Fargas Ferrigan
25.07.2004, 04:38
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Schwarze Flagge am Horizont
"Hey, nicht schlafen, schrubben!" Eine raue Stimme holte Fester aus seinem leichten Schlaf. Unsanft und mit lautem Gelächter begleitet fiel er vorn über auf die feuchten Planken des Schiffs…und der Mob fiel ihm natürlich genau auf den Kopf. Mühsam richtete sich der junge Mensch auf und seine Augen, zunächst noch nach unten gerichtet, entdeckten erst zwei ungewaschene Füße, versuchten diesem Anblick jedoch schnellstens zu entgehen. So starrten er erst ein Paar zerlederte Beinlinge an, die nur durch einen zugegebener Maßen recht hübschen Gürtel am Leibe gehalten wurden. Der muskulöse Oberkörper wurde größtenteils durch ein verschmutztes Leinenhemd bedeckt. Darüber war eine schwarze Jacke geworfen, die wiederum reich verziert war. Die Schulterstücke waren ebenso mit Goldstränen bestickt, wie Teile des Brustbereichs. Fester glaubte ebenfalls das Zeichen der königlichen Marine zu erkennen. Er war sich sogar ziemlich sicher. Dem folgte ein dreckiger Hals und…Fester hätte am liebsten Reißaus vor dem kantigen Gesicht genommen, dass ihn mit einer Karikatur eines Lächelns – einige Zähne fehlten und wurden durch Gold ersetzt - angrinste. Doch als er sich blitzschnell umsah, fand er sich umringt von zwielichtigen Gestalten. An eine Flucht war also nicht zu denken. Langsam schweifte sein Blick wieder auf die grinsende Visage vor ihm. Piraten…
Als er noch ein kleines Kind war, wurde sein Dorf von raubenden und mordenden Piraten heimgesucht. Um die Leben seiner Geliebten zu schützen, stellte sich sein Vater den Horden entgegen. Es war ein Blutbad. Viele wurden erschlagen. Doch Fester wusste nicht, ob sein Vater auch zu den unzähligen Opfern gehört hatte. Noch bevor die Piraten die Häuser erreicht hatten, floh seine Mutter mit ihm im Arm. Tagelang schlugen sie sich zusammen mit anderen Flüchtigen durch die Wälder - ständig in der Angst, hinter dem nächsten Baum von einem dieser blutrünstigen Unholde erschlagen zu werden. Es schien eine Ewigkeit bis zur sicheren Hauptstadt Myrtanas, doch letztendlich schafften sie es ohne größere Zwischenfälle dorthin. So zumindest erzählte es seine Mutter, abends am Lagerfeuer. Er selbst konnte sich an diese Ereignisse kaum noch erinnern. Schließlich war er noch fast ein Säugling gewesen. Fester sehnte sich nach diesen ruhigen Abenden, seiner Mutter im Schoß liegend langsam einschlummernd…
„Wenn du es hier zu etwas bringen willst, dann solltest du etwas konzentrierter werden“ Sein Blick fasste wieder den kräftigen Menschen vor ihm, der ihn lauthals anlachte. „Sonst gehst du dort hin, wo der Besitzer dieser Jacke gelandet ist.“ Nun stimmten auch der Rest der Mannschaft in das Gelächter des Käpt’ns ein - denn um diesen musste es sich hier handeln, so dachte Fester zumindest. „Jetzt sieh zu, dass du wieder an die Arbeit kommst. Und ihr genau so!“ Mit diesen Worten kehrte der Kapitän ihm den Rücken zu, bahnte sich einen Weg durch die immer noch herumstehenden Leute und ging von Bord. Die Meute beäugte den Neuling in ihren Reihen noch eine Zeit lang und widmete sich dann wieder ihren Pflichten. Der Großteil nahm die Segel von den Masten - riesige Risse fanden sich darin – doch einige widmeten sich auch kleineren Löchern im Rumpf des Pottes. Scheinbar war die Begegnung ein hartes Gefecht gewesen. Es schien wie ein Wunder, dass dieser Kahn überhaupt noch oberhalb des Wasserspiegels schwamm. Als sein Blick weiter hinauf schweifte, erspähte Fester die schwarze Flagge an der Spitze des Mastes. Nach einer weiteren harten Brise, in der sich der Stofffetzen aufblähte, erkannte er einen Totenkopf, sowie zwei gekreuzte Schwerter unter selbigem. Piraten...Niemals hätte er sich das träumen lassen.
