Dawnbreaker
10.06.2016, 13:06
Ein Beitrag zu unserem Story-Workshop:
Thema: Was macht einen Held aus?
Vorgabe: Zweifel
Vom Mut, nichts zu tun ...
Edric ließ sich von jubelnden Menschen regelrecht in die Taverne spülen. Er und seine Kameraden hatten auch allen Grund zu feiern, denn immerhin konnten sie den Kaiserlichen Truppen einen vernichtenden Schlag zufügen. Drinnen herrschte Gedränge und die vorherrschende Farbe der Kleidung war das Blau der Sturmmantelrüstungen. Es roch nach Schweiß, Leder und billigem Alkohol. Etliche Hände klopften ihm anerkennend auf die Schultern, fremde Gesichter lachten ihn an und nach und nach verlor sich Edric im Getümmel, welches ihm immer unerträglicher zu werden schien.
„Trink mit uns!“ Er wurde am Arm zurückgehalten und erkannte seinen Kameraden Sigund, der ihn an einen vollen Tisch zog und zwischen zwei andere Soldaten presste, so dass Edric kaum die Arme heben konnte. Man schob ihm einen Becher Met hin, er angelte sehr umständlich danach und verschüttete die Hälfte, als sein Nebenmann den eigenen Becher hob und den anderen grölend zuprostete.
Der Lärm war kaum zu ertragen, aber dann setzte die Wirkung des Mets ein und der sonst so stille Nord fing an mit den anderen mitzujohlen. Becher um Becher wurden seine Hochrufe auf Ulfric lauter und er stachelte die Kameraden damit an, ebenfalls Loblieder auf ihren Oberbefehlshaber zu singen.
Gegen Morgen taumelten sie ihrer Unterkunft entgegen, aber schließlich hatten sie ja noch Ausgang und konnten sich in aller Ruhe ausschlafen. Edric fiel auf sein Bett wie ein gefällter Baum, das halblange blonde Haar hing ihm wirr ins Gesicht und er schlief auf der Stelle ein.
„Männer! Diese Schlacht wird ohne Zweifel eine Herausforderung, aber wir werden die Kaiserlichen aus Himmelsrand verjagen!“ Ulfric marschierte vor seinen Leuten auf und ab und badete regelrecht im Jubel seiner Soldaten, die für ihn sterben würden.
Eine Woche war seit dem letzten Kampf vergangen, die Wunden verheilten und der Hass auf die Kaiserlichen nahm stetig zu. Edric und seine Kameraden schlenderten durch Windhelm, als einer von ihnen eine Dunkelelfe anpöbelte. „Und Ihr seid die Nächsten! Solches Pack dulden wir hier bald nicht mehr!“ Die völlig verschreckte Frau ließ ihren Korb voll Brot fallen und rannte davon.
Der Ausdruck in ihrem Gesicht … Edric bekam Gänsehaut und er blaffte seinen Kameraden Sigund an: „Was hat Dir diese Frau getan? War das wirklich nötig?“
Der Angesprochene winkte ab. „Sie sollen wissen, was wir von ihnen halten. Sie sind Abschaum.“ Er spuckte in den Schnee, aber Edric hob den Brotkorb auf. Er wusste, dass die Elfen hier nur geduldet wurden und mehr als dürftig bezahlt wurden. Das Brot konnte eine Familie tagelang ernähren. „Wir treffen uns in der Kaserne.“ Mit diesen Worten ließ er seine Kameraden stehen und eilte der Elfe hinterher.
Im Bezirk, in welchem man sie und ihre Landsleute eingepfercht hatte, wurde er fündig. Auf einer Steintreppe saß sie. In sich zusammengesunken und weinend. Er räusperte sich und die Elfe fuhr erschrocken auf. Sie drückte sich an die Haustür und rief: „Bitte tut mir nichts!“
Edric stellte den Korb langsam vor ihr ab und ging. Auf dem Weg zur Kaserne fragte er sich, ob er etwas hätte sagen sollen. Irgendetwas. Dann drehten sich seine Gedanken wieder um den morgigen Abmarsch. Er hatte seine Sachen schon gepackt, aber eine Kontrolle konnte nicht schaden.
