
»Wenn du meinst, Drake. Aber lass uns erst eine Pause machen. Ich möchte jetzt weniger über Geschichte lernen, ich will lieber auf den Übungsplatz.«
Der große Mönch zuckte die Schultern und kratzte sich am Bart.
»Wie du willst, mein Junge. Gehen wir.«
Er legte das Buch bei Seite und ging voran aus dem kleinen Zimmer. Cayliel folgte ihm durch die tristen Steingänge, vorbei an grau gekleideten Mönchen, die die Köpfe gesenkt hielten. Dieses Kloster war seit nunmehr einem Jahr sein Zuhause. Die Mönche hatten ihn gerettet, ihn aufgenommen, ihm einen Namen gegeben und ihn unterrichtet.
Vor einem Jahr waren die Horden des Monsters, wie der erklärte Gegner des Klosters genannt wurde, in Cayliels Heimatdorf eingefallen. Er war zu dem Zeitpunkt vier gewesen und hatte glücklich und zufrieden mit seinen Eltern in der kleinen Ortschaft vor sich hin gelebt. Dann kamen die Schlächter. Sie brachten alle um, die sie fanden. Sie töteten die Menschen und das Vieh und zündeten alle Häuser, an denen sie vorbei kamen an. Bevor seine Mutter getötet wurde, floh sie mit Cayliel in den Wald im Süden der Ortschaft, der den Übergang von Ebereth nach Gilgan markierte. Sie wurde von einem Pfeil in den Rücken getroffen worden und verblutet. Doch bevor die Horden auch den kleinen Cayliel töten konnten, fanden ihn die Mönche des Klosters des heiligen Malayel und sie nahmen ihn mit sich. Er erhielt den Namen Cayliel, der in der Sprache der Götter so viel wie „Der Gerettete“ bedeutete.
Bruder Drake war Cayliels bester Freund innerhalb der Mauern des Klosters. Er war sein persönlicher Lehrer, aber er war nicht gerade das, was Cayliel sich unter einem Mönch vorgestellt hatte. Drake war groß und muskulös, mit einem freundlichen Gesicht, das er unter einem buschigen Bart versteckte. Er war ein guter Lehrer, da er sich, so weit wie Cayliel wusste, einfach mit allem auskannte. Außerdem konnte er gut mit dem Schwert umgehen und bildete Cayliel in der Kampfkunst aus. Er sagte dem Jungen oft, dass er eines Tages ein mächtiger Paladin des Ordens werden würde, wie der Gründer des Klosters, der im Auftrag des Engels Malayel handelte, es war.
»Komm schon, Cayliel« brummte Drake »Wir haben nicht den ganzen Tag zeit.«
»Schon gut, Drake« antwortete der Junge.
Er ging durch die Tür, die der bärtige Mönch aufhielt. Auf dem Hof hinter der Tür standen mehrere Stoffpuppen, die arg ramponiert waren. Cayliel trat an ein Holzgestell und zog einen langen Stab heraus. Probehalber schwang der Junge es einige male hin und her, bevor er wieder ein Gefühl für die Trainingswaffe hatte.
»Bereit, mein Junge?« fragte Drake schließlich, während er einen langen Stab fest in beide Hände nahm.
»Bereit, Drake« antwortete Cayliel und drehte sich seinem Freund zu.
»Los, greif‘ mich an« wies der große Mönch ihn an.
Cayliel ging auf ihn zu und schwang das Holzschwert. Lässig blockte Drake den Schlag ab. Cayliel schlug ein weiteres mal zu, doch auch dieser Angriff wurde von dem großen Mönch pariert.
»Du musst tiefer zuschlagen, Junge« merkte Drake an »Du musst die Deckung des Gegners untergehen. Schlag tiefer!«
Cayliel befolgte Drakes Ratschlag und senkte die Waffe. Er schlug zu, doch auch dieser Schlag wurde von seinem Freund abgelenkt. Cayliel trat zurück und hob die Waffe.