In seiner Kindheit hatte er immer von einem Leben als berühmter Paladin des Königs geträumt. Die mächtige Zweihandklinge über den Rücken geschnallt, eine prachtvolle Rüstung in poliertem Silber, die das Sonnenlicht bricht und tausendfach widerspiegelt. Ja, Ruhm und Ehre! Danach trachtete sein Herz.
Darum hatte er sich auch mit Vollendung seines 16. Lebensjahres in die Kasernen der Stadtmiliz begeben. Ein mächtiger Schwertkämpfer, der mit seiner wirbelnden Klinge die Horden der Feinde dezimieren konnte und dem sein Ruhm schon Meilen vorauseilt - das wollte er werden. Doch zunächst stand ihm eine harte Ausbildung bevor. 2 lange Jahre vergingen, in denen er seinen Körper stählte, seine Sinne schärfte und durch Kombination von beidem lernte die Klinge geschickt zu führen. Er hielt sich zumindest für einen passablen Kämpfer. Schließlich wurde er zusammen mit den meisten anderen Kämpfern in der Stadt auf ein Schiff verfrachtet, dass angeblich nach Khorinis unterwegs war. In den Tavernen hörte man Gerüchte, dass dort erneut Krieg ausgebrochen sei. Die Orks sollten eine neue Offensive gestartet haben. Auf der Galeere kannte Fester kaum jemanden. Streitkräfte aus dem gesamten Land wurden zusammengezogen. Dass diese Mannen ebenso jung und unerfahren waren wie er, machte ihn nicht unbedingt zuversichtlicher. Scheinbar waren es die wenigen Truppen, die die königliche Armee entbehren konnte. So stand Fester recht einsam an die Reling gelehnt, als das Schiff langsam aus dem Hafen hinaus aufs weite Meer segelte. Plötzlich wurde er von einem Schrei aus seinen Gedanken gerissen. „Mast am Horizont, auf Süd-West!“ Erstaunt musste Fester feststellen, dass sie sich bereits weit auf offenem Meer befanden und kein Land am Horizont zu erkennen war. Wenig später stand der Kapitän auf der Brücke und spähte misstrauisch hinaus auf Meer. Einzig das Fernglas verhalf ihm zu mehr Informationen. Fester hingegen konnte, so sehr er sich auch bemühte, keine Einzelheiten erkennen. Nur die finstere Miene des Käpt’ns ließ Schlüsse auf die Ereignisse zu. Und sie verhieß nichts Gutes. Diejenigen, die um ihn standen, hörten ihn wohl etwas von Piraten murmeln. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese schreckliche Nachricht unter der Besatzung. Auch Fester wusste es. Dieses Schiff war nicht für einen Kampf gerüstet. Viele Kanonen wurden vor der Abreise von Bord gebracht, um mehr Platz für Männer zu haben. Das schien sich nun zu rächen. Sollte es sich wirklich um Piraten handeln, würden sie nicht lange durchhalten. Langsam näherte sich das unbekannte Schiff und stetig stieg die Nervosität der Besatzung. Nun endlich waren sie so nah, dass selbst ein ungeschultes Auge die gehisste schwarze Flagge erkennen konnte. Nun bestand kein Zweifel mehr. Alle machten sich bereit für einen Kampf auf Leben und Tod. Doch kaum jemand war sich bewusst, wie war sie mit diesen Worten sprachen.Schon bald flogen ihnen die ersten Kanonenschüsse um die Ohren. Einige Feiglinge sprangen in ihrer Furcht sogar von Bord. Vermutlich fanden sie genau so schnell den Tod, wie die anderen. Nachdem sich die Besatzung des anderen Schiffes mit den ersten Schüssen doch sehr verschätzt hatte, landete nun der erste Treffer im Rumpf des Schiffes. Ein gewaltiges Krachen war zu vernehmen und schon klaffte ein großes Loch in der Außenwand. Der nächste Schuss traf unglücklicherweise den großen Hauptmast, der laut auf die Planken schlug. In dem allgemeinen Durcheinander schien sich niemand um den jungen Menschen zu kümmern, der bewusstlos am Boden lag.