Ein leichter Wind wehte über die Ebene und Edric wartete mit vierhundert anderen Sturmmänteln auf das Signal zum Angriff. Es erfüllte ihn mit Stolz ganz vorne zu marschieren, zu den Unerschrockenen zu gehören, zu jenen, die überlebten, weil sie stärker waren als alle anderen. Eine Sekunde schoss es ihm durch den Kopf, dass es bei dieser Einstellung kein Wunder war, sich für etwas Besseres zu halten, andere als Schwächlinge abzutun.
Er verdrängte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Neben ihm klopfte Sigund mit dem Schwert auf seinen Schild, um sich Mut zu machen. „Schicken wir diese Schweine zu ihren Göttern“, knurrte er.
Edric selbst trug einen Zweihänder. Sigund würde voranstürmen, den Schild als Rammbock benutzen und sein eigenes Schwert hielt dann blutige Ernte. So machten sie es immer und es funktionierte jedes Mal. Vor ihnen befand sich nur eine dünne Linie Sturmmäntel mit angespitzten Pfählen, welche die gegnerischen Reiter aufhalten sollten. Sie rammten diese Pfähle in den Boden und die Pferde wurden regelrecht aufgespießt. Er hörte ihre gequälten Schreie, als das Holz sich tief in ihre Körper schob. Ihre Reiter stürzten zu Boden und wurden von ihm und den anderen niedergemacht, noch ehe sie dazu kamen, sich zu wehren.
Immer weiter rannten die Sturmmäntel auf die feindlichen Linien zu. Sie schrien und ihre Gesichter verzerrten sich zu Grimassen voller Hass und Wut. Sie wüteten in den Reihen der Kaiserlichen, welche ihre Formation auflösen mussten und Ulfrics Truppen setzten wie hungrige Wölfe nach.
Das Gemetzel dauerte Stunden und Edrics Arme waren schwer geworden. Vor ihm lag ein Kaiserlicher am Boden und hob schützen die Hände vor das Gesicht, seine Waffe war ihm beim Sturz entglitten. Der Nord holte mit dem Zweihänder zu Schlag aus. Alles, was zählte, war der Tod dieses Mannes, der ihn mit traurigen blauen Augen anschaute. Er wusste, dass sein Ende nun gekommen war, dann schloss er die Augen und erwartete den Hieb.
Edric zögerte, das Schwert immer noch erhoben. Der Mann war wehrlos, aber Sigund nahm ihm die Entscheidung ab und köpfte den Kaiserlichen. „Los! Weiter!“ Er rannte voraus, während Edric immer noch vor dem Toten stand und diesen ansah. Hatte er Familie gehabt? Der Ruf seines Kameraden riss ihn aus der Betrachtung und er eilte seinem Trupp hinterher. Ihnen war es gelungen, einige Kaiserliche von ihrer Kompanie zu trennen und nun setzten die Sturmmäntel nach.
In einem kleinen Wäldchen fielen sie übereinander her wie Raubtiere, die um ein Stück Fleisch kämpften. Das Schwert rutschte ein paar Mal aus Edrics Hand, weil das Blut seiner Feinde überall klebte und er sah aus, als hätte er darin gebadet. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Sigund von einem Pfeil getroffen wurde, der dann aus seiner Stirn ragte. Der Riese fiel nach vorne um und blieb reglos liegen.
Edrics Wut gab ihm neue Kraft, er blickte sich um, aber seine Kameraden … wo waren sie? Dann bemerkte er, dass er alleine war, genauso wie der Kaiserliche vor ihm, der sich schwer atmend gegen einen Baum lehnte. Der Nord knurrte wie ein Tier, fletschte die Zähne und wappnete sich für einen letzten Angriff. Das schwarze Haar seines Gegners klebte genauso in dessen Gesicht, Blut, Schweiß und er zeigte nicht die kleinste Spur von Angst. „Ich wusste, dass ich heute sterben werde.“ Er lächelte.