»Du hast behauptet, dass ich so zuschlagen sollte« beschwerte der Junge sich »Warum hat es nicht funktioniert? Ich habe getan, was du gesagt hast.«
»Ich habe deinen Schlag erwartet, Junge« antwortete Drake lachend »Du dachtest doch nicht, dass du einen Treffer landen kannst, mit einer Methode die ich dir genannt habe, oder?«
Cayliel seufzte.
»Ich hatte es gehofft« sagte er schließlich »Ich wollte dich wenigstens ein mal besiegen, Drake.«
»Das wird schon noch, Cayliel. Wollen wir lieber wieder hinein gehen und noch ein wenig über die Geschichte der Welt lernen?«
»Wenn du meinst, Drake.«
Gemeinsam gingen sie wieder durch die Tür in den kahlen Steinflur und zurück zu Cayliels Klassenzimmer.

Harbinger
05.04.2005, 12:55
Kapitel 3 - Kriegermönche


Cayliel wachte mitten in der Nacht auf, als Drake an seiner Schulter rüttelte. Der Junge setzte sich im Bett auf und rieb sich die Augen.
»Was ist los, Drake?« fragte er müde.
»Steh auf, Junge« antwortete der bärtige Mönch mit einem Blick über die Schulter »Wir müssen uns beeilen.«
»Was ist, Drake?« fragte Cayliel erneut, während er die Beine aus dem Bett schwang und aufstand.
»Wir werden angegriffen, Cayliel. Die Horden des Monsters haben sich entschieden, uns zu vernichten.«
»Warum tun sie das?« Cayliels Augen waren weit aufgerissen, während er eine Kutte anzog. »Wir haben doch nichts getan.«
»Wir sind der letzte Widerstand in Gilgan, mein Junge. Wenn wir ausgemerzt sind ist Gilgan in den Händen des Monsters. Aber wir werden kämpfend untergehen.«
»Aber was tun wir denn, Drake? Die Brüder sind doch nur Mönche.«
»Oh nein, mein Junge. Sie sind weit mehr als das. Sie bereiten sich seit Jahren auf diesen Kampf vor und wir haben ein riesiges Waffenarsenal zusammengetragen. Glaube mir, wir werden einen ganzen Haufen der Schlächter des Monsters mit uns nehmen.«
Cayliel kleidete sich fertig an und folgte Drake aus dem Zimmer. Sie eilten den Gang hinunter. Als sie an einem Fenster vorbei kamen sah Cayliel wie Gestalten auf dem Hof des Klosters miteinander kämpften. Die Bäume, Sträucher und Schuppen rund herum standen in Flammen, während die Männer mit Schwertern und Äxten aufeinander einschlugen.
Sie gingen weiter um eine Ecke des Ganges. Dort stand ein grimmig dreinblickender, alter Mönch mit einem Schwert in der Hand.
»Schnell, folgt mir« wies er sie an.
Cayliel erkannte ihn als Vater Zephyre, den Abt des Klosters. Zu dritt gingen sie den Flur hinunter. Plötzlich sprangen ihnen drei Angreifer in den Weg. Vater Zephyre hob sofort sein Schwert und schlitzte einem Gegner den Bauch auf, so dass seine Eingeweide auf den Steinboden spritzten, während Drake einem weiteren Schlächter die Faust ins Gesicht schmetterte. Der Getroffene stürzte bewußtlos zu Boden und der große Mönch griff nach seinem Schwert. Cayliel wollte sich gerade auf den dritten Mann werfen, als dieser mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden fiel und in einer Blutlache liegen blieb. Vater Zephyre zog einen Dolch aus dem Rücken des sterbenden Mannes, während Drake das Schwert in den Körper des bewußtlosen Angreifers rammte.