Das nächste woran sich Fester erinnerte, war eine dunkle Kajüte. Als er sich aufrichtete, spürte er einen stechenden Schmerz im Kopf. Langsam sah er sich um. Er war alleine im Raum. Auf einem Tisch stand eine Karaffe voll Wasser und etwas Brot, doch dafür interessierte er sich gar nicht. Die Tür war verschlossen. So sehr er auch an ihr rüttelte, sie war nicht aufzubekommen. Gerade als er sich doch ein paar Bissen genehmigen wollte, sprang hinter ihm das Schloss der Tür auf. Eine Gestalt, dessen Gesicht ebenso düster wie der Raum war, drückte ihm einen Eimer Wasser und einen Lappen in die Hand. „Jetzt darfst du dich auch mal nützlich machen.“ Der Mann machte Fester verständlich ihm zu folgen. Da dieser sowieso nicht in der Lage war, zu widersprechen, trottete er beladen mit Eimer und Lappen hinterdrein. Kurz darauf wusch er schon die blutverschmierten Planken des Schiffes. Scheinbar waren auch die Piraten nicht ohne Verluste geblieben. Vermutlich war das der Grund, warum sie ihn nicht getötet hatten. Er sollte ihren Entertrupp verstärken. Fester schauderte bei der Vorstellung. Und dann hatte ihn die Stimme des Käpt’ns aus seinen Gedanken gerissen…
Gerade wollte er sich wieder den schmutzigen Planken zuwenden, als eine Hand seine rechte Schulter umschloss. Erschrocken fuhr er herum und was er sah, hätte ihn fast zum Lachen gebracht. Doch unterdrückte er dies und brachte stattdessen ein vorsichtiges „Ja?“ heraus. Der neben dem groß gewachsenen Fester gerade zu winzig wirkende Mann – er mochte in den hohen Vierzigern sein - stand mit einem freundlichen Gesichtsausdruck vor ihm und blickte hinauf in das Gesicht seines Gegenübers. „So haben sie mich auch empfangen. Mach dir nichts draus, mein Junge.“ Fester wusste nicht recht, was er von dem Kerl halten sollte. „Mein Name ist Jonas. Und wie nennt man dich?“ Er stockte kurz, bevor er antwortete. „Fester.“ Ihm war nicht unbedingt nach einem Gespräch zu Mute. Er hat immer noch Kopfschmerzen von dem Schlag. „Ich werd dir wohl mal helfen. Sonst bist du morgen noch nicht fertig.“ Er brachte noch ein eher gestöhntes „Danke…“ hervor und danach machten sie sich gemeinsam an die Arbeit.
Die Sonne neigte sich bereits gen Horizont und langsam verstummten die Geräusche der tüchtig arbeitenden Männer. Auch die Planken strahlten nun wieder eine Sauberkeit, wie am ersten Tag aus. Und so genehmigten sich Fester und Jonas in der einzigen Taverne auf der Insel der Piraten einen Drink. Zumindest nannte es der dickbäuchige Wirt so. Fester prustete heftig, als er einen ersten vorsichtigen Schluck nahm. Und so wurde er zum zweiten Mal am heutigen Tage zum Gespött der Leute. Zwar lachte zunächst nur der Wirt herzhaft, doch bald stimmten sämtliche Gäste in das Gelächter mit ein und selbst Jonas konnte seine Grimmasse nicht verbergen. Fester spürte deutlich, wie sein Gesicht tief rot anlief, noch schlimmer als vorhin vor dem Kapitän. „Prost, Junge!“ hallte es von allen Seiten und auch Jonas hob sein Glas. Schüchtern wuchtete Fester seinen Krug zum Gruß in die Luft und nippte noch einmal vorsichtig daran. Wieder ging ihm das Gesöff hinunter, wie flüssiges Feuer, doch er konnte ein weiteres Prusten unterdrücken. „Bravo, Kleiner. Damit bist du am ersten Tag schon weiter, als ich in einer ganzen Woche, als ich hier ankam. Jetzt kennt dich auf dieser verfluchten Insel jeder noch so kleine Tagedieb, auch wenn sie dich noch nicht respektieren.“ Wieder konnte sich Jonas ein Grinsen nicht verkneifen. „Glaub einem alten Herrn, der sämtliche Weltmeere bereist hat. Wenn du dich ordentlich reinhängst, wirst du es hier noch weit bringen.“
Schwarze Flagge am Horizont