Edric verstand es nicht. Seine Hände umklammerten den Schwertgriff. „Ja, das wirst Du. Genauso wie Deine verdammten Kameraden“, zischte er dem Gegner durch die Zähne entgegen.
„Und Du ebenfalls. Keiner von uns wird diesen Tag überleben.“ Es klang resigniert und der Kaiserliche stieß sich vom Baumstamm ab, kam einige Schritte näher. „Ich will nicht sterben. Und Du?“
Edric zog ein ungläubiges Gesicht. „Wenn es sein muss, dann gebe ich für Ulfric mein Leben.“
„Und dann? Dankt er es Dir, Deiner Familie?“
„Jeder Sturmmantel würde das tun.“
„Ja, und jeder Kaiserliche würde sich für Tullius opfern. Wir sind Soldaten, aber wir sind auch Menschen.“
Edric hob das Schwert wieder an, weil der Kaiserliche immer näher kam. Er war unerschrocken und das verwirrte den Nord. „Ich mache Dir einen Vorschlag: wir gehen beide wieder unserer Wege.“
„Das könnte Dir so passen!“, schrie der Nord ihm entgegen. Mittlerweile war es dunkel geworden und er nahm sein Gegenüber nur noch als Schemen wahr. Hinter ihnen knackten Äste im Unterholz, ohne Zweifel Soldaten auf der Suche nach Überlebenden. Nur: welcher Armee gehörten sie an?
Auch der Kaiserliche wurde unruhig. „Sind das Deine Leute?“
Edric zuckte mit den Schultern, lauschte, aber er konnte die Soldaten nicht anhand der Sprache identifizieren, schließlich sprachen in Himmelsrand alle die gleiche.
„Lass uns abhauen!“
Der Nord lachte leicht hysterisch. „Wohin denn?“
„Ich bin hier aufgewachsen, ich weiß wie wir wieder aus diesem Wäldchen herauskommen.“ Er trat unruhig von einem Bein aufs andere. „Willst Du Dich wirklich abschlachten lassen?“
Edric schnaufte ungehalten. „Geh' voran, damit ich Dich im Auge behalten kann.“ Der Kaiserliche führte ihn einen schmalen Pfad entlang hinauf auf einen kleinen Berg. Trotz der Dunkelheit fand er sich gut zurecht und im Gegensatz zu Edric, der sein Schwert mittlerweile wieder auf dem Rücken gegürtet trug, strauchelte er kein einziges Mal. „Dir ist schon klar, dass wir nun Deserteure sind?“
Er hörte das Lachen des Kaiserlichen. „Ja. Aber was nützt es zu kämpfen, wenn ich nicht einmal weiß gegen wen? Soll ich mich in der Dunkelheit von meinen eigenen Kameraden abschlachten lassen“
***
Ein halbes Jahr nach der großen Schlacht kam eine kleine Patrouille Soldaten an einem Bauernhof vorbei, der aus nichts weiter als zwei kleinen Hütten und ein wenig Ackerland bestand, das dem felsigen Boden abgetrotzt wurde. Der Anführer der Sturmmantelsoldaten winkte die beiden Bauern zu sich, zwei verschwitzte Männer, die unterschiedlicher nicht hätten aussehen können. Ein Nord mit blondem Haar, das er zu einem Zopf gebunden hatte, und ein Kaiserlicher mit kurzem schwarzem Haar. „Habt Ihr einen Soldaten gesehen? Er müsste gestern hier in der Nähe gewesen sein. Er ist desertiert.“ Auf dem Acker bemerkte er eine dritte Person, die gerade dabei war, den Kohl zu ernten.
Der Blonde schüttelte den Kopf. „Hier verirren sich nur selten Menschen her. Wir haben seit Wochen niemanden mehr gesehen.“ Er stützte sich auf seine Schaufel und auch sein dunkelhaariger Begleiter verneinte die Frage. Als sich die Patrouille wieder entfernte, gingen sie zu jenem, der mit dem Kohl beschäftigt war und klopften ihm aufmunternd auf die Schultern. „Lasst uns eine Kleinigkeit essen, das haben wir uns verdient. Deine Rüstung vergraben wir am besten im Wald.“
Thema: Was macht einen Held aus?