»Gehen wir zur Waffenkammer« befahl Zephyre in militärisch-befehlenden Ton »Dort ist ein Geheimgang, der nach draußen führt. Du kannst den Jungen in den Wald bringen, bis das hier vorüber ist, Bruder Drake.«
»Aber ich will Euch helfen, Vater Zephyre« protestierte Cayliel »Ich werde einst ein großer Paladin sein, also sollte ich schon damit beginnen, Euren Orden zu beschützen.«
»Du bist ein guter Junge, Cayliel« sagte der alte Mann mit einem freundlichen Lächeln »Und du hast das Herz am rechten Fleck. Du wirst bestimmt ein großer Krieger werden. Aber du bist erst fünf Jahre alt. Du kannst nichts gegen die Horden des Monsters ausrichten. Wir bringen dich hier raus, damit du deinen sechsten Geburtstag noch erlebst.«
Mit diesen Worten drehte Vater Zephyre sich um und führte Cayliel und Drake weiter zu einer schweren Holztür. Der Abt öffnete sie und ließ den großen Mönch und den Jungen hindurch gehen.
»Der Gang ist hinter dem Regal mit den Schwertern« flüsterte der alte Abt Drake zu »Nimm dir eine Waffe mit, Bruder, und bring‘ den Jungen nach draußen. Ich fürchte, dass der Kampf hoffnungslos ist. Aber dieses Kind besitzt Potential, das nicht verschwendet werden darf. Passe gut auf diesen Jungen auf.«
Drake nickte und ergriff die Hand des älteren. Dann schloss er die Tür und ging auf den Schrank mit den Schwertern zu. Grimmig zog er eine Waffe mit kurzer, leichter Klinge heraus und schob den Schrank beiseite.
Der Gang hinter dem Schrank war eng und nur spärlich durch ein paar Fackeln beleuchtet. Der Mönch und sein junger Schützling gingen hintereinander hindurch, bis sie zu einer weiteren Tür kamen, die Drake vorsichtig öffnete. Sie gingen hindurch und fanden sich an der hinteren Mauer des Klosters wieder.
»Pass‘ auf, Cayliel« flüsterte Drake seinem jungen Freund zu »Wir gehen jetzt in den Wald und verstecken uns dort. Vater Zephyre hat gesagt, dass das Kloster fallen wird, also können wir nicht dorthin zurückkehren. Wir werden von hier fortziehen müssen und den einen suchen, auf den die Mitglieder unseres Ordens seit dem Aufstieg des Monsters warten. Wenn wir ein Versteck gefunden haben, erzähle ich dir mehr.«
Cayliel nickte. Da bemerkte er eine Bewegung aus dem Augenwinkel.
»Vorsicht, Drake« schrie er, doch es war zu spät.
Ein Dolch flog sirrend durch die Luft und grub sich in Drakes Rücken. Der große Mönch stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus und ließ das Schwert fallen, während er auf die Knie sank. Cayliel sah, wie ein Soldat des Monsters mit einer blutigen Axt auf ihn und seinen großen Freund zugerannt kam. Geistesgegenwärtig hob der Junge Drakes Schwert auf und hielt es vor sich, wie sein Lehrer es ihm beigebracht hatte.
»Du willst dich mit mir anlegen, Balg?« höhnte der Schlächter, als er vor ihm stand.
»Ich habe keine Angst vor dir« antwortete Cayliel mit fester Stimme »Lass‘ mich und meinen Freund in Ruhe.«
»Nein, lieber nicht« schrie der Soldat lachend »Ich glaube, ich töte euch lieber!«
Mit diesen Worten hob er seine Axt und schlug damit nach Cayliel. Der Junge fing den wuchtigen Schlag mit dem Schwert ab, wurde jedoch nach hinten geworfen und landete auf dem Rücken. Schnell rollte er sich wieder auf die Füße und ging zum Angriff über. Er hob das Schwert mit beiden Händen über den Kopf und sprang auf den Schlächter zu. Doch dieser parierte den Schwertstreich des Jungen lässig mit der breiten Klinge der Axt. Cayliel schlug ein weiteres mal zu, doch auch diesmal erfolglos.
Da erinnerte er sich an das, was Drake ihm am vorigen Tag gesagt hatte. Er hob sein Schwert erneut und täuschte einen weiteren wuchtigen Schlag von oben an. Doch gerade, als der Wächter seine Axt hob, wirbelte Cayliel die Waffe herum und stach von unten mit der kurzen Klinge zu. Das Schwert bohrte sich in den Körper des Schlächters und durchdrang sein Herz. Er brach tot zusammen.