"Hey, nicht schlafen, schrubben!" Eine raue Stimme holte Fester aus seinem leichten Schlaf. Unsanft und mit lautem Gelächter begleitet fiel er vorn über auf die feuchten Planken des Schiffs…und der Mob fiel ihm natürlich genau auf den Kopf. Mühsam richtete sich der junge Mensch auf und seine Augen, zunächst noch nach unten gerichtet, entdeckten erst zwei ungewaschene Füße, versuchten diesem Anblick jedoch schnellstens zu entgehen. So starrten er erst ein Paar zerlederte Beinlinge an, die nur durch einen zugegebener Maßen recht hübschen Gürtel am Leibe gehalten wurden. Der muskulöse Oberkörper wurde größtenteils durch ein verschmutztes Leinenhemd bedeckt. Darüber war eine schwarze Jacke geworfen, die wiederum reich verziert war. Die Schulterstücke waren ebenso mit Goldstränen bestickt, wie Teile des Brustbereichs. Fester glaubte ebenfalls das Zeichen der königlichen Marine zu erkennen. Er war sich sogar ziemlich sicher. Dem folgte ein dreckiger Hals und…Fester hätte am liebsten Reißaus vor dem kantigen Gesicht genommen, dass ihn mit einer Karikatur eines Lächelns – einige Zähne fehlten und wurden durch Gold ersetzt - angrinste. Doch als er sich blitzschnell umsah, fand er sich umringt von zwielichtigen Gestalten. An eine Flucht war also nicht zu denken. Langsam schweifte sein Blick wieder auf die grinsende Visage vor ihm. Piraten…
Als er noch ein kleines Kind war, wurde sein Dorf von raubenden und mordenden Piraten heimgesucht. Um die Leben seiner Geliebten zu schützen, stellte sich sein Vater den Horden entgegen. Es war ein Blutbad. Viele wurden erschlagen. Doch Fester wusste nicht, ob sein Vater auch zu den unzähligen Opfern gehört hatte. Noch bevor die Piraten die Häuser erreicht hatten, floh seine Mutter mit ihm im Arm. Tagelang schlugen sie sich zusammen mit anderen Flüchtigen durch die Wälder - ständig in der Angst, hinter dem nächsten Baum von einem dieser blutrünstigen Unholde erschlagen zu werden. Es schien eine Ewigkeit bis zur sicheren Hauptstadt Myrtanas, doch letztendlich schafften sie es ohne größere Zwischenfälle dorthin. So zumindest erzählte es seine Mutter, abends am Lagerfeuer. Er selbst konnte sich an diese Ereignisse kaum noch erinnern. Schließlich war er noch fast ein Säugling gewesen. Fester sehnte sich nach diesen ruhigen Abenden, seiner Mutter im Schoß liegend langsam einschlummernd…
„Wenn du es hier zu etwas bringen willst, dann solltest du etwas konzentrierter werden“ Sein Blick fasste wieder den kräftigen Menschen vor ihm, der ihn lauthals anlachte. „Sonst gehst du dort hin, wo der Besitzer dieser Jacke gelandet ist.“ Nun stimmten auch der Rest der Mannschaft in das Gelächter des Käpt’ns ein - denn um diesen musste es sich hier handeln, so dachte Fester zumindest. „Jetzt sieh zu, dass du wieder an die Arbeit kommst. Und ihr genau so!“ Mit diesen Worten kehrte der Kapitän ihm den Rücken zu, bahnte sich einen Weg durch die immer noch herumstehenden Leute und ging von Bord. Die Meute beäugte den Neuling in ihren Reihen noch eine Zeit lang und widmete sich dann wieder ihren Pflichten. Der Großteil nahm die Segel von den Masten - riesige Risse fanden sich darin – doch einige widmeten sich auch kleineren Löchern im Rumpf des Pottes. Scheinbar war die Begegnung ein hartes Gefecht gewesen. Es schien wie ein Wunder, dass dieser Kahn überhaupt noch oberhalb des Wasserspiegels schwamm. Als sein Blick weiter hinauf schweifte, erspähte Fester die schwarze Flagge an der Spitze des Mastes. Nach einer weiteren harten Brise, in der sich der Stofffetzen aufblähte, erkannte er einen Totenkopf, sowie zwei gekreuzte Schwerter unter selbigem. Piraten...Niemals hätte er sich das träumen lassen.