Vorgabe: Zweifel
Vom Mut, nichts zu tun ...
Edric ließ sich von jubelnden Menschen regelrecht in die Taverne spülen. Er und seine Kameraden hatten auch allen Grund zu feiern, denn immerhin konnten sie den Kaiserlichen Truppen einen vernichtenden Schlag zufügen. Drinnen herrschte Gedränge und die vorherrschende Farbe der Kleidung war das Blau der Sturmmantelrüstungen. Es roch nach Schweiß, Leder und billigem Alkohol. Etliche Hände klopften ihm anerkennend auf die Schultern, fremde Gesichter lachten ihn an und nach und nach verlor sich Edric im Getümmel, welches ihm immer unerträglicher zu werden schien.
„Trink mit uns!“ Er wurde am Arm zurückgehalten und erkannte seinen Kameraden Sigund, der ihn an einen vollen Tisch zog und zwischen zwei andere Soldaten presste, so dass Edric kaum die Arme heben konnte. Man schob ihm einen Becher Met hin, er angelte sehr umständlich danach und verschüttete die Hälfte, als sein Nebenmann den eigenen Becher hob und den anderen grölend zuprostete.
Der Lärm war kaum zu ertragen, aber dann setzte die Wirkung des Mets ein und der sonst so stille Nord fing an mit den anderen mitzujohlen. Becher um Becher wurden seine Hochrufe auf Ulfric lauter und er stachelte die Kameraden damit an, ebenfalls Loblieder auf ihren Oberbefehlshaber zu singen.
Gegen Morgen taumelten sie ihrer Unterkunft entgegen, aber schließlich hatten sie ja noch Ausgang und konnten sich in aller Ruhe ausschlafen. Edric fiel auf sein Bett wie ein gefällter Baum, das halblange blonde Haar hing ihm wirr ins Gesicht und er schlief auf der Stelle ein.
„Männer! Diese Schlacht wird ohne Zweifel eine Herausforderung, aber wir werden die Kaiserlichen aus Himmelsrand verjagen!“ Ulfric marschierte vor seinen Leuten auf und ab und badete regelrecht im Jubel seiner Soldaten, die für ihn sterben würden.
Eine Woche war seit dem letzten Kampf vergangen, die Wunden verheilten und der Hass auf die Kaiserlichen nahm stetig zu. Edric und seine Kameraden schlenderten durch Windhelm, als einer von ihnen eine Dunkelelfe anpöbelte. „Und Ihr seid die Nächsten! Solches Pack dulden wir hier bald nicht mehr!“ Die völlig verschreckte Frau ließ ihren Korb voll Brot fallen und rannte davon.
Der Ausdruck in ihrem Gesicht … Edric bekam Gänsehaut und er blaffte seinen Kameraden Sigund an: „Was hat Dir diese Frau getan? War das wirklich nötig?“
Der Angesprochene winkte ab. „Sie sollen wissen, was wir von ihnen halten. Sie sind Abschaum.“ Er spuckte in den Schnee, aber Edric hob den Brotkorb auf. Er wusste, dass die Elfen hier nur geduldet wurden und mehr als dürftig bezahlt wurden. Das Brot konnte eine Familie tagelang ernähren. „Wir treffen uns in der Kaserne.“ Mit diesen Worten ließ er seine Kameraden stehen und eilte der Elfe hinterher.
Im Bezirk, in welchem man sie und ihre Landsleute eingepfercht hatte, wurde er fündig. Auf einer Steintreppe saß sie. In sich zusammengesunken und weinend. Er räusperte sich und die Elfe fuhr erschrocken auf. Sie drückte sich an die Haustür und rief: „Bitte tut mir nichts!“
Edric stellte den Korb langsam vor ihr ab und ging. Auf dem Weg zur Kaserne fragte er sich, ob er etwas hätte sagen sollen. Irgendetwas. Dann drehten sich seine Gedanken wieder um den morgigen Abmarsch. Er hatte seine Sachen schon gepackt, aber eine Kontrolle konnte nicht schaden.