Cayliel ließ das Schwert in der Leiche stecken und eilte hinüber zu Drake, der sich auf dem Erdboden krümmte.
»Drake, geht es dir gut?« fragte er schluchzend.
»Ich fürchte nicht« antwortete der große Mönch schwach »Die Wunde ist zu tief. Ich glaube, ich sterbe.«
»Das darfst du nicht, Drake« rief Cayliel »Du darfst nicht sterben. Was soll ich denn ohne dich machen?«
»Das will ich dir gerne sagen, mein Junge. Du musst den einen suchen, auf den wir gewartet haben, dem einen, der das Monster herausgefordert hat und überlebte.«
Drakes Stimme wurde noch schwächer und wandelte sich in ein heiseres Flüstern, so dass Cayliel sich direkt über ihn beugen musste, um ihn zu verstehen. Er lauschte gebannt den leisen Worten seines großen Freundes, als er ihm von dem Einen berichtete. Zuletzt gab der sterbende Mönch dem Jungen einen prall gefüllten Beutel voller Goldmünzen.
»Du musst ihn finden, Cayliel« waren Drakes letzte Worte »Nur er kann helfen.«
Dann schloss er die Augen und sein Lebenslicht erlosch. Cayliel legte sich über den Körper seines Freundes und fing an zu weinen. Er wusste nicht, wo er anfangen sollte, doch er wusste, dass er hier nicht bleiben konnte.
»Ruhe in Frieden, Drake« schluchzte er zum Abschied, bevor er sich dem Wald zuwandte und zwischen den Bäumen hindurch in die Dunkelheit rannte.

Harbinger
05.04.2005, 12:57
Kapitel 4 - Die Suche

Kapitän Brizzen musterte den kleinen Jungen, der vor ihm auf dem Stuhl saß. Es war ihm schleierhaft, wie ein solch junges Kind so selbstständig und abgehärtet sein konnte, doch eigentlich war er der Ansicht, dass er sich nicht in die Angelegenheiten anderer einmischen sollte.
»Ich kann dich durchaus nach Ulandia bringen, junger Mann« knurrte er abschätzend »Aber das kostet dich etwas. Umsonst ist in Ebereth nurnoch der Tod.«
»Ich weiß« antwortete Cayliel seufzend »Aber davon habe ich hier schon genug gesehen. Ich muss dringend nach Ulandia. Wie viel wollt Ihr für die Überfahrt, Kapitän? Ich bin sicher, dass ich Euren Preis bezahlen kann.«
»Zwanzig Goldmünzen« verlangte der Kapitän nach kurzem Schweigen.
»Das geht in Ordnung, Kapitän« bestätigte der Junge.
Er griff nach einem Beutel, der an seinem Gürtel hing und fischte einige Münzen heraus, die er dem Kapitän auf den Tisch warf. Dieser steckte sie eilig ein.
»Na schön, junger Herr« knurrte der alte Kapitän schließluch »Dann folge mir zu meinem Schiff und wir schaffen dich nach Ulandia.«
Er stand auf und Cayliel folgte ihm. Gemeinsam schritten sie durch die Straßen der Hafenstadt Port Hasgard, hinunter zu den Docks und über eine ausgefahrene Gateway auf Kapitän Brizzens Schiff.
»Wir legen in einer Stunde ab, Junge« sagte Brizzen, als sie das Hauptdeck erreicht hatten.
»In Ordnung, Kapitän« antwortete der Junge »Dann werde ich mich unter Deck begeben und darauf warten.«
Cayliel ging zu einer Luke, die unter Deck führte und öffnete sie. Er stieg die Treppe hinunter und setzte sich in einen kleinen Raum, in dem eine Öllampe von der Decke hing. Dort griff er unter seine Kutte und holte ein Bündel Papiere hervor, die er sich in der Stadt auf illegalem Wege besorgt hatte.
Diese Papiere berichteten von dem Krieg gegen das Monster, der vor einem Jahr stattgefunden hatte. Und sie berichteten von dem Einen, den Cayliel zu finden geschworen hatte.