In seiner Kindheit hatte er immer von einem Leben als berühmter Paladin des Königs geträumt. Die mächtige Zweihandklinge über den Rücken geschnallt, eine prachtvolle Rüstung in poliertem Silber, die das Sonnenlicht bricht und tausendfach widerspiegelt. Ja, Ruhm und Ehre! Danach trachtete sein Herz.
Darum hatte er sich auch mit Vollendung seines 16. Lebensjahres in die Kasernen der Stadtmiliz begeben. Ein mächtiger Schwertkämpfer, der mit seiner wirbelnden Klinge die Horden der Feinde dezimieren konnte und dem sein Ruhm schon Meilen vorauseilt - das wollte er werden. Doch zunächst stand ihm eine harte Ausbildung bevor. 2 lange Jahre vergingen, in denen er seinen Körper stählte, seine Sinne schärfte und durch Kombination von beidem lernte die Klinge geschickt zu führen. Er hielt sich zumindest für einen passablen Kämpfer. Schließlich wurde er zusammen mit den meisten anderen Kämpfern in der Stadt auf ein Schiff verfrachtet, dass angeblich nach Khorinis unterwegs war. In den Tavernen hörte man Gerüchte, dass dort erneut Krieg ausgebrochen sei. Die Orks sollten eine neue Offensive gestartet haben. Auf der Galeere kannte Fester kaum jemanden. Streitkräfte aus dem gesamten Land wurden zusammengezogen. Dass diese Mannen ebenso jung und unerfahren waren wie er, machte ihn nicht unbedingt zuversichtlicher. Scheinbar waren es die wenigen Truppen, die die königliche Armee entbehren konnte. So stand Fester recht einsam an die Reling gelehnt, als das Schiff langsam aus dem Hafen hinaus aufs weite Meer segelte. Plötzlich wurde er von einem Schrei aus seinen Gedanken gerissen. „Mast am Horizont, auf Süd-West!“ Erstaunt musste Fester feststellen, dass sie sich bereits weit auf offenem Meer befanden und kein Land am Horizont zu erkennen war. Wenig später stand der Kapitän auf der Brücke und spähte misstrauisch hinaus auf Meer. Einzig das Fernglas verhalf ihm zu mehr Informationen. Fester hingegen konnte, so sehr er sich auch bemühte, keine Einzelheiten erkennen. Nur die finstere Miene des Käpt’ns ließ Schlüsse auf die Ereignisse zu. Und sie verhieß nichts Gutes. Diejenigen, die um ihn standen, hörten ihn wohl etwas von Piraten murmeln. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese schreckliche Nachricht unter der Besatzung. Auch Fester wusste es. Dieses Schiff war nicht für einen Kampf gerüstet. Viele Kanonen wurden vor der Abreise von Bord gebracht, um mehr Platz für Männer zu haben. Das schien sich nun zu rächen. Sollte es sich wirklich um Piraten handeln, würden sie nicht lange durchhalten. Langsam näherte sich das unbekannte Schiff und stetig stieg die Nervosität der Besatzung. Nun endlich waren sie so nah, dass selbst ein ungeschultes Auge die gehisste schwarze Flagge erkennen konnte. Nun bestand kein Zweifel mehr. Alle machten sich bereit für einen Kampf auf Leben und Tod. Doch kaum jemand war sich bewusst, wie war sie mit diesen Worten sprachen.Schon bald flogen ihnen die ersten Kanonenschüsse um die Ohren. Einige Feiglinge sprangen in ihrer Furcht sogar von Bord. Vermutlich fanden sie genau so schnell den Tod, wie die anderen. Nachdem sich die Besatzung des anderen Schiffes mit den ersten Schüssen doch sehr verschätzt hatte, landete nun der erste Treffer im Rumpf des Schiffes. Ein gewaltiges Krachen war zu vernehmen und schon klaffte ein großes Loch in der Außenwand. Der nächste Schuss traf unglücklicherweise den großen Hauptmast, der laut auf die Planken schlug. In dem allgemeinen Durcheinander schien sich niemand um den jungen Menschen zu kümmern, der bewusstlos am Boden lag.