Ein leichter Wind wehte über die Ebene und Edric wartete mit vierhundert anderen Sturmmänteln auf das Signal zum Angriff. Es erfüllte ihn mit Stolz ganz vorne zu marschieren, zu den Unerschrockenen zu gehören, zu jenen, die überlebten, weil sie stärker waren als alle anderen. Eine Sekunde schoss es ihm durch den Kopf, dass es bei dieser Einstellung kein Wunder war, sich für etwas Besseres zu halten, andere als Schwächlinge abzutun.
Er verdrängte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Neben ihm klopfte Sigund mit dem Schwert auf seinen Schild, um sich Mut zu machen. „Schicken wir diese Schweine zu ihren Göttern“, knurrte er.
Edric selbst trug einen Zweihänder. Sigund würde voranstürmen, den Schild als Rammbock benutzen und sein eigenes Schwert hielt dann blutige Ernte. So machten sie es immer und es funktionierte jedes Mal. Vor ihnen befand sich nur eine dünne Linie Sturmmäntel mit angespitzten Pfählen, welche die gegnerischen Reiter aufhalten sollten. Sie rammten diese Pfähle in den Boden und die Pferde wurden regelrecht aufgespießt. Er hörte ihre gequälten Schreie, als das Holz sich tief in ihre Körper schob. Ihre Reiter stürzten zu Boden und wurden von ihm und den anderen niedergemacht, noch ehe sie dazu kamen, sich zu wehren.
Immer weiter rannten die Sturmmäntel auf die feindlichen Linien zu. Sie schrien und ihre Gesichter verzerrten sich zu Grimassen voller Hass und Wut. Sie wüteten in den Reihen der Kaiserlichen, welche ihre Formation auflösen mussten und Ulfrics Truppen setzten wie hungrige Wölfe nach.
Das Gemetzel dauerte Stunden und Edrics Arme waren schwer geworden. Vor ihm lag ein Kaiserlicher am Boden und hob schützen die Hände vor das Gesicht, seine Waffe war ihm beim Sturz entglitten. Der Nord holte mit dem Zweihänder zu Schlag aus. Alles, was zählte, war der Tod dieses Mannes, der ihn mit traurigen blauen Augen anschaute. Er wusste, dass sein Ende nun gekommen war, dann schloss er die Augen und erwartete den Hieb.
Edric zögerte, das Schwert immer noch erhoben. Der Mann war wehrlos, aber Sigund nahm ihm die Entscheidung ab und köpfte den Kaiserlichen. „Los! Weiter!“ Er rannte voraus, während Edric immer noch vor dem Toten stand und diesen ansah. Hatte er Familie gehabt? Der Ruf seines Kameraden riss ihn aus der Betrachtung und er eilte seinem Trupp hinterher. Ihnen war es gelungen, einige Kaiserliche von ihrer Kompanie zu trennen und nun setzten die Sturmmäntel nach.
In einem kleinen Wäldchen fielen sie übereinander her wie Raubtiere, die um ein Stück Fleisch kämpften. Das Schwert rutschte ein paar Mal aus Edrics Hand, weil das Blut seiner Feinde überall klebte und er sah aus, als hätte er darin gebadet. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Sigund von einem Pfeil getroffen wurde, der dann aus seiner Stirn ragte. Der Riese fiel nach vorne um und blieb reglos liegen.
Edrics Wut gab ihm neue Kraft, er blickte sich um, aber seine Kameraden … wo waren sie? Dann bemerkte er, dass er alleine war, genauso wie der Kaiserliche vor ihm, der sich schwer atmend gegen einen Baum lehnte. Der Nord knurrte wie ein Tier, fletschte die Zähne und wappnete sich für einen letzten Angriff. Das schwarze Haar seines Gegners klebte genauso in dessen Gesicht, Blut, Schweiß und er zeigte nicht die kleinste Spur von Angst. „Ich wusste, dass ich heute sterben werde.“ Er lächelte.
Edric verstand es nicht. Seine Hände umklammerten den Schwertgriff. „Ja, das wirst Du. Genauso wie Deine verdammten Kameraden“, zischte er dem Gegner durch die Zähne entgegen.
„Und Du ebenfalls. Keiner von uns wird diesen Tag überleben.“ Es klang resigniert und der Kaiserliche stieß sich vom Baumstamm ab, kam einige Schritte näher. „Ich will nicht sterben. Und Du?“
Edric zog ein ungläubiges Gesicht. „Wenn es sein muss, dann gebe ich für Ulfric mein Leben.“
„Und dann? Dankt er es Dir, Deiner Familie?“
„Jeder Sturmmantel würde das tun.“
„Ja, und jeder Kaiserliche würde sich für Tullius opfern. Wir sind Soldaten, aber wir sind auch Menschen.“
Edric hob das Schwert wieder an, weil der Kaiserliche immer näher kam. Er war unerschrocken und das verwirrte den Nord. „Ich mache Dir einen Vorschlag: wir gehen beide wieder unserer Wege.“
„Das könnte Dir so passen!“, schrie der Nord ihm entgegen. Mittlerweile war es dunkel geworden und er nahm sein Gegenüber nur noch als Schemen wahr. Hinter ihnen knackten Äste im Unterholz, ohne Zweifel Soldaten auf der Suche nach Überlebenden. Nur: welcher Armee gehörten sie an?
Auch der Kaiserliche wurde unruhig. „Sind das Deine Leute?“
Edric zuckte mit den Schultern, lauschte, aber er konnte die Soldaten nicht anhand der Sprache identifizieren, schließlich sprachen in Himmelsrand alle die gleiche.
„Lass uns abhauen!“
Der Nord lachte leicht hysterisch. „Wohin denn?“
„Ich bin hier aufgewachsen, ich weiß wie wir wieder aus diesem Wäldchen herauskommen.“ Er trat unruhig von einem Bein aufs andere. „Willst Du Dich wirklich abschlachten lassen?“
Edric schnaufte ungehalten. „Geh' voran, damit ich Dich im Auge behalten kann.“ Der Kaiserliche führte ihn einen schmalen Pfad entlang hinauf auf einen kleinen Berg. Trotz der Dunkelheit fand er sich gut zurecht und im Gegensatz zu Edric, der sein Schwert mittlerweile wieder auf dem Rücken gegürtet trug, strauchelte er kein einziges Mal. „Dir ist schon klar, dass wir nun Deserteure sind?“
Er hörte das Lachen des Kaiserlichen. „Ja. Aber was nützt es zu kämpfen, wenn ich nicht einmal weiß gegen wen? Soll ich mich in der Dunkelheit von meinen eigenen Kameraden abschlachten lassen“
***
Ein halbes Jahr nach der großen Schlacht kam eine kleine Patrouille Soldaten an einem Bauernhof vorbei, der aus nichts weiter als zwei kleinen Hütten und ein wenig Ackerland bestand, das dem felsigen Boden abgetrotzt wurde. Der Anführer der Sturmmantelsoldaten winkte die beiden Bauern zu sich, zwei verschwitzte Männer, die unterschiedlicher nicht hätten aussehen können. Ein Nord mit blondem Haar, das er zu einem Zopf gebunden hatte, und ein Kaiserlicher mit kurzem schwarzem Haar. „Habt Ihr einen Soldaten gesehen? Er müsste gestern hier in der Nähe gewesen sein. Er ist desertiert.“ Auf dem Acker bemerkte er eine dritte Person, die gerade dabei war, den Kohl zu ernten.
Der Blonde schüttelte den Kopf. „Hier verirren sich nur selten Menschen her. Wir haben seit Wochen niemanden mehr gesehen.“ Er stützte sich auf seine Schaufel und auch sein dunkelhaariger Begleiter verneinte die Frage. Als sich die Patrouille wieder entfernte, gingen sie zu jenem, der mit dem Kohl beschäftigt war und klopften ihm aufmunternd auf die Schultern. „Lasst uns eine Kleinigkeit essen, das haben wir uns verdient. Deine Rüstung vergraben wir am besten im Wald.“