Das nächste woran sich Fester erinnerte, war eine dunkle Kajüte. Als er sich aufrichtete, spürte er einen stechenden Schmerz im Kopf. Langsam sah er sich um. Er war alleine im Raum. Auf einem Tisch stand eine Karaffe voll Wasser und etwas Brot, doch dafür interessierte er sich gar nicht. Die Tür war verschlossen. So sehr er auch an ihr rüttelte, sie war nicht aufzubekommen. Gerade als er sich doch ein paar Bissen genehmigen wollte, sprang hinter ihm das Schloss der Tür auf. Eine Gestalt, dessen Gesicht ebenso düster wie der Raum war, drückte ihm einen Eimer Wasser und einen Lappen in die Hand. „Jetzt darfst du dich auch mal nützlich machen.“ Der Mann machte Fester verständlich ihm zu folgen. Da dieser sowieso nicht in der Lage war, zu widersprechen, trottete er beladen mit Eimer und Lappen hinterdrein. Kurz darauf wusch er schon die blutverschmierten Planken des Schiffes. Scheinbar waren auch die Piraten nicht ohne Verluste geblieben. Vermutlich war das der Grund, warum sie ihn nicht getötet hatten. Er sollte ihren Entertrupp verstärken. Fester schauderte bei der Vorstellung. Und dann hatte ihn die Stimme des Käpt’ns aus seinen Gedanken gerissen…
Gerade wollte er sich wieder den schmutzigen Planken zuwenden, als eine Hand seine rechte Schulter umschloss. Erschrocken fuhr er herum und was er sah, hätte ihn fast zum Lachen gebracht. Doch unterdrückte er dies und brachte stattdessen ein vorsichtiges „Ja?“ heraus. Der neben dem groß gewachsenen Fester gerade zu winzig wirkende Mann – er mochte in den hohen Vierzigern sein - stand mit einem freundlichen Gesichtsausdruck vor ihm und blickte hinauf in das Gesicht seines Gegenübers. „So haben sie mich auch empfangen. Mach dir nichts draus, mein Junge.“ Fester wusste nicht recht, was er von dem Kerl halten sollte. „Mein Name ist Jonas. Und wie nennt man dich?“ Er stockte kurz, bevor er antwortete. „Fester.“ Ihm war nicht unbedingt nach einem Gespräch zu Mute. Er hat immer noch Kopfschmerzen von dem Schlag. „Ich werd dir wohl mal helfen. Sonst bist du morgen noch nicht fertig.“ Er brachte noch ein eher gestöhntes „Danke…“ hervor und danach machten sie sich gemeinsam an die Arbeit.
Die Sonne neigte sich bereits gen Horizont und langsam verstummten die Geräusche der tüchtig arbeitenden Männer. Auch die Planken strahlten nun wieder eine Sauberkeit, wie am ersten Tag aus. Und so genehmigten sich Fester und Jonas in der einzigen Taverne auf der Insel der Piraten einen Drink. Zumindest nannte es der dickbäuchige Wirt so. Fester prustete heftig, als er einen ersten vorsichtigen Schluck nahm. Und so wurde er zum zweiten Mal am heutigen Tage zum Gespött der Leute. Zwar lachte zunächst nur der Wirt herzhaft, doch bald stimmten sämtliche Gäste in das Gelächter mit ein und selbst Jonas konnte seine Grimmasse nicht verbergen. Fester spürte deutlich, wie sein Gesicht tief rot anlief, noch schlimmer als vorhin vor dem Kapitän. „Prost, Junge!“ hallte es von allen Seiten und auch Jonas hob sein Glas. Schüchtern wuchtete Fester seinen Krug zum Gruß in die Luft und nippte noch einmal vorsichtig daran. Wieder ging ihm das Gesöff hinunter, wie flüssiges Feuer, doch er konnte ein weiteres Prusten unterdrücken. „Bravo, Kleiner. Damit bist du am ersten Tag schon weiter, als ich in einer ganzen Woche, als ich hier ankam. Jetzt kennt dich auf dieser verfluchten Insel jeder noch so kleine Tagedieb, auch wenn sie dich noch nicht respektieren.“ Wieder konnte sich Jonas ein Grinsen nicht verkneifen. „Glaub einem alten Herrn, der sämtliche Weltmeere bereist hat. Wenn du dich ordentlich reinhängst, wirst du es hier noch weit bringen.“